Richtlinien für Gruppenumschulungen der Industrie

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Richtlinien für Gruppenumschulungen der Industrie
Richtlinien für Gruppenumschulungen
der Industrie- und Handelskammern in
Nordrhein-Westfalen
Geeignete Umschulungsstätten, qualifizierte Ausbilder/-innen und dem Ausbildungsberuf entsprechende sachlich und zeitlich gegliederte Ausbildungspläne sind wesentliche Voraussetzungen für
eine qualifizierte, den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende berufliche Umschulung, deren
Ziel die Wiedereingliederung der Umzuschulenden in das Berufs- und Arbeitsleben ist.
Nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) sind die Industrie- und Handelskammern verpflichtet, die
Eignung der Umschulungsstätten festzustellen und Umschulungsmaßnahmen zu überwachen.
Die berufliche Umschulung soll zu einer anderen beruflichen Tätigkeit befähigen (§ 1 Abs. 5
BBiG). Sie muss somit eine breit angelegte berufliche Grundbildung und die für die Ausübung
einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendigen Fertigkeiten, Fähigkeiten und Kenntnisse in
einem geordneten Bildungsgang vermitteln und den Erwerb der erforderlichen Berufserfahrung
ermöglichen.
Dementsprechend müssen die Umschulungsträger bestimmten Mindestanforderungen genügen,
die von der IHK im Rahmen ihrer Überwachungspflicht vor Beginn der Maßnahme und während
der Umschulung zu überprüfen sind:
A. Mindestanforderungen:
I.
Umschulungsstätte
a. Eignung
Die Umschulungsstätte muss nach Art und Einrichtung so beschaffen sein, dass die in der
jeweiligen Ausbildungsordnung festgelegten Kenntnisse und Fertigkeiten dort vermittelt werden
können (§§ 60, 27 BBiG). Wenn diese dort nicht vollumfänglich vermittelt werden können, ist dies
unschädlich, sofern eine entsprechende Vermittlung durch eine ergänzende Ausbildung außerhalb
der Umschulungsstätte erfolgt (§§ 60, 27 Abs. 2 BBiG).
Hinsichtlich der zu vermittelnden beruflichen Fertigkeiten und Fähigkeiten kann allein nicht auf die
betrieblichen Praktika verwiesen werden.
Soweit die Gruppenumschulungsmaßnahme unter Einsatz von E-Learning erfolgen soll, ist die
Umschulungsstätte nur geeignet, wenn die Ausbildungsinhalte über E-Learning in derselben
Qualität und Intensität vermittelt werden können wie im Präsenzunterricht. Asynchrone Lerneinheiten dürfen grundsätzliche 25% nicht überschreiten. In Ausnahmefällen ist ein Ausweiten auf
max. 49% möglich.
b. Ausstattung
Die Umschulungsstätte muss mit den notwendigen technischen Geräten und Hilfsmitteln in hinreichender Anzahl ausgestattet sein, die sich auf einem angemessenen technischen Stand befinden. Bei Berufen mit verstärktem PC-Einsatz wird erwartet, dass jedem Teilnehmer ein
technisch zeitgemäßer PC-Arbeitsplatz samt ausreichenden Peripheriegeräten zur Verfügung
steht.
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c. Zulässige Anzahl der Umschüler
Die Zahl der Umschüler muss im angemessenen Verhältnis zur Zahl der Umschulungsplätze
stehen (§§ 60, 27 Abs. 1 Nr. 2 BBiG). Pro Ausbilder sind in der Regel maximal 16 Umschüler
zulässig.
II. Eignung der Ausbilder/-innen
Pro Maßnahme muss ein verantwortlicher Ausbilder benannt werden, der persönlich, fachlich
sowie berufs- und arbeitspädagogisch geeignet ist (§§ 60, 28ff. BBiG). Verantwortlicher Ausbilder
kann nur sein, wer als Vollzeit-Ausbilder für die Dauer der Maßnahme in der Umschulungsstätte/Bildungseinrichtung beschäftigt ist.
III. Einbeziehung einer betrieblichen, anwendungsbezogenen Ausbildungsphase (Praktikum).
Für jede Umschulungsmaßnahme ist eine betriebliche, anwendungsbezogene Ausbildungsphase
(betriebliches Praktikum) vorzusehen und vor Beginn festzulegen. Die Praktikumsbetriebe müssen
geeignet sein. Dies ist der Fall, wenn die Betriebsstätte gem. §§ 60, 27 BBiG geeignet ist und der
Betrieb über einen persönlich und fachlich geeigneten vollzeitbeschäftigten Ausbilder verfügt. Der
Nachweis der Ausbildereignung ist in der Regel nicht erforderlich.
Der Umschulungsträger ist dafür verantwortlich, dass für das betriebliche Praktikum ein Ausbildungsplan erstellt wird und dass die Vermittlung der Kenntnisse und Fertigkeiten während des
Praktikums durch fachlich geeignete Personen erfolgt.
Die Mindestdauer des betrieblichen Praktikums in den einzelnen Ausbildungsberufen ergibt sich
aus der Anlage.
Das Praktikum ist unter Angabe der Zeitdauer in den Umschulungsvertrag aufzunehmen.
Die zeitliche Lage und Dauer der einzelnen Praktikumsabschnitte muss unter didaktischen Gegebenheiten und dem Fortgang der Umschulung festgelegt werden sowie dem Umschulungsziel
und den bundeseinheitlichen Prüfungsterminen entsprechen.
B. Verfahren:
Damit die IHK die Eignung feststellen, die Umschulungsverträge registrieren und die Umschüler/
-innen zur Prüfung zulassen kann, muss der Umschulungsträger folgendes Verfahren einhalten:
1. Jede Umschulungsmaßnahme (auch Wiederholungsmaßnahme) ist der IHK bereits in der
Planungsphase anzuzeigen und hinsichtlich Inhalt, Art, Dauer und Ziel mit der IHK abzusprechen. Beginn und Ende sind so zu planen, dass die nominelle Dauer auch im Hinblick auf
die Prüfungstermine tatsächlich effektiv genutzt werden kann. Die IHK-Prüfungen finden ausschließlich zu den bundeseinheitlichen Terminen statt.
2. Der IHK sind zur Eignungsfeststellung die sachlich und zeitlich gegliederten Ausbildungspläne
rechtzeitig vor Beginn der Maßnahme unmittelbar nach Auftragserteilung vorzulegen. Die
Ausbildungspläne müssen den methodisch-didaktischen und organisatorischen Ablauf erkennen lassen: Was wird wo, wie, womit, von wem und in welcher Zeit vermittelt. Dazu gehören u. a. folgende Angaben:
ƒ Umschulungsort und –räumlichkeiten
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ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Anzahl der Umschulungsplätze
Notwendige Maschinen, Geräte und Lehrmittel, die bei der Umschulung eingesetzt werden
Zahl der Umschüler/-innen
Angabe der Umschulungszeit - bei E-Learninganteilen differenziert nach Präzenszeiten,
synchrone und asynchrone Zeiten - beim Umschulungsträger und Angabe der Praktikumszeiten in Zeitstunden
Angaben zur Zusammensetzung der Umschulungsgruppe (z. B. Arbeitslose mit Berufserfahrung, arbeitslose Akademiker/-innen, Hochschulabbrecher/-innen, Aussiedler/-innen)
und daraus abgeleitete didaktische Vorgehensweise
Vorgesehene Methoden, insbesondere für die Vermittlung der Fertigkeiten und Fähigkeiten
3. Die vorgesehenen Ausbilder/-innen sind unter Angabe der persönlichen Daten (beruflicher
Werdegang, erfolgreich abgelegte Prüfungen) für jede Maßnahme erneut zu benennen. Veränderungen sind der IHK unverzüglich mitzuteilen.
4. Die Regelumschulungsdauer insgesamt und die Dauer des betrieblichen Praktikums in
den einzelnen Ausbildungsberufen ergeben sich aus der Anlage. Abweichungen bzw. Veränderungen sind im Vorfeld mit der IHK im Einzelfall abzusprechen.
Wird eine Umschulungsmaßnahme in Teilzeitform durchgeführt, so ist die Mindestumschulungsdauer (Monate oder Wochen) auf der Grundlage des Gesamtstundenumfanges
(Zeitstunden) einer Vollzeitmaßnahme festzulegen.
Dies gilt insbesondere auch bei der Durchführung der Umschulung in individualisierter Form
über Bildungsgutscheine.
5. Bei integrierten Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen, bei denen neben dem IHK-Abschluss nach dem Berufsbildungsgesetz auch ein weiterer Abschluss vorgesehen ist, sind die
Inhalte und die Dauer der Umschulung wie auch der Fortbildung getrennt nachzuweisen und
die vorgegebenen Umschulungszeiten einzuhalten.
Aus den Unterlagen muss hervorgehen, in welcher Zeit das Praktikum abgeleistet wird.
Spätestens drei Monate vor Beginn der ersten Praxisphase müssen der IHK Praktikumsbetriebe mit Zuordnung der Umschüler benannt werden. Die IHK prüft die Praktikumsbetriebe
nach Benennung hinsichtlich der Eignung nach Art und Einrichtung (§§ 27ff. BBiG, § 60 BBiG).
6. Nach vollständiger Vorlage der Unterlagen prüft die IHK, ob die Umschulungsstätte sachlich
und personell sowie hinsichtlich der vorgesehenen Durchführung der Maßnahme Gewähr
dafür bietet, dass das Erreichen des Umschulungsziels zu erwarten ist.
7. Nach Feststellung der Eignung bestätigt die IHK schriftlich die Eignung der Umschulungsstätte
und –maßnahme und stellt die Zulassung der Umschüler zur Prüfung generell in Aussicht. Zu
erfüllende Auflagen werden schriftlich festgelegt.
8. Nach Erteilung der schriftlichen Eignungsbestätigung sind unter Verwendung der von der IHK
zur Verfügung gestellten Formulare die Umschulungsverträge zwischen der Umschulungsstätte und den einzelnen Teilnehmern/-innen abzuschließen und der IHK (ggf. mit dem Sichtvermerk des Kostenträgers) spätestens 4 Wochen nach Beginn der Maßnahme zur
Registrierung vorzulegen. Im Vertrag müssen auch die Praktika und sonstige Maßnahmen
außerhalb der Umschulungsstätte aufgeführt werden. Nachträgliche Änderungen oder Auflösungen von Verträgen sind der IHK von der Umschulungsstätte unverzüglich anzuzeigen.
9. Wird eine bereits genehmigte und durchgeführte Maßnahme erneut durchgeführt, ist diese
spätestens vier Wochen vor Beginn der Wiederholungsmaßnahme erneut zu beantragen
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10. Die Umschulungsträger verpflichten die Umschüler/-innen, während der gesamten Umschulungszeit Ausbildungsnachweise anzufertigen. Die Umschulungsstätte bzw. der Praktikumsbetrieb zeichnen diese mindestens monatlich ab. Die Wochenberichte sind auf Anforderung
mit der Anmeldung zur Prüfung der IHK einzureichen.
C. Zulassung zur Prüfung
Der Umschüler wird nach ordnungsgemäßer Absolvierung der Maßnahme zur Prüfung zugelassen. Bei Fehlzeiten von mehr als 10 Prozent der Umschulungszeit erfolgt in der Regel keine
Zulassung zur Umschulungsprüfung. Entsprechende Fehlzeiten sind der IHK zu melden.
Die bisherige Richtlinie vom 19.05.2009 nebst Anlage und die Empfehlungen für die Durchführung
von Gruppenumschulungen unter Berücksichtigung E-Learning vom 20.01.2003 werden durch die
neue Richtlinie abgelöst.
Mindestzeiten Gruppenumschulungsmaßnahmen
Dauer der Maßnahme in Zeitstunden à
60 Minuten
Dauer der Maßnahme in Monaten 7
U-Träger 2
Praktikum 3
Gesamt
Empfohlene
Zeitdauer 4
Mindestzeitdauer 5
davon Zeitdauer
betriebl. Praktika 6
2-jährige Ausbildungsberufe
1.260
462
1.722
15
12
3
3-jährige kaufmännische
Ausbildungsberufe
1.680
924
2.604
21
18
6
3-jährige industrielltechnische Ausbildungsberufe
2.100
924
3.024
24
21
6
3,5-jährige Berufe
2.520
924
3.444
27
24
6
Berufe
Erläuterung der „Fußnoten“
1
Die vorgegebenen Zeiten dienen ausschließlich der Vermittlung von Kenntnissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten auf der Grundlage der jeweiligen
Ausbildungsordnung und setzen voraus, dass bei den Teilnehmern/innen eine entsprechende Eignung bereits festgestellt worden ist.
2
Die Berechnung der Zeitstunden ist auf der Basis von 35 Zeitstunden je Woche - effektiver Unterricht ohne Pausen - zur fachtheoretischen
Kenntnisvermittlung und fachpraktischen Unterweisung beim Träger erfolgt.
3
Die Berechnung der Zeitstunden ist auf der Basis von 38,5 Zeitstunden je Woche im Rahmen des betrieblichen Praktikums erfolgt.
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4
Die Festlegung der Zeitdauer der Gruppenumschulungsmaßnahmen basiert in der Regel - zur Sicherung der notwendigen Qualität - auf der
Grundlage von mindestens zwei Drittel der regulären Ausbildungszeit. Dabei kann in besonders begründeten Fällen die Zeitdauer der Umschulung
bei einem Unterrichtsumfang von wöchentlich 35 Zeitstunden anteilig auf weniger als zwei Drittel der regulären Ausbildungszeit gekürzt werden
(siehe Fußnote 5). Auf die Regelumschulungszeit kann eine vorgeschaltete Maßnahme der Arbeitsagentur bis maximal 3 Monate unter
bestimmten Voraussetzungen angerechnet werden.
5
Eine Unterschreitung der Umschulungsdauer kann nur in mit der IHK abzustimmenden Ausnahmefällen erfolgen. Voraussetzung dafür ist, dass
bei der Vermittlung der Kenntnisse und Fertigkeiten weder der Umfang der angegebenen Zeitstunden (Ziffer 2) noch die angegebene
Mindestzeitdauer unterschritten werden. Ein Unterschreiten der Mindestzeitdauer von der Hälfte der regulären Ausbildungszeit ist aus
pädagogischen Gründen nicht möglich.
6
Die hier angegebenen Mindestzeiten des betrieblichen Praktikums setzen eine optimale Ausstattung zur Vermittlung fachpraktischer Tätigkeiten
beim Träger voraus. Soweit diese optimale Ausstattung nicht gegeben ist, muss die Zeitdauer des betrieblichen Praktikums entsprechend
ausgeweitet werden.
7
Für das volle Kalenderjahr sind jeweils 4 Wochen Urlaub berücksichtigt worden.
Stand: Dezember 2010