Europa im Spannungsfeld zwischen Asiatisierung der - E-LIB
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Europa im Spannungsfeld zwischen Asiatisierung der Globalisierung und globaler Regionalisierung 2 Ein Projekt von Studenten der Hochschule Bremerhaven aus den Studiengängen Transportwesen / Logistik Betriebswirtschaftlehre In Zusammenarbeit mit Deutsche Gesellschaft für angewandte Wissenschaften eV Herausgeber: Prof. Dr. Heinz-Jürgen Scheibe Bremerhaven, 20. 02. 2008 3 4 Wir bedanken uns bei Prof. Dr. rer. pol. Heinz-Jürgen Scheibe, der uns bei der Ausarbeitung unterstützt hat. Studenten der Hochschule Bremerhaven, Februar 2008 5 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis.............................................................................................................. 6 Einleitung ........................................................................................................................ 15 Einführender Überblick................................................................................................... 17 Europäische und gesamtglobale politische Strukturen ............................................... 17 Globale Handelsströme ............................................................................................... 23 Triade ...................................................................................................................... 27 Direktinvestitionen .................................................................................................. 28 Globale Energiesituation ............................................................................................. 31 Trend der weltweiten Energienachfrage ................................................................. 34 Weltweite Energiereserven ..................................................................................... 36 Energieproblem ....................................................................................................... 37 Umweltprobleme und Umweltpolitik im Kontext zur globalen Situation .................. 40 Globale Umweltprobleme ....................................................................................... 40 Lebensgrundlage Umwelt ....................................................................................... 44 Kyoto Protokoll ....................................................................................................... 46 Globalisierung ................................................................................................................. 48 Soziale Probleme......................................................................................................... 48 Problemsituation ..................................................................................................... 48 Einleitung .................................................................................................................... 48 Demographische Entwicklung weltweit und in Europa .............................................. 49 Arbeit und Beschäftigung ........................................................................................... 51 Ungleichheit und Armut.............................................................................................. 52 Chancen und Risiken .............................................................................................. 55 Demographische Alterung und ihre Folgen ................................................................ 55 Globalisierung der Arbeit ........................................................................................... 56 Szenarien ..................................................................................................................... 57 Szenario 1: Die niedrige Geburtenrate bestimmt die Entwicklung............................. 57 Szenario 2: Die Entvölkerung der Erde ...................................................................... 57 Fazit /Empfehlung ................................................................................................... 58 Finanzströme / Finanzmärkte ...................................................................................... 59 Problemsituation ..................................................................................................... 59 Einleitung .................................................................................................................... 59 Verteilung der Finanzmärkte und deren Akteure ........................................................ 60 Einfluss der Wechselkurse .......................................................................................... 61 Chancen und Risiken .............................................................................................. 61 Zentralisierung der Finanzmärkte ............................................................................... 61 Risiko durch Staatsfonds............................................................................................. 62 Abhängigkeit von multinationalen Unternehmen (MNU) .......................................... 63 Wechselkursproblematik ............................................................................................. 63 Trends...................................................................................................................... 64 Abwanderung der Unternehmen ................................................................................. 64 Der Euro als Leitwährung ........................................................................................... 65 Empfehlungen ......................................................................................................... 66 Finanzmärkte dezentralisieren .................................................................................... 66 Deutsche Standorte sichern ......................................................................................... 67 Einführung der Tobin Tax........................................................................................... 68 Transport ..................................................................................................................... 69 Einleitung ................................................................................................................ 69 6 Problemsituation / Istzustand .................................................................................. 69 Welthandelsströme ...................................................................................................... 69 Bewegung der Güter ................................................................................................... 69 Arten der Güter ........................................................................................................... 70 Eingesetzte Verkehrsträger ......................................................................................... 71 Seeschiff ...................................................................................................................... 71 Flugzeug ...................................................................................................................... 71 Chancen und Risiken .............................................................................................. 72 Kapazitätsengpässe ..................................................................................................... 72 Häfen und Flughäfen ................................................................................................... 72 Verkehrsmittel ............................................................................................................. 73 Rohstoffknappheit ....................................................................................................... 73 Fossile Brennstoffe ..................................................................................................... 73 Grundstoffe zum Bau .................................................................................................. 74 Trends...................................................................................................................... 75 Transeurasische Eisenbahn ......................................................................................... 75 Alternative Antriebstechnologien ............................................................................... 76 Skysails ....................................................................................................................... 76 Flüssiger Wasserstoff .................................................................................................. 78 Fazit / Empfehlungen .............................................................................................. 79 Information und Vernetzung ....................................................................................... 80 Ist-Situation ............................................................................................................. 80 Problemsituation ..................................................................................................... 84 Trends ...................................................................................................................... 86 Fazit ......................................................................................................................... 88 Westeuropa...................................................................................................................... 92 Ist-Analyse .................................................................................................................. 92 Handelsbeziehungen zu den asiatischen Staaten..................................................... 92 Asia-Europe-Meeting (ASEM) ................................................................................... 92 Teilnehmer und Bedeutung der ASEM ....................................................................... 93 Handelsbeziehungen zu China .................................................................................... 94 Im- und Exportmarkt China ............................................................................ 94 Handelsbeziehung zu Indien ....................................................................................... 95 Import / Export EU – Indien ...................................................................................... 96 Infrastruktur Westeuropa ........................................................................................ 96 Häfen ........................................................................................................................... 96 Schiene ........................................................................................................................ 96 Luftfracht .................................................................................................................... 97 Rohstoff- und Energiesituation ............................................................................... 97 Entwicklung von Westeuropa ..................................................................................... 97 Biokraftstoffe .............................................................................................................. 98 Bildungsniveau im Vergleich zu den asiatischen Staaten ....................................... 98 Vergleich der Akademiker .......................................................................................... 98 Vergleich der Fachkräfte ............................................................................................. 99 Industriezweig Automobilbranche ......................................................................... 99 Volkswagen AG ........................................................................................................ 101 Die Daimler AG ........................................................................................................ 102 Umsatzvergleich........................................................................................................ 103 Problemsituationen.................................................................................................... 105 7 Energieengpass...................................................................................................... 105 Erdölreserven ............................................................................................................ 105 Erdgasreserven .......................................................................................................... 105 Gegenseitige Abhängigkeit zwischen Europa und Russland .................................... 106 Demographische Entwicklung in Europa ............................................................. 106 Auswirkungen auf die Sozialsysteme ....................................................................... 109 Fachkräftemangel .................................................................................................. 110 Problemsituation der Automobilindustrie ................................................................. 111 Sättigung des Europäischen Marktes .................................................................... 111 Umweltdebatte ...................................................................................................... 112 Produkt Piraterie ................................................................................................... 112 Asiatische Automobilhersteller ............................................................................. 113 Chancen und Risiken ............................................................................................ 115 Lösungsansätze des Mangels an Fachkräften in Europa ........................................... 115 Blue Card ...................................................................................................... 115 Befristete Arbeitsverträge ............................................................................. 116 Chancen aus der Energiesituation ......................................................................... 116 Erdölsicherung „OPEC-Staaten“ .................................................................. 116 Erdgassicherung „Pipeline Nabucco“ ........................................................... 116 Trends........................................................................................................................ 117 Alternative zur Blue Card ..................................................................................... 117 Weiterbildung............................................................................................................ 117 Energie Alternativen ............................................................................................. 118 Solar- und Windtechnologien ................................................................................... 118 Biokraftstoffe ............................................................................................................ 118 Wasserstofftechnologien ........................................................................................... 119 Trends der Automobilindustrie ............................................................................. 119 Kooperationen und ihre Möglichkeiten .................................................................... 119 Fazit........................................................................................................................... 122 Energiesituation .................................................................................................... 122 Produktpiraterie..................................................................................................... 123 Fachkräftemangel .................................................................................................. 123 Bevölkerungsentwicklung ..................................................................................... 124 Osteuropa ...................................................................................................................... 125 Ist-Analyse ................................................................................................................ 125 Politische Entwicklung ......................................................................................... 125 Geographische Entwicklung ..................................................................................... 126 Kulturelle Einflüsse............................................................................................... 126 Wirtschaftliche Entwicklung................................................................................. 127 Aktuelle wirtschaftliche Entwicklung ....................................................................... 127 Sich herauskristallisierende Unternehmen der Industrie .......................................... 128 Sich herauskristallisierende Unternehmen der Logistik ........................................... 128 Aktuell wichtige Güterströme ............................................................................... 129 Warenströme ............................................................................................................. 129 Importe ...................................................................................................................... 130 Exporte ...................................................................................................................... 130 Logistische Gegebenheiten ....................................................................................... 131 Umweltschutz........................................................................................................ 132 Aktueller Stand in Ost-Europa im Bereich des Umweltschutzes ............................. 132 8 Chancen der EU-Erweiterung ................................................................................... 133 Das EU-Umweltrecht ................................................................................................ 133 Umsetzung und Probleme ......................................................................................... 133 Rohstoffvorkommen/ Energiequellen ................................................................... 134 Wichtige Rohstoffvorkommen .................................................................................. 136 Problemstellungen ..................................................................................................... 137 Fachkräftemangel .................................................................................................. 137 Arbeitslosigkeit ..................................................................................................... 139 Massenarbeitslosigkeit und sozialer Verfall als Folge des EU-Beitritts ? ................ 139 Die Armutsproblematik in Osteuropa ....................................................................... 141 Schwache Infrastruktur ......................................................................................... 143 Internationale Infrastruktur ....................................................................................... 143 Osteuropa - Verkehr wächst stärker als Gesamtwirtschaft ....................................... 143 Hauptlast des Verkehrswachstums muss die Straße tragen ...................................... 144 Verkehrsmarkt in Russland auf Schiene fokussiert .................................................. 145 Große Herausforderungen an Infrastruktur ............................................................... 145 Hoher Finanzierungsbedarf für Infrastruktur ............................................................ 145 Spezielle Probleme mit Mautmodellen ..................................................................... 146 Politische Misswirtschaft ...................................................................................... 146 Korruption ................................................................................................................. 146 Kriminalität ............................................................................................................... 148 Dazugehörige Lösungen ........................................................................................... 150 Privatisierung der Wirtschaft ................................................................................ 150 Politische Maßnahmen .......................................................................................... 155 Technische Innovationen ...................................................................................... 156 Fazit ........................................................................................................................... 159 Können Ost- und Westeuropa im globalen Wettbewerb erfolgreich bestehen? .. 159 Zentralasien ................................................................................................................... 166 Problemsituation ....................................................................................................... 166 Ist-Analyse ............................................................................................................ 166 Länderprofile ............................................................................................................. 166 Demokratisierung ...................................................................................................... 168 Islam in Zentralasien ................................................................................................. 169 Wirtschaft .................................................................................................................. 171 Armut und Nachwirkungen der Sowjetzeit ............................................................... 175 Ressourcen ................................................................................................................ 178 Wassernutzung .......................................................................................................... 179 Problemdarstellung ............................................................................................... 180 Umgang mit dem politischen Islam .......................................................................... 180 Keine Gewaltentrennung........................................................................................... 181 Politische Reformen fehlen ....................................................................................... 181 Ungleichheiten in der Gesellschaft und mangelnde Perspektiven ............................ 182 Keine gemeinsame Kooperation der zentralasiatischen Staaten ............................... 182 Keine gemeinsame Kooperation der an Zentralasien Interessierten ......................... 183 Korruption ................................................................................................................. 183 Bildung und unabhängige Nachrichten nicht erwünscht .......................................... 184 Grenzstreitigkeiten .................................................................................................... 185 Umweltschäden und atomare Verseuchung .............................................................. 188 Wasserknappheit ....................................................................................................... 189 9 Lösungen ................................................................................................................... 190 Politische Reformen schaffen ............................................................................... 190 Einbeziehung extremistischer Kräfte in Regelungsprozesse ................................ 191 Islamismus akzeptieren und nicht gegen ihn ankämpfen...................................... 191 Investition in Bildung ........................................................................................... 191 OSZE-Vorsitz Kasachstan Æ Einführung europäischer Normen und Standards in Zentralasien ........................................................................................................... 192 Grenzstreitigkeiten ................................................................................................ 193 Atomare Verseuchung........................................................................................... 194 Wasserknappheit ................................................................................................... 194 Trends – Die Zentralasienstrategie der EU ............................................................... 195 Ölstrategien der Region Zentralasiens .................................................................. 198 Zentralasien ............................................................................................................... 198 China ......................................................................................................................... 198 USA........................................................................................................................... 199 Russland .................................................................................................................... 200 Europäische Union .................................................................................................... 201 Fazit........................................................................................................................... 201 Eigenständige und passive Entwicklung ............................................................... 201 Tendenz Russlands und Chinas ............................................................................ 202 Rahmen der internationalen Beziehungen ............................................................ 203 Russlands Vorhaben.............................................................................................. 204 Zukunft und Folgen der Erdölvorkommen in Zentralasien .................................. 205 Empfehlungen für die deutsche und europäische Außenpolitik ............................... 206 Ostasien ......................................................................................................................... 210 Staaten ....................................................................................................................... 210 Einleitung .............................................................................................................. 210 Korea ..................................................................................................................... 210 Japan...................................................................................................................... 211 Mongolei ............................................................................................................... 212 China ..................................................................................................................... 213 Energie ...................................................................................................................... 213 Japan...................................................................................................................... 213 Südkorea................................................................................................................ 214 Nordkorea.............................................................................................................. 214 Mongolei ............................................................................................................... 215 China ..................................................................................................................... 215 Kultur ........................................................................................................................ 217 Einleitung .............................................................................................................. 217 Kulturelle Einflüsse: ............................................................................................. 219 Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Ostasien und dem Westen: ............. 219 Beeinflussung der asiatischen Kultur:....................................................................... 220 Die Entwicklung der Kultur ---- Philosophie ................................................ 220 Kulturelle Einflüsse ---- Tee: ........................................................................ 222 Kulturelle Maße: ................................................................................................... 222 Fazit:...................................................................................................................... 225 Beschaffung in China .................................................................................................... 227 Das Land ................................................................................................................... 227 Geographie und Demographie .............................................................................. 227 10 Politische Lage ...................................................................................................... 227 Wirtschaftsentwicklung ........................................................................................ 229 Infrastruktur und Logistikentwicklung ................................................................. 230 Überblick ................................................................................................................... 230 Logistikentwicklung.................................................................................................. 231 Problemfeld ........................................................................................................... 232 China als Beschaffungsmarkt.................................................................................... 233 Vorteilhafter Standort............................................................................................ 233 Wirtschaftsräume und Produkte ............................................................................ 235 Yuan und dessen Wechselkurs .............................................................................. 236 Beschaffungsaktivität ................................................................................................ 237 Beschaffungsorgan ................................................................................................ 237 Zwischenhändler ....................................................................................................... 237 Vertretung ................................................................................................................. 238 Handelsfirma in Mainland China .............................................................................. 238 Handelsfirma in Hongkong ....................................................................................... 238 Einkaufskooperation ................................................................................................. 239 Direkt produzieren .................................................................................................... 239 Geschäftsabwicklung ............................................................................................ 240 Informationsquelle .................................................................................................... 240 Messebesuch ............................................................................................................. 240 Lieferantenauswahl ................................................................................................... 241 Wo können Probleme liegen? ................................................................................... 241 Lieferantenpflege ...................................................................................................... 243 Fazit ........................................................................................................................... 243 Naher Osten................................................................................................................... 245 Türkei ........................................................................................................................ 245 Straßenverkehr ...................................................................................................... 246 Schienenverkehr .................................................................................................... 247 Luftverkehr............................................................................................................ 248 Wasserverkehr ....................................................................................................... 248 Ölleitungen ............................................................................................................ 249 Telekommunikation .............................................................................................. 249 Türkei .................................................................................................................... 250 Außenpolitik.......................................................................................................... 251 Organisationsbereiche ........................................................................................... 252 Konfliktfelder mit den Nachbar-Staaten: .................................................................. 252 Türkei ........................................................................................................................ 253 Afrika Südlich der Sahara ............................................................................................. 256 Einleitung .................................................................................................................. 256 Afrikas Standpunkt ................................................................................................... 256 Die Probleme von Afrika ...................................................................................... 256 Bedeutung der Globalisierung für Afrika ............................................................. 258 Europas Standpunkt .................................................................................................. 259 Bedeutung von Afrika für Europa ......................................................................... 259 Europas Aufgaben ................................................................................................. 260 Fazit ....................................................................................................................... 261 Asien ......................................................................................................................... 262 Problemstellung .................................................................................................... 262 11 Asiatisierung Afrikas und Marktmacht Afrikas ........................................................ 262 Regionale Unterschiede ............................................................................................ 264 Fremdinvestitionen.................................................................................................... 265 Chancen und Risiken ............................................................................................ 267 Diversifikation .......................................................................................................... 267 Europäische Privatinvestitionen................................................................................ 268 Trends.................................................................................................................... 269 Energie ...................................................................................................................... 269 Zukunftsmärkte ......................................................................................................... 271 Tourismus ..................................................................................................... 271 Network Trade .............................................................................................. 271 Veredelungsprozesse..................................................................................... 271 Lebensmittel .................................................................................................. 272 Konsumgüter ................................................................................................. 272 Fazit....................................................................................................................... 273 Regionalisierung Afrikas .......................................................................................... 274 Einleitung .............................................................................................................. 274 Probleme ............................................................................................................... 274 Chancen................................................................................................................. 276 Risiken .................................................................................................................. 276 Trends.................................................................................................................... 277 Fazit....................................................................................................................... 277 Gesamtfazit ............................................................................................................... 278 Mittel und Nordamerika ................................................................................................ 279 Definitionen der Organisationen und Abkommen .................................................... 279 IST-Analyse Nord- und Mittelamerika ..................................................................... 282 USA....................................................................................................................... 282 Die wichtigsten Handelsbeziehungen der USA ........................................................ 283 Wirtschaftliche Faktoren ........................................................................................... 286 Politische Faktoren.................................................................................................... 287 Kulturelle Faktoren ................................................................................................... 288 Erfolgreiche deutsche Unternehmen in den USA ..................................................... 289 Kanada .................................................................................................................. 290 Handelsbeziehungen ................................................................................................. 290 Gegenwärtige wirtschaftliche Situation Kanadas und Ausblick in die Zukunft ....... 290 Politische Einflüsse von / für Kanada ....................................................................... 291 Ansätze zum Konjunkturwachstum der Länder Mittelamerikas............................... 292 Mittelamerika ........................................................................................................ 292 El Salvador ................................................................................................................ 292 Handelsbeziehungen ................................................................................................. 292 Wirtschaftliche Faktoren ........................................................................................... 292 Politische Faktoren.................................................................................................... 293 Belize ........................................................................................................................ 293 Handelsbeziehungen ................................................................................................. 293 Wirtschaftliche Faktoren ........................................................................................... 293 Politische Faktoren.................................................................................................... 294 Costa Rica ................................................................................................................. 294 Handelsbeziehungen ................................................................................................. 294 Wirtschaftliche Faktoren ........................................................................................... 294 12 Dominikanische Republik ......................................................................................... 295 Handelsbeziehungen ................................................................................................. 295 Wirtschaftliche Faktoren ........................................................................................... 295 Politische Faktoren .................................................................................................... 295 Guatemala ................................................................................................................. 296 Handelsbeziehungen ................................................................................................. 296 Wirtschaftliche Faktoren ........................................................................................... 296 Politische Faktoren .................................................................................................... 296 Haiti ........................................................................................................................... 297 Wirtschaftliche Faktoren ........................................................................................... 297 Politische Faktoren .................................................................................................... 297 Honduras ................................................................................................................... 297 Handelsbeziehungen ................................................................................................. 297 Wirtschaftliche Faktoren ........................................................................................... 298 Politische Faktoren .................................................................................................... 298 Nicaragua .................................................................................................................. 298 Handelsbeziehungen ................................................................................................. 299 Wirtschaftliche Faktoren ........................................................................................... 299 Politische Faktoren .................................................................................................... 300 Mexiko ...................................................................................................................... 301 Handelsbeziehungen ................................................................................................. 301 Wirtschaftliche Faktoren ........................................................................................... 301 Politische Faktoren .................................................................................................... 302 Kulturelle Faktoren ................................................................................................... 302 Panama ...................................................................................................................... 303 Handelsbeziehungen ................................................................................................. 303 Wirtschaftliche Faktoren ........................................................................................... 303 Politische Faktoren .................................................................................................... 304 Probleme ................................................................................................................... 304 Dollar .................................................................................................................... 304 Terrorismus ........................................................................................................... 306 Irakinvasion hat die Terrorgefahr in den USA erhöht .............................................. 307 Terrororganisation sucht händeringend ABC-Waffen .............................................. 307 Nationale Kriege ................................................................................................... 308 Illegaler Handel ..................................................................................................... 308 Naturkatastrophen ................................................................................................. 309 Fazit ........................................................................................................................... 310 Auswirkungen auf die Regionen ........................................................................... 310 Auswirkungen auf Europa ........................................................................................ 312 Beziehungen zwischen den USA und der Europäischen Union ............................... 312 Auswirkungen auf die Unternehmen .................................................................... 315 Südamerika.................................................................................................................... 320 Problemsituation ....................................................................................................... 320 Einleitung .............................................................................................................. 320 Ist-Analyse ............................................................................................................ 321 Staaten ....................................................................................................................... 321 Politische Strukturen ................................................................................................. 323 Wirtschaft .................................................................................................................. 324 Handelsbeziehungen ................................................................................................. 329 13 Chancen und Risiken ................................................................................................ 331 Potenziale des Wirtschaftsmarkes Südamerikas aus Sicht der europäischen Wirtschaft .............................................................................................................. 331 Sicherung des europäischen Rohstoffbedarfs ........................................................... 331 Absatzmarkt Südamerika technologischer Güter ...................................................... 334 Risiken für die europäische Wirtschaft aufgrund der sozialpolitischen Lage ...... 335 Trends (Szenarien) .................................................................................................... 336 Regionalisierung (CSN) ........................................................................................ 336 Zukünftige wirtschaftliche Orientierung Südamerikas ......................................... 337 Fazit Südamerika....................................................................................................... 339 Fazit Europa .............................................................................................................. 340 Schlusswort ................................................................................................................... 342 Literaturverzeichnis ...................................................................................................... 346 Abbildungsverzeichnis .................................................................................................. 358 Tabellenverzeichnis ...................................................................................................... 360 Verfasserverzeichnis ..................................................................................................... 360 14 Einleitung Die Erde verändert sich. Dieses gilt sowohl für klimatische Aspekte als auch für viele andere Gegebenheiten. So sind zurzeit zwei große Trends im menschlichen Miteinander zu beobachten. Zum einen kann man von einer Asiatisierung der Globalisierung, zum anderen aber auch von einem Trend zur zunehmenden globalen Regionalisierung sprechen. Die Asiatisierung der Globalisierung entsteht durch die zunehmenden wirtschaftlichen und politischen Einflüsse der asiatischen Staaten. Die New York Times berichtete im Juli 2004 von einem neuen chinesischen Jahrhundert und stellte folgenden Satz heraus: „Das Land hat sich verändert, nun verändert es die Welt.“1 Dieses ist bereits heute in vielen alltäglichen Lebenslagen spürbar. Sei es beim Kauf von Textilien oder beim Benutzen etwaiger technischer Konsumgüter. Der Begriff Asiatisierung ist allerdings ein Trugschluss. So signalisiert er die Homogenität eines Kontinents, welche in der Realität nicht ausgeprägt ist. Selbst die Bezeichnung für den Kontinent Asien ist europäischer Natur und innerhalb der asiatischen Staaten nicht beliebt, da diese sich eher als eigenständige Nationalstaaten mit eigenem kulturellen und historischen Hintergründen sehen. Nicht alle asiatischen Länder geben Impulse für das Voranschreiten des weltweiten Asiatisierungsprozesses, geschweige denn, sind überhaupt an ihm beteiligt. So ist als Synonym für den Prozess vor allem die Volksrepublik China zu nennen, welche eine besondere Vorreiterrolle einnimmt. Das Voranschreiten der Asiatisierung ist somit auch eng an den Erfolg dieser asiatischen Republik gekoppelt. Der Begriff der globalen Regionalisierung weist auf einen Trend zur Konzentration auf regional geprägte Zusammenarbeit zwischen einzelnen Staaten hin. Es erfolgt eine gezielte Stärkung der regionalen Kompetenzen und Gegebenheiten, um sich in der heutigen globalisierten Gesellschaft zu positionieren. Diese globale Regionalisierung ist allerdings nicht überall in ausgeprägtem Maße möglich, da nicht jede Region der Erde homogene Strukturen innerhalb der einzelnen Staaten vorweisen kann. Folgendes Zitat von James Robertson bringt die Ziele der Regionalisierung treffend auf den Punkt: „Local work for local people using local resources“.2 1 2 Zeitschrift: „Informationen zur politischen Bildung, Nr.289/2005,“Volksrepublik China“,S.3 www-alt.uni-trier.de/uni/foreinr/zes/schriftenreihe/033.pdf 15 Das Buch befasst sich im Folgenden mit dem Für und Wider dieser globalen Tendenzen. Wie der Titel bereits verrät, soll besonders auf das Spannungsfeld in dem sich Europa befindet, eingegangen werden. Wie sollte Europa sich in diesen neuen Strukturen positionieren und welche Chancen und Risiken ergeben sich für unseren Kontinent? Es sollen verschiedene globale Probleme und der heutige Stand der Globalisierung näher beleuchtet werden. Anschließend erfolgt eine genaue Betrachtung der verschiedenen Regionen der Erde in politischer, wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht, um hieraus am Ende des Buches eine endgültige Empfehlung für Europa abzuleiten. Viel Vergnügen beim Lesen dieses Buches! 16 Einführender Überblick Europäische und gesamtglobale politische Strukturen In der heutigen internationalen Politik lassen sich eine Fülle von unterschiedlichen Staats- und Regierungsformen finden. So hängt häufig die gesamte Entwicklung eines Landes von der herrschenden Staatsform ab. Auch das Voranschreiten der Globalisierung ist von den länderspezifischen Staatsformen abhängig. So sind Diktaturen oder absolutistische Militärregierungen wie sie häufig in Afrika vorzufinden sind, sehr schädlich für eine Entwicklung des Landes. Staaten dieser Regierungsformen sind häufig nicht am Prozess der Globalisierung oder an etwaigen kontinentalen oder interkontinentalen Wirtschaftsbeziehungen beteiligt. Diese Nichtbeteiligung an globalen Prozessen hängt zum einen von der Haltung der jeweiligen Regierenden ab, welche häufig eine absolute Isolation ihres Staates von der westlichen Welt umsetzen, wie das Beispiel Nordkorea eindrucksvoll beweist. Ein anderer wichtiger Aspekt ist, dass demokratisch geprägte Staaten aus ideologischen Gründen keine wirtschaftlichen oder politischen Beziehungen zu diesen Staaten aufnehmen und/oder pflegen. Ein weiteres Beispiel für eine solche Politik ist der kommunistisch geprägte Staat Kuba, welcher sich wirtschaftlich und gesellschaftliche sicherlich auf einem Stand des mittleren 20. Jahrhunderts befindet. Einhergehend mit dem Nichtvorhandensein von wirtschaftlichen Beziehungen erfolgt in diesen Staaten häufig eine massive Unterdrückung der Bürger. So sind massive Menschenrechtsverletzungen in diesen Staaten meistens an der Tagesordnung. Zu beobachten ist, dass moderne, demokratisch geprägte Staaten häufig eine wesentlich bessere Stellung innerhalb der globalen Politik und Wirtschaft besitzen und ihre Bürger grundsätzlich besser gestellt sind. Auch fällt es ihnen leichter etwaige kontinentale und interkontinentale Kooperationen auf wirtschaftlicher und politischer Basis mit anderen Staaten einzugehen. Es ist allerdings zu beachten, dass die Demokratisierung der Welt immer weiter voranschreitet. So gab es nach Angaben der NGO „Freedom House“ im Jahre 2005 bereits 122 parlamentarische Demokratien. Das entspricht einem Prozentsatz von 64% 17 aller globalen Staaten. So sind z.B. alle 25 Staaten Europas als parlamentarische Demokratien anzusehen. Lediglich die Türkei galt im Jahre 2005 als eingeschränkt frei. In Nord- und Südamerika galten von den 35 Staaten 33 als parlamentarische Demokratien, wobei Kuba und Haiti als unfreie Staaten anzusehen sind. In Asien war die Mehrheit der Staaten, nämlich 23 von 39 Staaten demokratisch geprägt. Von den 27 ehemals kommunistischen Staaten galten 17 Staaten als parlamentarische Demokratien. Hier besteht also noch erheblicher Nachholbedarf bei der Demokratisierung. Ebenfalls ein hoher Nachholbedarf besteht bei den afrikanischen Staaten. Im subsaharischen Afrika galt im Jahre 2005 nur knapp die Hälfte der 48 Staaten als demokratisch und von diesen 23 Demokratien galt wiederum nur die Hälfte als freier Staat. Im Nahen Osten und in Nordafrika war im Jahre 2005 lediglich der Staat Israel als parlamentarische Demokratie anzusehen.3 Für viele gilt die Demokratisierung als wesentliches Element für das Voranschreiten der Globalisierung um durch staatliche Kooperationen ein starkes Gegengewicht zu den ökonomischen Kräften zu realisieren. Eine andere These ist, dass die Verhandlungsmacht der Staaten durch Demokratisierung gegenüber multinationalen Unternehmen erheblich sinkt und eine Regierung im eigentlichen Sinne bereits an die Ökonomie abgegeben wurde und somit häufig privatwirtschaftliche Interessen über öffentliche Interessen gestellt werden.4 Trotz des starken Voranschreitens der Demokratie sollte allerdings nicht vergessen werden, dass immer noch 36% Prozent aller Menschen in unfreien Staaten leben und dass sich dieser Prozentwert durch das starke Bevölkerungswachstum in diesen Staaten noch erheblich vergrößern wird.5 3 Vgl. bpb, (Demokratie,2006), S.14 Vgl. bpb, (Demokratie,2006), S.14 5 Vgl. bpb, (Demokratie,2006), S.14 4 18 Abbildung 1 Vorbereitung demokratischer Staaten Quelle: www.bpb.de/Globalisierung/Global Governance/Demokratie Abbildung 2 Politische Freiheit Quelle: www.bpb.de/Globalisierung/Global Governance/politische Freiheit 19 Wie in der vorherigen Grafik zu erkennen, hat sich auch der Anteile an freien Staaten auf der Welt kontinuierlich erhöht. Es ist zu erwähnen, dass der Anteil an unfreien Staaten nirgends so hoch ist als in Afrika und im Nahen Osten. Auch aus diesem Grunde kann Afrika bisher als klarer Verlierer zumindest der politischen Globalisierung gesehen werden. Als erfreulich zu beurteilen ist der Anstieg der freien Staaten bei den islamisch geprägten Ländern. So galten im Jahre 1995 noch 70% dieser Staaten als unfrei. Dieser Wert sank im Jahre 2005 auf nur noch 50%. Also ist auch in diesen 20 Staaten mittlerweile ein Umdenken erkennbar und eine Liberalisierung zeichnet sich ab. Im Jahre 2005 galten 8 der unfreien Staaten auf der Welt als extrem unfrei. Hierzu gehören: Kuba, Nordkorea, Turkmenistan, Usbekistan, Lybien, Syrien, der Sudan und Myanmar.6 Interessant hieran ist, dass die Unfreiheit eines Staates nicht explizit von einer bestimmten Staatsform abhängt. So sind hier Diktaturen genauso vertreten wie Militärregierungen und sozialistische Einparteiensysteme. Ein Staat gilt als frei, wenn seine Staatsbürger7: − frei am politischen Prozess teilnehmen können − in freien Wahlen frei wählen können − durch Personen repräsentiert werden, welche rechenschaftspflichtig sind − frei in der Wahl ihres Glaubens und in der Ausübung ihrer Religion sind − das Recht zur Versammlung und zur Bildung von Zusammenschlüssen haben − Zugang zu einem gerechten Rechtssystem haben − Soziale und ökonomische Freiheiten haben, einschließlich des Rechts auf Privateigentum Hier ist zu beachten, dass auch parlamentarische Demokratien nicht alle diese Punkte erfüllen und somit auch als eingeschränkt frei gelten können.8 Einen weiteren höchst interessanten Aspekt bei der Betrachtung der politischen Strukturen stellen die Nichtstaatlichen Organisationen (NGO’s) dar. Sie sind als Teil der Zivilgesellschaft anzusehen und bilden den so genannten „dritten Sektor“ neben Staat und Wirtschaft. Die klassischen Themen dieser Organisationen sind unter anderem die soziale Gerechtigkeit, die Geschlechtergleichstellung, der Umweltschutz und die Friedenspolitik. Warum aber spielen diese Organisationen eine so große Rolle bei der Betrachtung von politischen Strukturen? Die Antwort ist eine einfache: Ihr Einfluss auf die Politik ist enorm groß.9 6 Vgl .bpb, (politische Freiheit,2006), S.13 Vgl .bpb, (politische Freiheit,2006), S.13 8 Vgl. bpb, (politische Freiheit,2006), S.13 9 Vgl. bpb, (Nichtstaatliche Organisationen: Was tun NGOs ?, 2006) 7 21 Ihre Beachtung finden die NGO’s besonders durch eine sehr medienwirksame Vorgehensweise. Sie setzen gezielt auf die Verbreitung ihrer Botschaften durch die „neuen Medien“, wie z.B. das Fernsehen oder das Internet. Durch diese Vorgehensweise ist es durchaus auch kleinen Organisationen möglich eine enorme Beachtung zu finden. Dieser erhebliche Einfluss schlägt sich in einem stark verbreiteten Lobbyismus und somit in einer gezielten Beeinflussung politischer Entscheidungen nieder. Dieser Lobbyismus findet allerdings, wie so häufig angenommen nicht immer in Nobelrestaurants oder aber in dunklen Hinterzimmern statt. So sind zum Beispiel im Europäischen Parlament 5000 Mitglieder aus verschiedensten NGOs ganz offiziell akkreditiert und ihr Fachwissen wird gezielt zu Rate gezogen.10 Das Problem, dass sich bei den Nichtstaatlichen Organisationen herauskristallisiert, ist der Vorwurf, dass sie auf Grund ihrer Finanzierbarkeit häufig auf staatliche Gelder oder auf Gelder aus der freien Wirtschaft angewiesen sind. Auf Grund dessen müssen sie sich die Frage gefallen lassen, inwieweit eine unabhängige Haltung gegenüber etwaigen Fragen möglich ist. Die Finanzkraft vieler NGOs ist dabei von einem beachtenswerten Umfang, so verfügt die Umweltorganisation Greenpeace über ein höheres Jahresbudget als das Umweltprogramm der Vereinten Nationen.11 Ein weiterer Kritikpunkt an den Organisationen ist das Auftreten in repräsentativen Demokratien ohne selbst über eine demokratisch legitimierte Organisationsform zu verfügen. So gibt es auch in den NGOs erhebliche Machtkämpfe, welche die Verwirklichung der häufig positiven Ziele für das Allgemeinwohl gefährden können. Der Einfluss von nichtstaatlichen Organisationen ist in besonderem Maße in der westlichen Hemisphäre vorzufinden, insbesondere auch in Europa. Inwieweit das politische Handeln in Europa von diesen Organisationen geprägt ist, lässt sich nur erahnen. In jedem Falle kann das Vorhandensein und die starke Verbreitung von Lobbyismus auch eine negative Auswirkung auf die Entscheidungsfindung in der Politik haben. Als besonderer Aspekt ist hier das Entstehen einer gewissen Behäbigkeit in der Entscheidungsfindung auf politischer Ebene zu verzeichnen und es ist nicht unbedingt möglich schnell auf Neuerungen in der internationalen Politik zu reagieren. In Ländern in denen die NGOs keinen großen Einfluss besitzen, wie z.B. in China, ist 10 11 Vgl. bpb, (Nichtstaatliche Organisationen: Lobbyismus, 2006) Vgl. bpb, (Nichtstaatliche Organisationen: Kritik an NGOs, 2006) 22 dieses natürlich nicht der Fall. Vielleicht kann auch so das schnelle Voranschreiten der Asiatisierung in gewissem Maße erklärt werden. Betrachtet man die Diskussionen und das Verhalten Europas gegenüber den asiatischen Staaten ist häufig die Forderung nach mehr Demokratie, insbesondere in China zu beobachten. Die entscheidende Frage ist aber, ob die historisch gewachsene demokratische Struktur in Europa überhaupt anwendbar ist auf einen Staat wie China. Die Umsetzung gestaltet sich in ehemals kommunistischen Staaten generell als besonders schwierig, wie das Beispiel Russlands zeigt. Auch auf Grund der chinesischen Kultur ist eine Umsetzung der in Europa gepflegten Demokratie als eher kritisch zu beurteilen. Eines ist allerdings als absolut notwendig zu erachten, der wirtschaftliche und politische Erfolg Chinas kann nicht weiterhin auf einer Grundlage der Missachtung der Menschenrechte geschehen.12 So klafft in China mittlerweile eine riesige Lücke zwischen Arm und Reich. Es ist besonders ein geographischer Unterschied in der Einkommensstruktur der chinesischen Bevölkerung zu erwähnen. Da wären zum einen der gut situierte Osten der chinesischen Volksrepublik und zum anderen der weitestgehend verarmte Westen des Landes. Aus diesem Grunde brodelt es in China und es kann durchaus von einem innenpolitischen Pulverfass gesprochen werden. 13 Die weitere Entwicklung der Asiatisierung hängt also in erheblichem Maße von einem innenpolitisch instabilen Staat ab und sollte auch unter diesem Aspekt betrachtet werden. Nicht zu verachten ist allerdings auch das erhebliche politische Machtpotential einiger asiatischer Staaten. Auf Grund dieser Gesichtspunkte ist es vermutlich sinnvoll für Europa auf der Grundlage einer gestärkten, regionalisierten Politik auf die Asiatisierung mit Vorsicht zu reagieren, aber dennoch die bestehenden politischen Beziehungen zu asiatischen Staaten zu pflegen und weiter auszubauen. Globale Handelsströme Die Bedarfe von Menschen stehen heute im Mittelpunkt aller wirtschaftlichen Tätigkeiten. Zur bestmöglichen Versorgung ist es nötig, dass die Güter allen Menschen 12 13 Vgl. Sandschneider (Globale Rivalen, 2007),S.141ff. Vgl. Sandschneider (Globale Rivalen, 2007),S.57ff. 23 zur Verfügung stehen. Wo sie im Überfluss vorhanden sind, müssen sie an die Stellen des Mangels gebracht werden. Dieser Güteraustausch ist die Hauptaufgabe des Welthandels14. Die aus dieser Entwicklung resultierende Herausforderung für die Firmen ist schnelle, sichere, billige und ökonomisch rentable Lieferung dieser Güter. Trotz allen Schwierigkeiten kann man in die letzten Jahrzehnte ein ökonomisches Wachstum weltweit beobachten. Nun nicht alle Regionen haben sich gleichermaßen entwickelt. Einige haben ihren ökonomischen Wohlstand verbessert und andere haben ihre Position auf dem Weltmarkt nur wenig oder gar nicht verändert. Im Jahr 2006 wurden weltweit Waren im Wert von etwa 11783 Billion US$ exportiert15. Das folgende Diagramm zeigt die Anteile von jeweiligen Regionen im weltweiten Export nach verschiedenen Gütern. Abbildung 3Export weltweit nach Güterarten Quelle: Abgeleitet von: http://www.worldmapper.org/ Im Export von verschiedenen Gütern wird am meisten Europa und Asien beteiligt. Wobei es gibt Bereiche, wie z.B. Spielzeuge inklusive Sportartikel, wo Asien 100% Anteil hat. Die Ursachen für diese Entwicklung sind meistens die günstigeren Herstellkosten in diesen Ländern. Europa demgegenüber hat auch fast 100% Anteil an Herstellung von Medikamenten. Maschinen werden auch überwiegend aus Europa exportiert. Aus diesem Diagramm resultiert, dass die hoch entwickelten europäischen Länder sich im Export von hochwertigen Gütern spezifizieren. Obwohl die Herstellkosten viel höher als in Asien, wichtig sind ist auch entsprechende Technologie, 14 15 Vgl. W. Ullmer, H.A.Schmidt (Außenhandel), S. 7 Vgl. WTO (World Export, Tabelle 1.6) 24 know how und Qualität. Heutzutage wird beobachtet, dass die Firmen ihre Produktionsstellen ins Ausland verlegen – in Form von Direktinvestitionen – somit behalten sie ihren know how gleichzeitig die Kosten minimierend. Die folgende Grafik zeigt die Entwicklung von Exporte in Bezug auf Europa in Jahren 1980-2006. Abbildung 4 Europa – Exporte (* die Daten nur für Westeuropa) Quelle: Abgeleitet von http://www.wto.org Daraus lässt sich ableiten, dass die Europas Exporte nach Asien und Nordamerika ab Jahr 1980 sich in die gleiche Richtung entwickelt haben, d. h. die Differenz zwischen den beiden Regionen hat sich nicht wirklich verändert. Deshalb kann man nicht einseitig feststellen, dass man mit „Asiatisierung“ zu tun hat. Fast die gleiche Menge (in%) wird aus Nordamerika als auch aus Asien nach Europa exportiert. Die Importe von jeweiligen Regionen nach verschiedenen Gütern werden mit Hilfe dieses Diagrammes dargestellt. 25 Abbildung 5 Import weltweit nach Güterarten Quelle: Abgeleitet von: http://www.worldmapper.org/ Am meisten importiert Nordamerika und Europa. Es werden die Produkte importiert, die man selber nicht herstellt. Es gibt verschiedene Gründe für diese Entwicklung. Erstens die Produkte werden im Ausland billiger hergestellt, oder die Qualität importierten Produkten ist besser als im Inland. So ist der Fall beim Import von Maschinen in Asien. Es kann aber auch der Fall sein, dass ein Produkt oder Rohstoff aus dem dieser hergestellt wird, in einem Land nicht vorhanden ist. Die Entwicklung letzen 26 Jahren von Importen nach Europa sieht folgendermaßen so aus. Abbildung 6 Europa – Importe (*die Daten nur für Westeuropa) Quelle: Abgeleitet von http://www.wto.org Im Jahr 1980 konnte man noch beobachten, dass Europa wesentlich viel aus Nordamerika, im Vergleich zu Asien, importiert hat. Nun hat sich die Lage ab 2004 26 geändert. Es wird immer mehr aus Asien als aus Nordamerika importiert, was weist darauf hin, das der Prozess der „Asiatisierung“ zugenommen hat. Asien ist für Europa sehr günstige Region und trotz hohen Transportkosten, lohnt es sich die Produkte aus Asien zu importieren. Problematisch kann hier aber Qualität der Produkte und die Anpassung an die europäische Normen sein. Auch die Erfüllung von heutigen Kundenanforderungen muss hier betrachtet werden. Die Kunden wollen die Waren innerhalb Stunden bzw. Tagen zugeliefert bekommen. Das ist allerdings durch große Entfernungen schwer behindert. Die Lösung liefert hier Ausbau schon existierenden Wegen und Vergrößerung deren Kapazitäten, wie z.B. Panamakanal. Um die größte Schiffe der Welt aufnehmen zu können muss der Panamakanal umgebaut werden. Bis 2014 wird die Wasserstraße mit der umfangreichsten und teuersten Erweiterung ihrer Geschichte in ein neues Zeitalter geführt - 5,2 Milliarden Dollar soll das kosten, (3,8 Milliarden Euro). Mit diesem Schritt wird Panama als ein entscheidendes Nadelöhr der Globalisierung noch bedeutender.16 Außerdem öffnet die Klimaerwärmung neue Möglichkeiten. Durch Schmelzen von Eis um Nordpol wird möglich direkte Verbindung zwischen Europa und Asien. Das verkürzt die Wege und garantiert schnellere Lieferung. Wenn noch beim Export von Gütern hat Asien führende Position, sieht die Sache bei den Dienstleistungen anders aus. Sowohl beim Import als auch beim Export sind Europa und Nordamerika stark beteiligt17. Triade Laut Bundeszentrale für politische Bildung könnte man also die Akteure von Welthandel auf diese 4 Bausteine begrenzen: Nordamerika, Asien-Pazifik, West-Europa und restliche Staaten. Triadisierung ist diese Entwicklung genannt und ist Sonderfall der Interreginonalisierung. 16 17 Vgl. Peter Burghardt, (Panamakanal) Vgl. WTO, (Intra- and inter-regional merchandise trade, 2006) 27 Abbildung 7 Inter- und Intraregionaler Warenhadel Quelle: bpb (Inter- und Intraregionaler Warenhandel), S. 4 Der grenzüberschreitende Handel, der außerhalb von Triade-Regionen abgewickelt wird, eben so wie der Handel innerhalb einzelnen Regionen, hat ab dem Jahr 1980 zugenommen. Eine nicht direkte Ursache von diesem Zuwachs ist die Verschiedenheit von menschlichen Bedürfnissen in der ganzen Welt. Sehr wichtig ist, dass sowohl der Handel zwischen den Triade-Regionen als auch der Handel innerhalb der Regionen als Teil der globalen Unternehmensstrategie verstanden wird. Jedes Unternehmen muss bei der Auswahl einer Strategie viele Faktoren berücksichtigen wie z.B. Lohnkosten, Entfernung, Qualität, usw. Oft nach solcher Analyse wird die Entscheidung getroffen die Produktion innerhalb eigener Region zu starten. Wenn aber alle Faktoren eher für die Auslandsinvestition sprechen, stellt die Form von Direktinvestition viele Möglichkeiten dar, wie z.B. Joint Ventures. Direktinvestitionen Der Begriff Direktinvestitionen umfasst sowohl die Firmenneugründungen als auch die Übernahmen und können eine Reihe weiterer Formen unternehmerischen Engagements wie Joint Ventures oder Strategische Allianzen einschließen. Die Direktinvestitionen trotz ihrer Intransparenz stellen einen wichtigen Indikator für den Globalisierungsgrad der Unternehmen dar. Direktinvestitionen bedeuten den Transfer moderner, umweltgerechter Technologien und die Stärkung der Bildung. Langfristig führen sie zu einer fortschreitenden Einbindung der Entwicklungsländer in die Weltwirtschaft. 28 Investitionen schaffen Handel und Handel schafft Investitionen.18 Die Vorteile gibt es auch für die Länder, die im Ausland investieren. Direktinvestitionen sichern die Arbeitsplätze, verbessern die Wettbewerbsfähigkeit des Muttersunternehmens und damit auch die der heimischen Standorte. Der Erfahrungsgewinn auf den fremden Märkten trägt dazu bei, dass Marktanteile auch zu Hause gesichert werden können. Oftmals erlaubt die erfolgreiche Produktion vor Ort sogar zusätzliche Exporte von Teiloder Komplementärprodukten aus der Heimat. Die darunter liegende Diagrammen stellen heutige Situation bezüglich Direktinvestitionen dar. Abbildung 8 Direktinvestitionen in die Welt Quelle: Abgeleitet von UNCTAD (World Investment Report 2007), S. 207-210 Europa ist auf der führende Stelle bei den weltweiten Direktinvestitionen. Bei der heutigen Entwicklung von Asien muss Europa den Schritt halten können. Die Direktinvestitionen ermöglichen Erreichen besseren Kenntnissen von den auf dem fremden Markt herrschenden Sitten. Auf der zweiten Stelle befindet sich Nordamerika gefolgt von Asien. Außer schon erwähnten Kostengrüden gibt es noch mehrere. Die Möglichkeit zur Eroberung neuer Märkte führt zur Zuwachs von Direktinvestitionen. 18 Vgl. AGE (Direktinvestitionen), S.5 29 Abbildung 9 Direktinvestitionen aus der Welt Quelle: Abgeleitet von UNCTAD (World Investment Report 2007), S. 207-210 Die Regionen die für Direktinvestitionen beliebt sind, sind Asien, Europa und Restliche Staaten. Ein Grund dafür könnte sein, dass Asien im Moment sehr niedrige Herstellkosten garantiert und ein großes Entwicklungspotential hat. Die Vorteile für die aufnehmenden Länder sind vor allem Zufluss vom Kapital, aber auch Zugang zu Innovationen und modernen Produktionsmethoden. Dadurch wird auch dem Land ermöglicht, Erweiterung von Exportmöglichkeiten. Demgegenüber übermäßige „Gastfreundlichkeit“ einigen Ländern ist mit Verloren einzelnen Wirtschaftssektoren und ökonomischen Unabhängigkeit verbunden.19 Bei den Direktinvestitionen könnte man auch zwei wichtige Trends unterscheiden. Einerseits spricht man von einer Regionalisierungsthese. Die sagt, dass die Auslandsinvestitionen meist räumlich und sektoral sehr konzentriert stattfinden. Diese Regionalisierung sorgt dafür, dass sich in bestimmten Regionen sektorale Cluster herausbilden, die vertikal als auch horizontal starke Vernetzung aufweisen. Es zeigt sich, dass sich diese Wachstumsregionen meist in bestimmten Regionen entwickeln. Diese bringen den Unternehmen bestimmte sektorspezifische Agglomerationsvorteile. In Hinblick auf die Regionalökonomie entstehen Vorteile durch die räumliche Ballung von Sachkapital, Unternehmen, Konsum und Arbeitskräften. Dadurch ist es möglich niedrigere Transportkosten zu erreichen, großen lokalen Markt zu erobern, großes Arbeitskräfteangebot und Spezialisten zu gewinnen. 19 Koch (Internationale Wirtschaftsbeziehungen), S. 227-230 30 Demgegenüber steht die Globalisierungsthese, die sich vor allem auf große transnationale Unternehmen bezieht, die sich die Arbeitsteilung zu Nutze gemacht haben und die internationalen Märkte erobern. Diese Unternehmen können einerseits aus Kostengründen eine weltweite Wertschöpfung und Organisation ihrer Unternehmensfunktionen vornehmen. Zudem können sie auch Skalenvorteile nutzen, indem sie auf den großen Märkten der Triade präsent sind. Die Direktinvestitionen bringen nicht nur Vorteile mit sich. Problemstellen bei den Direktinvestitionen bestehen noch vor allem in Entwicklungsländer in solchen Bereichen wie z.B. Zollabwicklung, Versteuerung von Produkten, Verschiedene Wirtschaftsklima und fehlende Infrastruktur. Außerdem die lokale finanzielle Hilfe und Administration müssen den europäischen Standarten entsprechen. Globale Energiesituation Energie ist eine wesentliche Grundlage für unser tägliches Leben und Wirtschaftswachstum. Die Dynamik der Welt führt zu einer zunehmenden Energienachfrage. Das weltweite Bevölkerungswachstum, der wirtschaftliche Fortschritt, das Streben nach Erleichterungen des Lebens und Wohlstandes erhöht den weltweiten Energiebedarf. Abbildung 10 Wachstum des Weltenergieverbrauchs Quelle: www.bp.com/statisticalreview, 2007, S.9 Der Anstieg des Energieverbrauchs vollzieht sich weltweit nicht gleichmäßig. Wie aus dem Diagramm zu ersehen ist, ist vor allem der Energiebedarf von China aufgrund des 31 enormen Wirtschaftswachstums drastisch gestiegen. Allein China ist knapp die Hälfte des Weltenergiewachstums der letzten fünf Jahre zuzuschreiben. Ebenfalls hat sich das Wachstum des Energieverbrauchs im asiatisch-, pazifischen Raum, in Afrika und in Süd- und Mittelamerika erhöht. Innerhalb OECD blieb diese Entwicklung des Energieverbrauchs aus, vielmehr sank der prozentuale Energieverbrauch jährlich um durchschnittlich 2,5%. Das Wachstum des Energieverbrauchs der USA und der EU war sogar noch geringer.20 Die prozentuale Abnahme des Energieverbrauchs lässt sich auf das weniger energieintensive Wirtschaftswachstum der OECD zurückführen. Im Übrigen sank das Energieverbrauchswachstum im Verhältnis zum BIP Wachstum weltweit. Der Trend der rückläufigen Energieelastizität zeichnet sich bereits auch in den Nicht-OECD-Ländern einschließlich China ab.21 Folglich hat in den letzten Jahren primär das Aufstreben der Entwicklungs- und Schwellenländer zu einem starken Anstieg des Energiebedarfs geführt. Nichtsdestotrotz wird der größte Anteil des Weltenergieverbrauchs weiterhin von der Triade (USA, EU und China) verursacht. Dass die OECD- Länder, trotz sinkenden Energieverbrauchs, am meisten Primärenergie verbrauchen, verdeutlicht der Vergleich des pro KopfVerbrauchs der einzelnen Regionen. 20 21 Vgl. Christof Rühl (Präsentation, 19.07. 2007 ), S.4 Vgl. Christof Rühr (Präsentation, 19.07. 2007), S.9 32 Abbildung 11 Pro-Kopf-Verbrauch 2006 Quelle:http://www.bp.com/liveassets/bp_internet/globalbp/globalbp_uk_english/reports_and_publications /statistical_energy_review_2007/STAGING/local_assets/downloads/pdf/de_primary_energy_section_200 7.pdf,S.43, 2007 Im Jahr 2006 lebten die Menschen in Afrika, weiten Teilen Süd- und Mittelamerikas und in den meisten Staaten Asiens, einschließlich Indien und China, mit jährlich einen Primärenergieverbrauch von durchschnittlich 1,5 Tonnen (Rohöläquivalenz) pro Kopf. Im Vergleich dazu verbrauchten die Staaten der EU12 pro Kopf zwischen 3,0 und 4,5 Tonnen. Den weltweit höchsten Primärenergieverbrauch pro Kopf erzeugen die USA, Kanada, Saudi Arabien, Norwegen, Island, Belgien und Singapur mit über sechs Tonnen.22 Der weltweite Primärenergieverbrauch wird durch die fossilen Energieträger Erdöl, Erdgas und Kohle, der Kernkraft sowie die alternativem Energien gedeckt. Wie aus der Abbildung 12 „Entwicklung der Welt-Energieanteile“ zu entnehmen ist, liefern die fossilen Energieträger den Großteil des globalen Energiebedarfs. Der weltweite Primärenergieverbrauch setzte sich 2006 aus 35,8 % aus Öl, 28,4 % aus Kohle, 23,7% aus Erdgas, 6,3% aus Wasserenergie und 5,8 % aus Kernenergie zusammen.23 Gegenwärtig deckt Öl den größten Teil des weltweiten Energiebedarfs. Der Ölanteil am 22 23 Vgl. BP (Primärenergie, 2007), S.43 Vgl. BP (Primärenergie, 2007), S.41 33 Weltenergieverbrauch verzeichnet im Vergleich zu Gas und Kohle einen sehr langsamen Zuwachs. Der Anteil von Kohle ist in den letzten Jahren wieder stark gestiegen, wie auf dem Diagramm „Entwicklung der Welt-Energieanteile“ dargestellt. Dies ist zum einen auf die Preiserhöhungen für Öl (19,5%), Gas (7,5%) und Kohle (2,5%) im Jahr 2006 und zum anderen auf Chinas Entwicklungen zurück zu führen.24 Die nichtfossilen Energien decken weiterhin nur einen geringen Teil des WeltPrimärenergieverbrauch. Allerdings spielen sie im Energiemix vieler Länder angesichts des Klimawandels und der Energiesicherheit bereits eine wichtige Rolle.25 Abbildung 12 Entwicklung der Welt-Energieanteile Quelle: www.bp.com/statisticalreview, 2007, S.6 Trend der weltweiten Energienachfrage26 Der Energiebedarf wird aufgrund der oben angesprochenen Dynamik weiter ansteigen. Die internationale Energie-Agentur (IEA) erstellt jährlich einen Bericht (World Energy Outlook), in dem in drei verschiedenen Szenarien die globale Energiezukunft bis zum Jahre 2030 beschrieben wird. Bei den drei Szenarien handelt es sich um das Referenzszenario, das Alternativszenario und das Hochwachstumsszenario. Im Referenzszenario wird angenommen, dass die Regierungen rund um den Globus ihre derzeitige Politik weiter verfolgen und dass sich das gesamtwirtschaftliche 24 Vgl. Christof Rühl (Präsentation, 19.07. 2007), S.10 Vgl. Christof Rühl (Präsentation, 19.07. 2007), S.15 26 Vgl. IEA, (World Energy Outlook 2007), S.5-11 25 34 Produktionswachstum deutlich verlangsamt. Es wird mit einem Zuwachs des Weltenergieverbrauchs im Zeitraum 2005- 2030 um 55 % gerechnet, welches heute nur 41 % beträgt. 74% des weltweiten Zuwachses beanspruchen die Entwicklungsländer, deren Wirtschaft und Bevölkerung stärker steigen als in den Industrieländern. Da von dem Anstieg des Energieverbrauchs der Entwicklungsländer 45% auf China und Indien entfallen, werden die internationalen Energiemärkte, wie bereits erwähnt, zukünftig noch mehr unter dem asiatischen Einfluss stehen. 20% des Anstiegs des Weltenergieverbrauchs entfallen auf die OECD-Länder und lediglich 6% auf die Schwellenländer. Der Energieverbrauch der Entwicklungsländer wird durch fossile Energieträger, Kernkraft und Wasserkraft gedeckt werden. Weltweit stellen fossile Energieträger auch weiterhin die wichtigsten Primärenergiequellen dar. Zwischen 2005 und 2030 entfallen darauf 84% des Anstiegs des gesamten Energieverbrauchs. Der Anteil von Mineralöl am Weltenergieverbrauch wird um 3 Prozentpunkte auf 32% sinken. Nichtsdestotrotz wird Mineralöl auch zukünftig die wichtigste Einzelkomponente des Energiemix darstellen. Die Förderung wird sich zunehmend auf die OPEC-Länder konzentrieren. Bis zum Ende des Prognosezeitraums wird sich der Anteil der OPEC-Länder am Weltölangebot um 10 Prozentpunkte auf 52% erhöhen. Trotz Bau neuer Ölförderanlagen in den kommenden fünf Jahren kann ein Angebotsengpass auftreten, der einen abrupten starken Ölpreisanstieg auslösen würde. Der Gasanteil wird sich um 1 Prozentpunkt auf 22% ausweiten. Der Verbrauch an Kohle wird weiter zunehmen. Im Jahr 2030 wird der Kohleverbrauch 28% des Weltenergieverbrauchs darstellen. Über vier Fünftel dieses Anstiegs geht dabei von China und Indien aus. Hingegen der Kohleverbrauch in den OECD- Ländern nur sehr langsam zunimmt, wobei dieser hauptsächlich von den Vereinigten Staaten ausgeht. Der zunehmende Verbrauch von fossilen Energieträgern wird zu einem Anstieg des Ausstoßes an energiebedingten CO2-Emissionen führen. Das Alternativszenario basiert auf der Annahme, dass die gegenwärtig geplanten energie- und umweltpolitischen Maßnahmen umgesetzt werden. Zu diesen Maßnahmen zählen verstärkte Einsparmaßnahmen sowie die stärkere Nutzung von erneuerbaren Energien und Kernenergie. Laut den Projektionen im Alternativszenario ist mit einer jährlich weltweiten Zunahme des Primärenergieverbrauchs um 1,3% zu rechnen. Der Energieverbrauch wird demzufolge 10 % unter dem des Referenzszenarios liegen. Mit Hilfe dieser Maßnahmen wird Öl- und Kohleverbrauch weltweit stark zurückgehen, 35 weshalb die CO2-Emissionen im Vergleich zum Referenzszenario 19 % niedriger liegen. Im Hochwachstumsszenario verfolgen die einzelnen Regierungen, wie im Referenzszenario, ihre derzeitige Politik. Es wird angenommen, dass das chinesische sowie das indische Wirtschaftswachstum im Vergleich zu heute langsamer ansteigt, jährlich jedoch um ca. 1,5 Prozentpunkte mehr expandiert als im Referenzszenario. Dementsprechend wird davon ausgegangen, dass der Energieverbrauch von China und Indien um 6% und der Weltenergieverbrauch im Jahr 2030 um 21% höher sein werden als im Referenzszenario. Weltweite Energiereserven Der World Energy Council (WEC) erstellt jährlich umfassende Daten und Statistiken über die Energiereserven; der Überblick ergänzt und erweitert die Erkenntnisse aus dem BP-Energiebericht und dem World Energy Outlook der Internationalen Energie-Agentur (IEA). Die jüngste Ausgabe des «Survey of Energy Resources» der WEC gibt Entwarnung gegenüber Ängsten, dass die Energievorräte ausgingen. Obwohl die Energienachfrage in den kommenden Jahren signifikant steigen wird, zeigen die Statistiken über die verfügbaren Energievorkommen, dass es genügend Reserven und Vorräte gibt. Die Kohlevorräte liegen gemäß den Erhebungen heute um 7% tiefer als vor drei Jahren. Hingegen sind die nachgewiesenen förderbaren Erdölvorkommen seit 2002 um 117 Mrd. Fass gestiegen. Wie in dem Diagramm „Verteilung der nachgewiesenen Reserven 2006“ zu sehen ist, verfügt der Nahe Osten im Jahr 2006 mit über 60 % über den größten Anteil der Erdölreserven.27 Das Erdgasvorkommen konzentriert sich im Nahen Osten, Europa und Eurasien. Wobei sich der größere Teil der nachgewiesenen Erdgasreserven auch im Nahen Osten befindet.28 27 28 Vgl. BP (Erdöl, 2007), S.7 Vgl. BP (Erdgas,2007), S.22-23 36 Abbildung 13Verteilung der nachgewiesenen Reserven 2006 (in %) Quelle:http://www.bp.com/liveassets/bp_internet/globalbp/globalbp_uk_english/reports_and_publicati ons/statistical_energy_review_2007/ Energieproblem Die derzeitige und zukünftige Energiesituation ist durch die derartig steigende Nachfrage an fossilen Energieträgern und den zunehmenden regionalen Unterschieden zwischen Energieproduktion und Verbrauch geprägt.29 Die Entwicklung der regionalen Unterschiede zwischen Energieproduktion und Verbrauch wird in den zwei folgenden Diagrammen deutlich. 29 Vgl. Christof Rühl (Präsentation, 19.07. 2007), S.8 37 Abbildung 14 Erdölproduktion nach Region Quelle:http://www.bp.com/liveassets/bp_internet/globalbp/globalbp_uk_english/reports_and_publ ications/statistical_energy_review_2007/STAGING/local_assets/downloads/pdf/de_statistical_review _of_world_energy_full_report_2007.pdf, S.10 Abbildung 15Erdölverbrauch nach Region Quelle:http://www.bp.com/liveassets/bp_internet/globalbp/globalbp_uk_english/reports_and_publicati ons/statistical_energy_review_2007/STAGING/local_assets/downloads/pdf/de_statistical_review_of_ world_energy_full_report_2007.pdf, S.13 Die jeweilige Erdöl- und Erdgasnachfrage aus der Volksrepublik China und Indien der letzten Jahre hat dazu geführt, dass die Energieversorgung weltweit immer stärker an Bedeutung gewonnen hat und sich die einzelnen Regierungen über die globalen Energiemärkte sorgen30. Zwar reichen die Energiereserven laut jüngsten Bericht der WEC noch viele Jahre aus. Dennoch entstehen aus der derzeitigen und zukünftigen 30 Vgl. Frank Umbach (Energieversorgungssicherheit am Scheideweg, 2005), S.629- 631 38 Energiesituation kurz- bis mittelfristige Energieprobleme, die Auswirkungen auf die Bereiche Versorgungssicherheit, Wirtschaft und Umwelt haben. Eine sichere und wirtschaftliche Energieversorgung ist ein wichtiger Standortfaktor für alle Volkswirtschaften. Vielerorts reichen Energievorkommen nicht aus, um den eigenen Energiebedarf zu decken. Daher sind viele Regionen von Import anderer Regionen abhängig. Dies kann jedoch zu unerwünschte Folgen für die Energie-, Außenund Sicherheitspolitik der importierenden Länder haben. Da Gefahr besteht, dass die exportierenden Staaten ihre Energiereserven als politische Instrumente missbrauchen, so wie es jüngst im russisch-ukrainischen Gaskonflikt der Fall war31. Hinzu kommt, dass sich die Energiereserven, wie bereits im Abschnitt weltweite Energiereserven beschrieben, auf nur wenige Länder konzentrieren. Da diese Länder größtenteils mit Krisenregionen zusammenfallen, sind immer mehr Regionen gezwungen, zunehmend Ölimporte aus traditionell instabilen Regionen zu beziehen. Dies betrifft vor allem China, Indien und Asien, deren Abhängigkeiten aus dem politisch instabilen Gebiet des Persischen Golfs prozentual und absolut von Erdöl- und Erdgasimporten noch weiter ansteigt. Ihre Erdölimporte stammen bereits heute zu 75% aus dieser Region.32 Des Weiteren kommt es aufgrund der Verteilung der Energievorkommnisse zur Konzentration der Förderstätten, die eine gute Angriffsfläche für Terrorangriffe darstellt33. Besorgnis erregend ist dabei, dass angesichts der Reduzierung von teuren Produktionsredundanzen die Produktionskapazitäten so gering wie noch nie waren. Beim Ausfall in einem oder in mehreren Länder stehen Exportstaaten als Ausgleich zur Stabilisierung der Produktionskapazitäten Welterdölversorgung zur Verfügung.34 zunehmend Diesbezüglich weniger existiert ein freie hoher Investitionsbedarf. Des Weiteren zeichnet sich derzeit ein Trend zum zunehmenden „Energie- und Ressourcennationalismus“ ab. In dessen Rahmen die weltweite Zunahme der Energienachfrage und die Energieproduktion den Konkurrenzkampf um Erdöl und Erdgas verschärft. Da viele politische Faktoren den weltweiten Rohölmarkt beeinflussen, kann die verschärfte Konkurrenz zu außen- und sicherheitspolitischen Problemen führen. Vor einem solchen Energie- und Ressourcenwettbewerb, der 31 Vgl. Frank Umbach (Zielkonflikte der europäischen Energiesicherheit,11.2007), S.13-14 Vgl. Frank Umbach (Asiens Energieunsicherheit und Ressourcennationalismus, 04.12.2006),S.34 33 Vgl. Frank Umbach (Energieversorgungssicherheit am Scheideweg, 2005), S.634, 638 34 Vgl. Frank Umbach (Energieversorgungssicherheit am Scheideweg,2005), S. 630 32 39 schlussendlich zu einem Ausbruch von zwischenstaatlichen sowie regionalen Konflikten führen kann, haben bereits asiatische und amerikanische Experten, wie Kent Calder 1997 und Michael T. Klare 2001 gewarnt. Viele Staaten sehen ihre zukünftige Versorgungssicherheit aufgrund des asiatischen Mitwirkens auf die internationalen Energiemärkte gefährdet.35 Vor allem der stetig zunehmende chinesische Bedarf an Erdöl- und Erdgasimporten sowie Chinas weltweite Bohrprojekte ziehen bereits heute die Aufmerksamkeit anderer Importländer auf sich36. Daher birgt der zunehmende asiatische Energiebedarf, insbesondere Chinas sowie Pekings neomerkantilistische Energiepolitik zukünftig ein beträchtliches Konfliktpotential. Gegenwärtig besteht hauptsächlich in Asien eine strategische Konkurrenz (besonders zwischen China, Indien, Japan, Korea) u.a. die zunehmende Rüstungskonkurrenz könnte sich durch den Kampf um Energieressourcen zu einem wirklichen regionalen Rüstungswettlauf zuspitzen. Dabei erstreckt sich die chinesisch-japanische Ressourcenkonkurrenz auf die asiatisch-pazifische Region sowie auf den Mittleren Osten (wie z.B. Iran und Saudi Arabien) und Afrika.37 Umweltprobleme und Umweltpolitik im Kontext zur globalen Situation Globale Umweltprobleme Umweltzerstörung macht vor nationalen Grenzen nicht halt. Treibhausgase, Erweiterung der Ozonlöcher, Waldbrände, Austrocknen des Aralsees, Versteppung in Afrika, Versinken kleiner Inselgruppen im Pazifik wirken sich jeweils weit über die Grenzen eines Landes hinaus global oder regional aus: Schäden gefährden unsere Umwelt letztendlich global, und die Verursacher der Schäden sind dabei nicht immer die ersten Leidtragenden. Umweltschutz ist zu einer der bedeutendsten Aufgaben der internationalen Staatengemeinschaft geworden. Umweltschutz ist zugleich Lebensvorsorge, Konfliktverhütung und aktive Sicherheitspolitik. Vor fünfzig Jahren teilten sich gut zwei Milliarden Menschen die 35 Vgl. Frank Umbach (Energieversorgungssicherheit,2005), S. 629 Vgl. Prolog. (China im Zentrum der globalen Energiedebatte) 37 Vgl. Frank Umbach (Asiens Energieunsicherheit und Ressourcennationalismus), S.34 36 40 begrenzten Ressourcen, sauberes Wasser, reine Luft, die Wälder und den Tierreichtum. Heute sind es sechs Milliarden, und in weiteren fünfzig Jahren werden es voraussichtlich fast zehn Milliarden Menschen sein. Sorgsamer Umgang mit unseren Ressourcen ist eine Frage der Gerechtigkeit zwischen den Generationen. Bei der Konkurrenz, um die knapper werdenden Ressourcen gilt es Kontroversen zu vermeiden und zu lösen sowie die kooperative Verantwortung für die Erhaltung natürlicher, unbelasteter Ressourcen in den Vordergrund aller Bemühungen zu stellen.38 Der technische Fortschritt im 20. Jahrhundert hat den Transport von Personen Gütern und Informationen stark forciert. Bei sinkenden Kosten pro bewegte Einheit werden immer rasantere Geschwindigkeiten und größere Reichweiten erzielt. Die größten Gewinner dieses Phänomens sind weltweit, die produzierende Industrie, der Handel, und das Transportwesen. Durch die geringen Rohstoffkosten und der weiterentwickelten Kommunikationstechnologie (Besonders das Internet hat diese Entwicklung zunehmend vorangetrieben.) ist das globale Agieren eines Unternehmens zum Alltag geworden.39 Die unbestrittenen Chancen die von der Globalisierung im Bereich Ökonomie und sozialem Fortschritt möglich sind, üben aber gleichzeitig einen enormen Druck auf die weltweite Umwelt aus. Dies bedeutet erstens, dass das andauernde Wachstum einen stetigen Zugriff auf die Natur haben wird um Rohstoffe für den globalen Markt anbieten zu können. Zweitens werden umweltbelastende Wirtschafts- und Lebensstile über den ganzen Globus verteilt und Umweltprobleme gar nicht als solche erkannt, da das Umweltbewusstsein in vielen Ländern dieser Erde wenig oder überhaupt nicht ausgeprägt ist. Dies führt insbesondere zu widrigem Umgang mit Böden und Süßwasserressourcen. Drittens bietet die unglaubliche Vielzahl von inter- und nationalen Gesetzen die Möglichkeit die ökologischen Standards zu unterlaufen. Dies ist besonders an vielen europäischen Unternehmen zu erkennen. Die hohen Umweltstandards in Europa bringen für Unternehmen enorme Kosten mit sich. Daher ist in den letzen Jahren der Trend zu 38 Vgl. http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Aussenpolitik/Themen/Umwelt/Umwelt.html am 16.01.2008 39 Vgl. Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (Welt im Wandel Neue Strukturen der Umweltpolitik,2001) S. 3 41 erkennen, dass immer mehr Unternehmen ihre Produktion in Länder verlagern, in denen die Umweltstandards vergleichbar niedrig sind. Die Wettbewerbsvorteile die somit kurzfristig erzielt werden, zwingen andere Unternehmen dieselbe Handlungsweise anzustreben. 40 Wenn nicht ein gemeinsames Denken und Agieren in der näheren Zukunft erreicht wird, werden die globalen Umweltprobleme langfristig gesehen sehr schwer gelöst werden können. Die Problemlage im Bezug auf die Umwelt hat sich in den letzten Jahrzehnten global gesehen erheblich verschärft: Treibhausgase werden mit steigender Rate emittiert, die Ozonausdünnung über Antarktis und Arktis weitet sich aus, immer mehr Böden werden irreversibel kontaminiert. 1,2 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser41. Primärwälder wie der Amazonas werden unbedenklich weiter abgeholzt und eine biologische Vielfalt von Arten wird unwiederbringlich vernichtet. Die Voraussetzungen für eine globale Erderwärmung werden in den nächsten Jahren immer weiter an Vollständigkeit gewinnen. Deshalb können mit aller Wahrscheinlichkeit folgende globale Veränderungen eintreten42: ⎯ Der Meeresspiegel steigt signifikant (durch die thermische Ausdehnung der Wassermassen sowie das Abschmelzen der Polarkappen) ⎯ Gletscher schmelzen ab ⎯ Die Extremtemperaturen erhöhen sich ⎯ Temperaturspreizungen im Tagesverlauf vermindern sich ⎯ Niederschläge werden heftiger ⎯ Trockenzeiten werden länger ⎯ Die Dürregefahr wächst 40 Vgl. Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (Welt im Wandel Neue Strukturen der Umweltpolitik,2001) S. 24ff 41 Vgl. http://www.bundestag.de/gremien/welt/glob_end/7_5.html 16.01.2008 42 Vgl. http://www.bpb.de Heft 287 Umweltpolitik ohne Seite 12.12.1007 42 Ein gravierendes Merkmal des Klimawandels ist, dass seine Folgen unterschiedlich über die Erde verteilt sind. Die Kapazitäten der verschiedenen Länder um mit solchen Umweltproblemen umzugehen, hängen stark von der generellen oder auch historischen Entwicklung eines Staates ab. Somit können zumindest einige Effekte des Klimawandels abgeschwächt oder ausgeglichen (vom Bau von Deichen und Dämmen bis zur Gesundheitsversorgung) werden. Die Erfolge werden höchstwahrscheinlich sehr unterschiedlich sein. So sind sehr viele Entwicklungsländer deutlich empfindlicher durch die Folgen des Klimawandels betroffen, als hoch entwickelte Industriestaaten. Sie leiden unter ungünstigeren klimatischen Vorbedingungen, Kapitalmangel, mangelhafter Infrastruktur und erheblichen Rückständen in ihren Bildungssystemen.43 Nicht nur das naturwissenschaftliche Phänomen des Klimawandels, sondern auch seine politische Dimension ist globaler Natur. Die Industriestaaten und Schwellenländer verantworten heute den größten Teil der Treibhausgasemissionen mit Folgen vor allem für die Entwicklungsländer. Die großen Unterschiede in den Pro-Kopf-Emissionen zwischen Industrieländern sowie Entwicklungs- bzw. Schwellenländern werden zunehmend als „Gerechtigkeitslücke“ wahrgenommen. Zumal die steigenden Kosten, die durch die Klimaeinwirkungen anfallen, insbesondere die Entwicklungsländer belasten. Je höher die Schäden in Entwicklungsländern ausfallen, desto gravierender werden die Verteilungskonflikte zwischen den Verursachern und den Betroffenen des Klimawandels sein. Die vom Klimawandel besonders betroffenen Länder werden auf das Verursacherprinzip verweisen, so dass sich der internationale Konflikt um eine globale Kompensation zum Klimawandel verschärfen wird. Neben den heutigen Industrieländern werden vermutlich auch die großen aufstrebenden Ökonomien mit stark ansteigenden Emissionen, wie vor allem China, aber z. B. auch Indien und Brasilien, zukünftig gegenüber den Entwicklungsländern in Erklärungsnotstand geraten.44 Eine wichtige Dimension des Klimawandels ist also auch die globale Verteilungswirkung seiner Folgen. Vor diesem Hintergrund entstehen aus den Klimaproblemen ein erhebliches sicherheitspolitische Probleme und somit auch eine starke Handlungsnotwendigkeit die besonders von den Industriestaaten vorangetrieben werden sollte. 43 44 Vgl. http://www.bpb.de Heft 287 Umweltpolitik ohne Seite 14.12.2007 Vgl. http://www.bpb.de/publikationen/SKRBNR.html 18.01.2008 43 Durch den Klimawandel verändern sich die Voraussetzungen für regionale Produktionsprozesse und Versorgungsstrukturen. Regionale Wasserknappheit beeinträchtigt die Entwicklung in der Bewässerungslandwirtschaft, aber auch in anderen wasserintensiven Sektoren. Dürren und Bodendegradation schränken die landwirtschaftliche Produktion ein. Häufigere Extremereignisse, wie Sturmfluten und Überschwemmungen, gefährden küstennahe Standorte, sowie Infrastruktur für Transport, Versorgung und Produktion. In der Summe kommt es so zu erzwungenen Verlagerungen und Schließungen von Produktionsstätten. Je nach Ausprägung und Intensität der Klimawirkungen ist eine spürbare Beeinträchtigung der Weltwirtschaft möglich.45 Bei einem ungebremsten Klimawandel ist mit erheblichen Wachstumseinbußen zu rechnen. Damit verringern sich zunehmend auch die ökonomischen Handlungsspielräume, um sich auf nationaler und internationaler Ebene zu positionieren. Lebensgrundlage Umwelt Die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit wird daher im 21. Jahrhundert zu den größten politischen Herausforderungen werden. Eine Vielzahl lokaler, regionaler und globaler Umweltprobleme tragen dazu bei, dass sich in vielen Ländern die wirtschaftliche Lage verschlechtert und auch weiterhin in manchen Regionen Destabilisierungsprozesse ausgelöst werden. Besonders Gesellschaften im Übergang von autoritären zu demokratischen Gesellschaftsformen sind krisen- und konfliktanfällig. Der Klimawandel wird zukünftig viele dieser Länder treffen und unter enormen gesellschaftlichen Anpassungsdruck setzen. Dieser Zusammenhang könnte für viele afrikanische Länder, aber auch für China von Bedeutung sein. Das wiederum führt dazu, dass in diesen Ländern die Menschen aufgrund der verschärften Verelendung nicht umweltschonend handeln können. Diesen entstehenden Teufelskreis gilt es zu durchbrechen. Nur so ist es möglich, eine stetige und anhaltende Verbesserung zu erzielen. Um diesem Dilemma sinnvoll begegnen zu können, haben sich die Regierungen der Welt auf das Leitbild der so genannten nachhaltigen Entwicklung verständigt. 45 Vgl. Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (Welt im Wandel Sicherheitsrisiko Klimawandel, 2007) S. 5 ff 44 Das Prinzip der Nachhaltigkeit und das Konzept der nachhaltigen Entwicklung bilden seit dem Erdgipfel von Rio de Janeiro 1992, der „ Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung“, das Leitbild der internationalen Umwelt- und Entwicklungspolitik. Dieses Nachhaltigkeitsprinzip soll allen Völkern der Erde gleiche Entwicklungsmöglichkeiten eröffnen, aber auch die Interessen der nachfolgenden Generationen berücksichtigen. Diese Interessen schließen insbesondere den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen ein, sodass nachhaltige Entwicklung als globales Politikziel gesehen werden muss. Deshalb ist eine Trendwende im Umwelt- und Ressourcenverbrauch der Weltwirtschaft, sowie im allgemeinen Konsumverhalten von Nöten. Unter dem Dach der Vereinten Nationen haben sich dazu 178 Staaten in der Rio-Deklaration über Umwelt und Entwicklung, sowie in der Agenda 21 verpflichtet.46 Agenda 21 ist ein Aktionsprogramm mit konkreten Handlungsempfehlungen für die Umsetzung von Nachhaltigkeit auf lokaler, nationaler und globaler Ebene. Der Preis für die weltweite Zustimmung zum Leitbild der Nachhaltigkeit ist ein hohes Maß an begrifflicher Unschärfe, die vielfältige Interpretationsmöglichkeiten zulässt und eine nahezu beliebige Verwendung des Begriffs der Nachhaltigkeit als politisches Schlagwort ermöglicht. Die weitgehende Beliebigkeit, mit der sich heute ein jeder des Nachhaltigkeitsbegriffs bedienen kann, ist dafür kennzeichnend. Dieses kommt in den unterschiedlichen Vorstellungen der wohlhabenden Industrieländer, der wachsenden Zahl so genannter Schwellenländer und den hoch verschuldeten Entwicklungsländern immer wieder zum Ausdruck. Während sie alle global das Ziel der Nachhaltigkeit befürworten, verbinden sie damit im Detail mitunter gegenläufige Interessen. Es scheint aber auch Regierungen zu geben die sich auf dem Papier dazu bekannt haben umweltschonender zu handeln, aber in der Realität ihr Handeln im Bezug auf Umwelt nie geändert haben. Mit der Formulierung des Leitbilds der Nachhaltigkeit ist die internationale Politik für Umwelt und Entwicklung in den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts in eine neue Phase getreten. Durch das Bemühen, die Lebensbedingungen zukünftiger Generationen in der heutigen Politik mit zu berücksichtigen, haben ökologische und soziale Aspekte in 46 Vgl. http://www.bpb.de Heft 287 Umweltpolitik ohne Seite 17.12.2007 45 Politikplanung und Wirtschaftsmodelle Einzug gehalten. Vor dem Eindruck schwindender natürlicher Ressourcen und der ungleichen Verteilung des Wohlstands der Nationen wurde das weltweite Bewusstsein für die außerordentliche Komplexität der Umweltproblematik verbessert. Kyoto Protokoll Das Kyoto Protokoll ist ein internationales Abkommen der aus der UN stammenden Klimarahmenkonvention Organisation (UNFCCC), dessen Ziel es ist, den weltweiten Klimawandel und dessen Folgen weitestgehend zu vermindern. Das Kyoto Protokoll schreibt Ziele zur Verminderung des Ausstoßes von Treibhausgasen vor, dass heißt die Stabilisierung der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre auf einem Niveau zu erreichen, auf dem eine gefährliche Störung des Klimasystems verhindert wird. Des Weiteren soll die Verbesserung der Energieeffizienz-Erforschung und die Förderung, Entwicklung und Nutzung von neuen / erneuerbaren Energieformen erfolgen. Außerdem müssen Strategien und Maßnahmen zur Begrenzung oder Reduktion von Treibhausgasen entwickelt werden. Das Protokoll sieht vor, dass die meisten Industrieländer ihre Emissionen um 6 - 8 Prozent unter das Niveau von 1990 senken sollen, hierfür wird ihnen Zeit bis 2012 gegeben. Wissenschaftliche Schätzungen ergaben, dass die weltweiten Treibhausgasemissionen bei Einhaltung des Kyoto- Protokolls, verglichen mit 1990, im Jahre 2050 ca. um die Hälfte gesunken sein werden.47 Deutschland hat sogar vorgeschlagen bis zum Jahre 2020 seine Treibhausgase im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent zu vermindern, allerdings nur wenn sich die gesamte EU zu einer Verminderung um ca. 30 Prozent bereit erklärt. Die Ukraine und Russland haben sich dazu verpflichtet ihr Emissionsniveau von 1990 nicht zu überschreiten. Für Entwicklungsländer wie China sind keine Beschränkungen vorgesehen.48 Die Kyoto – Vereinbarung ist aber auch sehr problematisch zu betrachten. Viele Kritiker wie zum Beispiel Nichtregierungsorganisationen wie der WWF oder Greenpeace stehen den Beschlüssen von Kyoto sehr skeptisch gegenüber. Auch viele 47 Vgl. http://www.stern.de/politik/ausland/:Klimagipfel-Montreal-Was-KyotoProtokoll/536604.html?eid=550666&s=1&nv=ex_rt 17.01.2008 48 Vgl. http://www.stmuk.bayern.de 16.01.2008 46 Parteien die sich der Aufgabe Umweltschutz gewidmet haben, sehen die Beschlüsse des Protokolls in Kyoto zu niedrig angesetzt. Um mindestens 40 Prozent müsste der Ausstoß der wichtigsten Klimagase in den Industriestaaten bis spätestens zum Jahr 2012 gegenüber 1990 gesenkt werden, um dem drohenden Klimakollaps vielleicht noch zu entgehen. Und auch das würde nur ausreichen, wenn danach weitere Reduzierungen folgen.49 Das Ergebnis des Klimagipfels im japanischen Kyoto wurde somit auf die folgenden Punkte festgelegt: 5,2 Prozent Reduzierung bis zum Jahr 2012, bezogen auf sechs Gase. Für die EU gelten minus 8 Prozent, für die USA 7, für Japan 6 Prozent. Zum Beispiel Russland und die Ukraine, wo der Treibhausgas-Ausstoß durch den wirtschaftlichen Kollaps gefallen ist, dürfen ihre Emissionen wieder auf das Maß von 1990 steigern. Das bedeutet sogar, dass vielleicht das Gegenteil einer Reduzierung durch Kyoto erfolgt. Die Emissionsentwicklung in den unterentwickelten Staaten ist aber in dieser Rechnung noch nicht enthalten. Besonders umweltfeindliche Industrien könnten ihre Produktionsstätten in diese Teile der Welt verlagern und damit die sowieso schon nicht ausreichende Kyoto -Vereinbarung somit auch noch zu unterlaufen. Der internationale Klimagipfel, auf dem die führenden Industriestaaten, allen voran die USA, den Ton angaben, ist der Beweis dafür, dass die kapitalistisch orientierten Staaten dieser Erde nicht in der Lage sind, die Zukunft der Menschheit zu sichern.50 49 Vgl. http://globalwarming.freeflux.net/blog/archive/2007/01/25/plaene-gegen-den-drohendenklimakollaps.html. 17.12.2007 50 Vgl http://www.weltalmanach.de/ Weltklimakonferenz auf Bali beschließt Verhandlungsfahrplan 07.12.2007 18.12.2007 47 Globalisierung Soziale Probleme Problemsituation Einleitung Zunächst soll auf die demographische Entwicklung eingegangen werden. Hierbei soll die weltweite Entwicklung aufgezeigt werden, gefolgt von einem Überblick bezüglich der Situation in Europa. Dabei werden einige Faktoren angesprochen, die verantwortlich für diese Entwicklung sind, u.a. die Geburtenrate und Lebenserwartung. Die Problematik der demographischen Alterung, die für Europa daraus resultiert, wird anknüpfend daran unter 2.1 geschildert. Unter 1.3 wird die weltweite Situation der Arbeit dargestellt, insbesondere der Trend, der sich hierbei klar erkennen lässt. 1.4 soll anhand einiger Beispiele verdeutlichen, dass Armut und Ungleichheit ein allgegenwärtiges und auch für die Industrieländer kein fremdes Thema mehr ist. Des Weiteren zeigt 2.2 die „Globalisierung der Arbeit“ als Chance im Rahmen der Globalisierung auf. Anschließend werden 2 Szenarien vorgestellt, die Prognosen für das Jahr 2050 machen. Schließlich bilden einige Empfehlungen für Europa den Abschluss. 48 Demographische Entwicklung weltweit und in Europa Abbildung 16: Weltbevölkerung, 1959-2050 Quelle: UN, (World Population Prospects - The 2004 Revision, 2005), S. 8 Die Abbildung 1651 zeigt 4 prognostische Alternativen auf, wie die Bevölkerungsentwicklung bis zum Jahre 2050 verlaufen könnte. Allen gemeinsam ist, dass in jedem Fall ein Wachstum unterstellt wird. Bei gleich bleibenden Geburtenraten würde die Weltbevölkerung demnach bis zum Jahre 2050 auf ca. 11.8 Milliarden Menschen ansteigen. Dies stellt die höchste Schätzung dar. Darüber hinaus werden jeweils eine hohe, mittlere und niedrige Geburtenrate in Betracht gezogen, wobei letztere Variante mit nur unter 8 Milliarden ein sehr unwahrscheinlicher Ausgang sein dürfte, da die Weltbevölkerung bereits jetzt bei etwa 6.752 Milliarden liegt. Beachtlich erscheint zunächst die hohe Differenz von etwa 4 Milliarden zwischen höchstem und niedrigstem Wert. Zurückzuführen ist dies jedoch auf mehrere Faktoren, die nur sehr schwer zu prognostizieren sind. Von besonderer Bedeutung ist hierbei vor allem die Geburtenrate. Zur Reproduktion wird eine Geburtenrate von 2.1 benötigt. Weltweit ist diese sehr uneinheitlich, vor allem ist der Unterschied zwischen Industrie- und Entwicklungsländern sehr deutlich. Dadurch liegt die durchschnittliche Geburtenrate weltweit bei 2.65. Bei letzteren fungieren Kinder zum einen selbst heute noch als „häusliche Arbeitskräfte“ und zum anderen als Mittel zur Alterssicherung. Hinzu kommt eine hohe in der Tendenz aber abnehmende Säuglings- und Kindersterblichkeit in bestimmten Regionen der Welt, u.a. Lateinamerika und Afrika, sodass von 51 52 Aus: UN, (World Population Prospects - The 2004 Revision, 2005), S. 8 Vgl: UN, (World Population Prospects: The 2006 Revision, 2007), S. 5 49 Vornherein mehr Kinder geboren werden, um diese auszugleichen. Auch die steigende Lebenserwartung auf Grund einer zunehmend besseren medizinischen Versorgung trägt zum weltweiten Bevölkerungsanstieg bei. Dabei sind insbesondere Maßnahmen zur Bekämpfung und Verhinderung der Ausbreitung von AIDS/ HIV, Malaria, aber auch Diarrhöe bei Kindern von Bedeutung. Der bezahlbare Zugang zu Medikamenten ist ein wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang, soll jedoch in diesem Rahmen nicht ausführlicher thematisiert werden. Ebenso wichtig zur Vermeidung der Übertragung von Krankheiten ist der Zugang zu sauberem Trinkwasser. 21 bzw. 42 Prozent der Bevölkerung in Entwicklungs- und Schwellenländern sind von diesem ausgeschlossen.53 Es wird deutlich, dass das Versorgungsnivea nicht nur eine Frage der Verfügbarkeit, sondern ebenso eine der finanziellen Ressourcen ist, so beträgt der durchschnittliche Pro-Kopf-Wasserverbrauch in den USA rund das 12- fache von den Bewohnern der afrikanischen Staaten54. Des Weiteren sei darauf hingewiesen, dass Krankheit natürlich nicht nur die Lebenserwartung verkürzt, sonder ebenfalls die Konfliktbereitschaft der Menschen und somit auch politische Auseinandersetzungen fördert. Gesundheit als wichtigstes Kapital des Menschen, ist also integraler Bestandteil der Armutsbekämpfung. Neben der quantitativen Veränderung hat die Bevölkerungsentwicklung auch eine qualitative Veränderung zur Folge. Die Menschen leben heute weitaus länger bei besserer Gesundheit, so betrug in Europa die Lebenserwartung im Jahre 2003 bei Männern 75.1 und Frauen 81.2 Jahre55. 1950 lag diese bei Männern bei 65 und Frauen bei 69 Jahren56. Parallel sind allerdings die Fruchtbarkeitsraten zurückgegangen, sodass sie heutzutage in Europa durchschnittlich bei 1.5 und somit weit unter der Reproduktion liegen. 53 Vgl: BPB, (Trinkwasser und Sanitäreinrichtungen) Vgl: UN, (Human Development Report 2006, 2006), S. 34 55 Vgl: Europäische Kommission, (Europa in Zahlen -Eurostat Jahrbuch 2006-07, 2007), S. 59 56 Vgl: Statistisches Bundesamt 54 50 Arbeit und Beschäftigung Abbildung 17: Weltweite Beschäftigung, 1995-2005 Quelle: ILO, (Global Employment Trends – Brief, 2006), S. 1 Bei einer Betrachtung der Beschäftigungsquoten in der Welt wird anhand der Abb. 1757 zunächst einmal deutlich, dass die absolute Anzahl der Beschäftigten weltweit zugenommen hat. Innerhalb eines Zeitraumes von 1995 bis 2005 erfolgte ein Anstieg von rund 2,45 Mrd. auf rund 2,85 Mrd. Menschen, was einer Zunahme von 16 Prozent entspricht und zunächst durchaus zu positiven Aussagen verleitet. Viel bedeutender und gleichzeitig ernüchternder ist jedoch in diesem Zusammenhang die Entwicklung des Anteils der Beschäftigten an der Gesamtbevölkerung, also die relative Betrachtung. Diese macht nämlich deutlich, dass die Anzahl der Beschäftigten innerhalb des genannten Zeitraums von 62.8 Prozent auf 61.4 Prozent gesunken ist58. Die Erklärung dafür liegt in dem starken Wachstum der Bevölkerung. Zwar ist der betrachtete Zeitraum vergleichsweise kurz, dennoch ist der Trend klar erkennbar. Problematisch hierbei ist insbesondere, dass fast die Hälfte der Arbeitslosen Jugendliche sind, obwohl sie lediglich einen Viertel der Erwerbspersonen darstellen59. Hierzu sei auch angemerkt, dass nicht alle Personen dem Risiko, arbeitslos zu werden, gleichermaßen ausgesetzt sind. So sind beispielsweise die Beschäftigten im Niedriglohnsegment eindeutig benachteiligt. Der Grund liegt darin, dass Arbeitsplätze, die wenig Qualifikation voraussetzen, leichter automatisiert, rationalisiert und verlagert werden können. Hinzu kommt das hohe Arbeitsangebot in diesem Segment, was einen hohen Druck auf die Beschäftigten hinsichtlich ihrer Beschäftigung und ihrer Löhne zur Folge hat. Parallel zum Bedeutungsverlust der einfachen, mechanischen Arbeit hat sich die Nachfrage nach 57 Aus: ILO, (Global Employment Trends – Brief, 2006), S. 1 Vgl: BPB, (Arbeitslosenquoten) 59 Vgl: BPB, (Arbeitslosenquoten) 58 51 spezialisiertem, innovativem Wissen erhöht. Somit steigen infolge der vertieften internationalen Arbeitsteilung, welche in den Industrieländern den Strukturwandel hin zur Produktion kapital- und wissensintensiver Güter und Dienste beschleunigt, die Beschäftigungschancen und die Arbeitsentgelte qualifizierter Personen, während die weniger Qualifizierten in vielen Fällen nur bei Verzicht auf entsprechende Lohnsteigerungen Arbeit finden60. Ebenso kann die Globalisierung ihr „Versprechen“, nachhaltig mehr Arbeitsplätze zu schaffen, offensichtlich nicht halten. Während in z.B. in Südostasien in den Achtzigerjahren noch 337 Millionen Jobs geschaffen wurden, waren es in den Neunzigerjahren nur noch 176 Millionen. Damit konnte das Jobwachstum ebenfalls nicht mit dem Bevölkerungswachstum Schritt halten. Die steigende Arbeitslosigkeit, welche zwischen 1993 und 2003 von 3.9 auf 6.3 Prozent stieg, steht deutlich im Widerspruch zu den angeblichen Vorteilen der Handelsliberalisierung61. Ungleichheit und Armut Laut Weltbank haben in den 90er Jahren rund drei Milliarden Menschen, etwa die Hälfte der Weltbevölkerung, vom wachsenden Welthandel profitiert. Dennoch, Globalisierung führt nicht unbedingt automatisch zu Wachstum oder zu gerechter Verteilung des Wohlstands, auch gewährt sie keinesfalls stetiges Wachstum. So lag das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen zwischen 1960 und 1980 um 83 Prozent, in den folgenden zwei Jahrzehnten nur noch um 33 Prozent.62 Tatsächlich geht es heute einem Viertel der Erdbevölkerung wesentlich besser. Allerdings steht dem auch ein Fünftel gegenüber, dem es schlechter geht als noch vor zwanzig Jahren.63 Gleichzeitig ist das Einkommensgefälle zwischen den reichsten und ärmsten Ländern wesentlich größer geworden, wie Abbildung 364 zeigt. Analog dazu ist die Zahl der globalen Milliardäre zwischen 2003 und 2006 um 59% gestiegen. Das Vermögen der drei reichsten Personen ist größer als das gemeinsame BIP der 48 am 60 Vgl: Deutsche Bank, (Globalisierung und Verteilung, 2007), S. 27 Vgl: attac, (Globalisierung - Daten und Fakten, 2006), S. 2 62 Vgl: Bundesamt für Wirtschaftliche Zusammenarbeit, (Wirtschaft –Soziales–Entwicklung, 2004), S. 65 63 Vgl: GTZ/ DTG/ KfW/ DGPH/ DVGPH, (Gesundheit, Entwicklung und Globalisierung), S.19 64 Aus: Weltkommission für die soziale Dimension der Globalisierung, (Eine Faire Globalisierung, 2004), S. 40 61 52 wenigsten entwickelten Länder.65 Dort leben 600 Millionen Menschen. Obwohl 84 Prozent der Menschheit in Entwicklungsländern leben entfallen nur 11 Prozent der globalen Gesundheitsausgaben auf diesen Teil der Welt. Auch Forschungsinvestitionen erfolgen überwiegend in den reichen Ländern und im Zusammenhang mit deren Erkrankungen66 – nur um einige Beispiele zu nennen, die diesen Trend ganz klar belegen. Abbildung 18: Pro-Kopf-BIP in den ärmsten und reichsten Ländern, 1960-62 und 2000-02, (in konstanten US-Dollar 1995), einfache Mittelwerte Quelle: Weltkommission für die soziale Dimension der Globalisierung, (Eine Faire Globalisierung, 2004), S. 40 Die Zahl der Menschen, die mit weniger als 1 US-$ pro Tag und somit unterhalb der absoluten Armutsgrenze leben, ist weltweit zwischen 1990 und 2000 von 1.24 auf 1.1 Milliarden gesunken. Dem ist jedoch anzumerken, dass China und Indien, die seit längerem eine sehr positive Entwicklung durchlaufen, 38 Prozent der Weltbevölkerung darstellen und damit erheblich zu dieser Reduktion beigetragen haben. Ohne China – um dies zur verdeutlichen – hat sich die Zahl von 876 auf 896 Millionen erhöht. In Osteuropa und Zentralasien allein hat diese von 6 Millionen auf 20 Millionen zugenommen. Ebenso kam es in Afrika, Lateinamerika, der Karibik sowie im Nahen Osten und Nordafrika zu einem Anstieg.67 Das Thema Globalisierung und Verteilung wurde lange Zeit nur mit Blick auf vermeintliche Gegensätze zwischen den Industrieländern der nördlichen Erdhalbkugel 65 Vgl: attac, (Globalisierung - Daten und Fakten, 2006), S. 1 Vgl: GTZ/ DTG/ KfW/ DGPH/ DVGPH, (Gesundheit, Entwicklung und Globalisierung), S. 7 67 Vgl: attac, (Globalisierung - Daten und Fakten, 2006), S. 2 66 53 und den Ländern des Südens debattiert. Dabei es ist keinesfalls mehr ein Phänomen, welches sich nur zwischen diesen Parteien abspielt. Industrieländer sind zunehmend ebenso betroffen. Gemessen am Gini-Koeffizienten, welcher ein Maß zur Darstellung der Ungleichverteilung bzw. Einkommenskonzentration ist, hat die Konzentration der Nettoeinkommen der privaten Haushalte in den Industrieländern in den letzten Jahrzehnten zugenommen. Im Durchschnitt der OECD Staaten ist der Gini-Koeffizient für die verfügbaren Einkommen der Haushalte von Mitte der 80er Jahre bis zum Jahr 2000 um 5.5% gestiegen.68 Einen Überblick zur diesbezüglichen Situation in Europa liefert Abb. 469. Je höher der Koeffizient hierbei ist, desto höher ist die Ungleichverteilung. Zurzeit liegt dieser in Deutschland bei 28.3, in den USA bei 40.8, China 46.9 und Namibia mit dem schlechtesten Wert bei 74.3. Es ist anzumerken, dass tendenziell in Ländern mit traditionell umfangreichen staatlichen Umverteilungsaktivitäten auch ein geringer Gini-Koeffizient einhergeht. Abbildung 19: Gini-Koeffizient der Netto-Einkommensverteilung der Haushalte, % Quelle: Deutsche Bank, (Globalisierung und Verteilung, 2007), S. 7 Des Weiteren leben Millionen von Menschen trotz Erwerbstätigkeit in Armut. Armut trotz Arbeit, die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) spricht hier von „working poor“, ist mitunter ein Grund für die zunehmende Ungleichheit in vielen Staaten. Seit den 90er Jahren ist der Anteil dieser Menschen sogar höher als seit dem 2. Weltkrieg. Die ILO unterscheidet hier zwei Gruppen: Menschen, die mit unter einem US-$ pro Tag und Kopf leben und solche, die mit unter 2 US-$ pro Tag und Kopf leben. Bei 1 US-$ pro Tag und Kopf hat sich die Anzahl der Menschen zwischen 1980 und 2005 sowohl absolut als auch relativ verringert, nämlich um ca. 17 Prozent. Den größten Anteil an 68 69 Vgl: Deutsche Bank, (Globalisierung und Verteilung, 2007), S. 6 Vgl: Deutsche Bank, (Globalisierung und Verteilung, 2007), S. 7 54 dieser Reduzierung hat China. Der Grund hierfür wurde oben bereits erläutert. Bei 2 US-$ nahm der Anteil der Menschen allerdings um ca. 1,5 Prozent zu und liegt derzeit bei rund 1,4 Mrd.70 In den meisten Ländern hat also die Einkommensungleichheit zwar zugenommen, doch bleibt offen, in welchem Umfang dies tatsächlich auf die Globalisierung zurückzuführen ist. Nichts desto trotz führen Armut und Ungleichheit zur sozialer Unruhe und politischer Destabilisierung und können letztendlich sogar den Weltfrieden gefährden. Chancen und Risiken Demographische Alterung und ihre Folgen Die bereits unter 1.2 angesprochene qualitative Veränderung hat zur Folge, dass das Durchschnittsalter der Weltbevölkerung zwischen 1959 bis 2005 von 23.9 auf 28.1 Jahre gestiegen ist.71 Auch in Zukunft steht die EU demographischen Veränderungen gegenüber, die weit reichende Auswirkungen auf viele Bereiche der Gesellschaft haben werden, etwa auf Sozialsysteme, Verbraucherstrukturen,, Bildungsbereich und Arbeitsmärkte. Auf Grund der steigenden Lebenserwartung und rückläufigen Fruchtbarkeit, die eindeutig als Grundtendenzen dieser problematischen Entwicklung zu sehen sind, entsteht eine Bevölkerung mit immer mehr älteren Menschen. Damit sinkt gleichzeitig der Anteil der Personen im erwerbsfähigen Alter. Das Altern der Bevölkerung könnte das jährliche potenzielle Wachstum des BIP in Europa von heute 2 bis 2.25 Prozent auf 1.25 Prozent im Jahre 2040 drücken.72 Wirtschaftliches Wachstum hat es ohne Bevölkerungswachstum noch nie gegeben. Daher ist auch die soziale Besserstellung der Europäer durch die abnehmende Erwerbsbevölkerung und einen zunehmenden Anteil der Rentner gefährdet. Einer Bevölkerungsprojektion zur Folge könnten in der EU-25 bis 2050 15 Millionen weniger Kinder existieren als 2005. Die Anzahl der 55-64 jährigen wird sich in der gleichen Zeit um etwa 4 Millionen erhöhen. Die stärksten Veränderungen sollen hierbei vor allem bei den sehr alten Menschen erfolgen: 51 Millionen Bürger im Alter von über 70 Aus: ILO, (Global Employment Trends – Brief, 2006), S. 11 Vlg: BPB, (Bevölkerungswachstum) 72 Vgl: Europäische Kommission, (Angesichts des demografischen Wandels – eine neue Solidarität zwischen den Generationen, 2005), S. 7 71 55 80 Jahren. Das sind doppelt so viele wie noch im Jahre 2005.73 Die Bevölkerung der EU dürfte zwar bis 2025 von 458 Millionen Einwohner (2005) noch leicht auf 469.5 Millionen anwachsen,74 allerdings lediglich dank der Zuwanderung und hohen Lebenserwartung. Danach ist eine Abnahme aus jetziger Sicht ohne greifende Maßnahmen unumgänglich. Eine weitere Folge wäre das Absinken des Verhältnisses der steuerzahlenden Erwerbstätigen zu Rentnern von nun 4:1 auf 2:1.75 Selbst die Erweiterung der EU hat dabei die Zahl der Mitgliedsstaaten mit sehr niedrigen Geburtenraten lediglich erhöht. Im Gegensatz dazu wächst die Bevölkerung in Asien, Lateinamerika und vor allem in Afrika noch rasch an. Globalisierung der Arbeit Globalisierung der Arbeit – geprägt wurde dieser Begriff von dem Internationalen Währungsfond (IMF) und meint den enormen Zuwachs der in der Weltwirtschaft verfügbaren Arbeitskräfte. Der Grund hierfür liegt vor allem in der Integration von Indien und China in die internationale Arbeitsteilung. Aber auch Fortschritte in der Telekommunikation und im Transportwesen haben einen starken Beitrag geleistet. Dem IMF zufolge stehen der Weltwirtschaft heute im Vergleich zum Anfang der 80er Jahre viermal so viele Arbeitskräfte zu Verfügung und der Trend könnte bis zum Jahre 2050 nochmals zu einer Verdopplung führen.76 Insbesondere ist das Angebot an weniger gut qualifizierten Arbeitskräften absolut - gemessen am westlichen Standard – deutlich gestiegen. Im Verlaufe der letzten 25 Jahre hat allerdings auch der Anteil der höher qualifizierten Arbeitskräfte um etwa 50 Prozent zugenommen, hauptsächlich auf die entwickelten Ökonomien zurückzuführen, aber auch China. Entgegen den Befürchtungen, die Globalisierung könnte die Löhne in den Industrieländern in die Tiefe treiben, sind die Löhne seit 1980 bis heute um 60 Prozent gestiegen. Einem Verfall der Löhne steht ebenfalls entgegen, dass in Schwellenländern mit deutlich steigenden Löhnen zu rechnen ist, wenn auch nicht völlig abgestritten werden kann, dass eine gewisse Angleichung – in erster Linie – der Löhne niedrig qualifizierter 73 74 Vgl: Europäische Kommission, (Europa in Zahlen -Eurostat Jahrbuch 2006-07, 2007), S. 59 Vgl: Europäische Kommission, (Angesichts des demografischen Wandels – eine neue Solidarität zwischen den Generationen, 2005), S. 7 75 Vgl: CIA, (Long-Term Global Demographic Trends – Reshaping the Geopolitical Landscape, 2001), S. 7 76 Vgl: IMF, (Globalization of Labor – Finance & Development, 2007) 56 Tätigkeiten erfolgen wird. Alles in einem haben die Industrieländer dennoch von diesem Prozess bislang profitiert. Und es dürfte auch noch eine Weile dauern, bevor sich die Knappheitsrelation beim weltweiten Arbeitsangebot substanziell verschieben.77 78 Szenarien Szenario 1: Die niedrige Geburtenrate bestimmt die Entwicklung Aufgrund der zunehmenden Migration in Europa und Japan gelingt es zwar die Bevölkerungsalterung in den Ländern zu verlangsamen, eine Umkehr des Trends erfolgt jedoch nicht. Für die Bevölkerungszahl der Erde im Jahre 2050 bestehen zwei Alternativen: Die erste Variante geht von rund 7.7 Milliarden Menschen aus. Bestimmend für diese nahezu unwahrscheinlich niedrige Bevölkerungszahl sind vor allem eine niedrige Geburtenrate und die Erkrankungen an AIDS/HIV sowie die starke Ausbreitung dessen. Wichtigste Einflussfaktoren der zweiten Variante sind insbesondere die lange Lebenserwartung und Geburtenraten, die über die Reproduktion hinausgehen. Die Verlangsamung des Alterungsprozesses in Europa ist mitunter auch damit zu begründen, dass die Einwanderer eine höhere Geburtenziffer haben, als das bei den Einheimischen der Fall ist. Des Weiteren wird eine hohe Korrelation zwischen dem BIP pro Kopf und der Geburtenrate zugrunde gelegt. Im Verlaufe dieser Entwicklung wird eine Frau durchschnittlich 0.05 Kinder pro Jahr weniger bekommen, sodass dies nach 40 Jahren im Durchschnitt 2 Kinder weniger macht. Szenario 2: Die Entvölkerung der Erde Dies ist ein Szenario, bei dem die Bevölkerungszahl im Verlaufe der demographischen Entwicklung einen Höhepunkt erreicht und dann dauerhaft abnimmt. Dabei ist das keine Folge von Umweltkatastrophen oder Epidemien etc., sondern einzig und allein dadurch bedingt, dass die Geburtenrate weltweit zur Reproduktion nicht mehr ausreicht. Neben der Abnahme der Geburtenrate ist der zweite entscheidende Faktor in diesem Szenario die starke Verbesserung im Gesundheitssektor, dem sog. „health explosion“. Bis zum 77 78 Aus: Deutsche Bank, (Globalisierung und Verteilung, 2007), S. 16 Vgl: CIA, (Long-Term Global Demographic Trends – Reshaping the Geopolitical Landscape, 2001), S. 92-95 57 Jahre 2050 steigt die Lebenserwartung dabei weltweit um 10 Jahre, während die Geburtenrate von 2.6 auf 1.56 durchschnittlich fällt. In entwickelten Ländern liegt diese dann bei 1.4 und in weniger entwickelten Ländern bei 1.6 bis 1.7. Infolgedessen findet eine große Veränderung in der Verteilung der Erdbevölkerung statt. Tabelle 179 gibt einen Überblick hierzu. Die Werte geben jeweils den prozentualen Anteil an der Gesamtbevölkerung an. Tabelle 1 Verteilung der Erdbevölkerung 1950 32% 22% 3,2% Entwickelte Länder Europa incl. Russland Japan Am wenigsten entwickelte 7,8% Länder 2001 21% 13% 2,2% 2050 14% 7,5% 1,2% 10% 19% Quelle: CIA, (Long-Term Global Demographic Trends – Reshaping the Geopolitical Landscape, 2001), S. 93 Schließlich wird es zu einer noch größeren Ungleichheit zwischen den heutigen Industrie- und Entwicklungsländern kommen. Zu begründen ist dies damit, dass die Industrieländer ein hohes wirtschaftliches Niveau erreicht haben, bevor sie „alt geworden sind“. Den Entwicklungsländern gelingt genau das aufgrund der Alterung nicht mehr. Folglich befindet sich die Menschheit in einer Situation, in der sie auf lange Sicht aussterben wird. Fazit /Empfehlung Um den Problemen der Globalisierung und ihren Risiken richtig zu begegnen, aber auch ihre Chancen zu nutzen, gibt es zahlreiche Möglichkeiten für Europa. Eine davon ist die Immigration - ein Mittel, um die auf dem Weltmarkt zur Verfügung stehenden Arbeitskräfte zu nutzen. Diese sollte verstärkt genutzt werden, um das potentielle Wachstum der Wirtschaft weiterhin zu gewährleisten, zumal die demographische Alterung der EU in Zukunft andernfalls große Probleme bereiten wird. Da dies allein langfristig den Prognosen aus 2.1 zufolge nicht genügen wird und ohnehin eine 79 CIA, (Long-Term Global Demographic Trends – Reshaping the Geopolitical Landscape, 2001), S. 93 58 Diskrepanz zwischen der Zahl an Kindern, die die Europäer gerne hätten diese liegt bei 2.3 und der tatsächlichen Kinderzahl besteht, ist es wichtig, Maßnahmen zur Steigerung der Geburtenrate zu verfolgen. Es müssen Möglichkeiten geboten werden, Familie und Beruf miteinander zu kombinieren. Darüber hinaus sind eine stärkere Beteiligung am Arbeitsmarkt – insbesondere für bestimmte Gruppen der Bevölkerung wie Frauen, Jugendliche und ältere Arbeitsnehmer notwendig, um den Rückgang der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter auszugleichen sowie Maßnahmen im Hinblick auf Innovation und Produktivitätssteigerung. Grundlage für letztere ist u.a. die Investition in Humankapital. Eine weitere Maßnahme wäre die Schaffung eines „europäischen Arbeitsmarktes“ sowie die Forderung nach größerer beruflicher Flexibilität, besonders bei weniger Qualifizierten. Letztlich ist parallel eine Modernisierung der Sozialschutzsysteme anzustreben, um die finanzielle und soziale Nachhaltigkeit sicherzustellen und auf diese Weise zu ermöglichen, mit den Auswirkungen des Alterungsprozesses umzugehen. Finanzströme / Finanzmärkte Problemsituation Einleitung Vielfach wird davon ausgegangen, die Globalisierung sei eine reine Folge des weltweiten Handels. Doch wer sich etwas in der Geschichte auskennt, wird wissen, dass schon in der Antike über Ländergrenzen hinweg gehandelt wurde. Das allein, kann also nicht der Treiber der Globalisierung sein. Hier kommen zwei Faktoren ins Spiel, die oft in den Hintergrund geraten: globale Finanzströme und multinationale Unternehmen. Doch in welchen Regionen befinden sich die einflussreichen Finanzmärkte, welche Akteure beeinflussen ihre Dynamik und wie wirken sich die Wechselkurse auf Geschäfte aus? Darauf soll in den folgenden Kapiteln eingegangen werden. 59 Verteilung der Finanzmärkte und deren Akteure Die Finanzmärkte werden in der heutigen Zeit weitestgehend vom Aktienhandel beherrscht. Zwischen 1990 und 2006 ist der weltweite Handel von 5,7 auf 59,8 Billionen US-$ gestiegen80. Zum Vergleich dazu, beträgt das BIP der Vereinigten Staaten von Amerika nur 13,195 Billionen US-$ (Stand 2006)81. Der größte Einfluss geht dabei von den fünf mächtigsten Börsenplätzen aus. Dazu zählen, gemessen an den Umsatzanteilen, allen voran die NYSE, gefolgt von der NASDAQ. Weit abgeschlagen folgen die London Stock Exchange, sowie die Börse Tokio. Das Schlusslicht bildet die erst seit 2000 am Markt befindliche Euronext. Anhand dieser Übersicht wird schnell klar, dass die USA mit ihren börsennotierten Unternehmen die weltweiten Finanzmärkte dominieren und mit ihren zwei großen Börsen über 56% des gesamten Wertpapierhandels bestreiten. Europa und Asien kommen mit den drei Haupthandelsplätzen auf nur 29%. Dennoch geht von jeder Zentralisierung eines Finanzmarktes eine große Macht aus, da nahezu alle Finanztransaktionen über sie abgewickelt werden müssen. Momentan wird der Einfluss der asiatischen und süd-osteuropäischen Länder aber immer größer, was sich allein schon durch den erhöhten Kapitalzufluss in diese Regionen abzeichnet. Im Jahr 2006 flossen insgesamt 55 Mrd. US-$ nach Asien und 74,6 Mrd. US-$ nach Süd-Osteuropa, was hauptsächlich auf das niedrige Lohnniveau dieser Länder und somit auf ausländische Direktinvestitionen in Fabriken, bzw. den Kauf von Produktionskapazitäten zurückgeführt werden kann82. Zunehmend beginnen auch ganze Staaten mit weltweiten Investitionen, um ihren Einflussbereich zu erweitern. Als imposantes Beispiel ist hier China zu nennen, dessen neu eingeführter Staatsfonds dazu dient, die Finanzreserven der Volksrepublik gewinnbringend auf dem weltweiten Markt anzulegen. 80 Vgl. World Federation of Exchanges, Annual Report and Statistics 2006, S. 32 Vgl. Auswärtiges Amt, USA/Vereinigte Staaten Wirtschaftspolitik 82 Vgl. BPB, Kapitalflüsse in ökonomisch sich entwickelnde Staaten 81 60 Einfluss der Wechselkurse Abgesehen von den bereits genannten Faktoren, beeinflussen auch die Wechselkurse internationale Wirtschaftsbeziehungen. Schwankungen der Kurse wirken sich vor allem auf große Unternehmen aus, die weltweit agieren und große Geldsummen bewegen. Zum Beispiel leidet der Export europäischer Produkte in die USA unter dem momentan starken Euro, da die Kaufkraft des Dollars extrem nachgelassen hat. Für Euroländer wird es also zunehmend schwerer, Erzeugnisse in den USA abzusetzen. Chancen und Risiken Zentralisierung der Finanzmärkte Die Zentralisierung der Finanzmärkte hat zur Folge, dass eine sehr große Abhängigkeit von diesen Finanzzentren entsteht. Ein Ausfall, sei er beabsichtigt oder unbeabsichtigt, kann die gesamte Weltwirtschaft nachhaltig beeinträchtigen. Zuletzt war eine solche Katastrophe am 11. September 2001 eingetreten, als an der Wall Street für vier Tage keinerlei Handel stattfand. Der Dow Jones stürzte um 7 Prozent ab, was sich weltweit bemerkbar machte83. Die einzigen Gewinner waren damals börsennotierte Rüstungsunternehmen. Des Weiteren schrecken viele private Anleger noch davor zurück, in die so genannten „Emerging Markets“, also Schwellenländer, zu investieren. Viele Regionen gelten als politisch unsicher oder weisen starke Haushaltsdefizite auf, was sich unter anderem in stark schwankenden Aktienkursen widerspiegelt. Diese Faktoren führen dazu, dass Investitionen hauptsächlich für professionelle Anleger mit genügend Kenntnissen über die jeweiligen Regionen und deren Marktgegebenheiten geeignet sind. Es lässt sich zwar ein allmähliches Umdenken seitens vieler Privatanleger erkennen, da hohe Renditechancen auf Dauer verlockender sind, als die möglichen Risiken, die dahinter stecken. Dennoch riskiert die Mehrheit nur ungern ihr Erspartes, was bewirkt, dass der Kapitalzufluss aus privaten Quellen (wie bei den Börsen NYSE, NASDAQ, LSE, …) noch relativ gering ist. Dieses Vertrauen ziehen nur die großen Börsen in stabilen Regionen auf sich. 83 Vgl. ARD Börse, Als 9/11 die Finanzwelt erschütterte 61 Auf der Bankenseite zeichnet sich eine deutliche Zentralisierung in China ab. Drei der weltgrößten Banken haben im Reich der Mitte ihren Sitz. Dazu zählen die ICBC, die CCB und die BOC. Mit einer gesamten Marktkapitalisierung von 549,5 Mrd. Euro, haben diese Banken erheblichen Einfluss, wenn es um die Finanzierung von großen Industrie- und Handelsunternehmen, Infrastrukturprojekten oder den Außenhandel geht. Gegenüber anderen Großbanken, genießen sie den Vorteil, vom Staat unterstützt zu werden, da sie sich mehrheitlich noch im Besitz der Regierung befinden. Allein die ICBC erhielt für eine dringend benötigte Restrukturierung eine Finanzspritze von 100 Mrd. Dollar. Für europäische oder US-amerikanische Verhältnisse nahezu unvorstellbare Summen, welche den Wettbewerb zwischen den Großbanken erheblich verzerren84. Risiko durch Staatsfonds Staatsfonds, wie sie zum Beispiel in China vorhanden sind, fallen vor allem durch ihr extrem großes Volumen auf. So besitzt der chinesische Fonds ein Startvolumen von ca. 200 Mrd. Dollar, wovon alleine 58 Mrd. Euro in europäische und US-amerikanische Unternehmen investiert wurden85 86 . Des Weiteren befinden sich auch so genannte Heuschrecken (z.B. Blackstone) im Visier des Staatsfonds, da durch sie die Türen zu nahezu allen Wirtschaftsbereichen anderer Länder geöffnet werden können. Auf diese Weise lässt sich der globale Einfluss Chinas noch weiter erhöhen und durch zukünftige Finanzspritzen in den Fonds, wird dessen Einfluss mit Sicherheit noch an Größe gewinnen. Dadurch steigt vor allem das Risiko für den innovativen Mittelstand in Europa, da dieser sich gegen feindliche Übernahmen nur schwer wehren kann, da finanzielle Mittel fehlen. Doch auch große Unternehmen sind vor Hedge-Fonds nicht sicher, was zuletzt an dem deutschen Fotodienstleister CeWe-Color zu sehen war, der sich nur mit Mühe gegen den Giganten MarCap Investors durchsetzen und somit das Geschäft sichern konnte. Daran lässt sich erkennen, dass millionenschwere Investitionen in Hedgefonds weit reichende Folgen für betroffene Unternehmen haben können und der Einfluss Chinas auf diesem Sektor nicht unterschätzt werden darf. 84 Vgl. Financial Times Deutschland, Sonderbeilage „Finanzplatz China“ Vgl. DiePresse.com, Staatsfonds: China startet Einkaufstour 86 Vgl. ARD Börse, Der Staat als Finanzhai 85 62 Abhängigkeit von multinationalen Unternehmen (MNU) Genau wie bei der Zentralisierung der Finanzmärkte, so hat auch die Abhängigkeit von multinationalen Konzernen gravierende Nachteile. Vielfach gibt es Unternehmen, die ganze Regionen am Leben halten (z. B. Nokia in Finnland, Volkswagen in Wolfsburg, Daimler in Stuttgart) und unzählige Arbeitsplätze zur Verfügung stellen. Doch gerade bei Großunternehmen wird das Verlangen stärker, Teile der Produktion oder sogar die F&E nach Asien, mit Hauptziel China, zu verlegen. Eine solche Verlegung bringt in der Regel Massenentlassungen mit sich, wodurch die Region in Mitleidenschaft gezogen wird. Oft sind die einzigen Gründe für solche Entscheidungen die günstigeren Lohn-, Produktions- und Materialkosten der asiatischen Länder. Zunehmend müssen sogar mittelständische Unternehmen zu so drastischen Mitteln greifen, um weiter wettbewerbsfähig bleiben zu können. Ein aktuelles Beispiel liefert der Nürtinger Werkzeugmaschinenhersteller Metabo ab, welcher in Deutschland zwei Werke mit 500 Mitarbeitern schließen wird, um in Shanghai ein Werk mit 400 Mitarbeitern eröffnen zu können87. Eine Entscheidung, die vor einigen Jahren noch undenkbar war. An die Risiken, die dabei über fehlende Arbeitsplätze hinausgehen, wird selten gedacht. So wird den asiatischen Staaten in Zukunft der Plagiatbau wesentlich vereinfacht, da sich die Produktionsstätten vor Ort befinden und in der Regel auch von dort ansässigem Personal bedient werden. Und selbst ohne Produktpiraterie drohen gravierende Folgen: Qualitätsverlust durch mangelhafte Bauteile (Problem seitens der einheimischen Zulieferer), Know-how-Verlust durch ausgelagerte Forschungseinrichtungen und letztendlich Imageverlust durch unzufriedene Kunden. Des Weiteren drücken die Billiglohnländer das weltweite Lohnniveau, was vor allem in Hochlohnländern wie z. B. Deutschland zu enormen Konkurrenzdruck führt. Wechselkursproblematik Die ständig schwankenden Wechselkurse bereiten weltweit agierenden Unternehmen Probleme, wenn es um Investitionen im Ausland geht oder ausländische Handelspartner 87 Vgl. werkzeug-news.de, Aufbruch in eine andere Welt 63 vorhanden sind. Hier können unter Umständen große Umrechnungsverluste zum tragen kommen, welche den Erfolg eines Betriebs schmälern können. Der momentan starke Euro wird z. B. langfristig dafür sorgen, dass europäische Waren nur noch schwer beim Hauptimporteur USA abgesetzt werden können. Des Weiteren gilt der Yuan, die chinesische Landeswährung, als stark unterbewertet88. Das erleichtert zwar den Chinesen Exporte und stärkt das dortige Wirtschaftswachstum. Gleichzeitig leiden darunter aber die Ausfuhren der USA und Europas. Zudem ist der Yuan an den Dollar gekoppelt, was für Europa Exporte in zweierlei Hinsicht erschwert, da dem Euro nun zwei schwache, aber wichtige Währungen gegenüberstehen. Manch anderen verhelfen die Wechselkursschwankungen aber auch zu großen Gewinnen. Die Rede ist von Devisenspekulationen beim Daytrading, also die Spekulation auf kurzfristige Wechselkursschwankungen. Meist erfolgen sie mit sehr hohen Einsätzen, da nur dann die geringen Schwankungen einen lukrativen Gewinn abwerfen. Da also Kapital in eine Devise investiert und kurz danach wieder zurückgezogen wird, hat dies zur Folge, dass die Devise des Landes abgewertet wird. Importe werden daher teurer und es kann so weit kommen, dass ein Land in den Ruin getrieben wird, da es seine Rechnungen nicht mehr begleichen kann89. Trends Abwanderung der Unternehmen Die wichtigsten Akteure auf den Finanzmärkten sind zweifelsohne multinationale Unternehmen. Zusätzlich zu ihrem Stammsitz, agieren sie auch im Ausland und investieren somit regelmäßig Kapital in andere Länder und ihre Volkswirtschaften. Gerade in den letzten Jahren wuchs der Anteil an Investitionen in asiatische Länder sehr stark. Dabei ist der Hauptbeweggrund in der Regel nicht, Produktionsstandorte zu den Absatzmärkten zu verlagern (der Absatz hochpreisiger, europäischer Produkte in Asien gestaltet sich sehr schwer), sondern die Intention, die Firmenrendite durch Senkung der Lohn-, Produktions- und Materialkosten zu erhöhen. Des Weiteren sind auch die Unternehmenssteuersätze ein wichtiges Argument für einen Standortwechsel. Allein in 88 89 Vgl. finanznachrichten.de, Chinesischer Yuan deutlich unterbewertet Vgl. handbuchderglobalisierung.de, Ton Veerkamp zum Thema Devisenspekulationen 64 China sind sie um 5% niedriger, als in Deutschland. In Asien-Pazifik allgemein, sogar um 8%90. Dennoch gibt es auch Unternehmen, die Asien als großen Absatzmarkt für sich erschlossen haben und Produkte entwickeln, die der dortigen Nachfrage entsprechen. Die Bosch-Gruppe ist ein solches Unternehmen und hat seine Forschungsgebiete auf zukunftsträchtige Umwelt- und ressourcenschonende Kraftfahrzeugtechnik spezialisiert. Angesichts der zunehmenden Motorisierung im asiatischen Raum, eine sinnvolle Entscheidung. Durch weitere Investitionen in Höhe von 1,8 Mrd. Euro, soll der Umsatzanteil Asiens bei der Bosch-Gruppe bis 2015 auf 25% des Gesamtumsatzes gesteigert werden91. Unterstützt werden diese Vorhaben von den guten Anbindungen vieler asiatischer Metropolen an Flug- und Überseehäfen, welche einen Rücktransport der Fertigwaren in die EU äußerst einfach gestalten. Selbst die dadurch entstehenden Transportkosten, können die Einsparungen nicht zunichte machen. Der Trend bei einheimischen Unternehmen geht also eindeutig in die Richtung, Produktion und/oder Forschung nach China auszulagern, um weiterhin konkurrenzfähig zu bleiben. Der Euro als Leitwährung Betrachtet man die fortwährende Ausweitung des Euroraums und den fallenden Wert des Dollars gegenüber dem Euro, so erscheint ein Wechsel der Leitwährung von Dollar zu Euro als durchaus denkbar. Ein solcher Wechsel setzt vor allem voraus, dass die Devise weit verbreitet ist. Der Euroraum kann mit 15 Mitgliedsstaaten und 320 Millionen Menschen eine sehr weit reichende Verbreitung vorweisen und wird in den nächsten Jahren durch den Beitritt zusätzlicher Staaten noch an Größe gewinnen (geplant: Slowakei am 01.01.2009)92. Jedoch darf nicht übersehen werden, dass immer noch 66% aller Devisenreserven in Dollar gehalten werden und nur 25% in Euro93. Ein großer Euroraum alleine, kann also keinesfalls für einen Wechsel sorgen. 90 Vgl. BPB, Unternehmenssteuersätze im internationalen Vergleich Vgl. Bosch, Presseinformation Wirtschaft 92 Vgl. Europäisches Parlament, Eurozone: Schuldenberge abbauen und Konvergenzkriterien überdenken 93 Vgl. Spiegel Online, China entscheidet über das Schicksal des Dollars 91 65 Es ist nötig, dass die Kopplung an den Dollar (wie es bei vielen Währungen der Fall ist, unter anderem auch beim chinesischen Yuan) gelöst wird und traditionelle „Dollargeschäfte“, wie z. B. der Ölhandel, vorwiegend in Euro durchgeführt werden. Die Zukunft des Euros und seine mögliche Stellung als Leitwährung hängt somit stark davon ab, welche Entscheidungen in Peking und bei den großen Ölkonzernen getroffen werden. Nach wie vor ist China das Land mit den größten Devisenreserven, welche sich auf mehr als eine Billion Dollar belaufen und ein schneller Tausch in Euro würde dafür sorgen, dass die restlichen Dollarreserven an Wert verlieren, da die Geldmenge des Dollars weltweit sprunghaft steigen würde. Ein Tausch kann also nur sehr langsam erfolgen, was den Wechsel des Euros zur Leitwährung auf längere Zeit verzögern wird. Ebenso langsam werden die Ölkonzerne ihre Handelswährung umstellen, da es nur sinnvoll ist, mit Devisen zu bezahlen oder Zahlungen zu empfangen, welche im Außenhandel dominant sind. Hier wird es also vorerst auf eine Koexistenz von Dollar und Euro herauslaufen, um die Abhängigkeit vom Dollar zu minimieren. Trotz der Probleme, die einem Wandel gegenüberstehen, wird der Euro zunehmend an Einfluss gewinnen. Nicht zuletzt prophezeien Währungsexperten dem Euro eine aussichtsreiche Zukunft94. Es bleibt zwar abzuwarten, für welchen Weg sich China entscheidet und wie viele Länder die Dollarkopplung ihrer Währung aufheben werden, dennoch wird die Ausweitung des Euroraums zu der wachsenden Bekanntheit und Akzeptanz des Euro als stabile und sichere Währung beitragen. Empfehlungen Finanzmärkte dezentralisieren Um den Einfluss großer Finanzmärkte in Zukunft minimieren zu können, muss die Abhängigkeit von einigen wenigen Zentren reduziert werden. Denn obwohl viele Aktien an mehr als einem Börsenplatz gehandelt werden können, findet der Handel hier in Deutschland beispielsweise größtenteils an der FWB oder im Xetra statt. Diese Problematik hat den Hintergrund, dass das Handelsvolumen an bekannten Plätzen besonders hoch ist und somit Orders (vor allem Limit-Orders) eher gehandelt werden. Letztendlich müsste hier auf lange Sicht gesehen ein Umdenken in den Köpfen der 94 Vgl. Manager Magazin Online, Der Euro wird die wichtigste Weltwährung 66 Anleger stattfinden. Sie sollten bewusst bei den kleineren Börsenplätzen (z. B. Stuttgart, Berlin, München) handeln und dadurch das gesamte Handelsvolumen gleichmäßiger auf die einzelnen Börsen verteilen. Bewirken könnte man dies durch Vergünstigungen für Anleger (z. B. kostenlose Orders), die auf kleine Börsen setzen oder durch Marketingkampagnen, welche die Börsen bekannter machen. Dieser Prozess darf natürlich nicht nur in Deutschland stattfinden, sondern muss global angewendet werden, um eine effektive Dezentralisierung erreichen zu können. Nur auf diesem Weg kann das Risiko eines Ausfalls minimiert werden, da der Handel an anderen Plätzen fortgeführt werden kann. Es würde also nicht mehr zu einem (nahezu) Totalausfall kommen, wie es in den USA der Fall war. Das Risiko durch Staatsfonds (wie z. B. der chinesische Staatsfonds), kann nur schwer minimiert werden. Letztendlich muss man auf die Zusagen der Länder vertrauen, dass diese die Wirtschaft anderer Staaten durch ihre Investitionen nicht schädigen werden. Ein anderer Weg wäre ein weltweites Übereinkommen, dass Staatsfonds vom Handel ausschließt, bzw. schon deren Einführung unterbindet. Ob das allerdings akzeptiert wird, ist äußerst fraglich. Etwas einfacher ließe sich die Entkopplung Chinas Banken vom Staat realisieren. Nur, wenn die staatlichen Finanzspritzen unterbunden werden, ist ein unverzerrter Wettbewerb mit anderen Banken möglich. Allerdings ist hierfür ein gezieltes Mitwirken des chinesischen Staates nötig, was ebenfalls durch internationale Abkommen forciert werden muss. Deutsche Standorte sichern Unternehmen, deren Arbeitsplätze ganze Regionen am Leben halten, sollten Entscheidungen über Produktionsverlagerungen ins Ausland, nicht alleine treffen können. Hier sollten die genauen Gründe für eine Abwanderung offen gelegt und von einem unabhängigen Komitee auf deren Notwendigkeit überprüft werden. Geht es einem Unternehmen nur um niedrigere Lohnkosten und eine höhere Rendite, sollte der Staat die Möglichkeit haben, die Verlagerung ins Ausland zu unterbinden oder zumindest zu regulieren. Letztendlich sollte ein solcher Prozess nur dann gestattet werden, wenn er im Inland keine Entlassungen nach sich zieht oder die Existenz des Unternehmens davon abhängt. 67 Um den Mittelstand aktiv von einer Produktionsverlagerung abzuhalten, müsste dieser mehr unterstützt werden. Dazu zählen steuerliche Vergünstigungen oder Prämien, die für besonders nachhaltige Arbeitsplatzsicherung gezahlt werden. Für Forschung und Entwicklung sollten zusätzliche Gelder zur Verfügung gestellt werden, da die meisten Innovationen nach wie vor vom Mittelstand erbracht werden. Nur mit entsprechender Regulierung und Anreizen, lässt sich Europa langfristig als Innovationslieferant halten und „Made in Germany“ weiterhin für unübertroffene Qualität stehen. Einführung der Tobin Tax Um Devisenspekulationen unrentabel werden zu lassen, sollte über die Einführung der viel diskutierten Tobin Tax ernsthaft nachgedacht werden. Dabei handelt es sich um die Besteuerung von Finanzmarkttransaktionen, welche dafür sorgt, dass kurzfristige Spekulationen auf schwankende Wechselkurse nicht mehr den erhofften Gewinn abwerfen, langfristige Investitionen oder Handelsgeschäfte aber aufgrund des niedrigen Zinssatzes nahezu nicht beeinflusst werden. Möglich sind Aufschläge zwischen 0,1 und 1 Prozent, wobei für die Einführung bestimmte Gegebenheiten vorherrschen müssen95. So darf es keine Steueroasen geben, was automatisch dazu führt, dass der Zinssatz weltweit identisch sein muss. Sollte dies nicht der Fall sein, so würden binnen kürzester Zeit Wege gefunden, um die Besteuerung zu umgehen oder zu minimieren. Da durch die erhobene Steuer zwangsläufig alle Formen des Devisenhandels betroffen wären (wenn auch nur minimal), ist es ungewiss, ob es jemals zu einer Einführung kommen wird, da dies eventuell Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes haben könnte. Zudem ist die Frage der Verwendung der Steuereinnahmen nicht geklärt und es gibt weltweit verschiedenste Meinungen darüber. Dieses Problem und die Tatsache, dass die Tobin Tax zunehmend zum Symbol von Globalisierungsgegnern geworden ist, lässt eine Anwendung der Steuer wieder in die Ferne rücken. Hier wäre es hilfreich, wenn sich die Staaten wieder mehr auf den eigentlichen Sinn (und nicht die Verwendung der Steuereinnahmen) der Tobin Tax konzentrieren würden: die Stabilisierung der Wechselkurse. Ebenso müssten die Globalisierungsgegner 95 Vgl. perspektive-blau.de, Tobin Tax: Sand im Getriebe der Finanzmärkte 68 realisieren, dass es nicht die Absicht von James Tobin ist, den Welthandel zu reduzieren oder die Globalisierung zu verlangsamen. Das Gegenteil ist der Fall. Es wird also klar, dass noch viele offene Fragen zu klären sind und es mindestens genau so viele Missverständnisse gibt, die es zu beseitigen gilt, bevor eine Einführung möglich wird. Transport Einleitung Ohne die Entwicklungen im Bereich der Seeschifffahrt sowie im Luftverkehr, wäre ein weltweiter Warenaustausch, wie er heute vorzufinden ist, nicht möglich. Im Folgenden soll nun aber keine historische Betrachtung dieser Entwicklungen erfolgen, sondern es soll der aktuelle Stand der Transportmittel, der Transportwege und der Infrastruktur dargestellt werden, sowie eine Zukunftsperspektive aufgezeigt werden. Problemsituation / Istzustand Welthandelsströme Bewegung der Güter Trotz der auf der Erde vorhandenen 193 Länder, beschränkt sich der Großteil des Welthandels auf die so genante „Triade des Welthandels“. Zu dieser Triade zählt man 25 Länder Europas, 3 Länder Nordamerikas (USA, Kanada, Mexiko) sowie 6 Länder Asiens (China, Japan, Taiwan, Südkorea, Hongkong, Singapur), wobei die Staaten der EU 25 mit einem Volumen von 3’976 Mrd. USD die weltweit größte Handelsmacht darstellen. Die nachfolgende Abbildung stellt den Welthandel grafisch dar. 69 Abbildung 20: Weltweite Handelsströme Quelle: http://www.metrogroup.de/multimedia/WindowTools/html/Image/ l1.html?1125930/TS-Europa-Grafik-Handelsstroeme-ans-de.gif; 16.01.2008 Wie ebenfalls in der Abbildung zu sehen ist, entfällt auf die nicht zur Triade gehörenden Länder, nur ein sehr kleiner Teil des Welthandelsvolumens. Die heute vorliegende Triade ist auf die von Europa ausgehende Kolonialisierung zurückzuführen. Arten der Güter Bei den gehandelten und transportierten Gütern ist eine große Differenzierung festzustellen, welche ihren Ursprung ebenfalls in der geschichtlichen Entwicklung der jeweiligen Länder hat. Während Asien erst seit einigen Jahren damit angefangen hat Handel mit produzierter Ware und den restlichen Staaten der Welt zu betreiben, verschickt Europa seit jeher seine Produkte in alle Welt. Aufgrund der großen Bevölkerung in Asien und dem Fehlen von Know-how, haben sich die asiatischen Staaten auf die Produktion kostengünstige Massenprodukte wie z.B. Textilien spezialisiert. Der seit je her gewachsene Handel und das Know-how Europas hingegen, führen dazu, dass die Staaten der EU 25 hochwertige Industrieprodukte wie z.B. Maschinen herstellen können und diese in alle Welt verkaufen. Es ist also festzustellen, dass der Handel und somit auch der Transport zwischen Asien und Europa und andersherum sehr ungleichmäßig ist. Um die produzierten Waren nun dem Handelspartner zuzuführen bedient sich der moderne Handel zwei Verkehrsträgern, auf die der folgende Abschnitt eingehen wird. 70 Eingesetzte Verkehrsträger Seeschiff 46.222 Transportschiffe96 sogen dafür, dass jährlich Güter mit einem Volumen von 27500 Milliarden Tonnen-Seemeilen transportiert werden. Diese Ware stellen über 90 Prozent des grenzüberschreitenden Warenhandels (gemessen am Gewicht der transportierten Güter) da. Die seit den 1960er Jahren anhaltende Containerisierung der Transporte sorgt für sinkende Transportpreise und somit für ein immer größeres Wachstum des Seetransportes. Die Kosten für den Transport einen sog. short ton fallen seit 1935 stetig und betragen heute mit ca. 21 USD nur noch ein drittel der Kosten von damals97. Dies führt dazu, dass Güter mit geringer Kapitalbindung und geringem Wert auf diese Weise transportiert werden. Für die Seefracht wird in den kommenden Jahren ein stetiges Wachstum vorhergesagt, wie nachstehende Grafik verdeutlichen soll. Abbildung 21: Weltweite Seefracht in Mio. TEU Quelle: Mergeglobal; Brian Clancy und David Hoppin; Growing Gloom; 2006; Seite 2 Flugzeug Per Flugzeug werden weniger als ein Prozent der Güter (gemessen am Gewicht) befördert, gemessen am Wert dieser Güter beträgt der durch Flugzeuge transportierte 96 97 Vgl.: http://www.bpb.de/wissen/KSW7JQ,,0,Seefracht.html Vgl.: http://www.bpb.de/wissen/5TRK99,0,0,Transport_und_Kommunikationskosten.html 71 Anteil jedoch 40 Prozent98. Es ist hier also deutlich zu erkennen, dass meist nur solche Güter per Luftfracht transportiert werden, die sehr kapitalintensiv und/oder kurzlebig sind. Wie auch in der Seefracht wird es in der Luftfracht innerhalb der nächsten Jahre ein stetiges Wachstum geben. Abbildung 22: Weltweites Luftfrachtaufkommen Quelle: Mergeglobal; Brian Clancy und David Hoppin; Steady Climb; 2006; Seite 2 Chancen und Risiken Kapazitätsengpässe Häfen und Flughäfen Innerhalb Europas befinden sich 4 der weltweit führenden Frachtflughäfen (gemessen am Gewicht der umgeschlagenen Güter)99. Dies sind Paris, Frankfurt, Amsterdam sowie London. Flughäfen stellen einen großen wirtschaftlichen Faktor für die jeweilige Städte sowie Länder dar. Alle der genannten Flughäfen befinden sich bereits heute an einem Kapazitätslimit. Die Vorhergesagten Zuwächse sind mit der heute Vorhandenen Infrastruktur nicht zu bewältigen. Die Konkurrenz zwischen den großen Hubs sowie neuen aufstrebenden Flughäfen ist sehr groß. Für die asiatischen Fluggesellschaften welche ein deutsches Hub anfliegen, stellt ein Wechsel von diesem Hub zum einem 98 99 Vgl.: http://www.bpb.de/wissen/PQK08R,,0,Luftfracht.html Vgl. : http://www.adv.aero/download/presse/Ta31_2005_Cargo.pdf 72 andern Flughafen, auch im näheren Ausland, kein großes Problem dar, da die Fracht meist sowieso per LKW zu den innerdeutschen Empfangsflughäfen weiter transportiert wird. Das Risiko welches sich aus den Kapazitätsengpässen ergibt, ist also das, dass Fluggesellschaften abwandern und somit die Wirtschaftskraft im eigenen Land bzw. der eigenen Region geschwächt wird. Wie auch Flughäfen, tragen Seehäfen in hohem Maß zu einer Wirtschaftlichen Entwicklung bei. Alleine in Deutschland sind ca. 300'000 Arbeitsplätze direkt und indirekt hafenabhängig. Auch beim Internationalen Vergleich zeigt sich, dass in Europa mit Hamburg und Rotterdam zwei der größten Häfen der Welt angesiedelt sind100. Auch bei den Häfen zeigt sich, dass die Kapazitäten bereits sehr ausgelastet sind und das prognostizierte Wachstum nicht abwickeln können. Will man Deutschland weiterhin an der Spitze der Europäischen Häfen sehen, so müssen auch bei den Häfen weit reichende, Wasser- und Landseitige, Ausbau- bzw. Neubaumaßnahmen vorgenommen werden, um eine Verlagerung des Verkehrs in andere Häfen zu vermeiden. Verkehrsmittel Neben den Umschlagspunkten der Fracht haben aber auch die Transportmittel mit Kapazitätsengpässen zu kämpfen. Die bereits in Punkt 1.1.1.2 genannte Unpaarigkeit der Warenströme führt dazu, dass die Kapazitäten der Schiffe sowie der Flugzeuge auf der Route von Asien nach Europa nicht ausreichend sind. Auf diesen Routen kommt es oft zu langen Wartezeiten, bis eine Abfahrt bzw. ein Abflug der Waren erfolgen kann. Rohstoffknappheit Fossile Brennstoffe Alle im Moment vorhandenen Transportmittel haben gemeinsam, dass sie durch Brennstoffe angetrieben werden, welche aus Erdöl gewonnen werden. Bei Erdöl handelt es sich um ein Naturprodukt mit begrenzten Ressourcen, welches aktuell nicht künstlich hergestellt werden kann. Berechnungen der OPEC zufolge, wird die Nachfrage nach 100 Vgl.: Handelsblatt Nr. 105 vom 04.06.2007 Seite B7 73 Rohöl von 83,3 Millionen Barrel pro Tag in 2005 auf 117,6 Millionen Barrel pro Tag in 2030 steigen101. Gleichzeitig wird aber erwartet, dass die vorhandenen Vorkommen für nur noch ca. 50 Jahre also bis zum Jahr 2050 ausreichen. Aufgrund dieser Berechnungen ist davon auszugehen, dass sich der Ölpreis und somit der Preis für den Transport von Gütern innerhalb der nächsten 20-30 Jahre erheblich erhöhen wird. Grundstoffe zum Bau Neben den Antriebsstoffen für die Verkehrsmittel, kommt es aber auch zu einer Verknappung der Rohstoffe, welche für den Bau der Verkehrsmittel benötigt werden. Die Nachfrage nach Stahl, dem wichtigsten Rohstoff zum Bau neuer Schiffe und Eisenbahnen steigt seit Jahren kontinuierlich an wie die nachstehende Abbildung zeigt. Abbildung 23: Welt Stahlbedarf Quelle: http://www.stahl-online.de/wirtschaft_und_politik/stahl_in_zahlen/Bilder/2007/ Welt_Stahlbedarf_steigt_04_08_IISI_SRA07k.jpg ; 17.01.2008 Auch für die kommenden Jahre wird ein Anstieg des Bedarfs prognostiziert. Auf Grund der hohen Nachfrage kommt es einerseits dazu, dass sich der Preis für Stahl verteuert, was auch neue Verkehrsmittel verteuert, andererseits können durch den Engpass an Stahl nicht die benötigten Verkehrsmittel hergestellt werden, die nötig wären, dass wachsende Transportaufkommen abzufangen. 101 Vgl.: http://www.opec.org/library/World%20Oil%20Outlook/pdf/ 74 Um den genannten Engpässen an Verkehrsträgern sowie an Treibstoffen entgegen zu wirken, gibt es zahlreiche Forschungs- und Bauvorhaben, von deinen einige im nächsten Abschnitt vorgestellt werden. Trends Transeurasische Eisenbahn Um den Kapazitätsengpässen der Schifffahrt auf der Route von Asien nach Europa entgegen zu wirken, wird derzeit eine Landverbindung per Eisenbahn von China nach Deutschland geplant und gebaut. Die Länder Kasachstan und China sowie deren Bahngesellschaften arbeiten an einer 8’000km lange Trasse die die folgenden Städte mit einander verbinden wird: • Lianyungang (China) • Astana (Kasachstan) • Krasnowodsk (Turkmenistan) • Teheran (Iran) • Istanbul (Türkei) • Sofia (Bulgarien) • Graz (Österreich) • Hamburg (Deutschland) Die Fertigstellung der Strecke, deren Kosten bei 7 Mrd. $ liegt ist für das Jahr 2010 vorgesehen. Die Kapazität der Strecke wird laut Betreibergesellschaft mit 35 Millionen Tonnen pro Jahr angegeben. Neben einer Entlastung der Seewege erhoffen sich die Betreiber auch einen wirtschaftlichen Aufschwung in den an der Strecke gelegenen Städten. Für eine hohe Nachfrage nach dieser Verbindung spricht, dass die Transportdauer von China nach Deutschland von bisher 28 Tagen per Seeschiff auf nur noch 10 Tage verkürzt wird. Da es sich bei dieser Verbindung in den Ländern von China bis in den Iran, um eine Trasse handelt die komplett neu gebaut wird und welche nicht auf das schon bestehende Netz zurückgreift, kann diese in einer Spurweite von 1435mm gebaut werden. Ein Umspuren entfällt somit beim Übergang nach Europa was 75 wiederum Zeit- und Kostenersparnisse mit sich bringt. Neben den Vorteilen hat aber auch diese Trasse den Nachteil, dass sie durch Krisenregionen führt. Die folgende Abbildung soll nun noch einmal den Streckenverlauf grafisch darstellen. Abbildung 24: Verlauf der Transeurasischen Eisenbahn Quelle: http://www.eurasischesmagazin.de/images/showimage.asp?path=05-04&filename=bahn.jpg; Um Kapazitätsprobleme zu mindern oder sogar zu lösen stellen alternative Transportwege eine gute Möglichkeit dar. Das Problem der fossilen Brennstoffe kann auf diese Weiße aber leider nicht gelöst werden. Aus diesem Grund ist auch die Einführung neuer Antriebstechnologien von Nöten. Im folgendem sollen die zwei zukunftsträchtigsten vorgestellt werden. Alternative Antriebstechnologien Skysails Die 2001 in Hamburg gegründete Firma Skysails hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Verbrauch an fossilen Brennstoffen von Frachtschiffen zu vermindern, indem die Schiffe die Kraft des Windes mitnutzen. Skysails entwickelte ein System, bei dem herkömmliche Schiffe mit einem Zugdrachen ausgerüstet werden, der das Schiff mit dem Wind zieht. Folgend der schematischen Aufbau eines Skysails. 76 Abbildung 25: Schematischer Aufbau Skysails Quelle: http://www.skysails.de; 17.01.2008 Das Skysails-System weißt aber neben den Vorteilen der Umweltfreundlichkeit auch den entscheidenden Nachteil auf, dass das System auf ein passendes Wetter angewiesen ist. Windrichtung und Windstärke spielen hierbei die größten Einflussfaktoren. Nachfolgende Beispielrechnung der Firma Skysails soll die Potentiale dieses Systems darstellen. Schiffstyp: Semi-Container Länge: 80m Leistung Hauptantrieb: 920 kW Schiffsgeschwindigkeit: 10 kn Treibstoffpreis pro Tonne: EUR 455.00 SkySails-System: SKS 320 Ersparnis unter Normbedingungen: 34,8% Zu erwartende Durchschnittsersparnis: 19,1% Treibstoffersparnis in t/Jahr: 236,1 Treibstoffersparnis pro Jahr: EUR 107.425 Anschaffungskosten: EUR 339.000 Wartung & Instandhaltung pro Jahr: EUR 35.350 Ersparnis pro Jahr: EUR 72.075 Amortisationsdauer in Jahren: 4,7 77 Wie zu sehen ist, kann eine Treibstoffeinsparung von ca. 20 Prozent erwartet werden, durch welche sich das System nach fünf amortisiert hat. Aber nicht nur im Bereich der Seeschifffahrt wird an Alternativen zum Erdöl gearbeitet. Flüssiger Wasserstoff Die Firma Airbus forscht und entwickelt bereits seit Mitte der 1990er Jahre daran, flüssigen Wasserstoff als Treibstoff für Flugzeuge zu verwenden. Wasserstoff wird hierbei auf eine Temperatur von -253°C gekühlt, wodurch er sich verflüssigt. Wasserstoff kann sehr leicht durch Elektrolyse von Wasser gewonnen werden, welches unbegrenzt auf der Erde zur Verfügung steht. Wird der Wasserstoff im Flugzeugtriebwerk verbrannt, entsteht hauptsächlich Wasserdampf. Nur sehr wenige Stickoxide werden als weitere Emissionen freigesetzt. Diese Verbrennung liefert somit, verglichen zur Verbrennung von Erdöl, einen fast geschlossenen Kreislauf. Da der Wasserstoff für diese Art des Antriebs im flüssigen Zustand vorliegen muss, ist eine völlig neue Konzeption der Tanks nötig. Der Wasserstoff kann nicht mehr wie bisher in den Flügeln der Flugzeuge gelagert werden, sondern muss in Tanks untergebracht werden, welche Druck- und Temperaturfest sind. Die nachstehende Abbildung zeigt, wie zukünftige Flugzeuge aussehen könnten. Abbildung 26: Airbus A310 mit Wasserstoffantrieb Quelle: Airbus Deutschland (Hamburg); Herr Klug 78 Neben der Tatsache, dass die Flugzeuge neu konzipiert werden müssen, hat flüssiger Wasserstoff auch den Nachteil, dass auch die Infrastruktur am Boden der im Vergleich zum Kerosin aufwendigeren Lagerung des Wasserstoffs angepasst werden muss. Mit der aufwendigeren Lagerung gehen höhere Sicherheitsbestimmungen einher, da flüssiger Wasserstoff einen niedrigeren Flammpunkt als Kerosin hat und somit eine größere Brandgefahr besteht. Fazit / Empfehlungen Der weltweite Handel wird aufgrund des immer stärker werdendem Wettbewerb und der stärker werdenden Arbeitsteilung auch in den kommenden Jahren immer weiter zunehmen. Mehr und mehr Güter für den deutschen und europäischen Markt, werden in Asien gefertigt werden. Mit der Verlagerung der Produktion bzw. Montage wird der Handel zwischen Europa und Asien weiterhin steigen. Mit diesem Handel wird auch die Nachfrage nach Transportleistung steigen um die Produkte auf Ihren Absatzmarkt zu bringen. Um diese gesteigerte Nachfrage befriedigen zu können müssen sowohl die Wirtschaft als auch die Politik, insbesondere in Deutschland, neue Investitionen tätigen, um weiterhin die positiven Effekte des Welthandel und der Globalisierung für sich nutzen zu können. Zu diesen Effekten gehören sowohl die Steuereinnahmen für Bund und Länder, die für die Volkswirtschaft wichtige Schaffung von Arbeitsplätzen im Transport- und Logistiksektor, die Gewinnsteigerung der Transport- und Umschlagsbetriebe und nicht zu vergessen das Know-How, dass den Standort Deutschland stärken kann. Damit das steigende Aufkommen auch weiterhin bewältigt werden kann, sind neue Transportwege erforderlich. Die Kapazitäten dieser Verkehrswege müssen so ausgelegt werden, dass die neu aufkommenden Mengen auf diesen Wegen transportiert werden können ohne die bereits vorhanden Wege in Anspruch zu nehmen. Im besten Fall, können die neuen Wege auch noch Kapazitäten der bereits bestehenden Wege aufnehmen, um diese weiter zu entlasten. Die aufgezeigte Eurasische Eisenbahn soll hierbei nicht als alleiniges Mittel verstanden werden. Vielmehr müssen die Bemühungen für neue Transportwege sehr breit angelegt werden, so dass keine Abhängigkeiten von Staaten, Verkehrsträgern oder Institutionen entstehen. Eine alleinige Konzentration auf den Verkehrsträger Schiene kann aufgrund der vielen, 79 während des Transportes durchfahrenen Länder, in Krisensituationen zu Problemen und Ausfällen von Transportkapazitäten führen. Deshalb ist neben dem Ausbau der Landverbindungen, auch ein Ausbau der Seewege von wichtiger Bedeutung. Neben der Erschließung neuer Wege muss die Technik der bereits vorhandenen Transportmittel und Handelsrouten verbessert und ausgebaut werden. Wie am Beispiel der Hamburger Firma Skysails aufgezeigt, kann Europa dank des vorhandenen Wissens und Kapitals, auch hier durch Entwicklung und Vermarktung neuer Systeme weitere Wirtschaftskraft erlangen und eine weltweite Vorreiterrolle einnehmen. Abschließend kann also gesagt werden, dass Investitionen in die Infrastruktur des Landes (Straßen-, Wasserstraßen- und Schienennetz), in einzelne Volkswirtschaftlich bedeutende Unternehmen (Hafen- und Flughafenbetreiber) sowie in die Forschung und Entwicklung zentrale Aspekte von Politik und Wirtschaft sein sollten, um auch weiterhin mit der Globalisierung Schritt halten zu können und durch den Handel mit Asien profitieren zu können. Information und Vernetzung Ist-Situation Immer mehr soziale Verzeichnisse wie Mister-Wong.de, StudiVZ.de oder Lokalisten.de lassen den Menschen in seiner virtuellen Welt verschmelzen. Besonders interessant ist hierbei SecondLife102. In dieser virtuellen Welt erhält jeder Nutzer seinen eigenen Avatar. Diese Welt ist vor allem eine Unterhaltungswelt. In Geschäften kann man einkaufen, es gibt Immobilien und auch sonst werden die Bedürfnisse der Nutzergemeinde befriedigt. Einige internationale Firmen nutzen diese Plattform um zukünftige Produkte auf ihre Marktfähigkeit zu testen103. Blogs steigen als Informationsquellen immer weiter auf. Persönliche Erlebnisse aus dem umkämpften Irak oder auch aktuelle Informationen zur politischen Lage in einigen brisanten Ländern bieten wesentlich mehr Informationen als die täglichen Nachrichten 102 103 http://secondlife.com/ http://www.faz.net/s/Rub02DBAA63F9EB43CEB421272A670A685C/Doc~ECF26BF9ADC72493DA 59 D33BEE151D9E4~ATpl~Ecommon~Scontent.html, 16. 12. 2007 80 der Tagesschau. Mittlerweile existieren über 60 Millionen Blogs auf der ganzen Welt104. Deren Anzahl sicherlich weiter steigen wird. Onlinedatenbanken wie Wikipedia.org oder Wissen.de bieten einen großen Wissensumfang. In insgesamt 60 verschiedenen Sprachen und Dialekten wird Wissen angeboten. Die englischsprachige Datenbank umfasst 2.076.000 Artikel. Die deutsche Fassung schafft es auf immerhin 661.000 Artikel und liegt damit auf Platz zwei.105 Zurzeit gibt es ca. 670 Millionen PC-Nutzer. Im Jahr 2010 sollen es bis zu eine Milliarde PC-Nutzer sein. Der größte Zuwachs soll aus den Entwicklungsländern kommen.106 Anfang 2007 gab es ca. 1,2 Milliarden Internetnutzer. In Europa sind ca. 42% der Bevölkerung online. In Asien sind es immerhin ca. 12%. Dafür besitzt Asien eine größere Wachstumsrate. Europa kann ein Wachstum von ca. 221% verzeichnen, Asien dagegen mit ca. 302%107. Abbildung 27: Digital Access Index Quelle: http://www.euractiv.com/31/images/review_chart_big_tcm31-149113.jpg 104 http://www.blogherald.com/2005/05/25/world-wide-blog-count-for-may-now-over-60-million-blogs/, 27. 11. 2007 http://www.wikipedia.org/ 106 http://www.news.com/A%20billion%20PC%20users%20on%20the%20way/2100-1003_3-5290988.html, 18. 11. 2007 107 http://www.internetworldstats.com/stats.htm, 18. 11. 2007 105 81 Um die erforderlichen Datenmengen zu leiten werden große Internetanbindungen benötigt. Alleine im Bereich Großbritannien, Nordsee liegen ca. 40 Kabel mit Kapazitäten bis zu 3.8 Tb/s. Abbildung 28: Weltweite Unterseekabel Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Submarine_cables.png Solche Kapazitäten gewähren Menschen den Zugang zu Bildung. Durch eine intensive Vernetzung können Informationen gesammelt werden und auch interaktive Unterrichtsstunden werden für abgelegene Gebiete ermöglicht. Kurz angesprochen werden soll der 100$ Laptop des MIT108. Mithilfe dieses Projektes soll es ermöglicht werden den Entwicklungsländern einen besseren Zugang zu Bildung und Information zu ermöglichen. Englisch ist eine Weltsprache. Durch Kolonialisierung und Auswanderung breitete sich diese Sprache aus. In 53 Ländern ist Englisch Amtssprache109. 1,8 Milliarden Menschen können sich auf Englisch untereinander unterhalten110. Im Vergleich dazu sprechen weltweit ca. 500 Millionen Menschen Spanisch111. Bei Französisch sind es ca. genau so viele Menschen112. 108 http://www.laptop.org/ http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_countries_where_English_is_an_official_language, 27. 10. 2007 http://en.wikipedia.org/wiki/English_language, 27. 10. 2007 111 http://en.wikipedia.org/wiki/Spanish_language, 27. 10. 2007 112 http://en.wikipedia.org/wiki/French_language, 27. 10. 2007 109 110 82 Vergleicht man nun diese Daten mit Chinesisch, so kommt auf eine ganz andere erstaunliche Zahl. Insgesamt 1,3 Milliarden Menschen sprechen Chinesisch113. Dabei ist Chinesisch nur in fünf Ländern Amtssprache. Somit könnte Chinesisch in Zukunft Englisch als Weltsprache ablösen. Schon jetzt sprechen mehr Einheimische Chinesisch als Englisch auf der Welt. Dies liegt vor allem an der großen Bevölkerung der Volksrepublik Chinas mit ca. 1,321 Milliarden Einwohnern114. Um Informationen zu erhalten bedarf es Netzwerke die den Hunger nach Nachrichten, Analysen und Indizes befriedigen können. Das weltweit größte Nachrichtennetzwerk ist Reuters. in über 91 Ländern vertreten mit ca. 16.900 Mitarbeitern115 informiert Reuters in 18 verschiedenen Sprachen. Im Vergleich dazu unterhält die ARD 25 Auslandsbüros weltweit116. Für fast alle Regionen der Welt gibt es eigene Nachrichtennetzwerke. Beispielsweise ist CNN die Quelle für den amerikanischen Raum, Aljazerra beschränkt sich auf den nahen Osten und dem arabischen Raum. BBC ist spezialisiert auf die Commonwealth. Um international Erfolg zu haben schließen sich einige Unternehmen bzw. auch Länder zu Kartellen zusammen. Das wohl bekannteste Kartell ist die OPEC- mit Sitz in Wien. Insgesamt gehören 13 Länder der Gemeinschaft an, deren Anteil 40% an der weltweiten Ölförderung beträgt. Gegründet wurde es mit der Intention den Ölpreis weitgehend stabil zu halten117 und ihn auf ein angemessenes Niveau zu halten. Auch gilt der OPEC Basket Price als weltweiter Referenzwert118. Die Musikindustrie ist einer der Nutznießer der Globalisierung. Kaum ein Markt ist dermaßen international geworden. Durch myspace.com und youtube.com können Bands und Künstler schnell weltweit Fans erreichen. Somit werden Plattenfirmen aufmerksam und auch Plattenverträge können dadurch entstehen. 113 http://en.wikipedia.org/wiki/Chinese_language, 27. 10. 2007 http://de.wikipedia.org/wiki/Volksrepublik_China, 27. 10. 2007 115 http://www.about.reuters.com/home/aboutus/ourcompany/keyfacts.aspx, 3. 11. 2007 116 http://lra.ard.de/korrespondentenwelt/index.php?id=7 3. 11. 2007 117 http://de.wikipedia.org/wiki/OPEC, 15. 11.2007 118 http://www.opec.org/home/, 15. 11. 2007 114 83 Ein bekanntes Beispiel stellt hier die Band „Arctic Monkeys“ da119. Diese Band schaffte es durch Veröffentlichung ihrer Songs im Internet zu einem Plattenvertrag bei Domino Record120. Heutzutage kann man überall auf der Welt die Musik hören die man möchte. Sei sie aus China, Nepal, Afrika oder aus England. Dank Webradio wird die gesamte Welt erreicht. Insgesamt 1759 Streams erreicht man alleine über iTunes121. Problemsituation Zurzeit existieren ca. 74000 Computerviren. Wöchentlich werden es ca. fünf mehr, die einen Computer ernsthaft bedrohen könnten122 Den ersten Hackerangriff in Deutschland gab es auf das damalige BTX-System123, Opfer war die Sparkasse. Insgesamt entstand ein Schaden von ca. 50.000 €. Vor kurzem wurde selbst die Bundesregierung Opfer eines solchen Angriffs aus dem Netz. Jedoch verhinderte ein Sicherheitssystem Schäden bzw. blockte diesen Angriff ab. Angeblich soll dieser Angriff aus China gekommen sein124. Viren sind nicht nur schädlich für Regierungen und Unternehmen. Auch private Anwender kennen dieses Problem und versuchen sich durch Antivirensoftware zu schützen. Heutzutage ist diese Software schon fast Standard. Wie auch die Firewall, die verhindern soll, dass fremde Nutzer Daten auf dem Computer lesen können. Einer der bekanntesten Viren war der Wurm W32.Blaster. Nicht nur Haushalte waren betroffen, auch Energieversorger125. Wie wertvoll sind persönliche Informationen? Im weltweiten Web fühlen sich viele Menschen nicht so beobachtet wie im realen Leben. Viele Informationen werden preisgegeben. War es am Anfang meist nur der Name und die Emailadresse so sind es heute meist zusätzlich noch Wohnort, Alter, Beruf. Diese Liste lässt sich fast beliebig verlängern. Wirtschaftsspionage über das Internet ist keine Zukunft sondern schon alltäglich. Selbst nationale Nachrichtendienste beteiligen sich an diesem System des Wissensvorsprung. 119 http://www.nzz.ch/2006/01/26/fe/articleDIPGN.html, 05. 01. 2008 http://www.dominorecordco.com/site/, 05.01.2008 iTunes, eigene Erhebung, 05. 01. 2008 122 http://www.symantec.com/de/de/enterprise/security_response/index.jsp, 09. 11. 2007 123 http://de.wikipedia.org/wiki/Bildschirmtext, 09. 11. 2007 124 http://www.spiegel.de/netzwelt/tech/0,1518,502008,00.html, 11. 12. 2007 125 http://www.heise.de/newsticker/suche/ergebnis?rm=result;q=W32.Blaster.Worm;url=/newsticker/ meldung/39485/;words=W32%20Blaster%20Worm, 11. 12. 2007 120 121 84 Besonders Deutschland ist aufgrund des hohen technologischen Standards der Industrie betroffen126. Der schnelle Anstieg der Computernutzer die sich im Internet bewegen steigt rapide an. Laut einer Studie der Beraterfirma Nemertes Research soll es schon ab 2010 zu ersten Engpässen der Datenautobahnen kommen127. Somit könnten es neue Internetplattformen schwer haben sich zu etablieren. Denn wenn Multimediainhalte zu langsam geladen werden, verlieren viele Nutzer die Lust an diesem Angebot. Die Unterseekabel die den weltweiten Datenverkehr ermöglichen haben bestimmte Knotenpunkte die bei Ausfall ganze Länder vom Internet abschneiden können. Informationen werden von bestimmten Staaten gezielt zurückgehalten, bzw. gesperrt. So ist es in China nicht möglich die Internetseite von Amnesty international zu erreichen128. Auch gibt es seit 2005 ein Gesetz über die Zensur im Internet129. Kartelle haben nicht nur positive Auswirkungen wie bestimmte Produkte stabil zu halten, sondern es gibt auch Kartelle die versuchen ihre eigenen Interessen durchzusetzen. Insbesondere in Märkten mit wenig Anbietern. Führende Logistikdienstleister wurden Ende 2007 unter Kartellverdacht gestellt. Schenker, Kühne&Nagel und Panalpina wurden auf illegale Preisabsprachen untersucht130. Solche Ereignisse wird es wohl in Zukunft immer öfter geben. Durch die Globalisierung ist auch ein enormer Preisdruck für einzelne Unternehmen entstanden. Dieser wird sich weiter verschärfen und Unternehmen werden sich zusammenschließen um marktfähig zu bleiben. 126 Wirtschaftswoche Nr. 47, Seite 97ff, Jürgen Berke 2006 http://www.tagesschau.de/wirtschaft/netzgeschwindigkeit2.html, 13. 10. 2007 http://www.datenreise.de/de/censorship/china.php, 11. 12. 2007 129 http://www.netzeitung.de/internet/361680.html, 11. 12. 2007 130 http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/;art271,2397949, 12. 10. 2007 127 128 85 Abbildung 29: Villeroy & Boch Plagiat Quelle: http://www.zeit.de/online/2006/35/bildergalerie-plagiate Probleme der Globalisierung tauchten beim Audiospezialisten Sennheiser auf. Nach Verlagerung der Produktion nach China erschienen einige Monate später Mikrofone auf dem chinesischen Markt die dem Original von Sennheiser sehr ähnlich sahen. Aber nicht nur Sennheiser ist von Produktpiraten betroffen131. Auch der Porzellanhersteller Villeroy&Boch musste schon dies feststellen132. Jedes Jahr erleiden Deutsche Firmen durch Produktfälschungen einen Schaden von insgesamt 25 Milliarden Euro133. Trends Die Entwicklung des 100-Dollar-Laptop's durch das MIT ist eine geradezu eine Revolution. Am Anfang wurde dieses Projekt nur als Studie angesehen. Nachdem sich jedoch Unternehmen wie AMD an der Entwicklung dieses Projektes beteiligten wuchs der Zuspruch. Am 16. November 2005 wurde erstmals der Laptop der Öffentlichkeit vorgestellt. Innovativ ist nicht nur die Stromversorgung, sondern auch die Entwicklung einer eigenen drahtlosen Technologie die es ermöglicht eigene Netzwerke in kurzer Zeit aufzubauen. Durch diesen Denkanstoß wurden auch andere Unternehmen und sogar Länder inspiriert solch Konzepte für eine allgemeine Bildung zu erstellen134. 131 http://www.sennheiser.com/sennheiser/icm.nsf/root/press_archive_4-2006_press_release_211206, 20. 11. 2007 http://www.stern.de/wirtschaft/unternehmen/unternehmen/index.html?id=555653&nv=rss, 20. 11. 2007 133 http://www.stern.de/wirtschaft/unternehmen/unternehmen/index.html?id=555653&nv=rss, 20. 11. 2007 134 http://www.zeit.de/2007/50/Glosse-50, 30. 10. 2007 132 86 Immer mehr Studenten versuchen im Ausland zu studieren135, oder ein Auslandssemester zu absolvieren. Dieser Trend ist in vielen Universitäten zu beobachten. Somit gibt es einen immer größeren Austausch unterschiedlicher Kulturen und Gewohnheiten, was später in der globalen Welt vielen ermöglicht sich einfacher zurecht zu finden. Die nachfolgende Grafik soll dies nochmals verdeutlichen. Abbildung 30: Anzahl der im Ausland Studierenden Quelle:www.oecd.org/dataoecd/19/50/39298167.pdf?contentId=39298168 Die Entwicklung der Kommunikationsnetze lässt sich gut anhand von Afrika beschreiben. Dort wurde die Verbreitung des normalen Telefonfestnetzanschlusses übersprungen, aufgrund der schlechten Infrastruktur136. In China gilt das Mobiltelefon als Statussymbol. In dem weltweit größten Mobilfunkmarkt gibt 426 Millionen Mobilfunknutzer im Vergleich zu 365 Millionen Festnetzanschlüssen137. Viele Menschen besitzen dort ein Mobiltelefon und auch die Telefonzellen sind dort mobil. In Zukunft wird es mehr dazu kommen das Menschen mobil erreichbar werden. Schon in Europa stagniert die Zahl der Festnetzanschlüsse. Alleine in Deutschland gibt es ca. 80 Millionen Mobilfunknutzer138. Es entstehen aber nicht nur immer mehr weltweite Informations – und Kommunikationnetzwerke, sondern auch Regional. In Deutschland gibt es zwei interessante Netzwerke. Der ARD-Stern verbindet alle Station aller Landesrundfunkanstalten miteinander139. Dafür wurde ein eigenes Leitungsnetzwerk aufgebaut. 135 Internationalisierung des Studiums, 2005, BMBF, 22. 11. 2007 http://www.innovations-report.de/html/berichte/kommunikation_medien/bericht-44044.html, 13. 11. 2007 http://www.spiegel.de/netzwelt/mobil/0,1518,429531,00.html, 13. 11. 2007 138 http://www.izmf.de/html/de/1401.html, 13. 11. 2007 139 http://de.wikipedia.org/wiki/ARD-Stern, 06. 01. 2008 136 137 87 Das Deutsche Forschungsnetzwerk verbindet über 250 Forschungseinrichtungen140. Mithilfe dieses Netzwerkes können sich Forscher per eigener Datenleitung austauschen und auch neue Technologien testen und erforschen141. Die Entwicklungen des Datenschutzes gehen auch voran. Mittlerweile gibt es USBDatenspeicher die preiswert ein Schutz mobiler Daten ermöglicht. Notebooks werden mit biometrischen Sensoren ausgestattet. Auch international agierende Firmen wie Siemens, haben eigene Sicherheitsnetzwerke und -Vorschriften erarbeitet um sich vor Angriffen zu schützen. Auch werden Mitarbeiter in einigen Ländern speziell geschützt. In insgesamt 80 Schulen wird Chinesisch schon heute angeboten142. Chinesische Privatlehrer werden in hohen Gesellschaftskreisen immer mehr nachgefragt. Schon Kinder können heute nach der Schule Chinesisch lernen143. Plagiate sind ein weltweites Problem. So nahm sich die Bundeskanzlerin auch auf dem G8-Treffen in Heiligendamm 2007 diesem Thema an. Forciert wird ein elektronisches Informationssystem für Zollbehörden um effektiver gehen Produktfälschungen vorzugehen144. Schutz sollen auch RFID's und Hologramme geben. Eines der wohl am meisten in der Presse veröffentlichten Plagiate, ist der platzende Nokiaakku145. Fazit Die Entwicklungen des Internet werden immer rasanter. In Zukunft werden Menschen mehr unterwegs online sein und die Datenleitungen werden ausgebaut und verbessert. Schon in den Anfängen steckt IP6146. Eine Entwicklung die den wachsenden Bedarf von Adressräumen deckt. Auch sicherheitsrelevante Systeme wie IPSec147 sollen dann quasi serienmäßig zur Verfügung stehen148. 140 DFN Mitteilungen, Nr. 73, Seite 45ff, Dezember 2007 dfn.de http://www.sueddeutsche.de/,Ple4Lar/jobkarriere/berufstudium/artikel/572/86486/print.html, 18. 12. 2007 143 http://www.chinacoachingcenter.de/files/chinesisch_in_deutschland.html, 18. 12. 2007 144 http://www.bundesregierung.de/Content/DE/EMagazines/economy/046/sp-4-buendnis-gegen-produktpiraterie.html, 18. 12. 2007 145 http://www.spiegel.de/netzwelt/mobil/0,1518,493661,00.html, 18. 12. 2007 146 DFN Mitteilungen Nr. 72, Seite 7, Bettina Kauth, Juni 2007 147 http://www.microsoft.com/germany/technet/sicherheit/newsletter/ipsec.mspx -> weiterführende Informationen, 04. 12. 2007 148 http://de.wikipedia.org/wiki/IPv6, 04. 12. 2007, 04. 12. 2007 141 142 88 Auch der immense Strombedarf wird durch intelligente elektrotechnische Schaltung vermindert. Schon 2005 benötigte des Internet rund 20 Eintausend-MegawattGroßkraftwerke um bestehen zu können149. GreenIT entwickelt sich auch immer mehr zum Verkaufsargument. Auch die Politik hat dies mittlerweile erkannt und bietet Diskussionen dazu an150. Das Internet wird immer mehr in das Leben der Menschen vordringen. Bald sind schon Autos untereinander vernetzt und Emails auf dem Mobiltelefon werden zum Standard gehören. Afrika besitzt heute schon die stärksten Zuwachsraten der Internetnutzer151. Die kommenden Datenaufkommen werden eine internationale Herausforderung werden. Schon jetzt gibt es schon Entwicklungen für das Internet 3.0. Es soll Dinge quasi endlos miteinander verknüpfen und somit quasi aus einer Suchmaschine eine Antwortmaschine erstellen152. Viele Internetnutzer haben das Internet auch als Telefon entdeckt. Skype oder ähnliche Anbieter ermöglichen kostenlose Telefonate rund um die Welt. Bei guter Internetanbindung, auch mit Bildübertragung. Diese Technologie wird schon bald das normale Haustelefon ablösen. Dieses Technologie bezeichnet man als Voice over IP153. Globale Netzwerke werden sich bilden um gemeinsam besser Handel zu treiben. Als Vorreiter eines globalen Netzwerkes kann der Diamantenhandel angesehen werden. Antwerpen und Dubai sind beide die weltweit führenden Zentren des Handels154. Schon die Textilindustrie zeigt wie heutzutage ein Netzwerk überall auf der Welt erfolgreich funktionieren kann. Selbst führende Hersteller wie Adidas vertrauen dieser Art der Globalisierung. Auch in der Logistik gibt es Globalisierung. Die eigentliche Kraft der Globalisierung. Die DB-Tochter Schenker baut sein weltweites Netz verstärkt in China aus, um seinen 149 http://www.zdnet.de/news/tkomm/0,39023151,39157904,00.htm, 04. 12. 2007 http://www.bmu.de/pressemitteilungen/aktuelle_pressemitteilungen/pm/40206.php, 04. 12. 2007 151 http://www.internetworldstats.com/stats.htm, 04. 12. 2007 152 http://www.focus.de/digital/internet/web-3-0_aid_227712.html, 04. 12. 2007 153 http://www.voip-information.de/voip-voice-over-ip.html, 04. 12. 2007 154 http://www.dradio.de/dlf/sendungen/hiwi/534390/ , 04. 01. 2008 150 89 Kunden einen besseren Service zu bieten155. Regionale Märkte bleiben zwar bestehen, werden jedoch international angeschlossen. Es werden sich aber auch verstärkt regionale Zentren herausbilden die bestimmte Interessen vertreten werden. Im Zusammenhang mit China ist hierbei das DeutschChinesische-Netzwerk der IHK Bremen zu nennen156. Auch das jährlich erscheinen Sonderheft China der Wirtschaftswoche zeigt in beiden Sprachen (Deutsch und chinesisch) Projekte der Zusammenarbeit beider Länder. Auch werden zusätzlich interessante Informationen veröffentlicht157. Kartelle wird es weiterhin geben. Schon in der Diskussion ist, ob sich ein Gas-Kartell ähnlich der OPEC bilden soll, um den Gaspreis unabhängig vom Ölpreis zu machen158. Frankreich hat ein Gesetz zum Schutz bestimmter Industriezweige verabschiedet, was ausländischen Firmen es fast unmöglich macht sie zu übernehmen. Andere Staaten haben ähnliche Überlegungen geäußert. Die Musikindustrie steht gerade im Wandel. Immer mehr Künstler wechseln zu kleineren Labels, da sie dort freier arbeiten können. Dieser Trend wird sich wohl fortsetzen. Auch DRM, ein Format für Kopierschutz steht in der Kritik. Erste Major Labels wie SonyBMG veröffentlichen erste Alben ohne DRM159. In Zukunft wird sich die Musik durch das Internet wesentlich schneller wandeln. CD's werden wohl bald ähnlich der Schallplatte der Vergangenheit angehören160. Musik wird sich in mobilen Anwendungen verstärkt etablieren161, dazu gehört auch der Markt der Mobilfunktelefone. Nachrichten werden immer schneller geliefert. Anschläge in Algier oder Untergang einer Fähre in der Antarktis? Innerhalb von Stunden gibt es Bilder, Videos und Hintergrundberichte. Die Spirale der Informationen dreht sich immer schneller. 155 http://german.mofcom.gov.cn/aarticle/subject/touzichina/lanmudd/200611/20061103799401.html, 04. 01. 2008 http://www.dcn-bremen.de/haupt.php?sp=de, 04. 01. 2008 157 Nr. 1, 1. 10. 2007, Sonderausgabe, Wirtschaftswoche 158 http://www.nzz.ch/2007/04/10/wi/articleF335B.html, 04. 01. 2008 159 http://www.tonspion.de/info.php?id=1749&stil=news, 04. 01. 2008 160 http://www.sueddeutsche.de/panorama/artikel/501/146163/, 04. 01. 2008 161 Digital music report, Seite 5ff, IFPI, 2007 156 90 Es wird immer mehr Information veröffentlicht. Dabei sollte jedoch auch immer bedacht werden woher stammt die Nachricht? Internetportale wie BBCNews werden zur ersten Anlaufstelle und werden die klassischen Verbreitungswege wie Fernsehen und Radio ablösen. BBC hat schon einen eigenen Videoplayer präsentiert um schon heute Nachrichten im Netz besser verkaufen zu können 162. Tageszeitungen haben heute schon eigene Internetportale um den Leser mehr Informationen zu bieten. Zeitschriften wie der Stern, haben zwei Redaktionen. Eine für Printmedium und die andere kümmert sich um den Auftritt im Internet. Netzeitung ist ein Projekt der BV Deutsche Zeitungsholding GmbH163. Dieses Projekt besitzt nur eine reine Internetredaktion und ist nur über das Internet erreichbar. Viele Nachrichtennetzwerke schicken schon jetzt ihre Rohdaten rund um die Welt. So werden in Indien die Nachrichten für amerikanische Tageszeitungen aufbereitet. Somit stehen die aktuellen Geschehnisse in den USA dank Zeitverschiebung morgens in der Zeitung. Diese Art von journalistischer Aufbereitung wird in Zukunft verstärkt werden, um den Lesern ein noch aktuelleres Medium zu ermöglichen. Die weltweite Erreichbarkeit führt aber auch zu Fragen. Will man ständig überall erreichbar sein164? Kann man überhaupt noch Herr der Nachrichtenflut werden? Kann sich diese Spirale noch schneller drehen? 162 http://www.bbc.co.uk/iplayer/, 04. 01. 2008 http://www.netzeitung.de/ueberuns/155607.html, 04. 01. 2008 164 http://www.zeit.de/zeit-wissen/2008/01/Essay-Meckel, 04. 01. 2008 163 91 Westeuropa Ist-Analyse Handelsbeziehungen zu den asiatischen Staaten Asia-Europe-Meeting (ASEM)165 Abbildung 31: ASEM-Logo Quelle: , http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Europa/Aussenpolitik/Regionalabkommen/EUAsienpolitik-Text.html Die Europäische Union bemüht sich seit Anfang der 1990er Jahre um engere Beziehungen zu den asiatischen Staaten. In folge der Bemühungen wurde 1996 das Asia-Europe-Meeting (ASEM) ins Leben gerufen. Das ASEM ist ein Dialogprozess und ein Netzwerk auf Gipfel- und Ministerebene, außerdem dient es der Förderung des Erfahrungsaustausches auf der Fachebene. 165 Vgl.: Dr. Frank-Walter Steinmeier, Die Globalisierung gemeinsam gestalten , 01.11.2007 Vgl.: Auswärtiges Amt, Wichtiges Signal gemeinsamer Verantwortung im Klimaschutz - Aufruf zu verstärkter regionaler Zusammenarbeit bei globalen Fragen und bei der Lösung internationaler Konflikte, 01.11.2007 Vgl.: EU2007.de, Pressemitteilung - 8. ASEM-Außenministerkonferenz in Hamburg, 01.11.2007 Vgl: Auswärtiges Amt, Europäische Union und Asien, 01.11.2007 Vgl.: Lisa Erdmann (Der Spiegel), Schlappe für deutschen Klimaschutz-Vorstoß,01.11.2007 Abbildung 1 Aus : Auswärtiges Amt, Europäische Union und Asien, 01.11.2007 92 Das Meeting beschäftigt sich mit politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Aspekten asiatisch-europäischer Zusammenarbeit. Im Dialog auf politischer Ebene behandelt das Meeting die Themen ⎯ Anti-Terrorkampf, ⎯ Migration, ⎯ Menschenrechte, ⎯ Umwelt, ⎯ Bildung, ⎯ Arbeit und Beschäftigung ⎯ sowie Wirtschafts- und Finanzkooperation. In Folge der wachsenden Bedeutung Asiens entwickelte die EU-Kommission die Asienstrategie (2001), sowie die Südostasienstrategie (2003). Beide Strategiepapiere sind heute maßgeblich für die Gestaltung der Beziehungen von europäischer Seite. Teilnehmer und Bedeutung der ASEM166 Die 27 Staaten der Europäischen Union, die 10 ASEAN-Mitgliedsstaaten sowie Japan, VR China, Indien, Mongolei, Pakistan, Südkorea sind die Teilnehmer des Meetings. Insgesamt erwirtschaften die teilnehmenden Staaten der ASEM 60% des Welthandels, 50% der Weltwirtschaftsleistung und stellen insgesamt 58% der Weltbevölkerung. Durch den Beitritt der europäischen Länder Bulgarien, Rumänien und durch den Beitritt der asiatischen Staaten Indien, Mongolei, Pakistan bis September 2008 wird das Treffen weiter an Bedeutung gewinnen. Die wachsende Bedeutung der ASEM wird besonders beim Thema Klimaschutz sichtbar. Auf dem ASEM-Gipfel 2007 einigten sich die ASEM-Staaten auf ein „Anschlussregiem“ des Kyoto-Protokolls, dass 2012 ausläuft. Konkrete Verhandlungen 166 Vgl.: Dr. Frank-Walter Steinmeier, Die Globalisierung gemeinsam gestalten , 01.11.2007 Vgl.: Auswärtiges Amt, Wichtiges Signal gemeinsamer Verantwortung im Klimaschutz - Aufruf zu verstärkter regionaler Vgl.: EU2007.de, Pressemitteilung - 8. ASEM-Außenministerkonferenz in Hamburg, 01.11.2007 Vgl.: Lisa Erdmann (Der Spiegel), Schlappe für deutschen Klimaschutz-Vorstoß,01.11.2007 93 wurden für das Jahr 2009 angekündigt, um einen lückenlosen Übergang zu ermöglichen. Handelsbeziehungen zu China167 Nach dem WTO-Beitritt Chinas im Jahre 2001 wuchs die Volksrepublik bis zum Jahr 2002 zum zweit größten Handelspartner der Europäischen Union heran. Im Jahr 2003 betrug der Handel zwischen der EU und der China rund 135 Mrd. €. China rasantes Wirtschaftswachstum und die steigenden Im- und Exporte führen zu einer Sonderstellung Chinas in der Globalisierung und besonders im Hinblick auf Europa. Im- und Exportmarkt China China ist für West-Europa und insbesondere für Deutschland einer der wichtigsten Exportmärkte. Deutschland ist der wichtigste Handelspartner Chinas innerhalb der Europäischen Union. Die Zuwachsraten der deutschen Exporte nach China verzeichneten seit 1998-2005 zweistellige Zuwachsraten. Abbildung 32: Exportzuwachs Deutschland – China Quelle:http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,485524,00.html 167 Vgl.: Dr. Frank-Walter Steinmeier, Die Globalisierung gemeinsam gestalten , 01.11.2007 Vgl.: Auswärtiges Amt, Wichtiges Signal gemeinsamer Verantwortung im Klimaschutz - Aufruf zu verstärkter regionaler Vgl.: EU2007.de, Pressemitteilung - 8. ASEM-Außenministerkonferenz in Hamburg, 01.11.2007 Vgl: Auswärtiges Amt, Europäische Union und Asien, 01.11.2007 Vgl.: Lisa Erdmann (Der Spiegel), Schlappe für deutschen Klimaschutz-Vorstoß,01.11.2007 Abbildung 2 Vgl.: Lisa Erdmann (Der Spiegel), Schlappe für deutschen Klimaschutz-Vorstoß,01.11.2007 94 Abbildung 33: Importzuwachs Deutschland – China Quelle:http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,485524,00.html Im Jahre 2005 stagnierten die Exporte in Richtung China kurzeitig, 2006 erfuhren die Exporte jedoch wieder eine Steigerung um 30%.Deutschland bezieht jedoch weitaus mehr Waren aus der Volksrepublik, als dass es Exportiert. Deutsche Unternehmen verkaufen hauptsächlich Maschinen, elektrotechnische Produkt nach China. Bereits im Jahre 2008 wird China den „Exportweltmeister“ Deutschland ablösen. Die Exporte Chinas werden voraussichtlich im Jahre 2010 10% des Welthandels ausmachen. Handelsbeziehung zu Indien168 Die indischen Handelsströme, besonders die Importe waren in der Vergangenheit sehr stark eingeschränkt. Dies lag an den wenigen Importen, die zu nächst dem Fokus auf der ehemaligen Kolonialmacht Großbritannien lag. Die Wirtschaft bemerkte jedoch, dass Indiens Anteil am Welthandel zurück ging und versuchte den Trend zu stoppen. Somit wurde in den 70er Jahren beschlossen ausreichend Investitionsgüter aus Europa zu importieren, die dringend für den Ausbau der Industrie gebraucht wurden. Dies wird bis heute noch fortgesetzt. Im Export sieht es ganz anders aus, die EU importiert aus Indien nicht nur die Rohstoffe: Rohbaumwolle, Tee, Kaffee und Gewürze, sondern vor allem auch Industrieerzeugnisse wie Maschinen, Autozubehör, Computersoftware etc. 168 Vgl. Tobias Daniel, „Europa und Indien – eine neue Partnerschaft“(2002), ohne Seitenangabe abgerufen am 13.11.2007 Abbildung 3 Vgl.: Lisa Erdmann (Der Spiegel), Schlappe für deutschen Klimaschutz-Vorstoß,01.11.2007 95 In den Bereichen wie IT-Services, Stahl oder Automobilkomponenten zählt Indien heute zu den Weltmarktführern. Der Handel zwischen EU und Indien nahm 2006 um fast 16 % zu und hat sich im Durchschnitt von 13,6 % zwischen 2002 und 2006 erhöht. Import / Export EU – Indien Der Handel zwischen Europa und Indien gewinnt immer mehr an Bedeutung. Der gesamte Export von Europa nach Indien betrug 2005/2006 21,1 Mrd. EUR und der Import von Indien nach Europa betrug insgesamt 18,9 Mrd. EUR. Das Verhältnis ist zwischen Europa und Indien ist nicht ausgeglichen, dass sich zum Gunsten für Indien verhält.169 Infrastruktur Westeuropa Häfen Heute werden fast 90 % des Außenhandels und mehr als 40 % des Binnenhandels der Europäischen Union über die See abgewickelt. 3,7 Mrd. Tonnen Fracht werden jährlich in den rund 1.200 Seehäfen Europas umgeschlagen und rund 390 Mio. Passagiere abgefertigt. Zu den größten Häfen in Europa gehören Rotterdam, Antwerpen, Hamburg. Europas größter Binnenhafen liegt in Duisburg und der größte Kanalhafen in Dortmund. Zwischen Deutschland und den Niederlanden werden 45% des Binnenschiffsgüterverkehrs der EU-27 (465 Mio. t) transportiert.170 Schiene Im Jahre 2005 hatte der Güterverkehr auf den Schienen einen Marktanteil von 17 % zu verzeichnen. Mit dem zweiten Weltkrieg fing es an, dass die Schiene als Transportweg ihre Bedeutung verlor. Der Fokus wurde auf die Straßeninfrastruktur gelegt, um die Mobilität im Personenverkehr zu gewährleisten. Die Attraktivität des Schienenverkehrs 169 170 Vgl. Textination, Jahreswirtschaftsbericht Indien 2006/2007 - Teil 1,2007 Vgl Bundeswehr, Marine, Jahresbericht 2007 ,2007, Seite 3-6 96 muss in Europa gesteigert werden. Dieses konnte durch unterschiedliche Bahnsysteme in Europa für den grenzüberschreitenden Verkehr bis 2007 nicht geschafft werden. Damit der Schienenverkehr wettbewerbsfähig wird muss etwas geändert werden. Somit soll ab 2007 der Schienengüterverkehrsmarkt für den Wettbewerb vollständig geöffnet werden, einschließlich der Kabotagefahrten. Schon seit Anfang 2006 ist der grenzüberschreitender Güterverkehrsmarkt auf dem gesamten europäischen Schienennetz für den Wettbewerb geöffnet.171 Luftfracht In Europa wurden im Jahr 2006 446.555 Tonnen Importiert und 341.692 Tonnen ins Ausland Exportiert. Der Import-Bereich vergrößerte sich um 4,3%.172 Durch das wachsende Transportaufkommen werden in den nächsten Jahren Probleme auf uns zukommen, die wie folgt aussehen können: die Überlastung der Luftverkehrswege in Europa, die zu Verspätungen führen, und den chronischen Mangel an Start- und Landebahn-, Rollbahn- und Terminalkapazität am Boden.173 Rohstoff- und Energiesituation Entwicklung von Westeuropa Durch den steigenden Verbrauch von Erdgas und Erdöl, muss sich Westeuropa dringend etwas einfallen lassen um den steigende Nachfrage abdecken zu können, dass mit den eigenen Ressourcen heute nicht möglich ist. Schon im Vergleich zu den Jahren zuvor, ist gut zuerkennen, dass die Erdöl-/Erdgasnachfrage in den nächsten Jahren weiter ansteigt. Europa verbrauchte im Jahr 2006 an Erdöl 721,80 Millionen Tonnen, dass im Jahr zuvor noch bei 719,56 Millionen Tonnen lag. Der Verbrauch an Erdöl steigt immer weiter an. Das sieht im Erdgasbereich nicht anders aus, denn der Verbrauch an Erdgas wird in naher Zukunft weiter ansteigen. Auch wenn es gelang den Erdgasverbrauch im 171 Vgl. Deutsche Bank AG, DB Research, „Schienenverkehr in Europa: Marktöffnung als Change“ ,2007 172 Vgl. DeStatis, Luftfracht 2006: Einladungen + 10,0%, Ausladungen + 8,5% , 2007 Vgl. Europa, Press Releases,Europäische Kommission sucht Lösungen für unzureichende Kapazität der Flughäfen,2007 173 97 Jahr 2006 um 6 Millionen Tonnen zu senken im Bezug auf das Vorjahr (2006 wurden 438,6 Millionen Tonnen verbraucht, im Jahr zuvor 444,6 Millionen Tonnen).174 Biokraftstoffe Aufgrund der immer knapper werdenden fossilien Brennstoffe, sowie der aktuellen Klimadebatte rücken erneuerbare Energien immer stärker in den Fokus der Unternehmen und der Privathaushalte. Ein wichtiger Bestandteil der erneuerbaren Energien sind die Bio-Energien. Bio-Energien sind zur Erzeugung von Elektrizität, Wärme und Kraftstoffen brauchbar. Bio-Energien stellen heute mit ca. 60% den größten Anteil an erneuerbaren Energien. Der Begriff Bio-Energie umfasst neben Emissionspflanzen und Waldholz unter anderem auch Biogas, Deponiegas und Klärgas. Außerdem umfasst der Begriff BioEnergie biologisch abbaubare Anteile von Haushalts- und Industrieabfällen. Als Kraftstoff ist Bio-Energie bereits ab einem Rohölpreis von 100 US $/Barrel bereits mit heutiger Technologie konkurrenzfähig.175 Bildungsniveau im Vergleich zu den asiatischen Staaten Vergleich der Akademiker In Deutschland und Österreich erreichen rund 20% eines Altersjahrgangs einen Hochschulabschuss. In Vergleich zu Deutschland und Österreich machten in Dänemark, Finnland, Island, Italien, Niederlanden und Norwegen mehr als 40% Ihren Hochschulabschluss. Die Beschäftigungsquoten steigen in den meisten OECD-Ländern parallel zum Bildungsniveau.176 Allein im Jahre 2005 machten in Deutschland ca. 252.482 Studenten ihren Abschluss an den Universitäten oder Hochschulen. Im Vergleich zu Deutschland machten 4,13 174 Vgl. BP, Statistical Rewiev of World Energy 2007,2007 Vgl. Josef Auer (DBResearch), Bio-Energien für die Zeit nach dem Öl, S. 1ff, 20.11.2007 176 OECD, Education at a Glance 2007: OECD Indicators, 2007, S. 4 175 98 Millionen Studenten in diesem Jahr (2006) in China ihren Abschluss; vor fünf Jahren waren es erst 1,15 Millionen Absolventen. Das ist ein beachtlicher Anstieg.177 Vergleich der Fachkräfte In Europa herrscht ein großer Mangel an Fachkräften. Es fehlen Beispielsweise in der Berufsgruppe Maschinen- und Anlagenbau bis zu 9.000 Ingenieure und Tausende Facharbeiter. Nach Angaben des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) und der Deutschen Industrie und Handelskammer (DIHK) mangelt es in Deutschland vor allem an Ingenieuren, Technikern, Informatikern und Fachkräften der Pharmabranche. Nicht nur in Europa mangelt es an Fachkräften, sondern auch im asiatischen Raum. Alleine in Indien werden in der IT-Fachleute bis 2010 über 500.000 benötigt.178 Industriezweig Automobilbranche179 Die Automobilindustrie stellt einen der größten Industriezweige in West-Europa da. Im folgenden werden die beiden stärksten Automobilhersteller in West-Europa beschrieben, zum einen die Volkswagen AG, den größten Automobilhersteller Europas und die Daimler Chrysler AG, den Umsatzstärksten Europas, bevor sich das Unternehmen von Chrysler getrennte. Beschrieben werden sowohl der Aufbau, d.h. welche Marken der Hersteller unter sich hat, Umsatzzahlen der Jahre 2005 und 2006 und welche Strategien die Hersteller verfolgen um möglichst Erfolgreich zu sein. Eine dieser Strategien war zum Beispiel, dass einige Unternehmen mehrere Marken in eingegliedert haben, dies wurde in den letzten Jahren durch Übernahmen oder Allianzen realisiert. Eine andere Möglichkeit die auch genutzt wurde sind Jointventures. Eine andere wichtige Strategie war und ist es zu versuchen sich auf den neuen Märkten zu etablieren. Wie wichtig diese neuen Märkte zum Beispiel Asien sind zeigt die 177 Spiegel, CHINAS ABSOLVENTEN ,Jeder dritte hält das Studium für nutzlos, 2007 Vgl.: Karin Bauer Expertenmangel bedroht Asien ,2007 179 Vgl.: Geschäftsbericht DaimlerChrysler AG 2005 Vgl.: Geschäftsbericht DaimlerChrysler AG 2006 Vgl.: Geschäftsbericht Volkswagen AG 2005 Vgl.: Geschäftsbericht Volkswagen AG 2006 178 99 folgende Abbildung, in dem die Absatzveränderungen aufgezeigt werden im Vergleich zum Vorjahr aufgeführt sind. So gibt es in China etwa Zuwachsraten von ca. 34 % in der Pkw Sparte und in der Nutzfahrzeug Sparte immerhin noch fast 10 %. Doch die Automobilbranche steckt wegen den hohen Benzinpreisen, der Klimadebatte, die drohende US-Wirtschaftskrise und einem schwachen Dollar in einer Umbruchphase. Vor allem die Konkurrenz aus Asien ist ein großes Problem für die Europäischen Autobauer, auch weil der Europäische Markt mittlerweile fast gesättigt ist. Einige dieser Probleme sollen im Folgenden angesprochen werden.180 Abbildung 34: Automobilmärkte weltweit Quelle: Geschäftsbericht DaimlerChrysler AG 2006 180 Vgl.: Geschäftsbericht DaimlerChrysler AG 2005 Vgl.: Geschäftsbericht DaimlerChrysler AG 2006 Vgl.: Geschäftsbericht Volkswagen AG 2005 Vgl.: Geschäftsbericht Volkswagen AG 2006 Abbildung 4 Aus: Geschäftsbericht DaimlerChrysler AG 2006 100 Volkswagen AG181 Abbildung 35: Logo VW AG Quelle Volkswagen AG Geschäftsbericht 2006 Die Volkswagen AG ist der größte Automobilhersteller Europas, außerdem waren sie die erste Firma auf dem asiatischen Markt. Dieses Unternehmen besitzt in Europa schon einige Marken. Zur Volkswagen AG gehört Volkswagen selber, aber auch Audi (Deutschland) , Bentley ( Großbritannien) , Bugatti (Italien), Lamborghini (Italien), Skoda (Tschechien) und Seat (Spanien). Um auf dem chinesischen Markt produzieren zu können, hat Volkswagen drei Jointventure gegründet. Die Marken FAW-Volkswagen, FAW - Audi und Schanghai Volkswagen. Diese Firmen sind aber als eigenständige Marken anzusehen, die mit eigener Modellpalette an den Markt gehen. Volkswagen selber tritt aber auch selber als Marke auf dem Markt auf und vertreibt einen großen Teil der Europäischen Modellpalette. FAW-Volkswagen vertreibt meist modifizierte Europäische Modelle. Diese Strategie verwendet die Volkswagen AG im derzeit in Mittel- und Südamerika, China und Südafrika. Der Grund dafür ist das es sich bei diesen Ländern um Schwellenländer handelt, in diesen Ländern sind meist schlechte Straßen vorhanden. Daher sind die Modelle aus diesem Grund schon günstiger und für den Einsatz auf diesen schlechter Straßen mehr geeignet. Diese Modelle sind aber auch sonst qualitätsund ausstattungstechnisch nicht mit den europäischen Modellen vergleichbar. Meist werden alte Modelle modifiziert, wie z.B. der Citi Golf der auf dem Golf I basiert. Oder sie teilen sich die Plattform mit den Europäischen Modellen, so z.B. der der Fox und der Polo. Die Volkswagen AG geht aber mittlerweile über auch Europäische Modelle im Ausland zu fertigen, 181 Vgl.: Volkswagen AG Geschäftsbericht 2006 Vgl.: http://www.volkswagenag.com/vwag/vwcorp/content/de/the_group.html abgerufen am 10.11.2007 101 aber auch zu Entwickeln so ist Südamerika das einzige Land in dem es eine eigene Entwicklungsabteilung gibt. Ein Modell welches in Südamerika einwickelt wurde ist der VW Gol (Bedeutung: spanisch Tor). Der VW Gol wird seit 1981 produziert und ist seit 1987 ununterbrochen der meist verkaufte PKW in Brasilien und bis August 2006 wurden 4,5 Millionen Stück produziert. Dieses Modell wird meist in den Schwellenländern angeboten. In Asien wird der VW Gol von Shanghai Volkswagen produziert. Die Umsatzerlöse in Asien sind mit fast 6,8 Milliarden Euro knapp 26,8 % über denen aus dem Jahr 2005. Dies ist vor allem auf die starke Nachfrage in China zurückzuführen, wo die Modelle Polo, Jetta, Passart, Audi A4 und Audi A6 hohe Steigerungsraten aufweisen. Damit blieb der VW Konzern auch Marktführer mit einen Anteil von 17,1 %. In den anderen Asiatischen Ländern gab es auch geringe Zuwachsraten die auf die Modelle Polo und Golf zurückzuführen sind. 2008 wird Porsche wohl seinen jetzigen Aktienanteil von 31 % an der Volkswagen AG auf vermutlich mehr 51 % erhöhen und somit die Volkswagen AG übernehmen wird. Porsche kann dann eine Produktbreite vom Kleinwagen bis hin zum Sportwagen bieten und würde seine Marktnische in der Luxusklasse verlassen und seine Stellung im Weltmarkt gewaltig ausweiten.182 Die Daimler AG183 Für eine Beschreibung der DaimlerAG wird vorwiegend der ganze DaimlerChrysler Konzern betrachtet, weil es für die neue Daimler AG bis jetzt nur wenige Zahlen zum vergleichen gibt. Denn 2007 trennte sich Daimler von Chrysler. Der DaimlerChrysler Konzern war der umsatzstärkste in Europa, was aber nicht nur an der Automobilsparte lag, sondern auch an der Bus und Truck Sparte. 182 183 Vgl.: Volkswagen AG Geschäftsbericht 2006 Vgl.: Geschäftsbericht DaimlerChrysler AG 2006 102 Im Jahr 2001 übernahm der damals schon angeschlagene DaimlerChrysler Konzern Mitsubishi und gliederte 2003 die Mitsubishi Fuso Truck and Bus Corporation aus. Nach der Ausgliederung wurde Mitsubishi wieder verkauft. Die heutige Daimler AG besitzt noch heute vier Mitsubishi Fuso Werke, die alle in Japan sind. Dort werden Hauptsächlich Busse und Einzelteile für die Lkw der Marke Fuso hergestellt. Die Daimler AG sieht Asien als einen wichtigen Zukunftsmarkt für die PKW. So lassen sie die E-Klasse seit September 2006 in Peking produzieren. [Geschäftsbericht] Aber auch bei den Busmärkten glaubt man an ein großes Wachstumspotenzial. Im chinesischen Fuzouh wurde 2007 der Grundstein für ein neues Werk gelegt, dort soll vor allem Kleintransporter, also je 20000 Sprinter und Vito/Viano, produziert werden. Dr. Zetsche sagte zu Grundsteinlegung: „Mit diesem Grundstein legen wir das tragfähige Fundament für die Zukunft der Fujian Daimler Automotive Ltd. Wir schaffen somit die Basis, dass Fuzhou zukünftig eine Schlüsselrolle in unserer Wachstumsstrategie für Transporter in China und Asien spielen kann“.184 Umsatzvergleich185 In den folgenden zwei Tabellen werden die Umsatzzahlen von 2005 und 2006 aufgeführt, zu einem wird der Gesamtumsatz betrachtet sowohl als auch der Umsatz nur in Asien. Diese Zahlen wurden den Geschäftsberichten des jeweiligen Konzerns entnommen. Die dritte Tabelle zeigt dann die Veränderungen dieser Zahlen von 2005 auf 2006. Was gut ersichtlich ist, dass vor allem die Volkswagen AG und die Bayerischen Motoren Werke Umsatzsteigerungen in Asien im Zweistelligen Bereich aufweisen können, lediglich die Daimler AG hat einen minimalen Rückgang aufzuweisen. Im Gesamtumsatz konnten sich aber alle drei Konzerne verbessern. 184 Vgl.: Transporterwerk in China ,12.11.2007 Vgl.: Geschäftsbericht DaimlerChrysler AG 2006 185 Vgl.: Geschäftsbericht DaimlerChrysler AG 2006 Vgl.: Geschäftsbericht DaimlerChrysler AG 2005 103 Tabelle 2: Umsatzzahlen 2006186 Hersteller Volkswagen AG Gesamt Umsatz Umsatz in Asien (in Mio. €) (in Mio. €) 104.875 6.674 Bayerische Motoren Werke AG 48.999 6.200 Daimler AG 12.422 151.589 Tabelle 3: Umsatzzahlen 2005187 Hersteller Gesamt Umsatz Umsatz in Asien (in Mio. €) (in Mio. €) 93.996 5.261 Bayerische Motoren Werke AG 46.656 5.538 Daimler AG 12.525 Volkswagen AG 149.776 Tabelle 4: Umsatzveränderung von 2005 auf 2006188 Hersteller Gesamt Umsatz Umsatz in Asien (Veränderung in %) (Veränderung in %) Volkswagen AG 11.57 26.86 Bayerische Motoren Werke AG 5.02 11.95 Daimler AG -0.82 1.21 186 Darstellung Eigene; Vgl.: Geschäftsbericht DaimlerChrysler AG 2006 Darstellung Eigene; Vgl.: Geschäftsbericht DaimlerChrysler AG 2005 188 Darstellung Eigene; Vgl.: Geschäftsbericht DaimlerChrysler AG 2006, Geschäftsbericht DaimlerChrysler AG 2005 187 104 Problemsituationen Energieengpass Erdölreserven Der jährliche Rückgang an Erdölreserven in Europa, zeigt das Europa schnell etwas ändern muss. 1986 hatte Europa noch Reserven von 7,8 Tausend Millionen Barrel. Im Jahre 2006, 20 Jahre später, hatte Europa nur noch 6,7 Tausend Millionen Barrels als Reserve zu verbuchen.189 Das Bedeutet, dass die Importe in Europa verstärkt werden müssen. Dies ist aber nicht einfach, denn der starke Anstieg der Ölimporte Chinas und anderer Volkswirtschaften in Asien und der weiter steigender Energiebedarf der USA stellen nicht nur für die Preisentwicklung am Energiemarkt ein Problem dar. Große Ölreserven z.B. in Nordafrika oder am Rande Europas wie in Norwegen, haben in den vergangenen Jahren das Interesse US-amerikanischer und chinesischer Konzerne geweckt. Das Problem für Europa ist nicht die begrenzte Reichweite der verschiedenen Energieträger, sondern die ungleiche Verteilung an Erdöl an die beteiligten Staaten. So liegen allein im mittleren Osten fast zwei Drittel der Weltölreserven. Allein die nachgewiesenen Ölreserven Irans oder Iraks sind mehr als doppelt so groß wie diejenigen Russlands, dem aktuell mit Abstand wichtigsten Öllieferanten der EU. Die Ölreserven Saudi-Arabiens übertreffen die Russlands sogar um das Vierfache. Der mittlere Osten ist mit seinen Reserven auch für die Ölversorgung Europas langfristig unverzichtbar.190 Erdgasreserven Für Europa sieht es mit den Erdgasreserven auch nicht besser aus. Die Reserven vermindert sich Jahr für Jahr. 1996 waren es noch 3,57 Trillion cbm und 20 Jahre später sind es nur noch 2,43 Trillion cbm an Erdgasreserven.191 Denn auch hier haben die USamerikanischen und chinesischen Gaskonzerne Interesse an den Europäischen 189 Vgl.: BP, Statistical Rewiev of World Energy 2007 Vgl.: Herr Präsident Uhrlau ,Unsere Energieversorgung ist keineswegs gesichert ,2007 191 Vgl.: BP, Statistical Rewiev of World Energy 2007 190 105 Energiemarkt. Sie versuchen wie beim Erdöl, ihre Anteile in Norwegen und Nordafrika zu bekommen. Die Fixierung für Europa auf nur wenige Lieferländer ist von großer Bedeutung, weil bei der Gasversorgung über Pipelines technisch bedingte Abhängigkeiten noch stärker und langfristiger wirken als beim Öl, wo ein vergleichsweise flexibler Markt mit einer größeren Zahl von Anbietern besteht.192 Gegenseitige Abhängigkeit zwischen Europa und Russland Zwischen Europa und Russland besteht eine gegenseitige Abhängigkeit. Um für den russischen Markt interessant als Partner zu bleiben, investiert Europa in Russland, um die Infrastruktur für die verbesserte Gasversorgung zu verbessern. Dabei sollen die bestehenden Lieferwege offen gehalten und nach Möglichkeit die Effizienz des Pipelinesystems weiter erhöht werden. Daneben könnten Kooperationen zwischen europäischen und russischen Energieunternehmen entsprechende strukturelle Verbindungen schaffen werden.193 Russland allein stellt deutlich über 40% der europäischen Erdgasimporte, gefolgt von Norwegen mit knapp 30% und Algerien mit ca. 20%. Gerade einmal 5% der EU-Gasimporte entfallen auf andere Länder. Europa sucht Alternativen, um die Abhängigkeit von Russland zu umgehen, denn das Vertrauen in die Zuverlässigkeit des Lieferanten ist seit dem russisch-ukrainischen Gasstreit erschüttert. Die Planung einer neuen Pipeline von Asien nach Europa ist ein erster Schritt zur Minimierung der Abhängigkeit Europas von Russland.194 Demographische Entwicklung in Europa Durch die geringe Geburtenrate wird die Bevölkerung Europas bis zum Jahre 2050 sich um ca. 67 Millionen Menschen verkleinern. Zu dem wird sich in den Industrieländern die Zahl der über 60-Jährigen von einem Fünftel auf ein Drittel der Bevölkerung erhöhen, somit kämen in den Industrieländern auf ein Kind, zwei Menschen über 60 Jahre.195 192 Vgl. Herr Präsident Uhrlau, Unsere Energieversorgung ist keineswegs gesichert ,2007 Vgl. Antje Nötzold, Die europäische Strategie zur Energieversorgungssicherheit ,2005 Vgl. Präsident Uhrlau Unsere Energieversorgung ist keineswegs gesichert ,2007 195 Vgl.: UN-Studie, 2050 leben neun Milliarden Menschen auf der Erde, 13.11.2007 193 194 106 Abbildung 36: Steigende Lebenserwartung in Europa Quelle: http://ec.europa.eu/employment_social/news/2002/jan/com2001_723_de.pdf, S.23 Abbildung 37: Zu- und Abnahme der Bevölkerung in Millionen Quelle:http://www.weltbevoelkerung.de/pdf/wbb_2007_zusammenfassung.pdf , S. 2 Um ein schrumpfen der Bevölkerung zu verhindern, müsste jede Frau in den Industrieländern 2,1 Kinder zur Welt bringen, tatsächlich sind es jedoch nur 1,3 Kinder pro Frau. Nach weiteren Untersuchungen der UN, ist ein Rückgang der Bevölkerung ohne Bestandserhaltungsmigration nicht aufzuhalten. Im Verhältnis zu den anderen Industriestaaten bräuchten Italien und Deutschland die höchste Netto-Zuwanderung, um den Bestand der Bevölkerung im Arbeitsfähigen Alter zu erhalten.196 196 Vgl.: Karl-Heinz Meier-Braun (BpB), Europa braucht Einwanderer, 13.11.2007 Abbildung 6 Aus: EU-Kommission, Die Zukunft des Gesundheitswesens und der Altenpflege,S.4ff, 13.11.2007 107 Am stärksten vom demographischen Wandel in Europa ist Deutschland betroffen. Die UN stellt in der Studie zur Bevölkerungsentwicklung fünf Szenarien da, wobei eines von der UN selbst als unrealistisch dargestellt wird. Szenario 1 Ausgehend von der mittleren Bevölkerungsprognose der UN würde Deutschlands Bevölkerung bis ins Jahr 2050 auf rund 73 Millionen Menschen sinken (aktuell 82. Million Menschen). Bei diesem Szenario wurde von einer Netto-Zuwanderung von 11. Millionen Menschen ausgegangen. Szenario 2 Ausgehend davon, dass es de facto keine Einwanderung in Deutschland gibt, schrumpft die Bevölkerung Deutschlands bis ins Jahre 2050 auf rund 59 Millionen Menschen. Die Anzahl der Erwerbstätigen Personen würde um 41% zurückgehen.197 Szenario 3 Um die Bevölkerungszahl in Deutschland konstant zu halten, müssten bis ins Jahr 2050 jährlich rund 324.000 Menschen einwandern. Das entspräche einer Gesamtzuwanderung bis ins Jahr 2050 von 18 Millionen Menschen. Szenario 4 Wenn Deutschland das Arbeitskräftepotential konstant halten wollte, müssten bis ins Jahr 2050 jährlich 458.000 Menschen jährlich zuziehen. Die Gesamtbevölkerung würde bis ins Jahr 2050 auf 92 Millionen Menschen ansteigen. Von diesen 92 Millionen Menschen, wären 33 Millionen Menschen Einwanderer oder Abkommen der Einwanderer. Ein 5. Szenario wird ebenfalls in der UN-Studie aufgeführt, jedoch wird dieses von der UN als sehr unrealistisch beurteilt. In diesem Szenario wurde untersucht, welche Anzahl von Einwanderern benötigt würde, um das Verhältnis Erwerbstätige zu Rentnern auf dem Niveau von 2005 zu halten. Für Deutschland würde dies Bedeuten, dass insgesamt 197 Vgl.: Karl-Heinz Meier-Braun (BpB), Europa braucht Einwanderer, 07.12.2007 Abbildung 7 Aus: Deutsche Stiftung Weltbevölkerung, Weltbevölkerungsbericht 2007, 07.12.2007 108 188,6 Millionen Einwanderer aufgenommen werden müssten. Dies würde bedeuten, dass Deutschland jährlich 3,4 Millionen Zuwanderer aufnehmen müsste. Die Bevölkerungszahl Deutschland würde bis ins Jahr 2050 auf 299 Millionen Menschen ansteigen. Die Migranten hätten einen Anteil an der Bevölkerung von 80%.198 Auswirkungen auf die Sozialsysteme Nicht exakt vorauszusagen sind die Auswirkungen der alternden Gesellschaft auf die Gesundheitssysteme in West-Europa, wenn gleich die Gesundheitsausgaben ab dem 65. Lebensjahr stark ansteigen. Durch die höhere Krankheitsanfälligkeit alter Menschen und der Umstand, dass diese Altersgruppe häufig unter mehreren Krankheiten leidet, sowie die zunehmend ansteigende Anzahl chronisch Kranker, sowie der Umstand der Pflegebedürftigkeit führt zu einer ungleichen Kostenverteilung nach Altersgruppen. Bewahrheiten sich die Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung, so werden die öffentlichen Ausgaben für die medizinische Versorgungen in den meisten europäischen Staaten um 1%-1,5% vom BIP bis ins Jahr 2050 steigen. Eine Ausnahme bilden hier die Länder Deutschland, Österreich und Irland bei denen ein Kostenanstieg von 2% des BIP bis zum Jahr 2050 zu erwarten ist. Ein Rückgang der Kosten ist für die Altersgruppe der 0-64 jährigen zu erwarten. Die Kosten für diese Altersgruppe werden bis ins Jahr 2050 um ca. 0,2-0,7% vom BIP zurückgehen. Legt man die Bevölkerungsentwicklungsszenarien für die Langzeitpflege zu Grunde, so wird deutlich, dass die Kosten für die Langzeitpflege in den Ländern deutlich steigen, in denen bereits ein hohes Ausgabenniveau vorhanden ist (1,5%-3% vom BIP). Die Länder Schweden, Finnland, Dänemark und die Niederlanden zählen zu den betroffenen Staaten. In diesen Staaten wird die Überalterung der Bevölkerung voraussichtlich dazu führen, dass ein Kostenanstieg in der höhe von 1,7%-2,5% zu erwarten ist, die bestehenden Kosten würden sich also fast verdoppeln. 198 Vgl.: Karl-Heinz Meier-Braun (BpB), Europa braucht Einwanderer, 07.12.2007 109 Ein weiteres Problem im Gesundheitswesen, stellt der zukünftige Bedarf an Arbeitskräften im Gesundheitswesen dar. Der Bedarf an Qualifiziertem Personal ist in der Pflege naturgemäß hoch. Ein Anstieg der Beschäftigungszahlen im Bereich „Gesundheit und Soziales“ ist schon heute zu verzeichnen. Zwischen 1995 und 2000 verzeichnete der Bereich „Gesundheit und Soziales“ einen zuwachs der Beschäftigungszahlen um 12,6%.199 Fachkräftemangel In jedem Staat in Europa sind die Arbeitslosenquoten unterschiedlich hoch, trotzdem hatte Europa lt. Schätzungen der Eurstat 17,4 Millionen Arbeitslose Menschen im Jahr 2006 zu verzeichnen. Die Arbeitslosenquote in Europa belief sich im Juli 2006 auf 8,0 Prozent. In Deutschland lag die Arbeitslosenquote im Juli 2006 bei 8,2 Prozent und damit über dem europäischen Durchschnitt. Die höchsten Arbeitslosenquoten meldeten Polen (15,0 Prozent), die Slowakei (14,0 Prozent), Griechenland (9,2 Prozent), Frankreich (8,9 Prozent) und Belgien (8,7 Prozent). Die niedrigsten Quoten verzeichneten im Juli 2006 die Niederlande und Dänemark (je 3,9 Prozent), Estland (4,2 Prozent), Irland (4,4 Prozent) und Luxemburg (4,8 Prozent).200 Trotz hoher Arbeitslosigkeit können die europäischen Firmen ihre offenen Arbeitsstellen nicht wunschgerecht besetzen. Europa droht ein Mangel an Fachkräften. In vielen Branchen und Berufen ist die Nachfrage nach Fachkräften größer als das verfügbare Potenzial. Es fehlen neben Ingenieuren zunehmend Techniker und Facharbeiter, vor allem in der Elektro- und Metallbranche, aber auch im produzierenden Gewerbe und in der Automobilindustrie. Gesucht werden außerdem Ärzte und Betriebswirte.201 199 Vgl.: EU-Kommission, Die Zukunft des Gesundheitswesens und der Altenpflege,S.4ff, 13.11.2007 200 Vgl. E.Public, Arbeitslosenzahlen in Europa, 2007 201 Vgl. Dienst Thomas Wurster, Der Tagesspiegel, Wirtschaft klagt über Mangel an Fachkräften, 2006 110 Problemsituation der Automobilindustrie Sättigung des Europäischen Marktes Abbildung 38: PKW-Neuzulassungen der EU-15 Quelle: Geschäftsbericht Volkswagen AG Seit Jahren wird davon gesprochen, dass der Europäische Markt gesättigt ist. 2006 gab es ein leichtes Plus an Pkw Neuzulassungen, abgesetzt wurden über 14 Millionen Pkw's, diese Zahl wurde in den letzten acht Jahren erreicht. In den fünf großen Märkten Europas gab es meist ein Minus (Frankreich, Spanien, United Kingdom), nur in Deutschland (+3,8%) und Italien (+3,7 %) gab es minimale Zunahmen. 2007 gab es einen ähnlichen stagnierenden Markt, der Deutsche Markt schrumpfte sogar neun Prozent auf 3.15 Millionen verkaufte Pkws. Die Deutschen Automobilbauer selber steigerten, 2007 ihren Marktanteil wie in den letzten Jahren um einen Prozentpunkt und haben nun einen Anteil von 47 %.202 202 Vgl.: Pkw-Absatz stagniert 2005 in Westeuropa ,05.12.2007 Vgl.: Volkswirtschaftliche Perspektiven und Trends in der Automobilindustrie ,5.12.2007 Vgl.: ÖL KOSTET ERSTMALS MEHR ALS 100 DOLLAR, 5.12.2007 Vgl.: Deutscher Automarkt wird dauerhaft schwächeln, 4.12.2007 Abbildung 8 Aus Volkswirtschaftliche Perspektiven und Trends in der Automobilindustrie ,5.12.2007 111 Umweltdebatte Ein großes Problem für die Wettbewerbsfähigkeit Europäischer Automobilbauer, ist die Umweltdebatte. Die EU droht mit hohen Geldstrafen, falls der Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids bis 2012 nicht auf durchschnittlich 130 Gramm pro gefahren Kilometer gesenkt wird. Sollten diese Pläne verwirklicht werden, müssen vor allem Automobilbauer mit hoch motorisierten Autos hohe Zusatzkosten einplanen. Die Unternehmensberatung A.T. Kearney stellte in einer neuen Studie fest das Daimler und BMW mit Mehrkosten von 650 bis 800 Millionen Euro rechen muss. Die Volkswagen AG müsste sogar mit Mehrkosten von 3 Milliarden Euro rechnen und würde so in eine Verlustzone rutschen. Aus diesem Grund muss jetzt viel Geld für die Erforschung alternativer Antriebe gesteckt werden, wie zum Beispiel Hybridmotor, Brennstoffzellen oder eine Elektromotor. In Frankreich werden in Zukunft Autos, die die Umwelt stark verschmutzen vom Staat bis zu 2600 verteuert. Für saubere Autos gibt es einen Bonus von 200 Euro, für Elektroautos sogar einen Bonus von 5000 Euro.203 Produkt Piraterie Durch die vielen Kooperation ist ein großer Markt entstanden, der Markt der Produkt Piraterie also der Plagiate. Auf der diesjährigen IAA (2007) sollte es einigen Chinesischen Herstellern verboten werden dort ihre neuen Entwicklungen vorzustellen. Diese drohten dann ihre PKW in einen Hotel, in der nähe der Messe, vorzustellen. Die Problemsituation ist das verschiedene Chinesische Hersteller Designs von meist Deutschen Automobilherstellern ab geguckt zu scheinen haben, um meist sehr ähnliche Produkte unter ihrem Namen zu verkaufen. Auf der Messe standen vor allem der CEO der chinesischen Firma Shuanguan, der von außen genau wie ein X5 von BMW aussieht und der Noble der gleichen Firma, der dem Smart von Daimler sehr ähnlich ist. Die Firma Shuanguan selber wollte diese Autos nicht auf der Messe vorstellen und hat sich einen Vertreter dafür gesucht, die Chinesische Firma „China Automobile Deutschland“ (CAD). Aber nicht nur bei deutschen Automobilbauern wurde ab geguckt, der Xuanli sieht dem Toyota Yaris wie aus dem Gesicht geschnitten aus. 203 Vgl.: Porsche verlässt die behagliche Nische, 6.12.2007 112 In Deutschland gibt es diese Autos zurzeit noch nicht zu kaufen, in z.B. Italien sind diese Autos teilweise schon als Import Autos zu haben.204 Abbildung 39: Smart Quelle:www.smart.com Abbildung 40: Noble Quelle:http://blog.wired.com/cars/2007/07/index.html Asiatische Automobilhersteller Ab dem Frühjahr 2008 will vor allem China Automobile sich auf den Europäischen Markt bzw. auf dem Deutschen Markt etablieren. Mit einen SUV und ein Pick-UP soll im Frühjahr angefangen werden und dann sollen im Laufe des Jahres auch Klein- und Mittelklasse importiert werden, aber auch in der Oberklasse möchte sein Segment erweitern. Um sich auf dem Europäischen Markt zu etablieren wurden die Modelle noch einmal überarbeitet und vor allem in konstruktiver Hinsicht verbessert um eine verbesserte Sicherheit zu gewährleisten. 204 Vgl.: EXKLUSIV: China Automobile zeigt in Frankfurt Präsenz, 6.12.2007 Vgl.: Stars und Plagiate, 6.12.2007 113 „Die Modelle wurden zwei Jahre lang für Europa getestet [..]“, versichert Karl Schlösser Chef der China Automobile Deutschland. Um dies nachzuweisen möchte China Automobile möglichst bald einen NCAP Crashtest durchführen lassen. Im Schatten der Großen Asiatischen Automobilbauer steht Indien. In Indien ist der Tata Motors Konzern der größte und diese planen ein neues „Billig“ Auto. Dieses Auto soll das billigste der Welt werden, ein „One-Lakh-Car“. Lakh bedeutet 100.000 und 100.000 Rupien sind etwas 1.800 €. Mit diesem Auto würde Tata nicht nur halb so billig sein wie das günstigste Auto Indiens, sondern könnte den Markt in allen Schwellenländern der Welt damit überfluten. Das Design des Autos stammt aus Italien, es ist ein Fünfsitzer und besitzt etwas 30 PS. Dieses Auto soll aber nicht nur auf den Straßen Indiens fahren sondern auch auf den nicht asphaltieren Straßen in den ländlichen Regionen. Nach unternehmenseigenen Zielen möchte man 100 Jahre nach der Erfindung des TModells von Henry Ford, Millionen von Menschen in allen Schwellenländern der Welt in Autozeitalter katapultieren. Um mit diesen Konzept Erfolgreich zu sein muss Tata bei einer geschätzten Nettomarge von 5 % mindestens vier Millionen Autos verkaufen um einen Gewinn zu erzielen. Tata glaubt, dass pro Jahr einen Millionen Autos gebaut werden. Soll möchten sie auch Versuchen diesen niedrigen Preis zu halten. Die rund 100 Komponentenhersteller sollen so zu Preissenkungen motiviert werden. Einer dieser Hersteller ist unter anderem der Bosch Konzern, der die Generatoren, Bremsen und Motorsteuerungssysteme liefert. Wenn Tata mit diesem Auto Erfolg hat wird es für andere Hersteller sehr schwer zumindest in der Kleinwagen Klasse in Schwellenländern erfolgreich zu sein.205 205 Robert Poth, Gold am Fuß der Pyramide, 3.1.2008 114 Chancen und Risiken Lösungsansätze des Mangels an Fachkräften in Europa Blue Card Mit der Blue Card soll im Schnellverfahren der Mangel an Fachkräften in Europa gesenkt werden. Durch diese Karte sollen hoch qualifizierte Fachkräfte aus Asien und Afrika nach Europa geholt werden.206 Die Blue Card könnte einen Arbeitsaufenthalt von zwei oder drei Jahren in einem Europäischen Land ermöglichen. Eine Möglichkeit zur Verlängerung wäre zwar möglich, allerdings mit einem neuen Job in einem anderen Europäischen Land.207 Nach fünf Jahren Aufenthalt in der EU können "Blue-Card"-Inhaber eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis beantragen. Dabei sollen auch Abwesenheitszeiten angerechnet werden, sofern sie eine Gesamtdauer von 16 Monaten nicht überschreiten. Des Weiteren darf die EU die neuen Einwanderer nicht länger als Belastung empfinden, sondern den qualifizierten Arbeitnehmer mehr fördern im Unternehmen. Insbesondere Deutschland, Italien und Ungarn sind nach Ansicht der EU-Kommission wegen ihrer Altersstruktur auf die Zuwanderer angewiesen. In der ganzen EU würden innerhalb der nächsten 20 Jahre zusätzlich rund 20 Millionen hoch qualifizierte Einwanderer gebraucht. Die Bedingungen um die Blue Card zu beantragen, müssen die Bewerber einen Arbeitsvertrag oder ein Stellenangebot für mindestens ein Jahr vorlegen. Und das Gehalt muss mindestens das Dreifache des Mindestlohns im jeweiligen Zielland betragen. Um als hoch qualifizierter Bewerber zu gelten, muss ein Hochschulabschluss oder mindestens drei Jahre Berufserfahrung vorliegen. Über den Antrag soll in der Regel binnen 30 Tagen, spätestens aber nach 90 Tagen entschieden werden. Ob dann eine Blue Card an dem Bewerber ausgehändigt wird.208 Bisher ist die Blue Card noch nicht eingeführt, der Vorschlag zur Einführung wurde am 25.10.2007 von Franco Frattini, EU-Kommissar für Justiz, in Brüssel vorgelegt. 206 Vgl. : Tagesschau.de, EU stellt Pläne für die "Blue Card" vor, 2007 Vgl. : Tagesschau.de, "Blue Card" soll Fachkräfte nach Europa locken, 2007 208 Vgl. :N-TV.de, „Die "Blue Card" , 2007 207 115 Befristete Arbeitsverträge Als weitere, zusätzliche Möglichkeit, den Fachkräftemangel kurzfristig zu entschärfen, wird die Möglichkeit der Nutzung befristeter Arbeitsverträge in der Literatur genannt. Durch diese Form der Beschäftigung entstehen vor allem dem Arbeitgeber einige Vorteile. Es wird z.B. möglich, Arbeitnehmer auch dann einzustellen, wenn eine Anstellung mittelfristig nicht garantiert werden kann. Ein kurzfristiger Fachkräftemangel, z.B. durch einen hinzugewonnen Großauftrag, kann damit also erfolgreich gelöst werden. Es muss hier allerdings betont werden, dass dies lediglich eine kurzfristige Möglichkeit für einzelne Unternehmen darstellt Personalengpässe zu umgehen.209 Chancen aus der Energiesituation Erdölsicherung „OPEC-Staaten“ Die Chance für Europa liegt z. Z. in den OPEC-Staaten (The Organization of the Petroleum Exporting Countries) um die Erdölimporte zu steigern. Ihr Anteil an der Weltölproduktion wird von heute weniger als 40% auf über 50% im Jahr 2020 ansteigen. Davon dürfte Europa in besonderem Maße betroffen sein, weil einerseits die Eigenproduktion aus der Nordsee stark rückläufig ist und andererseits die USA und China einen großen Teil des derzeitigen Zuwachses der Ölproduktion in den NichtOPEC-Staaten vor allem in Sub-Sahara-Afrika und in Zentralasien bereits für sich gesichert haben.210 Erdgassicherung „Pipeline Nabucco“ Die Chance für Europa, um die Angst vor Abhängigkeit von Russland zu schlichten, wäre die neue geplante Pipeline zwischen Asien und Europa die neue Chance. Die Baukosten der Pipeline werden auf 4,6 Mrd. Euro veranschlagt. Das Projekt Nabucco, mit einer Gesamtlänge von 3300 Kilometern, soll sie von der Ost-Türkei über Bulgarien, Rumänien und Ungarn nach Österreich führen. Das Ziel ist Baumgarten an der March, nahe der slowakischen Grenze und drittgrößter Gasknotenpunkt Europas. 209 210 Vgl.: Daniel Pöppelmann, Allgemeine Lösungsansätze ,2007 Vgl. Herr Präsident Uhrlau, Unsere Energieversorgung ist keineswegs gesichert ,2007 116 Ab 2011 könnten bis zu 30 Milliarden Kubikmeter Gas jährlich aus Aserbaidschan, Iran und dem Irak gen Westen strömen. Das wären sechs Prozent des heutigen Gasverbrauchs der Europäischen Union (EU). Nabucco würde vor allem die Türkei zu einer Energiehandels-Drehscheibe und zum strategischen EU-Partner machen.211 Zurzeit steckt das Projekt in Schwierigkeiten, denn die ursprüngliche Planung sah vor, die Leitung vor allem mit iranischem Erdgas zu füllen. Doch auf diesen Lieferanten kann sich das Konsortium vor dem Hintergrund des Atomstreits mit Teheran und angesichts möglicher Sanktionen nicht verlassen. Die Blicke richten sich auf die Erdgasvorkommen des Kaspischen Meeres. Vom osttürkischen Erzurum könnte Nabucco an die bereits bestehende Süd-Kaukasus-Pipeline angebunden werden, die über Georgien nach Aserbaidschan führt. Von dort aus, soll eine Rohrleitung unter dem Kaspischen Meer hindurch und zu den Fördergebieten Turkmenistans und Kasachstans führen. Der Bau dieser Transkaspischen Pipeline (TCP) wäre allerdings nicht nur teuer und technisch aufwändig, sondern er stößt auch auf politische Probleme. 212 Trends Alternative zur Blue Card Weiterbildung Die Weiterbildung soll zum Vorteil für die älteren Arbeitnehmer werden. Denn durch das Auffrischen der beruflichen Kenntnisse in Verbindung mit Jahrzehnte langen Berufserfahrungen erhöhen sich die Arbeitsmarktchancen erheblich. Dadurch kann Arbeitslosigkeit häufig vermieden. Durch eine Weiterbildung der Mitarbeiter profitieren die Unternehmen besonders davon. Dadurch steigt die Produktivität erheblich an und deshalb wird damit gerechnet, dass Unternehmen diese Weiterbildungsmaßnahmen finanziell unterstützen. Da es immer noch viele Unternehmen gibt, die Ihr Personal bei einer Weiterbildung nicht unterstützen, wird es beispielsweise in Deutschland ein staatlich gefördertes 211 Vgl. : Marlies Fischer, Europas neue Pipeline - Russland bleibt draußen,2007 212 Vgl. : Gerd Höhler, Nabucco-Pipeline steckt in Schwierigkeiten,2007 117 Weiterbildungssparen eingeführt werden. Neben einer Weiterbildungsprämie in Höhe bis zu 154 Euro erhalten Arbeitnehmer dann die Möglichkeit, im Rahmen des Vermögensbildungsgesetzes staatlich gefördertes Weiterbildungssparen zu betreiben. Darüber hinaus sollten auch die Unternehmen ihre Beiträge zur Weiterbildungsfinanzierung erhöhen, da sie von der steigenden Leistungsfähigkeit ihrer Mitarbeiter profitieren.213 Energie Alternativen Solar- und Windtechnologien Zurzeit ist die Windenergie die Wettbewerbsfähigste erneuerbare Energieform. Bei einzelnen Anwendungen kann die Erzeugung von Strom durch Windkraftanlagen mit den Kosten der Verstromung von Erdgas mithalten. Ein wesentliches Problem der Windenergie ist die Tatsache, dass sie Standorte an denen sie kostengünstig gewonnen werden kann, in der Regel weit entfernt von dem Ort liegen, an dem die Energie gebraucht wird. Solarenergie bleibt, außer in Sonderfällen eine kostenintensive Alternative. Die heutige Photovoltalk-Technik ist bei weitem kostenaufwendiger als die herkömmliche Stromerzeugung. Ein Grundproblem der Einsatzmöglichkeiten von Wind- und Solarenergie ist die Stromversorgung ist die witterungsbedingte schwankende Verfügbarkeit.214 Biokraftstoffe Eine weitere Alternative zur Absenkung von Kohlendioxid-Emissionen ist die Nutzung von Biokraftstoffen im Verkehrssektor. Ethanol, Biodiesel und flüssige Kraftstoffe, die aus organischen Stoffen hergestellt werden, finden z.Z. viel Beachtung.215 In dem Ausbau der Bio-Energien, wird die Importabhängigkeit Europas, von den Öl exportierenden Staaten verringert. Aufgrund der vielfältigen Einsatzmöglichkeiten besitzen Bio-Energien ein großes Wachstumspotenzial. Besonderes Augenmerk liegt bei den Bio-Energien der sog. „Biokraftstoffen der zweiten Generation“. Biokraftstoffe 213 Vgl. : Andreas Storm, Mit Weiterbildung gegen den Fachkräftemangel?,2007 Vgl.: ExxonMobil, Die Energie von Morgen,2007, Seite 16 215 Vgl.: ExxonMobil, Die Energie von Morgen,2007, Seite 16-17 214 118 der zweiten Generation sind solche, bei denen die gesamte Pflanze oder auch der pflanzliche Abfall zu Kraftstoff verwertet werden können. Der Vorteil dieser Kraftstoffe liegt vor allem in der CO2 neutralen Bilanz, sowie darin, dass diese Art der Bio-Energie keine Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion darstellt. Die Anforderungen der Industrie an den Biokraftstoff, lassen sich realisieren jedoch ist die Technologie hier noch in den Anfängen. Aufgrund der begrenzten Anbaufläche besteht eine Konkurrenzsituation zwischen den Energie und den Nahrungsmittelpflanzen. Bei einer intensiven Förderung der Energiepflanzen, ist nicht auszuschließen, dass in einigen Regionen mehr Energiepflanzen als Nahrungsmittelpflanzen angebaut werden. Dies könnte, wenn auch nur temporär, zu stark steigenden Preis bei den Nahrungsmittelpflanzen führen. Die Situation könnte sich sogar noch weiter verschärfen, da die Abnehmer der Energiepflanzen tendenziell eine höhere Zahlungsfähigkeit aufweisen, als die Abnehmer der Nahrungsmittelpflanze. Ein ethisch-moralischer Konflikt scheint daher sehr wahrscheinlich.216 Wasserstofftechnologien Wasserstoff wird weit verbreitet als viel versprechender Energieträger angesehen, insbesondere, weil er die Möglichkeit für Kraftstoffsparende und emissionsfreie Kraftfahrzeuge bietet und er aus einer Reihe von Primärenergie hergestellt werden kann. Da dieser Stoff nicht in der Natur als reiner Stoff vorkommt, muss dieser aus den Primärenergie wie Öl, Erdgas, Kohle, Kernenergie oder erneuerbare Energien gewonnen werden.217 Trends der Automobilindustrie Kooperationen und ihre Möglichkeiten Toyota Peugeot Citroen Automobile 216 217 Vgl.: Josef Auer (DBResearch), Bio-Energien für die Zeit nach dem Öl , S.1ff, 20.11.2007 Vgl.: ExxonMobil, Die Energie von Morgen,2007, Seite 16-17 119 Abbildung 41: v.l. Peugeot 107 , Citroen C1, Toyota Aygo Quelle: www.lifecar.de/berichte/citroen_c1_peugeot_107_toyota_aygo.htm Dies ist ein Jointventure welches 2002 gegründet wurde. Diese neu gegründete Firma entwickelte zusammen eine Studie für einen günstigen Kleinwagen. Die fast Baugleichen PKW, Toyota Aygo, Citroen C1 und Peugeot 107, werden in Tschechien produziert. Das Werk verfügt über eine maximale Produktionszahl von 300.000 PKW pro Jahr. Wovon 200.000 Einheiten für PSA zur Verfügung stehen und 100.000 Einheiten für Toyota. Die PSA bedeutet Peugeot Societe Anonyme und ist Frankreichs größter Automobilhersteller, zu den Peugeot und Citroen gehören.218 Diese drei PKW bekamen von 2005 bis 2007 den Preis des besten Nicht-HybridFahrzeugs beim VCD-Umweltranking. Außerdem erreichte der Aygo beim Euro NCAP die Höchstpunktzahl in der Klasse der Kleinwagen. Bei der Entwicklung dieser Studie wurde viel Wert auf Kostenersparnis gelegt. So sind z.B. Fahrersitz und Beifahrersitz identisch, was bei anderen PKW anders ist und somit eine Platzersparnis bei der Lagerung und eine Erleichterung beim Einbau ist. Eine weitere Neuerung ist eine Servolenkung die sich nur bei Bedarf einschaltet und somit Kraftstoff eingespart wird. Die Vorteile liegen ganz klar auf der Hand, die Investitionssumme von 1,5 Milliarden Euro, für das Werk und die Entwicklung, können so geteilt werden und somit die PKWs sehr günstig (ca. 8000 €) angeboten werden. Das Werk beschäftigt um die 3000 Mitarbeiter. Die drei Versionen sind aber vor allem für den Europäischen Markt gedacht. Die Entwicklung dieser Pkw wäre ohne diese Zusammenarbeit gar nicht möglich gewesen, denn die Entwicklungskosten wären für einen Kleinwagen viel zu hoch. Dazu 218 Vgl.: LifeCar,Kleinwagen von Citroën, Peugeot und Toyota, 3.1.08 Abbildung 11Aus: LifeCar,Kleinwagen von Citroën, Peugeot und Toyota 120 ein Zitat von einem Automobilexperten:“ Ohne diese Zusammenarbeit wäre das Kleinwagen-Projekt nicht profitabel, so kommen auf die drei Partner nur etwa 200 bis 300 Millionen Euro Entwicklungskosten.“ „Das Thema Zusammenarbeit und gemeinsame Fahrzeugprojekte wird in Zukunft an Bedeutung gewinnen“ so Dudenhöffer weiter. Dies haben auch schon andere Automobilhersteller gemerkt, so sucht Daimler Chrysler auf Partner suche für ihren Kleinwagen Smart. Auch BMW hat eine Kooperation mit der PSA abgeschlossen, um den Motor vom Mini weiterzuentwickeln.219 Diverse Europäische Unternehmen suchen im Moment auch asiatische Firmen die ihre PKW dort für sie produzieren. Diese sollen entweder heimische Unternehmen oder ausländische Unternehmen für sie ausführen. Beispielweise prüft der Italienische Hersteller Piaggo eine Produktion des Smart's auf den indischen Markt. Auch der schwedische LKW und Bus-Hersteller Volvo sucht Partner in Indien.220 Laut eines Berichts der Financial Times, ist eine große Kooperation zwischen Daimler und BMW angedacht. Seit längerem gibt es Gerüchte um eine Kooperation zum Bau von gemeinsamen Motoren. Doch scheinen diese Automobilbauer eine gemeinsame Nutzung und Entwicklung größerer Komponentensätze zu planen. So sollen etwa ganze Module, wie Achsen, Lenkungen oder Getriebe zusammen entwickelt werden. Auch die Umweltdebatte macht den beiden Automobilbauern zu schaffen, beide würden deshalb gerne einen neuen Kleinwagen auf dem Markt bringen. Doch wie schon erwähnt ist die Entwicklung von Kleinwagen für ein Unternehmen fast nicht zu realisieren. Die Entwicklung eines Kleinwagens rentiert sich erst ab einem Absatz von 500000 Autos, “Allein ist das weder für BMW noch für Daimler zu schaffen“, so aus dem Umfeld der Automobilbauer. Bis 2011 möchte BWM einen Nachfolger bzw. kleinere Version des 1er auf dem Markt bringen und Daimler möchte Nachfolger für seine A- und B-Klasse. 219 220 Vgl.: Frank Heidmann (dpa), Gemeinsam Kosten sparen, 04.12.07 Vgl.: Frank Henkhus, Auf Partnersuche, 20.12.07 121 Die Verhandlungen laufen zurzeit, denn ein Problem dieser Kooperation wäre ein eventueller Verlust an der Markenidentität. Ein BMW Sprecher sagte dazu, „Wir können nicht unsere Kernkompetenz und das, wofür unsere Marken steht, gefährden“. 221 Fazit West-Europa steht in mehrfacher Hinsicht vor einigen Problemen, die zu geringe Zahl an Fachkräften, der schlechtere Zugang zu Energiequellen durch potente Konkurrenten auf dem Rohstoffmarkt, billige Plagiate von namhaften Modellen aus billig Lohn Ländern und die erschreckende Bevölkerungsentwicklung machen es für West-Europa nicht leicht sich im Vergleich zu anderen Ländern und vor allem vor den asiatischen Shooting Stars China und Indien zu behaupten. Energiesituation So sind zum Beispiel gerade diese Länder die schärfsten Konkurrenten im Wettstreit um Erdgas und Erdöl Lieferungen, die es für West-Europa nötig macht sich neben den bewährten Quellen wie Nordafrika und Norwegen neu Wege der Beschaffung einfallen zu lassen. Die in Aussicht stehenden Quellen haben bis lang jedoch nicht den Umfang um den Energiebedarf West-Europas zu decken. Die im Moment beste Lösung ist da der Umstieg auf Alternative Energiequellen wie Biogas oder Biodiesel, aber auch die Wasserstofftechnologie steckt erst in den Kinderschuhen, da noch zuviel Energie aufgebracht werden muss um puren Wasserstoff herzustellen. Bei den Bioerzeugnissen ist die Energieausbeute zwar noch recht gering, dafür muss vorher keine Form der nicht erneuerbaren Energie hineingesteckt werden. Der noch zu regelnde Punkt bei der Energiegewinnung aus Bioerzeugnissen ist, wer sie anpflanzt, damit nicht Landwirte die erst Lebensmittel ohne großen Umsatz angebaut haben, auf z.B. Raps umsteigen, weil es dort größere Gewinne gibt und somit West-Europa aus Mangel an Nahrungsmitteln in eine andere Abhängigkeit stürzt. Hier muss die Politik regulierend eingreifen um solch einem Szenario zu entgehen. 221 Vgl.: Printausgabe Financal Times Deutschland, 27.12.2007 122 Produktpiraterie Unternehmen in West-Europa haben wie Unternehmen überall auf der Welt mit dem Plagiieren von ihren Produkten zu kämpfen. Diese Plagiate stammen sehr häufig aus billig- Lohn Ländern wie zum Beispiel China. Mittlerweile werden dort auch schon Autos ‚kopiert’. Diese Entwicklung ist nicht sehr verwunderlich, da bei dem bloßen Nachbauen eines Autos die Kosten für die Forschung und Entwicklung völlig entfallen und bei billigeren Arbeitskräften und niedrigen Kosten dies ein sehr lohnendes Geschäft ist. Jedoch haben auch die ersten Crashtests gezeigt, dass es mit Nachbauen alleine nicht getan ist. Trotzdem ist die Autoindustrie alarmiert, da es nur eine Frage der Zeit sein kann bis die Autos an Qualität zunehmen und dank der immer noch niedrigen Fertigungskosten die westliche Konkurrenz vom Markt verdrängen. Daher werden Partnerschaften wie Toyota Peugeot Citroen Automobile in Zukunft wahrscheinlich häufiger bilden um die Kosten pro Partei niedriger zu halten. In solchen Partnerschaften könnten auch die neuen Antriebsarten besser erforscht und so ergiebiger gemacht werden. Eine Weiterentwicklung der Technologien dürfte nicht zu umgehen sein, wenn der momentane Vorsprung vor den aufstrebenden neuen Industrienationen gewahrt bleiben soll. Fachkräftemangel Die Wirtschaft in West-Europa beklagt ein großes Fehlen an Fachkräften, wodurch Überlegungen angeregt wurden wie diese zu beschaffen seien. Das neueste Konzept ist die Blue Card, die einer ausländischen Fachkraft das Arbeiten in der gesamten Europäischen Union mit einer Befristung auf 2 - 3 Jahre erlaubt. Dieses Konzept birgt einige Vorteile, die Fachkräfte müssen nicht im eigenen Land ausgebildet werden, was den jeweiligen Staat Geld spart, die Einnahmen der Fachkraft werden auch größten Teils in Europa ausgegeben und die Abgaben kommen noch dem jeweiligen Sozialsystem zu gute. Die Fachkraft selber bekommt dafür eine Arbeitsstelle mit einem sicher höheren Einkommen als in ihrem Heimatland. Wenn kein Job bei Ablauf der Frist vorgewiesen werden kann, wird die Zeit des Aufenthaltes nicht verlängert und die Fachkraft wird zurück in ihr Heimatland geschickt. Schaft es die Fachkraft bei Fristablauf eine neue Stelle in einem anderen europäischem Land vorzuweisen kann die Frist verlängert 123 werden. Nach 5 Jahren mit Aufenthalt in Europa kann sogar eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung beantragt werden. Bevölkerungsentwicklung Ein Problem der sehr wirtschaftlich geprägten Nationen ist eine steigende Kinderlosigkeit, weshalb die Bevölkerung ein sehr hohes Durchschnittsalter besitzt und das Sozialsystem zusammenbricht. Dieses Schicksal hat auch West-Europa ereilt und heizt die Diskussionen an, wie die Bevölkerung auf ein gesundes, dem Sozialsystem dienliches Maß angehoben werden kann. Es ist schwer die Kinderlosigkeit zu minimieren, da die Familienplanung für gewöhnlich ein willentlicher Prozess ist, müssten Anreize von politischer Seite aus geschaffen werden, die die Aufgabe der eigenen Karriere zu verschmerzen machen oder trotz Kindern die Karriere erlauben. Die Bevölkerung kann jedoch auch durch Migration auf das gewollte Level gebracht werden, dabei muss aber auch bedacht werden, dass diese erst in die Gesellschaft integriert werden müssen und in einem Job untergebracht werden müssen um den Zweck zu erfüllen für den sie einreisen durften. Da die Arbeitsplätze für die im Moment bestehende Anzahl an Erwerbstätigen allerdings auch schon nicht reichen, ist es fraglich wie eine bloße Anhebung der Bevölkerung das Sozialsystem retten soll. 124 Osteuropa Ist-Analyse Politische Entwicklung Abbildung 42 Osteuropa Quelle: Wikipedia Ein „Osteuropa“ gibt es eigentlich nicht mehr, denn Ungarn hat mit Lettland, Russland mit Polen und Tschechien mit Kroatien wenige Gemeinsamkeiten (die einzige Gemeinsamkeit ist, dass alle einst sozialistisch waren). Stattdessen lässt sich Osteuropa heute in 4 Teilbereichen betrachten. Jedes dieser Länder verfügt über eine eigene unabhängige, demokratisch gewählte, Regierung. 125 Geographische Entwicklung a). Ost - Europa • • • • Moldawien Russland Ukraine Weißrussland c). Ost-Mittel-Europa • • • • • Polen Slowakei Slowenien Tschechien Ungarn b). Baltikum • • • Estland Lettland Litauen d). Südosteuropa • • • • • • • • Albanien Bosnien-Herzegowina Bulgarien Kroatien Mazedonien Rumänien Serbien Montenegro Kulturelle Einflüsse Abbildung 43 Religionen in Osteuropa 126 Osteuropa ist vorwiegend von christlichen Einflüssen geprägt. Vorherrschend sind hierbei die katholische sowie die orthodoxe Kirche. Der südöstlich-europäische Raum lebt den Islam222. Ein großes kulturelles Problem im osteuropäischen Raum besteht darin, dass der Kommunismus zu spüren ist. Am Beispiel Odessas, einer der wichtigsten Hafenstädte Osteuropas, zeigt sich die sture Bürokratie-Vernarrtheit der Osteuropäer. Trotz des Drängens ausländischer Unternehmen und Reedereien werden moderne, GPS-unterstützte Verfahren zur Containerabfertigung nicht berücksichtigt. Der LKW-Anteil des Container- Hinterlandverkehrs der Ukraine liegt bei 90%. Trotzdem stauen sich täglich Hunderte von LKW vor den Hafentoren Odessas. Spediteure müssen Standzeiten von bis zu 3 Tagen und länger in Kauf nehmen. Ein Horror-Szenario, dass in den westlichen Industrieländern undenkbar wäre. Auch der ukrainische Zoll ist für seine äußerst penible Haltung bekannt. Bereits geringe Abweichungen, zum Beispiel am Gewicht einer Containerladung, führen zu erheblichen Unannehmlichkeiten. Alleine eine zweite Wiegung kostet in Odessa 85€.223 Wirtschaftliche Entwicklung Aktuelle wirtschaftliche Entwicklung Mit dem EU-Beitritt zahlreicher Staaten gerieten die alten, konventionellen und zumeist ineffizient arbeitenden wirtschaftlichen Gegebenheiten zunehmend unter Druck. Ausländische und kapitalintensive Firmen drängen mit ihren Produkten auf den osteuropäischen Markt. Dieser ist von niedrigen Lohnnebenkosten, guten steuerlichen Bedingungen und einer größtenteils kulturellen Nähe zu Westeuropa geprägt. Allerdings wirken schlechte Infrastrukturen sowie das immer noch Vorhandensein alter, kommunistisch geprägter und scheinbar unüberwindbarer Bürokratien als Hemmnis für Unternehmensansiedlungen. Ein äußerst hoher Fachkräftemangel, gepaart mit der hohen Abwanderungsquote von 222 223 Vgl. Wikipedia Vgl. DVZ Nr.138 127 IT-Spezialisten, machen eine Unternehmensansiedlung, eine Komplettfertigung oder das Einführen westlicher Standards schier unmöglich. Aufgrund schwacher rechtlicher Strukturen, mangelnder wirtschaftlicher Sicherheiten sowie wachsender Inflationsraten sind die Arbeitslosenzahlen in den Nicht-EU-Mitgliedsstaaten auf Rekordniveau. Sich herauskristallisierende Unternehmen der Industrie Das russische Unternehmen „Gazprom“ ist mit rund 236 Milliarden $ Marktkapitalisierung eines der führenden Unternehmen in ganz Europa. Mit rund 400.000 Angestellten, alleine in Russland, ist der russische Erdöllieferant der größte Arbeitgeber Osteuropas. „Gazprom“ verfügt über etwa ein Sechstel aller sicher wirtschaftlich gewinnbaren Gasreserven der Welt. Hinzu kommen umfangreiche potentielle Ressourcen, vor allem in West- und Nordsibirien. Das Unternehmen verfügt über ein Fernleitungsnetz von 150.000 km, das heißt: „Gazprom“ könnte seine Pipelines mehr als 3,5-mal rund um die Welt legen. Nicht nur Deutschland, sondern auch der Rest des westlichen Europas bezieht sein Gas und Erdöl von der „Gazprom“ AG, welche demzufolge nicht nur die Marktpreise bestimmt, sondern auch im Streitfall die Muskeln spielen lässt, so geschehen zuletzt im Gasstreit mit der Ukraine im Jahr 2005. Mit einem angestrebten Marktwert von 1 Billion US-Dollar stellt „Gazprom“ sich darauf ein, in den nächsten 5 bis 7 Jahren als wertvollstes Unternehmen der Welt zu gelten.224 Sich herauskristallisierende Unternehmen der Logistik Alleine in Russland sind ca. 50 Firmen im Bereich Spedition und Transport aktiv, weitere 30 betätigen sich in anderen Sektoren (Developer, IT-Anbieter, Consulter, Lager- und 3PL-Anbieter). Größter ausländischer Investor in Russland ist das deutsche Logistikunternehmen DHL, welches erst kürzlich ein 300.000 m² großes Logistikzentrum im Osten Moskaus in Betrieb nahm und verlauten ließ, dass es zur Erweiterung seines Russlandgeschäfts, in den nächsten 4 Jahren weitere 250 Mio. € investieren möchte. DHL-Chef Dr. Klaus 224 Vgl. Gazprom-HP 128 Zumwinkel rechnet bis 2009 mit einem WTO-Beitritt Russlands und demzufolge mit einem weiteren Anstieg der Warenströme durch Russland.225 Das polnische Eisenbahnunternehmen CTL Logistics S.A., Mitglied des CCTT, engagiert sich sehr stark im Eisenbahngüterverkehr Richtung Osteuropa. Seit 1 ½ Jahren verkehrt das Unternehmen mit modernsten Transportmitteln nach Weißrussland und in die Ukraine. Laut Vorstandsmitglied K.Niemiec unternimmt die CTL derzeit Anstrengungen, das Angebot um Transporte in Richtung Kaliningrad zu erweitern. In den nächsten beiden Jahren plant das Unternehmen mit Investitionen in Höhe von 110 Mio. € und liegt damit über dem Investitionsaufwand, den die staatliche Bahn PKP betreibt.226 Anfang 2007 wurde das deutsch-russische Konsortium Logcinet (Logistics Centres International Net) ins Leben gerufen. Ziel ist der Aufbau mehrerer Logistikzentren in Russland, nach deutschem Vorbild. Zu Logcinet gehören 3 Unternehmen: die Wagener & Herbst Consultants GmbH aus Potsdam, die Cominfo Logistics Solutions aus Moskau, sowie die IPG Infrastruktur- & Projektentwicklungsgesellschaft mbH aus Potsdam. In kürzester Zeit ist es Logcinet gelungen, sich mit der Planung von 12 Logistikzentren im russischen Logistikmarkt fest zu etablieren. Aber auch diese Innovation befindet sich noch in den Kinderschuhen, da die infrastrukturellen Gegebenheiten in Osteuropa keinesfalls mit denen in Deutschland zu vergleichen sind.227 Aktuell wichtige Güterströme Warenströme Allgemein ist auch in Osteuropa der Trend zur Asiatisierung zu beobachten. Jüngstes Beispiel hierfür sind die immer stärker werdenden Handelsbeziehungen zwischen Russland und Indien, die ihren Handelsumsatz bis 2010 auf 10 Milliarden $ anwachsen lassen wollen. Diesem Trend, der Asiatisierung der Globalisierung folgen allerdings nicht alle osteuropäischen Staaten. In den EU-Mitgliedsstaaten werden noch verstärkt 225 Vgl. DVZ Nr.138 Vgl. DVZ Nr.138 227 Vgl. DVZ Nr.138 226 129 Außenhandelsbeziehungen mit den „westlich orientierten“ Ländern gepflegt. Dieser Trend wird als globale Regionalisierung bezeichnet.228 Importe Aufgrund von Fachkräftemangel, Kapitalarmut und rückständigen Technologien besteht in Osteuropa hauptsächlich Bedarf an Automobilen, Haushaltsgeräten, Baustoffen sowie Maschinen. Dieser Bedarf wird durch Importe, vorrangig aus Westeuropa sowie Nordamerika gedeckt. Insbesondere Deutschland und Österreich profitieren derzeit von der steigenden Nachfrage im osteuropäischen Raum. Stellvertretend für den „guten Lauf“ dieser Branche lassen sich die Verkaufszahlen von Importfahrzeugen in Russland anführen. Hier wurden, alleine zwischen Januar und Oktober 2007, 1,3 Mio. Importwagen verkauft, was einen Anstieg zum Vorjahreszeitraum um 64% bedeutet. Mit 11,6 % hat die russisch-amerikanische Joint-Venture-Gesellschaft GM/AvtoVAZ den größten Marktanteil an diesem Boom, dicht gefolgt vom amerikanischen Ford-Konzern mit 10,5 %, wobei auch hier zu beachten ist, dass der Konzern einen Teil seiner Automobile in Russland produzieren lässt. Dahinter folgen die japanischen Fabrikate Toyota, Hyundai und Nissan. Deutsche Automobilkonzerne verdienen in Osteuropa hauptsächlich an ihrer Nutzfahrzeug-Sparte.229 Exporte Vorprodukte, Textilien, landwirtschaftliche Erzeugnisse und einfache Dienstleistungen zählen zu den Hauptexporten der Region. Die Zahl der Exporte wurde in den letzten Jahren durch die immer noch sehr niedrigen Löhne in Osteuropa äußerst positiv beeinflusst. Russlands Rüstungsexporteure vermeldeten in den letzten Tagen Rekordergebnisse. Der Rekordumsatz des vergangenen Jahres wurde im letzten Jahr mit 5,5 Milliarden $ weiter 228 229 Vgl. russland-online Vgl. russland-online 130 gesteigert. Einen großen Anteil daran trägt das russische Exportunternehmen Rosoboronexport.230 Seit Ende der 90er Jahre ist die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Energiewirtschaft mit der kräftigen Erholung der Erdölförderung und der annähernden Verdoppelung der Ölexporte bei steigenden Ölpreisen weiter gestiegen. Der Anteil des Exports von Energieträgern und Elektrizität an den gesamten Erlösen aus Ausfuhren über die Grenzen der „Gemeinschaft Unabhängiger Staaten“, GUS, hinaus erreichte nach Angaben der russischen Zollbehörde 2004 erneut rund 58 %. Auch die Entwicklung der russischen Staatsfinanzen ist in hohem Maße von den Steuern und Abgaben des Energiesektors abhängig. Die derzeitigen hohen Überschüsse im russischen Staatshaushalt sind den stark gestiegenen Ölpreisen zu verdanken.231 Logistische Gegebenheiten Problematisch gestaltet sich in Russland die Lagerraumsituation. Obwohl in den letzten Jahren im Großraum Moskau, dem größten Umschlagspunkt Russlands, knapp 3 Mio. m² Lagerfläche der Klassen A und B entstanden, sind weitere 1,5 Mio. m² nötig um den Bedarf zu decken. Auch im zweitwichtigsten Umschlagspunkt St. Petersburg besteht nach jüngsten Rechnungen Bedarf an 2 Mio. m² hochwertiger Lagerflächen, der nicht befriedigt werden kann. Andere Lagerraumdefizite liegen in Jekaterinburg (800.000m² fehlende Fläche) und Nowosibirsk (300.000m² fehlende Fläche) vor.232 Allerdings stellt auch das russische Schienen- und Straßennetz die Transportunternehmen vor echte Herausforderungen. Auch wenn Russland sich bemüht die Situation zu verbessern, zuletzt wurden 15 Mrd. $ in den Ausbau des Nord-Süd-Transportkorridors zwischen St. Petersburg und Astrachan am Kaspischen Meer investiert, fehlen doch Gelder an allen „Ecken und Enden“. Viele Modernisierungs-Projekte des 580.000 km umfassenden Straßennetzes, sowie des 87.000 km umfassenden Schienennetzes liegen auf Eis. Zusätzlich fehlt es auf der wichtigsten Magistrale des Landes, dem Transsibirientransit, schlicht und einfach an Waggons für den Containertransport. Die CCTT (Coordination Council on Transsiberian Transportation) versucht diesem durch 230 Vgl. Rosoboronexport-HP Vgl. Gazprom 232 Vgl. DVZ Nr. 138 231 131 die Einrichtung von Logistikzentren entlang der Strecke Russland - Kasachstan - China entgegenzuwirken. Ebenfalls wurde ein elektronisches Portal für den 233 Transsibirienverkehr, sowie eine neue Containerbörse ins Leben gerufen. Eine eher negative Entwicklung zeichnet sich in der osteuropäischen Binnenschifffahrt ab. Der Niedergang der Schwarzmeer-Reederei Black Sea Shipping (Blasco) im Jahre 2000 gilt als ein Ausrufezeichen wirtschaftskrimineller Handlungen und staatlicher Inkompetenz. Die schlechte Hafenwirtschaft führt zu einem rauen „Betriebsklima“ unter den nördlichen Schwarzmeer-Anrainerstaaten. Rumänische Häfen (u.a. Constanza) sowie russische Häfen (u.a. Noworossijsk) haben die Ukraine (Odessa, Iljitschowsk, etc.) in ihren Umschlagssteigerungsraten überholt. Die Ursache hierfür liegt nicht zuletzt am unfähigen ukrainischen Verkehrsministerium, welches es auch unter Verkehrsminister Rudkowsky versäumt, eine klare, stetige schifffahrts- und hafenpolitische Linie zu konzipieren. Doch nicht nur die Ukraine hat Probleme. Trotz EU-Mitgliedschaft und wirtschaftlichem Aufschwung verzeichnete Polen im Jahr 2006 einen Rückgang im Frachtaufkommen von 6,4%. Die Gründe hierfür liegen allerdings nicht nur in der wachsenden Konkurrenz durch westeuropäische Reedereien, sondern auch im schlechten Zustand der Wasserstraßen. Die Oder war im vergangenen Jahr für mehrere Wochen komplett zugefroren und somit unbefahrbar.234 Umweltschutz Aktueller Stand in Ost-Europa im Bereich des Umweltschutzes Durch zahlreiche Forschungsvorhaben und Kooperationsprojekte wurde in der Vergangenheit auf die gravierenden Umweltprobleme in den Ländern Mittel- und Osteuropas (MOE-Staaten) hingewiesen. So ist in vielen Städten und Gemeinden der Boden durch Schwermetalle belastet und die Entsorgung von Abwasser und Abfall nach wie vor unzureichend. In den letzten Jahren zeigten sich aber auch typische westeuropäische Phänomene, etwa in Form des wachsenden Siedlungsflächenverbrauchs sowie der rapide wachsenden Verkehrsströme. 233 234 Vgl. DVZ Nr. 138 Vgl. DVZ Nr.138 132 Chancen der EU-Erweiterung Die Erweiterung der EU ist eine große Chance für die Umwelt in Europa. Die Übernahme und Umsetzung des europäischen Umweltrechts und der Aufbau von modernen Umweltverwaltungen durch die neuen Mitgliedstaaten bzw. Beitrittsländer werden die Umweltbelastungen in Europa erheblich verringern. Das EU-Umweltrecht In der Europäischen Union (EU) sind mittlerweile nahezu alle Umweltbereiche durch Gemeinschaftsrecht erfasst. Das EU-Umweltrecht umfasst Rechtsakte zu einer Vielzahl von Bereichen der Umweltpolitik. Die neuen Mitgliedsstaaten und die EU-Beitrittskandidaten werden schwerpunktmäßig bei der Übernahme und Umsetzung der Umweltgesetzgebung der Europäischen Union unterstützt. Die Projekte unterstützen den Transfer von umwelt- und finanzierungstechnischem Know-how oder die Umsetzung und den Vollzug von Rechtsvorschriften der Europäischen Union. Die Vorbereitung von Investitionsvorhaben auf dem Gebiet des Umweltschutzes, vorrangig in den Bereichen Wasser- und Abfallwirtschaft sowie erneuerbare Energien, ist ein weiterer Schwerpunkt, ebenso wie Maßnahmen zur Verbesserung des Umweltbewusstseins, vor allem durch die Unterstützung von Nichtregierungsorganisationen235. Umsetzung und Probleme Im Zuge der fortschreitenden EU-Integration finden in den Beitrittsländern die Vorgaben der EU im Bereich des Umweltschutzes Anwendung. Mehr und mehr rückt dabei die Frage nach einer effizienten praktischen Umsetzung der Umweltrichtlinien und -gesetze in den Vordergrund. Probleme für die Kommunen ergeben sich nicht nur aus den hohen Investitionskosten im Bereich der Infrastruktur, sondern auch durch 235 Vgl. Umwelt Bundes Amt 133 unzureichende Verwaltungsstrukturen und den Mangel an personellen, finanziellen bzw. technischen Ressourcen. Im Widerspruch dazu richten sich die zahlreichen Unterstützungsmaßnahmen der EU und Deutschlands überwiegend an die nationale und regionale Ebene. Die Kommunen Mittel- und Osteuropas, die in entscheidendem Maße für die praktische Umsetzung der europäischen Vorgaben verantwortlich sind, partizipieren hiervon bisher nur in unzureichendem Maße. Rohstoffvorkommen/ Energiequellen Rohstoffe sind die Mega-Trends des Jahrzehnts und daher auch heute sehr interessant. Für das Jahr 2005 wurden die bestätigten Weltreserven je nach Quelle auf 1260 Milliarden Barrel bzw. auf 1148 Milliarden Barrel berechnet236. Europa ist mit 140 Mrd. Barrel auf dem 2. Rang, weit abgeschlagen, hinter dem Mittleren Osten (siehe Grafik).237 Kritiker dieser Angaben weisen allerdings darauf hin, dass die Zahlen häufig aus politischen Gründen verfälscht wurden. Zudem melden viele Länder jährlich dieselben Zahlen, obwohl sie gleichzeitig große Mengen Erdöl fördern; die Zahlen werden also oft nicht angepasst. Darüber hinaus wird nach Schätzungen unabhängiger Experten im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts die als Peak-Oil bekannte Spitze der Hubbert-Kurve erreicht werden. Das Erreichen dieses Ölfördermaximums bedeutet, dass weltweit die Förderung bzw. Produktion von Erdöl nicht mehr erhöht werden kann. Infolge dessen wird der Ölpreis unausweichlich und in hohem Maße steigen, da bei stetig wachsendem Verbrauch das Angebot die Nachfrage nicht mehr bedienen kann.238 236 Vgl. Anzeigenwerbung Vgl. castelligasse 238 Vgl. INrate 237 134 Abbildung 44 Ölvorkommen der Welt in Mrd. Barrel Quelle: Goldseiten.de Erdöl ist der derzeit wichtigste Rohstoff der modernen Industriegesellschaften, der zur Erzeugung von Treibstoffen und für die chemische Industrie herausragende wirtschaftliche Bedeutung besitzt. Die Energiebeziehungen im postsowjetischen Raum werden von der Energiesupermacht Russland dominiert. Russland verfügt über die größten Erdgasreserven der Welt und Ölreserven in Höhe von 60 Mrd. Barrel. 2006 hat Russland 202 Mrd. m³ Erdgas, 251 Mio. t Erdöl und 103 Mio. t erdölverarbeitete Produkte exportiert. Rund 2/3 der ErdgasExporte gehen in die EU, 1/3 wird an die Länder im postsowjetischen Raum geliefert. Der Energiesektor in Russland ist weitgehend staatlich dominiert. 239 Ein weiterer Rohstoff macht die MOE - Länder interessant: Holz. Holz rückt als Rohstoff für Treibstoffe immer mehr in den Vordergrund. Eine neue Studie zeigt nun, dass auch in einigen osteuropäischen Staaten ein Potenzial für die Produktion von synthetischem Gas besteht. Aus Holz lässt sich Methangas und somit ein hochwertiger regenerativer Energieträger herstellen. Das synthetische Gas entspricht in seiner Energieleistung und Qualität dem Erdgas. Für eine rentable Produktion dieses Biogases sind große und preisgünstige 239 Vgl. politblog 135 Holzmengen nötig. Als Rohstoffe kommen daher preisgünstiges Waldholz minderer Qualität und Reststoffe, die in der Holzindustrie anfallen, in Frage. Die Wissenschaftler vermuteten auch in Osteuropa große Energieholzreserven. Und sie wussten, dass dank des vorhandenen Gasleitungsnetzes von dort aus bereits gute Transportmöglichkeiten zu westeuropäischen Nachfragern bestehen. Ihre neuesten Analysen zeigen nun, dass die Länder Tschechien, Lettland, Slowenien und Estland aufgrund der verfügbaren Rohstoffe sowie der branchenspezifischen, politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ein besonders großes Potenzial zur Erzeugung von synthetischem Gas haben. Für konkrete Umsetzungspläne von interessierten Investoren sind aber regionale Standortanalysen vor Ort unabdingbar. 240 Wichtige Rohstoffvorkommen Abbildung 45 Die wichtigsten Rohstoffvorkommen der Welt Quelle: Europäische Datenbank Neben den bereits erwähnten Rohstoffen, wie Holz und Erdöl, bietet Osteuropa noch weitere wichtige Rohstoffe, wie z.B. Gold, Kupfer, Magnesium oder auch Nickel. 240 Vgl. TU Dresden 136 Problemstellungen Fachkräftemangel Der „War for talents“ hat Osteuropa erreicht. Die wirtschaftliche Aufholjagd der Länder Mittel- und Osteuropas wird bereits jetzt durch einen zunehmenden Fachkräftemangel negativ beeinflusst. Trotz des Rückgangs der Massenarbeitslosigkeit wird der Mangel an Facharbeitern gerade in den Boombranchen, Automobil-, Elektro- sowie der Kunststoffindustrie, deutlich. Auch im Gesundheitswesen sowie in den Hightechbranchen herrscht akuter Notstand. Gerade in den EU-Mitgliedstaaten herrscht eine enorme Abwanderungsquote an IT-Spezialisten. Logisch erscheint da, dass gerade Regionen mit besonders starkem Wirtschaftswachstum, sowie die Hauptstädte und Ballungszentren, besonders unter dieser Problematik leiden. Am akutesten lässt sich der Fachkräftemangel am Beispiel der Slowakei aufzeigen. Der anhaltende Wirtschaftsboom wird hier durch eine der höchsten Jugendarbeitslosigkeitsraten der EU-27 überschattet. Als Folge dessen sind in den vergangenen Jahren mehr als 200.000 Slowaken in westlich gelegene EU-Staaten abgewandert. 96 Prozent aller slowakischen Firmen beklagen einen Bewerbermangel für Führungspositionen im Bereich Forschung und Entwicklung, neun von zehn suchen händeringend Mitarbeiter für Organisation und EDV und 82 Prozent haben Schwierigkeiten, Führungskräfte für das Controlling zu finden. Auch Angestellte für die Bereiche Forschung und Entwicklung sowie Controlling sind in der Slowakei für rund die Hälfte der Unternehmen kaum verfügbar.241 Auch das EU-Aufholmusterland Tschechien leidet unter einem Mangel an technischen Fachleuten. Es fehlen in erster Linie Maschinenbauingenieure sowie Konstrukteure. Großer Bedarf besteht auch an Bau- und Elektroingenieuren, Metallfacharbeitern, Schlossern sowie Maschinen-, Werkzeug- und Elektromechanikern. 241 Vgl. WIIW Wien, IW Köln 137 Abbildung 46 Freie Ingenieursstellen in den einzelnen Branchen in Osteuropa Quelle: IW Köln Abbildung 47 Milliardenverluste - Da der Ingenieurmangel Firmen zwingt, Aufträge abzulehnen, verlieren sie 3,5 Mrd. € an Wertschöpfung Quelle: IW Köln Eine Folge ist, dass der Ingenieurmangel in Europa das Entwicklungs-Outsourcing vorantreibt. Offshoring soll bis 2020 auf 225 Mrd. $ anwachsen und Osteuropa in den nächsten 15 Monaten mehr in den Fokus rücken. Das globale Volumen für Entwicklungsleistungen wächst von 750 Mrd. USD im Jahr 2004 auf 1,1 Bill USD im Jahr 2020. Dabei ist die IT-/Software- und Telekommunikationsbranche der dominante und sich am schnellsten entwickelnde Sektor mit einem Anteil von 30%, gefolgt von der Automobil- (19%) und der Luftfahrtindustrie (8%) sowie der Energieversorgung (3%). 242 242 Vgl. WIIW Wien 138 Abbildung 48 Ausländische Studienabgänger von deutschen Hochschulen Quelle: Bundesamt für Arbeit Wie die oben stehende Grafik zeigt, ist auch Westeuropa nicht ganz schuldlos an dieser Problematik. Dem eigenen Fachkräftemangel im IT-Bereich wird, nicht nur in Deutschland, durch vermehrte „Informatiker-Rekrutierung“ entgegengewirkt. Somit werden die wenigen gut ausgebildeten Fachkräfte aus Osteuropa auch noch abgezogen. Arbeitslosigkeit Massenarbeitslosigkeit und sozialer Verfall als Folge des EU-Beitritts ? „Die Restauration des Kapitalismus und die Vorbereitungen auf den EU-Beitritt haben in Osteuropa zu einer enormen Massenarbeitslosigkeit und zur Zerschlagung von Sozialleistungen in dramatischem Ausmaß geführt - schließlich müssen die 139 Subventionen für das westliche Kapital ja finanziert werden.“ Dieses Zitat stammt aus der Zeitung Arbeitermacht im April des Jahres 2004. In der Tat stützt sich diese These auf einige interessante Details. So hat die Slowakei ihren Höchststeuersatz von 19% und die Subventionen für VW und US-Steel in Kosice durch eine hohe Mehrwertsteuer - satte 19% - gegenfinanziert! Geopfert wurden dafür 60 Krankenhäuser - in einem Land, das nur etwa so viele Einwohner hat wie Berlin und Brandenburg. Eine weitere kapitalfreundliche Maßnahme war die Halbierung der Sozialhilfe, was vor allem zu einer dramatischen Verarmung der Roma führte. Die unteren Bevölkerungsschichten profitieren aber keinesfalls im gleichen Maß von diesen Subventionen. Schon für die ehemalige DDR hat es keine Angleichung der Einkommensverhältnisse mit dem Westen gegeben, obwohl 32 mal (!) so viele Fördergelder in den "Aufbau Ost" flossen, wie EU-Fördergelder nach ganz Osteuropa. In diesem Sinne wird der EU häufig die Lissabon-Strategie vorgeworfen. Ziel dieser ist es, die Europäische Union zum "wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt" zu machen. Der Westen bedient sich der wenigen gut ausgebildeten Fachkräfte und nutzt die niedrigen Lohnansprüche in der Region zur günstigen Halbwerterzeugnisfertigung aus. Nicht selten werden in diesem Zusammenhang Ausbeutungsvorwürfe gegen die westlichen EU-Staaten erhoben, der Osten würde lediglich als „billige industrielle Reservearmee“ benutzt und die Arbeiter dort als „EU-Bürger zweiter Klasse“ betrachtet.243 Die folgende Grafik veranschaulicht allerdings, dass der Massenarbeitslosigkeit in vielen Ländern durch den EU-Beitritt entgegengewirkt werden konnte. In vielen osteuropäischen Staaten liegt die Arbeitslosenquote sogar deutlich unter der, mancher deutscher Bundesländer. Ganz anders stellt sich die Situation in einigen Nicht-EUMitgliedstaaten dar. Bosnien/Herzegowina, Mazedonien, Montenegro oder Serbien haben mit einer erschreckend hohen Massenarbeitslosigkeit zu kämpfen. 243 Vgl. Neue Internationale Nr.89 140 Wirtschafskennzahlen Osteuropa Abbildung 49 Wirtschaftskennzahlen Osteuropas im Vergleich Quelle: WIW (Wiener Institut für Wirtschaftsvergleiche) Ungarn ist das einzige EU-Mitgliedsland in dem die Arbeitslosenquote stieg und auch trotz EU-Beitritt stagniert. Alle übrigen, grün eingefärbten Staaten konnten in den Jahren nach ihrem Beitritt die Arbeitslosenzahlen senken. Die Armutsproblematik in Osteuropa Laut aktuellem UNICEF-Bericht lebt heute in Südosteuropa, sowie der ehemaligen Sowjetunion, jedes vierte Kind in extremer Armut. Diese äußert sich so, dass beispielsweise in Bulgarien und Rumänien eine große Anzahl Kinder in Heimen und nicht in ihren Familien aufwächst. In Russland ist die Einkommensarmut oft mit erhöhter Kindersterblichkeit verbunden. Als Folge dessen sinken die Geburtenraten drastisch. In den letzten 5 Jahren nahm die Zahl der Kinder in der Region um schätzungsweise 11 Mio. ab. Gleichzeitig wächst die Schere zwischen Arm und Reich. 141 Vor allem in ländlichen Regionen wachsen viele Kinder in Armut, ohne jeden Zugang zu fließend Wasser, Bildungsmöglichkeiten oder medizinischer Versorgung, auf. Im Gegensatz zu diesem Bericht spricht die Weltbank von einer Halbierung des Massenelends seit 1998. Dieser Rückgang wird hier auf das gute Wirtschaftswachstum (seit ’98 das Zweithöchste nach Asien) zurückgeführt. Allerdings muss auch die Weltbank anerkennen, dass in den letzten Jahren, zum Beispiel in Polen, die Armut wieder angestiegen ist, weil einfach zu wenig neue Jobs entstehen. Noch immer muss jeder achte Bürger zwischen Polens Westgrenze und der russischen Pazifikgrenze mit weniger als 2 USD pro Tag auskommen. Folgende Grafik stammt aus dem Weltbank-Bericht und verdeutlicht den Rückgang der Massenarmut in Osteuropa.244 Abbildung 50 Armutsanteil unter der osteuropäischen Bevölkerung Quelle: Süddeutsche Zeitung 244 Vgl. UNICEF 142 Schwache Infrastruktur Internationale Infrastruktur Die Infrastruktur ist das Rückgrat einer modernen Volkswirtschaft. Ohne funktionierende Straßennetze oder eine solide Stromversorgung geht in Zeiten der Globalisierung nichts mehr. Der Investitionsbedarf in Infrastruktureinrichtungen rund um den Globus klingt gigantisch. So rechnet die Weltbank bis 2010 mit Investitionen von knapp 850 Milliarden Dollar pro Jahr. Mehr als die Hälfte davon – so die Schätzungen - werden auf Schwellenländer entfallen. Das verwundert nicht: Während es in den entwickelten Industriestaaten größtenteils darum geht, die maroden Infrastrukturnetze zu modernisieren, müssen diese Einrichtungen in Teilen der Emerging Markets überhaupt erst aufgebaut werden. Gerade in den boomenden Volkswirtschaften Indien und China ist der Ausbau der Infrastruktur ein wichtiges Thema. Das Reich der Mitte hat in den vergangenen Jahren seine Hausaufgaben erledigt und allein 2005 mit 201 Milliarden US-Dollar rund neun Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Straßen, Stromnetze und Kraftwerke und weitere Infrastruktureinrichtungen gesteckt. Straßen mit Schlaglöchern und ein Stromnetz, das einen Ausfall nach dem anderen nach sich zieht, schrecken Investoren aus dem Ausland sonst ab. Länder, die im weltumspannenden Handel nicht ins Hintertreffen geraten wollen, müssen daher eine verlässliche Infrastruktur zur Verfügung stellen. Gerade auch vor dem Hintergrund, dass die Lagerhaltung in Zeiten der Globalisierung immer mehr an Bedeutung verliert245. Osteuropa - Verkehr wächst stärker als Gesamtwirtschaft Die EU-Osterweiterung sorgte für neue Impulse. Osteuropa gewinnt als Industriestandort rapide an Bedeutung, begünstigt durch niedrige Löhne und Steuern. Interessant für ausländische Investoren ist zudem die bereits hohe, 245 Vgl. ntv 143 und sich weiter steigernde Nachfrage nach Konsumgütern, die vor allem über den Import befriedigt wird. Probleme für ausländische Investoren liegen vor allem im politischen Sektor und dessen Verflechtung mit der Wirtschaft. Manche als "strategisch" bezeichneten lukrativen Sektoren der Wirtschaft werden gegen Auslandsinvestitionen regelrecht abgeschirmt (speziell Energieversorgung). Auch gibt es Versorgungsprobleme durch den aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung schnell steigenden Strombedarf. In manchen Gebieten sind die Transportwege chronisch überlastet und die termintreue Warenlieferung ist nicht immer gesichert. Der grenzüberschreitende Verkehr steigt überproportional. Dies stellt große Herausforderungen an die Infrastruktur vor allem in den Transitländern. Abbildung 51 Anstieg des Inlandsverkehrs der einzelnen Länder Quelle: EU-Kommission Hauptlast des Verkehrswachstums muss die Straße tragen Der Schienenverkehr hatte in früheren Zeiten einen höheren Anteil am Güterverkehrsaufkommen in Osteuropa. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs baut die Straße ihren Marktanteil jedoch weiter aus. Schienen (und Binnenwasserstraßen) werden auch künftig an Bedeutung weiter verlieren. Gründe hierfür sind die eindeutigen Systemvorteile des LKWs, wie Schnelligkeit und Zuverlässigkeit. Des Weiteren ist ein Wandel der gesamtwirtschaftlichen Produktionsstruktur zu beobachten, weg von Massengütern, hin zu hochwertigen Stückgütern. 144 Verkehrsmarkt in Russland auf Schiene fokussiert Die Güterverkehrsleistung auf der Schiene ist in Russland etwa zehn Mal so groß wie im Straßengüterverkehr. Der traditionelle Schwerpunkt liegt hierbei auf den Massenund Schüttgütern. Dieser Fokus auf die Schieneninfrastruktur stammt noch aus den Sowjetzeiten, begünstigt durch die Größe des Landes und der somit langen Transportwege. Der Straßengüterverkehr wächst zwar stark, verliert aber dennoch Marktanteile. Die Verkehrsentwicklung in Russland verhält sich entgegengesetzt zu den anderen Ländern. Trotz steigender Motorisierung wächst der Schienenverkehr schneller. Das unzureichende Straßennetz wird hier als wichtige Ursache genannt246. Große Herausforderungen an Infrastruktur Die Verkehrsinfrastruktur droht zum Engpassfaktor für die wirtschaftliche Entwicklung zu werden. Das von Experten erwartete Verkehrswachstum wird mit der bestehenden Infrastruktur kaum zu bewältigen sein. Grund hierfür sind erhebliche quantitative und qualitative Lücken. Eine quantitative Infrastrukturlücke bei der Schiene ist nur gering oder gar nicht vorhanden, der Nachholbedarf liegt vor allem bei den Autobahnen. Die qualitative Lücke bei beiden Verkehrsträgern ist in jedem Fall größer. Hoher Finanzierungsbedarf für Infrastruktur Leere Kassen der öffentlichen Haushalte machen neue Finanzierungsinstrumente erforderlich. Eine klassische Finanzierung der Infrastruktur aus Steuermitteln wird nicht ausreichen. Die EU strebt hierfür alternative Finanzierungsmodelle an. Es wird ein Übergang von einer so genannten Steuer- zur Nutzerfinanzierung (Maut) dringend notwendig. Betreibermodelle mit privatem Partner oder Mautsystem sollen primär unter staatlicher Kontrolle bleiben. Die EU will zudem europaweit eine Straßenbenutzungsgebühr für alle Verkehrsteilnehmer einführen. Aufgrund der Größe des Marktes und seiner geographischen Ausdehnung, den unterschiedlichen politischen Rahmenbedingungen in den einzelnen Regionen und der 246 Vgl. Deutsche Bank 145 wechselnden Güte der Infrastruktur müssen Investitionen und Kooperationen jedoch sehr gezielt und gut geplant angegangen werden. Spezielle Probleme mit Mautmodellen Der große Anteil von Neubaumaßnahmen zieht hohe Anfangsinvestitionen nach sich. Zudem ist eine Prognose des Verkehrsaufkommens für Neubaustrecken schwieriger als bei bestehenden Autobahnen. Dies stellt wiederum ein großes Risiko für private Investoren dar. Hinzu kommen noch die Unsicherheit hinsichtlich der Zahlungsbereitschaft und -fähigkeit, eine mögliche Existenz von Alternativrouten und die Unsicherheit der regionalen Verteilung des Verkehrsaufkommens. Politische Misswirtschaft Korruption Die Korruption ist ein ernstes Thema in Europa. Sie existiert in den EU-Altmitgliedern sowie in den europäischen Institutionen. In Osteuropa hat sie aber eine andere Quantität und auch Qualität: In allen seriösen internationalen Vergleichen sind die Korruptionsindices der osteuropäischen Staaten schlechter als die der meisten Altmitglieder. Auch bei der Osterweiterung der EU waren und sind die Korruption und ihre Bekämpfung eines der Kernprobleme. Vor der ersten Erweiterungsrunde widmeten die Monitoringberichte der Kommission der Korruption in den damaligen Kandidatenländern große Aufmerksamkeit, und auch bei den Verhandlungen mit den Kandidaten Bulgarien, Rumänien und Kroatien ist die Korruption eines der zentralen Themen. Schließlich werden auch die Rechtsbeziehungen zu den "Neuen Nachbarn" im Osten durch Korruption belastet, und ihre Bekämpfung ist ein Dauerthema im Dialog der EU mit diesen Staaten. Insgesamt haben die osteuropäischen Staaten große Anstrengungen unternommen, um das Problem der Korruption anzugehen. Ebenso vielfältig wie das Phänomen sind die Strategien, es zu bekämpfen. Die osteuropäischen 146 Staaten haben mit großer legislativer Kreativität neue Institutionen und Regelungen geschaffen, um die Korruption einzudämmen247. Bereits ein halbes Jahr nach dem Beitritt Rumäniens und Bulgariens in die Europäische Union wird deutlich, dass sich - anders als Politiker und Medien prophezeit haben - die politischen Verhältnisse in beiden Ländern keineswegs stabilisieren. Im Gegenteil, nachdem nun der Beitritt vollzogen wurde, brechen die Konflikte innerhalb der Eliten in heftiger Form auf. In Rumänien hat mit dem Referendum über die Amtsenthebung von Präsident Traian Basescu, der der Demokratischen Partei (PD) angehört, der schmierige Kampf innerhalb der verschiedenen politischen Lager seinen Höhepunkt erreicht. Das monatelange Hauen und Stechen unter den so genannten Volksvertretern in Bukarest hat deutlich macht, dass Demokratie hier ein Fremdwort ist. Dass der amtierende Staatspräsident dabei als vorläufiger Sieger hervorging, hat weniger mit seiner Beliebtheit oder gar einer Übereinstimmung in breiten Teilen der Bevölkerung mit seinem Programm zu tun, sondern viel mehr damit, dass seine Gegner noch verhasster sind als er. Hintergrund ist ein erbitterter Machtkampf innerhalb der herrschenden Elite um Geld, Macht und Einfluss. Der Präsident hatte sich als Kämpfer gegen Korruption und Vetternwirtschaft in Szene gesetzt. Er reagierte damit auf Forderungen der EU nach einer Justizreform, die mit der allgegenwärtigen Bestechung in Wirtschaft, Politik und dem Justizsystem aufräumen sollte. Gegenwärtig wird gegen eine ganze Reihe Abgeordneter fast aller Parteien wegen Korruption ermittelt. Aus dem Global Corruption Barometer der Organisation Tranparency Internationale ist Albanien das korrupteste Land überhaupt. Mehr als jeder zehnte der gut 63.000 befragten Bürger aus 60 Ländern gab an, dass er im letzten Jahr wenigstens einmal Schmiergeld bezahlen musste. TI zufolge stehen Polizei und Justiz an der Spitze der korrupten Einrichtungen, allerdings gibt es starke regionale Unterschiede248. 247 248 Vgl. „Im Blickpunkt“ Vgl. N24.de 147 Kriminalität Die russische organisierte Kriminalität ist keine vorübergehende und schon gar nicht eine zufällige Erscheinung. Die kriminelle Welt, die jahrzehntelang vom KGB kontrolliert, zuweilen auch kultiviert wurde, war während der siebzigjährigen Herrschaft der kommunistischen Nomenklatura längst zu einem Staat im Staate mit eigenen Gesetzen und Verhaltensregeln geworden. Mit dem Beginn der Reformen strömte das Verbrechen in die sich nun öffnenden Freiräume, verschmolz mit dem korrumpierten Teil des Staatsapparats und strebt heute nach Einfluss auf die Politik und das öffentliche Leben Russlands. Nicht nur für die junge russische Demokratie, sondern auch für die westlichen Industrieländer wird das organisierte Verbrechen der ehemaligen Sowjetunion, oft auch als die "Russenmafia" bezeichnet, zu einer aktuellen Bedrohung. Die Bekämpfung der internationalen Kriminalität ist inzwischen zu einem weltpolitischen Thema größter Tragweite auf dem Gipfeltreffen der G-8 Staaten geworden249. Das moderne russische organisierte Verbrechen entstand also aus zwei Hauptquellen: den "Modernisten" unter den "Dieben im Gesetz" und den korrupten Beamten auf allen Staatsebenen. Der im Westen geprägte Begriff "Russenmafia" ist jedoch ein wenig irreführend. Russland wird als potentiell reichstes und aufgrund seiner Größe am schwersten zu kontrollierendes Land der GUS von kriminellen Gruppierungen aller postsowjetischen Staaten als Basis genutzt. Das bedeutet aber nicht, dass die Mafiagruppen ausschließlich aus ethnischen Russen bestehen. Etwa 8.000 kriminelle Gruppierungen mit insgesamt etwa 100.000 Mitgliedern sind auf dem postsowjetischen Territorium aktiv, die 200 Größten unter ihnen haben sich sogar zu internationalen Konglomeraten entwickelt und operieren weltweit250. Spätestens nach dem Zerfall der Sowjetunion wurde der Westen mit dem organisierten Verbrechen aus dem Osten konfrontiert. In westlichen Geheimdienstkreisen glaubt man, dass das organisierte Verbrechen in Russland die Protektion der regierenden Oligarchie genießt, die in der postsowjetischen Periode aufkam und während der Krankheit Präsident Jelzins 1996 ihre Macht weiter ausbauen konnte. Das russische 249 250 Vgl. Personensicherheit.de Vgl. Personensicherheit.de 148 Innenministerium, das heute den Kampf gegen das organisierte Verbrechen leitet, schätzt, dass in Russland 40 Prozent der privaten und 60 Prozent der staatlichen Unternehmen sowie etwa 50 Prozent der Banken vom organisierten Verbrechen kontrolliert werden. Damit wären etwa zwei Drittel der russischen Wirtschaft direkt oder indirekt in der Gewalt der Mafia. Nach Angaben des CIA steht die Hälfte der 25 größten Banken Russlands mit der organisierten Kriminalität in Verbindung. Banken sind oft die zentralen Komponenten von russischen Mafia-Gruppierungen und dienen insbesondere der groß angelegten Geldwäsche auf internationaler Basis mit Zentren in Zypern, den Kanarischen Inseln und anderen off-shore-Bankzonen weltweit. Bis zu 300 Milliarden US-$ sollen nach Angaben des ehemaligen russischen Innenministers Anatolij Kulikow in den letzten fünf Jahren illegal außer Landes gebracht worden sein. Auch zahlreiche russische Medienorgane werden vom organisierten Verbrechen kontrolliert. "Transparency International", eine NGO, die sich mit dem Kampf gegen Korruption beschäftigt, schätzt Russland als eines der korruptesten Länder der Welt ein und stellt es auf eine Stufe mit Nigeria, Bolivien und Kolumbien. Die einzigen Organisationen, die heute in Russland einen Wahlkampf finanzieren können, sind große Großbanken, Öl- und Gaskonzerne oder kriminelle Gruppierungen. Parteien verkaufen vor Parlamentswahlen sichere Listenplätze an zahlungskräftige Kandidaten. Mit seinem riesigen Vermögen kann das organisierte Verbrechen eigene Kandidaten in regionale und föderale Parlamente führen, erlangt dadurch parlamentarische Immunität und politischen Einfluss. Staatliche Programme zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität werden nur mangelhaft implementiert, da es an der Finanzierung mangelt. Man versucht, die Symptome zu bekämpfen, anstatt strukturelle Reformen einzuleiten. Insbesondere in den Bereichen Drogenschmuggel, Prostitution, Glücksspiel, illegale Einwanderung, Erpressung, Bankbetrug, Steuerhinterziehung, Autoschieberei und Auftragsmorde verstärkt die russische Mafia ihr internationales Engagement. Neue Formen der Kriminalität wie Kreditkartenbetrug oder "Computer-Delikte" nehmen in letzter Zeit dramatisch zu. Nach Angaben des FBI stehen russische MafiaGruppierungen bereits mit anderen kriminellen Gruppierungen in über 50 Ländern in Verbindung. Dabei konzentriert sich die russische Mafia auf Mittel- und Westeuropa, die USA und Kanada, Israel, Südafrika sowie Mittel- und Südamerika. In all diesen 149 Gebieten findet eine aktive Geldwäsche statt, die es der Mafia ermöglicht, sich in die legale Wirtschaft dieser Länder einzukaufen. Dazugehörige Lösungen Privatisierung der Wirtschaft Unter Privatisierung251 wird die Verlagerung bestimmter staatlicher Aktivitäten in die Verfügungsgewalt des privaten Sektors der Volkswirtschaft verstanden. Aus wettbewerbspolitischer Sicht soll mit Hilfe von Privatisierungen und Deregulierungen eine Beseitigung von marktwirtschaftlichen Verzerrungen erreicht werden, die von öffentlichen Unternehmen und durch staatliche Beschränkungen verursacht werden. Unter der Deregulierung wird der Verzicht auf staatliche Maßnahmen verstanden, mit denen der Staat versucht, Marktversagen zu korrigieren und politische Zielsetzungen gegen den Markt durchzusetzen. Der Begriff "Deregulierung" wird hier generell für Tatbestände verwendet, bei denen der Staat ganz oder teilweise darauf verzichtet, regulierend in wirtschaftliche Prozesse einzugreifen. Begründet wird die Notwendigkeit eines solchen Verhaltens mit dem Argument, dass der Staat in ausuferndem Maß die Wirtschaft mit Regulierungen einschränkt, mit negativen Folgen. Die Begriffe, Deregulierung und Privatisierung, werden häufig in Ihrer Bedeutung nicht klar unterschieden und sogar synonym verwendet. Absicht der Deregulierung und der Privatisierung sind die Liberalisierung der Märkte, mit dem Ziel: -Innovationen durch Konkurrenz zu fördern - neue Arbeitsplätze zu schaffen - in den Unternehmen höhere Effizienz zu erreichen - dem Staat eine Entlastung der öffentlichen Haushalte zu ermöglichen. Die Aufgaben der Privatisierung sind folgende: - Kapital zur Finanzierung des Betriebes soll aufgebracht werden 251 Vgl. Wikipedia 150 - Technisches und wirtschaftliches Wissen soll eingebracht werden - Eine effiziente Kontrolle der Betriebsführung soll gewährleistet werden. Die russische Privatisierung, erfolgte in Etappen. Die erste Etappe reichte von 1992 bis 1994. Sie wurde mit der Einführung des Privatisierungsprogramms im Jahr 1992 eingeleitet. Charakteristisch für diese erste Privatisierungsphase waren die Privatisierungsschecks (Vouchers), die an die russischen Bürger ausgegeben wurden und gegen Aktien staatlicher Unternehmen eingetauscht werden konnten. Insgesamt wurden 151,4 Mio. Vouchers im Nennwert von jeweils 10.000 RUR verteilt252. Dennoch brachte die Voucherprivatisierung dem Staatshaushalt nur geringe Einnahmen, da eine Reihe bedeutender Unternehmen weit unter ihrem Marktwert verkauft wurde. Zudem hatte die Voucherprivatisierung den Effekt einer breiten Streuung der Aktienanteile und der damit einhergehenden Zersplitterung der Investitionsressourcen, effektives unternehmerisches Verhalten der Investoren war dadurch nahezu ausgeschlossen. In der Zweite Etappe der Privatisierung (1994 bis 1996) bewirkten die unbefriedigenden Ergebnisse der Voucherprivatisierung Mitte 1994 eine Trendwende von der unentgeltlichen Voucher- zur entgeltlichen Geldprivatisierung. Der Wechsel des Privatisierungsverfahrens führte jedoch zunächst zur Verlangsamung des Privatisierungstempos, das im Zuge des Präsidentschaftswahlkampfes im Juni 1996 fast zum Stillstand kam. Die russische Regierung sah sich deshalb zu einer neuen Akzentuierung ihrer Privatisierungspolitik veranlasst. Sie führte im Juli 1996 ein Pfandprogramm ein: Die leeren Staatskassen sollten durch die Verpfändung von Aktienpaketen gegen Kredite gefüllt werden. Die russischen Banken gingen aus den Pfandauktionen meist als Sieger hervor, und nachdem sich herausstellte, dass die Regierung die Kredite nicht zurückzahlen konnte, wurden die Aktienpakete ausgeschrieben, wobei wiederum meist die russischen Banken − als Insider und Organisatoren des Ausschreibungswettbewerbs − klar im Vorteil waren253. In der Dritten Etappe der Privatisierung 1997 wurde das Gesetz über die Privatisierung von staatlichem Vermögen verabschiedet und die Grundlagen der Privatisierung von 252 253 Vgl. Russland.ahk.de Vgl. AHK 151 kommunalem Vermögen in der Russischen Föderation erhielt, der Anfang der Neunzigerjahre in Gang gesetzte Privatisierungsprozess in Russland, eine umfassende gesetzliche Grundlage. Zugleich wurde hierdurch die dritte Phase der Privatisierung eingeleitet, die insgesamt durch Erlösmaximierung, größere Transparenz und Berechenbarkeit für die Öffentlichkeit gekennzeichnet war. Dieses Gesetz, dessen Hauptziele die Maximierung der Einnahmen aus der Privatisierung für den Staatshaushalt, die Förderung der privaten Investitionen sowie die Schaffung eines fairen Wettbewerbs in der russischen Wirtschaft waren, enthielt auf der einen Seite zahlreiche Neuerungen, die dem Privatisierungs- verfahren insgesamt eine größere Transparenz und Übersichtlichkeit verliehen. Es verstärkte die staatliche Kontrolle an der Privatisierung und legte ausschließlich und abschließend die Privatisierungsmethoden fest. Die zulässigen Privatisierungsmethoden sind: - die Versteigerung - die öffentliche Ausschreibung mit Investitions− und Sozialbedingungen - der Verkauf von Aktien an die Beschäftigten - die Verpachtung mit Erwerbsrecht - die Einlage von staatlichem oder kommunalem Vermögen in das - Stammkapital einer Kapitalgesellschaft Auf der anderen Seite beinhaltet das Gesetz auch zahlreiche Einschränkungen, die Privatisierungsverfahren unnötig bürokratisieren. So sind viele Bereiche grundsätzlich von der Privatisierung ausgeschlossen. Die Privatisierung der größeren staatlichen Unternehmen darf in der Regel nur nach Einzelfallentscheidung der russischen Regierung erfolgen. Eine weitere bürokratische Hürde wurde durch die Zustimmungserfordernisse zahlreicher zentraler Behörden geschaffen. Als positiv zu bewerten ist, dass die Vergünstigungen der Voucher-privatisierung abgeschafft wurden und ausländisches Kapital, das zuvor von der Privatisierung ausgeschlossen war, an den Versteigerungen und Ausschreibungen teilnehmen darf. Für eine Reihe von Vorhaben bestehen allerdings noch Genehmigungsvorbehalte der Regierung bzw. der örtlichen Behörden. Der Kurswechsel in der Privatisierungspolitik führte dazu, dass die russische Regierung im Haushaltsjahr 1997 durch Privatisierungen so viel Geld eingenommen hat wie nie zuvor. Doch dieser Betrag blieb noch immer deutlich unter den Möglichkeiten. Turbulenzen an den Finanzmärkten und zahlreiche Wechsel der Regierung haben in der Vergangenheit dazu geführt, dass viele bereits konkret anvisierte Entstaatlichungen 152 verschoben wurden. Die Fehlprivatisierung der neunziger Jahre zwang zum Nachdenken über neue Konzeptionen, um die verbliebene, immer noch sehr hohe staatliche Beteiligung an der Wirtschaft vernünftiger als bisher in die private Hand zu überführen. Im Jahr 2000 wurde auf Grund des Privatisierungsgesetzes aus dem Jahre 1999 eine neue Konzeption geschaffen, die an der Reduzierung des Staatsvermögens orientiert ist. Die neu konzipierte Politik orientiert sich an zwei wesentlichen Prinzipien: Erstens soll die Privatisierung vom Eigentümer durchgeführt werden, und zweitens muss sie wirtschaftliche Ergebnisse erzielen, d. h., sie soll Investitionen generieren. Mit der inzwischen − nicht zuletzt dank intensiven Dutna−Dialogs − erfolgten Novellierung des strengen Privatisierungsgesetzes, das am 27. April 2002 in Kraft getreten ist, sind nun auch die Voraussetzungen für die Umsetzung der neuen Konzeption geschaffen, von der man sich in der Praxis folgende Verbesserungen erhofft: Reduzierung der Insiderprivilegien und völlige Gleichbehandlung inländischer und ausländischer Investoren dank Ausschreibung als Verfahrensregel; des Weiteren darf die Art und Weise der Durchführung nicht mehr vom Management allein bestimmt werden. Am 30. Oktober 2001 ist das neue „Bodengesetz“ in Kraft getreten, das den Privatisierungsprozess beschleunigen soll. Das Privateigentum an Grundstücken in der Russischen Föderation wird anerkannt, soweit das betreffende Grundstück im Privateigentum stehen darf und soweit es der Eigentümer rechtmäßig erworben hat. Unter diesen Voraussetzungen dürfen auch Ausländer Eigentümer von Grundstücken werden. Bestimmte Flächen, die in einer vom Präsidenten noch zu bestätigenden Liste aufgeführt sein werden, sowie landwirtschaftliche Grundstücke sind davon ausgeschlossen. Nach dem im Juli 2002 verabschiedeten und am 1. Februar 2003 in Kraft getretenen föderalen Gesetz über die Regulierung des Verkehrs landwirtschaftlicher Flächen, das den Kauf und Verkauf landwirtschaftlicher Flächen zulässt, können ausländische Personen und russische juristische Personen mit einer ausländischen Beteiligung von mehr als 50% die landwirtschaftlichen Flächen nicht in Eigentum erwerben, sondern nur auf Pachtbasis bewirtschaften. Neben dem Bodengesetzbuch ist das am 20. Januar 2002 in Kraft getretene Zuordnungsgesetz vom 17. Juli 2001 für die Ordnung der bodenrechtlichen Verhältnisse 153 von grundlegender Bedeutung, welches die Frage der Aufteilung des staatlichen Bodens auf die Ebenen Föderation, Subjekte der Föderation und Gemeinden regelt.254 In Litauen kurbelt die Privatisierung die Wirtschaft an. Die Auflösung der Sowjetunion und der Zusammenbruch der osteuropäischen Märkte führten zu tief greifenden Umstrukturierungen der litauischen Wirtschaft und bewirkte vor allem einen Rückgang des Industriesektors. Sein Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank von 39,4 Prozent im Jahr 1992 bis heute auf 34 Prozent. Wichtige Industriezweige sind die Textilproduktion, die holzverarbeitende Industrie, die chemische Industrie, die Nahrungsmittelherstellung und der Maschinenbau. Die wichtigsten Exportgüter sind Textilien, Erdölprodukte und Maschinenbauerzeugnisse255. Zum wirtschaftlichen Aufschwung hat ab Mitte der 90er-Jahre der schnell voranschreitende Privatisierungsprozess beigetragen. 1996 wurden bereits 70 Prozent des gesamten Bruttoinlandsprodukts von privaten Unternehmen erwirtschaftet. Der Dienstleistungsanteil macht heute rund 60 Prozent des BIP aus. Eine wesentliche Rolle spielt für die litauische Wirtschaft auch die Landwirtschaft. Rund 51 Prozent der Gesamtfläche des Landes werden so genutzt, und ihr Anteil an der wirtschaftlichen Gesamtleistung beträgt heute noch 5 Prozent. Auch in Albanien tut sich einiges. Lange Zeit war Albanien, wirtschaftlich gesehen, unattraktiv in Europa. Doch seit einiger Zeit kommt zunehmend Bewegung in die Wirtschaft. In ihrem Bemühen, die Entwicklung von Albaniens Wirtschaft voranzutreiben und Anschluss an die anderen südosteuropäischen Staaten zu finden, macht die Regierung nun ernst mit der Privatisierung großer Staatsbetriebe. Das albanische Wirtschaftsministerium hat die Privatisierung von 76% der staatlichen Telefongesellschaft Albtelecom sh.a. sowie von mindestens 51% der Ölgesellschaft Armo sh.a. beschlossen und international ausgeschrieben. Albtelecom besitzt das Monopol auf Festnetzdienste. Zu den Geschäftsfeldern gehören des Weiteren traditionelle Telex- und Telegraphendienste, die Vermietung von Leitungen, nationale und internationale Datenübertragungs- und ISDN-Services, Internetzugangs- und Internetportaldienste, Value added-Telefondienste und Funkdienste für die Kommunikation auf See. 254 255 Vgl. AHK Vgl. Focus 154 Politische Maßnahmen Das kleine Land Serbien schaffte es, sich in den letzten Jahren zum „Top-Reformer weltweit“ zu entwickeln. Dies ist nicht nur der günstigen Verkehrslage Belgrads – in Belgrad kreuzen sich die paneuropäischen Transportkorridore 10 und 7 – oder den niedrigen Ursprungszöllen auf dem russischen Markt zu verdanken, sondern auch einem umfassenden Reformprogramm der serbischen Regierung. Abbildung 52 Günstige Verkehrslage Serbiens Quelle: DVZ Nr.138 So lockte die Regierung ausländische Investoren mit steuerlichen Vergünstigungen und befreite Unternehmen ab einer Investition von mehr als 7,5 Mio. € sogar gänzlich von der Körperschaftssteuer. Mitarbeiter-Neueinstellungen werden steuerlich begünstigt. Ebenfalls können bis zu 80% der Investitionen in Sachanlagen steuerlich gutgeschrieben werden. Außerdem hat man in Serbien die Zeichen der Zeit erkannt und der früher zähen Bürokratie das Handwerk gelegt. Die durchschnittliche Dauer für eine Unternehmensregistrierung konnte so von ehemals 51 Tagen auf 18 Tage reduziert werden. Die Einfuhr von Investitionsgütern wurde von Zollgebühren befreit. Ausländische Unternehmen werden wie inländische Unternehmen behandelt und bekommen für Investitionen in Produktion, Forschung, Entwicklung sowie für international vermarktbare Dienstleistungen finanzielle Fördermittel von der Regierung. Auch erkannte die serbische Regierung den hohen Stellenwert des vorhandenen Humankapitals. Die Zahl der graduierenden Studenten in Serbien steigt stetig. Ebenfalls wird bereits in der Schulausbildung großer Wert auf die unverzichtbar wichtige, 155 englische Sprache gelegt. 42% der serbischen Bevölkerung sind des Englischen mächtig. Zum Vergleich: die Quoten übriger osteuropäischer Staaten (Tschechien, Polen, Rumänien, Bulgarien, Ungarn) liegt bei unter 20%.256 Auch die EU lobt Serbien und investiert in diesem Jahr, 2008, bereits 190,9 Mio. € in dem Nicht-Mitgliedsland. Geld das in Serbien in den Ausbau der Infrastruktur, sowie in Bildungsmaßnahmen gesteckt werden soll. Weitere 2,5 Mio. € investiert die Regierung in den Kampf gegen die Korruption im eigenen Land257. Die meisten osteuropäischen Länder richten sich nach diesem Musterbeispiel. Russland investierte im Jahr 2007 über 2 Mrd. € in die eigene Infrastruktur.258 Technische Innovationen In Tschechien nimmt heute immer mehr der Bereich IT und Telekommunikation eine wachsende Bedeutung ein. Bis 2009 sollen auf dem IT Sektor innerhalb der Segmente IT Soft- und Hardware sowie IT Services bis zu 75.000 Menschen arbeiten - und dies sowohl in nationalen als auch verstärkt in internationalen IT Firmen, die sich seit mehreren Jahren in der Tschechischen Republik ansiedeln. Aktuell sind 56.000 Arbeitnehmer in der IT Branche beschäftigt, dies entspricht einem Zuwachs von 71 Prozent seit dem Vergleichsjahr 2000. Die Branche setzte nach eigenen Angaben in den zurückliegenden Jahren rund 71 Millionen Euro um. In den kommenden Jahren werden laut den Angaben der Czech ICT Alliance Umsatzsteigerungen zwischen 8,5 und neun Prozent jährlich erwartet259. Das größte Wachstumspotenzial wird innerhalb der Segmente IT Dienstleistungen erwartet, die sich in die Untersektoren IT Beratung, Managed Services, Software Development und IT Outsourcing Leistungen aufgliedern lassen. Nach Indien und China zählt die Tschechische Republik zum drittgrößten Outsourcing Standort weltweit. Innerhalb des europäischen Umfelds nimmt Tschechien eine führende Stellung vor Polen und Ungarn ein. Über Zweidrittel (81%) der Firmen sind an langfristigen Partnerschaften in Form von Handelsvertretungen mit ausländischen Firmen innerhalb und außerhalb der Tschechischen Republik vertreten. Die am häufigsten angebotenen Dienstleistungen innerhalb des Outsourcing Umfeldes sind Softwareentwicklung und Systemintegration. Führend auf dem tschechischen 256 Vgl. DVZ Nr.138 Vgl. Wirtschaftsblatt 258 Bundesargentur für Außenwirtschaft 259 Bgl. IMG 257 156 Outsourcing Markt ist die einheimische Firma CertiCon. 2003 als Spin Off aus der Fakultät für Wirtschaft der Technischen Universität Prag hervorgegangen, verfolgt sie das Ziel, Wissen und Interessen der Anbieter mit den tatsächlichen Bedürfnissen des Marktes innerhalb eines gesamtwirtschaftlichen Konzeptes zu vereinbaren. Heute ist die CertiCon ein unabhängiges Unternehmen, das einen umfassenden Service über die komplette Software Lifecycle Entwicklung bis hin zu Individuallösungen in Beratungsfragen, Studien, Implementierungen und Anwendungen liefert. Nicht erst seit der Eingliederung in die Europäische Union entdecken multinationale Firmen wie DHL, SunMicrosystems, SAP, Hewlett Packard oder Red Hat das Potenzial des tschechischen IT Marktes. Nach einer Studie des EITO (European Information Observatory) aus dem Jahr 2006 hat die tschechische Republik einen der bestentwickelten IT Märkte innerhalb der neuen EU-Mitgliedsstaaten. Die Ausgaben für Informations- und Kommunikationstechnologie steigen jährlich um fünf Prozent. Im vergangenen Jahr betrugen sie rund Rahmenbedingungen 6 und Milliarden gut Euro. ausgebildete Daneben und bilden motivierte die gesetzlichen Mitarbeiter ideale Voraussetzungen. Die tschechische Republik verfügt nach den USA und der Schweiz über die höchste Anzahl an Schulabgängern mit weiterführender Schulbildung. Besonders stark gefördert werden mathematische und naturwissenschaftliche Fächer, hier besteht nach Angaben des tschechischen Institutes für Information und Ausbildung das höchste Niveau innerhalb des gesamten ost- und zentraleuropäischen Raumes. Ein entscheidender Faktor für Investoren aus dem westeuropäischen Ausland und aus Übersee ist das Lohnniveau. Wenngleich es durch die Eingliederung der Tschechischen Republik in die EU einen leichten Anstieg erfuhr, der fünf Prozent oberhalb des Ausgangslohnes liegt, erreicht es in seiner Gesamtheit immer noch nur ein Drittel des westeuropäisches Lohnniveaus. Nach Angaben der Studie „IT & Software Development in the Czech Republic“, die vom tschechischen Wirtschafts- und Entwicklungsinstitut herausgegeben wurde, würden die tschechischen Lohnkosten innerhalb der IT und Kommunikationsbranchen die aktuellen, europäischen Durchschnittslöhne nicht innerhalb der nächsten 15 – 20 Jahre erreichen, selbst wenn die Lohnkosten jährlich um zehn Prozent ansteigen sollten. Entscheidende Impulse erfahren einheimische Unternehmen sowie ausländische Investoren durch die Aktivitäten und die Unterstützung der CzechInvest. Die CzechInvest ist eine Agentur des Ministeriums für Industrie und Handel. Seit der Gründung im Jahr 1992 trägt die Agentur mit ihren Dienstleistungen 157 und Investitionsanreizen zum Zufluss direkter Auslandsinvestitionen und der Förderung heimischer Unternehmen bei. Aber auch die russische Softwareindustrie profitiert zunehmend vom weltweiten Trend zur Auslagerung komplexer Programmieraufträge. Nach einer aktuellen Studie des Branchenverbandes Russoft sind die Exporte der Softwareentwickler 2006 um über 50% gestiegen. Die Regierung plant nun Steuererleichterungen für die Branche, um die IT-Ausfuhren weiter zu stimulieren. Außerdem wollen viele Softwareunternehmen ihre Präsenz im Ausland erweitern. Deutschland ist dabei ein Schwerpunktland. Russlands Softwareindustrie erzielte 2006 rund 1,5 Mrd. US$ Umsatz im Ausland, ein Plus von 54% im Vergleich zum Vorjahr. Für 2007 erwartet der Branchenverband Russoft einen weiteren Anstieg der Exporte um 40% auf 2,1 Mrd. Dollar260. Die Experten sehen das Potenzial der russischen Softwareexporte bei weitem noch nicht ausgeschöpft: Angesichts der verfügbaren Programmierkapazitäten könnten bis zu 10 Mrd. $ mit Exporten verdient werden39. Wie Russoft in seiner aktuellen Jahresstudie berichtet, erwarten die russischen Softwarehäuser allerdings auch auf dem Binnenmarkt mehr Dynamik. Das hat eine Umfrage unter den Mitgliedsunternehmen ergeben. Aufträge von russischen Kunden seien demnach inzwischen genauso lukrativ und profitabel wie von ausländischen Kunden. Größere Unternehmen mit Jahresumsätzen ab 4 Mio. $ kooperieren mit Hochschulen, um Nachwuchs zu gewinnen. Etwa ein Drittel der Firmen finanziert eigene Fortbildungskurse. Im Unterschied zu anderen russischen Branchen ist die Mitarbeiterfluktuation im Softwaresektor relativ gering und schwankt jährlich zwischen 6 und 8% des Personalbestandes. Nach Angaben von Russoft sei dies ein erheblicher Wettbewerbsvorteil gegenüber Indien, wo jedes Jahr etwa 70% der Programmierer den Arbeitgeber wechselten. Die Gehälter in der Softwarebranche sind 2006 bei den großen Häusern um rund ein Viertel gestiegen, bei kleineren Unternehmen sogar um bis zu 50%. Durchschnittlich 260 Vgl. BFAI 158 verdienen Programmierer in Russland inzwischen deutlich mehr als 1.000 $ pro Monat. In Moskau liegen die Durchschnittsgehälter bei 1.850 $, in Sankt Petersburg bei 1.400 $ und in Nowosibirsk bei 1.100 $.261 Fazit Können Ost- und Westeuropa im globalen Wettbewerb erfolgreich bestehen? Im letzten Jahr rief Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy eine „Gruppe der Weisen“ ins Leben, deren Aufgabe es sein sollte, sich mit dem Aussehen Europas im Jahre 2030 zu befassen. Für unser Fazit möchten wir uns der Argumentationsgrundlage des englischen Außenministers, David Miliband, bedienen. Die Aussichten und das Potenzial für den Fortschritt der Menschheit waren nie besser als heute. Aber der westeuropäische Wohlstand und die Sicherheit sind bedroht. Statt Globalisierung in kontrollierte Bahnen zu lenken, greifen manche zu Mitteln des Protektionismus, um Globalisierung abzuwehren. Religiöse Extremisten verbreiten Hass und spalten die Gesellschaft. Unsicherheit der Energieversorgung und Klimawandel drohen einen Kampf um Ressourcen auszulösen. Schurkenstaaten und gescheiterte Staaten tragen in sich die Gefahr von Konflikten, deren schädliche Folgen auf Europa übergreifen werden. Diese Bedrohungen geben der Europäischen Union eine neue Daseinsberechtigung. Neu deshalb, weil die noch nicht abgeschlossene Arbeit an der inneren Reform zur Modernisierung des westeuropäischen Wirtschafts- und Sozialmodells allein nicht ausreicht, sich der großen Fragen der Bürger Europas, ihrer Hoffnungen und Ängste anzunehmen. Eine neue Daseinsberechtigung für die EU, weil einerseits die Nationalstaaten, trotz all ihrer dauerhaften Stärken, zu klein sind, um mit diesen großen Problemen allein fertig zu werden, aber andererseits das globale System von Governance zu schwach ist. Somit kann die EU Pionierarbeit leisten und eine Führungsrolle übernehmen. Der westeuropäische, einheitliche Binnenmarkt und seine Standards, die Attraktivität der EU-Mitgliedschaft und die Legitimität, die Vielfalt und 261 Vgl. BFAI 159 das politische Gewicht von 27 Mitgliedstaaten sind große Vorteile. Die EU wird nie eine Supermacht sein, könnte aber eine Vorbildmacht für regionale Zusammenarbeit werden. Um erfolgreich zu sein, muss die EU offen für Ideen, für Handel und für die Menschen sein. Sie muss gemeinsame Institutionen aufbauen und gemeinsame Aktivitäten mit ihren Nachbarn entwickeln. Sie muss gleichermaßen eine Union für Europa wie eine Union für die Umwelt sein. Und sie muss in der Lage sein, sowohl "harte" als auch "sanfte" Machtmittel zur Förderung von Demokratie und Beilegung von Konflikten jenseits ihrer Grenzen einzusetzen. Offene Märkte, Subsidiarität, bessere Rechtsetzung und Erweiterung gehören heute viel mehr zum normalen Wortschatz der europäischen Debatte als Wendungen wie Vereinigte Staaten von Europa, einheitliche Besteuerung oder gemeinsame Industriepolitik. Die Wahrheit ist, dass die EU sich erweitert, neu gestaltet und geöffnet hat. Eine EU von 27 Nationalstaaten oder noch mehr wird nie die Leichtfüßigkeit oder die fiskale Grundlage haben, um eine dominierende Stellung einzunehmen. In Wahrheit wird Europa in der Welt von 2050 wirtschaftlich und demographisch weniger bedeutend sein, als es in der Welt von 1950 war. Die EU hat die Chance, eine Vorbildmacht zu sein. Sie kann einen Weg zu regionaler Zusammenarbeit zwischen mittleren und kleinen Ländern vorzeichnen. Die das 21. Jahrhundert bestimmenden Herausforderungen sind globaler, nicht nationaler Natur. Wir haben mehr als zehn Jahre mit Debatten über institutionelle Reformen verbracht. Alle Beteiligten sind jetzt erschöpft, während der Rest der Menschen in Europa sich entweder gelangweilt fühlt oder wütend ist. Die EU muss nun daran gehen, die Risiken der nächsten Globalisierungswelle zu managen und ihren Nutzen für ihre eigene Bevölkerung wie auch für die ganze Welt zu maximieren. Die Unsicherheiten der Lage und die Gefahren im Jahre 2030 sind klar: Europa im Krieg, nicht innerhalb seiner eigenen Grenzen, sondern im Krieg mit Kräften jenseits seiner Grenzen. Globales Kapital, globale Menschen und globale Waren, mit denen Europa keinen Frieden geschlossen hat. Religiöser Extremismus und Spaltungen vor der eigenen Haustür. Unsicherheit der Energieversorgung und Klimawandel bedrohen die westliche Sicherheit und seinen Wohlstand. Konflikte und Instabilität in Regionen, in denen der Westen Europas wirtschaftliche und auch moralische Interessen hat. 160 Um diese Zukunft zu vermeiden muss das Europa der nächsten Generation auf 4 Grundsätzen aufbauen. 1. Ein weltoffenes Europa. Ausgangspunkt ist, dass eine Macht, die im 21. Jahrhundert Vorbild sein will, den Blick nach außen richten muss, wie Manuel José Barroso, Präsident der Europäischen Kommission, sagte: "… ein globales Europa muss ein offenes Europa sein." Dieses Leitprinzip beinhaltet also, dass Europa offen sein muss für Handel, offen für Ideen und offen für Investitionen. Diese Schlussfolgerung ist gar nicht so selbstverständlich. In ganz Europa geraten Produzenten in Versuchung, den Schutz von Zöllen zu suchen, ist es für Umweltschützer verlockend, sich eine mythische Welt der Selbstversorgung zurückzuwünschen, haben Gemeinschaften Angst vor ungesteuerter Zuwanderung. Offenheit erzeugt Risiken und Unsicherheit, aber auch Chancen. Westeuropas nationale Wohlfahrtsstaaten müssen den Menschen helfen, sich an schnelle wirtschaftliche und soziale Veränderungen anzupassen. Das ist hart. Zuwanderung ist ein großes Problem. Europa kann zwar ein attraktiver Standort für die größten Talente der Welt sein, aber keine Notunterkunft für die Ärmsten dieser Welt. Ohne ein gewisses Maß an Zuwanderung wird Europa mit seiner alternden und abnehmenden Bevölkerung vor wirtschaftlicher Stagnation und nicht mehr tragbaren Soziallasten stehen. Doch die Integration neuer Gemeinschaften ist lebenswichtig. Es kann das Problem der Migration nur dann an seiner Wurzel - den schlechten wirtschaftlichen Aussichten in den Nachbarländern - gepackt werden, wenn das westliche Europa die Öffnung seiner Märkte fortsetzt. Daher sind die wirtschaftlichen und sozialen Argumente gegen einen wirtschaftlichen Protektionismus so überwältigend. Offenheit - für neue Investitionen, neue Produkte, neue Dienstleistungen - sorgt für die Wettbewerbsanreize, die gebraucht werden, um die Leistungen insgesamt zu verbessern. Ein offenes, regulatorisches Umfeld schafft die Grundlage für die größte Wertschöpfung. Wenn Europa die Öffnung des Handels aufhält, hält es damit nur die Modernisierung der eigenen Volkswirtschaften und die Erhöhung der eigenen Produktivität auf. Europas Verbraucher würden gezwungen werden, höhere Preise zu zahlen. Dies würde lediglich die Lobby der Protektionisten jenseits der europäischen Grenzen stärken. Millionen von Bauern in Afrika würde so 161 der Weg aus der Armut verweigert. Mit dem Mut, auf mehr freien Handel und freie Investitionen zu drängen und als Vorbildmacht zu handeln würde Europa sich selbst und den Rest der Welt bereichern. Deshalb muss die Landwirtschaft Europas auf eine nachhaltige und moderne Grundlage gestellt werden, die Zölle verringert werden, die Energiemärkte geöffnet werden und die Schaffung eines einheitlichen Binnenmarktes für Dienstleistungen vollendet werden. Das heißt nicht, das allgemeine Niveau zu senken. Europa ist ein Beispiel dafür, wie man die Dynamik der Wirtschaft mit sozialer Gerechtigkeit in Einklang bringen kann. Man muss die Macht des Binnenmarktes für den Export dieser Werte nutzen. Europa hat bereits erlebt, wie der Binnenmarkt zur Hebung der Standards im Rest der Welt beitragen kann. Dank der Chemikalienverordnung REACH müssen jetzt die in chinesischen Produkten verwendeten Chemikalien europäischen Standards entsprechen. Die Größe dieses Marktes bedeutet, dass die europäischen Standards für einen niedrigen Ausstoß an Treibhausgasen zu globalen Standards werden könnten. 2. Gemeinsame Institutionen und gemeinsame Aktivitäten Das zweite Leitprinzip besagt, dass Europa die Macht gemeinsamer Institutionen und gemeinsamer Aktivitäten dazu nutzen muss, regionale Spaltungen sowie religiöse und kulturelle Gräben, besonders zur islamischen Welt, zu überwinden. Denn schließlich gibt es für 2030 ein düsteres Szenario: eine Welt, die sowohl national als auch international noch mehr als zuvor religiös gespalten ist. Größere Bedrohungen - sowohl im Inneren als auch von außen - durch Terroristen und Schurkenstaaten. Eine wachsende Feindseligkeit gegenüber dem Westen. Ablehnung der globalen wirtschaftlichen Veränderungen, von denen viele Menschen glauben, sie haben die westliche Welt auf ihre Kosten reicher gemacht. Die EU kann sich führend an der Suche nach einer Alternative beteiligen. Die EU selbst repräsentiert einen Triumph gemeinsamer Werte. Nun müssen diese gemeinsame Werte auch religiöse und nicht nur nationale Trennlinien überbrücken, finden und offen vertreten, damit Europa und seine muslimischen Nachbarn feste und unverbrüchliche Beziehungen zueinander pflegen können. Dies ermöglicht den gemeinsamen Dialog und hilft, Unternehmen, Gemeinschaften und Freundschaften aufzubauen. 162 Vorrangiges Anliegen muss jedoch sein, das gegebene Versprechen hinsichtlich der EU-Erweiterung zu halten. Der ehemalige tschechische Präsident Vaclav Havel erklärte im Dezember 2002: "… die Vision, Teil der EU zu werden, … war Triebkraft für Demokratisierung und Transformation in Mittel- und Osteuropa." Erweiterung ist mit Abstand Westeuropas bestes Mittel, den Geltungsbereich von Stabilität und Wohlstand zu erweitern. Ländern, die bereits auf dem Weg zum Beitritt sind muss die volle Mitgliedschaft gewährt werden, sobald sie die Beitrittskriterien in vollem Umfang erfüllen. Teil Europas zu sein, muss bedeuten, die gemeinsamen Regeln zu beachten und den gemeinsamen Besitzstand, der gemeinsame Werte wie Identitäten und Traditionen verkörpert, zu respektieren. Nicht alle Länder werden für eine volle Mitgliedschaft in Frage kommen oder den Willen haben, beizutreten. Daher sollte der Westen seine Europäische Nachbarschaftspolitik einen Schritt weiter nach vorn bringen. In aller Klarheit muss gesagt werden, dass Teilnahme keine Alternative zur Mitgliedschaft oder eine Art Wartezimmer ist. Europa muss Zugang zu allen Vorteilen des Binnenmarktes bieten. Der erste Schritt in diese Richtung wäre der Beitritt von Nachbarländern - besonders Russlands und der Ukraine - zur Welthandelsorganisation WTO. Darauf müsste Europa dann mit umfassenden Freihandelsabkommen weiter aufbauen. Das Ziel muss eine multilaterale Freihandelszone rundum an der westeuropäischen Peripherie sein - eine Art Europäischer Freihandelsassoziation EFTA, die die Länder des Maghreb, des Nahen Ostens und Osteuropas schrittweise in Einklang mit dem EU-Binnenmarkt bringen könnte. Nicht als Alternative zu einer EUMitgliedschaft, aber als ein potenzieller Schritt in diese Richtung. Letztendlich muss in Westeuropa auch mehr unternommen werden, um gemeinsame Werte aufzubauen und den eigenen Nachbarn näher zu kommen. Der Studentenaustausch im Rahmen des ERASMUS-Programms hat in den letzten zwanzig Jahren mit außerordentlichem Erfolg das gemeinsame Verständnis und die gemeinsame Identität unter europäischen Studenten gefördert. Etwa 150.000 Studenten nehmen jedes Jahr an diesem Programm teil und nutzen die Gelegenheit, eine andere Kultur in sich aufzunehmen und die Sprache eines anderen Landes zu lernen. Die EU-Staaten sollten sich das Ziel setzen, bis 2030 etwa ein Drittel des Austausches über das ERASMUS-Programm mit Ländern jenseits der EU-Grenzen zu verwirklichen, einschließlich mit Ländern des Nahen Ostens und Nordafrikas. 163 3. Konfliktverhütung Das dritte Leitprinzip sollte sein, eine Vorbildmacht nach internationalem Rechts und Menschenrechte nicht nur innerhalb seiner eigenen Grenzen zu pflegen, sondern sie auch außerhalb seiner Grenzen zu fördern. Die EU muss auch über seine Grenzen hinaus die eigenen Werte und Prinzipien leben, nicht nur innerhalb dieser Grenzen. Auf dem europäischen Kontinent haben Frieden und Demokratie Fuß gefasst. In dieser Hinsicht ist die EU ein außergewöhnlicher Erfolg. Aber ihre Bilanz ist - wie die Kriege auf dem Balkan gezeigt haben - nicht makellos. Die Aufgabe wird erst dann vollständig erledigt sein, wenn auch das letzte noch verbliebene Problem auf dem Balkan – die Kosovo-Frage – gelöst ist. Westeuropa muss damit beginnen, einen allgemeinen Konsens über die Regeln herzustellen, nach denen das internationale System funktioniert. Die Legitimität und das politische Gewicht von 27 Mitgliedstaaten muss genutzt werden, um das Prinzip der „Verantwortung zum Schutz“ im Herzen des internationalen Systems festzuschreiben. Europa muss bereit sein, die Verpflichtungen aus dem Kernwaffensperrvertrag aufrechtzuerhalten. Die EU muss die eigenen Mitgliedstaaten zur Unterstützung für den Abschluss eines Abkommens über den Waffenhandel mobilisieren. 4. Umweltunion Das vierte Leitprinzip besagt, dass jede Vorbildmacht im 21. Jahrhundert eine kohlenstoffarme Wirtschaft haben muss. Daher muss die Europäische Union auch zu einer Umweltunion werden. Mehr noch als Entscheidungen auf anderen Bereichen werden die Entscheidungen, welche die EU für die Energieerzeugung und den Energieverbrauch treffen wird, Auswirkungen auf die Welt haben, in der wir im Jahre 2030 leben werden. Die Investitionszyklen für neue Kraftwerke, neue Pipelines und neue Verkehrstechnologie erstrecken sich über Jahrzehnte. Mit den Entscheidungen, die die EU auf ihrer Ratstagung im Frühjahr des Jahres 2006 getroffen hat, hat sie ihren Ehrgeiz bewiesen, bei den Bemühungen um Klimaschutz eine Vorbildmacht zu sein. Indem sie unilaterale Ziele setzt und anbietet, noch weiter zu gehen, wenn andere mitziehen, nutzt Europa sein politisches Gewicht, um den Druck auf andere zu erhöhen, ebenfalls zu handeln. Indem man diese Ziele mit entsprechenden Verordnungen fördert und einen Preis für den Kohlenstoff setzt, fängt die EU an, ihr ökonomisches Gewicht auch für die Veränderung der Produktmärkte zu nutzen. Um aber eine Union für den 164 Umweltschutz zu werden, muss jedoch noch weiter gegangen werden. Es müssen anspruchsvolle und langfristige Vorschriften geschaffen werden, um den Ausstoß an Kohlendioxid in Schlüsselbereichen stufenweise zu eliminieren, um die Produktmärkte über die Standards, die gesetzt werden, zu verändern und um wirtschaftliche Vorteile bei Innovationen in der Umwelttechnologie zu erlangen. Auf lange Sicht läuft es darauf hinaus, den Haushalt enger an den externen Herausforderungen, vor denen Europa steht, auszurichten, insbesondere an den Erfordernissen des Klimaschutzes. Die Sicherheit der Umwelt, nicht die Sicherheit der Lebensmittelversorgung, ist die Herausforderung der Zukunft. Es ist eine viel sagende Tatsache, dass diejenigen Staaten, die nahe an der EU liegen, ihr beitreten wollen, und dass diejenigen, die sich etwas weiter weg befinden, ihr nacheifern wollen. Die EU kann wichtige Erfolge für sich beanspruchen. Der einheitliche Binnenmarkt hat auf einem von Kriegen heimgesuchten Kontinent Frieden und Wohlstand geschaffen. Die Erweiterung hat Mittel- und Osteuropa positiv umgewandelt. Der Kontinent ist für den globalen Wettbewerb gerüstet. 165 Zentralasien Problemsituation Ist-Analyse Länderprofile Zentralasien umfasst fünf unabhängige Republiken: Kasachstan, Kirgistan, Usbekistan, Turkmenistan und Tadschikistan. Als die UdSSR entstand, wurde Zentralasien bewusst in mehrere Republiken aufgeteilt, um ein Entstehen einer türkisch-islamisch geprägten Region, innerhalb des Sowjetstaats, zu verhindern. Von 1924 bis 1936 wurden die bekannten Staaten, als sozialistische Republiken, Teil der UdSSR. Im Folgenden sollen die Länder kurz in einer Tabelle vorgestellt werden. In der Tabelle 1 wird eine Gegenüberstellung der einzelnen zentralasiatischen Staaten angezeigt. Als Referenz werden die Daten von Deutschland ebenfalls angegeben. Es ist ersichtlich, dass Usbekistan das bevölkerungsreichste Land Zentralasiens (annähernd doppelt so viel, wie in Kasachstan) ist. Die größte Fläche ist jedoch in Kasachstan vorhanden (annähernd siebenmal so viel, wie in Usbekistan). Aus diesen beiden Fakten ergibt sich, dass Usbekistan deutlich dichter besiedelt ist, als Kasachstan. (Bevölkerungsdichte = Bevölkerung / Fläche) Wenn in der Tabelle1 die Bruttonationaleinkommen miteinander verglichen werden, wird ersichtlich, dass Kasachstan das wirtschaftlich am besten entwickelte Land Zentralasiens ist.262 Das Bevölkerungswachstum ist in Turkmenistan mit 1,4% am größten und in Kasachstan mit 0,9% am geringsten. Tabelle 5: Länderprofile im Vergleich Usbekistan Kasachstan Tadchikistan Kirgistan Turkmenistan Deutschland Bevölkerung 26.167.000 15.146.000 6.507.000 5.144.000 4.833.000 82.469.000 Bevölkerungsdichte 59 6 46 26 10 231 262 Vgl. Fischer (Weltalmanach 2008) 166 Bevölkerungswachstum 1,2 0,9 1,2 1 1,4 0,1 Fläche (in km²) 447.400 2.724.900 143.100 199.900 488.100 357.093 Amtssprachen Usbekisch Kasachisch Tadschikisch Kirgisisch Turkmenisch Deutsch Hauptstadt Taschkent Astana Duschanbe Bischkek Asgabat Berlin Bruttonationaleinkommen 520 2.940 330 450 710 34.870 Quelle: Eigene Darstellung Zentralasien umfasst ein Gebiet von 4.360.493 Quadratkilometern und ist eines der am dünnsten besiedelten Gebiete der Welt. Seine Bevölkerung von lediglich ca. 57,8 Millionen Menschen umfasst mehr als 100 verschiedene ethnische Gruppierungen, von Deutschen und Österreichern bis zu Tibetanern und Koreanern. Die größte Bevölkerungsgruppe ist jedoch die der Usbeken. Im Jahre 1992 lebten ungefähr 10,6 Mio. Russen in Zentralasien, jedoch kam es zu einer massiven Auswanderungswelle von Russen aus Tadschikistan und Usbekistan aus Furcht vor ethnischen Unruhen, islamischem Fundamentalismus263 und der Missachtung der Menschen- und Bürgerrechte, die mit Füßen getreten werden. Zentralasien erhält regelmäßig schlechteste Noten von bekannten Menschenrechtsorganisationen.264 So wurde z.B. von ausländischen Beobachtern und internationalen Menschenrechtsorganisationen die usbekische Regierung verdächtigt, unter der Parole der Bekämpfung "religiösen Extremismus" jeden noch verbliebenen Ausdruck von Regimekritik und Dissens unterdrücken zu wollen.265 Der Islam ist in Zentralasien in unterschiedlichem Maß verankert. Schwach nur bei den nomadisch geprägten Kirgisen, stark bei den sesshaften Usbeken. Zum Grundsatz „es gibt keinen Gott außer Gott, Allah“ bekennen sich in Kasachstan 63, in Usbekistan 82 und in Tadschikistan 79 Prozent der Bevölkerung.266 Zur Sowjetzeit wurde der Islam unterdrückt, heute lebt er wieder auf.267 263 Advantour (Zentralasien allgemein) 264 Friedrich Ebert Stiftung (Zusammenfassung und Ausblick) 265 Halbach, Uwe (Islamistische Bewegung) 266 Seifert Arne, (Der islamische Faktor und die Stabilitätsstrategie der OSZE in ihrer euro-asiatischen Region) 267 Stefanie Hensengerth, (Islam Zentralasien) 167 Demokratisierung Durch den Zusammenbruch der Sowjetunion entstand ein politisches Umdenken Wechsel von einem totalitären zu einem autoritären System, jedoch blieben entscheidende Akteure in allen Staaten die Präsidenten sowie die alte Nomenklatura aus sowjetischer Zeit.268 Während Turkmenistan konstant keinerlei Demokratisierungsentwicklungen aufzeigt, und auch Usbekistan auf gleich bleibend niedrigem Niveau stagniert, sind die Kurven der anderen drei Länder deutlich dynamischer. Sowohl Kasachstan, als auch Kirgisistan weisen jedoch einen Trend von einem im Vergleich mit den Nachbarn guten Demokratisierungsgrad, hin zu mehr Autoritärismus auf. Lediglich Tadschikistan zeigt eine leicht ansteigende positive Tendenz und erreicht 2003 den besten Wert aller zentralasiatischen Staaten. Insgesamt liegen die fünf Länder jedoch deutlich unter dem Durchschnittswert aller Transformationsstaaten. Folglich müssen die fünf Staaten als autoritäre Systeme klassifiziert werden.269 Diese Interpretation wurde auf Grundlage der Abbildung 1 durchgeführt. Abbildung 1 zeigt die Demokratisierungsentwicklungen zwischen 1997 und 2003 nach Daten der NGO Freedom House, die in einem jährlichen Bericht die Entwicklungen von Transformationsstaaten in punkto Demokratisierung bewertet.270 7 zeigt den geringsten Grad und 1 den höchsten Grad demokratischer Entwicklung an. In die Bewertung wurden folgende Faktoren berücksichtigt: Electoral Process, Civil Society, Indepenent Media, Governance. Abbildung 53: Demokratisierungsentwicklung zwischen 1997-2003 268 GUS-Barometer, (Zusammenfasssung, Dezember 2001) 269 List Dörthe, (Regionale Kooperation, 2004), S.46 270 Vgl. List Dörthe, (Regionale Kooperation, 2004), S.45 168 Quelle: Aus: Freedomhouse Im Jahre 2007 wurden die Staaten folgendermaßen bewertet: Kirgisistan: 4.5 (partly free), Kasachstan: 5.5 (not free), Tadchikistan: 5.5 (not free), Turkmenistan: 7 (not free), Usbekistan: 7 (not free).271 Somit ist ersichtlich, dass Kirgisistan inzwischen das demokratischste Land Zentralasiens ist und als teilweise frei eingestuft werden kann. Turkmenistan und Usbekistan sind der Demokratie am weitesten entfernt. Kasachstan hat seit 2003 wieder einen erfreulicheren Trend in Richtung Demokratie unternommen, ist jedoch noch weit davon entfernt. Islam in Zentralasien In der Zeit der Sowjetunion wurde der Islamismus sanktioniert, da die Sowjetunion eine atheistische Ideologie vertrat und religionsfeindliche Politik durchführte. Aufgrund dieser Liberalisierung der Religionspolitik wurde am Ende der sowjetischen Periode und der nach der Aufhebung des Eisernen Vorhangs von jungen Leuten aus dem Nordkaukasus, Tatarstan oder Mittelasien verstärkt religiöse Bildung nachgefragt (islamische Wiedergeburt). Diese Nachfrage wurde zu einem Teil im islamischen Ausland oder durch ausländisches Lehrpersonal im Inland befriedigt. Dieser Austausch öffnete nachsowjetische Gesellschaften auch für Strömungen des religiösen Fundamentalismus. Teilweise waren solche Kräfte schon in spätsowjetischer Zeit in Zentralasien, dort besonders im Ferganatal und in Tadschikistan, in Erscheinung getreten. Demoskopische Studien in Zentralasien zeigen ein wachsendes Bekenntnis zum Islam als Religion und nationales Erbe, die Option für eine stärkere politische Rolle der Religion, aber eine Minderheit für den "islamischen Staat".272 Jedoch sind aus den Islamisten auch, wie zuvor kurz angesprochen, gefährliche, internationale Terrorgruppen entstanden wie z.B. die IBU, die in Usbekistan überwiegend tätig ist und die Hizb-ut-Tahrir. Die IBU wurde von Präsident Bush auf eine Blacklist (Top5 Liste der gefährlichsten Terrororganisationen) gesetzt. Internationalen Gerüchten nach zu urteilen, hat Bush dieses getan, um Unterstützung 271 Aus: Freedomhouse 272 Vgl. Lüders Michael, (Macht und Glauben) 169 von Usbekistan im Zusammenhang mit dem Antiterrorkampf zu bekommen, 273 denn für die zentralasiatischen Staaten haben die Ereignisse nach dem 11.9.2001 in erster Linie dazu geführt, dass sie plötzlich im Zentrum der globalen Aufmerksamkeit standen, und ihre geographische Lage nicht mehr als peripher, sondern als strategisch bedeutsam wahrgenommen wurde. 274 Ursachen für die Entstehung der Radikalisierung von politischen islamischen Parteien, beginnen mit der Verweigerung, sie als einen "normalen" Teil des demokratischen Spektrums zu behandeln.275 Dieser Grundsatz wird anscheinend von Usbekistan mit Füssen getreten, wenn man sich die Einführung des 1998 novellierten Religionsgesetzes anschaut. Dieses unterwarf alle religiösen Aktivitäten der Bevölkerung strenger staatlicher Kontrolle. Nichtregistrierte Moscheen wurden geschlossen, die Benutzung von Lautsprechern für den Gebetsruf verboten, Studenten mit betont islamischer Kleidung des Campus verwiesen. Oft genügte die Barttracht, um einen jungen Mann des "religiösen Extremismus" zu verdächtigen. Strafverfahren gegen "Wahhabiten" und "religiöse Extremisten", die oft in Schauprozessen gipfelten, brachten viele islamische Aktivisten, auffallend viele aus dem Ferghanatal, ins Gefängnis.276 Der Islam in Zentralasien wird oft auf den Aspekt des „religiösen Fundamentalismus“ reduziert, was weder die tatsächlichen religiösen, kulturellen und sozialen Gegebenheiten widerspiegelt, noch der Religion gerecht wird, die ihrem Wesen nach friedfertig ist.277 273 Vgl. Reporting Central Asia, (Tashkent Cracks, 12.Oktober 2001) 274 List Dörthe, (Regionale Kooperation, 2004), S.113 275 Seifert Dr. Arne C. Botschafter, (Politischer Islam und Sicherheit, 05.12.2002) 276 Eurasia, (Silencing Central Asia, 29. Juli 2001) 277 List Dörthe, (Regionale Kooperation, 2004), S.238 170 Wirtschaft Tabelle 6: Wichtigste Wirtschaftsdaten im Vergleich Quelle: eigene Darstellung, Daten aus: Central Intelligence Agency (CIA): The World Fact Book 2007, http://www.odci.gov/cia/publications/factbook/index.html 171 Kasachstan verfügt über bedeutende Vorkommen an Bodenschätzen. Neben der weltgrößten Kohleschicht besitzt Kasachstan erhebliche Vorkommen an Eisen, Gold, Kupfer, Zink, Kobalt und Uran. Kasachstan macht jährlich mehr als 20 Mrd. US-Dollar Umsatz nur im Erzbergbau, das sind fast 40 % des BIP. Die gesamte Bleierzeugung von Kasachstan deckt 70 % der Bedürfnisse der GUSStaaten, bei der Zinkerzeugung liegt dieser Anteil bei rund 50 % und bei Kupfer bei 40 %.278 Kasachstan ist nach Russland der zweitgrößte Erdölproduzent der GUS, welche zurzeit täglich fast 1 Mio. Barrel produziert. Man erwartet allein von der Stadt Tengris mehr als 2 Mrd. Tonnen Erdölreserve, womit jährlich fast 40 Mio. Tonnen produziert werden können. Auch Deutsche Öl-Unternehmen haben einige Projekte im Süden Kasachstans. Kasachstan versucht seinen jährlichen Erdölumsatz um 3 Mrd. US-Dollar zu erhöhen. Erdölförderung, Exploration und Transport (Pipelines) haben in der Investitionspolitik des Landes Vorrang.279 Kasachstan weist im Vergleich mit den zentralasiatischen GUS-Republiken einen erheblichen Industrialisierungsgrad auf. Anders als bei diesen waren die wirtschaftlichen Verbindungen Kasachstans mit Russland sehr intensiv. Allerdings spielen in Wirtschaft und Bürokratie „familiäre Bande“, die von außen schwer aufzubrechen sind, eine bedeutende Rolle.280 Überdies wurden von ausländischen Investoren das fehlende Know-how der staatlichen Entscheidungsträger und die Defizite bei der Anwendung der neuen Gesetze als problematische Seite der Zusammenarbeit mit Kasachstan bezeichnet. Die Bundesrepublik Deutschland leistet durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) Betreuung und finanzielle Unterstützung für Kasachstan.281 Die Republik Kirgisien gehört nicht nur nach Fläche und Bevölkerungszahl, sondern auch nach der Wirtschaftskraft zu den schwächeren Republiken in Zentralasien. Im Gegensatz zu seinen ressourcenreichen Nachbarn hat Kirgisien kaum wertvolle Bodenschätze. Die Ausnahme ist sein großes Goldvorkommen. Kirgisien hat das Ziel, jährlich 15 Tonnen Gold aus seinen Bergbauregionen zu fördern. Die drei größten Goldreserven Kumtor, Dzeryi und Taldy-Bulak werden von Kanada, der Schweiz und 278 Vgl. Timothy Edmunds, (Power and powerless in Kasakstani society) S. 470. 279 Vgl. De Broeck, Kostial, (Output Decline in Transition), S. 69. 280 Vgl. Trares, (vwd Vereinigte Wirtschaftsdienste) 22.11.2000 281 Vgl. Trares (vwd, Vereinigte Wirtschaftsdienste), 22.11.2000. 172 Japan finanziert. Verglichen mit den anderen zentralasiatischen Republiken kann man Kirgisien als ein überdurchschnittlich auf marktwirtschaftliche Reformen orientiertes Land betrachten. Alles in allem beruht die Wirtschaftspolitik im Vergleich zu den Nachbarländern in der Region auf liberalen, marktwirtschaftlichen Prinzipien, und die Regierung versucht, Kirgisien zu einem Dienstleistungszentrum in der Region zu machen. Trotz der insgesamt schwierigeren Rahmenbedingungen (kleiner Binnenmarkt, niedrige Kaufkraft, schlechte Verkehrsinfrastruktur) könnte Kirgisistan mit seinem niedrigen Lohnniveau auch für Unternehmen interessant sein, die ihre Zukunftsmärkte in Russland/Sibirien, Kasachstan oder Westchina sehen.282 Usbekistan ist eine der ärmsten Republiken der früheren Sowjetunion. Mehr als 60 % der Bevölkerung lebt in ländlichen Gemeinschaften. Usbekistan bedarf der internationalen Hilfe zur Fortsetzung des Transformationsprozesses. Nach der Unabhängigkeit des Landes bestand eine sehr positive Einstellung der internationalen Wirtschaftsorganisationen zu Usbekistan, und die Wirtschaftspolitik des Landes wurde ganz auf die Umwandlung von einer zentral beeinflussten Wirtschaft in eine Marktwirtschaft ausgerichtet. Die Infrastruktur des Landes ist partiell recht gut ausgeführt, Modernisierung und Rehabilitierung sind aber in allen Subsektoren dringend nötig. Einige schmale Grenzabschnitte zu Kirgistan und Tadschikistan sind weiterhin vermint. Überlandreisen können wegen des teilweise schlechten Zustands der Straßen und Fahrzeuge schwierig und gefährlich sein. Dies gilt auch für vielbefahrene Strecken wie zum Beispiel die von Buchara nach Samarkand oder von Samarkand nach Taschkent. Von Überlandfahrten bei Nacht wird abgeraten.283 Usbekistan ist sogar ein doppeltes Binnenland, es hat weder einen direkten noch einen indirekten (über Nachbarstaaten) Zugang zu den Weltmeeren.284 Was strukturelle Veränderungen betrifft, so wurden im Zuge der Wirtschaftsreform in der Republik folgende Schritte realisiert: Weitgehende Liberalisierung der Preise; einschneidende Reduzierung der staatlichen 282 Vgl. Auswärtiges Amt, 18.12.2007 283 Vgl. Auswärtiges Amt, (Reise- und Sicherheitshinweise für Reisende nach Usbekistan) 284 Vgl. Das Parlament, (Nr. 19), 7.5.2007 173 Subventionen; Abgehen vom System der Staatsaufträge bei der Mehrzahl der Produkte. Ebenso wurden die Anstrengungen in Richtung Privatisierung, Umstrukturierung der Volkswirtschaft sowie der Abwicklung unrentabler Unternehmen beträchtlich verstärkt. Auch ein solch lebenswichtiger Sektor der Volkswirtschaft wie die Landwirtschaft wird aus der direkten staatlichen Kontrolle entlassen; die Staatsgüter werden reformiert; Grund und Boden werden an Landwirte verpachtet.285 Turkmenistan war lange eine der ärmsten und unter den früheren Sowjetrepubliken am wenigsten entwickelten zentralasiatischen Republiken. Zwei Sektoren, Landwirtschaft und Petroleum, dominieren Turkmenistans Wirtschaft. Turkmenistan war wegen seines Vertrauens auf Öl- und Gasexporte zu Beginn vom Zerfall der früheren Sowjetunion weniger negativ betroffen als andere Republiken. Mit 2,9 Billionen Kubikmetern Erdgasreserven und zusätzlichen auf 14 Billionen Kubikmetern geschätzten Gasreserven ist Turkmenistan der viertgrößte Gaserzeuger der Welt. Das Land hat auch etwa eine Milliarde Tonnen Ölreserven. Turkmenistan ist ein Land von gewaltigen Bodenschätzen, in dem die Möglichkeiten zu Investition und Handel reichhaltig und zahlreich sind. Die Regierung ist um die verstärkte Nutzung dieses Potentials bemüht und bezieht hierzu auch ausländische Investoren ein. Turkmenistan begrüßt offiziell ausländische Investitionen, die darauf ausgerichtet sind, Turkmenistans Öl- und Gasnutzung zu steigern, in allen Bereichen und umwirbt aktiv große multinationale Energiekonzerne mit der Aussicht auf Zugang zu seinen Öl- und Gasreserven. Im ökonomischen Bereich hat sich Präsident Nijasow in 56 Kooperation mit dem Iran, der Türkei und Pakistan auf die Entwicklung von Gas konzentriert. Zuletzt unterstrich ein Transportstreit die Dringlichkeit, eine neue Rohrleitungsstrecke für Turkmenistan zu finden, wodurch sein Erdgas durch den Iran und die Türkei nach Europa gelangen kann. Wie die anderen zentralasiatischen Republiken erfuhr auch Tadschikistan nach der Unabhängigkeit 1991 einen eindeutigen wirtschaftlichen Einbruch. Mit einem durchschnittlichen BSP je Einwohner von 170 US-Dollar (2003) ist Tadschikistan eines der ärmsten Länder der Welt. Der drastische Rückgang des durchschnittlichen Einkommens hat eine tiefe Erosion der Kaufkraft verursacht. Eine bescheidene ökonomische 285 Aus: Wachidowa, Sanat, Regionale Integration unter Transformationsbedingungen,Wirtschaftsreformen und Umstrukturierung in Usbekistan. in: Dieter Heibert(Hrsg.): Reg. Integration in Zentralasien, Marburg, 1996, S. 297 174 Erholung begann erst, nachdem Tadschikistan im Jahr 1997 eine Darlehensvereinbarung mit dem Internationalen Währungsfonds (IMF) geschlossen hatte. Jedoch sieht sich Tadschikistan immer noch mit größeren Problemen konfrontiert. Viele Industrien laufen mit weniger als einem Viertel der vorherigen Kapazität. Knappheit an Treibstoff, häufige Einschnitte in Versorgungseinrichtungen, die Abwesenheit von Arbeitsmöglichkeiten, der Zusammenbruch der Gesundheit und Bildung, der öffentlichen Dienste und Einrichtungen und der Verfall von Recht und Ordnung haben in der städtischen und der ländlichen Bevölkerung immense Not verursacht. Armut und Nachwirkungen der Sowjetzeit Die zentralasiatischen Regierungen nahmen drastische Kürzungen im staatlichen Budget vor - mit grundlegenden Auswirkungen auf das Gesundheits- und Bildungswesen. Leistungen und Vorsorgeansprüche wurden entzogen und Gebühren für den sozialen Dienstleistungssektor erhoben. Medizinische Versorgung wurde kostenpflichtig. Bildung entwickelte sich regelrecht zu einer Art "Luxusware". Die Zahl der Analphabeten stieg an, und liegt heute bei bis zu 20 Prozent der zentralasiatischen Bevölkerung. Besonders arm sind die "Budzhetniki", also Staatsangestellte wie Lehrer oder Ärzte sowie Pensionäre und sozial Bedürftige, die kaum staatliche Unterstützung erhalten. Noch schlechter geht es größtenteils der Landbevölkerung, sie hält sich nur durch die Selbstversorgung über Wasser. Aber auch Städter sind gezwungen ihre Versorgung durch den Anbau von Gemüse und das Halten von Vieh sicherzustellen. Nach der Erlangung der Unabhängigkeit der zentralasiatischen Republiken und nach den Finanzkrisen in Russland 1998 und in Argentinien 2001 trug der Zusammenbruch der Sozialversicherungssysteme zur Unterernährung der einkommensschwachen Bevölkerungsteile bei. 286 Der Anteil der Bevölkerung, welcher von zwei US-Dollar pro Tag leben muss: - Tadschikistan 50,8% 286 Vgl. Arte TV,( Mit offenen Karten, Sendung vom 21. 09.2005) 175 - Turkmenistan 44% - Usbekistan 44,2% - Kirgisistan 34,1% - Kasachstan 15,3%. Die ökonomische Transformation zu einem marktwirtschaftlichen System ist innerhalb Zentralasiens höchst unterschiedlich ausgeprägt. Außer Usbekistan haben alle zentralasiatischen Länder das BSP von 1989 bis heute noch nicht wieder erreicht. Zu Sowjetzeiten wurde Zentralasien nachhaltig unter anderem durch ABC-WaffenVersuche, Raubbau an Bodenschätzen und Überdüngung der Felder verseucht. Die gesundheitlichen Folgen sind langfristig und weitreichend und noch nicht vollständig erfasst. Regional lässt sich jedoch eine erhöhte Zahl von Miss- und Totgeburten, von Krebsfällen sowie von früher Sterblichkeit nachweisen. In den zentralasiatischen Nachfolgestaaten der Sowjetunion zeichnet sich seit etwa sieben Jahren eine explosionsartige Zunahme der AIDS-Neuinfektionen ab.287 Die Hauptgründe sind der Drogenkonsum und ungeschützter, gleichgeschlechtlicher Geschlechtsverkehr. 287 Vgl. Eurasisches Magazin 04-05, 29.04.2005 176 Abbildung 54 - HIV-Infiziertenqoute Quelle: Aus. Fischer Weltalmanach 2008 177 Ressourcen Machtspiele um kaspische Energie sind so alt, wie die Geschichte des modernen Erdölzeitalters, dessen Beginn Anfang des 19 Jahrhunderts angesetzt wird. Um die Bedeutung der zentralasiatischen Energiereserven zu verstehen, bedarf es zunächst einer Beschreibung der globalen Versorgung getrennt nach Öl und Erdgas. Tabelle 7: Erdölproduktion & -verbrauch; gesicherte Reserven 2006 gesicherte Produktion1 Verbrauch1 Reserve2 Erdöl China 221 7.445 16,3 Deutschland 2.622 Europa 5.426 17.266 18,1 Russland 9.796 2.735 79,5 USA 6.871 20.589 29,9 Zentralasien* 1.714 481 39,8 Welt 81.663 83.719 1.208,2 1 : in 1.000 Barrel pro Tag : gesicherte Reserven in 1.000 Mio. Barrel * : Kasachstan, Turkmenistan & Usbekistan Quelle: Eigene Darstellung vgl. BP, (Energie in Zahlen Statistical Review of World Energy, Juni 2006) S. 8 -13 2 Tabelle 8: Erdgasproduktion & -verbrauch; gesicherte Reserven 2006 gesicherte Produktion1 Verbrauch1 Reserve2 Erdgas China 58,6 58 0,34 Deutschland 15,6 87,2 0,16 Europa 313 619,3 7,4 Russland 612,1 432,1 47,65 USA 524,1 619,7 5,93 Zentralasien* 141,5 82,3 7,73 Welt 2.865,3 2.850,8 181,46 1 : in Mrd. pro m³ : gesicherte Reserven in Billionen pro m³ * : Kasachstan, Turkmenistan & Usbekistan Quelle: Eigene Darstellung, Vgl. BP, (Energie in Zahlen Statistical Review of World Energy, Juni 2006) S. 24 -29 2 Aus der Tabelle 7: Erdölproduktion & -verbrauch; gesicherte Reserven 2006 und Tabelle 8: Erdgasproduktion & -verbrauch; gesicherte Reserven 2006 wird deutlich, dass die westlichen Industrienationen mehr Energie verbrauchen, als sie produzieren. Die USA zum Beispiel verfügt über 2,5 % der gesicherten Weltölreserven, produzieren 178 aber 8,5 % der Weltproduktion und konsumieren 25,6 %. Das bedeutet, dass die Reserven der westlichen Industrieländer bald erschöpft sind. Die kaspische/zentralasiatische Region beherbergt ein Energiepotenzial, das in seiner Größenordnung das der Nordsee übertrifft und nach der Golfregion das größte Wachstumspotenzial für Öl- und Gasproduktion darstellt. Riesige Erdölvorkommen gibt es im und am Kaspischen Meer, große Erdgasfelder befinden sich in Usbekistan und Turkmenistan. Dadurch ist Zentralasien im Blickfeld multinationaler Ölkonzerne. Wassernutzung In Zentralasien sind alle großen Flüsse transnational, d.h. sie durchfließen von der Quelle bis zur Mündung oder dem Versanden mindestens zwei Staaten. Der größte Teil der Bevölkerung - lebt an und von grenzüberschreitenden Gewässersystemen. Da die Wirtschaft der Staaten zu einem Großteil von der Landwirtschaft abhängig ist und diese wiederum nur mit Bewässerung möglich ist, stellt Wasser eine lebensnotwendige Ressource dar. Die Nutzungsmöglichkeiten der Wasserressourcen sind in Zentralasien aus verschiedenen Gründen stark eingeschränkt, obwohl im Prinzip genug Wasser vorhanden ist. Die eine Einschränkung besteht in der generellen Wasserknappheit des weitgehend von großen, abflusslosen ariden Beckenbereichen (Aralsee-Becken, Ili-Balchasch-Becken, Tarim-Becken, Dschungarisches Becken) mit großen Wüstenkomplexen (Kara-kum, Kyzyl-kum, Mujun-kum, Taklamakan, ...) eingenommenen Landes. Die andere Einschränkung ergibt sich aus den räumlich sehr ungleich verteilten Wasserressourcen und den unterschiedlichen Zugriffs- und Nutzungsmöglichkeiten der Anlieger-Staaten. Der größte Teil der erneuerbaren oberflächlichen Wasserressourcen wird in den Gebirgsbereichen Zentralasiens erzeugt: im Tienschan und Borochoroschan, Pamir- und Alaj-Gebirge, und damit in drei Staaten: Tadschikistan, Kirgistan und Afghanistan. Von diesen Oberanlieger-Staaten werden aber nur 18% des oberflächlichen Wasseraufkommens für wirtschaftliche Zwecke genutzt, von den UnteranliegerStaaten Kasachstan, Turkmenistan und Usbekistan dafür 82%. 179 Allein von Usbekistan werden über 50% des oberflächlichen Abflusses in Anspruch genommen, zu 90% für den Bewässerungsfeldbau, vor allem für den Baumwollanbau. Auf usbekischem Territorium werden im Durchschnitt aber nur 10% der erneuerbaren oberflächlichen Wasserressourcen gebildet.288 Problemdarstellung Da die Staaten Zentralasiens seit 1992 Mitglieder der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) sind, ist der Umgang mit dem Islam in wachsendem Maße auch eine Frage der europäischen Sicherheit. In dieser Problematik sollte also eine bestimmte Übereinstimmung von Interessen bei der Gewährleistung von Stabilität im euro-asiatischen Raum bestehen, weil dieser Raum ein gemeinsamer ist. Europa wird sozusagen durch seine asiatische "Hintertür" vom politischen Islam und islamischer Opposition "eingeholt".289 Umgang mit dem politischen Islam Der sozusagen "organisierte" Umgang mit dem politischen Islam erfolgte bisher überwiegend im Kontext mit dem Terrorismusproblem. Militär- und sicherheitspolitische Maßnahmen dominieren. Dieses Verhalten ist fatal, da dieser Kontext das Verhältnis Europas und der zentralasiatischen Staaten zum politischen Islam auf eine zu bekämpfende gesellschaftliche Randgruppe (der "extremistische Rand") fixiert. Diese Randgruppe ist aber für die Mehrheit der Muslime und sich am Islam orientierender Politiker nur bedingt repräsentativ. Darunter leidet das, was politisch tatsächlich zu leisten ist: Nämlich zu einem konstruktiven Verhältnis zum politischen Islam und seinen Trägern als gesellschaftspolitisches Phänomen zu kommen.290 Meiner Meinung nach besteht das eigentliche Problem nicht in der Politisierung des Islam, sondern darin, wer die Politik betreibt (radikale oder kooperationsbereite islamische Kräfte). 288 Vgl. Steinbach, Udo & von Gumppenberg, Marie-C., (Zentralasien, 2004), S.308- 313 289 Vgl. Seifert Dr. Arne C., (Politischer Islam) 290 Vgl. Seifert Dr. Arne C., (Politischer Islam) 180 Keine Gewaltentrennung Ein weiteres Problem in den zentralasiatischen Ländern ist, dass die Präsidenten die volle Entscheidungsmacht besitzen. Sie ernennen sämtliche Minister, Gouverneure, Richter, Staatsanwälte, Bürgermeister etc., wobei alle Ämter käuflich sind. Während bei den zentralasiatischen Nachbarn der jeweilige Familienclan des Präsidenten die Staatsgeschäfte dominiert, ist die Günstlingswirtschaft in Usbekistan komplexer, auch deswegen, weil Präsident Karimov in einem Waisenhaus aufgewachsen ist und keine Angehörigen zu versorgen hat. Zu unterscheiden sind horizontale und waagerechte Clanstrukturen, die beide aus sowjetischen Zeiten stammen und "usbekisiert" wurden. Den Einfluss, den früher die Mitglieder des Politbüros hatten, üben heute die Staatsberater aus, deren Anzahl leicht variiert und in der Regel bei zehn liegt. Jedem Staatsberater untersteht ein bestimmter Wirtschaftsbereich, etwa der Außenhandel oder das Bankwesen. Mit ihrer Hilfe kontrolliert der Präsidentenapparat faktisch alle Ressourcen des Landes und sichert sich die Unterstützung einflussreicher familiärer oder regionaler Netzwerke, aus denen die Staatsberater in der Regel stammen. Sie bleiben selten länger als zwei Jahre im Amt und werden dann auf andere Posten abgeschoben, damit sie nicht zu einflussreich werden. Loyalität gegenüber dem Präsidenten ist das alles entscheidende Kriterium, um innerhalb der Hierarchie aufzusteigen. Im Gegenzug nutzen die Verantwortlichen ihre Führungspositionen, um sich selber zu bereichern und ihre Verwandtschaft zu begünstigen. Dieses Patronagesystem setzt sich fort bis zur untersten Stufe der sozialen Pyramide, das gesamte Staatswesen ist ein geschlossener Kreislauf aus Vetternwirtschaft und Selbstbereicherung. Die endemische Korruption stranguliert naturgemäß die Ökonomie, verhindert Ehrgeiz, Initiative und Professionalität. Wer nicht zur Elite gehört, bleibt ohnehin arm und chancenlos.291 Politische Reformen fehlen Seit den Terroranschlägen des 11. September in den USA ist zwar ein verstärktes Interesse des Westens für die zentralasiatischen Länder, insbesondere für die 291 Vgl. Lüders Michael, (Macht und Glauben) 181 Nachbarstaaten Afghanistans (Usbekistan, Tadschikistan, Turkmenistan) festzustellen. Alleiniges Anliegen des Westens scheint jedoch die Einbindung der zentralasiatischen Länder in die globale Anti-Terror-Allianz sowie die Aufrechterhaltung der Stabilität in der Subregion, d. h. die Stützung der aktuellen Regime zu sein. Diese eindimensionale Strategie des Westens ist jedoch wenig geeignet, um langfristig auch demokratische Veränderungen zu bewirken, denn bislang stehen die angekündigten Maßnahmen wie Schuldenerlasse sowie Wirtschafts- und Militärhilfe noch ohne politische Komponente. Militärische Antworten auf die terroristische Herausforderung und die wachsende Unzufriedenheit in den zentralasiatischen Ländern dürfen die Notwendigkeit eines breiteren Ansatzes, der wirtschaftliche und politische Reformen einschließt, nicht überschatten.292 Ungleichheiten in der Gesellschaft und mangelnde Perspektiven Die fehlenden politischen Reformen haben auch direkte Folgen in der Gesellschaft zur Konsequenz. Wachsende Ungleichheiten in der Gesellschaft und mangelnde Perspektiven führen gerade bei einem Großteil junger Menschen zu Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Die alten sozialen Normen sind zerstört und neue sind noch nicht klar ausgeprägt. Dies hat zu einem höheren Risikoverhalten, besonders bei Jugendlichen, geführt. Der Drogenmissbrauch ist in den 90er Jahren sprunghaft angestiegen, oft in Kombination mit der ebenfalls rasch anwachsenden Prostitution. Keine gemeinsame Kooperation der zentralasiatischen Staaten Ein weiteres Problem ist, dass die zentralasiatischen Länder nicht gemeinsam kooperieren, was eine Stärkung der Stabilität seitens der Politik und Wirtschaft schwer macht. In der Vergangenheit diversifizierten sich die Interessen der Zentralasiaten. Intraregionale Diskrepanzen traten offen zutage. Während Kasachstan, Kirgistan und Tadschikistan sich weiter in Richtung Russland orientierten, suchte sich Usbekistan von Moskau zu emanzipieren, und Turkmenistan erklärte seine Neutralität. Auch die 292 Vgl. Friedrich Ebert Stiftung, (Zusammenfassung und Ausblick) 182 Rivalität zwischen Kasachstan und Usbekistan um den Führungsanspruch in der Region verhinderte die Ausbildung einer gemeinsamen zentralasiatischen außen- und sicherheitspolitischen Identität.293 Ein weiteres großes Problem ist, dass kein einheitlicher Kommunikationsraum vorherrscht. Æ unterschiedliche geopolitische Orientierungen und sprachenpolitische Weichenstellungen (Alphabetwechsel) haben ein Auseinanderdriften des Raumes zur Folge.294 Keine gemeinsame Kooperation der an Zentralasien Interessierten Die Bundesregierung möchte während der deutschen EU Ratspräsidentschaft 2007 eine Neuausrichtung der europäischen Nachbarschaftspolitik Richtung postsowjetischen Raum anstoßen. Schwerpunkte der neuen Ostpolitik sind eine modifizierte Energieallianz, neue Lösungsversuche für die eingefrorenen ethnisch-territorialen Konflikte und der Transfer westeuropäischer Rechtsstandards und demokratischer Werte. Doch die neue Ostinitiative der EU wird im postsowjetischen Raum mit anderen politischen Vorstellungen konkurrieren müssen.295 Somit ist zu befürchten, dass sich hier wieder Streitigkeiten bilden werden und letztendlich keine Standards und Entscheidungen durchgesetzt werden, sondern ein weiterer Stillstand vorherrschen wird. Korruption Der verstorbene turkmenische Präsident Nijasow brüstete sich, über ein Vermögen in Milliardenhöhe zu verfügen - unter anderem auf Konten der Deutschen Bank. Es ist nicht bekannt, dass er dieses Vermögen durch unternehmerische Tätigkeit erworben hätte. Dies ist das vielleicht extremste Beispiel für Korruption in Zentralasien. Aber auch die anderen Länder der Region leiden unter Korruption und Vetternwirtschaft. 296 293 Vgl. GUS-Barometer, (Zusammenfassung und Ausblick, Dezember 2001) 294 Vgl. Tabyshalieva Anara, (The Challenge of Regional Cooperation in Central Asia, Juni 1999), S.13ff 295 Vgl. GUS-Barometer, (Zusammenfassung und Ausblick, Dezember 2001) 296 Vgl. Hennings Jan, (Verkaufte Staaten) 183 Kaum eine Studie, die nicht belegt, dass unternehmerische Tätigkeit ohne kleine Geschenke unmöglich ist und sei es ein Stand auf dem Markt. Laut einer Umfrage der Weltbank von 2004 empfinden in Zentralasien 67 Prozent der Bevölkerung Korruption als ernstes oder sehr ernstes Problem. Ämterkauf ist noch immer mehr oder weniger üblich.297 Das größte Problem an der Korruption ist, dass es auch das Bildungswesen betrifft. Denn wenn Universitätsabschlüsse erkauft werden können, wird somit nicht gerade eine gute Qualifikation der Elite gefördert und gewährleistet. Denn die überwiegende Anzahl der Manager Zentralasiens haben meist nur Erfahrung im Umgang mit der Korruption, jedoch nicht mit qualifizierten Problemlösungen. Somit kann sich Zentralasien nicht aus der misslichen Situation retten. Hier müssen Lösungsansätze gefunden werden. Man darf jedoch nicht vergessen, dass Korruption vielfach aus schierer Verzweiflung entsteht. In Usbekistan - Rang 151 des Korruptionsindexes - liegt das Durchschnittseinkommen bei 500 Dollar im Jahr. In Tadschikistan führen schlechte Bezahlung und hohe Arbeitslosigkeit dazu, dass - wie Studien belegen - über ein Viertel der Bevölkerung vom Drogenhandel oder -schmuggel leben muss. Drogenschmuggel und zunehmende Korruption bedingen einander. Ein Problem, dessen Folgen Europa immer deutlicher zu spüren bekommt. Staaten, die kaum in der Lage sind ihre Angestellten zu bezahlen, können diese Probleme nicht alleine lösen, auch wenn es ernste Bemühungen gibt. Deswegen sind die Staaten Zentralasiens auf die Hilfe Europas bei der Bekämpfung der Korruption angewiesen. 298 Bildung und unabhängige Nachrichten nicht erwünscht Bis 1989 wurde der Anteil der Analphabeten an der erwachsenen Bevölkerung auf weniger als drei Prozent gesenkt. Die letzten veröffentlichten Neuigkeiten im Internet der Tajikischen Regierung datieren vom 04.07.2003. Internews wurde im Sommer 2004 verboten, mehrere kleine Zeitungen können nicht erscheinen, weil sie keine Druckereien finden. Die Eigengründung einer Druckerei scheitert an der Registrierung, an den fadenscheinigen Voraussetzungen, die verlangt werden: Die regelmäßige Verfügbarkeit von Wasser, Gas 297 Vgl. Hennings Jan, (Verkaufte Staaten) 298 Vgl. Hennings Jan, (Verkaufte Staaten) 184 und Strom muss nachgewiesen werden. Das kann nicht klappen, denn der Strom fällt mehr aus, als dass er da ist. Die Wasserversorgung ist katastrophal, heizen ist gemäß einem alten sowjetischen Gesetz erst erlaubt, wenn die Temperaturen an fünf Tagen hintereinander auf minus sieben Grad sinken. Gas kann man also gar nicht regelmäßig beziehen. Druckereien wurden geschlossen – angeblich weil sie sich nicht gesetzestreu verhalten haben. Die Auflagenhöhe, mit 15.000 Exemplaren schon bescheiden genug, soll mit 7.000 angegeben worden sein. Abgaben, Steuern und Gebühren summieren sich so, dass sie den Umsatz weit übersteigen. Es ist zwar erlaubt, aber faktisch unmöglich, Zeitungen erscheinen zu lassen. Eine im Ausland gedruckte Auflage wurde an der Grenze konfisziert: Drucken im Ausland ist nach dem Gesetz ebenfalls nicht erlaubt. Wie sieht es mit dem Zugang zu Informationen aus? Vom Staatsapparat bekommen kritische Journalisten nichts. Gerüchte, Spekulationen, Vermutungen – aber die dürfen nicht gedruckt werden. Schriftlich gibt es nichts, auch von offizieller Seite nicht. Für eine unabhängige TV-Sendung bekommt Asiaplus keine Genehmigung, ein Rundfunksender wartet ebenfalls vergeblich. Asiaplus erscheint mit einer Auflage von 8.000 Exemplaren, 5.000 davon bleiben als Abonnements im Raum Duschanbe. Abonnements regelt der Staat. Diese 5.000 Exemplare gehen also direkt an den Staatsapparat. 3% der Haushalte haben ein Radio, 3,6% ein TV-Gerät. Ob die Bewohner in Pamir überhaupt wissen, dass in ihrem Land Wahlen stattfinden? Dem Fernsehprogramm zufolge wohl nicht. Unter diesen Umständen ist es schon ein riesiger Fortschritt, dass es eine Zugangsquote für Mädchen aus Bergdörfern an die Universitäten des Landes gibt. Dass sie nicht ausgeschöpft wird, weil die Eltern weder Kleidung noch das Schul- oder Wohngeld für die Mädchen bezahlen können, spielt eine untergeordnete Rolle.299 Grenzstreitigkeiten Die Grenze nimmt aus völkerrechtlicher Sicht die Funktion der Abgrenzung von Staaten gegeneinander ein und wird somit zum wichtigen Definitionskriterium staatlicher, territorialer Souveränität; sowohl nach außen im Verhältnis zu anderen Staaten, als auch 299 Vgl. Bundestag (Erfahrungsbericht) 185 innerhalb eines Staates. Darüber hinaus hängt die „juristische und soziologische Wirklichkeit einer Grenze“ davon ab, ob und inwieweit „auch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit verwirklicht ist.“300 Im neuen Sicherheitsumfeld der zentralasiatischen Staaten kommt eine weitere wichtige Funktion als „Filter“ hinzu. Idealerweise sollten Grenzen eine effektive Barriere gegen illegale Aktivitäten bilden, gleichzeitig jedoch so transparent bleiben, dass die grenzüberschreitende Kooperation im ökonomischen und anderen Bereichen nicht behindert wird.301 Dieser Definition folgend, stellen Grenzen ein bislang zum Teil ungelöstes Problem in Zentralasien dar. Noch sind tausende Quadratkilometer von Grenzabschnitten unlimitiert oder unilateral demarkiert302 und somit Gegenstand nachbarlicher Unstimmigkeiten. Und selbst dort, wo der Grenzverlauf geklärt ist, erschweren zwischenstaatliche „Schlechtwetterphasen“, bürokratische Prozeduren und Korrumpierbarkeit und Willkür der Grenzbeamten den Grenzverkehr. Einerseits behindert eine solche Situation den Aufbau effektiver Instrumente und Systeme zur Bekämpfung grenzüberschreitender Sicherheitsrisiken wie Waffen- und Drogenhandel, Terrorismus etc. Darüber hinaus birgt ein solcher Zustand gegenseitigen Misstrauens und gegebenenfalls Sicherheitsdilemmas revisionistischer in sich, welches Gebietsansprüche die Kooperationsvorhaben Gefahr jeglicher eines Art unterminieren und zur Destabilisierung der gesamten Region beitragen kann. Die Grundlagen für die heutigen Probleme wurden durch die sowjetische Grenzziehungspolitik gelegt. Grenzstreitigkeiten traten vor 1991 jedoch nicht offen zutage, da die Grenzen zwischen den Unionsrepubliken als rein administrative Konstrukte gehandhabt wurden, die den Alltag der in den Grenzregionen lebenden Bürger nicht limitierten. Die Grenzen erhielten mit der Erlangung der staatlichen Unabhängigkeit eine für Zentralasien bislang ungekannte Bedeutung, und die mit der sowjetischen Grenzziehungspolitik verbundenen Probleme wurden offenbar. Das größte Konfliktpotential resultiert daraus, dass die sowjetischen Grenzplaner (in der Hauptsache Stalin) keinerlei Wert auf die Berücksichtigung ethnischer Gesichtspunkte oder geographischer Gegebenheiten legten. Grenzen wurden zum Teil so gezogen, dass 300 Vgl. Seidl-Hohenveldern, Ignaz (Lexikon des Rechts) S. 109f 301 Vgl. Golunov, Sergei (The Post-Soviet Borders of Central Asia), 2001, S. 141-152, S. 144 302 Zu unterscheiden ist der juristisch entscheidende Akt der Festlegung der Grenze im Vertrag (Delimitation) von dem bloß tatsächlichen Akt der Grenzmarkierung durch Grenzsteine, -pfähle, -türme etc. (Demarkation). Seidl-Hohenveldern, Ignaz, (Lexikon des Rechts 1985), S. 109f 186 Staaten immer wieder ineinander rankten, einzelne Gebiete sogar enklavenartig ganz von der Mutterrepublik abgeschnitten waren; die Bevölkerungsstruktur der einzelnen Republiken war ethnisch heterogen. Anschaulichstes Beispiel für diese Politik war/ist das Ferghana Tal, das zwischen Usbekistan, Kirgisistan und Tadschikistan aufgeteilt ist. Die Art und Weise der Grenzziehung erfolgte nicht willkürlich, sondern den sowjetischen Planern wird aus heutiger Sicht von den meisten Autoren eine bewusste Politik unterstellt, die verhindern sollte, dass separatistische Tendenzen oder regionale Vereinigungsbewegungen die zentralistische Sowjetmacht in Frage stellen würden. Die Politik lässt sich unter dem sprichwörtlichen Prinzip altrömischer Außenpolitik „divide et impera“303 zusammenfassen.304 Ereignissen im Ferghana Tal - zusammengefasst unter dem plakativen Schlagwort der Gefahr des „internationalen Terrorismus“ - begegnen zu müssen, lieferte den Hauptgrund für das Errichten administrativer Barrieren an den Grenzen um die Jahrtausendwende. Des Weiteren sind ökonomische Gründe anzuführen. Die unterschiedlichen veranlassen die Reformstrategien einzelnen und Staaten die zu generelle starkem wirtschaftliche Konkurrenzdenken Misere und protektionistischen Maßnahmen, d.h. dem Aufbau von Zoll- und Handelsbarrieren. Gerade der letztere Punkt könnte für die EU und Deutschland große Probleme beinhalten, da der freie Waren- und Dienstleistungsverkehr auch außerhalb der Grenzen der EU ein wichtiges Element der Globalisierung darstellt. Einige Grenzverläufe gestalten sich insofern schwierig, als dass Transportwege innerhalb eines Landes für kurze Streckenabschnitte über das Territorium des Nachbarstaats verlaufen. Ein Beispiel: Ein Tadjike, der von Duschanbe nach Khujand fahren möchte, muss usbekisches Territorium durchqueren. Die gleiche Problematik stellt sich im Süden Kirgisistans dar, wo wiederum usbekisches Territorium zwischen den Transportverbindungen der kirgisischen Städte Osh und Djhalal-Abad liegt. Des Weiteren werden die nachbarschaftlichen Beziehungen durch gegenseitige 303 „Teile und herrsche“: säe Zwietracht unter deinen Gegnern, um sie einzeln leichter beherrschen zu können. 304 Zur sowjetischen Grenzziehungspolitik siehe: Haydarov, Murodilla: The Soviet Policy of Border Delimitation in Central Asia as a destabilizing Factor: A historical Overview, in: Seidelmann, Reimund/ Giese, Ernst (Eds.): Cooperation and Conflict Management in Central Asia, Herausgegeben vom Zentrum für internationale Entwicklungs- und Umweltforschung der Justus-Liebig-Universität Gießen, Schriften zur Internationalen Entwicklungs- und Umweltforschung, Band 10, Frankfurt am Main 2004, S. 22-30 187 Erpressungsversuche enorm angespannt. Usbekistan nutzt beispielsweise das temporäre Aussetzen seiner Gaslieferungen als ökonomisches und politisches Druckmittel. Kasachstan reagierte auf eine solche Provokation Usbekistans im Jahr 2000, indem es usbekische Züge an der Weiterfahrt hinderte, die kasachisches Territorium durchqueren mussten. Einige Experten sehen in solchen Aktionen der Machtdemonstration die größte Gefahr für die regionale Sicherheit305 Weitere operationelle Probleme: ‐ Effektivität der Grenzposten ist limitiert aufgrund von mangelhafter Ausbildung und Training, sowie Fehlen von notwendigen Fazilitäten und Equipment. ‐ Keiner von ihnen ist in der technischen oder finanziellen Lage, ein Grenzsystem aufzubauen, das ein wirkliches Hindernis für kriminelle Aktivitäten darstellen würde ‐ Korrumpierbarkeit und Willkür der Grenzbeamten Umweltschäden und atomare Verseuchung Zentralasien ist stark von der sowjetischen Vergangenheit geprägt, nicht nur in ihrer Regierungsform, ihren Mentalitäten und wirtschaftlichen Strukturen, sondern auch hinsichtlich ihrer Umweltprobleme. Starke Rückstände vom Goldabbau, Quecksilber und Antimon befinden sich im Boden oder auch die Abfälle von der landwirtschaftlichen und industriellen Produktion, die das Wasser und die Luft verschmutzen. Diese haben ein so großes Ausmaß, dass sie die Sicherheit der Bevölkerung in einigen Teilen Zentralasiens gefährden. So gibt es in Zentralasien ehemalige Atomtestgelände, wie z.B. Semipalatinsk im Nordosten Kasachstans oder auch Lagerstätten für radioaktiven Abfall, vor allem im Ferghanabecken und Kirgisistan. Der radioaktive Abfall ist teilweise starken Winden und Sickerwasser ausgesetzt, wodurch radioaktive Substanzen über große Entfernungen transportiert werden.306 305 Golunov, Sergei, (The Post-Soviet Borders of Central Asia) 2001, S. 144ff 306 Vgl. Rashid, (Heiliger Krieg am Hindukusch, 2002) S. 85- 90 188 Auf dem Testgelände in Semipalatinsk (18.500 km²) wurden in der Sowjetzeit 456 Atomtests durchgeführt. In der Anlage im Degelen- Berg im Süden des Geländes befand sich die größte Nukleartestanlage der Welt. Wie viele Menschen im Laufe der Jahre der Radioaktivität ausgesetzt waren, ist unklar. Nach der Unabhängigkeit wurde die Zahl der Testopfer auf 1,6 Mio. Menschen geschätzt. Diese Zahl wurde 1998 auf 1,2 Mio. reduziert. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass mehr als 100.000 Menschen sehr hohe radioaktive Dosen abbekommen haben.307 Wasserknappheit Die Problemlage bei der Wassernutzung ist, dass die drei Abnehmerstaaten Kasachstan, vor allem Usbekistan und Turkmenistan im wahrsten Sinne des Wortes "am Tropf" der Zulieferstaaten Kirgistan und Tadschikistan hängen. Diese Konstellation der unterschiedlichen Verfügbarkeit und Zugriffsmöglichkeit auf die knappe Ressource Wasser wird in Zentralasien noch dadurch kompliziert, als in diese Gemengelage die VR China sowohl als Abnehmerstaat (der Hauptzufluss des Tarim erfolgt aus Kirgistan) als auch als Zulieferstaat (Hauptzufluss des Ili nach Kasachstan erfolgt aus Xinjiang) involviert ist.308 Zur Austrocknung der Region tragen die in der Sowjetzeit angelegten und mittlerweile maroden Bewässerungssysteme bei. Am deutlichsten wird diese Veränderung sichtbar am Beispiel des Aralsees, mit einer Fläche von 69.000 km² fast so groß wie Bayern, war einst der viertgrößte Binnensee der Erde. Das Wasserniveau wurde durch die beiden Flüsse Amudarja und Syrdarja gehalten. In den letzten 14 Jahren ist der Wasserspiegel um 13m gesunken und die Fläche des Sees um die Hälfte geschrumpft.309 Durch die intensive Bewässerung der Felder, ist der Boden versalzen, dadurch werden die Böden nicht mehr bebaut, die Folge davon ist die vorschreitende Versandung bzw. Wüstenbildung. Im Umkreis von 500 km ist der Boden unfruchtbar.310 Rückgang des 307 Vgl. Steinbach, von Gumppenberg, (Zentralasien, 2004) S. 215 308 Vgl. Giese, Sehring, Trouchine, (Zwischenstaatliche Wassernutzungskonflikte in Zentralasien, 2004), S. 2 -4 309 Vgl. Aralsee (Meyers Lexikon 2007) 310 Vgl. Rashid,(Heiliger Krieg am Hindukusch, 2002) S.110 189 Fischfanges, Abwanderung von Menschen in andere Regionen aufgrund des Trinkwassermangels und Ausbreitung von Krankheiten (Typhus, Krebs und Hepatitis.) sind die Folge. Die Größe des Sees hat auch Auswirkungen auf das Klima, die Sommer werden heißer und die Winter kälter.311 Die schlechte Wasserversorgung der Menschen wird zusätzlich noch durch die schlechten zwischenstaatlichen Beziehungen verstärkt. Seit der politischen Unabhängigkeit der mittelasiatischen Republiken ist es zwischen den Anrainerstaaten vermehrt zu grenzüberschreitenden Konflikten über die Durchlaufmengen von Wasser gekommen, da eine politische Macht, wie früher die Moskauer Zentralbehörden fehlt, welche die Verteilung autoritär geregelt hat. Mit der Auflösung der Sowjetunion und dem Übergang der mittelasiatischen Republiken in die Unabhängigkeit ging die Verfügungsgewalt über die Nutzung der natürlichen Ressourcen und des Ressourcenmanagements an die einzelnen, nun souveränen Staaten über.312 Lösungen Politische Reformen schaffen Es ist enorm wichtig, dass nicht nur mit militärischen Mitteln gegen den Aufschwung der Terroristengruppen gekämpft wird, sondern es müssen politische Reformen in den Ländern Zentralasiens geschaffen werden. Diese Reformen sollten nicht nur aus europäischen Prinzipien und Verfahren bestehen, sondern auch die außereuropäischen historisch-kulturellen Bedingungen dieser Region berücksichtigen. Es muss verstärkt an folgenden Punkten gearbeitet werden: 1.)Armut 2.)Arbeitslosigkeit 3.)Unklarheit der sozialen Perspektiven 4.)Korruption 311 Vgl. Steinbach, von Gumppenberg, (Zentralasien, 2004) S.21- 313 312 Vgl. Giese, Sehring, Trouchine, (Zwischenstaatliche Wassernutzungskonflikte in Zentralasien, 2004); S. 2 -4 190 Denn durch diese Faktoren entsteht bei der Bevölkerung eine zunehmende Aggression. Dieses fördert die zunehmende Entstehung von Terrororganisationen, da sie das Gefühl haben, sich friedlich gegen diese Situation nicht mehr wehren zu können. Einbeziehung extremistischer Kräfte in Regelungsprozesse Ein weiterer Punkt der zur Lösung des Problems Terror berücksichtigt werden sollte, ist dass die Regelung von gewaltsamen Konflikten ohne die Einbeziehung und Befriedung extremistischer Kräfte überhaupt nicht möglich ist, weil sie in der Regel diejenigen sind, welche zur Waffe greifen. Ohne ihre Einbindung in politische Regelungsprozesse ist die Pazifizierung radikaler Kräfte nicht möglich. 313 Islamismus akzeptieren und nicht gegen ihn ankämpfen Bezogen auf praktische Politik gegenüber den asiatischen, muslimischen Regionen des gemeinsamen politischen OSZE-Raumes bedeutet dies, dass sich Europa zum Islam, seiner Kultur und politischen Bewegungen als völlig natürliche Bestandteile des gesellschaftlichen Organismus dieses Raumes, welche sie ja tatsächlich sind, und nicht als etwas Fremdes verhalten sollte. Das bedeutet dass die Politik auch solche politischen Parteien als "normalen" Teil der gesellschaftlichen Realitäten sieht, die sich "islamisch" nennen. Denn in Deutschland hat mit einer Partei, die sich nach außen als christlich präsentiert, niemand ein Problem.314 Investition in Bildung Es ist wichtig, dass die EU und alle Länder die dazu bereit sind Zentralasien zu unterstützen, in Bildung und Ausbildung investieren. Denn mehr als die Hälfte der Bevölkerung in diesen Ländern ist jünger als 26 Jahre.315 Somit wäre dieses eine wichtige strategische Investition um auch den Kontakt Zentralasiens mit der EU zu festigen und zu verbessern. Des Weiteren könnte diese Investition dazu beitragen, die Ausbreitung des islamischen Fundamentalismus in dieser Region zu verhindern. Es sollte verstärkt auf die politische Bildung eingegangen 313 Vgl. Seifert, Dr.Arne, (Politischer Islam) 314 Vgl. Friedrich Ebert Stiftung, (Zusammenfassung und Ausblick) 315 Vgl. Steinmeier, (Verflechtung und Integration) 191 werden, damit Eigeninitiative und Eigenverantwortung entwickelt werden und somit auch nicht mehr an alten Werten, wie dem Zentralismus (UDSSR), festgehalten wird. OSZE-Vorsitz Kasachstan Æ Einführung europäischer Normen und Standards in Zentralasien Kasachstan bewirbt sich um den Vorsitz in der OSZE im Jahre 2009. Deutschland unterstützt einen kasachischen Vorsitz in der OSZE, wenn Kasachstan die Voraussetzungen erfüllt.(u.a. freie Präsidentschaftswahlen) Es ist an der Zeit, dass ein zentralasiatischer Staat eine Führungsrolle in der OSZE übernimmt und dabei eine besondere Verantwortung für die Einhaltung von Normen und Standards der OSZE auch in seinem Land und in der Region übernimmt.316 Durch die Schaffung eines angehenden Rechtsstaates (Einführung europäischer Normen) könnte die Korruption verringert werden. Dieses hätte positive Folgen für die EU, denn der Terrorismus könnte durch die zunehmende Zufriedenheit der Bevölkerung reduziert werden. Ein weiteres Problem, welches durch die Schaffung eines Rechtsstaates gelöst werden könnte, wäre die Reduzierung des Drogenhandels, denn Korruption und Drogenhandel liegen ebenfalls eng zusammen. Die schlechte Bezahlung hat ihren Ursprung in u.a. der vorhandenen Korruption und in der Vetternwirtschaft. Æ Reduzierung des Drogenhandels. Somit ist für die EU die Aufgabe erkennbar, diese Staaten zur Förderung der Demokratisierung und somit auch zur Verringerung der Korruption anzustoßen, damit der steigende Drogenhandel und Terrorismus reduziert werden kann, denn Zentralasien ist dazu nicht in der Lage, da diese Länder nicht einmal ihre Angestellten richtig bezahlen können. Ein weiterer Vorteil dieser Förderungen, könnten die zunehmende Akzeptanz und Zuneigung Zentralasiens zu der EU sein, was unter wirtschaftlichen und sicherheitstechnischen Gesichtspunkten von Vorteil wäre. Es gibt bereits Programme zur Förderung der Rechtsstaatlichkeit [Die GTZ (Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit) unterstützt Juristen beim Aufbau eines neuen Rechtssystems],317 jedoch sollte dieses von der EU noch stark ausgebreitet werden, damit es zukünftig mit Zentralasien „bergauf“ geht, denn dieses ist auch für die 316 Vgl. Sitzler, (Ein Anwalt für bessere Gerichte) 317 Vgl. Sitzler, (Ein Anwalt für bessere Gerichte) 192 europäische Stabilität von großer Bedeutung. Grenzstreitigkeiten Um die regionale Stabilität nicht zu gefährden, ist es entscheidend, das richtige Verhältnis zu finden, um einerseits die nationale Sicherheit u.a. durch effektive Kontrolle der Grenzen zu gewährleisten, aber gleichzeitig Grenzverkehr und Handel aufrecht zu erhalten, bzw. zu stimulieren. Eine Schlüsselrolle für die friedliche Beilegung oder Deeskalation der tatsächlichen bzw. unterschwelligen Grenzkonflikte kommt Usbekistan zu. Geographisch und demographisch die zentrale Stellung innerhalb Zentralasiens einnehmend, teilt Usbekistan Grenzlinien mit allen vier Staaten, und ist somit an ungefähr der Hälfte aller bilateralen Auseinandersetzungen beteiligt. Von den anderen Staaten wird Usbekistan bezüglich der territorialen Interessen als der aggressivste Nachbar wahrgenommen. Keine der vier bilateralen Beziehungen Usbekistans lässt sich als unproblematisch, oder gutnachbarschaftlich charakterisieren. Es würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, detailliert auf die Qualität der einzelnen Beziehungen einzugehen, deswegen soll eine zusammenfassende Einschätzung von Trofimov genügen, der die ethnisch-territorialen und Grenzprobleme in Zentralasien auf bilateraler Ebene untersucht hat. Er kommt zu dem Schluss, dass von den sieben bilateralen Modellen, nur zwei (Kasachstan-Turkmenistan und Kasachstan-Kirgisistan) konfliktfrei und zum gegenseitigen Nutzen seien. Drei Konstellationen (UsbekistanKasachstan, Usbekistan- Turkmenistan, Kirgisistan-Tadjikistan) seien von latenten Konflikten geprägt und gegenseitiger Nutzen sei nicht existent. Die usbekischtadschikischen, sowie die usbekisch-kirgisischen Beziehungen wiesen darüber hinaus Elemente einer klaren Krise auf und es sei kein politischer Wille zu Kompromissen und langfristigen Lösungen erkennbar.318 Eine finale Demilitation aller zentralasiatischen Grenzen ist auf kurz- bis mittelfristige Sicht nicht erkennbar. Im Gegenteil lassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt regelmäßige Meldungen von Zusammenstößen zwischen Grenzposten und Zivilisten die Lage besonders gespannt, und die Grenzproblematik besonders wichtig erscheinen. Ohne 318 Vgl. Trofimov, (Ethnic/Territorial and Border Problems in Central Asia), 2002, S. 52-63 193 endgültige Klärung und Anerkennung der Grenzverläufe zur Zufriedenheit aller Seiten lassen sich keine nachhaltigen gutnachbarschaftlichen Beziehungen aufbauen, keine Atmosphäre des Vertrauens schaffen. Alle Versuche zur Zusammenarbeit auf regionaler Ebene, auch nur in Teilbereichen, um den gemeinsamen Sicherheitsrisiken wie Drogenhandel, internationalem Terrorismus, etc. zu begegnen, werden automatisch auf Sand gebaut und eine weitere Fragmentierung der Region ist zu befürchten. Dennoch muss auch eine positive Bilanz gezogen werden: Ein gewaltsamer, militärischer Konflikt über Grenzziehungen, wie auf dem Balkan, den einige Experten auch für Zentralasien befürchtet hatten, ist nach dem Zerfall der Sowjetunion nicht ausgebrochen, und ist auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt unwahrscheinlich. Die vorläufige Vereinbarung, die Sowjetgrenzen als Staatsgrenzen anzuerkennen, ist von allen Staaten befolgt worden und hat somit zur Sicherung der regionalen Stabilität erheblich beigetragen. Atomare Verseuchung Zwar wurde das sowjetische Atomtestgelände Semipalatinsk in Kasachstan im Jahr 1991 geschlossen, doch die Beseitigung der Schäden und Wiederherstellung des Territoriums dauern an. Kasachstan schätzt die Kosten für die Wiederherstellung des Gebietes und die Beseitigung der Schäden auf eine Milliarde US-Dollar. Die Regierung in Astana hat bisher etwa 100 Mio. Dollar aufgewendet. Die Vereinten Nationen sponserten ein Programm, das Umwelt, Gesundheit, humanitäre Hilfe und Wirtschaft fokussiert. Allein das Wegräumen des Schrotts der Raketenstarts von dem ehemaligen Testgelände kosten große Anstrengungen. Sorgen bereiten aber vor allem die Langzeitfolgen für Mensch und Umwelt, die Erholung für die Bevölkerung und die Landwirtschaft wird noch mehrere Generationen dauern.319 Wasserknappheit Eine wesentliche Voraussetzung zur Lösung und Vermeidung von Wassernutzungskonflikten ist ein funktionierendes Ressourcenmanagement, das sowohl auf nationaler als auch auf zwischenstaatlicher Ebene in der Lage ist, die 319 Vgl. Science ORF, (Kasachstan: Folgen der einstigen Sowjet-Atomtests, 2006) 194 Wasserverteilung in den Flusseinzugsgebieten zu regulieren und vor allem zu kontrollieren. Allgemein ist festzustellen, dass die zentralasiatischen Republiken bei der Lösung ihrer Entwicklungsprobleme keinen Hang zu regionaler Kooperation zeigen. Der wirtschaftliche Wettbewerb zwischen den Republiken dominiert über die Gemeinsamkeiten von Geographie, Geschichte, Kultur und Religion. Ein wesentliches Hindernis auf dem Weg zu einer regionalen Kooperation ist die ungleiche Machtverteilung und das gegenseitige Misstrauen zwischen den Republiken.320 Trends – Die Zentralasienstrategie der EU Zentralasien rückt zunehmend in den Fokus europäischer und internationaler Politik. Auch die Europäische Union hat ein ausgeprägtes Interesse an einer vertieften Partnerschaft mit den zentralasiatischen Staaten. Die Bundesregierung hat vor diesem Hintergrund im Rahmen ihrer EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 eine EU-Zentralasienstrategie auf den Weg gebracht. Diese legt erstmals politische Leitlinien für ein verstärktes europäisches Engagement in Zentralasien fest. Stabilität und Sicherheit sind für die EU die obersten Prioritäten in Zentralasien. Sicherheit und Stabilität in Zentralasien sind nicht nur unerlässlich für Frieden und Prosperität in der gesamten Region um das Kaspische und das Schwarze Meer; sie berühren auch ganz unmittelbar die Sicherheit in Europa. In Verbindung mit der Fortentwicklung der EURussland-Beziehungen und einer intensivierten Nachbarschaftspolitik nach Osten ist eine Zentralasien-Strategie ein wichtiger Baustein einer verstärkten EU-Politik gegenüber dem postsowjetischen Raum. Die wichtigsten Punkte lassen sich wie folgt zusammenfassen: Die EU und Zentralasien: Strategie für eine neue Partnerschaft Die neue EU-Zentralasienstrategie legt zum ersten Mal politische Leitlinien für ein wesentlich größeres Engagement der EU in Zentralasien (ZA) fest. Mit dieser Strategie unterstreicht die EU die wachsende strategische Bedeutung Zentralasiens, die sich aus 320 Vgl. Steinbach, von Gumppenberg, (Zentralasien, 2004) S. 308-313 195 der Lage zwischen Europa, Asien, Russland und Südasien ergibt. Zur Unterstützung der Strategie wird die EU im Zeitraum 2007 – 2013 ihre finanzielle Unterstützung für ZALänder verdoppeln (750 Mio. €). Weitere Mittel werden durch bilaterale Programme mit Mitgliedsstaaten und durch die Zusammenarbeit mit Internationalen Finanzinstitutionen (IFI) zur Verfügung gestellt. Die EU beabsichtigt, in allen fünf ZAStaaten Delegationen der Kommission zu eröffnen. Bilaterale und regionale Zusammenarbeit Die EU-Strategie zielt auf einen ausgewogenen bilateralen und regionalen Ansatz ab, der den unterschiedlichen Bedürfnissen und der jeweiligen Leistungsfähigkeit jedes einzelnen Landes Rechnung trägt. Die EU wird die regionale Zusammenarbeit sowohl zwischen zentralasiatischen Staaten untereinander als auch zwischen zentralasiatischen Staaten und anderen Regionen unterstützen Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, verantwortungsbewusstes staatliches Handeln und Demokratisierung Ein stabiler politischer Rahmen und funktionierende Wirtschaftsstrukturen hängen von Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechten, verantwortungsbewusstem staatlichen Handeln sowie transparenten, demokratischen politischen Strukturen ab. Die EU ist bereit, in Menschenrechtsdialoge mit allen zentralasiatischen Staaten einzutreten. Die EU wird Mittel für eine "Initiative Rechtsstaatlichkeit" bereitstellen und eng mit der OSZE und den VN zusammenarbeiten. In die Zukunft investieren: Jugend und Bildung Die meisten Einwohner Zentralasiens sind jünger als 25 Jahre. Eine gute Bildung ist eine wesentliche Voraussetzung für ihre Zukunftschancen. Die EU und die Mitgliedstaaten werden daher eine "Europäische Bildungsinitiative" für Zentralasien auf den Weg bringen, um dazu beizutragen, die Bildungssysteme zentralasiatischer Staaten an die Bedürfnisse der globalisierten Welt anzupassen. Die EU wird den Aufbau regionaler Bildungszentren unterstützen und eng mit der OSZE-Akademie in Bischkek zusammenarbeiten. 196 Förderung von wirtschaftlicher Entwicklung, Handel und Investitionen Die EU tritt für den Abbau von Handelshemmnissen zwischen den zentralasiatischen Staaten ein und wird den WTO-Beitritt der vier Staaten, die noch nicht WTO-Mitglieder sind, unterstützen. Die EU wird die Schaffung eines ordnungspolitischen und institutionellen Rahmens für ein verbessertes Wirtschafts- und Investitionsumfeld fördern und die wirtschaftliche Diversifizierung unterstützen. Der Ausbau der regionalen Infrastruktur in den Bereichen Verkehr, Energie und Handel wird dazu beitragen, das Wirtschaftspotential Zentralasiens – nicht zuletzt durch eine verstärkte regionale Zusammenarbeit – besser zu nutzen. Ausbau der Energie- und Verkehrsverbindungen Sowohl die EU als auch Zentralasien haben ein überragendes Interesse daran, die Sicherheit der Energieversorgung als wesentlichen Aspekt der globalen Sicherheit zu erhöhen. Neben Öl, Gas und Elektrizität ist die Wasserbewirtschaftung ein Schlüsselaspekt der Energiepolitik. Die Erzeugung und Verteilung von Wasserkraft ist für die Förderung von Stabilität und Wohlstand in Zentralasien und darüber hinaus von entscheidender Bedeutung. Eine Erhöhung der Öl- und Gasproduktion wird zu einer Verbesserung des Angebots auf dem Weltmarkt beitragen. Die EU wird im Rahmen der Baku-Initiative einen regelmäßigen, erweiterten Energiedialog mit zentralasiatischen Staaten führen. Die EU wird die zentralasiatischen Länder beim Aufbau eines neuen Energietransportkorridors vom Kaspischen Meer über das Schwarze Meer bis in die EU politisch unterstützen und begleiten. Umweltpolitische Nachhaltigkeit und Wasser Gerechter Zugang zu Wasser, Waldbewirtschaftung, die Gewinnung und der Transport von Energieträgern sowie die Anfälligkeit für den Klimawandel sind Bereiche, in denen die EU die Zusammenarbeit mit den ZA-Staaten intensivieren wird. Bekämpfung gemeinsamer Gefahren und Herausforderungen Ein modernes Grenzmanagement, mit dem offene und sichere Grenzen geschaffen werden, wird den Handel und den Austausch in der Region erleichtern und gleichzeitig einen Beitrag zur Bekämpfung regionaler krimineller Aktivitäten leisten, insbesondere auf dem Gebiet des internationalen Drogenhandels und des Extremismus. Migration ist 197 eine der großen globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Die EU wird ihre Unterstützung für den Aufbau eines modernen Grenzmanagements in Zentralasien verstärken.321 Ölstrategien der Region Zentralasiens Nachfolgend werden die Ziele und Möglichkeiten von Zentralasien dargelegt. Des Weiteren werden potentielle Möglichkeiten und Entwicklungen der Länder China, USA, Russland und der Europäischen Union in der Region Zentralasien aufgezeigt Zentralasien Da unter den großen Erdölregionen der Welt die kaspische Region ein Spätentwickler ist, stellt sie neben der Golfregion die weltweit einzige dar, von der erwartet wird, dass sie ihren Anteil an der Weltversorgung steigern wird. Dieses führt zu einem wachsenden Interesse an den Ölschätzen der Region. Ein neues Machtspiel zeichnet sich deshalb ab. Der Blick fällt aber anders als in den neunziger Jahren nicht mehr vor allem auf die USA und Russland sondern auch auf China. Doch lassen Überlegungen hierzu häufig außer Acht, dass sich im Zeitalter der Globalisierung gegenüber dem seinerzeitigen des Imperialismus und seinen bis weit ins 20. Jahrhundert hineinreichenden Ausläufern die Spielregeln verändert haben, nun sind es multinationale Ölunternehmen, welche die Erschließung der Energiereserven betreiben.322 Es wird davon ausgegangen, dass die Kaspische Region ihren Anteil an der Weltproduktion von Öl von 2,0 % im Jahre 2000 auf 8,0 % im Jahre 2030 steigen wird.323 China Im August 2005 kaufte China National Petroleum Corporation (CNPC), ein staatlicher chinesischer Ölkonzern, als erster Chinas eine ausländische Ölfirma, die in Kanada 321 Vgl. Auswärtiges Amt (Zentralasien) 322 Vgl. Müller, Friedemann: (Machtspiel um die kaspische Energie, 2006) S.3-10 323 Vgl. IEA,(World Energy Outlook, 2004) 198 beheimatete Petro Kazakhastan für 4,3 Mrd. US-Dollar. Die CNPC sichert sich damit einen Teil des kasachischen Öls.324 China plant in Zentralasien seine energiepolitische Zukunft. Das Öl vom Kaspischen Meer soll maßgeblich dabei helfen, seinen enormen Energiebedarf zu stillen. Zudem hat das Öl aus dem Kaspischen Raum einen entscheidenden Vorteil für Peking: Die Region ist die einzige der Welt, aus der Öl nach China fließen kann, ohne dass Peking auf die durch Amerikaner beherrschten Wasserstraßen angewiesen wäre. Öl aus Afrika wäre aus Sicht Pekings ebenso gefährdet wie Energie aus Venezuela. Zentralasien hingegen kann sein Schwarzes Gold direkt auf dem Landweg nach China pumpen. Ein enormer geopolitischer Vorteil. Geopolitische Machtverschiebungen sind in der Steppe Kasachstans bereits sichtbar. Hier baute China im Eiltempo eine 1.240 Kilometer lange Pipeline. Die China National Petroleum Corporation und Kasachstans staatliche Kazmunaigaz investierten gemeinsam in den Bau des 1.240 Kilometer langen Teilstücks einer insgesamt 3.000 Kilometer langen Rohrleitung. Kasachisches Öl für den chinesischen Durst. Nach Fertigstellung kann sie eine Million Barrel pro Tag transportieren - 15 Prozent des chinesischen Ölbedarfs. Öl, das dem Westen dann fehlen würde. Die Folge könnte ein Preiskrieg sein.325 USA Seit der Auflösung der Sowjetunion sind US-multinationale Ölgesellschaften ebenso wie jene aus anderen Ländern in ihrem Streben nach Geschäftsgelegenheiten in Zentralasien und in der Kaukasus-Region ziemlich rücksichtslos gewesen. Die Investitionen in diese Region könnten letztlich die Abhängigkeit der USA von Importen aus dem unsicheren persischen Golf reduzieren und die regionale Versorgung sicherstellen. Die gewaltigen Reserven Aserbaidschans und die anderen Bestände des Kaspischen Meerbeckens versprechen eine diversifizierte Versorgung für das 21. 324 325 Vgl. Handelsblatt, (Chinesen Zahlen Milliarden für Ölquellen im Osten, 22 August 2005) Vgl. 3Sat , (Zentralasien, Juni 2006) 199 Jahrhundert, die für die dann weniger auf den persischen Golf angewiesenen USA eine willkommene strategische Entwicklung bedeutet.326. Die USA unterstützten den Bau der 4 Mrd. US-Dollar teuren Baku-Ceyhan-Pipeline, diese ist eine Pipeline, die Rohöl von Ölfeldern aus Aserbaidschan und Kasachstan am Kaspischen Meer nach Ceyhan im Mittelmeer transportiert ohne russische Beteiligung.327 Kasachstan wurde bereits von Washington aufgefordert, sich vom russischen Einfluss zu lösen und sich am Baku-Ceyhan-Netzwerk zu beteiligen. Die Vereinigten Staaten wollen nicht nur die Erdölgewinnung aus Zentralasien kontrollieren, sondern auch den Einfluss Russlands und Irans eindämmen sowie die Erdölquellen in und die Verschiffung aus der Region des Persischen Golfs verwalten und kontrollieren.328 Russland Russland bemüht sich um eine aktive Politik, um die ökonomische, politische und militärische Kontrolle über Zentralasien wiederzugewinnen, die nach dem Zusammenbruch der UdSSR verloren gegangen war. In der Zwischenzeit haben die internationalen Ölgesellschaften es geschafft, ihre wirtschaftlichen Konzepte hinsichtlich der Ausbeutung und des Transports von Bodenschätzen der Region auf den Weltmarkt zu entwickeln und auszuführen. Das strategische Ziel Russlands ist es, Zentralasien zu zwingen, ihr Öl über eine Rohrleitung in den Hafen von Novorossiisk am Schwarzen Meer zu exportieren und von dort mit Tankern durch die Bosporus-Meeresenge und ins Mittelmeer zu liefern.329 Der Widerstand Moskaus gegen das Projekt Baku-Ceyhan rührt von seinem Wunsch her, die Kontrolle über seinen früheren Besitz zurück zu gewinnen, wenn diese Rohrleitung Öl aus Aserbaidschan und Kasachstan transportiert und dabei das Gebiet von Russland ausschließen wird, verliert Russland sowohl eine beträchtliche 326 Vgl. Pamir, (Energiepolitik im kaspischen Raum 2001) S.36 Vgl. Hartmann, (Big powers jockey for oil in Central Asia, 26.04.2007) 328 Vgl. Amineh, (Die Politik der USA, der EU und Chinas in Zentralasien, 2006) S.12-14 329 Vgl. Lane,(The Political Economy of Russian Oil, Rowman and Littlefield Publishers, Inc, Lanham, Maryland,1999), S. 32 327 200 Einkommensquelle als auch die wirtschaftliche Kontrolle über diese ölreichen Staaten.330 Europäische Union Es ist zu erwarten, dass die neue Weltordnung die nach innen gekehrte Europäische Union zwingt, eine aktivere Außenpolitik in Zentralasien zu betreiben. Ein wichtiges Instrument der EU in Zentralasien ist das bilaterale Abkommen des "Partnership and Cooperation". Mit Ausnahme Tadschikistans hat die Union mit allen Staaten der Region ein solches Abkommen geschlossen. Eine gesicherte Erdölzufuhr durch Diversifikation steht weit oben auf der europäischen Agenda. Dies zeigt sich auch in der Entwicklung einer eigenen Energiepolitik der Union. Die EU importiert 70 Prozent ihres gesamten Erdöls und 40 Prozent ihres Erdgases. 40 Prozent des importierten Erdgases kommt aus Russland, das dadurch hofft, wieder Einfluss in Osteuropa zu gewinnen Obwohl Zentralasien die Einfuhr aus OPEC-Ländern nicht ersetzen kann, stellt es dennoch einen wesentlichen Zusatzanbieter dar. Die Europäische Union hat eine günstige Position im Hinblick auf die zentralasiatische Region: Sie ist nicht mit der Reputation einer Supermacht mit globalen Ambitionen belastet, und ihre geografische Position macht sie zu einem interessanten, nahen Importeur von Erdöl und Gas. 331 Fazit Eigenständige und passive Entwicklung 70 Jahre lang wurde die (Außen-)Politik über Moskau betrieben und der Zusammenbruch der UdSSR traf diese Staaten völlig unerwartet und unvorbereitet. Die Unabhängigkeit wurde von der Bevölkerung und der Politik nicht aktiv angestrebt. Bis heute sind die beschriebenen Staaten geprägt von autoritären, präsidialen Systemen. Zwar wurde Zusammenarbeit proklamiert, aber die 5 Staaten entwickelten sich eigenständig und unabhängig voneinander. Aus Partnern wurden Konkurrenten. 330 331 Vgl. Becker, (Russia and Caspian Oil: Moskow Loses Control, in Post-Soviet Affairs, 2000) Vgl. Amineh, (Die Politik der USA, der EU und Chinas in Zentralasien, 2006) S.16 201 Tendenz Russlands und Chinas Generell wird ein Trend zur verstärkten Zusammenarbeit Zentralasiens mit Russland und China gesehen. Diese zunehmende Kooperation hängt zum Teil mit dem zurückgehenden Engagement der USA in der Region zusammen. Mitte 2004 hatten die USA mit Hinweis auf die sich verschärfende Menschenrechtssituation – vor allem in Usbekistan – seine (zivilen) Hilfsgelder um 18 Millionen US-Dollar gekürzt.332 Inzwischen aber haben China und Russland die zentralasiatischen Staaten verstärkt in ihr Geflecht aus politischen, wirtschaftlichen und militärischen Vereinbarungen eingebunden. [Shanghaier Kooperationsorganisation, intensivierte militärische Kooperation zwischen Russland und Kasachstan, Kirgisistan und Tadschikistan im Rahmen des »Kollektiven Sicherheitsvertrags« der GUS, Beitritt Russlands zur CACO (Central Asian Cooperation Organization, ehemals Eurasian Economic Commonwealth, zunehmende Präsenz von Russland und China im Erdöl- und Erdgassektor in Zentralasien]333 Aus diesem Grund kann von einer zunehmenden Asiatisierung gesprochen werden. Diese zunehmende Asiatisierung könnte vermindert werden, indem die EU und die OSZE dazu bereit wären die islamischen Werte und die Identität zentralasiatischer Staaten zu akzeptieren und mit in die EU einfließen zu lassen. Wie bereits unter dem Punkt „Probleme“ angesprochen, findet keine globale Regionalisierung der zentralasiatischen Länder statt, da sie es bis zum heutigen Tage noch nicht richtig verstanden haben eine gemeinsame Politik und Partnerschaften auszuüben, um somit ihre Region stärken zu können. (politisch-sicherheitstechnisch) Der Islam muss als ganz normaler Teil der Gesellschaft gesehen werden. Dieser Glaube darf nicht nur auf den Fundamentalismus reduziert werden. Damit der Fundamentalismus und Drogenhandel in der Zukunft reduziert wird, muss an sozialen Problemen gearbeitet werden und nicht nur mit militärischen Mitteln eingegriffen werden, denn es sind genügend Gründe für den sozialen und politischen Unmut in den zentralasiatischen Gesellschaften gegeben. Alle fünf Länder werden von korrupten, autoritären Regimen beherrscht, die weder Menschenrechte noch demokratische Prinzipien achten und der Bevölkerung eine Teilhabe am politischen 332 333 Vgl. Weltpolitik, (Zentralasien nach dem 11. September 2001) Vgl. Weltpolitik, (Zentralasien nach dem 11. September 2001) 202 Prozess verweigern.334 Die Rolle der Präsidenten (unbegrenzt an der Macht zu bleiben und hierfür Verfassungen und Wahlen zu manipulieren 335 ) als dominanter Teil der Länder kann sich zukünftig jedoch verändern und verbessern. Aus diesem Ansatz heraus wäre es dann möglich, dass sich in den zentralasiatischen Ländern doch noch eine Demokratie herauskristallisieren kann. Jedoch sind diese Staaten momentan noch sehr weit von der Demokratie entfernt. Rahmen der internationalen Beziehungen 1996 hatten sich Russland, China, Kasachstan, Kirgisistan und Tadshikistan als »Shanghai Fünf« zur Regelung offener Grenzfragen getroffen. Am 15. Juni 2001 wandelte sich das Forum als »Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit« (SCO) zu einer internationalen, von der UNO offiziell anerkannten Organisation für regionale Zusammenarbeit um. 2002 kam Usbekistan dazu. Längerfristig will sich die Shanghai-Organisation als Gegengewicht zu NATO und OPEC profilieren. Die Chancen stehen angesichts der Identitätskrise, an der die Allianzen des christlichen Abendlandes seit Ende des Kalten Krieges kranken, nicht schlecht. Auf Teilerfolge kann die Sechsergruppe bereits verweisen. Von China und Russland unterstützt, zwang Usbekistan die USA 2005 zum Abzug ihrer Truppen vom Stützpunkt Chanabad. Wann Kirgisistan nachzieht, ist eine Frage der Zeit. In Moskau dagegen gibt es Pläne, das GUS-Verteidigungsbündnis zu militärischen Strukturen der Shanghai-Organisation mit Beistandspflicht im Falle einer äußeren Bedrohung der Mitgliedstaaten auszubauen. Erfolgreich verhandelte man bereits über die Stationierung eigener Kontingente, sollte es in Usbekistan zu neuen Unruhen kommen. Der Aufruhr in Andishan im Mai 2005 war nur die Spitze eines Eisbergs. 334 335 SWP Berlin, (Das Fazit) Aus Politik und Zeitgeschichte, (23.Januar 2006), S.36 203 Angesichts gravierender sozialer Probleme, schwelender ethnischer Konflikte und gegenseitiger Gebietsansprüche der Zentralasiaten kann sich ähnliches jederzeit wiederholen. Abbildung 55 Länder der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit. Quelle: Aus Fischer Weltalmanach 2008 Die Zentralasiatische Kooperation (OCAC, Organization of Central Asian Cooperation) hat sich zur Aufgabe gemacht, die Entwicklung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und die Verbesserung der politischen, sozialen, wissenschaftlichen sowie kulturellen Rahmenbedingungen voran zu treiben. Die Organisation besteht seit 1991 und hat sich seit dem mehrfach umbenannt (u.a. Central Asian Commonwealth). Aktuelle Mitgliedsstaaten sind ‐ Kasachstan ‐ Kirgisistan ‐ Tadschikistan ‐ Usbekistan ‐ Russland Beobachterstatus haben hierbei Georgien, Türkei und Ukraine. Russlands Vorhaben Russland misst den unabhängigen zentralasiatischen Staaten aus drei Gründen große strategische Bedeutung bei: 1. Als Pufferzone gegen das Eindringen islamistischer Tendenzen, 2. aufgrund des Interesses an den reichen natürlichen Ressourcen, 3. wegen dem großen russischen Bevölkerungsanteil in den zentralasiatischen Staaten. Russland versucht die militärische Kooperation zu Kasachstan, Kirgisistan und Tadschikistan zu intensivieren. So nähert sich Russland mit dem Energieversorger Gazprom gezielt Usbekistan an. Es strebt an, den Gasexport aus diesem Land faktisch zu monopolisieren. Im Gegenzug bekommt Usbekistan die Zusage, dass Russland bei Niederschlagungen von regierungsfeindlichen Aktionen behilflich ist und das Land vor dem wachsenden Einfluss des Westens schützt. 336 336 Russischer Pressespiegel, ("Kommersant"), 19.01.2006 204 Russland denkt hierbei einen Schritt weiter und möchte Usbekistan möglichst bald in der Organisation des kollektiven Sicherheitsvertrages sehen. 337 Abbildung 56 - Energieproduktion Usbekistan Quelle: IEA, 2006 Dies ist eine Struktur, die der Kreml möglichst bald in einen militärpolitischen Block nach dem NATO-Beispiel umwandeln möchte. Die Einbindung Usbekistans kann beispielsweise die Möglichkeit bieten, an der Stelle des früheren amerikanischen Militärstützpunktes Karschi-Chanabad einen "antiterroristischen" Stützpunkt der Organisation des kollektiven Sicherheitsvertrages zu stationieren. Ein erster Schritt Russlands dazu war der bereits erwähnte Beitritt zur OCAC. Zukunft und Folgen der Erdölvorkommen in Zentralasien Angesichts des schwindenden Erdölangebotes wird der kaspische Raum als energiereiche Region an Bedeutung gewinnen. Auch werden die Staaten durch ihre Einnahmen aus Energieverkäufen stärker prosperieren als ihre Nachbarn, die nicht über die entsprechenden Energiereserven verfügen. Die äußeren Mächte hindern Kasachstan, Turkmenistan und Usbekistan nicht daran, mit dem aus Energieverkäufen erworbenen Geld eine Entwicklung zum Schwellenland und gar zu einem westlichen Lebensniveau zu beschreiten. Die Infrastruktur für den Energietransport hat sich weitgehend gefestigt. 337 Zentralasien nach dem 11. September 2001, »Great Game«: Phase 3 205 Sie folgt zum Teil ökonomischer Vernunft, zum Teil massiven Interessen von äußeren Mächten, zum Teil ist sie Ergebnis der Unfähigkeit der Anrainerstaaten.338 Das gesamte Kaspische Meer ist ein gigantisches Erdöl-Lager. Doch der Ölreichtum nützt nur wenigen. In den meisten zentralasiatischen Staaten regieren autokratische Herrscher sowjetischer Prägung. Demokratie ist in den Staaten nicht vorhanden. Denn der neue Ölreichtum und Gasreichtum dieser postsowjetischen Republiken nützt vor allem einer kleinen Elite, während die Mehrheit der Bevölkerung unterhalb des Existenzminimums leben muss. Der kasachische Staatspräsident Nursultan Nasarbajew musste 2002 öffentlich eingestehen, dass er persönlich eine Milliarde Dollar auf einem ausländischen Konto "sichern" ließ, auf das nur der Staatschef und seine Familie Zugriff hatten. Das Geld stammte ursprünglich vom amerikanischen Konzern Exxon Mobil, der sich Mitte der 90er Jahre in ein kasachisches Öl-Joint-Venture eingekauft hatte.339 Allein am Beispiel der Baku-Ceyhan-Pipeline, zeigt sich klar: Pipelines sind unmittelbarer Ausdruck von Machtverhältnissen. Wo und unter welchen rechtlichen und technischen Bedingungen sie verlaufen, bestimmen Politik, Sicherheit und Wirtschaftsinteressen. Die Konkurrenz zwischen den aufstrebenden Wirtschaftsriesen China und Indien, um Zugang zu den Erdöl- und Erdgasfeldern Zentralasiens, hat ebenfalls einen Wettlauf um Pipeline-Konzessionen ausgelöst. Das "Great Game" um die Einflusssphären in Zentralasien hat sich in den letzten Jahren um einige Spieler erweitert. Der Verlauf der Pipelinestraßen wird politische Allianzen auf die nächsten Jahrzehnte hinaus bestimmen. Empfehlungen Außenpolitik340 für die deutsche und europäische 1. Der politische Dialog mit Zentralasien ist unerlässlich und sollte ausgeweitet werden. Aufgabe ist es, den zentralasiatischen Staaten zu einem größeren 338 Vgl. Müller, Friedemann: (Machtspiel um die kaspische Energie, 2006) S.10 Vgl. 3Sat , (Zentralasien, Juni 2006) 340 Vgl. Kraa, Stabilität und Demokratie in Zentralasien, 2007, S. 31-32 339 206 Aktionsradius zu verhelfen und zu verhindern, dass sie sich in Großmachtallianzen einbetoniert finden. 2. Regionale Kooperation ist als wichtiges Anliegen zu propagieren und zu unterstützen. Sie schult und fördert die Fähigkeit, gemeinsame Interessen wahrzunehmen und den jeweils gebotenen Anteil an Souveränitätsverzicht zu üben. Projekte, welche regionale Zusammenarbeit voraussetzen, entwickeln und strukturieren, sollten prioritär gefördert werden. Das lässt sich von außen durch überwiegend gemeinsam abzurufende Mittel bewerkstelligen. Vorbehalte gegen die Dominanz des jeweils größeren Nachbarn in der Region sollten durch dessen Einbindung in internationale Projekte (Infrastruktur) gedämpft werden. 3. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist zu fördern. Sie berührt ein ganzes Spektrum primärer, nationaler Interessen, wie etwa den grenzüberschreitenden Handel, die Zollproblematik, die Migration. Sie ist imstande, Probleme in gemeinsame Lösungen zu überführen. Erfahrungen der europaweiten Arbeitsgemeinschaft Europäischer Grenzregionen (AGEG) sind heranzuziehen und zentralasiatischen Bedürfnissen und Gegebenheiten anzupassen 4. Unter keinen Umständen darf von demokratischen Werten und ihrer sukzessiven Durchsetzung (Demokratisierung) abgegangen werden. Abgesehen von der Schädigung eigenen Ansehens (asiatisch: Gesichtsverlust) würde das Potential der ideellen Anziehungskraft verloren gehen und von einem Verfall von Überzeugungskraft (s. das gegenwärtige Amerikabild) begleitet sein. 5. Adressat und Partner aller Bemühungen um Modernisierung sind sowohl die Staatsmacht und die sie tragenden Eliten wie die rudimentäre, sich entwickelnde Zivilgesellschaft. 6. Das Beharren auf Demokratisierung als einem unverzichtbaren Modernisierungsagenten setzt eine eingehende Bereitschaft voraus, die Mechanismen und Methoden individuell und behutsam der jeweiligen Landesentwicklung anzupassen. 207 7. Der Aufbau eines Rechtssystems und damit verlässlicher Regeln hat Vorrang vor der Einführung demokratisch-politischer Verfahren. Dies dient vordringlich a) der Überwindung der personenzentrierten Schwäche der Staatsmacht, b) der Integration der Bevölkerung in die jungen Staatswesen unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten, c) dem Zurückdrängen der Korruption, d) der Ermöglichung nachhaltiger ausländischer Investitionen, deren Transparenz gewährleistet sein muss. 8. Es ist nach Wegen zu suchen, dem Aderlass an Fachkräften, unter denen die Länder Zentralasiens leiden, durch spezielle Auswahl- und Rückführprogramme von qualifizierten und zu qualifizierenden Aus- und Übersiedlern aus der Region (auch und gerade für notwendige Planungskapazitäten und das Erziehungssystem) Einhalt zu gebieten. 9. Ein Erfahrungsaustausch über die Auseinandersetzung säkularer, islamischer Regime mit dem politischen Islam ist einzuleiten. Er soll zu erweiterten Möglichkeiten politischen Handelns gegenüber der islamischen Welt führen. 10. Der 2009 angestrebte OSZE-Vorsitz Kasachstans ist bei zunehmender Einhaltung demokratischer Normen im Lande zu unterstützen.341 11. Die EU-Zentralasienstrategie sollte zu einer Eurasienstrategie weiterentwickelt werden, die auf die Integration des gesamten Raumes bis Ostasien im Vorgriff auf seine künftige, kontinentale Bedeutung zielt.342 12. In Europa wird Zentralasien als eine instabile Region wahrgenommen, geplagt von Drogenhandel und organisiertem Verbrechen. Europäische Antworten auf die wachsenden sicherheitspolitische Probleme und konzentrieren sich wirtschaftliche auf eine intensive Kooperation. Entwicklungszusammenarbeit, wenn überhaupt gewünscht und möglich, kann 341 Vgl. Dagegen Kaim, Schmitz, (Die Frage des kasachischen Vorsitzes und die Zukunft der OSZE), 11.2006 342 Vgl. Linn, Panel 2,(FES ZAS-Konferenz), spricht von einem künftigen „Superkontinent“. 208 nur darin bestehen, sozial abgehängte Menschen in die Lage zu versetzen, aus der Armut Schritt für Schritt selbst herauszufinden. 209 Ostasien Staaten Einleitung Die einzelnen Staaten in Ostasien unterscheiden sich zum großen Teil deutlich voneinander. Die Palette reicht von Industrieländern, mehr oder weniger nach westlichem Standard, wie zum Beispiel Japan oder Südkorea, über das Schwellenland China bis hin zu Entwicklungsländern, wie der Mongolei und Nordkorea. Diese Tatsache macht es nötig die Länder einzeln zu betrachten. Korea Korea wurde nach dem 2. Weltkrieg entlang des 38. Breitengrades in Nordkorea und Südkorea (unter US- Einfluss) geteilt. Nordkorea entwickelte sich unter russischem Einfluss. Es schottet sich sehr vom Rest der Welt ab. Daher ist es schwierig an Informationen zu kommen. Es wurde ein Einparteiensystem eingeführt (vergleichbar mit dem der ehemaligen DDR). In den 1990-er Jahren gab es große Hungersnöte die zur Folge hatten, dass bis zu 10 % der Bevölkerung verhungerten. Noch heute sind nach Schätzungen der Welternährungsorganisation 8 Millionen Nordkoreaner chronisch unterernährt, bei Kindern unter 5 Jahren sogar über 50%343. Zurzeit verschärft sich die Ernährungssituation wieder. Der Hauptverkehrsträger in Nordkorea ist die Eisenbahn. Das Hauptaugenmerk bei der Infrastruktur gilt dem Militär. Das zeigt sich zum Beispiel daran dass Autobahnen zwar vorhanden sind, aber im motorisierten Individualverkehr quasi keine Rolle spielen, sondern überwiegend vom Militär genutzt werden. Russland strebt einen Anschluss Südkoreas an die Transsibirische Eisenbahn an um so Containerverkehre von Japan nach (West-) Europa per Bahn anbieten zu können. Dazu müssten die Züge das Territorium Nordkoreas durchqueren. Die nordkoreanische Regierung zeigt in dieser Angelegenheit jedoch wenig Kooperationsbereitschaft. 343 http://www.unicef.de/166.html 210 In Südkorea wurde unter US- amerikanischem Einfluss ein präsidentielles Regierungssystem, vergleichbar mit dem in den USA, eingeführt. Südkorea entwickelte sich wirtschaftlich sehr gut. Dort ist mittlerweile eine voll funktionsfähige, moderne Demokratie etabliert. Südkorea legt Wert darauf die Versorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln aus eigener Produktion sicherzustellen, obwohl es günstiger wäre diese zu importieren. Hauptverkehrsträger ist die Straße. Das Straßennetz ist gut ausgebaut, die Autobahnen sind mautpflichtig. Das Schienennetz ist durchschnittlich ausgebaut. Es existieren zwei Hochgeschwindigkeitsstrecken. In Ballungsgebieten ist auch der ÖPNV gut ausgebaut. Südkorea würde den oben erwähnten Anschluss an die transsibirische Eisenbahn begrüßen und versucht zusammen mit Russland auf Nordkorea einzuwirken ihren Widerstand fallen zu lassen. Japan Japan hat nach dem zweiten Weltkrieg eine siebenjährige Besatzungszeit durch die Amerikaner erlebt. Die heutige Verfassung des zentral regierten Einheitsstaates entstand unter Mitwirkung der Amerikaner. Die heutige japanische Gesellschaft hat mit ähnlichen Problemen zu kämpfen wie die deutsche. Japan hat die älteste Bevölkerung der Welt. Die Geburtenrate ging stark zurück, nachdem in der Mitte des 20. Jahrhunderts die traditionellen japanischen Haushalte, die aus einer Wohn- und Lebensgemeinschaft die drei Generationen umfasste bestanden, immer mehr durch die „westlich geprägten“ Haushalte verdrängt wurden. Der japanische Markt ist einer der bedeutendsten weltweit. Er stellt 20% des Weltkonsums dar344. Nicht selten entwickeln sich in Japan neue Trends und Technologien. In der Forschung sind japanische Unternehmen und Großforschungseinrichtungen führend in wichtigen Bereichen, wie zum Beispiel Nanound Biotechnologie, Medizintechnik und IT. Das Verhältnis zwischen Japan und China ist seit dem 2. Weltkrieg sehr angespannt, während sich Japans Verhältnis zu den meisten anderen Nationen mit den Jahren entspannte. Dem Verhältnis zwischen Japan und China wird im gerade begonnenen „asiatischen Jahrhundert“ eine große Bedeutung zukommen. Vor allem der politische 344 Aus Haak, „Managerwissen kompakt: Japan“ 211 Führungsanspruch in Südostasien sowie die Verteidigungs- und Sicherheitspolitik beinhalten ein großes Konfliktpotential zwischen Japan und China. Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Japan und China sind ungeachtet dessen recht gut. Das Handelsvolumen zwischen beiden Ländern steigt seit den 90er Jahren stark an. Mittlerweile hat China in Japan wirtschaftlich eine wesentlich stärkere Position als die USA oder die EU-Staaten. Aber auch Japan wird die USA als wichtigsten Handelspartner Chinas wohl über kurz oder lang ersetzen.345 Mongolei Engpässe im Bereich der materiellen Infrastruktur gibt es insbesondere bei der Energieversorgung, im Transportsektor und beim Fernmeldewesen. Das Straßennetz umfasst ca. 42.000 km, davon sind nur ca. 1.500 km asphaltiert. Der größte Teil davon entfällt auf die Strecke, die von Ulan Bator zur chinesischen bzw. zur russischen Grenze führt und entlang der Linie der Transsibirischen Eisenbahn verläuft. Die asphaltierten Straßen sind zudem in einem zum Teil sehr schlechtem Zustand. Der rasche Übergang von der Planwirtschaft zur Marktwirtschaft seit 1990 und der damit verbundene Rückzug des Staates haben zum Zusammenbruch vieler Betriebe geführt und gleichzeitig zum Entstehen einer Reihe sozialer Probleme beigetragen. Die Entwicklung der bisher wenig exportorientierten Wirtschaft der Mongolei wird dadurch erschwert, dass Importe vor allem aus benachbarten Ländern kostengünstig in die Mongolei kommen. Der Ausbau eines mongolischen Binnenmarktes wird hierdurch behindert. Der vornehmlich aus der ehemaligen UdSSR stammende Maschinenpark vieler mongolischer Betriebe ist veraltet und die mongolischen Industrieprodukte erweisen sich international als vielfach noch wenig konkurrenzfähig. Die Mongolei verfügt über einige Metall- (insbesondere Gold) und Erdölvorkommen. Es wird davon ausgegangen dass sich das Bruttoinlandsprodukt bei einer Erschließung einiger dieser Ressourcen in nur wenigen Jahren mindestens verdoppeln kann. Westliche Unternehmen engagieren sich in den Bereichen Bergbau, Textilindustrie und 345 vergl. Pilny, „Das asiatische Jahrhundert“, S. 245ff 212 Tourismus. In diesen Branchen liegen in der näheren Zukunft wohl auch die meisten Chancen für die Mongolei346. China Das Wachstum um jeden Preis hat China in den letzten Jahren große Erfolge gebracht. Seit 20 Jahren wächst das Bruttoinlandsprodukt im Durchschnitt um 9,7% jährlich. Es werden gewaltige Summen in die Infrastruktur investiert, damit diese mit dem Wachstum mithalten kann. So wurden zum Beispiel im Jahr 2003 rund 46.000 Kilometer neue Fernstraßen fertig gestellt, weitere 160.000 sind in Planung oder im Bau um die über 150 Millionenstädte zu verbinden347. Dieses ist auch dringend erforderlich um den Rest des Landes wenigstens teilweise an den wirtschaftlichen Erfolgen der Boom- Regionen an der Küste teilhaben zu lassen. Weite Regionen Chinas gleichen noch einem Entwicklungsland. Eine große Zahl von Wanderarbeitern ziehen von den armen Provinzen in die Boom- Regionen um dort Arbeit zu finden. Dieses starke Gefälle des Wohlstandes innerhalb Chinas birgt jedoch ein großes Konfliktpotential. Durch die infrastrukturelle Erschließung des Westens will China die dortige Wirtschaft ankurbeln um die Abwanderung der Bevölkerung zu stoppen. In den nächsten Jahren wird eine neue Generation die politische Führung des Landes übernehmen. Die neue Spitze des Landes ist anders ausgebildet als die bisherigen Führungspersonen. Viele von ihnen haben an westlichen Universitäten studiert. Sie werden vermutlich andere Akzente in der Politik setzen.348 Sie werden sich intensiv mit Themen wie Gesundheit, Bildung, Umweltschutz und regionalem Ausgleich befassen müssen. Eine Abschwächung des Wirtschaftswachstums könnte die Folge sein. Energie Japan Japan war und ist noch immer extrem abhängig vom Import von Erdöl. Nach den Ölkrisen in den siebziger Jahren bemüht Japan sich die Abhängigkeit zu reduzieren. 346 vergl. „Länderbericht Mongolei“, Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 347 vergl. Pilny „Das asiatische Jahrhundert“, S. 18f 348 vergl. „Kaderstimmung“, Manager Magazin 10/07, S 148ff 213 Bislang ist es gelungen den Anteil des Öls am Gesamtenergiebedarf von 75% auf 50 % zu reduzieren. 34% des Energiebedarfs werden durch Kohle und Gas abgedeckt. Die 56 Atomkraftwerke des Landes decken 12% und die restlichen 4% verteilen sich auf erneuerbare Energien. Um die Abhängigkeit vom Öl weiter zu reduzieren wird ein Ausbau der Energiegewinnung aus Atomkraft (zurzeit 15 Kernkraftwerke in Planung oder Bau) und der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien fokussiert. Südkorea Südkorea ist ein Land mit starkem Energieverbrauch. Von 1991 bis 2001 betrug die Wachstumsrate bei konventionellen Energien 6,9%. Die Abhängigkeit von EnergieImporten aus Übersee betrug 97% und der Erdöl-Anteil am Energiemix 46%349. Seit 1987 bemüht sich Südkorea auch um die Förderung der Entwicklung und Nutzung von regenerativen Energien. So wird zum Beispiel am Sihwa- See das größte Gezeitenkraftwerk der Welt gebaut350. Der Anteil von regenerativen Energien soll bis 2011 von 1,4% auf 5% gesteigert werden. Nordkorea In Nordkorea herrscht nicht nur ein Mangel an Nahrungsmitteln, sondern auch ein Mangel an Energie. So sagt zum Beispiel der Ostasien- Wissenschaftler Dr. Werner Pfennig „Mit den vorhandenen Rohstoffen (z. B. Kohle und Eisenerz) wäre zwar Geld zu verdienen, aber der Strom reicht nicht aus, um die Schachtanlagen in Gang zu halten.“351 Durch Wasserkraft werden in Nordkorea 56,2 Prozent des Stromes erzeugt (2003). Den restlichen Bedarf sollen vorwiegend Kohlekraftwerke decken, was verschiedenen Quellen zufolge jedoch nicht gelingt. Das seit 1995 geplante Vorhaben zwischen Nordund Südkorea zum Bau von zwei Leichtwasserreaktoren auf dem Gebiet der Volksrepublik (Kedo- Projekt) wurde 2006 mit der Begründung eingestellt, Nordkorea habe sein militärisches Atomprogramm nicht wie vereinbart eingefroren.352 349 Vergl. http://www2.tu-berlin.de/foreign-relations/archiv/tui_57/mu-choon.pdf vergl. http://www.baublatt.de/archiv/2006_2/15.pdf 351 vergl. http://www.scienzz.de/magazin/art8356.html 352 vergl. http://de.encarta.msn.com 350 214 Mongolei Die Mongolei zählt zu den energiepolitischen Problemländern der Erde. Die Schwierigkeiten in der Energieversorgung wirken sich nicht nur negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung aus, sondern beeinträchtigen auch das tägliche Leben der Bevölkerung. Die Energieversorgung in den ländlichen Gebieten ist qualitativ und quantitativ unzureichend. Die Versorgung mit elektrischer Energie ist aufgrund der extrem hohen Dieselkosten auf wenige Stunden pro Tag und das meistens nur in den kältesten Wintermonaten beschränkt. Auf der anderen Seite verfügt die Mongolei über extrem hohe solare Einstrahlungswerte und lokal über gute Wasser- und Windkraftressourcen. Hohe komparative Kosten der Energieversorgung, eine extrem niedrige Bevölkerungsdichte und ausgezeichnete erneuerbare Energieressourcen führen zu einem hohen Nutzungspotenzial für erneuerbare Energien. Einsatzmöglichkeiten liegen vor allem bei der solaren Warmwasserversorgung, der Basiselektrifizierung mit Photovoltaik in ländlichen Gebieten, der Bereitstellung von Trink- und Tränkwasser in Gebieten mit extensiver Viehhaltung sowie für die Elektrifizierung ländlicher Zentren mit Kleinwasserkraft- und Kombinationssystemen aus verschiedenen Energieressourcen. Deutschland und andere Staaten der EU fördern den Einsatz und den Ausbau der regenerativen Energien in der Mongolei. So sind zum Beispiel der Deutsche Entwicklungsdienst, die Kreditanstalt für Wiederaufbau sowie diverse Stiftungen und Stellen der Bundesregierung in diesem Bereich engagiert.353 China Die chinesische Regierung hat schon in den 1980er Jahren die Chancen der erneuerbaren Energien, besonders der Wasser-, Solar- und Windkraft erkannt und gefördert. Diese haben besonders große Bedeutung bei der Elektrifizierung der ländlichen Regionen, da durch viele kleinere Anlagen, vorwiegend im Wasser- und Windkraftbereich eine dezentrale bzw. regionale Stromversorgung möglich gemacht wird. Allein durch kleine Wasserkraftanlagen wird heute schon 5%354 der gesamten 353 354 Vergl. www.eineweltfueralle.de/nachhaltigkeit Aus „Erneuerbare Energien in China 2006“, www.intec-online.net 215 jährlich erzeugten Energie des Landes (ca. 100 Mrd. KWh) gedeckt. Der Anteil soll zwischen 2020 und 2030 bis auf 10% gesteigert werden. Das Gesamtpotential für Windenergie (Anlagen auf dem Festland und OffshoreAnlagen) wird auf rund 1.000 GW geschätzt. Im Bereich der Anlagen auf dem Festland verfügt China auch bereits über erfahrene Fachkräfte für die Entwicklung und den Bau von Windkraftanlagen. Die Solarenergie wird derzeit überwiegend in thermischen Anlagen (zur Warmwasserbereitung) genutzt. Die Fläche der hierfür installierten Solarkollektoren beträgt 60 Mio. m² und soll bis 2020 auf 270 Mio. m² und bis 2050 auf 500 Mio. m² ausgebaut werden355. Auch die Entwicklung der Energiegewinnung aus Biomasse, Erdwärme und der Kraft der Gezeiten wird in China vorangetrieben. In diesem Zusammenhang ergibt sich ein Geschäftsmodell für die weiten Steppengebiete Chinas: der Handel mit Emissionspapieren. Es ist bereits eine Biogasanlage in Planung. Diese erzeugt aus der vor Ort angebauten Biomasse umweltfreundlich Strom und Wärme. Die hierfür ausgestellten Emissionspapiere (über eingesparten CO2- Ausstoß) will die Allianzgruppe kaufen um sie für ihr Produkt „ECOmotion“, das zusätzlich zu Kfz- Versicherungen angeboten wird, verwenden zu können. Mit diesem Produkt bietet die Allianz jedem Kfz- Versicherungsnehmer die Möglichkeit den CO2- Ausstoß den er durch das Autofahren verursacht zu „neutralisieren“. Der CO2-Ausstoß wird dann an anderer Stelle, wie zum Beispiel in der Biomasse- Anlage in der inneren Mongolei in China wieder eingespart und dadurch „neutralisiert“. Insgesamt gesehen belegt China im weltweiten Vergleich einen Spitzenplatz wenn es um die Nutzung von regenerativen Energien geht- sowohl wenn man die absolute Menge als auch die relative Menge der durch diese Technologien erzeugten Energie betrachtet. Hier soll jedoch nicht das Bild entstehen, dass China, was die Energieerzeugung angeht, das Musterbeispiel für den Umweltschutz schlechthin ist. Durch den hohen Anteil an Kohlekraftwerken an der Stromerzeugung und den intensiven Ausbau der Kapazitäten in diesem Bereich (700 000 Megawatt Leistung in den nächsten 15 Jahren). In den kommenden Jahren soll die jährliche Steigerung der Verstromung von Steinkohle 60 bis 355 Aus „Erneuerbare Energien in China 2006“, www.intec-online.net 216 80 Mio. Tonnen betragen. Das ist mehr als in Deutschland insgesamt pro Jahr verstromt wird356. 70 Prozent macht der Kohleanteil am kommerziellen Primärenergieverbrauch aus. Dabei sind die chinesischen Kohlekraftwerke größtenteils veraltet, ineffizient und schlecht gewartet, so dass die ständig steigende Energienachfrage auch den Schadstoffausstoß immer weiter in die Höhe treibt.357 Bereits heute ist China der zweitgrößte Emittent von Treibhausgasen in der Welt, im Jahr 2010 könnte es weltweit an erster Stelle liegen358. 2030 wird Chinas Ausstoß von Klimagasen vermutlich um 50 % über dem heutigen liegen359. Die Chinesische Regierung verweist gerne darauf dass die Emissionen pro Kopf deutlich geringer sind als in den Westlichen Industriestaaten. Andererseits gibt es auch keine reelle Alternative die den Energiehunger Chinas in der nächsten Zeit stillen könnte. Es werden zwar auch einige neue Atomkraftwerke gebaut, aber auch deren Kapazitäten reichen nicht aus um den rasant steigenden Energiebedarf Chinas zu decken. Kultur Einleitung Zunächst muss man wissen, was Kultur bedeutet. Ich mag die Aussage des bekannten Verfassers Herrn Ji Xianlin sehr: „Es gibt mehr als 500 Definitionen zur besagten Kultur. Alle Definitionen lauteten anders. Nach meiner Meinung lautet sie, die im Geist und im materiellen Aspekt verursacht – das ist Kultur.” Ich denke dieses ist die beste Definition zur Kultur. In den letzten Jahren wurden viele der physischen Hindernisse zwischen Ostasien und der westlichen Welt durch die Entwicklungen der Technik überwunden. Dies hat aber nur zur Folge, dass man diesen Teil der Welt leichter erreichen kann, nicht aber, dass man philosophische und kulturelle Grenzen leichter erkennen und überwinden kann. 356 vergl. FAZ.net „China wird zum größten Treibhausgasemittenten der Welt“, 8.9.2004 vergl. FAZ.net „China: Der schmutzige Aufschwung“, 9.4.2006 358 aus „Energie-Studie: China erzeugt 2010 mehr Kohlendioxid als USA“, Spiegel Online, 8.11.2006 359 vergl. FAZ.net „China wird zum größten Treibhausgasemittenten der Welt“, 8.9.2004 357 217 Diese zu erkennen ist aber der erste Schritt zum Verstehen der Kultur. Im Allgemeinen sind wissenschaftliche Ansätze die sich mit diesem Problem befassen eher oberflächlicher Natur. Zunächst muss man tiefer in die Gedankenwelt ostasiatischer Völker eindringen. Kommunikation als grundlegenden sozialen Prozess zu betrachten ist Voraussetzung dafür zu erkennen, dass sie durch philosophische Wurzeln und Wertordnungen seiner jeweils zugrunde liegenden Gesellschaftsordnung beeinflusst wird. Die Beziehungen der ostasiatischen Kultur zum Westen stellen eine wichtige theoretische Voraussetzung bezüglich des kulturellen Einflusses auf beiden Seiten dar. Ostasien alleine stellt nicht nur eine geographische, sondern auch eine kulturelle Einheit dar. Und weil es einen eigenen kulturellen und traditionellen Inhalt hat, können die Leute die diese verstehen dann die Kultur erforschen. Folglich diskutieren wir über das Thema von der Kultur Ostasiens. Welchen Einfluss hat Ostasiens Kultur auf den Westen? Welche wesentlichen Charakteristika umfasst die ostasiatische Kultur? Zusammenfassend seien im Folgenden drei Punkte genannt: Erstens gibt es einen Vereinheitlichungsursprung, die Verbindung zweier ursprünglicher Kulturen in Europa und Asien, wobei letzterer hauptsächlich vom chinesischen Festland stammt. Zweitens nimmt diese - verursacht durch die Entwicklung der Bevölkerung Asiens – gen Osten stark zu. Mittlerweile sind einige Gegenden Südostasiens bereits stark von der traditionellen chinesischen Kultur geprägt. Drittens ist durch die moderne Globalisierung ein Widerspruch entstanden, der eine bedeutende Auswirkung auf die einzelnen gesellschaftlichen Bereiche, beziehungsweise die Bevölkerung in einer bestimmten Art und Weise verursachen, so dass die grundlegende ostasiatische Tradition von einem völlig neuen Standpunkt aus betrachtet werden muss. Die drei Punkte beschreiben die Bedeutung der Kultur Ostasiens. Die drei Punkte verknüpfen sich miteinander und bilden so die ostasiatische Kultur. Daher kommt auch die grundsätzliche objektive Sichtweise der vorsichtigen Bewertung der asiatischen Kultur. Denn in dem so genannten “kulturellen Ostasien” nahm die ganzheitliche Betrachtungsweise ihren Ursprung. 218 Kulturelle Einflüsse: Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Ostasien und dem Westen: Werfen wir unten einen Blick auf die Einflüsse der ostasiatischen Kultur. Zum besseren Verständnis müssen wir zuerst die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen beiden Kulturen erfassen. Viele Historiker studierten Zeit ihres Lebens, um zu den folgenden Stichpunkten zu gelangen: Gemeinsamkeiten zwischen beiden Kulturen: (1) die Ausbildung hat Priorität (2) ein positiver, unternehmungslustiger Geist (3) Humanitäre Gedanken Unterschiede zwischen beiden Kulturen: (1) Im Westen konkurrieren einzelne Individuen miteinander, im Osten ist die Harmonie der Gesellschaft ausschlaggebend (2) Im Westen dominieren die einzelnen Interessen und Gesetze, im Osten ist freundschaftliches Gefühl wichtig. (3) Im Westen spielt der Handel eine wichtige Rolle und die Landwirtschaft ist nicht so wichtig, im Osten ist es umgekehrt. Die beiden kulturellen Systeme haben folgende Gemeinsamkeiten: Sie bringen Glück für die Menschheit und erhöhen das Lebensniveau der Menschheit. Sie fördern auch die Entwicklung der Wirtschafspolitik. Aber die beiden kulturellen Systeme haben auch Unterschiede, sie sind grundlegend unterschiedlich in der Denkweise. Mit einem Wort ist die Denkweise vom östlichen Kultursystem ganzheitlich, aber die des Westens ist analytisch. Sowie man nur zwei Kultursysteme hat, Westen und Osten, kann man auch nur zwei Denkweisen haben. Diese Dichotomie ist ein Grundprinzip, sowie die Natur der Denkweise. Die Eigenschaften kulturübergreifender Gedanken sind Holismus und Universalismus. 219 Beeinflussung der asiatischen Kultur: Die Entwicklung der Kultur ---- Philosophie In der Vergangenheit war man lediglich neugierig auf Asiens Kultur. Beispielweise Leibniz interessierte sich für das Buch „I Ging“. Voltaire pries die Ideologie von Konfuzius. Das wichtige Beispiel ist die Ideologie von Konfuzius. Der Konfuzianismus als bedeutendste philosophische Geisteshaltung in China, entwickelte sich aus den Lehren des Konfuzius und seiner Schüler. Bis 2010 sollte es etwa 200 KonfuziusInstitute in 55 Ländern geben. Bei der Gründung der Institute wird auf die bestehende Infrastruktur, wie Hochschulen, Verbände oder Handelskammern, der Gastländer zurückgegriffen. Zentrales Anliegen des Konfuzianismus sind gute Führung, praxisbezogenes Wissen sowie angemessene gesellschaftliche Beziehungen. Der Konfuzianismus prägte die Lebenseinstellung der Chinesen sowie bestimmte Lebensmuster und gesellschaftliche Werte und lieferte den Hintergrund für politische Theorien und Institutionen Chinas. Er breitete sich von China über Korea und Japan bis nach Vietnam aus und weckte auch das Interesse abendländischer Gelehrter. Da der Konfuzianismus praktisch und gegenwartsorientiert ist hatte er, verglichen mit anderen religiös-philosophischen Systemen wie Buddhismus oder Taoismus, einen weit stärkeren Einfluss auf die Menschen im ostasiatischen Raum. Die konfuzianischen Lehren sind in der religiösen Idee begründet, dass rechtes Verhalten die Harmonie mit der ewigen Weltordnung erreichen könne. Dieses Verhalten bestehe in: jen (Selbstlosigkeit/ Menschlichkeit), i (Treue gegen sich und andere), li (Rechtschaffenheit/ Schicklichkeit) und chih (Weisheit/ Aufrichtigkeit). Jen (Menschlichkeit) ist sicher das Innerste des Konfuzianismus, und entsprechend schwer zu verstehen. Es meint hauptsächlich selbstlose Gefühle zwischen den Menschen. Es sei wie die Saat, aus der alle guten Eigenschaften des Menschen 220 entspringen. Jen ist in unserem Leben eng mit dem shu verbunden, das Gegenseitigkeit bedeutet. Konfuzius selbst hat vermutlich einst die Gegenseitigkeit als Innerstes seiner selbst gesehen. Er sagt: "Es gibt keinen Fall, wo ein Mensch, der die Gegenseitigkeit nicht verstanden hat, wirklich mit einem anderen kommunizieren konnte, welche Schätze er auch immer in sich trug". Das bedeutet jen zu besitzen setzt voraus, shu zu besitzen. Also muss man sich in die Haut des anderen versetzen können, man muss fähig sein mit anderen zu empfinden. Das zweitwichtigste Prinzip ist i; das bedeutet Treue, Loyalität oder Gerechtigkeit. Auch das ist sehr schwer zu verstehen. Am besten kann man es mit dem Gegenteil erklären: persönliche Interessen und Profit. I ist der Teil der menschlichen Natur der es uns erlaubt hinter schnellen, persönlichen Profit zu sehen und uns zur eigentlichen Treue des Menschen zu erheben, die uns mit anderen verbindet. I besagt menschliche Beziehungen basieren nicht auf persönlichem Profit, sondern auf Verbesserung des Allgemeinguts. Wenn jen und i der geistige Inhalt des ethischen konfuzianischen Systems sind, dann ist li (Schicklichkeit/ Rechtschaffenheit, Achtung vor sozialen Konventionen) seine äußere Ausprägung. Als objektives Kriterium für sozialen Anstand, wird Ii als grundlegendes Regelwerk feinen Benehmens in der menschlichen Gesellschaft betrachtet. Laut Konfuzius folgt Ii aus jen, also daraus, selbstlos gegenüber anderen zu sein. Nur, wenn Menschen sich selbst überwinden, und so zur Treue zurückkehren können, können sie Menschlichkeit erreichen. Andererseits betrachtet man Rechtschaffenheit ohne Menschlichkeit als leer und sinnlos. Weitere wichtige konfuzianische Tugenden sind die Rechtschaffenheit, Sittlichkeit, Aufrichtigkeit und Ehrfurcht des Sohnes vor dem Vater. Derjenige, der alle diese Tugenden in sich vereint, wird zum chün-tzu (vollkommener Edelmann). Eine weiterer Aspekt besteht im zusammentreffen zwischen der daoistischen Philosophie und der asiatischen Kunst, zum Beispiel “ Sun Tzu's Militär-Strategie”, asiatische Management-Systeme, asiatische Diäten und so weiter. 221 Kulturelle Einflüsse ---- Tee: Früher sagte man: "Sieben Sachen braucht der Mensch, nämlich Brennholz, Reis, Speiseöl, Salz, gesalzene Sojabohnen und Weizenmehltunke, Essig und Tee". Hieraus kann man ersehen, dass Teetrinken schon längst zu einem wichtigen Teil des Gesellschaftslebens der einfachen Leute geworden war. Teeproduktion und -handel waren eine Quelle der Staatseinnahmen. Damals hatte Ostasien das Monopol auf den Verkauf von Tee. Deshalb gab es auch viele staatliche Teeplantagen. Tee ist ein leicht anregendes, durstlöschendes, verdauungsförderndes und harntreibendes Genussmittel. Wegen seines Gerbsäuregehalts wird Tee auch bei Darmkatarrhen als diätisches Heilmittel verwendet. In China ist es eine alte Gewohnheit, dass man bei Zusammentreffen Tee trinkt. Mit der Zeit ist eine Reihe von zeremoniellen Gepflogenheiten vom Teeaufgießen bis zum Teeanbieten entstanden. Man spricht von der "Teezeremonie", die man auch in Japan übernommen hat. In einem Teehaus des ostasiatischen Stils kann man beim Teetrinken kulturelle Programme wie Balladensingen, Geschichtenerzählungen, komische Dialoge, Reimerzählungen zur Begleitung von Bambusklappen und Szenen verfolgen. Diese Tradition reicht zurück bis in die Song-Dynastie. Die weitere Entwicklung der asiatischen Kultur ist, dass die Kultur die Kunst beeinflusst. Zum Beispiel, japanische Ukiyo-e, asiatische Poesie, japanischer Spiel Nō und so weiter. Heutzutage ist der Westen in seiner Fähigkeit kaum beschränkt, die asiatische Kultur und Sprache mit einzubeziehen, wodurch sich die westliche Wahrnehmung der asiatischen Rolle in der Weltpolitik und Wirtschaft steigert. Am heutigen Tag merkt man nicht, dass die asiatische Kultur und Sprache einen wichtigen Einfluss auf den Westen haben. Die asiatische Wichtigkeit ist plötzlich gestiegen. Viele verfügen nicht nur über allgemeine Informationen über Ostasien, sondern auch über die asiatische Kultur und Wirtschaftspolitik. Kulturelle Maße: Ein Vergleich zwischen Ost und West zeigt, dass in Ostasien soziale Bindungen bevorzugt werden, während z.B. in Nordamerika die Individualität im Mittelpunkt steht. 222 Individualität sei die "gefühlsmäßige Unabhängigkeit einzelner von Gruppen, Organisationen oder anderen Vereinigungen"360. Eine andere Seite ergänzt diese Definition wie folgt: "Individualität bedeutet, zunächst seine eigenen, privaten Interessen zugrunde zu legen, statt seine Haltung zu Interessen oder Werten der Gesellschaft oder einer Gruppe zuerst zu berücksichtigen"361. Diese Form der Gemeinschaft kann man nicht mit Ostasien vergleichen. Hier werden eher echte soziale Bindungen und ihre Erhaltung bevorzugt, statt einer abstrakten Beziehung zu einer wie auch immer gearteten Gemeinschaftsorganisation. Hui und Triandis empfahlen deshalb 1986 in ihrer Studie "Journal of Cross-Cultural Psychology" eine Zweiteilung des Kollektivismus: 1. Als Beziehung zwischen Menschen in einer Gruppe oder 2. Als Beziehung zwischen den Menschen allgemein innerhalb der Gesellschaft Tabelle 9 Kulturdimensionen nach Geert Hofstede 2003 120 100 80 China Japan SouthKorea Germany 60 40 20 0 PDI IDV MAS UAI LTO Quelle: http://www.geert-hofstede.com/hofstede_dimensions.php Anhand dieses Diagramms können wir sehen, dass Deutschland bei der Individualität den größten Wert hat. Viele Einwohner des Westens wollen sich zu Gruppen zusammenschließen, solange sie ihre Individualität behalten. Individualität ist auch 360 361 Hofstede, "Cultural Consequences", 1980 Pharson, Shils und Olds, 1951 223 dominierendes Merkmal der Kommunikation in der westlichen Welt. Jedes Individuum ist ein Sender, der sich in gemeinsamen Aktivitäten engagiert, um Eigeninteressen voranzutreiben. Wir können auch sehen, dass Japan bei der Männlichkeit den größten Anteil hat. Ursache ist die Geschichte und Entwicklung der Kultur. In der Vergangenheit hatten die Männer einen hohen Stellenwert und jetzt können die Frauen keine gute Arbeit finden. Bei einer gleichartigen Arbeit können Männer leichter Karriere machen. Durch Untersuchungsmaterial wissen wir, dass ein männlicher Geschäftsführer als wertvoller empfunden wird als ein weiblicher. PDI(Power Distance Index) ist ein Maß, in dem die Erwartungswerte von leistungsschwächeren Personen bezüglich einer ungleichen Machtverteilung gemessen werden. Dieser stellt Verschiedenheit (mehr gegen weniger) dar. Er schlägt vor, dass der Level der Ungleichheit einer Gesellschaft, sowohl von der Bevölkerung, als auch von den Führern befürwortet wird. Unterschiedliche Machtverhältnisse stellen die grundlegende Basis einer jeden möglichen Gesellschaft dar. Unter internationalen Gesichtspunkten sind alle Gesellschaften in ihrer Unterschiedlichkeit verschieden bemessen. IDV(Individualismus): Auf der Individualistenseite finden wir Gesellschaften, in denen die Bindungen zwischen Einzelpersonen lose sind: von jedem wird erwartet, sich um sich selbst und um seine/ihre unmittelbare Familie zu kümmern. Auf der kollektivistischen Seite finden wir Gesellschaften in denen die Leute von Geburt an in stark zusammenhängende Gruppen integriert sind die sich oft in ausgedehnten Familien (mit Onkeln, Tanten und Großeltern) fortsetzen. Das Wort 'Kollektivismus' in diesem Sinn hat keine politische Bedeutung. Es bezieht sich auf die Gruppe, nicht auf den Staat. Das Thema dieser Dimension ist sehr grundsätzlich, da es alle Gesellschaften der Welt betrifft. MAS(Männlichkeit) bezieht sich auf die Verteilung der Rollen zwischen den Geschlechtern, die eine weitere wesentliche Frage für eine Gesellschaft sind. Die IBMStudien enthüllten, dass (a) die Werte von Frauen weniger von den Gesellschaften unterscheiden, als die Werte von Männern; (b) männliche Werte enthalten Teile von 224 Durchsetzungsfähigkeit und Wettbewerb und sehr unterschiedlich zu den weiblichen Werten auf der einen Seite bis hin zu bescheiden und liebevoll, ähnlich zu den Werten von Frauen. Die Frauen in weiblichen Ländern haben die gleichen bescheidenen, sich sorgenden Werte wie die Männer; in den maskulinen Ländern sind sie etwas selbstbewusster und wettbewerbsfähiger, aber nicht so viel wie die Männer, daher zeigen diese Länder eine Lücke zwischen den Werten von Männern und den Werten von Frauen. UAI(Uncertainty Avoidance Index) beschäftigt sich mit der Toleranz einer Gesellschaft über Ungewissheit und Mehrdeutigkeit; er bezieht sich auf die Suche des Mannes nach der Wahrheit. Er zeigt an, in welchem Ausmaß eine Kultur seine Mitglieder prägt, sich in unstrukturierten Situationen entweder unbequem oder bequem zu fühlen. Unstrukturierte Situationen sind neuartig, unbekannt, überraschend, anders als üblich. Ungewissheit vermeidende Kulturen versuchen die Möglichkeit solcher Situationen durch strenge Gesetze und Regeln, Sicherheit und Sicherheitsmaßnahmen und auf dem philosophischen und religiösen Niveau durch einen Glauben an absolute Wahrheit zu minimieren. Leute in solchen Ländern sind auch emotionaler. LTO(Long-Term Orientation): Die Werte, die mit langfristiger Orientierung verbunden sind, sind Sparsamkeit und Ausdauer; die Werte, die mit kurzfristiger Orientierung verbunden sind, sind Respekt der Tradition, befriedigende Sozialverpflichtungen und Wahren des eigenen Gesichts. Die positiv und negativ eingestuften Werte dieses Maßes werden in der Lehre von Konfuzius, dem einflussreichsten chinesischen Philosophen gefunden, der um 500 v.C. lebte; jedoch trifft das Maß auch auf Länder ohne ein konfuzianisches Erbe zu. Fazit: Kultur kommt aus den Menschen, aber es beeinflusst die Entwicklung der Menschheit. Die Kultur besteht aus drei Teilen im weiteren Sinn, nämlich Kunstkultur, Gesellschaftskultur und Psychokultur. Kultur beeinflusst die Entwicklung von Geschichte und Wandel der Zeit, deshalb spielt die Kultur eine große Rolle in der nationalen Entwicklung. 225 Die Gründung des Freihandels ist eine globale Tendenz zwischen China, Japan und Korea, dem so genannten „Eisendreieck“. Ostasien hat sich zur drittgrößten Weltvolkswirtschaft, nach der EU und Nordamerika, entwickelt. China, Japan und Korea haben jetzt die aktivste Wirtschaft der Welt. 226 Beschaffung in China Das Land Geographie und Demographie Die Landfläche von China beträgt ca. 9,6 Millionen km² (inkl. Taiwan, Hongkong und Macao), das ist knapp 27-mal so groß wie Deutschland. Und mit mehr als 1,3 Mrd. Einwohnern ist China das bevölkerungsreichste Land der Welt. Die Stadtbevölkerung macht 37% der gesamten Bevölkerung aus (2005). Die Zahlen sollten aufgrund des rasant entwickelten fortgesetzten Urbanisierungsprozesses anders aussehen. Die gesamte Bevölkerungsdichte liegt bei 135 Einwohner /km², viel geringer als die Bevölkerungsdichte in Deutschland (213 Einwohner / km²; 2002). Die Wachstumsrate beträgt ca. 0,8% jährlich. Die meisten Einwohner sind an der Ostküstenregion angesiedelt. Seit 1949 ist Taiwan vom Mutterland China getrennt, eine Wiedervereinigung ist in absehbarer Zeit noch nicht in Sicht. In den Jahren 1997 und 1999 erfolgte die Rückgabe von Hongkong und Macao an China. Sie wurden so genannte Sonderverwaltungs-Regionen und genießen somit in hohem Maße Autonomie. Die chinesische Regierung hat seinerzeit versprochen, die Rechte und die grundlegende Politik der Freihandelszone Hongkong auch in den kommenden 50 Jahren in der bisherigen Weise weiterzuführen. Ferner ist das Land in folgende Verwaltungszonen aufgegliedert: Fünf autonome Regionen, Guangxi der Zhuang - Nationalität, Innere Mogolei, Ningxia der Hui - Nationalität, Xinjiang und Tibet; vier regierungsunmittelbare Städte, Peking, Shanghai, Tianjin und Chongqing und weitere 22 Provinzen. Politische Lage In China ist die Ein-Partei Politik im Grundgesetz festgeschrieben. Die Kommunistische Partei (KPCH) ist die regierende Partei. Eine Oppositionspartei gibt es nicht. Es werden keine kritischen Stimmen vom KPCH geduldet. Ebenfalls ist momentan die ‚Ein-Kinder’ Politik und die Verfolgung der Meditationsbewegung ‚Falungong’ noch ein Tabu. Systembedingt und auch mentalitätsbedingt haben in China Beziehungen mehr Gewicht als die formalen Regeln. Der subjektive Macht-Einfluss politisch oder wirtschaftlich bedeutender Personen hat eine weit größere Bedeutung als in Europa. Daher werden die 227 Gesetze oft vernachlässigt oder gar ignoriert. So kommt es unvermeidbar zur Korruption und Verletzung de Menschenrechte. Es ist jedoch festzustellen, dass China in den letzten Jahren viel demokratischer geworden ist. Nach fast 30 Jahren Öffnungspolitik hat die Bevölkerung einen höheren Lebensstandard erreicht und zugleich auch ein gewisses Bewusstsein für die Eigenbestimmung gewonnen. Eine absolute Machtposition, wie der ehemalige Parteipatriarch Deng Xiaoping oder gar Mao Zedong einmal besessen haben (z.B. die Entscheidung, dass Hu Jintao Jiang’s Nachfolger sein sollte, hat Deng Xiaoping Anfang der 90er schon festgelegt), wird es so nicht mehr geben. Es wird immer mehr Unternehmern ein Mitspracherecht im Entscheidungsprozess zugesprochen. Einige gelangen sogar ins Zentralkomitee der KPCH, darunter Zhang Ruimin, der Chef des Haushaltselektronik-Konzerns Haier. Die Presse gewinnt auch immer mehr Freiheit etwas Negatives zu berichten. Regeln und Verfahren spielen eine immer wichtigere Rolle. Politische Entscheidungen werden zunehmend kollektiv getroffen. Seit 2003 ist Hu Jintao der Parteichef und Staatspräsident Chinas und nach dem im November abgehaltenen 17. Nationalen Volkskongress wieder gewählt worden. Er ist zugleich auch der Vorsitzende der zentralen Militärkommission. Er und Premierminister Wen Jiabao legen die Leitlinie fest, um in China eine ‚harmonische Gesellschaft’ aufzubauen. Davon abgeleitet hat die Regierung die Aufgabe, die Kluft zwischen Reich und Arm zu verringern, gleichzeitig wird mehr Aufmerksamkeit dem Umweltschutz geschenkt. Dies soll dazu führen, dass eine nachhaltige Entwicklung inner halb der Wirtschaft gewährleistet wird. Die Zusammensetzung der Führung zeigt ein gewisses Gleichgewicht zwischen verschiedenen politischen Gruppen. Aber Hu wird den Einfluss seiner Vorgänger Jiang allmählich abschwächen und die eigene Position sichern. Es wird spekuliert, dass Hu die Absicht hat, Li Keqiang, eines der neuen Mitglieder des Politbüros (außerdem sein privater Freund), als seinen Nachfolger im Jahr 2012 zu bestimmen. Li leitet momentan ein Projekt namens ‚Superministeriens’, dessen Ziel darin besteht, das Verwaltungssystem nach westlichem Muster umzubauen. Reporten nach sollen ca. 14 Ministerien entstehen, damit Effizienz und Transparenz erhöht werden. Das Projekt könnte langfristig Auswirkungen auf die Entwicklung der Wirtschaft, dem Sozialwesen und der Politik haben. Auf dem nationalen Volkskongress ist ein Eigentumsgesetz verabschiedet worden, wodurch Privatbesitz gleichberechtigt mit öffentlichem Eigentum behandelt wird. Die 228 politische Lage ist stabil, so dass das Gesetz auch in den kommenden vier Jahren so bleiben wird. Man kann davon ausgehen, dass die nachfolgende Führung sich bemühen wird, eine Politik zugunsten des Wirtschaftswachstums und der sozialen Stabilität voranzutreiben. Wirtschaftsentwicklung 2006 betrug Chinas BIP 2.680 Mrd. USD. Im Jahr 2006 ist Chinas Export und Import jeweils um 27,2% und 20% gestiegen und somit wurde ein Handelsüberschuss von 177,5 Mrd. USD erzielt. Am Ende des zweiten Quartals 2007 war der gesamte Handelsüberschuss auf 1.125 Mrd. USD gestiegen. Die Hauptbetreiber des Exports sind ausländische Unternehmen, deren Zahl sich momentan auf 252.000 beläuft. 76.000 davon stammen aus Hongkong und Taiwan. Deutschland ist mit ca. 2.300 Unternehmen auf Rang 6 aufgelistet. Die gesamte Investition betrug zwischen 600-700 USD. Im Jahr 2006 werden sie 60% der Exportvolumen ausmachen. Die Regierung hat das Monopol in vielen strategischen Bereichen; Wasserversorgung, Stromerzeugung und Medien zählen zu diesen Bereichen. Rohstoffe und der Finanzsektor sind zum größten Teil in der Hand des Staates. Auch ein Privatisierungsprozess Selbst wenn es fast Banken gibt, ist durch findet Finanzierungsmöglichkeit bei in den China statt. staatlichen keine das Privatfinanzierungsnetzwerk und der Pioniergeist dieser Sektor rasch gewachsen. Die Wachstumsrate 2004 betrug 40%. Ein Drittel des BIP ist auf diesen Sektor zurückzuführen. Eine Überhitzung ist besonders in der Immobilienbranche bemerkbar. 2006 belief sich das Wachstum auf ca. 30%. Dadurch haben viele relevante Branchen wie der Stahlbau ihre Kapazität zu einem großen Maß erweitert. Chinas Handelsvolumen 2004 lag bei 1.154,8 Mrd. USD. Davon im Export 593,4 Mrd. USD. Beide liegen somit im weltweiten Vergleich auf Platz drei. Deutschland ist der wichtigste Handelspartner Chinas in Europa, weltweit auf Rang sechs (Hongkong, Taiwan mitgezählt). China ist der wichtigste Handelspartner von Deutschland in Asien. 2001 ist China der WTO beigetreten. China ist daher verpflichtet, den Markt weiter zu öffnen und das Wirtschaftsystem an internationalen Standard anzupassen. Das bringt einen Liberalisierungsprozess in Gang. Viele Einschränkungen gegenüber ausländischen 229 Unternehmen sind abgeschafft worden. Jetzt dürfen ausländische Investoren auch im Bereich Logistik und Finanz tätig werden. Chinas wirtschaftliche Entwicklung ist sehr heterogen. Der Ostteil, der 46% der Fläche ausmacht, ist mit 94% der gesamten Bevölkerung besiedelt und erwirtschaftet 98% des BIP. Der Westteil, wo sich Xinjiang, Innere Mongolei, Tibet, Qinhai u.a. befinden, ist wirtschaftlich weit zurückgeblieben. Seit dem Jahr 2000 hat die zentrale Regierung eine Reihe von Fördermaßnahmen zur Entwicklung Westchinas verabschiedet. Durch die Steuerbegünstigung, bessere Finanzierungsmöglichkeiten und verbesserte Infrastruktur in dieser Region, sollten mehr Unternehmen angesiedelt werden. Aber eine spürbare Wirkung zeigt sich bislang noch nicht. Die meisten Produktionsstätten (vor allem im einheimischen Privatsektor) sind schlecht ausgestattet und es mangelt an nötigem Know-How. Sie verbrauchen mehr Energie im Vergleich zu entwickelten Industrieländern. Ungefähr 15% der BIP wird im Primärsektor erwirtschaftet und in diesem Sektor ist fast die Hälfte der Erwerbstätigen beschäftigt. Daraus kann man den Schluss ziehen, dass ein großes Entwicklungspotenzial besteht. Infrastruktur und Logistikentwicklung Überblick Seit den 90er Jahren hat die chinesische Regierung massiv in die Infrastruktur investiert. Viele neue Autobahnen und Eisenbahnschienen sind seither gebaut worden. Im Jahr 2003 beträgt die gesamte Straßenlänge 1,75 Mio. km, davon 25.000 km Autobahn. Die Autobahnstrecken sind meistens mautpflichtig, daher selten überlastet. Eine vierspurige Autobahn durchzieht Beijing- Shanghai-Hongkong und soll bis 2015 fertig gestellt werden. 2002 betrug die Länge des Eisenbahnnetzes 72.000km, davon 24.000km zweigleisig. In demselben Jahr wurden 150 Mrd. Tonnen Fracht, 1.400 Mrd. Pers. Km auf dem Eisenbahnnetz durchgeführt. Die elektrifizierte Strecke betrug im Jahr 2003 18.000km. Es sind weitere Projekte geplant. Ein Schnellbahnnetz wird gebaut, das die Wirtschaftszentren mit einander verbinden soll, z.B. zwischen Peking und Hongkong. 230 2004 wurde die Eisenbahnstrecke von Lanzhou nach Tibet fertig gebaut, so dass das höchste Plateau der Welt durch Zugstrecken mit der Welt verbunden wurde. Die Deutsche Bahn hat sich mit 8% an einem Joint Venture in China beteiligt und wird unter der industriellen Führung des Bahn-Managers (Manfred Michel), im Reich der Mitte Umschlagterminals für Container bauen. Dadurch will Beijing den kombinierten Verkehr bis 2011 verfünffachen. Es sind insgesamt 18 Container- Verladeterminals geplant. Die Eisenbahn soll in der Zukunft auch eine wichtige Rolle bezüglich des internationalen Handels spielen. Im November 2006 unterzeichneten der Deutsche Bahn Chef (Hartmut Mehdorn) und seine Amtskollegen aus Russland und China eine wegweisende Vereinbarung. Es sind drei Routen geplant: 1. China – Mongolei – Russland – Weißrussland – Polen - Deutschland 10200 km 2. China – Russland – Weißrussland – Polen – Deutschland 11200 km 3. China – Kasachstan – Russland – Weißrussland – Polen – Deutschland 11700 km Wenn die Strecken fertig gebaut sind, können Güter in zwölf Tagen auf dem Schienenweg statt in 30 Tagen auf hoher See zwischen China und Europa transportiert werden. Der Stadtverkehr ist unbefriedigend, besonders in den großen Städten an der Ostküste. Obwohl viele Ringstraßen und Hochstraßen gebaut wurden, sorgen die immer zunehmenden PKW`s und die Menschenmasse für zähfließenden Verkehr in der Stadt. In den Hauptverkehrszeiten muss man mit langen Staus rechnen. Logistikentwicklung Chinas gesamtes Frachttransportvolumen von Januar bis Oktober 2007 erreichte 178,82 Mio. Tonnen. Davon wurden 32,16 Mio. Tonnen auf dem Seeweg transportiert, davon sind wiederum 13,75 Mio. Tonnen Export-Import Güter (die Wachstumsrate betrug hierbei 13,6%). Viele ausländische Logistikdienstleister sind heute in China aktiv. Darunter UPS, Fedex, Kühne & Nagel und Shenken. Alle hier genannten großen Firmen erhalten eine A231 Lizenz, womit sie in ganz China Logistiktätigkeiten durchführen können. UPS und Fedex sind weltweit führend bei Expresssendungen. FedEx ist in China die Nr.1 auf dem Luftfracht–Markt, und zählt zu der am schnellsten wachsenden Branche (jährlich über 20%). Sie bietet seit Ende Mai 2007 erstmals einen inländischen Service für mehr als 200 chinesische Städte an, inklusive Zustellung am nächsten Tag. Seit Ende Juli 2007 sorgt ein eigener Hub in Hanzhou für den reibungslosen Ablauf (Kapazität: über 9.000 Sendungen / Std.). Ab Dezember 2008 wird ein Super- Hub in Guangzhou fertig gestellt werden, die Kapazität beträgt dann 24.000 Pakete / Std. 1.200 Mitarbeiter sind so am Asien- Pazifik- Hub beschäftigt. Insbesondere bei komplexen Logistiklösungen (Kontraktlogistik) sind weltweit die Unternehmen aus dem deutschsprachigen Raum führend, zum Beispiel DHL u. Kühne & Nagel. Problemfeld Trotz aller schönen Ziffern gibt es viele Probleme, die in China umgehend gelöst werden müssen. Dazu zählt vor allem die Kluft zwischen Arm und Reich (Ausprägungen: Arbeitslosigkeit, Differenz zwischen Stadt und Land, Differenz zwischen Osten und Westen), Umweltverschmutzung, Überhitzung der Wirtschaft in bestimmten Bereichen. Eine Überkapazität ist in vielen Bereichen merkbar und die Tendenz nimmt zu, besonders in der Immobilienbranche. Geldpolitische Maßnahmen zeigen weniger Wirkung. Die meisten einheimischen Unternehmen arbeiten ineffizient und verbrauchen überdurchschnittlich viele Rohstoffe und Energie. Um ein Produkt der gleichen Menge und Qualität zu produzieren, verbraucht man in China durchschnittlich das 4- bis 5-fache an Energie als in Deutschland. Chinas hohes Wachstum geht auch zu Lasten der Umwelt. Mangels der benötigten Technologie, vor allem aber wegen dem fehlenden Willen der Führung, dieses Problem zu beseitigen, ist die Umweltqualität stark gesunken. Luftverschmutzung und verseuchtes Wasser beeinträchtigen die Lebensqualität, vor allem der Stadtbewohnern. Dies schadet dem Image und macht die Standorte weniger attraktiv für ausländische Investoren. Nach ersten Schätzungen wird es die gesamten Devisenreserven kosten, wenn man das Problem nachhaltig beseitigen will. 232 Viele staatliche Unternehmen arbeiten uneffizient, sind überschuldet und verursachen viele faule Kredite bei den staatlichen Banken. Hier besteht enormer Sanierungsbedarf. Die Logistikkosten machen ca.20% des BIP aus, das ist im Vergleich zu westlichen Ländern, wo diese nur bei ca.10% liegen, doppelt so hoch. Hier besteht noch ein enormes Rationalisierungspotential. Es ist auch zu erwähnen, dass die Zentralregierung und die ‚Provinzfürsten’ nicht immer im Einklang arbeiten. Die von der Zentralregierung erlassenen Regulierungen wurden nicht oder nicht in vollem Umfang in den Provinzen umgesetzt, was bei den Ausländern immer verwirrend wirkt. Dass die Behörden im Allgemeinen nicht effizient arbeiten, hat negative Auswirkung auf die Wirtschaftsentwicklung, was bei den ausländischen Einkäufern häufig unnötige Verzögerungen bei der Zollabfertigung zur Folge hat. China als Beschaffungsmarkt Vorteilhafter Standort Da das Gewinnpotenzial am Down strain schon ausgeschöpft ist, versuchen die meisten Unternehmen dies an der Beschaffungsseite zu realisieren. China ist sehr attraktiv als Zielland der internationalen Beschaffung. Neben der stabilen politischen Lage und der raschen Wirtschaftentwicklung sprechen folgende Gründe dafür: • Der wichtigste und zugleich elementarste Grund ist der niedrige Fertigungslohn. In der Küstenregion verdient ein normaler Arbeiter ca. 0,6 USD die Stunde, ein Akademiker bekommt ca. 260 bis 300 USD pro Monat. Im Landesinneren kann man die Zahlen noch weiter unten ansetzen. Als 2001 die Einfuhrquote für Chinas Textilien wegfiel, fühlten sich viele Kaufhäuser gezwungen, sich an Produkte aus China zu halten. In Italien, ein Land des traditionalen Schuhmacherhandwerks, stammt jedes zweite Paar Schuhe in den Kaufregalen aus China. • Das Image ‚Made in China’ hat sich verbessert. Die Qualität und das Design verbessern sich kontinuierlich. Das ist vor allem auf die vielen ausländischen Investoren zurückzuführen. Sie bringen neue Technologien bzw. 233 Produktionsverfahren und neue Managementmethoden ins Land. Seit 2003 überholt China die USA als das größte Empfängerland der FDI. • Die verbesserte Infrastruktur bezüglich des Verkehrs und der Telekommunikation spielt eine große Rolle. So kann man sein Chinageschäft schnell und kostengünstig abwickeln. • Das Bildungsniveau hat sich erhöht und die Qualifikation der Arbeiter verbessert sich. Jedes Jahr kommen ca. 3 Millionen frische Ingenieure, Naturund Wirtschaftswissenschaftler auf den Arbeitsmarkt. • Die starke Konkurrenz auf Chinas Binnenmarkt sorgt auch dafür, die Produktqualität zu verbessern. Momentan sind viele Lieferanten in der Lage, high-end Produkte auf hoher Qualität anzubieten. Zugleich sind sie bereit, mit niedriger Gewinnspanne mit Einkäufern zusammenzuarbeiten. An einer Zusammenarbeit mit ausländischen Unternehmen zeigen die Lieferanten großes Interesse. Sie erwarten einen möglichen Know-how Transfer, und das erhöht auch das Image des Lieferanten. Das Einsparpotenzial bei ausländischen Unternehmen ist von Branche zu Branche unterschiedlich. Die Ersparnisse liegen zwischen 15%-60%. • China ist auch deswegen als Beschaffungszielland interessant, da es einen riesigen Binnenmarkt besitzt, worauf ein international agierendes Unternehmen kaum verzichten kann. Durch die Beschaffungstätigkeiten können wertvolle Erfahrungen gesammelt werden und somit sind Vorbereitungen in dem Markt geleistet worden. 234 Wirtschaftsräume und Produkte362 In dem boomenden Ostteil Chinas sind drei Wirtschaftsräume zu identifizieren, nämlich die Bohai-Küstenregion, das Yangtze Delta(Shanghai) und das Perldelta (Guangdong). Der Perldeltaraum umfasst viele große Städte, darunter Guangzhou, Shenzhen, Zhuhai, Fusan und Dongguan. Der Perldeltaraum profitiert von seiner geographischen Lage, da er direkt an Hongkong und auch nah an Taiwan und Singapur gelegen ist. So stammen viele Unternehmen ursprünglich aus diesen drei Orten. Heute kontrollieren die Geschäftsleute aus Hongkong ca. 60.000 Unternehmen und beschäftigen über 10 Millionen Menschen in diesen Gebieten. Die Wirtschaft ist sehr exportorientiert, 2004 macht deren Anteil 32% des Gesamtexports aus und die Wachstumsrate beträgt 13,5%. In PFD dominieren die Leicht- und Elektroindustrie. Zu den wichtigsten Produkten zählen Fernseher, Audio- und Video-Geräte, Telefone, Computer, Fahrräder, Spielzeug Schuhe. Die Liste kann unendlich fortgesetzt werden. Die Tendenz zeigt, in diesem Gebiet werden immer mehr High-Tech-Produkte angeboten, besonders bei Elektro- und Telekommunikationsprodukten. Die Chinese Commodities Fair in Guangzhou ist die bekannteste und bedeutendste Industriemesse Chinas. Sie findet jeweils in April und Oktober statt. Der Besuch ist für viele ausländische Einkäufer ein Muss. Die Metropole Shanghai an der Mündung des Yangtzes und der Yangtzedeltaraum umfassen die Provinzen Jiangsu und Zhejiang. Neben Shanghai sind in diesem Gebiet über ein dutzend große Städte ansässig, darunter Suzhou, Wuxi, Changzhou, Nanjing. Dies sind Städte, wo die meisten deutschen Unternehmen in China angesiedelt sind. Viele multinationale Unternehmen sind in diesem Gebiet ansässig, darunter Siemens, General Motor, AMD, Volkswagen Nokia. Das Exportvolumen im Jahr 2004 beträgt in diesem Gebiet 219,2 Mrd. USD. Das entspricht gut einem Drittel des gesamten Exportvolumens Chinas. Hier hat sich vor allem die Halbleiter- und Computerindustrie angesiedelt. Shanghai ist wohl die bedeutendste Stadt Chinas. Neben dem Handel- und Finanzzentrum ist sie auch der Transport-Hub. Mit dem Fertigstellen des YangsanTiefseehafens im Jahr 2020 soll dieser 25 Millionen Container umschlagen und ist somit der größte Tiefseehafen der Welt. Außerdem ist Shanghai eine Messestadt geworden und die Bedeutung nimmt ständig zu. Allein 2004 haben hier 286 internationale Messen stattgefunden. Die drei deutschen Messegesellschaften Hannover-Messe, Messe 362 Vgl. Jürgen Kracht und Thaddäus Müller (Einkaufen und Investieren in China, Band 2), S. 122-128 235 Düsseldorf und Messe München haben ein Gemeinschaftsunternehmen mit der Stadt Shanghai gegründet und bauen jetzt das Shanghai New international Exhibition Centre. Nach dessen Fertigstellung soll die Ausstellungsfläche 250.000 m² betragen und ist somit das größte Messezentrum Asiens. Die Bohai-Küstenregion befindet sich in Nordchina. Sie umfasst die Provinzen Liaoning, Hebei, Shandong und die zwei Metropolen Peking und Tianjin. Da diese Region nah an Japan und Korea liegt, fallen die meisten DFI von diesen beiden Ländern nach China auf diesem Gebiet. 2004 erzielt diese Region ein Exportvolumen von 105,6 Mrd. USD, das entspricht ca. 18% der Gesamtexporte. Die größte Stahl- und Ölindustrie des Landes ist hier beheimatet. Außerdem zeigen auch Auto-, Chemie-, und Rohstoffindustrie starke Präsenz in diesem Gebiet. Yuan und dessen Wechselkurs363 Der Chinesische Renminbi, auch Yuan genannt, ist keine ‚Harte Währung’, nicht frei umzutauschen und lediglich in China (inkl. Hongkong, Macao) zu erwerben. Der Wechselkurs zeichnet sich mit einem USD – peg aus. Als eine langjährige Praxis legt die Chinesische Nationalbank einen relativ festen Wechselkurs zwischen Yuan und Dollar fest. Das Interesse eines Einkäufers liegt auch darin, die möglichen Kursrisiken zu minimieren. Um dieses Ziel zu erreichen, ist der sogenannte Non-Deliverable-Forward als die übliche Methode vorgesehen. Hierbei wird ein Termingeschäft mit Barausgleich abgeschlossen, d.h. man sichert eine bestimmte Menge Yuan gegen USD oder Euro, und zwar zu einem bestimmten Tag bei einem festen Wechselkurs. Der Tauschprozess wird durch die Bank in China abgewickelt, bei der die entsprechenden Konten unterhalten werden. Liegt eine Abwertung des Yuan (in Bezug auf dem vereinbart NDF-Terminkurs) vor, wird eine Ausgleichszahlung an die Bank bezahlt. Hingegen bei einer Aufwertung des Yuan, der Kunde um die Ausgleichssumme begünstigt wird. Die Ausgleichszahlung wird wie folgt berechnet: Terminkurs Ausgleichszahlung = Nominalbetrag * ( 1- Kurs der Ausgleichswährung) Terminkurs 363 Vgl. Bianca Herzog (Einkaufen und Investieren in China, Band 2), S. 160 236 Hierbei ist zu erwähnen, gesichert ist nur der Yuan gegen die Hartwährung. Die Hartwährung selbst ist jedoch nicht gesichert. Wenn zum Beispiel ein deutsches Unternehmen Einkaufstätigkeiten in China ausübt und dessen Geschäft mit USD abgerechnet wird, so kann man das Wechselkursrisiko gegen USD anders absichern. Devisentermingeschäft und Option kommen hier zur Anwendung. Beschaffungsaktivität Beschaffungsorgan Soweit das Einkaufsziel identifiziert und eine klare Strategie entwickelt wurde, soll eine Einkaufsform ausgewählt werden. Zwischenhändler Wenn es sich für einmalige Einkäufe, wegen einer geringen Einkaufsmenge oder eines langen Zeitabstandes nicht lohnt, ein eigenes Einkaufsbüro einzurichten, kann ein Zwischenhändler eingeschaltet werden. Es gibt viele erfahrene Handelsfirmen, die in Hongkong oder Mainland China ansässig sind. Sie können den Anforderungen der westlichen Unternehmen entgegenkommen und die Geschäfte professionell abwickeln. Man kann hierdurch die Abwicklungskosten einsparen und ein hohes Maß an Flexibilität erzielen. Als Nachteile sind folgende zu nennen: es fehlt an Kostentransparenz, man kann den Kostenvorteil nicht voll ausnutzen; keine direkte Verbindung zu Herstellern; Informationsverlust durch Zwischenhändler. Diese Methode ist vor allem für schon standardisiert Fertigprodukte geeignet, die ein geringes technisches Niveau aufweisen und eine transparente Kostenstruktur aufweisen. Wenn das gesuchte Produkt eine hohe Komplexität besitzt und daher eng im eigenen Produktionsprozess integriert werden muss, sollte man auf diese Methode verzichten. 237 Vertretung Andernfalls ist eine direkte Verbindung mit den Lieferanten vorteilhaft. Um dies auszunutzen, kann man ein Repräsentanzbüro in China eröffnen. Solche Vertretungen dürfen kein Geschäft unter eigenem Namen abwickeln. Das stellt aber kein eigentliches Problem dar, wenn es nur um Exportgeschäfte geht. Ein Repräsentanzbüro kann fast alle Funktionen erfüllen, die für diesen Zweck vorgesehen sind: Qualitätskontrolle; technische Unterstützung; Probleme mit den Lieferanten vor Ort lösen; nach neuen Lieferanten suchen usw. Handelsfirma in Mainland China Für die Gründung einer Handelsfirma ist ein Mindestkapital von 120.000 bis 200.000 EUR gesetzt (je nach Region). So kann man den gesamten Einkauf in China abwickeln. Aber die Geschäftstätigkeit ist nach wie vor beschränkt. Am 1. Juni 2004 hat das Ministry of Commerce in China eine Neufassung des chinesischen Außenhandelsgesetzes erlassen, wonach die Eintrittsbarrieren heruntergesetzt wurden und den ausländischen Unternehmen eine weit reichend freie Hand in dem Geschäftsfeld ermöglicht. Dessen volle Umsetzung ist noch abzuwarten. Handelsfirma in Hongkong Einige Unternehmen haben sich entschieden, neben einem Repräsentanzbüro in Mainland China eine Handelsfirma in Hongkong zu gründen. Das hat gewisse Vorteile: die Gründung ist einfach und kostengünstig; In Hongkong beträgt die Gewinnsteuer 17,5% (in China sind es überwiegend 33%). Erträge aus so genanntem ‚OffshoreGeschäft’ sind steuerfrei. Ein Offshore-Geschäft ist zustande gekommen, wenn der Firmensitz beider Geschäftspartner außerhalb Hongkongs liegt und der Kaufvertrag ebenfalls nicht in Hongkong abgeschlossen wird. Die Handelsfirma in Hongkong spielt dann nur eine ‚Mittelmanns’-Rolle. Außerdem bietet es eine weitere interessante Möglichkeit: man kann die nötige Veredlungsarbeit durchführen und die Waren dann direkt zu den Kunden schicken, ohne dass dieser die ursprüngliche Herkunft 238 identifizieren und den Hersteller ansprechen kann. Da in Hongkong eine physische Präsenz zur Abwicklung der Geschäfte nicht erforderlich ist, kann man die mit der Handelsfirma verbundene Tätigkeit auch komplett outsourcen. In Hongkong gibt es zahlreiche Dienstleister, die mit solchen Geschäften vertraut sind. Einkaufskooperation Für die vielen KMU`s, die sich ein eigenes Repräsentanzbüro oder eine Handelsfirma finanziell nicht leisten können, wäre es sinnvoll, gemeinsam eine Vertretung zu errichten oder eine Handelsfirma zu gründen. So kann man gemeinsam gegen Lieferanten auftreten und auch die Logistikaktivität zusammen entwickeln, so dass ein zusätzlicher Kostenvorteil realisiert werden kann. Direkt produzieren Dies kann auch als Beschaffung angesehen werden. Wenn man dabei beabsichtigt, die dort produzierten Waren wieder nach Europa zu bringen. Hier ist wiederum ein Tochterunternehmen empfehlenswert. Ein Jointventure mit einheimischen Unternehmen ist schwierig. Viele ausländische Unternehmen haben schlechte Erfahrungen gemacht. Besonders die vor dem Jahr 2000 in China tätigen ausländischen Investoren. Damals war es eine Voraussetzung, dass sie mit einem einheimischen Partner kooperieren, die meisten damals unter solchen Umständen gegründeten Partnerunternehmen sind jetzt wieder aufgelöst. In Westchina ist ein größerer Steuervorteil zu erwarten. Um diesen zu optimieren, kann man die Buchführung sorgfältig planen, wobei ein Gewinn erst später auftritt. Die lokalen Behörden freuen sich, dass überhaupt ein ausländisches Unternehmen zu ihnen gekommen ist. 239 Geschäftsabwicklung Informationsquelle Wenn ein eigenes Netzwerk nicht ausreicht, das ist normalerweise auch der Fall, können folgende Quellen aufgesucht werden: Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (www.bme.de); Deutschzentrum jeweils in Peking und Shanghai (www.germancentre.org); deutsches Auswärtiges Amt; Deutsche Botschaft in Peking sowie Konsulate in Shanghai, Guangzhou und Hongkong. Industrie und Handelskammern (www.ahk.de). Außerdem sind zahlreiche Internetseiten von anderen Organisationen bei der Lieferantensuche hilfereich: www.bfai.com, www.chinasuppliers.alibaba.com, www.vdma.org, www.busytrade.com, www.supplymarkets.com, usw. Magazine wie China Contact, Sourcing Asia liefern auch wertvolle Informationen. Messebesuch Messebesuche werden von vielen Unternehmen als der erste Schritt zum Einkauf gewählt. Der Vorteil ist deutlich, hier kann direkt mit dem Lieferanten Kontakt aufgenommen und verschiedene Lieferanten des gleichen Produkts können miteinander verglichen werden. So kann man viel Zeit und Kosten sparen. Da viele Regionen versuchen, sich als Messestandort zu profilieren, sind deren Qualitäten unterschiedlich. Es sollte einige Zeit investiert werden, um die richtige Messe zu finden. Ein Punkt soll hier erwähnt werden; viele Lieferanten wirken auf den ersten Blick sehr professionell, aber man sollte sich nicht darauf verlassen. Die Qualität des ausgestellten Musterproduktes entspricht oft nicht den später ausgelieferten Waren. Viele Zwischenhändler sind auf der Messe vertreten, aber nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Als Faustregel gilt: Kein Einkauf ohne Fabrikbesuch. Inzwischen sind viele Produzenten auch im Landesinneren angesiedelt. Aufgrund der noch niedrigeren Lohnkosten und Steuervergünstigungen könnte eine Beschaffung von dort vorteilhaft sein. 240 Lieferantenauswahl Wenn man eine andere Lieferantenadresse als bei einem Messebesuch bekommen hat, zum Beispiel durch ein Branchenbuch, so sollte der Lieferant zuerst per Telefon kontaktiert werden. Ein Formular zur Selbstangabe zu mailen wäre sinnvoll. Der Auswahlprozess ähnelt einer Trichterform. Nach vorher erarbeiteten Kriterien wird der Lieferantenpool überprüft. Wie viele hier ‚überleben’ sollen, ist je nach Situation unterschiedlich. Als nächstes sollte eine Fabrikbesichtigung stattfinden. Neben den Selbstangaben, worin vorwiegend technische Daten stehen, werden auch die Finanzlage, das Management und die Qualifikationen der Mitarbeiter geprüft. Mit den hierdurch gewonnenen Erkenntnissen kann beispielsweise ein Sourcingmodell angewendet werden, wobei man Prioritäten auf verschiedene Kriterien setzt. Mit den so ausgewählten Lieferanten tritt man in Verhandlungen über einen Kaufvertrag. Es ist jedoch nicht zu empfehlen, bei einem Erstbesuch sofort über einen Kaufvertrag zu reden. Besonders wenn noch Fragen offen geblieben sind, macht es Sinn, eine Lieferbeziehung auf Probe herzustellen, indem eine kleine Menge Ware im Intervall bestellt wird. Wenn Unsicherheit besteht, ist es sinnvoll, einen externen Berater einzuschalten. Es gibt eine große Auswahl, nur die Qualität ist unterschiedlich. Auch bei der Auswahl des Beraters kann man wertvolle Hilfe beim nächsten Deutschen Konsulat oder den Deutschzentren in Peking und Shanghai erhalten. Wo können Probleme liegen? Die Entfernung und die Sprachbarriere erschweren die Verhandlungen und Kontrollaufgaben. Der fehlende Standard von EDV-Programmen und qualifiziertem Personal stellen eine große Barriere für eine Advanced Sourcing dar. Die oft von ausländischen Einkäufern beklagten Probleme sind Qualität und Piraterie. Viele Streitigkeiten sind darauf zurückzuführen. Wenn man den Weg über das Gericht sucht, ist es sehr langwierig, kostet viel Zeit und Energie, und die Ergebnisse sind normalerweise unzufrieden stellend. Hier spielt ein Protektionismus und ‚GuanXi’ eine große Rolle. Selbst, wenn ein günstiges Urteil gefällt wurde, ist es in der Regel auch schwierig, dies umzusetzen. Es ist empfehlenswert, Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. 241 Verhandlung ist natürlich ein kritischer Punkt. Der Umgang mit den Einheimischen kann schwierig sein, wenn sie zum Beispiel bei Verhandlungen sehr hartnäckig wirken, nicht immer ihr Wort halten, immer dieselbe Frage wiederholen usw. Auf der einen Seite ist die Art und Weise zu denken dort anders. Die Jahrtausend alte Geschichte - bis hin zu Maos Zeit, besonders unter Maos Führung -, sagt den Chinesen: Entweder schlage ich dich nieder, oder du schlägst mich nieder, es gibt keinen Zwischenweg. Also können die Chinesen nicht ‚Win-Win’ denken, viele wollen den Vorteil nur für sich allein haben. Und über Jahrhunderte hatte das Volk unter der westlichen Macht zu leiden. Sie sind sehr empfindlich hinsichtlich einer ‚Ausbeutung’, obendrein hat eine Unkenntnis über den internationalen Markt dies verstärkt. Und schließlich ist es auch eine Tatsache, dass die ausländischen Unternehmen eine viel größere Gewinnspanne als die Einheimischen erzielen. Um noch auf einen weiteren Aspekt einzugehen; es fehlt in China eine Unternehmenstradition. Viele Sachverhalte sind für sie neu, es gibt kein allgemein angesehenes Vorbild. Man sollte nicht immer auf kulturelle Analytik zurückgreifen. Nicht, dass sie sich so verhalten weil sie daran gewöhnt sind, sondern sie wissen nicht einmal, wie man sich unter solchen Unterständen verhalten soll. Jeder denkt sich etwas Neues aus, das macht es dem westlichen Beobachter schwer. Einst passierte folgendes: eine Deutsche Delegation war zwecks eines Jointventures nach China geschickt worden. Das deutsche Team, das wie üblich die Minderheit darstellte, begann die Verhandlung mit dem chinesischen Partner. Eine Sitzung nach der anderen, die chinesischen Verhandlungspartner hörten geduldig zu und machten fleißig Notizen. Aber bei jeder Sitzung kamen verschiedene Leute, schließlich hat der Deutsche Manager dies in Frage gestellt. Zuerst hat er dies für einen Verhandlungstrick gehalten. Die wahre Absicht: die chinesische Seite wollte die Chance nutzen, verschiedene Abteilungen die Gelegenheit zu geben, eine Verhandlung mit den Deutschen zu trainieren. Die Tendenz zeigt aber, ein direkter, professioneller Stil setzt sich nach und nach im Business durch, das ist vor allem auf den amerikanischen Einfluss zurückzuführen. Wie Wal-Mart es in China praktiziert hat: einmal in Monat findet ein Lieferantenaudit bei Wal-Mart`s im Einkaufsbüro statt. Wer die vorgeschriebene Qualifikation nicht erfüllt, fliegt sofort aus. 242 Lieferantenpflege Es ist zwar empfehlenswert, den Vertrag detailliert zu formulieren, aber man sollte sich auf keinen Fall voll darauf verlassen. Ein Vertrag hat bei chinesischen Partnern normalerweise nicht dieselbe Bedeutung wie bei einem Europäer, insbesondere für einen deutschen Partner. Man sollte sich von Anfang an darüber bewusst sein, dass irgendwelche Abweichungen wahrscheinlich sind. So ist eine effektive Lieferantenpflege umso wichtiger. Hier sind staatliche und private Unternehmen zu differenzieren. Besondere Aufmerksamkeit schenken sollte man bei staatlichen Unternehmen auf die Beziehungspflege. Gemeint ist hier auch eine persönliche Beziehung. Für die Unternehmensführung, ist es zwar geregelt, dass deren Löhne an den Unternehmenserfolg geknüpft sind, aber es besteht große Unterschiede zu privaten Unternehmen. Es lässt sich vermuten, dass eine gewisse Willkür vorhanden ist. Die Annahme, dass das Unternehmensinteresse immer den Vorrang hat, ist falsch. Aufgrund Chinas turbulenter Marktsituation, sind viele Veränderungen nicht vorherzusehen. Man sollte einen langfristigen Vertrag nach Möglichkeit vermeiden. Das gilt besonders für C-Güte, welches ein niedriges technisches Niveau aufweist und in großer Menge bestellt wurde. Wenn die Situation zugunsten der lokalen Lieferanten liegt und die dies auch ausnutzen, ist bei einem Streitfall der Einkäufer wieder schlechter gestellt, da in China ein verlässliches Justizsystem noch fehlt. Fazit Viele deutsche Unternehmen zögern auch deswegen, weil sie mit der chinesischen Mentalität nicht vertraut sind und ein reibungsloses Vorantreiben des Projektes nicht gewährleisten können. Das ist zwar nicht unbegründet, aber keineswegs sollte ein Chinaengagement dadurch verhindert werden. Meines Erachtens reicht es schon aus, wenn man sich hierzulande darüber informiert hat. Eines sollte man sich vor Augen halten, dass man sich nicht allzu sehr auf deutsche Gewohnheiten verlassen kann. Eine gewisse Offenheit und Pioniergeist sollte man schon mitbringen. Man kann zum Beispiel nicht hoffen, dass man alles 10 Jahre im Voraus 243 planen kann. Es existiert ein sich rasch verändertes Umfeld, es gibt viele Faktoren, auf die man keinen Einfluss hat. Eine neue Entwicklung soll an dieser Stelle erwähnt werden. In dem gerade abgeschlossenen nationalen Volkskongress ist ein neues Gesetz zur Körperschaftssteuer verabschiedet worden, wonach die ausländischen Investoren ihre Steuervorteile gegenüber chinesischen Unternehmen verlieren. Man tendiert zu einer Gleichbehandlung der ausländischen und einheimischen Unternehmen. Steuerbegünstigungen beziehen sich nur auf bestimmte Waren oder Warengruppe. In der Zukunft wird China weit in den Welthandel integriert werden und seine Position als ‚Fabrik der Welt’ ausbauen. Als Beschaffungszielland wird China für ausländische Unternehmen immer interessanter. Da die Chinesen ein lernfähiges Volk sind, werden in China viele Produkte dem westlichen Niveau angepasst und diese sogar zum Teil überholen. Und da China ein so großes Land ist, wird die Einwohnerzahl in Jahr 2015 schätzungsweise bei 1,6 Mrd. liegen. Der günstige Fertigungslohn wird für lange Zeit erhalten bleiben. Es ist auch abzusehen, dass viele einheimische Unternehmen in der Lage sein werden, in den internationalen Markt mit westlichen Unternehmen als Konkurrenten aufzutreten. Aber das ist auf keinen Fall ein Grund, dafür auf China als Beschaffungsmarkt zu verzichten. Mindestens betriebwirtschaftlich gesehen, gilt es nach wie vor, wo es arbeitsintensiv ist, lohnt es sich nach China zu gehen. 244 Naher Osten Türkei Aufgrund der Lage, dass dieses Land die Kontinente Asien und Europa verbindet, ist der Verkehrssektor Transportdienstleistungen eine wichtige umfassen Einnahmequelle neben den Straßen- der auch Türkei. See-, Die Luft-, Schienenverkehr und Transporte sogar Rohrleitungen. Mit internationalem Personenund Güterverkehr auf Straßen erwirtschaftete die Türkei 1999 1,2 Milliarden Euro. 2000 machte der Verkehrs- und Kommunikationssektor rund 14 % des Bruttoinlandsprodukts aus. 3/4 aller öffentlichen Investitionen, wobei auch ausländische Unternehmen hier stark investieren, werden in diesem Bereich des Landes getätigt. Damit zeigt sich eindrucksvoll die Bedeutung dieses Sektors für die Türkei.364 Die staatliche türkische Generaldirektion für das Fernstraßenwesen "Karayollari Genel Müdürlügü" (KGM) will mit mehreren neuen Autobahn- und Brückenprojekten die Verkehrsbedingungen in der Türkei verbessern. Die neuen Projektkosten belaufen sich auf zirka 20 Milliarden US$. 2006/2007 wurden schon ca. 6355 km Autobahn gebaut. In den folgenden fünf Jahren will die KGM Neuasphaltierungen an 14500 km vornehmen. 2008 sollen mindestes zwei neue Autobahnprojekte sowie die Errichtung einer dritten Hängebrücke über dem Bosporus in Angriff genommen werden. Sowohl die Ausschreibung der 342 km langen Nord- Marmara- Autobahnstrecke einschließlich der Bosporusbrücke sowie die Auftragsvergabe - vorzugsweise nach dem BuildOperate-Transfer-Betreibermodell (BOT) - soll im Jahr 2008 erfolgen.365 366 In Istanbul soll ein zweiter Unterwassertunnel gebaut werden. Während der Unterwassertunnel, der bereits gegenwärtig gebaut wird, für den Stadtbahnverkehr gedacht ist. Der neue Bau soll von Kraftfahrzeugen genutzt werden. Die Kosten des Vorhabens werden auf 370 Mio. US$ veranschlagt. Die Generaldirektion ist der Projektträger für den Bau von Schienenwegen, Seehäfen und Flugplätzen (DLH) im Geschäftsbereich des Verkehrsministeriums. Durch die wachsenden Einwohnerzahlen 364 365 366 Vgl. Wikipedia, (Infrastruktur),18.12.2007 Vgl. IHK-Köln, (Brücken und Autobahnprojekte), 15.01.08 Vgl. Zaman (Karayol, Köprü), 16.01.08 245 und die steigenden Zahlen der Fahrzeuge wird die Situation des Straßenverkehrs in Istanbul zusehends schlechter. Nach den Zahlen des Statistikamtes TÜIK (Türkiye Istatistik Kurumu; www.tuik.gov.tr) waren in der Türkei Mitte 2006 insgesamt knapp 11,8 Mio. Kraftfahrzeuge zum Straßenverkehr zugelassen; davon waren rund 2,4 Mio. im Regierungsbezirk Istanbul registriert, darunter mehr als 1,6 Mio. Pkw. Nach den Vorstellungen der Planer bei der DLH soll das neue Tunnelprojekt unter dem MarmaraMeer bei Istanbul mit veranschlagten Kosten von 370 Mio. US$ nach dem BOTBetreibermodell verwirklicht werden; eine Staatsgarantie ist nicht vorgesehen. Nach den vorläufigen Plänen ist an einem Unterwassertunnel mit zwei Ebenen gedacht, der unabhängig vom derzeit im Bau befindlichen Tunnel für die Schienenverbindung ("Marmaray-Projekt") und mit einer anderen Bautechnik entstehen soll.367 Das Marmaray-Projekt wird von einem japanisch- türkischen Firmenkonsortium gebaut. Mitglieder der Gruppe sind die Bauunternehmen Gama und Nurol aus dem Inland Taisei und Kumagai Gumi aus Japan. Die Gesamtkosten dieses laufenden Projektes, das bis Ende 2009 abgeschlossen werden soll, belaufen sich auf 4,8 Mrd. Neue Türkische Lira (circa 2,5 Mrd. Euro; 1 Euro = rund 1,90 YTL). Nach Abschluss dieses Großprojektes soll ein insgesamt 76 km langes modernes UBahn-/S-Bahnsystem bereitstehen. Damit wird die Personentransportkapazität auf dieser Strecke in eine Fahrtrichtung von derzeit 10.000 auf 75.000 Personen pro Stunde ansteigen.368 Straßenverkehr Die Straßen in der Türkei haben eine Länge von insgesamt 425.000 km. Davon sind ca. 15% Landstraßen, 81% sog. Dorfstraßen und 4% Autobahn. Das Autobahnnetz soll immer weiter ausgebaut werden. Etwa 1600 km sind momentan im Bau. Eine Autobahn von Izmir nach Manisa ist im Bau, die Autobahnen Adana – Ankara und Gaziantep – Şanlıurfa sind ebenfalls im Bau. Auf den Straßen werden 89,2 % (Stand 2000) aller inländischen Güter transportiert. Der Anteil des Personenverkehrs ist mit 95 % sogar noch höher. Bei Überlandfahrten sind Reisebusse sehr beliebt. Hier konkurrieren viele Unternehmen, um die Gunst der Fahrgäste zu erlangen. Durch die Einnahmen der Mautgebühren erwirtschaftete die Türkei im Jahr 2005 367 368 Vgl. bfai, (Marmaray), 3.10.2007 Vgl. bfai, (Infrastruktur), 16.04.2007 246 231 Millionen YTL und sollten zum Ende jeden Jahres nach staatlichen Schätzungen bei 357 Millionen YTL liegen; die Mautpflichtigen zwei Brücken in Istanbul und alle Autobahnstrecken. Die Brücken benutzen über 136 Millionen Fahrzeuge und die mautpflichtigen Straßen über 120 Millionen Fahrzeuge mit einer steigenden Tendenz. Der Nahverkehr wird in den Städten durch öffentliche Busse organisiert. Da aber der öffentliche Nahverkehr ungenügend ausgebaut ist, dominieren die Sammeltaxis, so genannte Dolmuş, die im Privatbesitz sind. Die Fahrtkosten sind abhängig von der gefahrenen Strecke und werden bar beim Fahrer oder seinem Gehilfen bezahlt. Solche Fahrten haben keine festen Zeiten, Ein- und Aussteigemöglichkeiten sind immer möglich. Die regulären Taxen arbeiten mit einem Taxometer. Das folgende Bild zeigt den Autobahnplan der Türkei.369 Abbildung 57: Autobahnnetz Quelle:http://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/5/5b/T%C3%BCrkei_Autobahn_T.png Schienenverkehr Der Schienenverkehr ist in der Türkei vernachlässigt worden, Vorrang beim Ausbau hatte die Straße. Die Trassierungen des Eisenbahnnetzes stammen weitestgehend noch aus dem 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Seine Länge beträgt 10.500 km, davon sind ca. 20 % elektrisch betrieben. Am Gesamtverkehr macht der Anteil der Eisenbahn 10 % aus (Stand 1999). Bis auf der Strecke zwischen Istanbul und Ankara 369 Vgl. Zaman,(Karayollar), 14.9.2007 247 verkehren in der Regel nur ein oder zwei Personenzüge täglich. Die durchschnittliche Reisegeschwindigkeit liegt unter der, die mit dem recht dichten Netz des öffentlichen Busverkehrs erreicht wird. Jedoch ist der Komfort in den Zügen weit höher als in den Bussen. Es sollen Hochgeschwindigkeitstrassen errichtet werden, die Fertigstellung ist für 2008 geplant. Bis 2010 soll das Netz bis nach Bulgarien gehen.370 Mit der Fertigstellung des Marmarays können Züge theoretisch von London bis nach Ankara ununterbrochen verkehren. Im Eisenbahnbereich wurden im Februar 2007 mit Georgien und Aserbaidschan der Bau der 105 km langen Eisenbahnstrecke Kars- TiflisBaku feierlich unterzeichnet. Die Kosten des Vorhabens werden auf 400 Mio. US$ veranschlagt. Für die Hochgeschwindigkeitszüge werden in den kommenden zwölf Jahren etwa 20 Mrd. US$ investiert. Die geplanten Eisenbahnprojekte sollen bis 2011 zum Abschluss gebracht werden.371 Luftverkehr Das Monopol hatte in der türkischen Luftfahrt die Türkische Fluggesellschaft (THY) bis 1990, die 1933 gegründet wurde. Heutzutage bieten viele türkische Fluggesellschaften ihre Dienste auf dem Sektor an und machen mehr als 30% des Gesamtvolumens aus. Insgesamt verfügt die Türkei über 117 Flughäfen, wovon 15 dem internationalen Luftraum angeschlossen sind; der Atatürk- Flughafen ist der meist genutzte und wichtigste Flughafen mit mehr als 12 Millionen Passagieren auf dem europäischen Teil Istanbuls. Auf der asiatischen Seite der Stadt befindet sich der kleinere, der jetzt verstärkt frequentiert wird.372 Wasserverkehr Mit einer Küstenlänge von 8.333 km und vielen Häfen ist das Potential des Schiffsverkehrs groß. Die Tonnage der gesamten türkischen Handelsflotte beträgt fast 10,5 Mio. DWT. Der Handelsflotte gehören 888 Frachter mit über 300 Bruttotonnen an. Eine Überfahrt von Europa nach Asien aus Istanbul beträgt 20 – 40 Minuten, abhängig von der Fahrtrichtung.373 370 371 372 373 Vgl. Wikipedia.tr, (Bahnstrecken),16.01.2007 Bfai, (Schienennetz), 13.01.2008 Vgl. CIA,(Airports),15.03.2007 Vgl. TIS.GDV, (Häfen), Version 1.0.0.06 248 Ölleitungen Die erste Pipeline zum Transport von Rohöl und Ölprodukten wurde 1966 zwischen Batman und Dörtyol (im Golf von Iskendurun) in Betrieb genommen. Eine Ölleitung verbindet die Türkei mit Irak, die 1977 in Betrieb genommen und 981 km lang ist (davon liegen 641 km auf türkischem Boden). Die Leitung wurde zu Zeiten des Golfkrieges und dem anschließenden Embargo zwischen 1990 und 1997 außer Betrieb gesetzt. Eine Erdgasleitung mit dem Namen „Blue Stream“ geht durch das Schwarze Meer von Noworossijsk nach Samsun (Türkei) und weiter zur Hauptstadt. Die Leitung hat eine jährliche Kapazität von 14 Milliarden Kubikmetern.374 Die Baku- Toflis-Ceyhan-Pipeline liefert Erdöl aus Mittelasien und Kaukasien über die Türkei nach Westeuropa. Die Ölleitung verläuft über drei Länder, ist 1760 km lang und hat eine Kapazität von etwa 1 Million Barrel pro Jahr. Die BTC-Pipeline gilt weltweit als eines der teuersten und technisch aufwändigsten Pipeline-Projekte. Parallel zu dieser Pipeline verläuft die Südkaukasus-Pipeline von Baku über Tiflis nach Erzurum (Türkei). Diese 690 km lange Strecke fördert Naturgas vom Kaspischen Meer in das türkische Gastransportsystem mit einer Kapazität von sieben Milliarden Kubikmeter Gas.375 Telekommunikation Die Türkei hatte bis zum Jahre 2005 einen einzigen Festnetzanbieter, die Türk Telekom. Dessen 55% wurden dann für 6,55 Mrd $ an ein Firmenkonsortium verkauft. Während die Zahl der Festnetzanschlüsse stagnierte, verzeichnete der Mobilfunkbereich sehr hohe Wachstumsraten. Von einst noch 19,5 Millionen (2001) Festnetzanschlüsse, sank die Zahl der Anschlüsse 2005 geringfügig auf 19 Millionen. Die Zahl der Mobilfunknutzer stieg hingegen von 17,1 Millionen aus dem gleichen Jahr auf das dreifache. Die internationale Anbindung der Kommunikation wird u. a. durch drei, im Mittelmeer und Schwarzen Meer, verlegte Fiber- Optik- Kabel gewährleistet. Hierdurch ist die Türkei mit vielen Ländern Europas und den USA verbunden. Darüber hinaus sind 12 Intelsat-Stationen und 328 mobile Satelliten-Terminals hierfür im Einsatz. 374 375 Vgl. OffshoreTechnology,(BlueStream),14.01.2008 Vgl. dw-world,(Pipeline), 25.05.2006 249 Derzeit steckt die Türk-Telekom in der Bauphase eines flächendeckenden DSL- Netzes. Laut der neuesten Erhebung des türkischen Statistikinstituts vom 16. November 2005 besitzen 12,75% der Bevölkerung einen PC oder einen Laptop und 8,66 % der Haushalte besitzen einen Internetanschluss (2004 waren es 7,02 %). Weitere Informationen dazu finden sie in der Statistik von EUROSTAT.376 Türkei Das politische System in der Türkei sieht für den Staatspräsidenten eine starke Position vor, die häufig zu Konflikten mit der Regierung führte. Das Parlament bezieht nur eine untergeordnete Funktion und Machtausübungskontrollen fanden häufig nicht statt. Die traditionelle Rivalität zwischen Griechenland und der Türkei besteht insbesondere in Gebietsstreitigkeiten fort. Die Zypernkrise drohte immer wieder zu eskalieren, wurde aber immer wieder diplomatisch (durch NATO, EU und UNO) befriedet.377 In der Folgezeit kam es sowohl in der Zypernfrage als auch in anderen Punkten, wie der Erdölförderung in der Ägäis, immer wieder zu Spannungen zwischen den Nachbarn. Der frühere Staatspräsident Özal († 1927 – 1993) erzielte die Mehrheit; Özal (1989 – 1993) führte neoliberale Reformen zur Stabilisierung der Wirtschaft durch. Die kurdische Bevölkerung stellt eine der größten Volksgruppen, ohne einen eigenen Staat, dar. Die durch ihre Unruhen für die Republik ein wirtschaftliches und staatliches Problem darstellt. Fast mehr als die Hälfte aller Kurden leben in der Türkei. Im Jahre 1978 entstand die umstrittene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), die von einigen als Befreiungsarmee, von anderen (vor allem der türkischen Regierung) als Terrororganisation angesehen wird. Heutzutage wird diese Vereinigung, der natürlich nicht alle Kurden angehören, als die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans dargestellt und gekannt.378 Politischen Engpässe und die vor allem wirtschaftsliberalistisch orientierten Programme führten in den 90er Jahren zu einer weiterhin hohen Inflation und Massenarbeitslosigkeit. Es wurden zwischenzeitige Politikverbote aufgehoben, um 376 377 Vgl. eurostat,(Die digitale Kluft in Europa 2005),S 1-3, 18.12.2007 Vgl. Wikipedia, (Westanbindung), 16.01.2008 378 Vgl. Cankaya.gov,(Özal),12.01.2008 250 somit internationale Kredite über den IWF zu erlangen. Das verheerende Erdbeben, das am 17.8.1999 Izmir und die Marmararegion verwüstete, legte mit Istanbul auch die größte Wirtschaftszone der Türkei lahm. Knapp 20.000 Menschen starben. Die damalige Regierung versuchte mit Privatisierungen der Staatsbetriebe die Wirtschaft zu stabilisieren und somit eine Bekämpfung der Korruption. Querelen zwischen Staatsund Ministerpräsidenten über Maßnahmen zur Bekämpfung der Korruption führten im Frühjahr 2001 erneut zu einer massiven Abwertung der türkischen Lira. Massenproteste und polizeiliche Repressionen dagegen waren die Folge.379 Es konnten aber in den folgenden Jahren 50 % der Krise allein durch die Privatisierung wieder eingeholt werden. Derzeit liegt der Korruptionsindex der Türkei bei 3,9 Punkten und landet somit auf Platz 60 und schneidet demnach schlecht ab.380 Seit die Türkei in Brüssel offiziell um Aufnahme in die Europäische Gemeinschaft (EG) ersucht hat, folgten aus Europa immer neue Forderungen, die eine Grundlage für die Aufnahme darstellen sollte. Am 1. Januar 2005 wurde die alte "Türkische Lira" durch die "Neue Türkische Lira" (Yeni Türk Lirası) ersetzt. Damit verliert die Türkische Lira 6 Nullen. Seit dem 3. Oktober 2005 laufen die Beitrittsverhandlungen der Türkei mit der Europäischen Union. Als Kompromiss wird nun am Ende der Beitrittsverhandlungen (nach 10 bis 15 Jahren) nicht nur geprüft, ob die Türkei die Beitrittskriterien erfüllt, sondern auch ob die Europäische Union wirtschaftlich und politisch die Aufnahme der Türkei verkraften kann. Damit sind die Hürden für die Aufnahme so hoch wie noch nie zuvor für einen Kandidaten, denen die Türkei sogar zum verblüffen zustimmte.381 Außenpolitik Die Vorhaben der Außenpolitik sind definiert: EU-Beitritts-Bemühungen, die Westbindung und das Verhindern eines eigenständigen kurdischen Staates. Das Land betrachtet sich auch als Schutzmacht der Turkmenen auf dem Balkan und im Nord-Irak. Darüber hinaus versucht man eine Führungsrolle bei den Turkstaaten (Aserbaidschan, Usbekistan, Turkmenistan, Kirgisistan und Kasachstan) Zentralasiens einzunehmen. 379 380 381 Vgl. Cankaya.gov,(Özal),12.01.2008 Vgl. bafin,(Auslegung PDf.), 13.12.2007 Vgl. Wikipedia, (21.Jahrhundert), 21.12.2007 251 Jedoch seltsam bleibt immer, dass bei einem mehrheitlich islamischen Staat es an guten Beziehungen zwischen der Türkei zu Israel nicht fehlt.382 Organisationsbereiche Die Türkei ist seit 1952 Mitglied der NATO und seit 1963 assoziiertes Mitglied in den Vorläuferorganisationen der EU und strebt seit Jahrzehnten Verhandlungen über eine Vollmitgliedschaft zuerst in der EWG, später der EG und zuletzt in der Europäischen Union an. Daneben ist die Türkei u.a. Mitglied bei den folgenden überstaatlichen Organisationen: • Vereinte Nationen mit Sonderorganisationen (UNO,1945) • Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD, 1948) • Europarat(1952) • EG-Assoziierungs-Abkommen (1963) • Organisation der Islamischen Konferenz (OIC,1969) • Europäische Bank für Wiederaufbau- und Entwicklungshilfe (EBRD,1990) • Zentralasien-Gipfel der Turkischen Republiken (OATCT,1992) • Schwarzmeer Wirtschaftskooperation(BSEC,1992) • Internationaler Währungsfonds (IWF) • Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE,1995) • assoziiertes Mitglied der WEU (1995 –2000) • EU-Zollunion (seit1996). • Gruppe der acht Entwicklungsländer (1997) • EU – Beitrittskandidat (seit 3. Oktober 2005) Konfliktfelder mit den Nachbar-Staaten: Regionale Konkurrenz mit Griechenland: Konfliktfelder sind die Herrschaftsräume in der Ägäis und der Zypernkonflikt. Zypern: Unstimmigkeiten wegen der in Nordzypern stationierten türkischen Soldaten. 382 E. Schmitt: Türkei. Politik - Ökonomie - Kultur. Mundo, Rieden 1988. 252 Syrien: Unterstützung der PKK durch Syrien veranlasste die Türkei in den späten 90ern zu einer Kriegsdrohung gegenüber Damaskus. Auch gibt es Streitigkeiten wegen dem Euphrat- Wasser. Der Bau von Staudämmen führt zu der Befürchtung, dass die Türkei eines Tages das Wasser als Waffe einsetzen könnte. Irak: Die Türkei sah im Falle eines Sieges der Kurden in Kirkuk bei den Wahlen am 30. Januar 2005 und dessen Eingliederung in die autonome Kurdenregion in Irak einen möglichen Kriegsgrund. Hintergrund ist, dass durch die reichen Ölfelder in Kirkuk ein wirtschaftlich überlebensfähiger, selbstständiger kurdischer Staat denkbar wäre. Durch einen Kurdenstaat im Nordirak könnte der "Kurden"- Konflikt in der Türkei erneut aufflammen. Bulgarien: Die massive Unterdrückung der türkischen Minderheit in Bulgarien. Heute ist der Konflikt weitestgehend beseitigt und die Regierungen beider Länder pflegen nicht zuletzt wegen der wirtschaftlichen Bedeutung der Türkei für Bulgarien gute Beziehungen. Armenien: Armenien erkennt die Grenze mit der Türkei, nach dem Vertrag von Kars (1921), bis heute nicht an. Die heutige türkische Regierung bestreitet den Völkermord an den Armeniern von 1915/16 offiziell und versucht auf diplomatischen Wegen andere Staaten davon abzuhalten, den Völkermord offiziell anzuerkennen. Die Besetzung der völkerrechtlich zu Aserbaidschan gehörenden Region Berg-Karabach durch Armenien belastet das Verhältnis zur Türkei, da die Türkei sich selbst als Schutzmacht Aserbaidschans versteht. Wirtschaftsindikatoren der Türkei sind in tabellarischer Form (vom Stand 2007) in http://www.weltbericht.de/asien/tuerkei/asien-tuerkei-aussenpolitik.html zu finden. Türkei Die Türkei hat noch viel vor, um die Umsetzung von umweltpolitischen Herausforderungen zu bewältigen. Obwohl das Land in den vergangenen fünfzehn Jahren Fortschritte erzielt hat, sind die herrschenden Bedingungen nicht ausreichend, um an das EU System anzuknüpfen.383 383 Vgl. fifo,(Türkei-Fragen),10.2004 253 Damit diese Aufgaben gemeistert werden können, muss das Land zweistellige Milliarden Beträge ausgeben und natürlich Zeit investieren bei der Umsetzung. Die wichtigsten Kosten für den öffentlichen Sektor entstehen im Bereich der Investitionen: in die Wasserversorgung, die Abwasserentsorgung und die Einsammlung und saubere Entsorgung von Abfall. Um dem öffentlichen und dem privaten Sektor die hierzu notwendigen Mittel abzuringen, sind kreative Lösungen gefragt. In ihrem Bericht von 1999 hat die Kommission darauf hingewiesen, dass sich die türkischen Rechtsvorschriften erheblich von den gemeinschaftlichen Vorschriften unterscheiden.384 In dem Bericht vom November 2000 wurde festgestellt, dass keinerlei Fortschritte in den Bereichen Luftqualität, Abfallwirtschaft, Wasserqualität, Naturschutz, durch industrielle Luftverschmutzung bedingte Risiken, chemische Erzeugnisse, genetisch veränderte Organismen (GVO), Ozonschicht und nukleare Sicherheit erzielt wurden. Erst in dem Jahr 2003 ging hervor, dass die Türkei erste Fortschritte bei der Umsetzung macht.385 Neben der weiteren Umsetzung des gemeinschaftlichen Besitzstands liegen die wichtigsten umweltpolitischen Herausforderungen der Türkei bei Fragen der Umsetzung wie Verwaltungskapazität sowie Überwachung und Durchsetzung des Umweltrechts. Die Mängel bei der Umsetzung des Umweltrechts sind weiterhin problematisch. Hier sind noch erhebliche Investitionen notwendig. Neben den Investitionen sind die Errichtung wirksamer Verwaltungsstrukturen viel aufwendiger und können bis zu zehn Jahre in Anspruch nehmen. Ohne eine klare Finanzstrategie im Umweltbereich ist die Erbringung der EU- Richtlinien kaum zu überwältigen. Was so viel Negatives mit sich bringt, hat immer, auch wenn es winzig klein ist, einen Vorteil. Neben der Verringerung der grenzüberschreitenden Luftverschmutzung ist die weitere Verbesserung der Wasserqualität im Schwarzen Meer (das bereits mit dem Beitritt Bulgariens und Rumänien zu einem Küstengebiet der EU wird) und die Zunahme des natürlichen Reichtums der EU durch Arten, Flora und Fauna, die auf ihrem Gebiet derzeit nicht vorkommen. Eine wichtige Aufgabe seitens der EU sind die 384 385 Vgl. Europa, (Tätigkeitsbereiche), 4.07.2007 Vgl. Europa, (Umwelt),4.07.2007 254 Änderungen der Anhänge der Richtlinie über Vögel und Habitat, um im Rahmen des Naturschutzes dem Reichtum der Türkei Rechnung zu tragen. Durch einen möglichen EU Beitritt der Türkei wäre die Ratifikation und Umsetzung des Protokolls von Kyoto ein wichtiger Beitrag zur Klimapolitik der EU. In einem Bericht vom November 2005 unterstreicht die in der Abfallbewirtschaftung, beim Lärm und beim Naturschutz erzielten Fortschritte. Allerdings lässt insgesamt der Stand der Umsetzung des Umweltrechts sehr zu wünschen übrig. Weiterhin besteht Besorgnis, ob die Türkei überhaupt eine Umsetzung gemäß der EU Anforderungen überhaupt schafft. Die Grundlage dafür ist, die Integrierung des Umweltschutzes in andere Politikfelder der Gemeinschaft, und zu ihrer Strategie gehören präventive Maßnahmen, das Verursacherprinzip, die Bekämpfung von Umweltschäden durch Ansetzen bei den Ursachen und ausgewogene Verteilung der Aufgaben und Zuständigkeiten. Wenn die Türkei eine praktische Umsetzung und Übernahme des gemeinschaftlichen Besitzstandes haben soll, erwartet das Land eine erhebliche Investition, bringt dann aber sehr viele Vorteile: die öffentliche Gesundheit und führt zu einer Verringerung der kostspieligen Wald-, Gebäude-, Landschaftsschäden und der in der Fischerei verursachten Schäden.386 Die Regierung hat die Klimakonventionen unterzeichnet, aber nicht das KyotoProtokoll. Die Türkische Republik belegt Platz 16; Vorreiter ist die USA Tabelle 10: Kyotoliste Staat Türkei Emissionen 1990 in Verpflichtete Mio. t CO2-Äquivalent Emissionsänderung 170 Keine Ist-Stand 2004 Abweichung in Prozentpunkten +72,6 % (Quelle: UNFCCC (2006):GHG Data 2006) Als Fazit kann man sagen es werden Bemühungen unternommen sich an den Vorgaben zu orientieren.387 386 Vgl. Europa,(Auszüge), 4.07.2007 387 Vgl. fifo,(Türkei-Fragen 10/2004),1.12.2007 255 Afrika Südlich der Sahara Einleitung Afrika ist der drittgrößte Kontinent der Erde und bedeckt mit 22 Prozent gut ein fünftel der Erdoberfläche. Im südlichen Teil hat Afrika eine Bevölkerung von circa 767 Millionen Einwohnern. Und obwohl dies einen beträchtlichen Teil der Erdbevölkerung darstellt, ist sein Anteil an den wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den einzelnen Staaten äußerst gering. Das größte Problem stellt die fehlende Struktur sowohl in den einzelnen Ländern, als auch zwischen den Ländern des subsaharischen Afrikas dar. Ein Grund dafür besteht darin, dass eine Vielzahl der afrikanischen Staaten aus multikulturellen Gesellschaften gebildet wurde, die aus den kolonialen Grenzziehungen entstanden sind. Allein in Nigeria leben rund 250 verschiedene Völker, die jeweils eine eigene Kultur und eine eigene Sprache besitzen. So wird bei der Betrachtung der Politik in Afrika schnell erkenntlich, dass der Kontinent lange Zeit ohne jegliche politische Strukturen existiert hat und große Teile auch noch heute über keine klaren politischen Strukturen verfügen. Daraus resultiert, dass die Menschenrechte genauso wenig Beachtung finden, wie die Armutsbekämpfung oder die gesamtwirtschaftliche Entwicklung des subsaharischen Afrikas. Afrikas Standpunkt Die Probleme von Afrika Die Probleme im südlichen Teil Afrikas sind so gravierend, dass nicht mal die Grundbedürfnisse des menschlichen Lebens befriedigt werden können. 75 Prozent der Bevölkerung leben von weniger als zwei US-Dollar pro Tag und fallen somit unter die international festgelegte Armutsgrenze.388 Zusammen mit Südasien stellt der subsaharische Teil Afrikas also den am stärksten von Armut betroffenen Teil der Welt dar. Schwerwiegend kommt hinzu, dass die Gesamtfruchtbarkeitsrate sehr hoch ist. So bekommt jede Frau im Schnitt 5,5 Kinder. Momentan leben zwölf Prozent der Weltbevölkerung im südlichen Afrika, aber es wird prognostiziert, dass bis 2050 ein 388 DSW (Datenreport, 2006) 256 Bevölkerungsanstieg auf 1,75 Milliarden erreicht wird. Damit finden 23 Prozent des weltweiten Bevölkerungswachstums in Afrika südlich der Sahara statt. Das schnelle Bevölkerungswachstum führt in eine Armutsspirale. Die ohnehin armen Länder müssen immer mehr Menschen mit Bildung, Straßen, Energie, Nahrung und Wasser versorgen. Dabei ist die Versorgungslage heute schon schwierig. 55 Prozent der Bevölkerung des südlichen Teil Afrikas, die auf dem Land leben, haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. In den Städten sind es immerhin noch 18 Prozent. Damit ist die Versorgung in dieser Region die schlechteste auf der Welt. Abbildung 58 Anteil der Bevölkerung in Armut Quelle: aus DSW (Datenreport) 2006 Ein weiteres schwerwiegendes Problem ist die große Anzahl an Aids-Erkrankungen. Besonders problematisch ist hierbei der starke Anstieg der Sterblichkeitsrate in der produktiven Altersgruppe der 15-49-jährigen, denn dies bedeutet einen enormen Verlust an Arbeitskräften. Ihr Anteil aller Todesfälle liegt heute bei 60 Prozent. Bis 2010 werden fünf Länder des südlichen Afrikas voraussichtlich mehr als 20 Prozent ihrer Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter verloren haben. In Botswana beispielsweise ist von 1999 bis 2005 fast ein Fünftel der Arbeitskräfte im Gesundheitsbereich an Aids gestorben. Ähnlich dramatisch sieht es in der Landwirtschaft aus. So wird es bis 2020 in acht südafrikanischen Staaten bis zu einem Zehntel weniger Arbeitskräfte geben. Viele der davon betroffenen Länder zählen zu den ärmsten Ländern der Welt, in denen es heute schon keine oder nur schlechte Trinkwasserversorgung, Entwicklungsdefizite und allgemeine Versorgungsengpässe gibt. Wenn man dann die prognostizierte 257 Entwicklung betrachtet, wird es auch in Zukunft keine Besserung im südlichen Afrika geben. Im Gegenteil, wenn sich die Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter verringert, werden die Engpässe immer gravierender und die Sterblichkeitsrate in die Höhe schnellen. In einigen Ländern liegt die Lebenserwartung heute schon um die 30 Jahre. Bedeutung der Globalisierung für Afrika Die Globalisierung soll die Welt in wirtschaftlicher als auch in ziviler Hinsicht näher zusammenbringen. Allerdings sind die Staaten soweit von einander entfernt, dass über eine wirtschaftliche Angleichung nicht diskutiert werden kann. So hängt die Mehrheit der südafrikanischen Staaten derart weit hinter der Entwicklung der Industriestaaten her, dass man hierbei einzig von Aufbau- bzw. Entwicklungshilfe sprechen kann. Njongonkulu Ndungane, der Erzbischof von Kapstadt, hat die Globalisierung mit einem reißenden Strom verglichen, der „alles verschluckt, was ihm im Weg liegt“ und wollte mit dieser Metapher auf die Dynamik der Globalisierung anspielen, die „für diejenigen, die auf ihrer Welle ganz oben schwimmen, sicher sehr vorteilhaft ist; denen aber, die in den Strudel hineingezogen werden, bringt sie nur Nachteile“389. Während die weiter entwickelten Länder sich darum bemühen, ihre Macht und ihren Markteinfluss noch weiter auszudehnen, kämpft die Bevölkerung Afrikas einzig ums Überleben. Das schwerwiegendste Problem Afrikas liegt jedoch bei ihnen selbst. Die Regierungsmitglieder, sofern sich eine Regierung überhaupt etabliert hat, haben eine rein extraktive Haltung zu ihrer Volkwirtschaft. So werden die Rohstoffe nur dazu genutzt, ihre eigene Position zu stärken und ihre Habgier zu befriedigen, wobei doch gerade die Ressourcen des Landes für die Bevölkerung zur Verfügung stehen sollten, um einerseits die Grundversorgung sicherzustellen und die Hungersnot zu bekämpfen und andererseits die wirtschaftlichen Bemühungen auf den richtigen Weg zu bringen. Im Zeitalter der Globalisierung, in dem das Hauptaugenmerk auf der wirtschaftlichen Macht eines Landes liegt, tritt Afrika international kaum in Erscheinung. Es wird lediglich von Bürgerkriegen oder Hungerkatastrophen berichtet und dabei nicht einmal über die Entstehung, sondern hauptsächlich über die Ausmaße. Ein Grund dafür liegt sicherlich in der Tatsache, dass sich Afrikas Anteil am Welthandel in den vergangenen 50 Jahren drastisch vermindert hat. So lag er 1948 noch bei 7,4 Prozent. Im Jahr 1999 389 Bpb (Afrika im Zeitalter der Globalisierung,2004 ), ohne Seitenangabe 258 betrug er nur noch 2 Prozent.390 Hierzu zählen sogar noch Nordafrika und der relative wirtschaftsstarke Staat Südafrika. Wenn man sie bei der Betrachtung vernachlässigt, betrug der Anteil am Welthandel 1999 nur 0,8 Prozent. Daraus würde sich folglich schließen lassen, dass nur die industriell entwickelten Länder von der Globalisierung profitieren. Jedoch zeigen andere Beispiele, wie die südostasiatischen und lateinamerikanischen Staaten, dass auch sie Nutzen aus der Globalisierung ziehen können, indem sie ihren Teil am Weltexport und die ausländischen Direktinvestitionen vergrößern konnten. Auch in Afrika gibt es Länder, die durch transparente Wirtschaftspolitik und Exportorientierung beachtliche Wachstumserfolge erzielen konnten. Als Beispiel dafür steht Botswana, wo das Pro-Kopf-Einkommen von 1970 bis 1997 sogar schneller angestiegen ist, als in den ostasiatischen Schwellenländern. Daraus lässt sich also schließen, dass die Strukturmerkmale der afrikanischen Staaten sehr wohl veränderbar sind und auch sie den wirtschaftlichen Aufstieg erreichen können. Europas Standpunkt Bedeutung von Afrika für Europa Durch die Kolonialisierung der afrikanischen Staaten wurde eine enge Verbindung zwischen Afrika und Europa hergestellt. Diese Verbindung hat auch heute noch Bestand, so haben beispielsweise die beiden größten Kolonialmächte Frankreich und Großbritannien ein besonderes Verhältnis zu Afrika. In Frankreich leben mehr als 1,5 Millionen Afrikaner (in Deutschland sind es ungefähr 300.000). Die große Bedeutung Afrikas für Frankreich wird auch aus den Zahlungen für Entwicklungshilfe ersichtlich. Denn Afrika erhält rund 60 Prozent der französischen Entwicklungshilfe. Zudem ist Afrika ein wichtiger Rohstoff-Lieferant für Frankreich, deshalb engagiert Frankreich sich auch immer wieder politisch und militärisch auf dem Kontinent. Auch Großbritannien hat noch immer Interesse an dem afrikanischen Kontinent. Britische Firmen sind stark in den Abbau von Gold und Diamanten im südlichen Teil Afrikas involviert. Die europäische Präsenz in Afrika ist auch 50 Jahren nach der Kolonialzeit deutlich erkennbar. Die Europäische Union (EU) finanziert mit ihren 390 http://www.kas.de/wf/de/33.1919/ 259 Mitgliedsländern mehr als 50 Prozent der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. Wie groß die afrikanische Abhängigkeit von Europa ist, wird deutlich, wenn man betrachtet, dass Uganda ungefähr die Hälfte ihres Staatshaushaltes aus Finanzhilfen erlangt. Im Oktober 2005 hat die EU beschlossen die Finanzhilfe aufgrund der zunehmenden Verschlechterung der Lebensbedingungen in Afrika um 50 Prozent auf 30 Milliarden US-Dollar zu erhöhen. Neben der Verbesserung der Lebensqualität, soll die Unterstützung dazu genutzt werden, die Sterblichkeitsrate zu senken. Abgesehen davon verfolgt Europa damit eigene Interessen. Zusätzlich zu den Rohstoffen, die aus Afrika abgeschöpft werden, versucht Europa die Nord-Süd-Migration unter Kontrolle zu halten. Wenn die Lebensbedingungen in Afrika verbessert werden könnten, würden weniger Afrikaner die Notwendigkeit verspüren, nach Europa auszuwandern. Im Hinblick der sinkenden Geburtenrate in Europa, könnte es in Zukunft jedoch erforderlich sein, dass mehr Einwanderer nach Europa kommen. Durch eine europaweit gesteuerte Migrationspolitik und einer Integrationspolitik könnte man diese Situation für beide Kontinente nützlich gestalten. Europas Aufgaben Die Globalisierung steht für den Zusammenschluss der einzelnen Regionen der Welt. Der afrikanische Kontinent wurde dabei jedoch bisher wenig berücksichtigt. Es hat den Anschein, er würde im Globalisierungsprozess an den Rand gedrängt werden. Und tatsächlich geht aus einem Memorandum zur Neubegründung der deutschen Afrikapolitik, das im Oktober 2000 von einer Gruppe deutscher Afrikawissenschaftler vorgelegt wurde, hervor: „Für eine wachsende Zahl von Staaten (…) wird ‚Entwicklung’, im Sinne nachhaltiger Entwicklung und von Armutsminderung, über einen sehr langen Zeitraum unmöglich bleiben.“391 Diesbezüglich wurde von der EU schon 1975 mit der Unterstützung der weniger entwickelten Länder begonnen, indem das Lomé-Abkommen zwischen der EU und 46 Staaten in Afrika, der Karibik und dem Pazifik geschlossen wurde. Das Abkommen war ein erster Schritt dahin, dass Afrika nicht nur der Entwicklungshilfeempfänger ist, sondern vielmehr ein Wirtschaftspartner zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Damals hatte man versucht durch das Abkommen die Barrieren des internationalen Handels zu erleichtern, um so die 391 http://www.inwent.org/E+Z/content/archiv-ger/01-2007/schwer_art1.html 260 afrikanische Wirtschaft anzukurbeln. Da dies jedoch nicht gelang und der erhoffte Aufschwung nicht erfolgte, wurde im Jahr 2000 nach umfangreichen Reformen das Cotonou-Abkommen geschlossen. An ihm beteiligen sich mittlerweile 78 Staaten, darunter alle Länder des subsaharischen Afrika. Durch das Abkommen sollen beidseitige Handelserleichterungen, ausgeprägte Entwicklungszusammenarbeit und politische Kooperationen erreicht werden. Die Unterstützung Afrikas von Europa birgt jedoch auch gewisse Risiken. Bei der Liberalisierung des Handels muss dafür Sorge getragen werden, dass einem ungleichen Wettbewerb effektiv vorgebeugt wird. Die Landwirtschaftsprodukte aus Afrika beispielsweise werden nicht konkurrenzfähiger, wenn die Handelsbarrieren fallen, denn aufgrund des technologischen Fortschritts in Europa wird die Produktion hierzulande billiger sein. Ziel muss es sein, die afrikanische Wirtschaft weitestgehend von jeglichen Hilfsleistungen abzunabeln. Allerdings kann dies nur erfolgreich durchgeführt werden, wenn man die afrikanischen Wirtschaftsbemühungen schrittweise und den Welthandel integriert. Fazit Die Zusammenarbeit mit Afrika muss weiter von der Europäischen Union vorangetrieben werden, denn nicht nur Afrika profitiert von ihr, sondern auch Europa, sei es durch Exportprodukte, durch die Rohstoffe des afrikanischen Kontinents oder durch den Aufbau eines neuen Wirtschaftspartners. Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass das Geber-Nehmer-Verhältnis überholt ist. Die Geldflüsse müssen klar definiert sein und das Ergebnis der Unterstützung muss sein, dass Afrika ein gleichwertiger Handelspartner wird. Dabei muss Europa nicht nur die finanziellen Mittel erhöhen, sondern gleichzeitig auf eine transparente politische Struktur in den subsaharischen Staaten achten. Als Schwierigkeit bei der Intensivierung der Aufbauhilfe stellt sich das aufkommende Interesse von asiatischer Seite an den afrikanischen Ressourcen dar. Die Asiaten werden ein immer interessanterer Wirtschaftspartner für die Afrikaner, da sie – im Gegensatz zu den Europäern – keine Gegenbedingungen stellen. Europa muss also versuchen der afrikanischen Wirtschaft zu verdeutlichen, dass der Handel mit Europa zukunftsträchtiger ist, als es der mit den Asiaten sein würde. Hierbei muss respektiert 261 werden, dass Afrika für seine Entwicklung selbst verantwortlich ist und Europa lediglich als Unterstützung dienen kann. Doch um der Verantwortung für Frieden und Entwicklung genüge zu tun, fehlt es noch an Institutionen und Kapazitäten auf nationaler und regionaler Ebene. Die EU muss die Reform- und Entwicklungsprozesse in den einzelnen Ländern unterstützen und durch gezielte Finanzhilfe entwicklungsfähige Rahmenbedingungen für das südliche Afrika schaffen. Denn so ermutigend die bisherigen Reformen sind, sie benötigen Zeit und Kontinuität. Das primäre Ziel muss sein, für weniger Armut und Hunger dafür für eine bessere Versorgung von sauberem Trinkwasser zu sorgen. Um zukunftsträchtige Arbeit zu leisten, müssen ausgeprägte Bedingungen für das Bildungswesen erzielt werden. So muss jedem Kind die Möglichkeit geboten werden können, eine Schule zu besuchen. Die EU darf hierbei nicht wie bisher versuchen, die Entwicklungsfortschritte zu bestimmen, sondern sie lediglich als begleitende Funktion zu unterstützen, damit Afrika selber den Übergang zur Selbstständigkeit erfolgreich beschreitet. Asien Problemstellung Asiatisierung Afrikas und Marktmacht Afrikas Durch das Wachstum in Asien entsteht ein ungeheurer Bedarf an mineralischen, fossilen und landwirtschaftlichen Rohstoffen. Aber auch der Export von verarbeiteten Rohstoffen, Halbfertigzeugen, Verbrauchsgüter und Tourismus ist gestiegen. Nahezu ein Drittel des Exports von Afrika geht nach Asien, dies macht aber nur 1,6 Prozent des asiatischen Gesamtimports aus. Erdöl ist das wesentliche Exportgut, gefolgt von Erzen und Mineralien. So machen die fünf Öl und Mineralien exportierenden Länder 85 Prozent des afrikanischen Exports aus. Aber auch arbeitsintensive Roh- oder leicht behandelte Agrargüter, wie Holz, Baumwolle oder Lebensmittel, werden verstärkt nach Indien und China exportiert.392 392 Vgl. Harry G. Broadman (Africa‘s Silk Road, 2007) S. 12-16 262 Im Gegenzug steigen Asiens Exporte nach Afrika um 18 Prozent p.a., das ist mehr als in allen anderen Regionen der Welt. Hierbei handelt es sich größtenteils um Verbrauchsgüter, manche dieser Importe sind aber auch Zwischenprodukte, welche zusammengebaut und nach Europa sowie in die USA ausgeschifft werden. Des Weiteren werden Maschinen und Ausrüstung für die afrikanische Industrie importiert. Dadurch ändert sich Afrikas Position im geostrategischen Machtgefüge, weil China die afrikanischen Machthaber mit politischen und wirtschaftlichen Allianzen in einer Weise für sich einnimmt, in der der Westen ins Hintertreffen zu geraten droht. Anhand der Abbildung „Wachstum und proportionaler Wechsel in afrikanischen Exportmärkten“ ist zu erkennen, dass das Interesse Asiens kein neues Phänomen ist. In den letzten 17 Jahren war Asien Afrikas am schnellsten wachsender Exportmarkt. Das starke Wachstum der Exporte in die USA ist durch den Export von Rohölprodukten zu erklären. Da neu erschlossene Ölfelder jedoch größtenteils an chinesische Firmen vergeben werden, wird das Wachstum in den USA stagnieren. Des Weiteren ist zu erkennen, dass in den vergangenen 15 Jahren ein Wachstum in den afrikanischen Exporten zu verzeichnen war. Dies geschah jedoch hauptsächlich im Handel mit den USA und Asien, wesentlich mit China und Indien. Bereits heute hat Asien nahezu die gleichen Importraten wie die EU und USA. Bei Beibehaltung der durchschnittlichen Wachstumsraten der letzten fünf Jahre wird Asien bereits in zwei bis drei Jahren Europa als größten Abnehmer afrikanischer Produkte ablösen. Abbildung 59 Wachstum und Proportionaler Wechsel in Afrikanischen Exportmärkten Quelle: Vgl. http://www.imf.org/external/pubs/ft/reo/2007/AFR/ENG/sreo1007.pdf, 12.12.2007 263 Auch bei den Importen wachsen die Einfuhren aus Asien eindeutig am stärksten. So ist hier das gleiche Phänomen wie bei den afrikanischen Exporten zu erkennen. Abbildung 60 Wachstum und Proportionaler Wechsel in Afrikanischen Exportmärkten Quelle: Vgl. http://www.imf.org/external/pubs/ft/reo/2007/AFR/ENG/sreo1007.pdf, 12.12.2007 Regionale Unterschiede Es gibt 42 Länder im subsaharischen Raum und große regionale Unterschiede. Die Tabelle „Durchschnittliche jährliche BIP Wachstumsrate 1996 – 2005“ kann in vier unterschiedliche Bereiche unterteilt werden. Zum einen gibt es die ölexportierenden Länder, welche von der hohen Nachfrage an Öl profitieren. Die Länder mit mittlerem Einkommen gelten als gemäßigte Länder, welche über eine stabile Wirtschaft verfügen. Im Gegensatz zu diesen Erfolgsgeschichten zählen viele Länder zu den ärmsten der Welt. Im Gesamtdurchschnitt gab es ein Wachstum von 4,7 Prozent aller subsaharischen Länder. Dass der EU 15 zum Vergleich, lag bei 2,2 Prozent.393 Dies ist dadurch zu erklären, dass eine prozentuale Mehrung von einem geringen Wert einfacher ist als von einem großen Wert. Zurzeit gibt es neun bewaffnete Konflikte im subsaharischen Raum.394 Länder mit geringem Einkommen bzw. fragile Länder sind oft konfliktbehaftet und sind kaum in der Lage ein funktionierendes Wirtschaftsystem aufzubauen. Somit bieten sich aus wirtschaftlicher Sicht lediglich die Öl-Länder und jene mit mittlerem Einkommen als Handelspartner an. 393 394 http://ec.europa.eu/employment_social/employment_strategy/pdf/etf_annex2_de.pdf, 05.01.2008 http://www.sozialwiss.uni-hamburg.de/publish/Ipw/Akuf/kriege_afrika.htm, 01.12.2007 264 Tabelle 11 Durchschnittliche Jährliche BIP Wachstumsrate 1996 - 2005 mittleres Einkommen Öl Länder geringes Einkommen Äquatorial Guinea Angola Tschad Nigeria Rep. Kongo Kamerun 16,6 Cap Verde 6,0 13,6 10,6 6,0 4,1 3,6 Ghana Botsuana Namibia Süd Afrika Mauritius Gabun 2,1 Mosambik Fragile Länder 7,7 Dem. Rep. Kongo 4,6 5,6 Äthiopien 5,3 Tansania 4,6 Uganda 4,2 Madagaskar 4,1 Sambia 7,0 6,2 5,7 5,5 5,0 2,9 2,5 2,5 2,3 1,9 Lesotho 3,9 Ruanda 4,9 Swasiland Seychellen 2,2 1,2 Kenia Malawi Benin 4,6 4,4 3,8 Kamerun Burundi Eritrea Togo Komoren Zentralafrikanische Rep. Simbabwe Quelle: http://www.imf.org/external/pubs/ft/reo/2007/AFR/ENG/sreo1007.pdf, 12.12.2007 Fremdinvestitionen Der afrikanische Kontinent erhält 1,8 Prozent der ausländischen Fremdinvestition weltweit. Im Jahr 2006 erreichte das Handelsvolumen zwischen China und den afrikanischen Ländern 55,5 Milliarden US Dollar. Laut chinesischen Angaben belief sich der kumulierte Bestand der chinesischen FDI (Foreign Direct Investment) in afrikanischen Ländern Ende des vergangenen Jahres auf 11,7 Milliarden US-Dollar395. Somit ist China nach Frankreich und den USA der drittwichtigste Investor in Afrika. Die Investitionen Indiens und Chinas steigen stark, aber nicht in dem Maße wie der Handel. Wie aus dem Diagramm „Chinesische Direktinvestitionen 2004“ zu entnehmen ist, besteht der größte Anteil der Direktinvestitionen in der Ölförderung und dem Bergbau. Da solche Investitionen von Natur aus kapitalintensiv sind, haben sie begrenzte Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. 395 http://www.venro.org/publikationen/archiv/FDI.pdf, S.20-25, 10.12.2007 265 1,0 -5,0 Abbildung 61 Chinesische Direktinvestitionen 2004 Quelle: 1 Vgl. Harry G. Broadman (Africa‘s Silk Road,2007), S.35 Allerdings haben China und Indien auch in vielen anderen Sektoren wie Bekleidungsindustrie, Energieerzeugung, Straßenbau, Tourismus und Telekommunikation investiert. Somit sind die asiatischen Investitionen größtenteils aber nicht ausschließlich ressourcenorientiert. Mehr als 30 afrikanische Staaten wurden Schulden teilweise oder ganz erlassen, insgesamt rund elf Milliarden Dollar. China betreibt mehr als 700 Entwicklungshilfeprojekte in Afrika und bildet Afrikaner zu technischem oder medizinischem Fachpersonal aus. Bis 2009 werde die Afrika-Hilfe laut Staatspräsident Hu Jintao verdoppelt.396 Wie in der Tabelle „Distribution nach Zielmarkt und Firmennationalität in Afrika“ deutlich wird, sind chinesische und indische Firmen mehr an dem gesamten afrikanischen Markt interessiert, als die afrikanischen Firmen selbst. Afrikanische Firmen sind mehr am lokalen Markt interessiert. Diese Tatsache verstärkt die Strategie der asiatischen Investoren, welche Afrika als Absatzmarkt verstehen. Dies geschieht trotz der teilweise extrem hohen Zölle, welche einerseits zum Schutz des heimischen Marktes dienen sollen, anderseits aber auch die einfachste Form der Steuereinnahme darstellt. Des Weiteren bestätigt es die Aussage, dass besonders 396 http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,458968,00.html, 28.11.2007 266 chinesische Firmen eine erhöhte Risikobereitschaft haben und vertikal orientiert sind. Indische Firmen hingegen haben durch eine längere Handelstradition eher eine horizontale Ausprägung. Tabelle 12 Distribution nach Zielmarkt und Firmennationalität in Afrika Zielmarkt Heimisch Anderes Afrika Europa Nordamerika Indien China Andere Afrikanisch 85 8 4 1 0 1 1 Chinesisch 81 14 0 0 1 3 1 Indisch 89 10 0 0 1 0 0 Europäisch 76 11 7 0 0 2 2 Quelle: Vgl. Harry G. Broadman (Africa‘s Silk Road, 2007), S. 29 Chancen und Risiken Diversifikation Gerade das gestiegene Interesse von China und Indien stellt die signifikante Möglichkeit für wirtschaftliches Wachstum und Integration in die Globalisierung dar. Investitionen und Handel ermöglichen eine Diversifikation der Wirtschaftszweige. Durch die Spezialisierung der Ökonomien, z.B. auf Kakaoanbau entstand eine hohe Abhängigkeit an die schwankenden Weltmarktpreise für viele afrikanische Staaten. Daraus resultieren schwankende Wirtschaftsbedingungen. Da Entwicklungsländer Technologie und Kapital aus hoch entwickelten Ländern adoptieren, besteht hier ein hohes Wachstum, welches den Binnenmarkt stärkt und es können sich andere Branchen entwickeln.397 Dadurch entsteht ein erhöhter Bedarf an Investitionsgütern und an Verbrauchsgüter. Besonders im Vertrieb von hoch entwickelter Technologie liegen die Stärken Europas. Ein Beispiel: Südafrikas Automotive Sektor Seit den 60er Jahren hat die südafrikanische Regierung in ihrer Strategie den Automotive Sektor unterstützt. Südafrika hat sich dem Wettbewerb durch den Fall von Handelsbarrieren in den 80 er Jahren gestellt. 1995 trat das „Motor Industry 397 Vgl. Jean-Paul Azam (Trade, exchange rate and growth in sub-saharan Africa, Cambridge 2006), S.174-180 267 Development Programm“ in Kraft. Es hat die Ziele Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, den Export zu unterstützen und die Beschäftigung zu stabilisieren. Heute ist Südafrika ein wichtiger Lieferant für Module von BMW, VW, Daimler und Toyota. Südafrika liefert 15 Prozent der globalen Katalysatoren und ist der wichtigste Lieferant für die EU. Bis 2012 müssen vier neue Kraftwerke gebaut werden um den Energiebedarf für die wachsende Industrie zu decken.398 Dieser Erfolg liegt in einer gut entwickelten Infrastruktur, hoher Arbeitnehmerproduktivität, Produktqualität und Flexibilität, sowie guter Handels- und Investitionsstrategien.399 Mit politischen Reformen sind andere afrikanische Länder vielleicht in der Lage, ähnliche Erfolge zu erzielen und sich zu wichtigen Lieferanten und Abnehmern zu entwickeln. Allerdings müssen länderspezifische Gegebenheiten beachtet werden, des Weiteren kann die Politik nur verbesserte Rahmenbedingungen schaffen. Europäische Privatinvestitionen Nun stellt sich die Frage, warum westliche Investoren eher zurückhaltend auf den afrikanischen Kontinent blicken. Viele Faktoren sprechen für eine stärkere Einbindung in den globalen Markt. Die Arbeitskräfte sind günstiger als in vielen asiatischen Regionen, Ressourcen sind vorhanden, durch die Kolonialisierung gibt es kaum Verständigungsprobleme und wesentliche Schifffahrtsrouten führen am afrikanischen Kontinent entlang. Unter Betrachtung steigender Treibstoffkosten ist die Nähe zum europäischen Kontinent für die EU von Vorteil. Demgegenüber stehen im Wesentlichen die unsichere politische Lage in den meisten afrikanischen Ländern und ein Mangel an qualifizierten Fachkräften sowie eine schlechte Infrastruktur. Die chinesischen Investoren haben eine wesentlich höhere Risikobereitschaft als europäische, welche den subsaharischen Kontinent als chaotisch und unsicher ansehen. Lediglich 34 der 42 subsaharischen Länder sind Mitglied der International „Organisation for Standardisation“ und selbst bei den ratifizierten Ländern ist die 398 Vgl. http://www.bfai.de, 20.12.2007 399 Vgl. The World Bank (An assessment of the investment climate in South Africa, 2007) S. 80-101 268 Umsetzung in den Betrieben sehr gering, wie dem folgenden Diagramm zu entnehmen ist. Für europäisches Qualitätsmanagement sind solche Bedingungen nicht tragbar. Abbildung 62 Mangelhaftigkeit in der Standarisierung Quelle: Vgl. Harry G. Broadman (Africa‘s Silk Road, 2007), S.24 Trends Energie Empirische Studien haben bewiesen, dass ressourcenabhängige und ressourcenreiche Länder leichter in Gewaltkonflikte gelangen. Öl-reiche Länder, hier besonders die afrikanischen, gehören zu den meist wirtschaftlich instabilen, meist autoritären und meist konfliktbelasteten Staaten der Welt.400 Jedoch bieten die afrikanischen Länder eine Alternative zu den konfliktbelasteten Förderländern im Mittleren Osten, siehe Tabellen „Energiereserven“. Diese Tatsache und die großen Ölvorkommen in Nigeria, Angola und Sudan haben China dazu bewegt, sich einen Großteil der Vorkommen zu sichern. Ebenso besteht großes Interesse an Gas aus Nigeria und Kohle aus Südafrika. 400 Vgl. Karl Wohlmuth, Tino Urban (Reconstructing economic governance after Conflict in resource-rich African Countries, 2007), S. 107 269 Abbildung 63 Energiereserven Quelle: http://www.bp.com/statisticalreview (BP Statistical Review of World Energy June 2007) 15.12.2007 270 Da die Versorgung mit Gas aus Russland sichergestellt ist und große Kohlevorkommen in Europa liegen, stellt die Versorgung mit Kohle und Gas aus afrikanischen Staaten für die EU eine zweitrangige Bedeutung dar. Die chinesische Regierung ist nicht an Legislaturperioden gebunden und kann daher strategischer handeln als die westlichen. Des Weiteren braucht sie sich nicht für die Lebensbedingungen in anderen Ländern rechtfertigen. Somit ist es für China leichter mit korrupten Politsystemen Verträge abzuschließen. Gerade bei der Sicherung von Energievorkommen in dem subsaharischen Kontinent haben westliche Konzerne das Nachsehen und werden es auch in Zukunft haben. Zukunftsmärkte Tourismus Afrika ist als Reiseziel für die wachsende Mittelschicht in Indien und China zunehmend attraktiv. Die chinesische Regierung hat 16 Afrikanische Staaten, inklusive Äthiopien, Kenia und Simbabwe, als Reiseziel empfohlen. Die Zahl der chinesischen Touristen stieg von 55.000 in 2004 auf 110.000 in 2005.401 Nützlicher Nebeneffekt ist der erhöhte Flugverkehr und damit mehr Ladevolumen im Belly-Transport. Network Trade Es gibt Möglichkeiten, das Handelsnetz im „Service-Export“ auszubauen. So gibt es bereits „Back-office-service“ in Ghana, Senegal und Tansania. Dies ist besonders für europäische Länder interessant, da in den südlichen afrikanischen Ländern Englisch, Französisch und Portugiesisch gesprochen wird. Veredelungsprozesse Afrikanische Diamanten werden zum größten Teil in Indien geschliffen und poliert. Hierbei handelt es sich um den größten value-added Prozess im Diamantenmarkt. Mit indischer Beteiligung kann dieser Prozess in die Abbauländer outgesourced werden. 401 http://library.fes.de/pdf-files/iez/04148-20070711.pdf, 07.01.2008 271 Lebensmittel Bis 2050 wird sich die Bevölkerung Afrikas von heute 922 Millionen Menschen voraussichtlich auf knapp zwei Milliarden verdoppeln.402 Dies birgt diverse Risiken in der Grundversorgung, aber auch potenziale in der Agrarwirtschaft. Die europäische Landwirtschaft wird durch Subventionsmaßnahmen künstlich unter ihren Möglichkeiten gehalten. In Zukunft wird es eine Herausforderung sein, die Weltbevölkerung zu ernähren. Zwischen den Jahren 2006 und 2007 hat sich der Getreidepreis verdoppelt403. Und auch die Nachfrage an tierischem Eiweiß steigt, nicht zuletzt aufgrund der wachsenden Mittelschicht in Asien.404 Somit wird der europäische Agrarmarkt an dem Bevölkerungswachstum profitieren. Konsumgüter Das Bevölkerungswachstum ist mit durchschnittlich 1,9 Prozent pro Jahr in den nächsten 22 Jahren enorm. In den vergangenen Jahren stiegen die BIP der subsaharischen Länder mit durchschnittlich 4,7 Prozent pro Jahr aber noch extremer. Wenn sich das BIP Wachstum bis 2030 auf 3 Prozent verringert und sich die Bevölkerung wie erwartet um die Hälfte wächst, sind die Einkünfte pro Person um mehr als 50 Prozent gestiegen, siehe Abbildung „Wachstum bis 2030“. Für diese Kalkulation wurde für Anfang 2008 100 Prozent zugrunde gelegt. Durch die Akkumulation von Kapital wurde davon ausgegangen, dass sich das Wirtschaftswachstum alle drei Jahre um einen halben Prozentpunkt senkt. 402 Aus http://www.weltbevoelkerung.de/pdf/WPP2007_Grafiken.pdf, 07.01.2008 Vgl. http://www.backnetz.eu 30.11.2007 404 Vgl. http://www.marktundmittelstand.de 28.11.07 403 272 Abbildung 64 Wachstum bis 2030 Quelle: Vgl. http://www.imf.org/external/pubs/ft/reo/2007/AFR/ENG/sreo1007.pdf, 12.12.2007 und http://www.weltbevoelkerung.de/pdf/WPP2007_Grafiken.pdf, 07.01.2008 Der Mehrwert steigt überproportional zu der Bevölkerung, somit hat der einzelne Afrikaner bei gleichmäßiger Verteilung und geringer Inflation mehr Geld für Konsum zur Verfügung. Problematisch ist hier allerdings, dass die Afrikaner an günstigen Konsumgütern, wie sie in China produziert werden, interessiert sind. Des Weiteren werden aufgrund der Wasser- und Lebensmittelknappheit Lebenshaltungskosten steigen. Folglich ist davon auszugehen, dass trotz der steigenden Werte in Afrika, ein Großteil der Konsumgüter in Asien beschafft wird. Fazit China und Indien haben den schwarzen Kontinent für sich entdeckt. Besonders China ist an Bodenschätze interessiert. Dies ist kein neues Phänomen, es wurde jedoch in der Vergangenheit von der europäischen Öffentlichkeit nicht wahrgenommen. Der wesentliche Vorteil Chinas, im Kampf um Ressourcen ist, dass es keine moralischen Bedenken gibt, mit wem Geschäfte abgeschlossen werden. Durch wirtschaftliche und politische Allianzen sowie großen Investitionsmaßnahmen haben Indien und China sich auch für die Zukunft am afrikanischen Markt etabliert. Um den 273 Lebensstandart zu erhöhen, werden vorzugsweise günstige Güter aus den asiatischen Ländern gekauft. Dies führt dazu, das Asien in ein paar Jahren Europa als wichtigsten Handelspartner Afrikas ablösen wird. Um nicht dauerhaft ins Hintertreffen zu gelangen, muss Europa stärkere Präsenz zeigen und Alternativen zu Asien für die subsaharischen Länder bieten. Besonderes Interesse sollte der Produktion von arbeitsintensiven Produkten und Dienstleistungen in Afrika zukommen. Des Weiteren stellt der subsaharische Kontinent eine enorme Nachfrage an Lebensmitteln dar. Regionalisierung Afrikas Einleitung Der Begriff Regionalisierung bedeutet im wirtschaftlichen Sinne, die Konzentrierung der Wirtschaftskraft auf kleine Gebiete. Des Weiteren kann man sagen, dass sich die Regionalisierung in 2 Arten aufteilt. Zum einen, die Bündelung der Wirtschaft auf den Teil eines Landes, in dem Rohstoffvorkommen vorhanden sind, zum anderen, wirtschaftliche Vereinbarungen zwischen unterschiedlichen Staaten. Probleme Die Regionalisierung, so wie sie in diesem Buch eigentlich dargestellt werden soll, existiert nicht, da sich die wirtschaftlichen Beziehungen der einzelnen Länder untereinander erst noch deutlich verbessern müssen. Diese Verbesserungen treiben die regionalen Organisationen, wie COMESA oder SADC voran, jedoch ziehen mit Ihnen auch große Probleme einher. 274 Abbildung 65 COMESA Quelle: aus: www.wikipedia.org/COMESA Abbildung 66 SADC Quelle: aus: www.wikipedia.org/SADC In den hier abgebildeten Organisationen kommt es somit zu Doppelmitgliedschaften einiger Länder, die eine vernünftige Arbeit in den Gremien verhindern405. Durch eine Doppelmitgliedschaft eines Landes wird dieses dazu veranlasst, seine Interessen in jeder dieser Organisation zu wahren. Zur Interessenwahrung der Staaten, in denen für sie bedeutenden Punkte, werden deshalb keine großen Schritte erreicht sondern nur ein Fuß vor den anderen gesetzt. Die Kompromisse, die beschlossen werden, sind für eine rasche Entwicklung der Länder von geringer Bedeutung. Ein weiteres Hindernis dieser Organisationen ist das Sekretariat, da sich die Mitarbeiter ihrem Heimatland verbunden fühlen und somit in ihrem Entscheidungs- und Urteilsvermögen deutlich beeinträchtigt sind. Durch diese Verhaltensweisen der einzelnen Mitglieder ist zum einen die Handlungsfähigkeit der gesamten Organisation beeinträchtigt. Zum anderen wird auch der Handel, der an den einzelnen Organisationen beteiligten Länder, untereinander behindert. 405 http://www.giga-hamburg.de/dl/download.php/d=/content/publikationen/pdf/gf/afrika/0610 275 Ein weiteres Problem, dass die Zusammenarbeit der Staaten Afrikas beeinträchtigt, sind die vielen unterschiedlichen Volksgruppen, Ethnien und Religionen, denn diese führen unter Umständen zum Krieg und Mord (Völkermord der Hutu an den Tutsi in Ruanda in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts). Probleme stellen auch die Verhandlungen der einzelnen afrikanischen Länder mit der EU über Freihandelsabkommen dar, da es sich zeigt, dass Afrika nicht als ein Kontinent, sondern als einzelne Staaten gesehen wird. Chancen Die Chancen der afrikanischen Wirtschaft, im Falle einer Regionalisierung sind groß, denn Rohstoffe sind in ausreichendem Maße vorhanden. Die Regionalisierung der afrikanischen Wirtschaft würde zur Folge haben, dass sie unabhängiger von Rohstoffexporten nach China, Indien oder in die EU wäre. Kleinen Unternehmen, die spezielle Produkte für den afrikanischen Markt herstellen, wird die Möglichkeit gegeben, sich zu entwickeln. Regional entwickelte, produzierte und abgesetzte Produkte bieten die Möglichkeit die Wirtschaft nachhaltig zu stärken und sie über diesen Weg fit zu machen, um auf dem Weltmarkt zu bestehen. Die Geldmittel der afrikanischen Unternehmen würden nicht mehr ins Ausland abfließen, sondern im Inland investiert werden können. Eine große Chance für die Wirtschaft stellt die geplante Zollunion dar, in der die schrittweise Aufhebung der Schutzzölle vollzogen werden soll. Damit würde sich der Markt für regional produzierte Waren deutlich vergrößern. Risiken Die Risiken für die afrikanische Wirtschaft im Falle einer weiteren Regionalisierung sind nicht von der Hand zu weisen. Die Regionalisierung hätte zur Folge, dass sich die Länder von der Globalisierung abkapseln und somit nicht mehr am Weltwirtschaftsgeschehen teilnehmen würden. Die regional produzierten Produkte wären nur in den afrikanischen Wirtschaftsgebieten absetzbar, da sie nur speziell für den hier ansässigen Markt entwickelt und produziert wurden und für den Weltmarkt völlig unbedeutend wären. 276 Die oben genannten entscheidungsfreudig, Organisationen welches dazu sind, führen wie vorher kann, beschrieben, dass der nicht gesamte Entscheidungsprozess einer Organisation gelähmt werden kann und damit Afrika zum Stillstand zwingt. Die oben bereits angesprochene, noch nicht vollzogene Zollunion der SADC bildet mit eines der größten Risiken, da diese Zollunion nicht unter gleichwertigen Partnern zustande kommen soll. Der mit Abstand stärkste Partner dieser Union wäre Südafrika, welches dadurch natürlich Vorteile beim Absatz seiner Produkte in den anderen Ländern hätte. Durch die guten Wirtschaftsverhältnisse in Südafrika lassen sich diese Produkte günstiger produzieren und auch anbieten, welches dann zur Folge hätte, dass die gleichen, im Importland hergestellten Produkte, deutlich teurer wären. Die Zölle haben somit eine Schutzwirkung der eigenen Wirtschaft. Des Weiteren sind die Zölle eine gute Einnahmequelle, wenn diese wegfallen würden, könnten nötige Projekte zur Verbesserung der Infrastruktur nicht mehr getätigt werden. Trends Der Trend in Afrika geht dazu über, die Zusammenarbeit weiter auszudehnen. Dies wird durch die Gründung der afrikanischen Union im Jahr 2002 vollzogen. Diese soll nach dem Vorbild der EU, Afrika zu einem großen Wirtschaftsraum machen und diese nach außen als Handelspartner vertreten. Diese Organisation wird von Lybiens Staatschef Gadafi initiiert und finanziert. Trotz aller Bemühungen der Afrikanischen Union geht der Trend weiter, die eigene Wirtschaft nur auf Rohstoffexporte zu spezialisieren und alles was der Bevölkerung helfen könnte, sich zu verbessern, zu behindern. Beispielsweise gibt es in Nigeria, neben der erdölfördernde Industrie kaum weitere Industriezweige. Den größten Arbeitgeber stellte bis Ende der 90er Jahre der Staat. Dieses ist zwar mittlerweile geringer geworden, jedoch konnten die vom Staat entlassenen Menschen nicht mehr in Lohn und Brot gebracht werden, da es einfach an Alternativen fehlt. Fazit Eine Regionalisierung könnte für Afrika die Chance sein, die wirtschaftlichen Verhältnisse zu stabilisieren und die Lage der Menschen nachhaltig zu verbessern. Mit 277 einer Regionalisierung der afrikanischen Wirtschaft könnten Grundlagen geschaffen werden, die dieser helfen können, im Kampf um den Weltmarkt zu bestehen. Jedoch gibt es viel größere Probleme als Chancen, denn Afrika ist einfach nicht in der Lage, sich in diesem Fall selbst zu helfen. Es gibt kaum größere Unternehmen, die sich um eine Erweiterung ihres Absatzmarktes bemühen können. Des Weiteren wird das dafür benötigte Kapital lieber im Ausland investiert, da hier Renditen und Investitionssicherheit deutlich höher sind. Gesamtfazit Der afrikanische Kontinent steht an einer Weggabelung, an der Afrika zum einen in die Abhängigkeit gehen kann oder zum anderen in die Eigenständigkeit. Die Abhängigkeit besteht darin, die Rohstoffvorkommen des Kontinents auszubeuten und die dafür eingenommen Devisen wieder beim Kunden für Infrastrukturprojekte auszugeben. Die Eigenständigkeit könnte dadurch vollzogen werden, dass die großen Wirtschaftsnationen der Welt „Hilfe zur Selbsthilfe“ bedeuten würde. Damit man zwar aus wirtschaftlicher Sicht einen neuen Konkurrenten bekommt, jedoch würden bei dann verbesserter Wirtschaftslage, die noch immer stattfindenden Hilfslieferungen für viele Länder Afrikas wegfallen. Abschließend muss gesagt werden, dass Afrika nur in geringem Maße an der Asiatisierung der Globalisierung, nämlich als Rohstoff- und Energielieferant und Absatzmarkt für billige chinesische Produkte, teilhat. Eine aktive Teilnahme Afrikas an der Globalisierung erscheint nur wahrscheinlich, wenn die Lohnkosten in Asien explosionsartig ansteigen und somit Afrika als Wirtschaftsstandort interessant werden könnten. Die Regionalisierung Afrikas wird von den Ländern selbst blockiert, da sie viele Verpflichtungen und Vorteile haben, die ein schnelles Arbeiten in den Gremien, wie z.B. der afrikanischen Union, verhindern. 278 Mittel und Nordamerika Definitionen der Organisationen und Abkommen Die NAFTA ist das nordamerikanische Freihandelsabkommen. NAFTA steht für North American Free Trade Agreement und ist ein ausgedehnter Wirtschaftsverbund zwischen Kanada, den USA und Mexiko und bildet eine Freihandelszone im nordamerikanischen Kontinent. Die Gründung fand im Januar 1994 statt. Mit Inkrafttreten des Freihandelsabkommens wurden zahlreiche Zölle abgeschafft. Das Abkommen ging aus dem Kanadisch- Amerikanischen Freihandelsabkommen von 1989 hervor, dessen Bestimmungen auch keine Vorrangposition gegenüber nationalem Recht einnehmen. Es handelt sich dabei um einen zwischenstaatlichen Vertrag. Die CAFTA bedeutet Dominican Republic-Central America Free Trade Agreement und ist ein Freihandelsabkommen zwischen den Vereinigten Staaten, Costa Rica, der Dominikanischen Republik, El Salvador, Guatemala, Honduras und Nicaragua. Seit dem Beitritt der Dominikanischen Republik 2004 wird das Freihandelsabkommen offiziell DR-CAFTA (Dominican Republic - Central American Free Trade Agreement) genannt. Die TAFTA. Die USA und die EU sind füreinander nicht nur die bedeutendsten politischen, sondern Zugleich die wichtigsten Handels- und Wirtschaftspartner. Trotz des rasanten wirtschaftlichen Aufschwungs in Asien entfallen immer noch mehr als die Hälfte des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf die transatlantischen Partnerstaaten. Um die herausgehobenen bilateralen Beziehungen zu intensivieren und weitere Wachstums- und Beschäftigungspotentiale zu erschließen, wurde jüngst im Europäischen Parlament die Errichtung einer Transatlantic Free Trade Area (TAFTA) zwischen der EU und den USA gefordert. Die Europäische Kommission ist hingegen skeptisch gegenüber Plänen zur Errichtung einer transatlantischen Freihandelszone. Die FTAA steht für Free Trade Area of the Americas. Die (Gesamt-)Amerikanische Freihandelszone soll eine „Gemeinsamen Markt von Alaska bis Feuerland“ schaffen. Freihandelszone und Die Amerikanische 279 Freihandelszone soll alle 34 Staaten in Nord-, Süd- und Mittelamerika sowie in der Karibik (vorerst mit Ausnahme Kubas) umfassen. Dieses Gebiet umfasst knapp 800 Millionen Verbraucher mit jährlich erwirtschafteten Gütern und Dienstleistungen im Wert von über zehn Billionen US-Dollar. Die Planungen für die Amerikanische Freihandelszone begannen Anfang der 90er Jahre, sind aber in der letzten Zeit ins Stocken geraten. Die APEC (Asia-Pacific Economic Cooperation): Asiatisch-Pazifische wirtschaftliche Zusammenarbeit, auch übersetzt als Asiatisch-Pazifische Wirtschaftsgemeinschaft, ist eine internationale Organisation, die es sich zum Ziel gesetzt hat, im pazifischen Raum eine Freihandelszone einzurichten. Die Gründung war 1989 in Canberra auf Initiative von Australien, Japan und den USA. Zu diesem Zeitpunkt waren zwölf Länder Mitglied der APEC. In seinen Anfängen war der Verbund hauptsächlich ein Forum informeller Gespräche. Mit zunehmender Zusammenarbeit wurden gemeinsame Gipfelkonferenzen als Diskussions- und Entscheidungsforum geschaffen. Die APEC beschäftigt sich nicht nur mit Fragen der Kapitalmärkte, des Abbaus von Handelsschranken und der grenzüberschreitenden Wirtschaftskooperation, sondern auch mit Zukunftstechnologien, Bildung, Frauen, Jugend, ökologischer und nachhaltiger Wirtschaftsentwicklung, der Reform der APEC sowie der Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Während der jährlichen Gipfelkonferenzen kommt es häufig zu Demonstrationen, die von Gewalt begleitet sind. Die NATO steht für North Atlantic Tready Organisation. Es ist das wichtigste Element der US Außen- und Sicherheitspolitik. Die zentralen Herausforderungen bestehen darin Mitgliedschaften auszudehnen, z.B. auf dem Balkan oder Georgien, um sie auf die aktuellen Bedrohungen durch Terrorismus und der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen auszurichten und ebenso ihre Einsatzfähigkeit über das Bündnis hinaus sicherzustellen. Die OSZE ist die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Die USA nutzen die OSZE für ihre Sicherheits-, Abrüstungs- und Menschenrechtspolitik. Auch arbeitet die OSZE eng mit der NATO und die Vereinten Nationen zusammen. 280 Die Vereinten Nationen sind ein Instrument zur Durchsetzung amerikanischer Vorstellungen. Die Unabhängigkeit der US-Außenpolitik wird von den VNEntscheidungen gewahrt. Die UNCTAD (United Nations Conference on Trade and Development). Die Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (kurz Welthandelsund Entwicklungskonferenz) hat ihren Sitz in Genf und ist ein ständiges Organ der Generalversammlung der Vereinten Nationen (UN). Ihr Ziel ist die Förderung des Handels zwischen Ländern mit einem unterschiedlichen Entwicklungsstand (hauptsächlich Industrieländer und Entwicklungsländer). Außerdem soll durch die UNCTAD die Verständigung zwischen Süd und Nord (geographisch gesehen Süd- und Nordhalbkugel) verbessert und eine neue Weltwirtschaftsordnung erarbeitet werden. Zur UNCTAD gehören heute 192 Industrie- und vor allem Entwicklungsländer, deren Vertreter sich alle vier Jahre zu einer Konferenz zusammenfinden. Aktivitäten der UNCTAD werden aber von einem halbjährlich tagenden Handels- und Entwicklungsrat koordiniert. Dieser Rat ist gegliedert in verschiedene Ausschüsse, welche dem Arbeitsprogramm entsprechend mit der Armutsbekämpfung, dem internationalen Warenverkehr und der Zusammenarbeit zwischen den Entwicklungsländern befassen. Ein Sonderausschuss überwacht eine „spezielle Abteilung“, welche es den Entwicklungsländern ermöglicht, einen Teil ihrer Warenexporte mit geringerer Zollgebühr in höher entwickelte Länder (v. a. Industrieländer) zu liefern. Das GATT (General Agreement on Tariffs and Trade) Das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen wurde am 30. Oktober 1947 abgeschlossen, als der Plan für eine internationale Handelsorganisation (ITO) nicht verwirklicht werden konnte. Das Abkommen trat am 1. Januar 1948 in Kraft. Das GATT von 1947 begründete keine internationale Organisation, sondern war ein gewöhnlicher völkerrechtlicher Vertrag, weshalb seine 23 Gründungsmitglieder (Australien, Belgien, Brasilien, Burma (heute Myanmar), Kanada, Ceylon (heute Sri Lanka), Chile, Republik China, Kuba, Frankreich, Indien, Libanon, Luxemburg, Neuseeland, Niederlande, Norwegen, Pakistan, Südrhodesien (heute Simbabwe), 281 Südafrikanische Union, Syrien, Tschechoslowakei (heute Tschechien und die Slowakei), Vereinigtes Königreich sowie USA auch als „Vertragsparteien“ angesprochen wurden und nicht als Mitgliedstaaten. Die Bundesrepublik Deutschland trat am 1. Oktober 1951 diesem Vertragssystem bei. Alle Mitglieder der Welthandelsorganisation sind automatisch Mitglied des GATT. IST-Analyse Nord- und Mittelamerika USA Die vernetzte Weltwirtschaft wird durch schnelle und weitgehend unbegrenzte Ströme von Informationen, Ideen, kulturellen Werten, Kapital, Waren, Dienstleistungen und Menschen angetrieben. Diese globalisierte Wirtschaft wird die politische Stabilität erhöhen, auch wenn ihre Vorteile nicht allen zugute kommen. Die USA waren 2006 wieder einmal eines der Wachstumszentren der Weltwirtschaft, obwohl die Entwicklung „nach einem sehr dynamischen Jahresauftakt deutlich an Tempo verlor“, wie die Deutsche Bundesbank schrieb. Mit einem Zuwachs von 3,3% wurde aber das BIP-Wachstum des Vorjahres (3,2%) noch leicht übertroffen. Die wichtigsten Komponenten des positiven Wirtschaftsergebnisses waren die Unternehmensinvestitionen und der steigende private Verbrauch, auch die hohen Investitionen in dem privaten Hausbau. Der Arbeitsmarkt profitierte von der Hochkonjunktur; die Arbeitslosenquote sank von 5,1% (2005) auf 4,6% (2006). Die Inflationsrate ging leicht zurück; sie betrug im Jahresdurchschnitt 2006 3,2% (2005: 3,4%). Eine Gefahr für die wirtschaftliche Entwicklung der nächsten Jahre wird von vielen Fachleuten im Budgetdefizit des Bundes gesehen. Es ging zwar 2006 auf 1,9% des BIP zurück, aber die gesamten Staatsschulden erhöhten sich auf die Rekordsumme von 8500 Mrd. US-$. Auch die Außenwirtschaftsbilanz entwickelte sich negativ. Das Defizit der Handelsbilanz stieg auf 765,3 Mrd. US-$ an, das der Zahlungsbilanz auf den Rekordbetrag von 856,7 Mrd. US-$. 282 Die wichtigsten Handelsbeziehungen der USA Die USA betreibt mit fast der gesamten Welt seinen Handel. Das ist auf der einen Seite gut, da sie so die Wirtschaft und damit auch die Konjunktur in den Industrie- und Schwellenländern ankurbeln und auch fördern. Auf der anderen Seite verschuldet sich die USA in Billionenhöhe und versetzt damit Experten in Angst und Schrecken. Die Hohe Verschuldung könnte fatale Auswirkungen haben und der Grund für eine neue Weltwirtschaftskrise sein. Laut Aussagen von George W. Bush herrscht eine starke und sichere Politik in den USA. Zudem steigen die Export- und Importzahlen im Vergleich zum Vorjahr. Ein Grund dafür sind die guten Außenhandelsbeziehungen. Der amerikanische Handel mit China Der amerikanische Chinahandel ist von 5 Mrd. (1980) auf 231 Mrd. US-Dollar (2004) angewachsen. Die Volksrepublik ist heute der drittwichtigste Handelspartner der USA, und der Austausch mit China wächst schneller als mit jedem vergleichbaren Land. Gleichzeitig ist das amerikanische Handelsbilanzdefizit nach eigenen Angaben von 6 Mrd. (1985) auf 161,9 Mrd. US-Dollar (2004) angewachsen und beläuft sich damit auf etwa ein Viertel des weltweiten Defizits der USA. Hatte Washington dieses Ungleichgewicht lange in Kauf genommen, weil man in Peking von den Exporterlösen amerikanische Staatsanleihen kaufte und so das Haushaltsdefizit der Administration zu finanzieren half, so klagen mittlerweile nicht nur amerikanische Unternehmer in den USA, sondern auch amerikanische Investoren in China über die Wirtschaftspolitik der Volksrepublik. Im Oktober 2005 machte Washington bei der WTO ein Verfahren wegen Produktpiraterie gegen Peking anhängig. Nimmt man sensationalistische Berichte über Chinas Energie-, Technologie- und Devisenpolitik sowie diplomatische Bodengewinne der Volksrepublik in "Amerikas (lateinamerikanischen) Hinterhof" hinzu, so ergibt sich eine Gemengelage aus ökonomischen und sicherheitspolitischen Erwägungen, bei der die Verfechter einer "Einbindung" Pekings in die Defensive geraten. Die USA-Taiwan-Beziehungen Die amerikanisch-taiwanesischen Beziehungen haben sich unter Bush zu einer de facto283 Allianz entwickelt, wobei nur noch gemeinsame Manöver fehlen. Die USA bleiben nicht nur Taiwans wichtigster Waffenlieferant; sie haben auch die bilateralen Militärbeziehungen ausgebaut und die Interoperabilität der beiden Streitkräfte verbessert. Dabei muss sich Washington gleichzeitig mit Chinas wachsendem wirtschaftlichen und militärischen Potenzial und einer demokratisch gewählten taiwanesischen Führung auseinander setzen, die sich angesichts dieses Potenzials zu einer Verstärkung der separaten Existenz der Inselrepublik genötigt sieht. Chinas Mitwirkung an Bushs internationaler Koalition gegen den Terrorismus hat zwar zu einer polizeilichen und nachrichtendienstlichen, nicht aber zu einer militärischen Zusammenarbeit mit den USA geführt. Die USA haben China seit dem 11. September 2001 mit einem faktischen Ring aus Allianzen und militärischen Partnerschaften umgeben, und wenn sich Peking seither von Zentralasien bis Lateinamerika um eine Stärkung seiner diplomatischen Präsenz bemüht hat, dann auch, um aus dieser Umzingelung auszubrechen. Washington verhängte zwischen 2001 und 2004 dreizehn mal Sanktionen gegen chinesische Firmen und Organisationen, die ballistische Raketen, Lenkraketen oder Chemiewaffen an Pakistan, den Iran und andere Staaten geliefert hatten. Vor diesem Hintergrund veröffentlichte die Volksrepublik 2002 Richtlinien für den Export von Raketentechnologien und biologischen Komponenten und arbeitete mit der Bush-Administration in begrenztem Umfang bei der Verhinderung des Exports chemischer Komponenten nach Nordkorea zusammen. Schließlich äußerte sich die amerikanische Seite irritiert über Chinas Interesse an regionalen Organisationen, welche die USA ausschließen, Chinas Weigerung, amerikanische Beobachter zu Manövern mit Dritten zuzulassen und Pekings teils erfolgreiche Versuche, zentralasiatische Staaten zur Schließung von Stützpunkten zu bewegen, die Washington dort im Gefolge des 11. September 2001 eröffnet hatte. In keiner dieser Fragen kam es zu einer Annäherung der Standpunkte.406 Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und den USA Die Zeiten politischer Spannungen zwischen den USA und Deutschland scheinen vorbei. Nach dem Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel in den Vereinigten 406 Vgl. http://www.bpb.de/popup/popup_fussnote.html?guid=V002CQ eingesehen am ?????? 284 Staaten äußerte US-Präsident Georg W. Bush Verständnis für das deutsche "Nein" zum Irak-Krieg und plädierte für eine diplomatische Lösung des Iran-Konflikts. "Wir haben eine starke Verbündete in Bundeskanzlerin Merkel, wenn es darum geht, die Welt zu einen, um mit einer klaren Stimme zu sprechen" – mit diesem Satz reagierte US-Präsident Bush auf die Rede von Bundeskanzlerin Merkel. Dort hatte die Bundeskanzlerin die iranischen Drohungen gegen Israel scharf verurteilt und erklärt, das "entschiedene Eintreten" für das Existenzrecht Israels sei "eine unverrückbare Konstante" der deutschen Außenpolitik. Bush eröffnete mit der Äußerung einen Reigen ungewohnt freundlicher Worte über das deutsch-amerikanische Verhältnis. In Interviews mit mehreren deutschen Medien würdigte er die deutsche Unterstützung beim Wiederaufbau des Irak und Deutschlands Eintreten für einen Teil-Erlass der massiven irakischen Auslandsschulden. Deutschland und die USA seien gleichwertige "Partner in Leadership", so Bush. Gründe für das aktuelle Werben des US-Präsidenten um deutsche Unterstützung sehen politische Beobachter in der Situation im Irak und im Atom-Streit mit dem Iran. Weite Teile der amerikanischen Öffentlichkeit halten den Irak-Krieg inzwischen für einen Fehlschlag. Die Zustimmung zum US-Präsidenten ist in Meinungsumfragen auf niedrigste Werte gefallen und selbst in seiner republikanischen Partei ist der Präsident nicht mehr unangefochten. Hinzu kommt, dass US-Militärexperten kürzlich mit drastischen Worten vor einem Angriff auf den Iran warnten. Zwar äußerte Bush, er wolle zur Not auch mit militärischen Mitteln verhindern, dass der Iran die Möglichkeiten zur militärischen Nutzung atomarer Energie erhält. Er sei jedoch entschlossen, den Konflikt auf diplomatischem Wege zu lösen, wobei Deutschland eine wichtige Rolle spiele. Die internationale Staatengemeinde müsse dem Iran gegenüber eine geschlossene Position vertreten – zum Beispiel über eine entsprechende Resolution im UN-Sicherheitsrat.407 407 Vgl. http://www.bpb.de/themen/0KIBY9,0,0,USA_und_Deutschland.html 285 Wirtschaftliche Faktoren Die Weltwirtschaft wuchs 2006 noch kräftiger als im Vorjahr. Nach Schätzungen des IWF erhöhte sich das globale Bruttoinlandsprodukt im Jahresdurchschnitt um 5,4%, verglichen mit 4,9% (2005) und 5,3% (2004). Zu Jahresbeginn expandierte vor allem die US-amerikanische Wirtschaft stark. Der Status der USA als stärkste Wirtschaftsmacht, die rund ein Fünftel des jährlichen Welteinkommens erwirtschaftet, gründet sich auf ein großes, rohstoffreiches und gut erschlossenes Territorium auf einen großen Binnenmarkt (2006: 300 Mio. Einwohner, Bruttoinlandsprodukt 2006: 13.195 Mrd. USD, zum Vergleich Bruttoinlandsprodukt Deutschland 2006: 2.302,7 Mrd. Euro) sowie auf ein durch unternehmerische Initiative und freien Handel gekennzeichnetes Wirtschafts- und Finanzsystem. Der USDienstleistungssektor erwirtschaftet ca. 79% des Bruttoinlandsproduktes (BIP), der Industriesektor 20% und die Landwirtschaft trägt 1% dazu bei. Vor den Präsidentschaftswahlen 2008 befindet sich die US-Konjunktur nach fünf Jahren beeindruckenden Wachstums an einem Wendepunkt. Die Immobilienmärkte schrumpfen, die Verbraucher schränken ihre Ausgaben ein und die Investitionen wachsen unter Trend. Hohe Energiepreise, geringere Vermögenszuwächse, gestiegene Zinsen sowie eine geringe private Sparquote dürften den jahrelangen Wachstumsmotor „Privater Konsum“ auf absehbare Zeit belasten. Stabilisierend wirken die günstigen weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen und die steigenden US-Exporte. Der Energieverbrauch in den USA beträgt knapp ein Viertel des weltweiten Konsums. Den höchsten Anteil am US-Verbrauch hat Erdöl (40%) gefolgt von Erdgas und Kohle (jeweils 22%), Kernkraft (8%) sowie erneuerbaren Energien (6%). Insgesamt werden ungefähr ein Drittel der Energieressourcen importiert. Mit 66% liegt der Importanteil bei Erdöl, das vor allem aus Kanada, Saudi-Arabien, Mexiko, Venezuela und Nigeria bezogen wird, besonders hoch. In der politischen Diskussion sind daher Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz und dem Ausbau erneuerbarer Energien. Während sich im Verlauf des Jahres das Wachstumstempo der USA abschwächte, stieg es im EU-Raum stärker an, und auch in Japan erhöhte sich das Wachstum. Hinzu kam die ungebrochene wirtschaftliche Expansion der ostasiatischen Schwellenländer. Gebremst wurde das Wachstum dagegen durch die nach wie vor hohen Rohstoffpreise, 286 die nur teilweise im Lauf des Jahres zurückgingen. Andererseits profitierten die Lieferländer von den hohen Preisen besonders für Energierohstoffe (z.B. Russland), wobei ein Großteil der zusätzlichen Einnahmen für Importe aus den Industriestaaten ausgegeben wurde. Wegen der starken Zunahme der Industrie- und Rohstoffproduktion expandierte der Welthandel real um ca. 9%, verglichen mit 7,5% im Jahr 2005 Politische Faktoren In der Außenpolitik sehen sich die USA als globale Führungsmacht. Die Terroranschläge auf das World Trade Center und das Pentagon am 11. September 2001 prägen nach wie vor das Bedrohungsgefühl und die Weltsicht der wichtigsten außenpolitischen Akteure in den Vereinigten Staaten. Die USA haben auf diese Herausforderung mit einer Politik reagiert, die im amerikanischen Verständnis von Freiheit und Selbstverwirklichung wurzelt. Dauerhafte Sicherheit in den USA kann nach Auffassung der Regierung Bush nur durch die aktive Förderung von Demokratie und Freiheit, insbesondere im Nahen und Mittleren Osten, garantiert werden. Diese Ziele rechtfertigen im Verständnis der Administration auch den Einsatz militärischer Mittel. Die Intervention im Irak bleibt für die Regierung Bush daher ein zentraler Pfeiler ihrer Außenpolitik. Seit den Kongresswahlen im November 2006 sieht sich die Regierung Bush einer demokratischen Mehrheit im Kongress gegenüber, die den Krieg im Irak kritisch bewertet. Bisher ist es der Regierung allerdings gelungen, die Unterstützung des Kongresses für die weitere Finanzierung des Kriegs sicherzustellen. Das entschiedene Vorgehen gegen Staaten, die den internationalen Terrorismus unterstützen oder dulden, ist ein weiteres wichtiges Element der amerikanischen Außenpolitik. Afghanistan gilt trotz der derzeit angespannten Sicherheitslage als Prüfstein erfolgreicher Demokratisierung in der Region. Die Vereinigten Staaten von Amerika sind eine präsidiale Republik (Bundesstaat). Grundlegende Prinzipien sind Gewaltenteilung und Gewaltenbalance. Die legislative Gewalt wird auf Bundesebene vom Kongress (Senat und Repräsentantenhaus) ausgeübt. Der Prozess der politischen Willensbildung ist von der in der Verfassung von 1787 festgelegten konsequenten Gewaltenteilung zwischen dem Präsidenten und seiner Regierung als Exekutive einerseits und dem Kongress als Legislative andererseits bestimmt. Historisch betrachtet sah sich der Präsident häufig einem Kongress 287 gegenüber, in dem die jeweils andere Partei die Mehrheit in einer oder in beiden Kammern des Kongresses stellt. Aber auch wenn das Weiße Haus und der Kongress von derselben Partei dominiert werden, gibt es ein Spannungsverhältnis zwischen beiden Institutionen. Partei- oder Fraktionsdisziplin spielen eine weitaus geringere Rolle als etwa in Deutschland. Gesetzesinitiativen können mit wechselnden Mehrheiten über Parteigrenzen hinweg rechnen. Bedingt v.a. durch das Mehrheitswahlrecht stellen sich in der Regel nur zwei Parteien die Demokraten und die Republikaner - mit Aussicht auf Erfolg zur Wahl. Die Demokraten verstehen sich als progressiv und tendieren insbesondere seit Roosevelts New Deal in den 30er Jahren dazu, dem Staat eine größere Rolle zuzugestehen als die Republikaner, dies freilich immer noch in geringerem Maße, als dies im kontinentaleuropäischen Verständnis üblich wäre. Die Republikaner treten traditionell stärker für freie Marktwirtschaft und Unternehmertum ein und stehen eher für konservative Werte. Versuche dritter Parteien, Fuß zu fassen, sind bislang fehlgeschlagen. Kulturelle Faktoren Der deutsche Begriff der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik lässt sich nicht ohne weiteres auf die Politik der USA übertragen. Kulturförderung und Bildung sind ohne großzügiges Mäzenatentum nicht denkbar. So beträgt der staatliche Anteil an den gesamten Kulturausgaben regelmäßig nur rd. 10%. Private Spender finanzieren 40% und die Kulturbetriebe erwirtschaften selbst die verbleibenden 50%. Staatliche Kulturförderung erfolgt darüber hinaus im Wesentlichen indirekt, nämlich durch die Steuerbegünstigung von Spenden für kulturelle Zwecke (geschätzt: über 50 Mrd. USD). Die Bevölkerungsdichte liegt bei 30 Einwohnern pro km2. Das jährliche Bevölkerungswachstum erreicht 1%. Bei dem Bildungsausgaben werden 5,7% des BIP ausgegeben.15Jährige und älter können lesen und schreiben.408 408 Vgl.http://www.ipicture.de/daten/demographie_USA.html 288 Erfolgreiche deutsche Unternehmen in den USA Trotz der generellen wirtschaftlichen Abkühlung in den USA zeigen die 50 umsatzstärksten deutschen Unternehmen in den USA anhaltend gute Leistungen und weisen steigende Umsätze von über 28 Milliarden Dollar auf und schaffen eine halbe Million Arbeitsplätze. Deutschland behauptet dabei seine Führungsrolle in der Chemieindustrie mit BASF und Bayer unter den Top 10. Eine weitere Erfolgsstory schreibt T-Mobile. Die Telekom-Tochter ist mittlerweile der zweitgrößte GSM Anbieter in den USA und versorgt über 23,3 Millionen Amerikaner mit drahtlosem Service. Den deutschen Automobilherstellern geht es besonders gut in den USA. Porsche verkaufte 8% mehr als im Vorjahr, Volkswagen 8,6% und eine Rekordzahl erreichte Mercedes-Benz mit 14%. Die Tochterunternehmen deutscher Firmen in den USA leisten einen signifikanten Beitrag zum globalen Umsatz. T-Mobile USA 23%, Siemens USA 24% oder ThyssenKrupp USA 25% der Gesamtumsätze. Wie man erkennen kann, sind die großen Unternehmen in Deutschland ebenfalls große Unternehmen international, die das Potential haben, die Konjunktur weiterhin nach oben zu treiben. Mit immer neueren technischen Innovationen fördern sie die Wirtschaft. Tabelle 13 Top 10 der deutschen Unternehmen in den USA auf den Verkauf gerichtet. 289 Tabelle 14 Top 10 der deutschen Unternehmen in den USA nach Anzahl der Beschäftigten. * sales are generated from multiple sources, that is from various associated companies ** NAFTA region *** EUR Quelle: Vgl. www.gaccny.com 12.12.2007 Kanada Handelsbeziehungen Kanada gehört neben Frankreich, Deutschland, Italien, Japan, Großbritannien, den Vereinigten Staaten von Amerika zum Weltwirtschaftsgipfel, der so genannte G8. Neben engen Verbindungen zu diesen Ländern stechen enge Beziehungen zur Europäischen Union und zunehmend zu China, Indien und Brasilien hervor. Ferner sind sie in weiteren wichtigen Wirtschaftforen, wie z.B. den OECD, WTO, IMF, NFTA, der Weltbank vertreten. Des Weiteren bestehen Freihandelsabkommen mit Chile und Israel. Gegenwärtige wirtschaftliche Situation Kanadas und Ausblick in die Zukunft Kanadas Wirtschaft ist modern und dynamisch. Seit nunmehr 15 Jahren ununterbrochenem Wirtschaftswachstum belegt es den Spitzenplatz innerhalb der G8Staaten. Die Staatsfinanzen sind gesund. Seit zehn Jahren wird ein Überschuss erwirtschaftet, der konsequent zur Schuldentilgung eingesetzt wird. Das erklärte Ziel des Landes ist es, im Jahre 2021 schuldenfrei zu sein. Entscheidenden Anteil an dieser Entwicklung ist die Tatsache, das Kanada Unmengen an Rohstoffen wie Erdöl und Erdgas bereithält. Das Erdöl kommt allerdings zu 80 % in so genannten ‚Ölsanden‘ vor. 290 Die Gewinnung ist sehr viel kostenintensiver als die konventionelle Förderung von Erdöl, allerdings ist diese durch den steigenden Ölpreis doch wirtschaftlich. Durch diese Vorkommen ist Kanada weltweit hinter Saudi-Arabien die Nummer 2, im Bereich Erdgas die Nummer 3 hinter den USA und Russland. Weiter besitzt das Land eine diversifizierte Wirtschaft. Vor allem innovative Sektoren, wie z.B. Informationstechnologie, Biotechnologie oder die Nanotechnologie werden gefördert und nehmen einen zunehmenden Anteil am BIP ein. Des Weiteren ist Kanada ein bedeutender landwirtschaftlicher Produzent und gehört zu den weltgrößten Exporteuren von Getreide. Die Wasser- und Holzvorräte sind nahezu unerschöpflich. Ferner ist das Land seit Mitte der 90er Jahre der drittgrößte Diamantenproduzent und größter Uranproduzent der Welt. Kanada wirbt um ausländische Direktinvestitionen aktiv mit Steuervorteilen und anderen Reizen. Ein weiterer Vorteil sind die ‚leichteren Einreisebestimmungen‘ im Gegensatz zu den USA. Nach dem 11. September 2001 sind in den USA die Einreisebedingungen so massiv verschärft worden, dass vor allem IT-Spezialisten den Weg nach Kanada angetreten haben und vor allem der High-Tech-Sektor wächst. Vor allem Firmen wie Microsoft profitieren von diesem Effekt. Die wirtschaftliche Verflechtung mit den Vereinigten Staaten ist Chance und Risiko zugleich. Die USA haben den Aufstieg Kanadas zur führenden Industrienation maßgeblich begünstigt. Allerdings macht dem Land der starke Ölpreis (Kanada importiert noch immer 50 % seines Ölbedarfs) und der starke kanadische Dollar zu schaffen, der Exporte Rationalisierungsdruck hemmt, den erhöht. Produktionsstandort Amerikanische Firmen, verteuert die in und den Kanada Produktionsstandorte unterhalten, überlegen daher, aufgrund des schwachen Dollars zurück in die Heimat zu gehen. Politische Einflüsse von / für Kanada Kanada hat ähnlich wie die USA seit dem 11. September mit erhöhter Anschlagsgefahr zu rechnen. Dazu gehören vor allem Orte mit Symbolcharakter. Ferner ist Kanada eines der ersten Länder, die Abstand vom Kyoto-Protokoll genommen haben. Als 291 Begründung gab man an, dass die Erfüllung der Kyoto-Vorgaben einem wirtschaftlichen Ruin gleichkommen würde. Ansätze zum Konjunkturwachstum der Länder Mittelamerikas Die Länder Mittelamerikas versuchen Ihre Handelsbeziehungen durch diverse Freihandelskommen zu beleben (z.B. CAFTA ). Durch diese Regionalisierung und dem bedingten Wegfall der Zölle und anderer Beschränkungen erhofft man sich steigenden Absatz der heimischen Produkte im Ausland und einen einfacheren Import der Produkte jenseits der Landesgrenzen. Manche Länder sind massiv von den Exporten in die USA abhängig und haben es versäumt ihren Außenhandel zu diversifizieren. Neben dem ‚Hauptpartner‘ USA sind enge Bindungen zu den Staaten der Europäischen Union zu nennen. Durch die aufkommende Globalisierung wird nun versucht die Bindungen im ostasiatischen Raum zu intensivieren. Mittelamerika El Salvador Handelsbeziehungen Wie beinahe jedes mittelamerikanische Land hat auch El Salvador eine starke Abhängigkeit zur USA Wirtschaftliche Faktoren Die Konjunktur steigt immer weiter an und ist in den letzten Jahren stetig über 2,5 % gewesen, allerdings setzt sich die Stärke des Konsums durch Überweisungen der im Ausland lebenden Salvadorianer zusammen. Da die Währung ‚dollarisiert‘ ist, hängt die Inflationsrate regelmäßig über der der USA. Trotz dieser Tatsache hat El Salvador wie fast alle Länder Mittelamerikas eine negative Handelsbilanz, hat Schulden und bezieht Entwicklungshilfe. 292 Politische Faktoren Der Großteil der Einwohner sind Mestizen. Knapp die Hälfte leben unterhalb der Armutsgrenze. Durch diesen Umstand ist eine starke Auswanderung zu verzeichnen. Über 2,6 Millionen Salvadorianer leben im Ausland und verdienen dort ihr Geld, um die Familien in der Heimat zu unterstützen. Das Bildungssystem ist marode und zeigt auch keine Tendenz zum Besseren. Gewalt insbesondere Mord und Entführungen sind auch in El Salvador an der Tagesordnung. Es herrschen große Unterschiede zwischen Arm und Reich. Reiche Menschen nutzen das Angebot privater Schutzdienste. Im Schnitt hat jeder sechste Bürger eine Schusswaffe. Auch in EL Salvador sind viele Jugendbanden unterwegs. Diese verlorene Generation verdient sich ihren Lebensunterhalt vor allem durch Drogen. Belize Handelsbeziehungen Die USA haben in Belize eine dominierende Rolle eingenommen, aber auch mit der EU und dem ehemaligen Mutterland England ist der Handel nach wie vor sehr eng. Wirtschaftliche Faktoren Die Handelsbilanz ist negativ. Die Landwirtschaft ist der zentrale Wirtschaftszweig. Durch den aufkommenden Tourismus könnte das Land weiter wirtschaftlich wachsen. Allerdings muss dafür weiter stark investiert werden. Belize hat gerade für die Tauchund Kreuzfahrttouristen nicht die entsprechende Infrastruktur. Das Land leidet ferner unter fehlenden Fachkräften. 293 Politische Faktoren Belize hat nach wie vor einen ausstehenden Territorialkonflikt mit Guatemala () und ist durch jede Art von Gewaltkriminalität betroffen. Der Drogenhandel aus Mexiko nutzt Belize vor allem als Transitland für seine Geschäfte, des Weiteren macht die Einwanderung mexikanischer und guatemaltekischer Bauern in das scheinbar leere und reichere Belize dem Land zu schaffen. Costa Rica Handelsbeziehungen Costa Rica unterhält vor allem Beziehungen zu den Vereinigten Staaten von Amerika, zur Europäischen Union und den CAFTA-Staaten. Wirtschaftliche Faktoren Costa Rica ist ein an mineralischen Rohstoffen armes Land, verfügt aber über ein hohes Maß an Bildung und Infrastruktur. Die Analphabetenquote beläuft sich auf unter 5 %, dadurch profitiert das Land ungeheuer in seiner weiteren Entwicklung. Der wichtigste Wirtschaftszweig des Landes ist gegenwärtig noch die Landwirtschaft, die wird aber mit zunehmender Wahrscheinlichkeit in den nächsten Jahren durch den Tourismus abgelöst. Das Land ist Mitglied im Freihandelsabkommen CAFTA Politische Faktoren Die Handelsbilanz ist negativ und auch die Inflation ist sehr hoch. Politische Beziehungen zur Republik China (Taiwan) wurden abgebrochen, um das Verhältnis zur Volksrepublik zu stärken. Costa Rica zeichnet sich durch eine dauernde, unbewaffnete aktive Neutralität aus. Es besitzt keine Armee. Grenzschutzaufgaben werden von der Polizei übernommen. Das Verhältnis zwischen Arm und Reich ist anders als in den meisten Ländern Mittel- und Südamerikas in Costa Rica sehr ausgeglichen. 294 Dominikanische Republik Handelsbeziehungen Neben den USA und den CAFTA-Staaten unterhält das Land enge Verbindungen zu Mexiko, der EU und Venezuela. Die Handelsbeziehungen zu Haiti sind teilweise aufgrund der massiven illegalen Einwanderung gestört. Wirtschaftliche Faktoren Viele Einwohner bekommen Transferzahlungen ihrer im Ausland lebenden Verwandten, mit denen sie ihren Konsum befriedigen. Die D.R. ist Mitglied im Freihandelsabkommen CAFTA. Die Handelsbilanz ist negativ. Der wichtigste Wirtschaftszweig ist der Tourismus, dahinter steigen die Landwirtschaft und der Telekommunikationssektor weiter an. Gegenwärtig befindet sich das Land in einer schwierigen Lage, da die größte Geschäftsbank insolvent wurde, die Inflation sehr stark anstieg und die Staatsverschuldung weiter ausuferte. Zudem steigern sich die gewalttätigen Auseinandersetzungen der Einheimischen mit den vielen Menschen aus Haiti die illegal in das Land eingereist sind. Politische Faktoren Die Einwohner der Dominikanischen Republik leben in hoher Anzahl in ärmlichen Verhältnissen. Die Arbeitslosenquote beträgt über 20 %. Die Schulpflicht kann nicht überall eingehalten werden, da die Schulen mitunter zu weit voneinander entfernt sind. Auch wenn die Schulen kostenlos sind, müssen für dominikanische Verhältnisse sehr teure Uniformen gekauft werden, welche sich die meisten Eltern nicht leisten können, daraus resultiert, dass die D.R. im Bereich Bildung eines der Schlusslichter in Lateinamerika ist. Gemäß der Meinung von Experten hat das Land in Lateinamerika jedoch das größte Entwicklungspotential und ist für Investoren von besonderem Interesse. 295 Guatemala Handelsbeziehungen Guatemala unterhält wichtige Handelsbeziehungen zu den USA und Mexiko. Die Beziehungen zu den beiden Ländern leiden aber immer wieder unter Spannungen, durch Migrationsprobleme und Zugänge zu den einzelnen Märkten. Guatemala hat seit 2001 ein Freihandelsabkommen mit den Ländern Mexiko, Honduras und El Salvador unterzeichnet, welches bisher aber noch nicht den gewünschten Erfolg zeigt. Unter dem Aspekt einer Diversifizierung versucht Guatemala das Verhältnis zu ostasiatischen Staaten aufzubauen. Hierzu wurde im Jahre 2005 ein Freihandelsabkommen mit Taiwan unterzeichnet. Wirtschaftliche Faktoren Wie auch in den meisten mittelamerikanischen Staaten ist das Land aufgrund seiner Armut und mangelnden Perspektiven von den Transferzahlungen, der im Ausland arbeitenden Guatemalteken, abhängig. Der Tourismus verzeichnet beachtliche Zuwachsraten und wird vermutlich durch seine bedeutenden Umweltressourcen den Export von landwirtschaftlichen Erzeugnissen in naher Zukunft überholen. Das Land ist durchzogen von Korruption und einer hohen Unterbeschäftigung der Einwohner. Politische Faktoren In den 36 Jahren zwischen 1960 – 1996 befand sich das Land im Bürgerkrieg und forderte Schätzungen zufolge zwischen 200.000 und 400.000 Menschenleben. Allen voran wurde der indigene Maya verfolgt. Auch andere Menschenrechtsverletzungen passierten während dieser Zeit, welche bis heute beispielsweise durch Selbstjustiz das Land weiter beschäftigen. Außerdem ist Guatemala übersät von Auseinandersetzungen mit den Jugendbanden (Maras), weiterhin ist der Einfluss der organisierten Kriminalität sehr hoch und auch die Hemmschwelle, selbst kleinere Konflikte mit der Schusswaffe auszutragen, ist sehr niedrig in Guatemala. 296 Haiti Wirtschaftliche Faktoren Haiti war während seiner Kolonialzeit ein sehr reiches Land, hat aber nach der selbst erklärten Unabhängigkeit von Frankreich seinen Reichtum schnell verloren. Heute gehört das Land neben Somalia und Ruanda zu den ökologisch und politisch instabilsten Ländern. Aufgrund der katastrophalen wirtschaftlichen Lage und das Leben in extremer Armut flüchten massenweise Haitianer in die USA oder die Dominikanische Republik. Politische Faktoren Das Land gilt als instabil und erlebte in den vergangenen Jahren zahlreiche Krisen, wie zum Beispiel Staatsstreiche, Interventionen ausländischer Staaten oder gewalttätiger Konflikte. Rechtsstaatliche Ordnung fehlt fast gänzlich. Das Land ist korrupt und wird von Gewalt, Drogenhandel und Jugendbanden heimgesucht. Um diesen Treiben Einhalt zu gebieten, sind mehrere tausend Blauhelme der UNO im Land stationiert. Die eigene Versorgung durch die Landwirtschaft kann nicht gewährleistet werden, was eine chronische Unterversorgung hervorruft und eine Lebensdauer von unter 50 Jahren für die Menschen bedeutet. Honduras Handelsbeziehungen Honduras unterhält starke Handelsbeziehungen zu den USA, der EU, den CAFTAStaaten, zur Republik China (Taiwan), Japan und Kuba. 297 Wirtschaftliche Faktoren Wie die meisten Entwicklungsländer Mittelamerikas hat auch Honduras seit Jahren eine negative Handelsbilanz. Die Importe sind allen voran Maschinen und mineralische Brennstoffe. Als Exporte ausgeführt werden vor allem Kaffee, Bananen und Schalentiere. Durch die starke Armut und die mangelnden Perspektiven sind viele Honduraner ins Ausland (vornehmlich die USA) geflohen und unterstützen ihre Familien mit Transferzahlungen, die eine immense Bedeutung für die Wirtschaft darstellen. Aufgrund seiner hohen Verschuldung kam es im Jahre 2007 durch die Interamerikanische Entwicklungsbank zu einem Schuldenerlass. Honduras ist Mitglied im Freihandelsabkommen CAFTA. Politische Faktoren Honduras ist ein demokratischer Rechtsstaat, in dem der Staatspräsident eine vorherrschende Rolle spielt. In den letzten 20 Jahren ist der Staatspräsident durch freie und demokratische Wahlen hervorgegangen. Bedingt durch das starke Bevölkerungswachstum verstärkt sich die Landflucht und lässt die Elendsviertel ausufern. Mehr als die Hälfte der Menschen in Honduras lebt unterhalb der Armutsgrenze. Da die meisten Kinder ohne Grundschulabschluss abgehen und das Schulsystem ziemlich marode ist, sind mehr als ein Fünftel der Einwohner Analphabeten. Bedingt durch diesen schlechten Ausbildungsstand ist eine Entwicklung in allen Bereichen behindert. Als ein weiteres Problem können die organisierten Jugendbanden (Maras) und die allgemein hohe Kriminalitätsrate genannt werden, welche im Land täglich für Aufruhr sorgt. Nicaragua Die sandinistische Politik und der Bürgerkrieg stürzten Nicaragua in eine Krise, von der sich das Land langsam erholt. Ein von der neuen Regierung durchgeführtes Programm, welches das Land insbesondere die kriselnde Wirtschaft retten sollte, änderte nichts an der schlechten Lage. 298 Handelsbeziehungen Die USA und Nicaragua arbeiten zusammen, um der illegalen Einwanderung aus Nicaragua in die USA entgegenzuwirken. Dazu verpasste die US-Regierung im Jahr 2005 Nicaragua eine Finanzspritze in Höhe von circa 175 Mio.US-$. Dieses Geld fließt im Rahmen eines Programms, mit dem Schwellenländer gefördert werden sollen. Wirtschaftliche Faktoren Der führende Wirtschaftszweig ist die Landwirtschaft mit Zuckerrohr und Bananenanbau. Diese landwirtschaftliche Lebensgrundlage der meisten Menschen hat zu einer unermesslichen Abwanderung vom Land in die Stadt oder ins Ausland geführt. Folglich fehlen dem Land zunehmend Arbeitskräfte, die Kapital oder Reichtum schaffen. Finanzkräftige und technologisch orientierte Unternehmen bilden da eher eine Ausnahme. Inwiefern ein paar Konzerne eine Besserung der landwirtschaftlichen Wirtschaft schaffen, ist nicht ohne weiteres zu beantworten, während die Regierung stetig auf Erfolge in dem führenden Wirtschaftszweig verweist. Dabei handelt es sich im Bereich der Zuckerproduktion lediglich um zwei Konzerne, einen nationalen und einen Konzern aus Guatemala. Bei der Bananenproduktion sieht es nicht anders aus; hier wird der Markt von zwei/drei größeren Unternehmen beherrscht. Welche Folgen sich daraus ergeben, sind abzusehen, denn durch die billigeren Produkte, welche vor allem die Importe einschließt, bricht der interne Markt nach und nach zusammen. So kann man zusammenfassend sagen, dass sich Nicaraguas Wirtschaft im freien Fall befindet. Mit rund 19 000 km Straßen und einer seit 1994 stillgelegten Eisenbahn ist das Land nicht gerade ein Utopia.409Was das für die Wirtschaft bedeutet ist wohl selbstredend. Der 286 km lange Nicaragua-Kanal, auch Interozeanische Kanal von Nicaragua genannt, mit einer Bauzeit von 12 Jahren und einem Investitionsvolumen von rund 18 Mrd. US-$, soll nicht nur die gesamte Isthmus-Region wirtschaftlich beleben, sondern auch in der Schifffahrt weltweit neue Maßstäbe setzen. Als der Präsident Nicaraguas das Projekt am 17.10.06 Vertretern der mexikanischen Regierung und Funktionären der 409 http://wwwlexikon.meyers.de/meyers/Nicaragua 299 Interamerikanischen Entwicklungsbank (IDB) vorstellte, stieß er auch dort auf Zuspruch. So verwies Mirna Liévano, die Repräsentantin der IDB in Managua, auf die Möglichkeit, dass sich ihre Organisation an der Finanzierung des Projektes beteiligen könne. Panamas Vizepräsident Samuel Lewis Navarro respektiert die nicaraguanischen Pläne. Lokalen Presseangaben zufolge bestätigt Panama das stark ansteigende Transportaufkommen und zeigt sich sogar bereit, das nicaraguanische Projekt zu unterstützen. So erklärten behördliche Repräsentanten des Panama-Kanals ihre Bereitschaft, wichtige Informationen und Erkenntnisse über den Bau von Wasserwegen mit Nicaragua zu teilen.410 Tabelle 15 Schifffahrtskanäle im Vergleich Schifffahrtskanäle im Vergleich Indikator Panama-Kanal *) Suez-Kanal Nicaragua-Kanal Kanaltiefe in m 13,8 21,0 22,0 Kanallänge in km 80 195 286 Schiffsgröße in metrischen Tonnen 130.000 200.000 250.000 19,0 20,0 Maximaler Tiefgang der Schiffe in m 12,3 Schleusenlänge in m 427 keine Schleusen 466 Schleusenbreite in m 55 - 64 *) Maße nach Erweiterung Quelle: Comisión del Gran Canal Interoceánico Politische Faktoren Nicaragua ist das zweitärmste Land in Lateinamerika, was auf eine extrem hohe Arbeitslosenquote sowie einer immensen Pro-Kopf-Verschuldung zurückzuführen ist. Hier lebt rund 70% der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze; Die Weltbank bezeichnet Menschen, die mit weniger als 1 US-$ pro Tag um ihr Überleben kämpfen, als arm. Das Ungleichgewicht zwischen Import und Export trägt ebenfalls nicht zur Stärkung des Landes bei. So ist auch der Schuldenerlass der Interamerikanischen Entwicklungsbank (IDB) in Höhe von knapp 1 Mrd. US-$ für Nicaragua ein kleiner Wehmutstropfen.411 410 411 http://www.bfai.de/fdb-SE,MKT20061023114342,Google.html 22.11.2007 Quelle: (6) Vgl. Fischer Weltalmanach 2008, Software 300 Tabelle 16 Kennzahlen Import & Export 2005 Güter in Mio. US-$ Import 2 865 Export 1552 Quelle: aus Fischer Weltalmanach 2008 Seit einiger Zeit ist Nicaragua in das HIPC - Programm (HIPC: heavily indebted poor countries) aufgenommen. Wodurch die Schulden des Landes von der Weltbank und IWF auf „akzeptables Niveau“ gesenkt wurden. Mexiko Handelsbeziehungen Mexikos Außenwirtschaftspolitik ist eine der liberalsten weltweit. Neben dem Nordamerikanischen Freihandelsabkommen (NAFTA) mit den USA und Kanada hat Mexiko Freihandelsabkommen mit zahlreichen anderen Ländern, unter anderem der EU und Japan, unterzeichnet. Wirtschaftliche Faktoren Nach der Tequila-Krise hat sich Mexiko angesichts der starken Veränderungen im Bereich Wirtschaft und Politik positiv entwickelt, denn die Wirtschaft ist widerstandsfähiger geworden. Der mexikanische Mineralölkonzern Pemex ist der weltweit drittgrößte Rohölproduzent und der zehntgrößte Erdölproduzent in der Welt. Des Weiteren ist Pemex das größte mexikanische Unternehmen, welches bisher durch die Verfassung geschützt war und einziger Vertreiber von Raffinerieprodukten. Mexikos Wirtschaft steht aufgrund der immer mehr am Handel teilnehmenden asiatischen Länder unter starkem Konkurrenzdruck. Das macht sich besonders im Exportmarkt zu den USA, dem Haupthandelspartner, bemerkbar. Aber Mexikos Vorteile der widerstandsfähigen Wirtschaft und die Nähe zu den USA wahren die Wachstumsaussichten vorläufig. 301 Politische Faktoren In Lateinamerika gehört Mexiko zu den industriell fortgeschrittensten Ländern und verfügt über Rohstoffvorkommen insbesondere Erdöl. Wichtigster Wirtschaftszweig ist demnach auch die Petrochemie und Chemieindustrie sowie die Automobil- und Automobilzuliefererindustrie. Darüber hinaus verfügt Mexiko über den einzigartigen strukturellen Vorteil, ein Nachbarland der größten Volkswirtschaft der Welt – der USA – zu sein. Dorthin gehen 85% der mexikanischen Exporte.412 Kulturelle Faktoren Abbildung 67 Auswanderung aus Mittelamerika in die USA Quelle Fischer Weltalmanach 2008 Das extreme Wohlstandsgefälle zwischen den Staaten Mexiko und USA führt zu einer riesigen Abwanderungsquote Mexikos, diese illegal in den USA lebenden Mexikaner stören die Beziehung der beiden Staaten. Ein anderer Störfaktor der Beziehung ist die Auslieferung von Gefangenen, die der mexikanische Staat untersagt, wenn z.B. in dem Land die Todesstrafe droht. Andererseits fliehen so Verbrecher aus den USA nach Mexiko. Ein weiteres Problem war die organisierte Kriminalität, besonders die Drogenkriminalität. Denn Mexiko ist der umkämpfte Durchgangsmarkt für Rauschgift 412 Vgl. http://www.dbresearch.com/PROD/DBR_INTERNET_EN-PROD/PROD0000000000196497.pdf 23.11.07 302 aus Südamerika. So wird von der US-Drogenbekämpfungsbehörde geschätzt, dass 90% des in den USA konsumierten Kokains über Mexiko ins Land gelangen. Der Drogenschmuggel ist so immens, dass die USA und Mexiko ein Abkommen zur Bekämpfung der Drogen planen. Hierzu wollen die USA ca. 1,4 Milliarden US-$ in den nächsten drei Jahren in Mexiko investieren, um dem Schmuggel entgegen zuwirken. Dazu kommen weitere 7 Milliarden von Mexiko. Das geplante Antidrogenabkommen erfährt aber Kritik, da Mexiko sehr anfällig für Korruptionen ist, diese Bestechlichkeit finden auch im Militär- und Polizeibereich statt.413 Panama Panama ist eine gebirgige mit tropischen Wäldern durchzogene Landbrücke zwischen Kolumbien und Costa Rica. Handelsbeziehungen Durch ein Freihandelsabkommen zwischen Haupthandelspartner USA und Panama, welches den US-Firmen die Möglichkeit unterbreitete, sich an der Erweiterung des Kanals zu beteiligen, stärkt die Bindung zum Handelspartner. Wirtschaftliche Faktoren Panamas führende Wirtschaftsstruktur ist der Handels- und Dienstleistungssektor. Die Dienstleistung hat im Jahr 2005 einen Anteil von 75,9% am BIP (vgl. Fischer). Der niedrige Anteil der Industrie am BIP ist darauf zurückzuführen, dass die Konsumgüter in erster Linie für den heimischen Markt produziert werden. Der Kanalverkehr ist eine der wichtigsten Devisenquellen des Landes und trägt maßgeblich am Ausgleich des Außenhandelsdefizits bei. In den bedeutendsten landwirtschaftlichen Regionen werden für den Inlandsbedarf Grundnahrungsmittel wie Reis und Mais angebaut. Bananen, Kaffee und Zuckerrohr werden hauptsächlich für den Auslandsmarkt kultiviert. 413 Vgl.Fischer Weltalmanach 2008, Software 303 Politische Faktoren Wichtigstes Handelsgebiet ist die am Panama-Kanal gelegene Feizone von Colón. Panama verfügt über ein kleines Eisenbahnnetz sowie über ein überschaubares Straßennetz. Wichtigste Verkehrsstraße ist die Strecke zwischen Colón und Panama (Stadt). Was auf die starke Konzentration der Unternehmen auf Panama (Stadt) zurückzuführen ist. Zudem besitzt der Panama-Kanal eine hohe verkehrspolitische Rolle. Abbildung 68 Panama-Kanal Quelle: Fischer Weltalmanach 2008 Probleme Dollar Der Niedergang der US-Ökonomie drückt den Kurs des Dollar anscheinend unaufhaltsam nach unten Æ mit gravierenden Folgen für die Weltwirtschaft. Der Kurs des Dollar kann Unternehmen und ganze Volkswirtschaften beflügeln oder in die Krise stürzen. Sein Kurs schwankt gegenüber dem Euro täglich und seit den letzten fünf Jahren selten nach oben. Ein tiefer Dollarkurs versetzt Menschen rund um die Erde in Aufregung. Seit Anfang dieses Jahres verlor die US-Währung schon 13 Prozent. Spiegelbildlich stieg der Kurs des Euro. Er rückte zeitweise fast an die Grenze von 1,50 Dollar heran. Bei so einem Tempo kann man keine vernünftigen Anpassungsprozesse 304 mehr erstellen. Unternehmen haben Angst, dass sie noch mehr Arbeitsplätze wegrationalisieren oder Fabriken schließen müssen; bei Airbus z. B. kostet jeder Cent „hundert Millionen Euro“.414 Gleichzeitig erreicht der Ölpreis immer neue Rekordmarken: Ein Euro-Kurs von fast 1,50 und ein Ölpreis von beinahe 100 Dollar pro Barrel. Verständlich, dass solche Werte eine Weltwirtschaft in die Knie zwingt. Trotz dessen, halten sich die Börsen auf erstaunlich hohem Kursniveau. Am Dollar hängt die Welt. Er ist das wichtigste Zahlungsmittel im weltweiten Handel. Flugzeuge, Öl, Stahl und die meisten Rohstoffe werden in der US-Währung abgerechnet. Zentralbanken legen einen großen Teil ihrer Währungsreserven in Dollar an. Von der Entwicklung der Leitwährung hängt die Wettbewerbsfähigkeit ganzer Kontinente ab. Deshalb droht die Gefahr, dass der Verfall der US-Währung die Wirtschaft weltweit in eine Krise stürzt. Aufgrund der Tatsache, dass die Amerikaner schon immer über ihre Verhältnisse lebten, sowohl die Verbraucher, die ihre Häuser, Autos und andere Konsumgegenstände oft auf Pump kaufen, als auch der Staat, der vor allem seinen Kampf gegen den Terror und seinen Krieg im Irak mit immer neuen Milliardenschulden finanziert. Abbildung 69 Verschuldung privater Haushalte USA Quelle: Vgl. Spiegel Nr.48 v.26.11.07 S.74 Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy hegt den Verdacht, dass die amerikanischen Politiker die Schwäche ihrer Währung bewusst nutzen, um die Exportchancen der 414 Vgl. Spiegel Nr.48 v. 26.11.07 S.73 305 eigenen Industrie zu erhöhen und die Wettbewerbsfähigkeit der Europäer zu schwächen. Abbildung 70 Kriegskosten der USA Quelle: Vgl. Spiegel Nr.48 v. 26.11.07 S.74 So kletterte in Bushs Amtszeit die Staatsverschuldung auf mehr als neun Billionen Dollar, der US-Präsident verwandelte den Haushaltsüberschuss von 236 Milliarden Dollar des Jahres 2000 in ein Defizit von aktuell fast 250 Milliarden Dollar. Und das Handelsbilanzdefizit beträgt mit fast 760 Milliarden Dollar mehr als 6,5 Prozent des amerikanischen Bruttoinlandsprodukts. Für viele Ökonomen symbolisiert der Absturz des Dollar auch den Fall der Wirtschaftsweltmacht Amerika. Jahrzehntelang waren die USA der globale Wachstumstreiber. Möglicherweise übernimmt künftig einmal China diese Rolle. Das Problem aber ist die Zeit des Übergangs, in der die eine Macht schwächelt und die andere deren Aufgaben noch nicht erfüllen kann. Die möglichen Gefahren sind so groß, weil es selten so viele Unsicherheiten im Weltwährungsgefüge gab. Kein Ökonom kann mit Sicherheit vorhersagen, ob nun die Herrschaft des Dollar endet, oder ob wir als neue Leitwährung den Euro nehmen sollen. Ein solcher Wechsel wäre nichts Ungewöhnliches. Jede Zeit hatte ihre Leitwährung. Terrorismus Nach den Anschlägen des 11.September 2001, bei denen viele Menschen ihr Leben lassen mussten ist die Alarmbereitschaft deutlich gestiegen. Es wurden viele Anschläge verhindert. Im Juli 2006 wurden bei Razzien in Florida sieben Personen festgenommen, die im Verdacht standen, einen Anschlag auf den Sears Tower in Chicago auszuüben. 306 Ein Geheimdienstbericht warnt jedoch vor weiteren El-Kaida-Anschlägen in den USA und wirft neue Fragen am Anti-Terror-Kurs von US-Präsident George W. Bush auf.415 Irakinvasion hat die Terrorgefahr in den USA erhöht El Kaida ist und bleibt die größte terroristische Bedrohung für das Land Amerika. Die Gruppe hat Schlüsselelemente ihrer Angriffskapazität erhalten oder wieder aufgebaut – darin eingeschlossen ein sicheres Rückzugsgebiet in den von Pakistan verwalteten Stammesgebieten. Von dort aus würden die Terroristen neue Attentate vorbereiten und auch versuchen, Terroragenten in die USA einzuschleusen. Welche Rolle Terrorchef Osama bin Laden in der aktuellen Al-Kaida-Hierarchie spielt, lässt der zur Veröffentlichung freigegebene Teil offen. Laut Gutachten hat der Irakkrieg die Gefahr von Anschlägen in den Vereinigten Staaten erhöht. Dabei hat es El Kaida nach wie vor auf Ziele mit hohem Symbolwert abgesehen, darunter politische und wirtschaftliche Institutionen sowie die Infrastruktur. Sie wollen möglichst viele Tote und eine möglichst große sichtbare Zerstörung hinterlassen, schwere wirtschaftliche Nachbeben erzeugen und die Bevölkerung in Angst versetzen warnen die US-Terrorpropheten.416 Terrororganisation sucht händeringend ABC-Waffen Aus diesem Grund seien Bin Ladens Anhänger mehr denn je bestrebt, noch tödlichere Waffen in ihre Hände zu bekommen. El Kaida wird weiter versuchen chemische, biologische, atomare Materialien zu erwerben und nicht zögern, diese auch einzusetzen, sobald sie die dafür erforderlichen Kapazitäten besitzt, sind die US-Geheimdienste überzeugt. Neben El Kaida würden aber auch noch andere Terrorgruppen Amerika bedrohen, sind die Spionagebehörden überzeugt. Die libanesische Hisbollah könnte in den nächsten drei 415 416 Vgl. http://www.bpb.de/publikationen/7N2DFT,0,Globaler_Terrorismus.html Vgl. http://www.dw-world.de/dw/article/0,2144,1681718,00.html 307 Jahren einen Angriff auf das Heimatland erwägen, falls sie die USA als unmittelbare Bedrohung für sich selbst oder für den Iran einschätzen. In einem Report wird erklärt, dass Al Kaida überall herausgefordert wird, wo immer sie auch glauben, dass sie ein sicheres Rückzugsgebiet gefunden haben.417 Nationale Kriege Gegenwärtig gibt es keine Bürgerkriege in Nord- und Mittelamerika. Allerdings gibt es zu beobachten, dass wachsende Ausschreitungen in der Dominikanischen Republik zu verzeichnen sind. Die hohe Anzahl von haitianischen Flüchtlingen im Land, die massive Arbeitslosigkeit der Dominikaner und die angespannte Lage der beiden Länder gibt Anlass zu Sorge. Gleiches gilt für den ausstehenden Territorialkonflikt von Guatemala und Belize und den überall in Mittelamerika tätigen Jugendbanden. Unter den Mara Salvatrucha versteht man eine kriminelle Vereinigung von Jugendbanden zwischen Nord- und Mittelamerika. Diese Jugendbanden sind der Mafia ähnlich und kontrollieren weite Bereiche der jeweiligen Länder. Ihre Einnahmequellen sind neben der Erhebung von ‚Zöllen‘, Waffen- und Menschenhandel, Diebstählen, Prostitution, Autoschieberei und Drogenhandel. Ihr kompromissloses Handeln versetzt die Länder in Angst und Schrecken. Illegaler Handel Insgesamt stellt der nordamerikanische Kontinent den weltweiten größten Markt für illegale Drogen dar. Der Drogenhandel in großem Stil und die illegale Herstellung von Drogen sind ein schwerwiegendes Problem, und auch der Missbrauch von rezeptpflichtigen Medikamenten scheint im Steigen begriffen zu sein. Gleichzeitig investieren die Länder der Region sowohl auf nationaler als auch zwischenstaatlicher Ebene umfangreiche Geldmittel in die Bekämpfung des Drogenproblems. Die erste seit 1994 auf nationaler Ebene durchgeführte Untersuchung über Drogenmissbrauch wurde im Dezember 2003 in Kanada in die Wege geleitet. Diese Untersuchung stellt einen ersten Schritt in Richtung der vom INCB empfohlenen umfassende Erhebung von Daten über gegenwärtige Trends im Bereich der Suchtstoffe dar. 417 Vgl. http://www.kerkuk.net/haberler/haber.aspx?dil=1031&metin=200609305 308 Der INCB äußert sich besorgt über Hinweise, wonach Drogenringe im Begriff sind, ihre Aktivitäten in Mexiko zu verändern und das Land unter Umständen zu einem ausbaufähigen Markt machen könnten. In den Ländern Mittelamerikas und der Karibik ist der groß angelegte Kokainhandel und -missbrauch nach wie vor von Bedeutung; in einigen Ländern der Region ist der Drogenmissbrauch zu einem schwerwiegenden Problem geworden. In Mittelamerika sind viele Jugendbanden in Gewaltverbrechen und Drogenhandel verwickelt. Neunzig Prozent des in Südamerika produzierten Kokains – 590 Tonnen von insgesamt schätzungsweise 655 Tonnen im Jahr 2003 – werden auf dem Seeweg, vor allem über die Karibik, transportiert. Der Kokainmissbrauch in den Ländern Mittelamerikas und der Karibik scheint im Steigen begriffen zu sein. Heroinmissbrauch ist in Mittelamerika und im karibischen Raum bisher noch relativ gering, die Situation dürfte sich aber aufgrund der Zunahme des Drogenhandels in der gesamten Region zusehends verschlechtern. In Mittelamerika und in den Ländern der Karibik nimmt der Anteil der weiblichen Drogenkonsumenten zu. Die Regierungen einiger Länder der Region haben bei der Bekämpfung von Drogenhändlernetzen beachtliche Durchbrüche erzielt, was sich unter anderem an der erhöhten Menge von beschlagnahmten Suchtstoffen ablesen lässt. Drogenhandel und die damit verbundene Geldwäsche und Korruption gefährden nach wie vor die Stabilität in den Ländern. Wie auch schon in der jüngsten Vergangenheit versuchen Dogenhändler die Staatsanwaltschaft einzuschüchtern, was erneut auf die engen Verbindungen zwischen Drogenhandel und organisiertem Verbrechen hinweist. Gleiche Probleme sind in der Verletzung der Menschenrechte zu beobachten (Entführungen und Zwangsprostitution) Naturkatastrophen Nord- und Mittelamerika sind immer wieder Opfer von Naturkatastrophen. (Katrina, Stan, Iris, Mitch usw.) Die Opfer und der volkswirtschaftliche Schaden für die jeweiligen Länder nehmen stetig zu. Gerade für die Entwicklungsländer in Mittelamerika stellen dies massive Infrastrukturschäden dar. Da diese Länder hauptsächlich von ihren landwirtschaftlichen Exporten und dem Tourismus leben werfen derartige Schäden das Land weit zurück und es bedarf wiederum Jahre, um den alten Standard wieder herzustellen. Eine Besserung der Zustände ist nicht abzusehen. 309 Fazit Auswirkungen auf die Regionen Sehr viele Menschen sind gegen die Globalisierung, da sie denken, dass sie nur die Reichen noch reicher machen und die Armen noch ärmer. Dem ist aber nicht so. Viele Unternehmen verhalten sich protektionistisch. Sie bilden Netzwerke, um sich in ihrer Region zu vernetzen, um dann gemeinsam zu wirtschaften, ohne dass sie länderübergreifend agieren. Sie boykottieren ausländische Produkte oder belegen diese Güter mit hohen Zöllen, Einfuhrquoten oder Regulierungen, die die heimische Wirtschaft vor der Konkurrenz durch ausländische Unternehmen schützen. In Industrieländern geht es häufig darum, traditionelle Branchen, wie Landwirtschaft oder Textilindustrie, zu schützen, die teilweise international nicht mehr konkurrenzfähig sind. Protektionistische Maßnahmen können unter bestimmten Bedingungen auch dazu beitragen Zukunftsbranchen zu fördern und dabei für die eigene Wirtschaft Vorteile zu sichern. So verhindern die großen Industrienationen, wie die USA und die EU, durch einseitige Protektionistische Maßnahmen, dass sich die globale Arbeitsteilung voll entfalten kann. Damit wird die Spezialisierung der Entwicklungsländer auf arbeitsintensive Waren und deren Export erschwert. Als maßgebliche Faktoren, welche die globale Entwicklung wohl beeinflussen werden, gelten Bevölkerungsentwicklung, Rohstoffversorgung, Wissenschaften und Technologie, Weltwirtschaft und Globalisierung, nationale und internationale Regierungspolitik, zukünftige Konflikte und nicht zuletzt die Rolle der USA. Zu berücksichtigen ist, dass kein einziger dieser Faktoren die Entwicklung unabhängig von den anderen beeinflussen wird. Jeder dieser Faktoren wird andere Auswirkungen in den verschiedenen Regionen und Ländern haben. Ferner werden diese Faktoren einander nicht zwingend verstärken, oftmals wirken sie gegeneinander. Die zur Zeit aufgestellten Prognosen sind nicht kurzfristig-taktischer, sondern langfristig-strategischer Natur. Bedingt durch ein großes Handelsbilanzdefizit und die niedrige Sparquote, ist die global führende Wirtschaft der USA anfällig für Krisen. Ein Verlust des internationalen Vertrauens in die Wachstumsaussichten, im Klartext ein Kapitalabzug der 310 ausländischen Anleger, kann zu einem scharfen Einbruch führen. Hält dieser Einbruch an, wird er zerstörerische, wirtschaftliche und politische Konsequenzen für den Rest der Welt haben. Die EU und Japan werden neue Arbeitskräfte benötigen, um ihre Rentensysteme aufrechtzuerhalten. Konflikte über soziale Fragen und die massenhafte Einwanderung können das Wirtschaftswachstum hemmen. Eine weitere Gefahr liegt im Scheitern der wirtschaftlichen Reformen in den erwachenden Großmächten China und Indien. Das Ausbleiben tief greifender Finanzreformen in den labilen Schwellenländern kann eine Serie von regionalen Wirtschaftskrisen auslösen. Grafik: Interozeanischer Kanal von Nicaragua aus Fischer Weltalmanach 2008 Abbildung 71 Interozeanischer Kanal von Nicaragua Quelle: Fischer Weltalmanach 2008 Die stetige Überschuldung Nicaraguas aufgrund des wesentlich höheren Imports im Vergleich zum Export spricht keinesfalls für eine baldige Verbesserung des Landes. Die schlechte wirtschaftliche Lage des Landes wird sich noch weiter verschlechtern, wenn es verstärkt zu bezuschussten Agrarexporte aus den USA kommt. Dann ist der Verlust von weiteren Arbeitsplätzen und Existenzen nicht mehr abzuwenden. Des Weiteren wird der Welthandel sich weiter intensivieren, was bedeutet, dass der Außenhandel eine immer größere Bedeutung Einkommensaustauschverhältnis nicht erlangt. verbessert, Wenn Nicaragua beispielsweise durch sein mehr Dienstleistungen, ist das Land zwangsläufig dazu gezwungen, sich durch eine Regionalisierung abzusichern. Durch den Bau des Nicaragua-Kanals wird Nicaragua an der Globalisierung teilnehmen, da sich zunehmend asiatische Länder am Markt 311 platzieren. Trotz des Ausbaus des Panama-Kanals besteht der Bedarf nach einem weiteren Schifffahrtsweg. Die „zentrale Lage“ des Nicaragua-Kanals sowie seine Durchfahrtskapazität sprechen für einen Bau und für eine Besserung der wirtschaftlichen Lage, denn eine Steigerung des Warenstromvolumens auf der Handelsroute zwischen Nordamerika und Asien sowie Europa ist bei einer Verdopplung des Welthandels in 10 Jahren nur logisch. So ist es Für Nicaragua möglich, die Chancen und Risiken, die die Herausforderungen der Globalisierung mit sich bringen, zu bestehen. Obwohl Mexiko Einbußen auf dem US-Markt durch asiatische Länder hat, kann Mexiko seinen Wohlstand beibehalten und sogar steigern. Vorausgesetzt Mexiko ruht sich jetzt nicht auf seinen Erfolg aus und investiert in Ausbildung und befreit sich von Einschränkungen in den Infrastruktursektoren, wie Strom und Raffinerieprodukte. Das beinhaltet aber auch die Zuwendung zu Produkten mit einem zunehmend höheren Technologiegehalt, das ist u.a. für die Automobilindustrie wichtig. Diese Spezialisierung ist unbedingt erforderlich, um den multinationalen sowie den asiatischen Firmen die Stirn bieten zu können. Wirkt Mexiko der Verlagerung bzw. Schließung von Unternehmen nach Asien nicht entgegen, so können die asiatischen Länder ihren Wettbewerbsvorteil, beispielsweise die im Vergleich niedrigeren Produktionskosten und den größeren Binnenmarkt, gegen die anderen Länder ausspielen. Die geringeren Transportkosten in Verbindung mit dem US-Markt, als auch die gut ausgebildeten Netzwerke an Zulieferer, hier sei auch wieder die Automobilindustrie zu erwähnen, zeigen einen Vorteil Mexikos gegenüber den weltweiten Konkurrenten auf. Auch durch den Aufbau von Gewerbeparks tritt Mexiko der Herausforderung der Globalisierung entgegen. Auswirkungen auf Europa Beziehungen zwischen den USA und der Europäischen Union Das transatlantische Verhältnis und die Beziehungen zur EU bleiben für die USA von herausragender Bedeutung. Die USA sind der wichtigste Handelspartner der Europäischen Union. 2006 hat die Europäische Union das Nachbarland und den NAFTA-Partner Kanada als wichtigsten 312 Handelspartner der USA abgelöst. 2006 importierten die USA aus der EU (27) Waren im Wert von 268,9 Mrd. € (+6,3%)., die EU (27) bezog US-Waren im Wert von 177,7 Mrd. € (+8,5%) Die Erhöhung des Handelsbilanzdefizits der USA mit der EU in 2006 um rd. 2,4% (2006 rd.91,2 Mrd. €, USD; 1998 noch rund 27 Mrd. USD) illustriert den durch die weiterhin starke Inlandsnachfrage genährten Importsog des US-Markts. Beide Seiten wickeln annähernd 20% ihres jeweiligen Warenhandels miteinander ab. Dies entspricht einem Volumen von mehr als 1 Mrd. EUR pro Tag. Noch größer ist der Anteil am jeweiligen Dienstleistungsverkehr. Der transatlantische Handel entspricht dabei einem Drittel des Welthandelsvolumens und fast der Hälfte des weltweiten Handels an Dienstleistungen. Rund 60% des Weltbruttosozialprodukts wird von den transatlantischen Partnerländern erwirtschaftet. Das Gesamtvolumen an Investitionen beträgt rd. 1,5 Mrd. EUR; es wurden jeweils rd. 6 Mio. Arbeitsplätze geschaffen. Dem 1995 gegründeten Transatlantic Business Dialogue (TABD) kommt in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit eine Sonderrolle zu. Im TABD erarbeiten europäische und amerikanische Unternehmen auf Konsensbasis; Empfehlungen zur Verbesserung der Handels- und Investitionsbedingungen in der EU und in den USA, die dann der EUKommission und der US-Administration vorgelegt werden. Am 26.06.2004 wurde beim EU-US-Gipfel die "EU-US-Declaration on Strengthening our Economic Partnership" verabschiedet. Damit wurde ein Prozess angestoßen, in dem in Konsultationen mit den betroffenen Wirtschaftskreisen Hindernisse im transatlantischen Handel identifiziert und Vorschläge zur Verstärkung der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen entwickelt wurden. Die Ergebnisse dieser Konsultationen bilden die Grundlage für die von beiden letzten EU/US-Gipfeln im Juni 2005 und Juni 2006 verabschiedeten Erklärungen, mit denen eine verstärkte Kooperation insbesondere im Bereich von Regulierungsfragen und beim Schutz geistiger Eigentumsrechte vereinbart wurde („EU/U.S. Economic Initiative“).Auf dem EU/US-Gipfel am 30.04.2007 in Washington wurde auf Initiative der deutschen EU-Ratspräsidentschaft eine wirtschaftliche Rahmenvereinbarung unterzeichnet, die auf die Stärkung der transatlantischen Wirtschaft durch mittel- und langfristig angelegte Regulierungskooperation in verschiedenen Wirtschaftssektoren abzielt. Wichtigstes Instrument ist die Gründung eines hochrangig besetzten 313 „Transatlantischen Wirtschaftsrats“, der die gesamte Regulierungskooperation steuern und jährlich den Regierungschefs berichten wird.418 Abbildung 72 Entwicklung der Rohstoffpreise an den Internationalen Warenbörsen 2003-2007 Quelle HWWA Aufgrund des wachsenden Anteils der regionalen Märkte am Welthandel erhöhen sich zwangsläufig die Preise für Rohstoffe am internationalen Markt. Der Welthandel entwickelt sich keinesfalls gleichmäßig, sondern ist abhängig von der Wirtschaftsentwicklung. Dieses spiegelt sich in der obigen Abbildung wieder. Hier ist klar zu erkennen, dass der Gesamtindex der Rohstoffpreise gestiegen ist; und auch weiter steigen wird, da hierunter vor allem Petrochemie bzw. Raffinerieprodukte fallen. Wie jeder weiß, verfügen wir nicht über unendliche Reserven an Rohstoffen wie beispielsweise Erdöl. Also ist heute schon zu überlegen, was für die Zukunft zu tun ist, wenn fossile Brennstoffe am Weltmarkt zu bekommen sind. Genau diese Angst ist es, die die Preise am Weltmarkt in die Höhe treibt, besonders deutlich ist das am Beispiel des Otto- bzw. Dieselkraftstoffes zu beobachten. Trotz eines Anstiegs des globalen Energiebedarfes um 50 % wird die Energieversorgung ausreichen, sofern es gelingt, den unentdeckten verfügbaren Anteil von 80 % der Erdöl- und 95 % der Erdgasressourcen aufzuspüren und zu fördern. Der Welterdölmarkt wird wahrscheinlich in zwei Regionen zerfallen: Die Anrainer des Atlantik mit den vermuteten Tiefseevorkommen und Asien (hier vor allem China und 418 Vgl. Æ http://www.auswaertiges- amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/UsaVereinigteStaaten/BeziehungenZurEU.html 314 Indien), das weiterhin auf die Vorkommen am Persischen Golf, am Kaspischen Meer und in Zentralasien angewiesen sein wird. Ein militärischer Konflikt zwischen Schlüsselstaaten der Energieproduktion, andauernde innenpolitische Instabilität in zwei oder mehr derartigen Staaten oder terroristische Großoperationen können verheerende Auswirkungen auf die globale Energieversorgung und damit auf die wirtschaftliche Entwicklung haben. Durch interne Instabilitäten sind vor allem die reaktionären Ölförderstaaten im Nahen Osten bedroht. Die Nahrungs- und Genussmittelproduktion wird ausreichen, um die Menschheit zu ernähren. Die USA bleiben eine weltwirtschaftliche Großmacht mit einzigartigen technologischen, militärischen und diplomatischen Einflussmöglichkeiten. Diese Machtstellung sichert die Bedeutung der USA, macht sie aber auch zu einer Haupttriebkraft des internationalen Systems. Sie werden weiterhin in aller Welt als Hauptwortführer und Hauptprofiteur der Globalisierung wahrgenommen. Infolge der fortschreitenden weltwirtschaftlichen Integration nimmt die weltweite Auswirkung amerikanischer Wirtschaftsaktionen zu. Gegner wie Verbündete beziehen die Überlegenheit des amerikanischen Militärpotentials in ihre Sicherheits- und Interessenpolitik ein. Der Ausbau eigener EU-Militärstrukturen wird die Zusammenarbeit mit der NATO, die bis 2015 den Großteil des europäischen Raumes vereinnahmt haben wird, nicht langfristig behindern. Gelegentlich werden Gegner wie Verbündete versuchen, die Hegemonie der USA auf die Probe zu stellen. Diese Versuche werden nicht zu strategischen, breiten und dauerhaften antiamerikanischen Koalitionen führen, aber immerhin zu taktischen Bündnissen über spezifische Fragen. Washington wird es daher schwieriger haben, seine Macht zur Erreichung bestimmter außenpolitischer Ziele umzusetzen. Der weltwirtschaftliche und kulturelle Einfluss der Vereinigten Staaten nimmt allgemein ab. Als neue Verbündete oder Herausforderer der USA werden China, Rußland, Indien, Mexiko, Brasilien, die EU und transnationale Konzerne die Bühne betreten. Auswirkungen auf die Unternehmen Die Staaten sind weiterhin die vorherrschenden internationalen Akteure, aber die Regierungen werden weniger Kontrolle über den Verkehr an Informationen, 315 Technologien, Krankheiten, Migranten, Waffen und Finanzen besitzen. Nichtstaatliche Akteure von Konzernen bis hin zu gemeinnützigen Organisationen bauen ihre Rolle in nationalen und internationalen Belangen aus. Die Qualität der Regierungspolitik wird davon abhängen, wie gut Staaten und Gesellschaften mit den globalen Kräften der Konzerne und Organisationen zurechtkommen. Aufgrund der Tatsache, dass der Dollarkurs ständig am schwanken ist, befürchten viele, nun würden die Staaten ihre eigene Währung immer weiter abwerten, um die Exportchancen ihrer Unternehmen zu erhöhen. Abbildung 73 Der Wechselkurs des € gegenüber US $,£ und Yen 1999 – 2007 Die vorstehende Abbildung zeigt den Wechselkurs des Euros gegenüber des USDollars, dem englischen Pfund und dem chinesischen Yen. Wie eindeutig zu erkennen ist, steigen die Kurse monoton beim US-Dollar und beim Yen an. Das englische Pfund ist und bleibt beinahe konstant. Die Änderungen des Wechselkurses (besonders gegenüber wichtigen Handelspartnern) sind bedeutsame Einflussgrößen für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung eines Landes und oftmals auch die seiner Handelspartner. Die Auswirkungen sind sehr vielfältig, ihre volle Entwicklung erreichen sie erst über einen längeren Zeitraum. 316 Auf diese Weise war die Weltwirtschaft schon einmal in der Zwischenkriegszeit in eine verhängnisvolle Krise geschlittert. Eine Möglichkeit, Mittelamerika in Ausbildung zu fördern, liegt darin, vermehrt ausländische Unternehmen in seinem Land anzusiedeln. Da durch schlechte Ausbildungen kaum Fachkräfte bereitgestellt bzw. ausgebildet werden können, muss dort stärker eingriffen werden. Mit einer fachorientierten oder qualifizierten Ausbildung sind die Chancen auf ausländische Direktinvestitionen höher. Den Ländern kann somit zum Wohlstand verholfen werden. Mehr Engagement und Liberalisierung führt zu einem höheren Bildungssystem und die Fachkräfte sind dementsprechend fähiger. Costa Rica zum Beispiel hat diesen Schritt geschafft. Nur eine gute Bildung kann zum Erfolg führen, um die Schwellen- und Entwicklungsländer, die eher schlecht gestellt sind, zu stabilisieren. Fünf grundlegende Ursachen können für die transatlantischen Handelskonflikte identifiziert werden. An erster Stelle ist der hohe Grad der wirtschaftlichen Verflechtung zu nennen. Die USA und die EU haben die weltweit größten bilateralen Handels- und Investitionsbeziehungen: Die USA sind der größte Handelspartner der EU; für die USA ist die EU der zweitgrößte Handelspartner nach Kanada und vor Mexiko. Im Jahr 2003 gingen rund 26% der Gesamtexporte der EU in die USA, 17% der Gesamtimporte der EU kamen aus den USA. Noch enger sind die Verflechtungen bei den ausländischen Direktinvestitionen (Foreign Direct Investment, FDI): Zwischen 1998 und 2001 waren ca. 61% der gesamten FDI-Zuflüsse in die EU US-amerikanischer Herkunft. Im gleichen Zeitraum flossen 52% der gesamten FDI-Exporte der EU in die USA. 2003 flossen annähernd 65% der gesamten ausländischen Direktinvestitionen der USA in die EU. Auch die Verflechtung der Arbeitsmärkte ist hoch: Beide Seiten beschäftigen gegenseitig etwa 3 Mio. Menschen.419 Die Deutsche Post AG hat im Jahre 2003 den Spediteur CORMAR übernommen und auch der Chipfabrikant Intel hat seit 1996 ein Werk in dem Land, ebenso ist die Ristic AG sehr engagiert in dem Land. (Garnelenzucht) 419 Vgl. Europäische Kommission, Bilateral Trade Relations USA, in: http://europa.eu.int/comm/trade/issues/bilateral/countries/usa/index_en.htm. 317 Eine hohe Anzahl deutscher Mittelständler ist in der Dominikanischen Republik tätig. Ferner die brasilianische Bierbrauerei AnBev und die Dubai Ports International, welche den Containerhafen Multimodal Caucedo unterhält. Die wissenschaftliche und technologische Revolution wird sich weiter beschleunigen, vorangetrieben durch immer neue Entwicklungen, den IT-Sektor und die Biotechnik. Informationstechnologie wird sich zum Hauptfaktor für den internationalen Handel und für die Erstarkung transnationaler Konzerne entwickeln. Die Erde erlebt mit der ITRevolution die bedeutendste wirtschaftliche Veränderung seit der Industriellen Revolution Mitte des 18. Jahrhunderts. Die Biotechnologie wird Gesundheit und Lebenserwartung der ohnehin schon gesunden Bevölkerung in den Industriestaaten weiter verbessern. Mit genmanipulierten Nahrungsmitteln kann die Versorgung der 1 Milliarde zählenden Hungernden verbessert werden. Durchbrüche in der Materialtechnologie machen multifunktionale, sichere, langlebige und einfache Produkte verfügbar. Wobei es zu überlegen gilt, ob man auch wirklich genmanipulierte Nahrungsmittel speisen möchte. Die vermehrten Technologieinvestitionen werden die Entwicklung der Industriestaaten weiter vorantreiben. Ältere Industrien und Technologien werden sich in neue Märkte verlagern. Diese Verlagerung kommt Schwellenländern zugute, die an der Entwicklung von ballistischen Raketen und Massenvernichtungswaffen interessiert sind. Aggressive Staaten, Terroristen, Drogenhändler und Organisiertes Verbrechen profitieren von der verbesserten Technologie und bilden gemeinsam eine Bedrohung für Stabilität und Sicherheit in aller Welt. Die zunehmende Abhängigkeit von Computernetzwerken macht die Infrastruktur als Ziel für militärische oder technologische Angriffe attraktiver. 318 Abbildung 74 Die Entwicklung der ausländischen Direktinvestionen ( Empfänger) 1980-2005 Als (Auslands-) Direktinvestition bezeichnet man die finanzielle Beteiligung eines Investors an einem Unternehmen in einem anderen Land, die meist dazu bestimmt ist, mögliche Markteintrittsbarrieren (bspw. Handelshemmnisse) zu umgehen und die nach Art und Umfang dazu bestimmt ist, einen dauerhaften Einfluss auf die Geschäftspolitik dieses Unternehmens auszuüben. Gemäß internationalen Standards ist von dem geforderten "dauerhaften Einfluss" auszugehen, wenn die Beteiligung mindestens 10 % des Kapitals des Direktinvestitionsunternehmens ausmacht. Aus der obigen Abbildung ist zu entnehmen, dass die Direktinvestitionen im Laufe der Jahre der Globalisierung enorm zunahmen. Es gab jedoch Anfang des Millenniums einen kleinen Einsturz der Direktinvestitionen. Das lag an den Terroranschlägen und an der anschließenden Angst. Sicherheitspolitisch ist seitdem viel passiert. Ebenso gut ist zu erkennen, dass der Trend zu mehr Direktinvestitionen wieder stark zunimmt. Gerade in den Schwellenländern wie China und Indien. Der Trend zeigt uns, dass wir durch die Globalisierung weg von der zuerst Amerikanisierung zur Asiatisierung gelangen. 319 Südamerika Problemsituation Einleitung Südamerika ist mit einer Fläche von rund 18 Mio. km2 und einer Bevölkerung von rund 355 Mio. Menschen der viertgrößte Kontinent der Erde. Während der Kolonialisierung 1894 wurden die Bedürfnisse der lateinamerikanischen Eingeborenen nicht berücksichtigt, da die Kolonialmächte nur daran interessiert waren, das Territorium untereinander aufzuteilen. So wurde Südamerika zwischen Spanien und Portugal von Papst Alexander VI aufgeteilt. Der östliche Teil, auf dem sich heute Brasilien befindet, wurde Portugal zugeteilt, der westliche Spanien420. Aus diesem Grund wird in Brasilien heute Portugiesisch gesprochen, während in fast allen anderen südamerikanischen Staaten die Landessprache Spanisch ist. Ausnahmen bilden hier Suriname, wo Niederländisch gesprochen wird, Guyana Englisch und in FranzösischGuayana Französisch, welches jedoch kein selbstständiger Staat ist, sondern ein französisches Überseedepartment. Aufgrund der heute kaum vorhandenen Wirtschaft und den politischen Abhängigkeiten, werden im folgenden Suriname, Guyana und Frz.-Guayana nicht betrachtet. Während die Volkswirtschaften Lateinamerikas mit zum Teil enormem Tempo wachsen, zeigt sich zunehmend deren wachsender Einfluss auf die außenpolitischen Zielsetzungen und Interessenschwerpunkte. Dabei ist die Wirtschaftspolitik des Kontinents jedoch in sich nicht geschlossen. Einerseits entstehen regionale Handelsgemeinschaften, wie die Mercosur und die Anden Gemeinschaft, andererseits treten einzelne Länder verstärkt in bilaterale Beziehungen. Die bisher wichtigsten Handelspartner USA und EU werden durch einzelne EU-Länder, vor allem aber durch China abgelöst. Dessen Rohstoffbedarf schafft Lateinamerika zwar einen verlässlichen Abnehmer, stellt aber eine Konkurrenz für Nordamerikanische Interessen und somit eine Gefahr für die Stellung zentralamerikanischer Exporte auf dem US- Markt dar. 420 Vgl. Wikipedia (Südamerika) 320 Ist-Analyse Staaten Geographie Südamerikas Rückgrat bilden die Anden, ein Gebirgszug, der sich an der Westküste über 7.500 km entlang zieht, von Kolumbien bis zur Südspitze. Der höchste Berg der Anden und damit auch der höchste Berg Südamerikas, ist mit gut 7.000 m Höhe der Aconcagua. Er liegt an der nördlichen Grenze zwischen Argentinien und Chile. Im Zentrum des Kontinents liegen die Tiefländer, die vom Amazonas und seinen etwa 10.000 Zuflüssen eingenommen werden. Im Osten befinden sich Bergländer421. Infrastruktur Die Länge des Straßennetzes in Südamerika ist gemessen an der Größe der Länder eher schwach ausgeprägt. Auch die Straßendichte in Kilometern bezogen auf einer Fläche von 100 km2 ist schwach ausgeprägt. Aufgrund dessen verlagert sich der Verkehr hauptsächlich in die Ballungszentren, wo es zu einem Vergleichsweise hohen Verkehrsaufkommen kommt. Das Eisenbahnnetz ist im Vergleich zum Straßennetz etwas besser ausgebaut. Die wichtigsten Eisenbahnstrecken verlaufen entlang der Atlantik- sowie Pazifikküste422. Von dem Hafen in Montevideo in Uruguay laufen die Eisenbahnlinien annähernd sternförmig in die restlichen Staaten, so kann man von hier aus Recife im östlichsten Punkt Brasiliens, Lima in Peru mit seinem großen Hafen Callao oder auch alle Häfen Chiles wie Arica, Iquique, Antofagasta, Valparaiso sowie Puerto Montt erreichen, womit alle wichtigen Häfen untereinander mit der Eisenbahn verbunden sind. Die Eisenbahnen Südamerikas sind technisch untereinander kompatibel, grenzüberschreitender Verkehr wäre theoretisch möglich, bleiben aber die Ausnahme, da die unterschiedlichen Staatsbahnen noch sehr monopolistisch arbeiten, vergleichbar mit den europäischen Staatsbahnen noch vor wenigen Jahren. 421 422 Vgl. Wikipedia (Südamerika) Vgl. Weltatlas, (Karte), S. 240 - 272 321 Südamerika hat ein sehr weit gefächertes Flusssystem, welches durch drei große Hauptströme gekennzeichnet ist. Von Norden nach Süden sind dies der Orinoco, der Amazonas und der La-Plata423, wobei der Amazonas mit einer Länge von ca. 7000 Kilometer der längste Fluss Südamerikas ist und nach Schätzungen aus 10.000 Nebenflüssen gespeist wird, von denen rund 1000 als größere Flüsse gelten und per Binnenschiff schiffbar sind. Da Südamerika über große Erdöl und Gasreserven verfügt, ist das Netz der Pipelines relativ gut erschlossen. Mit rund 34.000 km hat Argentinien das längste Pipelinenetz in Südamerika und liegt im weltweiten Vergleich auf Rang 8. Demographie In Südamerika leben rund 375 Millionen Menschen, das entspricht 5,6 % der Weltbevölkerung424. Im Vergleich zu Europa und Asien ist die Bevölkerungsdichte je Quadratkilometer in Südamerika wesentlich geringer. Während in China die Bevölkerungsdichte bei rund 136 Einwohnern pro km2 beträgt, liegt diese in Brasilien bei 22 Einwohnern pro km2. Innerhalb Südamerika ist die Bevölkerungsdichte in Kolumbien mit 38 Einwohnern pro Quadratkilometer am höchsten. Die durchschnittliche Bevölkerungsdichte liegt bei etwa 20 Einwohnern pro km2, wobei die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung in küstennahen städtischen Siedlungen lebt425. Der Grad der Urbanisierung nimmt auf dem ganzen Kontinent zu. In Argentinien, Chile, Uruguay und Venezuela leben rund 80% der Einwohner in den Städten. In Bolivien, Ecuador und Paraguay sind es gut 60%. Spitzenreiter ist Uruguay mit einem Urbanisierungsgrad von 93%. Auf dem Land beträgt die Bevölkerungsdichte hingegen weniger als zwei Einwohner pro km2. Im Gegensatz zu Europa, wo ein stetiger Rückgang der Bevölkerung zu verzeichnen ist, findet in Südamerika ein andauerndes Wachstum statt. Seit den 60er Jahren des letzten Jahrtausends hat sich die Bevölkerung Südamerikas mehr als verdoppelt. Spitzenreiter ist Paraguay und hat mit einem Bevölkerungswachstum von 2,45% die höchsten Zuwachsraten. 30% der Bevölkerung ist jünger als 15 Jahre, während der Anteil in Europa nur 15,5% beträgt. 423 Vgl. Weltatlas, (Karte), S. 240 - 272 Vgl. Welt in Zahlen, (Ländervergleich Südamerika) 425 Vgl. Welt in Zahlen, (Ländervergleich Südamerika) 424 322 Die Immigration in südamerikanische Länder ist seit 1930 gering. Dagegen gibt es innerhalb des Kontinents bedeutende Migrationsbewegungen von den zentralen Regionen an die Küstengebiete. Die größten Abwanderungen verzeichnen Suriname und Guyana mit 8,76 bzw. 7,59 Personen je 1000 Einwohner. Einzige positive Ausnahme ist Argentinien mit einer Zuwanderung von 0,4 Personen je 1000 Einwohner. Das Bildungsniveau in Südamerika ist deutlich niedriger als in den Industrienationen. Brasilien bildet mit einem Anteil von 12,4% Analphabeten das Schlusslicht, wogegen Uruguay mit 1,1% die Liste anführt426. Politische Strukturen Zu den Staaten Südamerikas gehören die Länder Brasilien, Argentinien, Bolivien, Chile, Kolumbien, Ecuador, Falklandinseln, Guyana, Paraguay, Peru, Suriname, Uruguay und Venezuela. Die politischen Strukturen in ganz Südamerika sind demokratisch ausgeprägt. Die einzelnen Staatsformen unterscheiden sich untereinander nur wenig. In allen Staaten steht der Präsident an der Spitze des Staates. Die generelle politische Einstellung der Regierungen ist linksgerichtet, mit sozialistischen Zügen. Die Verstaatlichung großer Wirtschaftssektoren verschreckt Investoren. Die einzelnen demokratischen Staatsformen unterscheiden sich von Liberal bis Konservativ427. Am meisten verbreitet ist die Republik mit dem Präsidenten als Staatsoberhaupt, in der der Präsident auf Zeit vom Volk gewählt wird. Republiken in Südamerika mit Präsidenten als Staatsoberhaupt − Argentinien − Bolivien − Chile − Ecuador Republik, in der die exekutive die Regierung dominiert − Kolumbien 426 427 Vgl. Welt in Zahlen, (Ländervergleich, Südamerika) Vgl. CIA World Fact Book, (Länder Südamerikas) 323 Bundesrepubliken mit Präsidenten als Staatsoberhaupt − Brasilien − Venezuela Konstitutionelle Republiken mit Präsidenten als Staatsoberhaupt − Paraguay − Peru − Uruguay Wirtschaft Für die spätere Chancen und Risiken Bewertung werden anhand von Strukturdaten die Länder Südamerikas vorgestellt. Hierbei liegt der Focus auf den Im- und Exportprodukten und der wirtschaftlichen Entwicklung des jeweiligen Landes. Argentinien Nach einer vierjährigen Phase tiefer Rezession 1998 - 2002428 verzeichnet die argentinische Wirtschaft zum dritten Mal in Folge hohe Wachstumsraten um ca. 9 % (2006: 8,5 %)429. Der Umfang der wirtschaftlichen Aktivität aus Zeiten vor der Krise wurde im Jahr 2005 wieder erreicht. Für 2007 wird ein Wachstum von 7 - 8 % erwartet. Trotz diesem Wirtschaftswachstum ist es für Argentinien, wegen des Staatsbankrotts 2002, schwer sich auf dem internationalen Kapitalmarkt mit neuen Geldmitteln zu versorgen, die es dringend braucht, um in seine Infrastruktur zu investieren. Argentiniens Landwirtschaft hat durch höhere Erlöse der landwirtschaftlichen Erzeugnisse stark zu dem stetigen Wirtschaftswachstum beigetragen. Zu den Hauptausfuhrgütern zählen Autoteile, Pharmazeutika, Ledererzeugnisse, Soja und Rindfleisch;430 der Import von Waren aus Argentinien wie Zitrusfrüchte, Trauben Der Wein gewinnt hohe Bedeutung für Nordamerika und Europa431. 428 Vgl. Koch, (Internationale Wirtschaftbeziehungen), S. ff. 322 Vgl. BFAI, (Wirtschaftsdaten Argentinien) 430 Vgl. Arne Haase, (Erdkunde-Wissen) 431 Vgl. BFAI, (Wirtschaftsdaten Argentinien) 429 324 Bolivien Bolivien ist eines der ärmsten Länder Südamerikas, das Land ist sehr agrarisch geprägt, wobei die landwirtschaftlichen Anbaumethoden vielerorts sehr antiquarisch durchgeführt werden. Die Industrie ist schwach entwickelt; Hauptindustriezweige sind die Lebensmittel-, Textil- und die Metallindustrie. Das Land verfügt über das zweitgrößte Erdgasvorkommen in Südamerika432, der größte Teil des geförderten Erdgases wird innerhalb Südamerikas nach Argentinien und Brasilien exportiert. Des Weiteren verfügt Bolivien noch über folgende Bodenschätze: Silber, Wolfram, Zinn und Zink. Durch eine Verstaatlichung der Erdgas- und Ölförderanlagen soll mehr Wohlstand im Land erzeugt werden. In der Landwirtschaft werden folgende Produkte angebaut: Kaffee, Kartoffeln, Mais, Reis und Soja, die zum größten Teil exportiert werden. Hauptimportgüter sind Halbfabrikate, Kapitalgüter und Konsumgüter. Brasilien Brasiliens Hauptexportgüter sind Kaffee, Kakao, tropische Früchte, Rindfleisch, Sojabohnen, Zucker und Eisenerz. Brasilien ist der weltweit größte Lieferant für Eisen, das Vorkommen soll für die nächsten 500 Jahre den Eisenbedarf der Welt decken. Des Weiteren werden folgende Rohstoffe in Brasilien abgebaut Mangan, Kohle, Bauxit, Nickel, Erdöl, Zinn, Silber, Diamant, Gold, Erdgas, Uran. Hauptimportgüter sind vor allem Maschinen, Öle, Metalle, Chemikalien und Rohöle Chile Die Hauptexportgüter Chiles sind Kupfer, Fisch, Früchte, Chemikalien, Papier und Papierbrei. Chile ist einer der größten Kupferproduzenten der Welt, dessen Anteil bei 35% der Weltproduktion liegt. Seit Mitte der 80er Jahre haben jedoch nicht-traditionelle Exportgüter (Frischobst und Fisch sowie verarbeitete Produkte, wie Fischmehl, Konserven, 432 Wein und Holz) an Bedeutung gewonnen. Der verarbeitende Vgl. Enrico Meyer, (Die Verstaatlichung der Erdöl- und Erdgasreserven in Bolivien) 325 Lebensmittelsektor wurde zunehmend in globale Güterketten integriert, die von transnationalen Unternehmen kontrolliert und organisiert werden. Der Wirtschaftssektor Industrie ist im Vergleich zu anderen Ländern Südamerikas mit einem Anteil von 33% stark ausgeprägt. Die wichtigsten Industriezweige sind Nahrungsmittel-, Textil-, Eisen- und Stahlindustrie sowie der Bergbau, der mehr als die Hälfte des Ausfuhrwertes bestreitet. Die wichtigsten Handelspartner sind nach wie vor die USA. Durch den Rohstoffhunger rückt China prozentual auf, hatte China 2002 einen Exportanteil von 6,7% sind es im Jahr 2004 schon 9,9%. Bei dem Import steht Argentinien mit einem Anteil von 17% im Jahre 2004 an erster Stelle. Hauptimportgüter sind Maschinen, deren Anteil sich in den letzten drei Jahren verdoppelt hat.433 Investitionsgüter sind Ersatzteile, Rohstoffe, Erdöl und Nahrungsmittel. Ecuador Nach Bolivien ist Ecuador das zweitärmste Land Südamerikas. Die Wirtschaft ist stark von der Erdölproduktion abhängig, diese Abhängigkeit wurde dem Land in den 90er Jahren des letzten Jahrtausends zum Verhängnis, als der Ölpreis auf ein Rekordtief fiel. Das Land konnte seine Auslandschulden nicht tilgen und somit fing der Preisverfall der eigenen Währung an. Um die Wirtschaftlage zu stabilisieren, wurde der Dollar 2000 als offizielle Währung eingeführt. Trotz dieser starken Abhängigkeit zur Erdölproduktion verfügt Ecuador nicht über ausreichend Kapazitäten um Erdölderivate434 herzustellen, so dass der Eigenbedarf an Kraftstoffen sowie Schmiermittel importiert werden muss. Das zweitwichtigste Exportgut sind Bananen, gefolgt von Fischereiprodukten, Metalle und Schnittblumen In diesem Marktsegment ist Bolivien weltweit der viertgrößte Exporteur. Der wichtigste Handelspartner der Ex- und Importe sind die USA. Kolumbien Kolumbien ist eines der führenden Wirtschaftsnationen Südamerikas, trotz massiver Unruhen steigt die Wirtschaft kontinuierlich an. Diese positive Entwicklung verdankt 433 Vgl. Plasticker-news, (13.02.2006) z.B. Benzin, Diesel und Schmieröle 434 326 das Land den Exporten seiner meist landwirtschaftlichen Produkte. Kolumbien ist einer der weltweit größten Hersteller von Schnittblumen, des Weiteren belegt das Land vordere Ränge in der Herstellung von Bananen, Smaragde, Kaffee, Erdöl und Kohle. Zu den wichtigsten Handelspartnern zählen die USA, die Mitgliedsländer der Andengemeinschaft sowie die EU. Das Land verfügt über eine seit zwanzig Jahren stetig ausgebaute Infrastruktur. Im Industriesektor ist die Konsumgüter-, Grundstoff-, Textil- und Lebensmittelindustrie sehr gut ausgebaut. Ein weiterer Wirtschaftszweig mit kontinuierlichen Zuwachsraten ist der Dienstleistungssektor, mit dem Bereich Tourismus. Paraguay Noch heute spielt die Landwirtschaft in Paraguay eine große Rolle, stark ausgeprägt ist die Viehwirtschaft sowie der Ackerbau. Es werden Baumwolle, Sojabohnen, Pflanzenöle und Kaffee angebaut. Da Paraguay mit 32% Wald bedeckt ist, sind Holzprodukte ein wichtiges Exportgut435. Trotz nachgewiesener Bodenschätze, wie Erdöl, Eisenerz, Mangan und Steinsalze spielt der Bergbau in Paraguay keine große Rolle, da die nachgewiesenen Lagerstätten nur in geringem Umfang abgebaut werden. Trotz Vormachtstellung der Landwirtschaft wurde die Industrie des Landes kontinuierlich ausgebaut. Ihre wichtigen Wirtschaftzweige sind Fleischwarenherstellung, Textilien- und Lederindustrie, chemische Industrie und die Papierindustrie. Zudem exportiert das Land noch Strom, das in einem gemeinsam mit Brasilien errichteten Kraftwerk produziert wird, nach Brasilien. Haupthandelspartner im Export sind Brasilien und Uruguay. Hauptimportgüter sind Investitionsgüter, Konsumgüter, Nahrungsmittel, Rohstoffe und Treibstoffe, die von Brasilien, den USA und Argentinien geliefert werden. Paraguay ist wirtschaftlich stark von seinen Nachbarländern abhängig436. 435 436 Vgl. Arne Haase, (Erdkunde-Wissen) Vgl. BFAI, (Wirtschaftsdaten Paraguay) 327 Peru Das Land verfügt über eine hohe Zahl von verschiedenen Rohstoffen, wie Gold, Kupfer, Erdöl und Eisenerz. Ein weiterer wichtiger Exportfaktor ist die Landwirtschaft, Peru exportiert Kaffee, Zuckerrohr und Fischereiprodukte. Das Hinterland ist stark agrarisch geprägt, während an der Küste die Industriezweige angesiedelt sind. Wichtige Industriezweige sind Bergbau, Erdölraffination, Fischerei, Kraftfahrzeugmontage, Stahlindustrie, Schiffbau sowie die Metallherstellung, die alle durch meist global agierende Unternehmen besetzt sind. Wichtigste Handelspartner sind die USA sowie die VR China. Importgüter sind Maschinen und Transportausrüstung, chemische Erzeugnisse und industrielle Vorprodukte. Uruguay Uruguays Wirtschaft ist stark auf die Landwirtschaft ausgerichtet, hauptsächlich werden Weizen, Mais, Reis, Holz, Fisch und Fleisch produziert. Dies spiegelt sich auch in den Exporten wieder Den größten Anteil der Exporte macht hier das Rindfleisch aus (23,7%) gefolgt von Lederwaren, Milcherzeugnissen, chemischen Erzeugnissen, Reis, Holz und Spinnstoffen. Die Importe setzen sich aus Erdöl, Maschinen, Kfz u. –Teile, Elektronik, Kunststoffe, Strom, Elektrotechnik, Textilien, Eisen/Stahl und Papier/Pappe zusammen. Diese Struktur der Importe und Exporte lässt erkennen dass Uruguay landwirtschaftlich ausgerichtet ist. Venezuela Das Hauptexportgut von Venezuela ist das Öl, das die Hälfte der Staatseinnahmen erzeugt. Neben dem Öl exportiert Venezuela Eisenerz, Stahl, Edelmetalle, Zement und Textilien. Der wichtigste Handelspartner ist, trotz Differenzen, die USA, die 15%437 ihres Ölbedarfes von Venezuela beziehen. Hauptimportgüter sind Maschinen, Transportausrüstungen und chemische Produkte. Wie auch bei den Exporten ist die USA der wichtigste Handelspartner. Durch in der Vergangenheit mangelnde Investitionen in die Ölförderanlagen, verfallen diese mehr 437 Vgl. CIA World Fact Book, S. 670 ff 328 und mehr, so dass die Fördermenge immer mehr abnimmt. Eine politische Umorientierung im Jahre 2002 hat bewirkt, dass die mit dem Öl erwirtschafteten Devisen in die Infrastruktur, besonders in das Straßen und Schienennetz sowie Programme in der Sozial-, Bildungs- und Gesundheitspolitik investiert werden438. Handelsbeziehungen USA Betrachtet man die Handelsströme, dann sind die USA für die meisten lateinamerikanischen Länder nach wie vor der größte Exportempfänger (z.B. Brasilien: 19,6%, Venezuela: 7,5 %, Chile: 14,8% am Gesamtexport). Auch im Import lateinamerikanischer Länder stehen die USA oft an erster Stelle (z.B.: Brasilien: 17,5%, Venezuela: 31,2 %, Chile: 15,1% am Gesamtimport)439. 1995 betrug der US-Anteil insgesamt 41 Prozent am lateinamerikanischen Export bzw. 45 Prozent am Import. Insofern werden die USA auch in den nächsten Jahren der wichtigste Handelspartner Südamerikas bleiben. Was die Direktinvestitionen betrifft, so stand die USA 2002 in Bezug auf die Gesamtregion mit ca. 27 Prozent aller Direktinvestitionen an zweiter Stelle hinter der EU. Bei einigen Ländern nehmen die USA jedoch ganz klar die Spitzenposition ein. China Das Interesse Chinas an Südamerika liegt vor allem in dem Reichtum an Rohstoffen und Energieressourcen des südamerikanischen Kontinents begründet. Lateinamerika verfügt über 9,7 Prozent des weltweiten Ölvorkommens und über einen Großteil der Kupfer-, Silber- und Zinnvorkommen. China ist vor allem im Energiebereich trotz des Baus neuer Kohlekraftwerke und Staudämme immer stärker von ausländischen Energielieferanten abhängig. Seit 2005 ist China der drittgrößte Ölimporteur mit einem Importvolumen von 127 MT 440 . 438 Vgl. BFAI, (Wirtschaftsdaten Venezuela) Vgl. TFoIT,(Country Profiles USA) 440 IEA, (Key World Energy Statistics 2007), S. 11 439 329 Während im Jahr 1999 noch 27 Prozent des Ölbedarfs importiert wurden, stieg der Anteil bis 2005 auf 43 Prozent an. Das Problem für China verschärft sich noch dadurch, dass in Indonesien, einer der wichtigsten Öllieferanten, die Fördermenge zwischen 1991 und 2004 um ein Drittel zurückging441. Die Suche nach neuen Partnern zur Sicherstellung der Energieversorgung ist deshalb eines der vorrangigen Ziele der chinesischen Außenpolitik. Dies äußert sich auch in seinen Beziehungen zu den Ländern Südamerikas. So fokussieren sich die meisten chinesischen Investitionen in der Region auf den Energiebereich. Dabei kommen verschiedene Mittel zur Anwendung, die insgesamt auf eine vertikale Integration, also die Sicherstellung der gesamten Lieferkette und die Erhöhung des chinesischen Einflusses auf dieselbe abzielen. Europa Betrachtet man die Handelsströme, so ist die EU nach den USA zweitwichtigster Handelspartner der Region. Im Jahr 2000 lag der Anteil der EU am lateinamerikanischen Handel bei ca. 15 Prozent und ging damit seit 1980 um fünf Prozentpunkte zurück. Trotz dieses relativen Rückgangs hat sich der Handel zwischen den beiden Regionen von 1990 bis 2005 mehr als verdoppelt.442 Bei den Direktinvestitionen nimmt die EU mit 40 Prozent (2002) und einem geschätzten Stock von 287 Milliarden US-Dollar (2004) die Spitzenposition ein443. Allerdings gingen die jährlichen Zuflüsse seit 2003 stetig zurück, was vor allem auf den Rückgang spanischer Investitionen, die bislang einen Großteil der europäischen Investitionen ausgemacht haben, zurückzuführen ist. Für die EU sind die lateinamerikanischen Länder kaum von Relevanz. Trotz der siebzigfachen Zahl an Einwohnern kommt Lateinamerika im Handel der EU eine geringere Rolle zu als der Schweiz, der Anteil der Im- und Exporten mit Südamerika beträgt drei Prozent des gesamten Außenhandelsvolumen der EU. 441 Vgl. Akira Kojima, (Ostasiens Hunger nach Energie Notwendigkeit für eine internationale Zusammenarbeit) 442 Vgl. Europäische Kommission, (Regionale Programmierungsstrategie) 443 Vgl. Europäische Kommission, (Bilateral Trade Relations) 330 Chancen und Risiken Potenziale des Wirtschaftsmarkes Südamerikas aus Sicht der europäischen Wirtschaft Welche Potenziale birgt der Südamerikanische Markt für Europa Anhand der folgenden Beispiele sollen die sich daraus resultierenden Chancen und Risiken beschrieben werden. Sicherung des europäischen Rohstoffbedarfs Die Rohstoffe Südamerikas werden in der Zukunft immer weiter in den Focus der EU rücken. Dies gilt nicht nur für die fossilen und mineralischen Rohstoffe dieses Kontinents, es gilt vor allem auch für biologische Rohstoffe, der Biomasse zur Herstellung von alternativen Energien. Die Staaten der EU haben beschlossen den Anteil der regenerativen Energien und den Anteil von Biokraftstoffen bis 2020 erheblich zu steigern. Tabelle 17 EU Ziele zum Ausbau regenerative Energien und des Einsatzes von Biokraftstoffen EUZiele Bezugsgröße Zeitpunkte in % Dokumente Status Weißbruch erneuerbare 12 Energien Politisch Anteil der 2010 erneuerbaren Geplant als Energien am Renewable Energy rechtsverbindliches Primärverbrauch 2020 20 Road Map 20007 Ziel Anteil der RL 2001/77 zur erneuerbaren Förderung der Rechtlich aber Energien am Stromerzeugung Indikativ und Elektrizitätsverbrauch 22 erneuerbaren Energie flexibel Anteil alternativer Kraftstoffe am Grünbuch zur Kraftstoffverbrauch Versorgungssicherheit am Straßenverkehr ( 20 (KOM(200)769endg) Politisch 331 Biokraftstoffe, Erdgas, Wasserstoff) 2005 2010 2015 Anteil der Biokraftstoffe am Kraftstoffverbrauch 2020 CO2 Gehalt von Kraftstoffen 2020 2 RL 2003 30 zur Förderung der Biokraftstoffe und anderer erneuerbarer Kraftstoffe für den 5,75 Transport Europäischer Rat März 8 2006 Engy Review 2007 Europäischer Rat 9 10 März 2007 Vorschlag zur Änderung der Kraftstoffrichtlinie 10 (COM(2007)18) Rechtlich Indikativ flexibel aber und Politisch Geplant als rechtsverbindliches Ziel Rechtlich verbindlich Quelle: Europäische Kommission 2007a: 2007c Das Ziel ist es die CO2 Emissionen zu senken444. Das Problem der EU ist, dass für diese selbst gesteckten Ziele die Anbaufläche für Biomasse in der EU nicht ausreichend ist. Will die EU ihre Ziele erreichen, kann sie auf Importe von regenerativen Energieträger aus anderen Ländern nicht verzichten; diese Importe kommen aus Asien und Südamerika. Alleine in Argentinien, Brasilien, Bolivien und Paraguay werden auf 38 Mio. Hektar Sojabohnen für die Bioenergieproduktion angebaut, in Deutschland sind es zurzeit 2 Mio. Hektar.445 Der größte Teil der Produktion ist für den Export in die USA bestimmt, jedoch bezieht die EU ebenfalls Biomasse aus Südamerika und möchte die Einfuhren erheblich erhöhen. Denn für die EU sind diese produzierenden Länder eine Chance bzw. Notwendigkeit, um diese selbst gesteckten Ziele zu erreichen. Diese Tatsache bietet die Chance für die EU, ihren Bedarf an regenerative Energien langfristig zudecken und sich unabhängiger von Importen fossiler Energieträger zu machen Bis 2030 müssten 90% des Erdölverbrauches der EU durch Importe gedeckt werden, zurzeit sind es 50%. In Deutschland sind es schon 97% des Bedarfs446. Wenn die Ziele für 2010 erreicht werden, könnten die Ölimporte um 8% reduziert werden, was sich 444 Vgl. Bundestag Sachverständigenrat für Umweltfragen Vgl. Bundestag Sachverständigenrat für Umweltfragen 446 Vgl. Stern Reuters dpa 445 332 angesichts der stetig steigenden Ölpreise (das Barrel soll auf ca. 200$ steigen)447 positiv auf die Handelsbilanz auswirken würde. Arbeitsplätze geschaffen Biokraftstoffraffinerien werden, und Darüber hinaus würden in der EU welche Biogasanlagen durch entstehen. die Produktion von Der Export die für landwirtschaftlichen Güter, wie Maschinen, Anlagen und Düngemittel in die Staaten Südamerikas könnte steigen. Auch die Staaten Südamerikas haben das Potential der agrarischen Rohstoffe erkannt und für sich zu Nutze gemacht. So wurde in Brasilien der Biomassenanbau noch forciert und auf 3 Mio. Hektar Zuckerrohr für Biokraftstoff zusätzlich angebaut. In den Jahren 2007 und 2008 soll laut Schätzung die Produktion von Ethanol und Zucker auf 18,8 Mrd. Liter und 25,1 Mrd. to Zucker steigen448. So wird Südamerika schon eine Zukunft als persischer Golf der Biokraftstoffe vorausgesagt. Schon heute sind Argentinien und Brasilien zusammen die weltgrößten Sojaproduzenten. Daher wird sich die EU in Südamerika alle Optionen offen halten, um die eigenen Ziele zu erreichen. Für die EU selbst bieten die Länder Südamerikas alle Chancen, jedoch ungleich weniger Risiken. Für die Staaten Südamerikas sind die Risiken ungleich höher. So können die agrarischen Rohstoffe einerseits ein erheblicher Wirtschaftsfaktor für den Export sein und im Inland selbst genutzt werden. Andererseits können sie zu erheblichen Schäden führen. So kann es passieren, dass zugunsten von Bioenergiepflanzen immer weniger Agrarprodukte für die Lebensmittelproduktion angebaut werden. Dies könnte zu einer Verknappung von Lebensmitteln führen oder zu Lebensmittelimporten, was einen Preisanstieg zur Folge hätte. Durch das Schaffen neuer Anbauflächen könnte der ohnehin schon stark reduzierte Regenwald weiter schrumpfen, dies hätte dann globale Auswirkungen (Stichwort „Grüne Lunge der Erde“). Es wird für die südamerikanischen Staaten nicht leicht sein, hier den geeigneten Mittelweg zu finden, dieses muss jedoch erreicht werden. Was die mineralischen Rohstoffe, wie Erdöl, Erdgas, Steinkohle, Erze, Gold und Kupfer Südamerikas angeht, kann es Exporte bzw. den Absatz noch erhöhen. Dazu müssten natürlich die Fördermengen erhöht werden. Das liegt in erster Linie an China und 447 448 Indien, welche zurzeit global mineralische Rohstoffe einkaufen. Die Vgl. DIW, (DIW rechnet mit Ölpreisverdoppelung bis 2018), 6.01.08 Vgl. I. Lorenz, (Wirtschaftsnews), 2.11.07 333 Wachstumsraten dieser Exporte liegen derzeit im hohen einstelligen Bereich und es sind noch Kapazitäten vorhanden. Dies zeigt sich auch an den neuesten Ölfunden in Südamerika. Das brasilianische Ölunternehmen Petrobras hat ein neues Tiefseeölfeld vor der Küste Brasiliens entdeckt. Dieses soll Meldungen zufolge eine Reserve von fünf bis acht Milliarden Barrel beherbergen, was dem gesamten Vorkommen Norwegens entspricht. Mit diesem Fund rückt Petrobras zum 10. größten Ölkonzern der Welt auf und Brasilien würde vom 17. Platz der Föderationen auf den 8. Platz vorrücken449. Das Feld macht 62 Prozent der bisherigen Ölreserven Brasiliens aus450. Diese Ölfunde wären eine Chance, vor allem für Deutschland, sich etwas vom derzeitigen Ölmarkt abzukoppeln und somit die Ölimporte weiter aufzufächern. Bisher stammen 45 % der Ölimporte aus dem Nahen Osten, in Deutschland sind es 20%451. Nichts desto trotz sollte sich die EU diese Option für Erdöllieferungen offen halten. China hingegen forciert schon jetzt den Ölimport aus Südamerika. Fakt ist, dass der Exportboom für diese mineralischen Rohstoffe Südamerikas wohl noch 8-9 Jahre anhalten wird. Die Staaten Südamerikas sollten diesen Boom nutzen um in ihren eigenen Ländern wirtschaftliche und wissenschaftliche Reformen voranzutreiben, um nach dem Abflauen des Wirtschaftsbooms auf dem globalen Markt bestehen zu können. Absatzmarkt Südamerika technologischer Güter Der zukünftige Absatz von technologischen Gütern in Südamerika ist eng verknüpft mit den Exportgütern, wie Rohstoffen etc, da diese Devisen bringen und damit technische Güter von High End Qualität importiert werden können. Die derzeitige Situation auf dem Rohstoffmarkt deutet aber darauf hin, dass sich die wirtschaftliche Situation und das Exportgeschäft wohl weiter zu deren Gunsten entwickeln. Südamerika profitiert in diesem Moment von der Situation, dass die Länder wie China und Indien zu den großen Wirtschaftsmächten wie der EU oder den USA aufschließen wollen. Dies äußert sich in der Form, dass diese Länder zurzeit als Rohstoffeinkäufer, 449 Vgl. adhoc-news, (Brasiliens Petrobas gibt bekannt), 9.11.07 Vgl. Emfis, (Lateinamerika - Wachstumschancen durch China) 451 Vgl. Stern Reuters dpa 450 334 vor allem für Öl und Erze, auf dem globalen Wirtschaftsmarkt tätig sind. Die EU und die USA tätigen ihre Einkäufe zurzeit eher auf dem agrarischen Rohstoffsektor. Auch die bisherige Entwicklung des BIP der einzelnen Länder Südamerikas und die Prognosen für das Jahr 2008 unterstützen diese Annahme.452 Solange dieser Trend anhält, wird sich für die EU sowie andere Länder, z.B. die USA der Absatzmarkt für technologisch hochwertige Güter in Südamerika weiter erschließen. In Deutschland .zum Beispiel machen die Exporte hochtechnischer Güter schon ein Großteil der Gesamtexporte in Länder Südamerikas aus. Wirtschaftsnationen, welche diese Güter produzieren, profitieren von der derzeitigen Wirtschaftslage in Südamerika. Ein weites Indiz für die Steigerung in dieser Branche ist, dass die Länder Südamerikas das eigene Potential weiter ausschöpfen wollen. So sind in Brasilien 89 neue EthanolProduktionsanlagen geplant.453 Das Know-How und Material wird zum größten Teil von ausländischen Unternehmen geliefert. Anhaltende Direktinvestitionen der Wirtschaftsmächte zeigen, dass der Absatzmarkt für hochtechnische Güter in Südamerika noch lange nicht ausgeschöpft ist. Risiken für die europäische Wirtschaft aufgrund der sozialpolitischen Lage Obwohl die sozialpolitische Lage in Südamerika in den neunziger Jahren alles andere als stabil war, ist Südamerika für ausländische Investoren wieder interessant geworden. Allerdings sind einige der südamerikanischen Staaten schon häufig von Unruhen erschüttert worden, die die Stabilität der Länder gefährdete, wie zum Beispiel in Bolivien (2004), Venezuela (2002) und Ecuador (2005). Diese Eskalation führte oft zum Eingreifen des Militärs und damit verbunden blutigen Ausschreitungen. Diese Ausschreitungen können zur Absetzung der Regierung bzw. zur Amtsenthebung des regierenden Präsidenten führen, so geschehen in Paraguay (1999), Ecuador (2005) und Venezuela (2002). Neben den angesprochenen offensichtlichen Problemen der politischen Stabilität spielt in Südamerika die Korruption eine große Rolle. Ecuador gehört zu den korruptesten Ländern auf der Welt und auch in vielen anderen Staaten des Kontinents kann die Regierung dieses Problem nicht eindämmen. Lediglich einige wenige Länder können 452 Vgl. BFAI, (Länderprofile Südamerika) Vgl. EMFIS, (Brasilien will Ethanol Produktion bis 2014 verdoppeln) 453 335 einigermaßen stabile und beständige politische Strukturen aufweisen, hierzu gehören z.B. Guyana, Argentinien, Brasilien und mit Abstrichen auch Venezuela. Eine vom Managermagazin erstellte Riskmap für das Jahr 2007 teilt die Länder in folgende Risikogruppen ein. Tabelle 18 World Riskmap 2007 Land Politisches Risiko Sicherheitsrisiko Argentinien Mittel Niedrig Brasilien Mittel Niedrig Chile Niedrig Niedrig Venezuela Hoch Mittel Quelle: Vgl. Managermagazin, (Risk Map 2007 Amerika), 30.11.06 Aufgrund dieser Einstufung kann eine Empfehlung für die Investition in Chile gegeben werden, unter anderem die geringe Korruption, feste und beständige Regeln sowie die hohe Rechtssicherheit. Durch zahlreiche Freihandelsabkommen hat die Regierung den Markt für internationale Wirtschaftsbeziehungen geöffnet und ist somit Vorreiter nicht nur für die Staaten Argentinien und Brasilien, sondern auch dem Staatenbund Mercosur, von dem sich Chile mit der Ablehnung einer Vollmitgliedschaft distanziert hat, da das Land selber bei dem Thema Marktöffnung schon weiter war, als es der Staatenbund vorgesehen hatte Trends (Szenarien) Regionalisierung (CSN) Mit der Gründung der CSN am 8. Dezember 2004 haben die 12 Länder Südamerikas den Grundstein für eine starke überregionale Staatengemeinschaft gelegt. Als Vorbild gilt die Europäische Union. Sie bildet nach der nordamerikanischen NAFTA und der EU die drittgrößte Staatengemeinschaft. Mit einer funktionierenden Staatengemeinschaft, die alle Länder Südamerikas einschließt, kann der Wirtschaftsmarkt des Kontinents nur profitieren. Der Gemeinschaft Südamerikanischer Staaten gehören neben den Mitgliedern der regionalen Wirtschaftsgemeinschaft MERCOSUR – Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay und Venezuela – die Staaten der Andengemeinschaft – Bolivien, Ecuador, 336 Kolumbien und Peru – und die Länder Chile, Guyana, Surinam, Mexiko und Panama an. Sie alle wollen gemeinsam ihren Einfluss auf die internationale Politik verstärken. Entscheidende Schritte in Richtung Wirtschafts- und Handelsintegration sind bereits unternommen. So verständigten sich Argentinien und Brasilien beispielsweise darauf, ihren Handel nicht länger in US-Dollar, sondern in den Landeswährungen Peso und Real abzuwickeln. Diese Entscheidung stellt die Weichen für die geplante „Bank für nachhaltige Entwicklung“. Wie Brasiliens Vizeaußenminister Samuel PinheiroGuimaraes im Vorfeld des Gipfels erklärte, werden nichtstaatliche Organisationen bei der Ausgestaltung der geplanten Gemeinschaft ein entscheidendes Wort mitzureden haben. Sie führten in Cochabamba ein Paralleltreffen durch. »Wir sind hier zusammengekommen, um unsere Vorschläge zu unterbreiten«, sagte die argentinische Sozialaktivistin Graciela Rodríguez vom Netzwerk Alianza Social Continental, das die Parallelveranstaltung in Cochabamba organisiert hatte. Weitgehend einig sind sich die südamerikanischen Länder in ihrer Bewertung des neoliberalen Wirtschaftsmodells, das die Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF) der Region in den 90er Jahren auferlegt hatten. Die Programme zur Haushaltssanierung waren mit verheerenden sozialen Folgen verbunden454. Zukünftige wirtschaftliche Orientierung Südamerikas Die südamerikanischen Staaten beziehen noch einen Grossteil ihrer Waren aus den USA. Den Hauptanteil dieser Importe nehmen die Waren der folgenden Kategorie ein: 454 - Maschinen für Industrie - Kfz und Kfz-Teile - Elektronik - Chemikalien - Kunststoffe - Arzneimittel - Textilien - Unedle Metalle Vgl. Uni Kassel AG Friedensforschung, (Im Geiste Bolívars) 337 Alle, bzw. die meisten dieser Güter, sind sowohl durch die EU als auch durch China, also durch andere große Wirtschaftsnationen, ersetzbar. Dies hängt in erster Linie von den Verhandlungen miteinander ab. Die Verhandlungsthemen, mit z.B. der EU und China, sind vereinfachend gesagt die gleichen: Auf der einen Seite sollen die Industriestaaten ihre Zölle und Unterstützungszahlungen für die heimische Landwirtschaft senken oder möglichst streichen, um entsprechende Einfuhren aus den stark landwirtschaftlich ausgerichteten Ländern Südamerikas zu fördern. Auf der anderen Seite sollen diese Länder ihre Zölle auf Importe aus den großen Wirtschaftsblöcken abschaffen oder zumindest senken. Um sich ihren jeweiligen Status zu sichern stehen die Wirtschaftsnationen in Konkurrenz zueinander. Der Einfluss der Wirtschaftsmacht USA wurde in den letzten Jahren geringer, was auch in der Tatsache begründet sein könnte, das Nordamerika oft politisch und wenn es darauf ankam, auch militärisch auf der Südhälfte des Doppelkontinents intervenierte. Das Eingreifen in Grenada und in Panama 1989 ist noch in fast frischer Erinnerung. So entwickelte es sich, dass heute Brasilien der Haupthandelspartner vieler südamerikanischer Staaten ist; so bezieht zum Beispiel Argentinien 34,4 % seiner Importe aus Brasilien und liefert 17,5% seiner Exporte nach Brasilien. Bei Paraguay sind es 20% und 17,2%.455 Auch China macht sich mit Hilfe von Wirtschaftsförderung auf dem südamerikanischen Markt interessant und bietet hier sein Wirtschaftspotential an. Heute unterhält China mit 21 Staaten Südamerikas diplomatische (in den 70iger Jahren waren es nur 10 Staaten) Beziehungen. Chinesische Investitionen werden in erster Linie in den Rohstoffsektor bzw. in den Energie-Sektor getätigt. Bemerkenswert ist, wie China seine Interessen verfolgt, beziehungsweise durchsetzt. So unterhält China besonders enge Beziehungen zu den Ländern in Südamerika, dessen bilaterale Beziehungen zu den USA angespannt sind, z.B. Venezuela, Brasilien, Ecuador und Bolivien. Auch werden Länder wirtschaftlich unterstützt, die sämtliche Beziehungen zum Staat Taiwan abbrechen. Auch die EU investiert in Südamerika, .das meiste Geld wird in den Mercosur investiert, welcher für die EU den größten Handelspartner in Südamerika darstellt. Für 455 Vgl. BFAI, (Länderprofile Südamerika) 338 die EU steht der Mercosur als Handelspartner nur an neunter Stelle.456 Das zeigt, dass die Zahl der Exporte in die EU die Zahl der Importe aus der EU übersteigt. Die Hauptexportgüter Südamerikas in die EU sind Lebensmittel und Agrarprodukte, die Hauptimporte aus der EU sind folgende, wie sich gut am Lieferanten Deutschland im Jahr 2006 zeigen lässt: - Maschinen - Kunststoffe - Nichteisenmetalle - Arzneimittel - Elektronik - Mess- und Regeltechnik - Chemikalien - E- Technik - Kfz und Teile457 Die Frage ist, in welche Richtung wird sich die südamerikanische Wirtschaft orientieren. Die EU ist in der Lage, die Waren aus den USA zu substituieren. China ist noch nicht in der Lage, alle Güter zu substituieren, was jedoch innerhalb weniger Jahre zweifellos der Fall sein sollte. Durch sein massives und aggressives Vorgehen, drängt China auf den südamerikanischen Markt und baut seinen Einfluss stetig aus. Am Ende wird die Entscheidung wahrscheinlich zu dessen Gunsten fallen, welcher auch nach dem großen Rohstoffboom Südamerikas den Ländern die besten Perspektiven bieten kann. Dies heraus zu finden ist die schwierige Aufgabe des zukünftigen Wirtschaftsblocks Südamerika. Fazit Südamerika Um sich global zu positionieren, muss Südamerika als ein Staat auftreten. Die Bündelungen von Absatz- wie Produktionsmärkten müssen als oberste Priorität gelten, 456 457 Vgl. BFAI, (Länderprofile Europa) Vgl. BFAI, (Länderprofile Südamerika) 339 nur so kann Südamerika auch im Angesicht der zunehmenden Regionalisierung der Globalisierung einen Platz einnehmen, welcher der Wirtschaftskraft des Kontinents entspricht. Die Ansätze der CSN leiten schon in die richtige Richtung, sind aber nicht konkret genug. Natürlich gibt es in Südamerika weiterhin viele Schwellenländer, aber wenn sich die Länder nicht darauf verständigen können, sich gegenseitig zu unterstützen, wird auf lange oder kurze Sicht China den Kontinent überholen, und die Länder fallen in der Entwicklung zurück. Die Regierungen, allen voran die Präsidenten der Länder, müssen aufhören ihre persönliche Macht zu stärken, sondern mit ihrer vorhandenen Macht das Südamerika des 21. Jahrhunderts schaffen. Bei dem derzeitigen Anstieg von Rohstoffpreisen wird es Südamerika finanziell in Kürze erheblich besser gehen, und diese Potenziale müssen nun ausgebaut werden, um nicht von mächtigeren Wirtschaftsverbänden überrannt zu werden. Investitionen müssen durch einen funktionierenden Staatsapparat die Tore geöffnet werden, da sonst im entscheidenden Augenblick die nötigen Mittel fehlen, um in die Infrastruktur, in die Bildung und in das Gesundheitssystem zu investieren. Schon heute sind Investitionen, beispielsweise in Chile relativ sicher. Ohne eine zukunftsorientierte Im- und Exportpolitik werden aber trotz geringer Risiken sowohl politisch, als auch sicherheitstechnisch, die Investitionen ausbleiben. Geringe Zölle garantieren Chile schon heute einen florierenden Handel und geringe Inflationsraten. Fazit Europa In einer immer kleiner werdenden Welt muss Europa sich strategisch gut positionieren, um sich von Billigmärkten zu distanzieren und trotzdem von ihnen zu profitieren. Die Möglichkeiten um sich als postindustrielle Gesellschaft aufzustellen scheinen derzeit zum Greifen nah. China, das sich zur Industrienation entwickelt, lässt keinen weiteren Handlungsspielraum mehr offen. Eine Verknappung der Ölreserven und der Rohstoffe im Allgemeinen lässt Europa den Blick in den aufsteigenden südamerikanischen Kontinent richten. Bei einer Stärkung des Marktes und gleichzeitiger Entwicklungshilfe können durch eine nachhaltige Politik die eigenen Bedürfnisse in der Zukunft gesichert werden, aber auch ein starker Markt für eine Vielzahl eigener Produkte eröffnet werden. 340 Gelingt China der Sprung vom Schwellenland zur Industrienation, benötigt die europäische Wirtschaft einen gut funktionierenden Absatzmarkt für seine Güter, den es heute gilt zu entwickeln, da China dann weniger Produkte aus den heutigen Industrienationen beziehen wird. Der südamerikanische Kontinent bietet mit seiner Vielzahl an Rohstoffen und seiner hohen Bevölkerung eine stabile Grundlage für ausländische Investitionen. Die Rechtsstrukturen entwickeln sich langsam, aber stetig, und sollte die CSN nach europäischem Vorbild umgesetzt werden, sind in Zukunft wohl auch Korruption, Rechtsunsicherheit oder drohende Verstaatlichung keine Hindernisse mehr für größere Investitionen. 341 Schlusswort Angesichts der im einführenden Überblick und in den einzelnen Kapiteln dargestellten derzeitigen Entwicklung sieht sich der europäische Kontinent und insbesondere die EU mit weit reichenden neuen Herausforderungen konfrontiert. Diese können zusammenfassend erhebliche Chancen, allerdings auch nicht zu vergessende Risiken mit sich bringen. Die Herausforderungen lassen sich im Wesentlichen in vier große Teilaspekte gliedern: Politik, Handel, Energie und Umwelt. Im politischen Bereich ist insbesondere die Menschenrechtsfrage von zentraler Bedeutung. Es muss verstärkt auf die Einhaltung der Genfer Konventionen geachtet werden, da die europäische Politik auch eine soziale Verantwortung gegenüber anderen Regionen unseres globalen Zusammenlebens besitzt. So darf also eine wirtschaftliche Bereicherung einiger Staaten auch weiterhin nicht auf der Grundlage von Menschenrechtsverletzungen akzeptiert werden. Die entscheidende Frage ist allerdings ob der europäische Einfluss auf diese Staaten eine ausreichende Tragweite besitzt um diese teilweise massiven Missstände zu beseitigen oder zumindest zu bessern. Eine weitere zentrale Aufgabe der europäischen Politik ist die eigene Sichtweise auf die asiatischen Staaten zu ändern. Denn nur auf der Grundlage des Verstehens und vor allem des Akzeptierens der kulturellen und politischen Einflüsse können engere politische Beziehungen aufgebaut werden und bestehende Kooperationen vertieft werden. Die politischen Schritte und Entscheidungen asiatischer Staaten und vor allem Chinas können nur verstanden werden, wenn sich die EU verschärft mit der Kultur und der Historie dieser Staaten beschäftigt. Es sollte und darf nicht als selbstverständlich angesehen werden, dass das historisch gewachsene europäische Politsystem das ausschließlich richtige ist. Weiterhin sollte die EU- Politik in Bezug auf die asiatischen Staaten nicht von Angst geprägt sein und ganz besonders sollte Europa sich nicht seinem Schicksal ergeben und die asiatische Vorherrschaft auf politischer Basis akzeptieren. Nur durch den offenen Umgang mit der asiatischen Konkurrenz und durch das Annehmen des Wettkampfes um politisches Gehör und das Durchsetzen politischer Interessen wird sich die EU behaupten können. Die historisch gewachsene regionale Politstruktur innerhalb der EU sollte weiter gestärkt werden und auch weiterhin den Gegenpol zum asiatischen und amerikanischen Kontinent bilden. Auch der globale Handel ist offensichtlich geprägt von Veränderungen. Die gehandelten Güter und Dienstleistungen auf der Welt nehmen stark zu und es kann im historischen 342 Konsens von einer Phase des Freihandels gesprochen werden. Die EU nimmt bereits heute als eine der 3 großen Säulen, der so genannten Triade, erheblich an diesem Freihandel teil. Sie profitiert also von dieser Freihandelsphase. Wo aber liegen nun die Nachteile und weshalb besteht Handlungsbedarf? Die EU sollte dafür sorgen, dass der bereits heute erlittene Kno-How Verlust an die asiatischen Staaten in einem gewissen Rahmen gehalten wird. Des Weiteren ist es zwingend erforderlich durch spezielle, von der EU finanzierte Programme die Innovationen in der Region voranzutreiben um nicht in einigen Jahren keinerlei Vorteile mehr gegenüber den asiatischen Staaten zu besitzen. Doch auch das Einberufen einer neuen Phase des Protektionismus auf breiter Basis wäre der falsche Weg. So bergen Zölle und Kontingente erhebliche Risiken, da sie häufig Gegenreaktionen des sanktionierten Landes heraufbeschwören. So würde bei einer ausschließlichen Konzentration auf den regionalen Markt, nämlich die EU, ein wesentlicher Absatzmarkt in Asien verloren gehen und außerdem kann sich die Wirtschaft in Europa nur durch eine Konkurrenzsituation mit Asien gewinnbringend weiterentwickeln. Allerdings sollte eine „Überschwemmung“ des EU- Raumes mit asiatischen Artikeln auch nicht einfach akzeptiert werden. Dieses wäre durch den gezielten Einsatz „nicht- tarifärer Handelshemmnisse“ umzusetzen. Europa bzw. der EU muss es also gelingen eine Handelspolitik zwischen Protektionismus und Freihandel mit den asiatischen Staaten zu generieren. So würden die Vorteile der Regionalisierung und der Asiatisierung gleichermaßen zur Geltung kommen und die Nachteile dieser beiden Gegebenheiten weitestgehend eingedämmt werden. Da der größte Teil der Exporte in der EU von intraregionaler Natur ist, also der Außenhandel der Mitgliedsstaaten größtenteils mit anderen Mitgliedsstaaten vollzogen wird, sollte dieses wirtschaftliche Standbein weiterhin gezielt gefördert und ausgebaut werden. Des Weiteren würde es eine durchaus interessante Alternative für Unternehmen darstellen ihre asiatischen Geschäftsbeziehungen und ihren Einfluss im asiatischen Handelsraum durch gezielte Direktinvestitionen und Joint-Ventures mit asiatischen Unternehmen weiter auszubauen und zu vergrößern. Denn allen Unkenrufen zum Trotz, stellt der asiatische Raum einen erheblichen Absatzmarkt für allerlei europäische Unternehmen dar. Es ist allerdings absolut förderlich diese Sache wohlüberlegt anzugehen und einer ausgiebigen Prüfung zu unterziehen um weiterem Know-How Verlust vorbeugend zu begegnen und ihn gar nicht erst entstehen zu lassen. 343 Wie bereits beschrieben ist die zukünftige europäische Energieversorgung auf Grund der begrenzten Erdöl- und Gasvorkommen in der Nordsee gefährdet. Um diesem und anderen energieinduzierten Herausforderungen entgegenzuwirken, müssen regionale Maßnahmen innerhalb der EU getroffen werden. Ohne ein Zusammenwirken aller Mitgliedsländer und einer Neuausrichtung der bisherigen Energiepolitik innerhalb Europas wird die Abhängigkeit von Energieimporten weiter zunehmen. Diesbezüglich wurde bereits ein neues Projekt für eine zukunftsorientierte Energiepolitik innerhalb Europas von der entsprechenden EU- Kommission ausgearbeitet. Das Konzept wurde bereits im Mai 2007 vom EU- Kommissionspräsidenten Barroso vorgestellt und besteht aus den folgenden drei Säulen: − Vollendung eines wirklichen Energiebinnenmarktes − Effiziente Energienutzung − Schnelle Umstellung auf Energieträger mit wenig CO2- Ausstoß Der richtige Weg der EU ist also bereits eingeschlagen worden und es sollte eine gezielte und schnelle Umsetzung dieser Energiepolitik erfolgen. Das Energieproblem ist allerdings nicht ausschließlich regionaler Natur, da auch die Energie- und Umweltpolitik anderer Regionen einen starken Einfluss auf Europa ausüben. Deshalb genügt es für die EU langfristig nicht, sich ausschließlich auf ihre Energiebinnenpolitik zu konzentrierten. Auch hier gibt es von Seiten der europäischen Kommission bereits einen Ansatz zur Kompensierung dieser Probleme. Es wurde ein Maßnahmenkatalog erarbeitet, welcher langfristige Zusammenarbeiten und Kooperationen zwischen verschiedenen Regionen fördern soll. Diese Maßnahmen dienen zur Stärkung der internationalen Abkommen, wie z.B. der Energiecharta oder den Kyoto - Folgeregelungen. Des Weiteren sehen sie eine Einbeziehung weiterer internationaler Partner sowie neue bilaterale Abkommen mit Drittländern vor. Viele dieser Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgungssicherheit haben auch eine unterstützende Wirkung auf die Bekämpfung der durch Energieerzeugung und –nutzung bedingten Umweltbelastungen. Das Angehen der weltweiten Umweltbelastungen ist ein weiterer schwieriger Punkt, den es zu lösen gilt. Durch die hohe Heterogenität einzelner Staaten auf der Erde in Bezug auf Umweltpolitik ist es äußerst schwierig, dieses globale Problem mit einem globalen Konsens anzugehen. So wäre der optimale Fall im Sinne einer global 344 governance eine weltweite und staatenübergreifende Gemeinschaft zu gründen, welche die Umweltprobleme angeht. Als wichtigster Aspekt ist zu berücksichtigen, dass diese Organisation auch dazu berechtigt sein muss, Sanktionen gegen bestimmte Staaten auf der Erde zu verhängen, da ansonsten kein Druck auf diese Staaten ausgeübt werden kann. Dieser Ansatz ist allerdings als sehr utopisch zu beurteilen, da vorher alle Staaten diese Organisation anerkennen müssten. Die EU gilt bereits heute als Vorreiter in Umweltfragen. Diesen Status Quo gilt es zu halten und eine gewisse Vorbildfunktion auch gegenüber den asiatischen Staaten auszuüben. Denn mit dieser Vorreiterrolle in umwelttechnischem Know- How geht auch aus wirtschaftlicher Hinsicht ein gewisses Absatzpotential einher. Ein wichtiger Ansatzpunkt der EU ist allerdings auch ihre Unternehmen stärker in diese umweltbewusste Vorreiterrolle einzubeziehen. Denn leider findet heute bereits eine massive Abwanderung europäischer Firmen in Länder mit niedrigeren Umweltauflagen statt. Die EU sollte also die aus Umweltgründen abwandernden Firmen sanktionieren und weiterhin eine schnelle Umsetzung ihrer hohen Umweltstandards in anderen Regionen der Erde fordern, um eine Gleichbehandlung in Bezug auf die Standortpolitik der Unternehmen zu erfahren. Denn mit homogenen Umweltstandards in allen Regionen der Erde ist diese Abwanderung aus umwelttechnischen Gesichtspunkten nicht mehr interessant. Alles in Allem ist es für die EU eine der wichtigsten Aufgaben der nächsten Jahre ihren Platz im Spannungsfeld zwischen Regionalisierung und Asiatisierung zu finden. Es darf keine absolute Regionalisierung geben, allerdings darf man sich auch nicht völlig der Asiatisierung hingeben. Deshalb sollte der goldene Mittelweg eingeschlagen werden: Ein starker Auftritt auf internationaler Ebene, ermöglicht durch das Fundament gefestigter europäischer Strukturen und Zusammenarbeit. 345 Literaturverzeichnis Literaturquellen: Amineh, Mehdi P.: Die Politik der USA, der EU und Chinas in Zentralasien, Teil von „Aus Politik und Zeitgeschichte“ - Zentralasien, Frankfurt 2006 Azam, Jean-Paul: Trade, exchange rate and growth in sub-saharan Africa, Cambridge 2006 Bauer, Barbara (Hrsg.): Atlas der Globalisierung (Le Monde diplomatique), 2. Aufl., Berlin: TAZ-Verl.und-Vertriebsges. mbH, 2003. 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TEU .......................................................... 71 Abbildung 22: Weltweites Luftfrachtaufkommen .......................................................... 72 Abbildung 23: Welt Stahlbedarf ..................................................................................... 74 Abbildung 24: Verlauf der Transeurasischen Eisenbahn ................................................ 76 Abbildung 25: Schematischer Aufbau Skysails .............................................................. 77 Abbildung 26: Airbus A310 mit Wasserstoffantrieb ...................................................... 78 358 Abbildung 27: Digital Access Index ............................................................................... 81 Abbildung 28: Weltweite Unterseekabel ........................................................................ 82 Abbildung 29: Villeroy & Boch Plagiat ......................................................................... 86 Abbildung 30: Anzahl der im Ausland Studierenden ..................................................... 87 Abbildung 31: ASEM-Logo............................................................................................ 92 Abbildung 32: Exportzuwachs Deutschland – China ..................................................... 94 Abbildung 33: Importzuwachs Deutschland – China ..................................................... 95 Abbildung 34: Automobilmärkte weltweit ................................................................... 100 Abbildung 35: Logo VW AG........................................................................................ 101 Abbildung 36: Steigende Lebenserwartung in Europa ................................................. 107 Abbildung 37: Zu- und Abnahme der Bevölkerung in Millionen ................................ 107 Abbildung 38: PKW-Neuzulassungen der EU-15 ........................................................ 111 Abbildung 39: Smart ..................................................................................................... 113 Abbildung 40: Noble ..................................................................................................... 113 Abbildung 41: v.l. Peugeot 107 , Citroen C1, Toyota Aygo......................................... 120 Abbildung 42 Osteuropa ............................................................................................... 125 Abbildung 43 Religionen in Osteuropa ........................................................................ 126 Abbildung 44 Ölvorkommen der Welt in Mrd. Barrel ................................................. 135 Abbildung 45 Die wichtigsten Rohstoffvorkommen der Welt ..................................... 136 Abbildung 46 Freie Ingenieursstellen in den einzelnen Branchen in Osteuropa .......... 138 Abbildung 47 Milliardenverluste - Da der Ingenieurmangel Firmen zwingt, Aufträge abzulehnen, verlieren sie 3,5 Mrd. € an Wertschöpfung............................................... 138 Abbildung 48 Ausländische Studienabgänger von deutschen Hochschulen ................ 139 Abbildung 49 Wirtschaftskennzahlen Osteuropas im Vergleich .................................. 141 Abbildung 50 Armutsanteil unter der osteuropäischen Bevölkerung ........................... 142 Abbildung 51 Anstieg des Inlandsverkehrs der einzelnen Länder................................ 144 Abbildung 52 Günstige Verkehrslage Serbiens ............................................................ 155 Abbildung 53: Demokratisierungsentwicklung zwischen 1997-2003 .......................... 168 Abbildung 54 - HIV-Infiziertenqoute ........................................................................... 177 Abbildung 55 Länder der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit .................... 204 Abbildung 56 - Energieproduktion Usbekistan............................................................. 205 Abbildung 57: Autobahnnetz ........................................................................................ 247 Abbildung 58 Anteil der Bevölkerung in Armut .......................................................... 257 Abbildung 59 Wachstum und Proportionaler Wechsel in Afrikanischen Exportmärkten ....................................................................................................................................... 263 Abbildung 60 Wachstum und Proportionaler Wechsel in Afrikanischen Exportmärkten ....................................................................................................................................... 264 Abbildung 61 Chinesische Direktinvestitionen 2004 ................................................... 266 Abbildung 62 Mangelhaftigkeit in der Standarisierung ................................................ 269 Abbildung 63 Energiereserven...................................................................................... 270 Abbildung 64 Wachstum bis 2030 ................................................................................ 273 Abbildung 65 COMESA ............................................................................................... 275 Abbildung 66 SADC ..................................................................................................... 275 Abbildung 67 Auswanderung aus Mittelamerika in die USA ...................................... 302 Abbildung 68 Panama-Kanal ........................................................................................ 304 Abbildung 69 Verschuldung privater Haushalte USA .................................................. 305 Abbildung 70 Kriegskosten der USA ........................................................................... 306 Abbildung 71 Interozeanischer Kanal von Nicaragua .................................................. 311 359 Abbildung 72 Entwicklung der Rohstoffpreise an den Internationalen Warenbörsen 2003-2007 ..................................................................................................................... 314 Abbildung 73 Der Wechselkurs des € gegenüber US $,£ und Yen 1999 – 2007 ......... 316 Abbildung 74 Die Entwicklung der ausländischen ....................................................... 319 Tabellenverzeichnis Tabelle 1 Verteilung der Erdbevölkerung....................................................................... 58 Tabelle 2: Umsatzzahlen 2006 ...................................................................................... 104 Tabelle 3: Umsatzzahlen 2005 ...................................................................................... 104 Tabelle 4: Umsatzveränderung von 2005 auf 2006 ...................................................... 104 Tabelle 5: Länderprofile im Vergleich.......................................................................... 166 Tabelle 6: Wichtigste Wirtschaftsdaten im Vergleich .................................................. 171 Tabelle 7: Erdölproduktion & -verbrauch; gesicherte Reserven 2006 ......................... 178 Tabelle 8: Erdgasproduktion & -verbrauch; gesicherte Reserven 2006 ....................... 178 Tabelle 9 Kulturdimensionen nach Geert Hofstede 2003 ............................................. 223 Tabelle 10: Kyotoliste ................................................................................................... 255 Tabelle 11 Durchschnittliche Jährliche BIP Wachstumsrate 1996 - 2005.................... 265 Tabelle 12 Distribution nach Zielmarkt und Firmennationalität in Afrika ................... 267 Tabelle 13 Top 10 der deutschen Unternehmen in den USA auf den Verkauf gerichtet. ....................................................................................................................................... 289 Tabelle 14 Top 10 der deutschen Unternehmen in den USA nach Anzahl der Beschäftigten................................................................................................................. 290 Tabelle 15 Schifffahrtskanäle im Vergleich ................................................................. 300 Tabelle 16 Kennzahlen Import & Export 2005 ............................................................. 301 Tabelle 17 EU Ziele zum Ausbau regenerative Energien und des Einsatzes von Biokraftstoffen .............................................................................................................. 331 Tabelle 18 World Riskmap 2007 .................................................................................. 336 Verfasserverzeichnis Einführender Überblick und Schlusswort Friederike Peters Ralf Agnesmeyer Justyna Drotlew 360 Philipp Saxer Globalisierung Florian Meier Juri Schwindt Matthias Stüttgen Sebastian Schäfer Westeuropa Sebastian Hagedorn Steffanie Ahrens Juri Begoihn Phillip Kellermann Osteuropa Paul Görsch Gregor Maselon Dennis Hausmann Zentralasien Stephan Grunenberg Kolja Dammert Florian Kopp Thilo Schlüter Ostasien Lipeng Ji Sebastian Ludwig Beschaffung in China Xiaobing Lei Naher Osten Mücahit Kara Ela Bozlak 361 Lena Ehlers Sarah Mikloweit Afrika südlich der Sahara Karsten Ritter Tobias Helmke Christof Markus Mittel und Nordamerika Torben Graß Sindy Röhr Axel Rodmann André Bergmann Südamerika Sven Braatz Rainer Klopp Maximilian Loerchner 362