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46 BZB Januar/Februar 13 Praxis BLZK Der kleine Unterschied spielt keine Rolle mehr Dipl.-Volkswirt Stephan Grüner über die neuen Unisex-Tarife in der PKV Seit dem 21. Dezember 2012 ist Schluss mit unterschiedlichen Versicherungsbeiträgen für weibliche und männliche Kunden. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat durchgesetzt, dass Versicherungen die gleichen Tarife für Frauen und Männer anbieten müssen. Doch was bedeutet der Begriff „Unisex“? Und wie wirken sich die Einheitstarife auf privat Krankenversicherte aus? Der Kaufmännische Geschäftsführer der BLZK, Dipl.-Volkswirt Stephan Grüner, hat die Antworten. BZB: Herr Grüner, was sind Unisex-Tarife? Grüner: Unisex-Tarife werden einheitlich für Frauen und Männer berechnet. Geschlechtsabhängige Krankheitsrisiken spielen keine Rolle mehr. BZB: Warum wurden die Unisex-Tarife eingeführt? Grüner: Mit seinem Urteil vom 1. März 2011 hat der EuGH jegliche Art der Diskriminierung von Männern und Frauen untersagt. Diese Entscheidung wurde zum 21. Dezember 2012 auch in der PKV umgesetzt. Seit diesem Stichtag dürfen die Versicherungsbeiträge nicht mehr nach unterschiedlichen geschlechtsspezifischen Risiken kalkuliert werden. BZB: Was ändert sich für Kunden, die schon vorher privat versichert waren? Grüner: Verträge, die vor dem 21. Dezember 2012 abgeschlossen wurden, sind – nach derzeitigem Stand – von der Entscheidung des EuGH nicht betroffen. Bestandskunden können also weiterhin in ihren bisherigen Tarifen bleiben. BZB: Können Bestandskunden in Unisex-Tarife wechseln? Grüner: Ja. Durch das Wechselrecht nach § 204 Versicherungsvertragsgesetz und unter Berücksichtigung der Umwandlungsregelungen haben sie die Möglichkeit, in Unisex-Tarife zu wechseln. BZB: Führt ein Wechsel gemäß § 204 automatisch zur Umstellung auf die neuen Tarife? Grüner: Es kommt darauf an, ob es sich um einen Wechsel innerhalb gleichartiger Krankheitskostenvoll- oder Krankheitskostenteilversicherungstarife handelt oder ob der Weg von der Krankheitskosten- vollversicherung (KKV) in die Krankheitskostenteilversicherung (KKTV) führt. Ein Wechsel innerhalb gleichartiger KKV- oder KKTV-Tarife führt nicht zur Umstellung auf Unisex. Dagegen hat ein Wechsel von der KKV in die KKTV die Umstufung in den neuen Einheitstarif zur Folge, ebenso wie der Wechsel von der KKTV in die KKV. BZB: Kann man aus einem Unisex-Tarif zurück in einen Bisex-Tarif wechseln? Grüner: Das Bundesjustizministerium will solche Wechselszenarien unterbinden. Dazu soll § 204 Versicherungsvertragsgesetz geändert werden. Die Umsetzung steht bisher allerdings noch aus. BZB: Hat die Hinzuversicherung eines Tarifs die Umstellung des Grundtarifs auf Unisex zur Folge? Grüner: Nach derzeitigem Stand führt ein neuer Baustein nicht dazu, dass das gesamte Vertragsverhältnis auf den neuen Einheitstarif umgestellt wird. Vielmehr können die alten Bausteine in der „BisexWelt“ bleiben, während die Kalkulation des neuen Bausteins nach Unisex-Kriterien erfolgt. BZB: Werden die Beiträge jetzt steigen? Grüner: Die Beiträge der Unisex-Tarife lassen sich nicht mit der Kalkulation der bisherigen Tarife vergleichen. Das liegt vor allem am Wegfall der geschlechtsabhängigen Berechnung, die sich auf den Risikoanteil der Beiträge auswirkt und in Wechselszenarien berücksichtigt werden muss. Bei der Einführung der Unisex-Tarife waren die Versicherungsunternehmen verpflichtet, sämtliche Rechnungsgrundlagen auf den neuesten Stand zu bringen. Das Interview führte Thomas A. Seehuber. Kontakt Wer Interesse an einer privaten Krankenversicherung hat, sendet den Coupon auf Seite 47 an die dort angegebene Faxnummer. Fragen zur privaten Krankenversicherung beantworten die Mitarbeiter der VVG unter Telefon 089 72480-400.