CJD-Jugenddorf-Christophorusschule Grundschule in Braunschweig..

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CJD-Jugenddorf-Christophorusschule Grundschule in Braunschweig..
CJD-Jugenddorf-ChristophorusschuleGrundschule
Leben Lernen
Konzeption
CJD-Jugenddorf-Christophorusschule
CJD Jugenddorf-Christophorusschule
Dr. Wilhelm-Meyer-Gymnasium
Hans-Georg-Karg-Grundschule
Georg-Westermann-Allee 76
Leonhardplatz 1 - 2
38104 Braunschweig
38102 Braunschweig
Telefon:
0531/7078-0
Telefon:
0531/7078-311
Fax:
0531/7078-155
Fax:
0531/7078-321
e-mail:[email protected]
e-mail:[email protected]
www.cjd-braunschweig.de
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Inhaltsverzeichnis
Seite
0. Statt eines Vorwortes
1. Die Jugenddorf-Christophorusschule Braunschweig
2. Pädagogische Grundsätze
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
Ganzheitliches Lernen
Kreativitätsförderung
Hinführung zu Fragen von Religion, Glaube
und Werten
Soziale Verantwortung
Persönlichkeitsbildung
3. Organisationsrahmen des Unterrichts
4. Innovative pädagogische Herangehensweisen
4.1
4.2
4.3
4.4
4.5
Innere Differenzierung
Montessori-Pädagogik
Lebenspraktisches Lernen
Persönlichkeitsentwicklung und Gewaltprävention
Erlernen einer Fremdsprache
5. Psychologische Begleitung und Betreuung
6. Elternarbeit
6.1 Information der Eltern
6.2 Zusammenarbeit mit den Eltern
6.3 Unterrichtsbegleitung und Mitgestaltung durch Eltern
6.4 Projektbezogene und konzeptbezogene Zusammenarbeit von Eltern und Schule
7. Fortbildung
8. Materielle und räumliche Bedingungen
9. Finanzierung und Beiträge
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3
0. Statt eines Vorwortes
Der Name Jugenddorf-Christophorusschule vermittelt entscheidende Bezüge für das, was an diesen Schulen geschieht. Zunächst
einmal weist er in dem göttlichen Kind, das Christophorus auf seinen Schultern trägt, auf unsere ganz besondere Verantwortung für
alle Kinder hin. Im Mittelpunkt allen pädagogischen Handelns an
einer Jugenddorf-Christophorusschule steht der junge Mensch, und
zwar als Einzelner, der sich mit allen seinen Schwächen und Stärken, Problemen und Vorzügen als Person angenommen fühlen
muss.
Die Wertung nach einer Norm ist nicht Sache der JugenddorfChristophorusschule, denn jeder Mensch trägt seinen absoluten
Wert als Ebenbild Gottes in sich selbst. Die Achtung der Lehrenden
und Erziehenden vor diesen Menschen bestimmt das pädagogische
Klima, in denen die Ansprüche der Schule verwirklicht werden sollen. Die Fürsorge für den Einzelnen muss immer so weit reichen,
dass die bestmögliche Lösung, der bestmögliche Weg gefunden
wird.
Die Schulen im CJD sind Jugenddörfer. Dieser Name spricht aus,
dass Gemeinschaft hier einen besonderen Stellenwert hat. Der Einzelne ist von Gott her auf den Nächsten angelegt, und die Welt ist
den Menschen als Gemeinschaft anvertraut. JugenddorfChristophorusschulen haben deshalb den Auftrg, auf immer neuen
Wegen Gemeinschaft erfahrbar zu machen. Denn nur aus der Erfahrung geimeinsamen Lebens und Erlebens, zum Beispiel im musischen oder sportlichen Tun, kann die Annahme der Verpflichtung
zum Dienst für die Gemeinschaft erwachsen.1
1
Jedem seine Chance. 50 Jahre Christliches Jugenddorfwerk Deutschland e.V. Ebersbach/Fils 1997, S. 145 f.
3
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Die Grundschule soll ihre Schüler entwicklungsgerecht durch angemessene Anregungen und Aufgabenstellungen fördern und unter
dem Anspruch ausgleichender Bildungsvermittung jedem Schüler
den Lernweg eröffnen, der seine mitgebrachten Erfahrungen, die
vom Elternhaus geprägten Lerngewohnheiten und seine individuellen Eigentümlichkeiten mit den systematischen Lernanforderungen
der Schule verbindet. Ihren Schülern schuldet die Grundschule die
Einführung in die Grundfähigkeiten, die für alle Lern- und Handlungsbereiche wichtig sind.2
Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.3
Erl. D. MK v. 7.5.1981 – 3012 – 31020 GültL 174/89 (SVBl.112), zuletzt geändert
am 31.3.1992 – GültL 174/117 (SVBl. S. 161) (Lernen in der Grundschule)
3
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Die Grundrechte. Artikel 2.
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1. Die Jugenddorf-Christophorusschule Braunschweig
Die Jugenddorf-Christophorusschule Braunschweig ist eine staatlich anerkannte Ersatzschule/Gymnasium mit den Jahrgangsstufen 5 – 13. Sie
liegt auf einem eigenen Schulgelände an der Georg-Westermann-Allee
76 und beherbergt zur Zeit ca. 750 Schülerinnen und Schüler. Die Schule wird als Ganztagsschule geführt und hat ein angeschlossenes Internat, in dem ca. 130 Jugendliche leben. Für externe Schüler ist eine
Betreuung bis ca. 17.00 Uhr möglich. Dabei dehnt sich das fakultative
Schulprogramm darüber hinaus bis in den Abendbereich – das sogenannte Jugenddorfprogramm – aus. Sowohl die Versorgung mit Mittagessen als auch betreute feste Lernzeiten im Klassenverband sind gewährleistet. Darüber hinaus bietet ein umfangreiches additives Angebot
(ca. 50 Arbeitsgemeinschaften und Projekte werden parallel angeboten)
die Möglichkeit zur Entdeckung und Förderung unterschiedlichster Begabung aus allen Bereichen der Persönlichkeit. Außerdem wird in dem
fakultativen Schulprogramm in besonderer Weise die Möglichkeit zur Erfahrung von Gemeinschaft geboten, wie auch die Verpflichtung zur
Übernahme von Verantwortung in der Gemeinschaft eingeübt.
Das Schulprogramm ist in besonderer Weise ausgezeichnet durch ein
integratives Förderkonzept in den Jahrgangsstufen 5 – 8, das auch die
Förderung hochbegabter Kinder und Jugendlicher einschließt. Ab der
Jahrgangsstufe 9 werden Sonderklassen für hochbegabte Jugendliche
geführt. Diese Klassen haben ein eigenes Curriculum und eine besondere Gestaltung der Lernwelt. Der Normalzweig des Gymnasiums wird
durch eine Abfolge von Beziehungs- und Bildungsschwerpunkten gekennzeichnet. Diesen ist eine entsprechende Abfolge von Projekten zugeordnet.
Angeschlossen ist eine psychologische Beratungsstelle mit dem
Schwerpunkt von Diagnostik, Schullaufbahnberatung und Krisenintervention. Zur Zeit werden pro Jahr ca. 400 diagnostische Fälle behandelt.
Selbstverständlich treten in diesem Beratungsrahmen überproportional
Familien mit hochbegabten Kindern auf, die parallel noch weitere Teilleistungsstörungen oder andere psychische und psycho-soziale Probleme aufweisen. Der inzwischen allgemein bekannte Fall eines „underachievers“ ist dabei nur ein Beispiel für mögliche Schwierigkeiten. Wichtig
in der Arbeit einer solchen Beratungsstelle ist vor allen Dingen die Kombination von Diagnostik und Schullaufbahnberatung, die tatsächlich auf
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dem Boden der Praxis erfolgt. Aus dieser Beratungsstelle erwuchs immer deutlicher die Aufgabe, Förderprogramme unter besonderer Berücksichtigung hochbegabter Kinder auch für die Grundschulzeit zu entwickeln.
Ein entsprechendes Gelände für den Aufbau der JugenddorfChristophorus-Grundschule wurde in ca. 400 Meter Entfernung an der
Leonhardstraße 1 – 2 neben der Johanniskirche gefunden. Die KargStiftung (mit Sitz in Frankfurt), die auch beteiligt ist an der wissenschaftlichen Begleitung des Schulversuchs für hochbegabte Kinder in einer
städtischen Grundschule in Hannover, hat dieses Grundstück vom Land
Niedersachsen erworben und der Jugenddorf-Christophorusschule
Braunschweig für die Errichtung einer Grundschule als Teil ihrer Einrichtung zur Verfügung gestellt. Träger dieser Grundschule ist das Christliche Jugenddorfwerk Deutschlands e.V., Teckstraße 23, 73061 Ebersbach.
2. Pädagogische Grundsätze
Ziel der schulpädagogischen Arbeit ist die Bildung und Förderung der
Persönlichkeit des Kindes. Darum sind die grundlegenden Prinzipien der
Grundschularbeit: das ganzheitliche Lernen, die Kreativitätsförderung,
die Hinführung zu Fragen von Religion, Glaube und Werten, sowie die
Erziehung zur sozialen Verantwortung. Die Grundschule soll dabei in besonderer Weise die Integration von leistungsschwachen wie auch leistungsstarken Kindern ermöglichen. Diese Ziele werden durch eine umfassende innere Differenzierung und weitere innovative pädagogische
Herangehensweisen erreicht. Insbesondere ist die Grundschule offen
für:
• Kinder aus der Stadt Braunschweig
• Kinder mit besonderen Beeinträchtigungen, z. B. Teilleistungsstörungen
• Kinder mit besonderen sozialen Beeinträchtigungen
• Kinder mit besonderen körperlichen Beeinträchtigungen
• Kinder mit besonderen intellektuellen Fähigkeiten, die dem Durchschnitt ihrer Altersklasse weit voraus sind.
Bedingung der Aufnahme ist, dass die Kinder im Rahmen von Grundschulanforderungen am unteren Erwartungshorizont noch annähernd
zielgleich unterrichtet werden können. Für den oberen Anforderungshorizont sind keine Beschränkungen gegeben. Wie bei Beeinträchtigungen
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ist auch hier die besondere Aufgabe der Schule, jedem Schüler und jeder Schülerin den besten Lernweg zu eröffnen.
2.1
Ganzheitliches Lernen
In den letzten Jahrzehnten hat sich unsere Vorstellung von Bildung,
Schule und Lernen grundlegend gewandelt. Lernen wird heute nicht
mehr als eine einseitige Wissensvermittlung von „Wissenden“ zu „Unwissenden“ verstanden, sondern als selbstorganisierter und aktiver Prozess der Aneignung von Lebenswelt und Weltverständnis.
Eine zeitgemäße Schule stellt daher die Lernbedürfnisse und Lernprozesse von Kindern in den Mittelpunkt. Die Aufgabe der Pädagogik ist es,
die dafür notwendigen Erfahrungsräume zur Verfügung zu stellen und
durch individuelle Förderung und Forderung zu initiieren, zu begleiten
und zu unterstützen.
Ganzheitliches Lernen bedeutet kognitives Lernen, emotionales Lernen,
soziales Lernen und ebenso auch sensorisches Lernen. Auch der praktischen handwerklichen Seite kommt dabei hohe Bedeutung zu. Zunehmend setzt sich darüber hinaus die Erkenntnis durch, dass Lernen nicht
nur im Sitzen stattfinden kann, sondern die Einbeziehung von Körperwahrnehmung, Bewegung und die Erkundung des sozialen Nahraums
mit einschließen muss.
Welche Konsequenzen hat diese Grundeinstellung für ein pädagogisches Konzept im Schulalltag? Der gesamte Schulraum und der gesamte Aufenthalt der Kinder in der Schule wird in gleicher Weise als Lebensund Lernraum betrachtet. Dieses meint in keiner Weise, dass die gesamte Schulzeit verplant sein solle, eher im Gegenteil: Der Blick auf Lernen
als ein selbstorganisierter und aktiver Prozess des Kindes erfordert eine
Gestaltung des Schultages mit mindestens gleich großen Anteilen von
freigewähltem Lernen und geleitetem Lernen. In beiden Bereichen müssen Anreize für die unterschiedlichsten Lernvorgänge geschaffen werden
durch Materialien wie Situationen, die insbesondere die Sinne ansprechen, Gelegenheit zum praktischen und handwerklichen Tun, aber auch
Materialien und Situationen, die zum kognitiven Begreifen und Forschen
anregen. Sowohl in diesen freigewählten wie geleiteten Lernräumen als
auch in Frühstückszeiten, Spielpausen und Ruhezeiten ist das soziale
Lernen permanenter Bestandteil der konkreten Lebenssituation der Kinder in der Schule. Auch dieses soziale Lernen wird als ein selbstorganisierter Prozess verstanden. Kinder lernen Regeln des sozialen Miteinan7
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ders, indem sie zunächst Bindung in der Gemeinschaft erfahren und
dann diese Bindung in akzeptierte Regeln umsetzen können.
Schule muss heute mehr denn je sozialer Bindungsraum für Kinder sein,
da ihre alltägliche Lebenswelt diesen Bereich zum Teil kaum noch abdecken kann. Ohne Bindung –und hier zeigt sich insbesondere das emotionale Fundament allen Lernens – ist Gemeinschaftsfähigkeit nicht möglich. Im Bereich des sozialen Lernens wird besonders deutlich, was für
alle Lernbereiche gilt. Es muss immer um ein ausgewogenes Verhältnis
gehen zwischen der Stillung eines elementaren Bedürfnisses des Kindes
und der Einforderung nach Verantwortung für andere. Nur wer für seine
intellektuellen Bedürfnisse Befriedigung findet, wird bereitwillig sein Vermögen anderen als Hilfe zur Verfügung stellen. Nur wer sich angenommen weiß in einer Gemeinschaft, wird selbst zum Träger einer Gemeinschaft werden. Darum ist es von nicht zu überschätzender Bedeutung,
dass Schule heute in gleichem Maße Lebensraum wie Lernraum ist.
Kinder eignen sich ihre eigene Welt durch Bewegung an. Das Bedürfnis
nach Bewegung scheint physiologisch eminent zu sein, es ist gesundheitlich notwendig, aber auch der Prozess jeglichen Lernens ist letztlich
nichts anderes als Bewegung. Darum ist es gerade für eine Grundschule
wichtig, die Prozesse des Lernens mit der Möglichkeit von Bewegung zu
verbinden. Bewegung muss im Klassenraum möglich sein, wie auch im
Schulraum. Lernen muss abwechselnd gestaltet werden zwischen konzentrierten Phasen und bewegten Phasen. Unterricht muss stattfinden
im engeren Raum und im weiteren Raum um die Schule herum.
2.2
Kreativitätsförderung
Kreativität ist sicherlich einer der schillernsten Begriffe in der Gesamtpersönlichkeit eines Menschen. Die pädagogische und psychologische
Forschung beschäftigt sich seit langem mit Fragen der Kreativität. Kreativität erlaubt dem Menschen, Bekanntes zu verwandeln und Gegebenes
neu zu schaffen. Darüber hinaus ist es eine Frage von Kreativität, ob für
alte Probleme neue Lösungen gefunden werden oder sogar für bislang
unlösbare Probleme solche Lösungsideen auftauchen. Kreative Menschen sind schöpferische Menschen. Dieses Schöpferische kann sich
ausdrücken in dem, was sie mit den Händen tun, in dem, was sie über
ihre Sinne verarbeiten und auch in ihrem Denken. Selbst in der Frage
der Beziehung zu anderen gibt es besonders kreative Menschen.
Kreativität ist also wichtig zur Gestaltung des eigenen Lebensraumes,
zum befriedigenden Erlebnis solcher Gestaltung, aber auch grundsätzlich Bedingung für jede Innovation im praktischen, technischen, künstle8
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rischen oder intellektuellen Bereich. Die Wichtigkeit von Kreativität steht
also überhaupt nicht in Frage und damit kann auch die Förderung von
Kreativität als pädagogische Aufgabenstellung gar nicht überbetont werden.
Kreativität braucht Freiräume. Solche Freiräume in der JugenddorfChristophorus-Grundschule werden auf verschiedenste Weise geschaffen. Zum einen ist da der Freiraum in der selbstgewählten Kombination
der zu bearbeitenden Materialien, wie sie der große Bereich der Freiarbeit zur Verfügung stellt. Zum Zweiten gibt es den Freiraum eines „lebenspraktischen Tages“, in dem die Kinder im Rahmen von Projektarbeit
und Aktivitäten sehr stark über ihr eigenes Tun und Gestalten mitentscheiden. Zum Dritten bietet das Werkstattangebot viele Gelegenheiten
zur Gestaltung in den unterschiedlichsten genannten Bereichen.
Kreativität wird schwerpunktmäßig angeleitet und gefördert in den künstlerischen und musischen Bereichen. Darunter ist sowohl der handwerkliche, als auch der malerische Bereich zu verstehen, sowohl die gesangliche Arbeit, als auch die instrumentelle Arbeit, aber auch Möglichkeiten
wie Tanz sind vorgesehen. Dieses wird umgesetzt zum einen im entsprechenden Fachunterricht, aber vor allem im Werkstattangebot am
Nachmittag. Ebenso wird ein technisches Projekt wiederkehrend im Angebot sein.
An dieser Stelle muss noch besonders darauf hingewiesen werden, dass
eine der Kernkompetenzen der gesamten pädagogischen Arbeit im CJD
die Arbeit im musischen Bereich ist. Diese Förderung musischer Fähigkeiten, also explizit die Förderung von Kreativität, gilt für alle Bereiche
der Pädagogik, sei es mit behinderten Kindern, sei es mit psychisch
Kranken oder mit Jugendlichen ohne Schulabschluss. Dahinter steht der
Anspruch des CJD, den ganzen Menschen mit einer ganzheitlichen Pädagogik in den Blick zu bekommen. Die Einzigartigkeit des Menschen –
wie sie das christliche Menschenbild insbesondere betont – prägt sich
auch in besonderer Weise in der Fähigkeit zur Kreativität aus. Die
Schöpfung ist dem Menschen zur verantwortlichen Gestaltung anvertraut.
2.3
Hinführung zu Fragen von Religion, Glaube und Werten
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Zu Beginn dieser Konzeption für den Aufbau einer besonderen Grundschule wurde auf das Menschenbild hingewiesen, von dem aus in Jugenddorf-Christophorusschulen gearbeitet wird. Der Mensch wird gesehen als Geschöpf Gottes, von dem her jeder Einzelne seinen unverwechselbaren absoluten Wert mitbringt. Jeder Mensch hat den Auftrag,
an der Schöpfung Gottes in Gemeinschaft mitzuwirken. Das Ziel jeder
menschlichen Existenz ist : ein gelingendes Leben. Darunter wird verstanden, dass jeder Mensch für sich selbst sein Leben befriedigend gestaltet, dieses aber unabdingbar verbunden ist mit seinem Leben und
Wirken in Gemeinschaft. Für die Pädagogik in JugenddorfChristophorusschulen ist der Bezugspunkt Jesus Christus selbst, der jeden einzelnen Menschen solch unverwechselbares Kind Gottes sein
lässt.
Dieses Menschenbild beinhaltet als Kernpunkt die Freiheit des Menschen. Sie ist wesentlich in der Ebenbildlichkeit des Menschen zu Gott.
Deswegen kann der Glaube – der christliche Glaube, wie auch ein anderer – niemals Verpflichtung sein, sondern nur Angebot. Allerdings geht
die Pädagogik in Jugenddorf-Christophorusschulen davon aus, dass die
Entscheidung über das eigene Verhältnis zu Glaube, Religion und Werten im Zuge des Erwachsenwerdens für jeden Menschen unverzichtbar
ist. In dieser Entscheidung legt der Mensch für sein Leben gestalterische
Prinzipien fest, die Fundament seiner Persönlichkeit und Lebensausrichtung sind. Damit solche Entscheidungen möglich werden, bedarf jeder
Mensch der Erfahrung mit Religion, mit Glauben und die tagtägliche Erfahrung eines wertebestimmten Lebens. Fortschreitend muss eine intellektuelle Auseinandersetzung hinzukommen, die für jeden Entscheidungsspielräume und Verhaltensspielräume ermöglicht. Nur auf Grund
von Erfahrung und Auseinandersetzung ist eine kritische Haltung möglich, die zu den oben angesprochenen Prinzipien führt.
In der Grundschule werden diese Fragen insbesondere projektbezogen
behandelt. Das heißt, Religion kommt überwiegend nicht als Unterrichtsfach in einzelne Stunden aufgesplittet vor, sondern die Unterrichtsgegenstände des Faches Religion werden verknüpft mit Erfahrungsmöglichkeiten im Bereich von Religion und ihren karitativen und sozialen
Konsequenzen. Zum Beispiel kann das Thema des Aufwachsens Jesu in
einer jüdischen Familie und Kultur verbunden werden mit der Kontaktaufnahme der Kinder zu Kindern in der jüdischen Gemeinde und dem
gemeinsamen Ausgestalten einer Ausstellung über Leben jüdischer Kinder damals und heute. So kann von Anfang an die Verbindung von Erfahrung und Auseinandersetzung geschaffen werden, die im Sinne eines
ganzheitlichen Lernens, eines Lernens im Rahmen von Persönlichkeitsbildung, als grundsätzliches Fundament anzusehen ist.
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Begleitend durch den Jahreskreis sollen die Kinder darüber hinaus
christlich religiöse Kultur erleben und gestalten und insbesondere mit
Grundsymbolen menschlichen Lebens vertraut werden, wie z. B. Wasser
und Licht. Außerdem kommen gottesdienstliche Erfahrungen hinzu.
Grundsatz dabei ist, dass von Anfang an ganz offen mit der Zugehörigkeit zu verschiedenen Konfessionen und Religionen und auch der Möglichkeit, keiner Religion anzugehören, umgegangen wird. Diese verschiedenen Lebensweisen sollen gegenseitig akzeptiert werden und im
Hinblick auf ihre guten Gründe dargestellt werden. Bezugspunkt ist bei
allem die Hinführung zur eigenen Entscheidung.
2.4
Soziale Verantwortung
Ein wesentliches Ziel der Jugenddorf-Christophorus-Gundschule, wie
auch des CJD allgemein, ist die Erziehung zur sozialen Verantwortung.
Dies bedeutet zunächst Verantwortung für sich selbst.
Wer eigene Bedürfnisse und Grenzen, Stärken und Schwächen erkennt
und angemessen zum Ausdruck bringen kann, kann das auch bei anderen erkennen und respektieren. Dieses ist die Grundlage für eine gegenseitige Unterstützung, die das Geben und Annehmen von Hilfe einschließt. Solche Hilfe wird tagtäglich in allen Bereichen der Schule gegenseitig gefordert und gefördert. Schüler und Schülerinnen können immer wieder Aufgaben übernehmen, die gezielt zur Stärkung eines anderen oder einer Gruppe beitragen. Ebenso kann es um Aufgaben gehen,
die zum Gelingen der gesamten Schulgemeinschaft wichtig sind. Praktische Aufgaben solcher Art sind der Dienst für Pflanzen oder Tiere,
Dienste im Bezug auf Ordnung und Sauberkeit, aber ebenso geht es um
Leitungsaufgaben in der Gestaltung des Unterrichts, im intellektuellen
Bereich und in der Projektarbeit. In einem selbstverständlichen Rahmen
der Übernahme von Verantwortung können auch insbesondere leistungsstarke Schüler besondere Dienste im Bereich ihrer Stärken für andere übernehmen.
Ein weiteres Ziel der Grundschule ist die Entwicklung und Stärkung der
Gruppenfähigkeit. Dies wird zum einen durch den gezielten Einsatz von
Gruppenarbeitstechniken, zum anderen durch die Bereitstellung von
Freiräumen für ein selbstorganisiertes Miteinander gefördert. Gruppenfähigkeit erfordert zudem das Aushalten und solidarische Lösen von
Konflikten. Gewalt zu vermeiden bedeutet dabei, mit Aggressionen leben
zu lernen: Weder Konfliktanlässe durch übergroße Reglementierung zu
vermeiden, noch aggressives und provokatives Verhalten unbegrenzt
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gewähren zu lassen. Dazu bedarf es eines wohl ausgewogenen Verhaltens von Einmischung und Zurückhaltung auf Seiten der Lehrkräfte.
Erziehung zur sozialen Verantwortung bedeutet schließlich solidarisches
Verhalten mit schwächeren Mitgliedern der Gesellschaft, konkret der
Schulgemeinschaft, zu unterstützen und zum Engagement gegen soziale
und ethnische Ausgrenzung zu ermuntern – zum respektvollen Miteinander mit alten Menschen, Behinderten oder z. B. ausländischen Mitmenschen -. Die Jugenddorf-Christophorus-Grundschule selbst steht natürlich behinderten Kindern, ausländischen Kindern und vielen anderen offen. Das Ziel ist, eine Vielfalt menschlicher Realität in der Schule zu vereinigen, so dass ein gegenseitiges Akzeptieren selbstverständlich ist.
Darüber hinaus können gerade die Projekte an den lebenspraktischen
Tagen dazu dienen, Kontakte mit anderen Gruppen z. B. alten Menschen herzustellen und zu intensivieren. Auch hier gilt der Grundsatz,
dass das gegenseitige Kennen Voraussetzung für das gegenseitige Akzeptieren ist.
Erst ein Vertrautsein mit den Stärken und Schwächen dieses „anderen
Menschen“ lässt Achtung wachsen und erst die Achtung vor jedem anderen Menschen gibt die Grundlage für das Bewusstsein des Wertes von
Freiheit und Demokratie. Der junge Erwachsene wird Freiheit und Demokratie nicht verteidigen, wenn das Kind keine Chance hatte, Andersartigkeit als selbstverständlich zu erleben und in der Andersartigkeit auch
für sich selbst Interessantes und Wertvolles entdecken. Die frühen kindlichen Erfahrungen über die Selbstverständlichkeit des miteinander Lebens ganz unterschiedlicher Menschen und der Achtung als Grundlage
all dieser Beziehungen gibt den einzig sicheren Boden zur Bewahrung
unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung.
2.5
Persönlichkeitsbildung
Der Punkt Persönlichkeitsbildung bildet den Abschluss des gesamten
Kapitels „Pädagogische Grundsätze“. Dieses ergibt sich daraus, dass
Persönlichkeitsbildung nicht ein einzelner von übrigen Tätigkeiten abgehobener Bereich ist, sondern Persönlichkeitsbildung ist das Zusammenstimmen der Förderung in den unterschiedlichsten Bereichen auf einer
einheitlichen geistigen Grundlage. Über die Grundlage, nämlich das
Menschenbild, wurde gesprochen. Die sich daraus ergebende Vorstellung von Persönlichkeit ist eine dynamische. Zum einen ist der Mensch
zu jedem Zeitpunkt seines Lebens. auch in seiner kindlichen und jugendlichen Entwicklung, eine Persönlichkeit, die ihren absoluten Wert in sich
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selbst hat und der mit Achtung begegnet werden muss. Gleichzeitig aber
ist jeder Mensch zu jedem Zeitpunkt seines Lebens, und gerade auch in
der kindlichen und jugendlichen Entwicklung, eine Persönlichkeit, die
noch der Bildung und Entwicklung bedarf. Eine Zukunft wird immer
schon mitgedacht, miterwartet und miterhofft, unbeschadet der Anerkennung des Wertes der gegenwärtigen Persönlichkeit.
Wegen dieser Spannung zwischen Gegenwart und Zukunft ist Bildung
und Erziehung eine herausragende Aufgabenstellung. Bildung und Erziehung soll die Räume eröffnen, in denen ein Mensch sich entwickeln
kann und Lebensgestaltung für sich und andere entwerfen kann. Bildung
und Erziehung soll ebenso die persönlichen Grundlagen von emotionaler
Bindung und Wertebindung schaffen, die allein einen Menschen befähigen, die Notwendigkeit solcher Prinzipien anzuerkennen, auch wenn er
im Laufe seines Erwachsenwerdens andere als die bisher erfahrenen zu
den seinen machen sollte.
Durch dies dynamische Persönlichkeitsmodell erfahren Bildung und Erziehung aber auch ihre Grenzen. Die Vorstellung vom Menschen ist gerade nicht die, dass er nichts ist und zu etwas gemacht werden müsse,
sondern sie schreibt ihm in jedem Moment seines Daseins eine Persönlichkeit mit Wert zu. Darum kann und darf Bildung und Erziehung niemals zu Machtausübung werden, sondern muss immer im Bereich des
Schaffens von Möglichkeiten bleiben. In der persönlichen Beziehung
sind Anleitungen, Anordnungen und feste Regeln in ihren Zusammenhängen transparent zu machen. Sie basieren nicht auf der Macht von
Einzelnen, sondern auf der Notwendigkeit von gemeinschaftlichem Lernen, Handeln und Leben. Als solche werden sie allerdings deutlich
kenntlich gemacht und ihre Einhaltung eingefordert. Gleichzeitig müssen
im Schulleben Entwicklungsbereiche geschaffen werden, in denen die
jungen Menschen altersgerecht nach demokratischen Prinzipien Regeln
beschließen und verändern können und dafür die Verantwortung übernehmen.
Die Bildung der Persönlichkeit ist also, genau wie Lernen überhaupt, überwiegend ein selbstgesteuerter Prozess, der zur eigenen Entfaltung
und Vervollkommnung eines ausgezeichneten pädagogischen Raumes
bedarf. In diesem Raum findet auch das intellektuelle Lernen statt. Intelligenz ist ein wesentliches Merkmal von Persönlichkeit, das in keiner
Weise vernachlässigt werden darf. Das intellektuelle Begreifen von Welt
und das denkende Handeln sind herausragende Merkmale des Menschen. Zur Persönlichkeitsentwicklung gehört darum gerade auch das
Ausschöpfen aller intellektuellen Möglichkeiten, die einem Kind von seinen Anlagen her zur Verfügung stehen könnten. Ein Zuviel an Förderung
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für intellektuell besonders begabte Kinder kann es nicht geben, allerdings ist immer darauf zu achten, dass intellektuelle Förderung sich verbindet mit den Bereichen von Kreativität, sozialem Lernen und praktischem Lernen.
Die Schule macht keinen Menschen, aber sie kann ihm Räume schaffen,
in denen er sich entwickeln kann. Die Ergebnisse einer solchen Entwicklung sind nicht vorhersehbar und vor allem nicht statisch. Vorhersehbar
sind aber wohl die Schäden, die bei Kindern entstehen, die keine ausreichenden Möglichkeiten zur Entwicklung bereitgestellt bekamen. Weder
mit dem Blick auf den einzelnen Menschen, noch mit dem Blick auf unsere Gesellschaft, sind solche ausgelassenen Chancen zu rechtfertigen.
Pädagogische Arbeit ist Wegbegleitung bei der je eigenen Persönlichkeitsentwicklung, ist Dienst am Menschen.
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3. Organisationsrahmen des Unterrichts
Grobe Zeitstruktur für jeden Schultag
ab 7.30 Uhr
13.00 Uhr
13.0 bis 14.30 Uhr
ab 14.30 Uhr
16.00 Uhr
abends
offener Anfang
Ende des verpflichtenden Schul-/Unterrichtsangebotes
Mittagessen, Ruhezeit, Spielpause
Werkstattangebote
Ende der Ganztagsbetreuung
Informations- und Fortbildungsangebote für Erwachsene
Wochenstruktur:
Montag
Dienstag bzw.
Donnerstag
Freitag
gemeinsamer Schulbeginn für alle Kinder der Grundschule
Lebenspraktischer Tag, jeweils gemeinsam für die Jahrgänge
1 und 2 sowie für die Jahrgäng 3 und 4
gemeinsamer Wochenschluss für alle Kinder
Tagesstruktur der Unterrichtstage
7.30 Uhr
offener Anfang. Die Kinder halten sich in ihrem Klassenraum
auf und fangen nach Wahl eine Beschäftigung an.
8.00 bis 9.30 Uhr
Freiarbeit. Freiarbeit nimmt einen großen Umfang ein. In der
Freiarbeit stehen den Kindern verschiedene Räumlichkeiten
zur Verfügung, sowohl im Klassenraum als auch in kleinen Extraräumen, in der Bibliothek, bzw. am Computer. Die Materialien umfassen den Bereich des Unterrichtsstoffes. Zusätzliche
Materialien stehen sowohl für Vertiefung im Unterricht vorkommender Themen als auch zur Erarbeitung ganz neuer
Themen bereit. Kinder unterschiedlichsten Lerntempos und
unterschiedlichster intellektueller Fähigkeit können je nach ihren Bedingungen arbeiten.
ca. 9.00 bis 9.30 gemeinsame Phase zum Abschluß der Freiarbeit. Einzelne
Uhr
Kinder berichten über das, was sie in der Freiarbeit getan haben und beziehen somit die gesamte Gruppe in ihre Arbeit ein.
9.30 – 10.00 Uhr
gemeinsames Frühstück, Pause.
10.00 bis 11.30 Uhr Klassen-/Fachunterricht. Insbesondere wird in dieser Zeit Gewicht auf die Vermittlung von Kulturtechniken gelegt, sowie die
Grundbildung in den Bereichen Deutsch, Mathematik und einer
Fremdsprache durchgeführt. Weitere Zeiten stehen für Sachunterricht und Teile des Religionsunterrichtes zur Verfügung.
11.30 bis 11.50 Uhr Pause
11.50 – 13.00 Uhr
Schwerpunktmäßig Unterricht in den Bereichen Musik, Kunst
und Sport
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Tagesstruktur des lebenspraktischen Tages:
Dieser Tag enthält keinen Stundenplan. Er wird in altersgemischten
Gruppen durchgeführt und beschäftigt sich mit Projekten in unterschiedlichsten Bereichen. Mögliche Bereiche sind:
• Werken
• Textil
• Kochen
• Technik
• Tiere und Garten
• Besichtigungen von Handwerk, Industrie etc.
• Besichtigungen von Museen und ähnlichen Einrichtungen
• Theater
• Erwanderung der Umgebung der Schule und der Stadt
• Religiöse Projekte bzw. soziale und karitative Projekte
• Sexualerziehung
• Weitere Bereiche sind denkbar
• Etc.
Prinzip des lebenspraktischen Tages ist es, Erfahrung, bzw. emotionales
und praktisches Lernen, intellektuelles Lernen und konkrete soziale Verantwortung miteinander zu verbinden.
Nachmittags- bzw. Ganztagsbetreuung
Für Kinder, deren Eltern eine Ganztagsbetreuung benötigen, wird diese
angeboten. In der Grundschule steht ein Speisesaal zur Verfügung. Die
Jugenddorf-Christophorusschule beköstigt schon jetzt ca. 600 Schüler
und Schülerinnen pro Tag und wird ihre Verpflegung auf Grundschulkinder ausdehnen. Nach dem Mittagessen ist Gelegenheit, sich in Ruheecken zurückzuziehen oder zu spielen. Die gesamte Mittagszeit wird von
Erzieherinnen betreut.
Dieses Angebot ist auch offen für Familien aus dem Stadtteil, die nur am
Nachmittag eine Betreuung wünschen oder benötigen. Mit der Teilnahme am Werkstattangebot endet die Nachmittagsbetreuung um 16.00
Uhr.
Struktur des Werkstatt-Angebotes:
Ab 14.30 Uhr finden unterschiedliche Werkstattangebote, insbesondere
in den Bereichen von musischer und sportlicher bzw. gesundheitsbezogener Bildung statt. Dazu kommen Angebote im Bereich neuer Techno16
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logien, anderer Sprachen und der Durchführung von umweltbezogenen
Projekten.
Darüber hinaus sind nach Bedarf weitere Angebote denkbar, insbesondere auch Förderangebote bzw. therapeutische Maßnahmen. Diese Angebote sind offen für Schüler und Schülerinnen der JugenddorfChristiophorus-Grundschule sowie andere interessierte Kinder.
4. Innovative pädagogische Herangehensweisen
4.1
Innere Differenzierung
Das Schlagwort der inneren Differenzierung gehört zu den viel gebrauchten und wenig eingelösten pädagogischen Maximen in allen Schulformen. Dennoch soll es auch in dieser Konzeption der Begriff für die
grundlegende Einstellung sein, mit der die Kinder unterrichtet werden
sowie auch der allgemeine Begriff zur Zusammenfassung verschiedener
konkreter unterrichtlicher und außerunterrichtlicher Angebote und Methoden.
Die grundlegende Einstellung alles Unterrichtens muss die der Achtung
vor jedem einzelnen Kind sein. Diese Achtung führt zur Akzeptanz der
unterschiedlichen Möglichkeiten und Schwierigkeiten, die jedes Kind
mitbringt. Diesen Möglichkeiten und Schwierigkeiten kann nur durch ein
differenziertes Angebot entsprochen werden. Für die Haltung der Pädagogen und Pädagoginnen ist diese grundlegende Einstellung von entscheidender Bedeutung. Sie ermöglicht realistische Erwartungen für die
Fortschritte jedes einzelnen Kindes auszubilden und befähigt zur Bereitschaft mit großer Phantasie Entwicklungswege für jedes einzelne Kind
zu entdecken. Ebenso wird die Bewertung der Leistungen eines jeden
Kindes sich von dieser Grundhaltung aus verändern. Dem Kind werden
glaubhafte Rückmeldungen über seine Erfolge gegeben, weil die Lehrkraft diese Erfolge anerkennt jenseits der Frage einer allgemeinen Norm.
Allerdings muss an dieser Stelle noch einmal in Erinnerung gerufen werden, dass auch die Jugenddorf-Christophorus-Grundschule sich nicht in
der Lage sieht, eine Integration ohne jegliche Eingrenzung der Spannbreite zu leisten. Als Voraussetzung wurde postuliert, dass die Kinder am
unteren Ende des Erwartungshorizontes annähernd zielgleich zu unterrichten sind. Dieses entspricht einer Spannbreite von Begabung und
Leistung, wie sie in den drei Schulformen von Gymnasium, Realschule
und Hauptschule zu finden ist. Nicht eingeschlossen ist der sonderpäda17
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gogische Bereich für geistig behinderte Kinder. Eine Integration unter
Einschluss dieser Gruppe würde noch einmal ganz andere konzeptionelle, personelle, materielle und räumliche Bedingungen voraussetzen.
Konkrete Maßnahmen der inneren Differenzierung müssen in allen Bereichen des Unterrichts und des außerunterrichtlichen Angebots vorhanden sein. Die Wochenplanarbeit als charakteristisches Merkmal des
Klassenunterrichts ermöglicht eine individuelle Führung der Kinder. In
der Wochenplanarbeit können außer der Gestaltungsvielfalt in der jeweiligen Klasse Einheiten der Wochenpläne anderer Klassen oder Altersstufen ebenfalls für jedes Kind geöffnet werden. Ein noch bedeutenderes
Moment in der Individualisierung des Lernens ist der Raum für Freiarbeit.
Diese macht ca. 50 % der gesamten Unterrichtszeit aus. In der Freiarbeit wird in der Anlehnung an Montessori-Pädagogik verfahren. Ein wesentlicher Unterschied ergibt sich daraus, dass die Vielfalt und Spannweite der Materialien ergänzt wird durch die Erarbeitung besonderer Materialien für hochbegabte Kinder. Ziel des individualisierten Lernens ist,
diese Kinder nicht übermäßig schnell durch die Schulzeit zu schicken.
Ziel muss sein, ihnen die Zeit zur persönlichen Reifung zu lassen, d. h.
insbesondere zum sozialen, emotionalen und praktischen Lernen. Da die
Reifung in diesen Bereichen nicht immer gleichzeitig mit der intellektuellen Kompetenz der Kinder verläuft, muss ihnen auf jedem zeitlichen Abschnitt des Schulbesuches so viel Förderung und Forderung geboten
werden, dass keine Notwendigkeit zum überschnellen Durchlaufen der
Schulzeit entsteht. Die Entwicklung solcher Materialien zum selbstgesteuerten Lernen ohne Vorwegnahme des Schulstoffes höherer Altersstufen wird besonderes Anliegen der Jugenddorf-ChristophorusGrundschule.
Eine weitere konkrete Möglichkeit des differenzierten Lernens ist die Einrichtung eines hohen Anteils an Projektarbeit im lebenspraktischen Tag.
Gerade diese Einrichtung ermöglicht einen differenzierten Einsatz aller
Kinder unter Berücksichtigung ihrer besonderen Stärken und Schwächen
in den unterschiedlichsten Bereichen. Bei der Durchführung der Projekte
am lebenspraktischen Tag werden die Expertenrollen in den Gruppen
der Kinder immer wieder wechseln, da sehr unterschiedliche Begabungen gefragt sind. Hinzu kommt die Altersmischung an diesem Tag, die
zu weiterer Differenzierung in der Aufgabenstellung führt.
Im Bereich des Werkstattangebotes ergibt sich die Differenzierung vor
allen Dingen auf Grund der Interessen der einzelnen Kinder. Hierbei
kommen spezielle Begabungen zum Tragen, nicht so sehr die allgemeine intellektuelle Begabung.
18
19
Auf Hausaufgaben im üblichen Sinne wird im Grundschulbereich fast
vollständig verzichtet. Hausaufgaben am Anfang der Schulzeit sind kein
geeignetes Mittel, um ein differenziertes und selbstständiges Lernen zu
erreichen. Die Bedingungen, unter denen Kinder Hausaufgaben erledigen, sind zu unterschiedlich, als dass die Befriedigung über die erbrachte Leistung individuell tragfähig wäre und die Anerkennung durch die Institution Schule gerecht wäre. Durch den großen Anteil an Freiarbeit sowie durch Wochenplanarbeit stehen ausreichend Räume zum individuellen Üben zur Verfügung. Dabei sind die Bedingungen für selbstständiges
Arbeiten für alle einzurichten, ebenso ist eine individuelle Hilfestellung zu
gewährleisten.
4.2
Montessori-Pädagogik
Wie bereits dargestellt, finden sich in der Grundschule Kinder mit einer
ungeheuren Spannbreite an Begabung und Leistungsfähigkeit zusammen. Damit jedes Kind optimal gefördert werden kann und vor allem am
Anfang der Schulzeit Frustrationen vermieden und eine grundlegend optimistische Erwartungshaltung im Bezug auf Schule gelegt werden kann,
muss in einem stabilen Gemeinschaftsrahmen der individuelle Weg für
jedes einzelne Kind gefunden werden. Die weitestgehendste Möglichkeit
zur inneren Differenzierung, die zur Zeit pädagogisch praktiziert wird,
bietet die Montessori-Pädagogik.
Die Freiarbeit ist ein Kern dieses schulischen Konzeptes und sie richtet
sich nach den von Maria Montessori entwickelten Leitlinien. In dieser
Freiarbeit können die Schüler und Schülerinnen Art und Dauer ihrer Tätigkeit selbst bestimmen. Diese Freiheit zur Selbstbestimmung im eigenen Lernen ist Grundlage einer gesunden Entwicklung. Dabei erfährt das
Kind eine Freiheit in Bindung, die es selbst wiederum dazu befähigen
soll, sich zu einer selbstbestimmten Persönlichkeit zu entwickeln. In der
Tat ist die Freiheit der Wahl sehr weitgehend. Weder wird eine fachliche
Voraussetzung gemacht noch eine zeitliche, noch eine Voraussetzung in
Bezug auf Einzelarbeit oder Zusammenarbeit.
Die Bindung, die das Kind erfährt, beruht auf verschiedenen Voraussetzungen. Zum einen arbeitet das Kind in einer vorbereiteten Umgebung.
Der Klassenraum muss eine sinnvolle Anordnung an Unterbringung des
Materials und Aufteilung der Arbeitsbereiche vorgeben. Das Material
selbst liefert eine starke Bindung in der Arbeit. Das Charakteristische für
dieses Material ist, dass es vom Konkreten zum Abstrakten fortschreitet.
Auf jeder Ebene der Materialanwendung hat das Kind eine direkte oder
indirekte Selbstkontrolle über die fachliche Richtigkeit seines Arbeitens.
Grundlage der Benutzung des Materials ist die Regel, dass jede begon19
20
nene Arbeit zu Ende gebracht werden muss. Die Einhaltung dieser Regel ist wesentlich für die Ausbildung von Konzentration beim Kind und für
eine unmerkliche Festigung seiner Entscheidungen bei der Auswahl
dessen, was es tut. Entscheidung und Konsequenz werden als selbstverständlich zusammengehörig erlebt auf der Grundlage eigener Wahl.
Neben der Bindung in der Arbeit durch die vorbereitete Umgebung und
die Regel des Fertigstellens jeder Arbeit ist das dritte Element der Bindung die Regel des Gemeinschaftsverhaltens. Diese Regel ist zum einen
sehr allgemein der Gestalt, dass kein anderer oder die Gemeinschaft
durch das eigene Tun gestört werden darf. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, jedes benutzte Material genau dorthin zurückzubringen, von
woher man es genommen hat. Ebenso ergibt sich daraus die Regel über
die Lautstärke. Da die Kinder selbst entscheiden, wieviel sie allein tun
oder was sie mit anderen zusammen tun (auch Unterhaltungen sind ohne Einschränkung möglich) müssen sie von Anfang an die Regel in dieser Freiheit erlernen, dass ihre jeweilige Lautstärke beim Umhergehen,
Arbeiten und Unterhalten nicht eben diese Tätigkeiten bei den andern
Kindern stören dürfen. Als Zeichen für zu hohe Lautstärke wird ein bestimmter Laut eingeführt, z. B. das Klingeln einer kleinen Glocke. Diese
Glocke hat neben der Funktion, die Aufmerksamkeit auf die Regel zu
lenken, die zweite, dass jedes Kind oder die Lehrkraft sich bemerkbar
machen kann, um für die Gemeinschaft Ankündigungen zu tätigen.
Als letztes und wichtiges Element muss die Persönlichkeit der Lehrkraft
genannt werden. In diesen Phasen der Freiarbeit gemäß den Montessori-Leitlinien fällt die Lehrkraft unter den Kindern kaum auf. Das heißt keineswegs, dass sie überflüssig ist. Die Lehrkraft hat als zentrale Aufgabe
die, auf das einzelne Kind zu achten. Dieses Achten geschieht konkret
darin, dem einzelnen Kind auf Verlangen das nächste Material zu zeigen. Die Ersteinführung in das Material muss von der Lehrkraft kommen,
damit das Kind so konzentriert wie möglich die Arbeitsweise des Materials erfährt. Die Dauer dieser Einführung ist sehr unterschiedlich, je nach
Zeitpunkt, an dem das einzelne Kind selbst in die Arbeit einsteigen kann.
Sobald das einzelne Kind Aktivität zeigt, zieht sich die Lehrkraft zurück.
Die zweite wesentliche Aufgabe der Lehrkraft ist die Beobachtung des
einzelnen Kindes. Aus dieser Beobachtung ersieht die Lehrkraft, inwieweit ein Kind überhaupt keine Rückmeldung und Bestätigung durch die
Lehrkraft bedarf oder inwieweit das einzelne Kind auf regelmäßige
Kommunikation angewiesen ist. Dabei ist allerdings noch anzumerken,
dass benötigte Hilfestellung von den Kindern ebensosehr bei anderen
Kindern und nicht ausschließlich bei der Lehrkraft angefragt wird. Dieser
soziale Anteil des Lernens, der ohne jede besondere Einwirkung von
außen stattfindet, ist unbedingt gewollt. Die dritte Aufgabe der Lehrkraft
20
21
während der Phase der Freiarbeit ist die, die allgemein verbindlichen
Zeichen für den Ordnungsrahmen zu geben, so wie Anfang, Ende oder
ein Läuten wegen zu hoher Lautstärke.
Für die Jugenddorf-Christophorus-Grundschule wird eine besondere
Aufgabe sein, das vorhandene Montessori-Material zu erweitern durch
Aufgabenstellungen insbesondere auch für hochbegabte Kinder. Es ist
zu erwarten, dass die Aufgabenstellungen im Bereich des abstrakten
Lernens nicht hinreichend sind. Dabei wird eine Materialentwicklung angestrebt, die reproduzierbar ist, so dass sie im nächsten Schritt überhaupt als Grundschulmaterial für alle Schulen zur Verfügung steht. Möglicherweise wird eine zweite, aber leichtere Aufgabenstellung diejenige
sein, die Bereiche, in denen Material zu Verfügung steht, zu erweitern.
Mit dieser Materialentwicklung kann ein wertvoller Beitrag zur curricularen Gestaltung in der Grundschule überhaupt geleistet werden.
4.3
Lebenspraktisches Lernen
Die Einrichtung eines lebenspraktischen Tages ist wesentlicher Bestandteil des Konzeptes der Jugenddorf-Christophorus-Grundschule. Dieses
basiert auf der schon ausgeführten Voraussetzung, dass Lernen ein
Prozess ist, der den Menschen als Ganzen betrifft und nicht nur seine
intellektuelle Komponente. Lernen ist ein komplexes Geschehen, in dem
Kopf, Herz und Hand zusammengehen müssen, damit jeder einzelne
Mensch – auch das Kind – Schritte in die Selbstständigkeit tun kann.
Hinzu kommt die Veränderung in der Lebenssituation der Kinder, wie sie
sich am Ende des 20. Jhd. darstellt. Die Zusammenhänge zwischen den
einzelnen Bereichen der Arbeit des Menschen müssen den Kindern in
der gegenwärtigen Gesellschaft immer abstrakter werden. Eigene Erfahrungen über unterschiedliche Arbeit sind ihnen kaum mehr zugänglich,
weder aus der Anschauung in der eigenen Familie, noch aus eigener Erfahrung im Tun. Umso wichtiger ist es, in der Schule Lern- und Lebensraum in der Weise miteinander zu verbinden, dass die Lerngegenstände
so konkret wie möglich werden und das heißt immer mit eigener Arbeit
im Sinne des ganzheitlichen Lernens verbunden sind. In solchem Lernen
muss Verantwortung übernommen werden, müssen Gruppenfähigkeiten
ausgebildet werden, müssen alle Sinne geschult werden. Dabei verliert
das intellektuelle Lernen in keiner Weise seinen Platz, sondern dient
immer wieder als Weg über das Erfahrene zu reflektieren und die Zusammenhänge zu weiteren Lebens- und Lernbereichen herzustellen.
Nicht zu unterschätzen ist die Bedeutung altersgemischter Gruppen an
diesem lebenspraktischen Tag. Damit verändert sich die Sozialstruktur
21
22
der Gruppe. Die Kinder finden sich in unterschiedlichen Rollen wieder, in
denen sie Lehrende und Lernende sind, in denen sie Helfende und Hilfeempfangende sind, in denen sie Stärkere und Schwächere sind.
Ein weiteres Ziel dieses lebenspraktischen Tages ist es, den Kindern
ganz konkrete Befriedigung über geleistete Arbeit zu ermöglichen. Wenn
die Erfahrung von Arbeit zu dieser Befriedigung über Leistung führen
kann und dieses noch in einer Gruppe mit unterschiedlichen Aufgaben
und differenzierter Verantwortung geschieht, dann ist dieses die gesunde
Grundlage für einen lebenslangen verantwortlichen Einsatz des einzelnen Menschen in der Gesellschaft. Arbeit hat einen hohen Stellenwert in
der Lebensgestaltung des Menschen. Um dieses als sichere Grundlage
für das Leben zu erwerben, bedarf es aber der Erfahrung darüber, dass
die einzelne Leistung wie die gemeinsame Arbeit Befriedigung erbringt.
Für Kinder insbesondere muss dieses auf der Grundlage konkreten Lernens entstehen. Jedes Projekt muss mit einem Ergebnis abschließen,
das die Kinder als Ergebnis sehen, begreifen, anfassen und genießen
können. Leistung ist gewollt und soll von Anfang an eingebunden werden
in die Erfahrung von gemeinsamen Leben und Lernen. Ein offenes Themenregister für diesen Tag findet sich in Abschnitt 3. dieses Konzeptes.
4.4
Persönlichkeitsentwicklung und Gewaltprävention
Gewalt an Schulen ist in den letzten Jahren ein entscheidendes Problem
und damit ein entscheidendes Thema der Pädagogik geworden. Dabei
zieht sich die Gewalt von der Grundschule in jede weiterführende Schulform durch. Bislang gehen Schulen überwiegend mit diesem Thema so
um, dass Krisenintervention aus aktuellem Anlass betrieben wird. Diese
Situation wird auch weiterhin so erhalten bleiben. Denn auf jedes Vorkommnis kann nur im Sinne der Krisenintervention reagiert werden. Im
zweiten Schritt ergeben sich daraus häufig Projekte, die einen aktuellen
Anlass zu einem grundsätzlichen Thema ausweiten, das projektorientiert
bearbeitet wird. Dieses ist schon ein erster Schritt über die Krisenintervention hinaus in die Prävention.
Prävention richtet die Aufmerksamkeit auf die Gründe für Entstehung
von Gewalt. Dabei wird nicht geleugnet, dass es eine gewaltfreie Welt
und somit auch eine gewaltfreie Schule nicht geben kann. Also muss
beides berücksichtigt werden: Kinder müssen mit der Existenz von Gewalt in ihrem Lebensbereich umgehen lernen und gleichzeitig muss gegen die Entstehung von Gewalt vorgesorgt werden.
Die Institution Schule kann in dieser Problematik nicht Generallösungen
erreichen oder gar das Thema aus der Welt schaffen. Aber sie kann sich
22
23
gezielt den beiden wichtigen Voraussetzungen für die Verhinderung von
Gewalt zuwenden, nämlich der Stärkung der Persönlichkeit sowie der
Ausbildung einer Kommunikationsfähigkeit. Ein Mensch, der ein Bewusstsein über seine eigenen Bedürfnisse hat und sowohl die psychische Stärke als auch die kommunikative Fähigkeit, diese Anderen gegenüber zu äußern und auf ihnen zu bestehen, kann ebenso Bedürfnisse
Anderer anerkennen und auch als unterschiedlich zu den seinen anerkennen. Grundlage dieses Anerkennens schlechthin ist das Bewusstsein
über den eigenen Wert, welches zusammen mit der Kommunikationsfähigkeit auch ein Bewusstsein über die eigene Stärke ausmacht. Wer sich
seines Wertes und seiner Stärke sicher ist, ohne Vergleich mit anderen,
der muss nicht Stärke durch Gewalt beweisen und damit durch Vernichtung Anderer eigenen Wert bestätigt bekommen.
Daraus ergibt sich, dass Gewaltprävention nicht ein einzelner Unterrichtsgegenstand in der Schule sein kann oder in einzelnen Projekten
behandelt werden kann, sondern Gewaltprävention mit den Grundlagen
des Zusammenlebens in der Schule überhaupt zu tun hat. Vielleicht hat
die Grundschule sogar die besondere Chance, die ersten Erfahrungen
der Kinder in der Schule gewaltfrei zu prägen und damit eine Grundlage
für den weiteren Fortgang zu schaffen. Die Achtung vor dem Kind, das
freie selbstorganisierte Lernen in einer liebevollen Umgebung sind dazu
die ideellen Grundlagen. Spielregeln des Zusammenlebens werden in
der Freiarbeit, im Klassenunterricht und insbesondere an den Tagen des
lebenspraktischen Lernens eingeübt.
Als konkretes neues Moment in der Grundschulpädagogik kommt ein
Curriculum zur Persönlichkeitsstärkung und zum Training von Kommunikationsfähigkeit hinzu. Für den weiterführenden Schulbereich mit besonderem Blick auf die Vorpupertät und Pupertät liegt ein solches Programm
vor (Lions-Quest) und wird in der Jugenddorf-Schule in ein umfassendes
Curriculum zur Persönlichkeitsentwicklung integriert. Dieses Curriculum
muss aber für die Grundschule verändert und angepasst werden auf die
Situation von Kindern. Das betrifft in gleicher Weise die Themen als auch
die methodische Wahl. Wichtig ist allerdings der Grundsatz, dass dieses
Programm fortlaufend Teil des normalen Unterrichtsgeschehens ist und
dass die eingeübten Verhaltensweisen in der Kommunikation und der
Artikulation der eigenen Bedürfnisse in allen Teilen des Schullebens
gleichmäßig eingefordert und eingehalten werden. Ausdrücklich sei darauf hingewiesen, dass dieses sowohl das Verhalten der Schüler und
Schülerinnen als auch der Lehrkräfte mit einschließt.
Eigens hingewiesen werden soll noch auf den Zusammenhang zwischen
schulbezogenen Ängsten und Depressionen, die ebenfalls in Autoag23
24
gression oder Aggression umschlagen können. Die Häufigkeit solcher
Faktoren nimmt zu, was auch mit den zunehmenden Ängsten der Eltern
bezüglich der Zukunft ihrer Kinder zusammen hängt. Deshalb müssen
die angesprochenen Programme bei Bedarf ergänzt werden um Projekte
zur Angst- und Stressbewältigung.
4.5
Erlernen einer Fremdsprache in der Grundschule
Die Jugenddorf-Christophorus-Grundschule wird einen Schulversuch
zum Erlernen einer Fremdsprache in der Grundschulzeit beinhalten. Dieser wird sich wesentlich von dem zur Zeit praktizierten Frühenglisch, das
im Sinne einer AG ausgestaltet wird, unterscheiden. Grundlage dieses
Versuchs ist die inzwischen gängige Erkenntnis, dass Kinder leicht und
gern andere Sprachen erlernen. Die Notwendigkeit der Beherrschung
von Fremdsprachen muss in einem zusammenwachsenden Europa nicht
noch eigens ausgeführt werden. Darüber hinaus erwirbt jedes Kind aber
auch ein hohes Training in Konzentration, Gedächtnis und vor allem in
der intuitiven Erkenntnis von Sprachstrukturen und ihrer späteren Reflexion und Abstraktion. Dieses kann der intellektuellen Entwicklung im
sprachlichen Bereich und darüber hinaus deutlichen Auftrieb geben.
Der Schulversuch wird mit der Sprache Spanisch durchgeführt. Dieses
hat unterschiedliche Gründe. Zum einen ist Spanisch Weltsprache und
wird von den Kindern auch im jungen Alter zum Teil konkret erfahren.
Urlaubssituationen liefern häufig Anschauung oder auch das Zusammenleben mit Kindern aus spanisch-sprechenden Ländern in der Nachbarschaft oder in der Schule. Ein weiterer Grund liegt in der gängigen
Fremdsprachenregelung im weiterführenden Schulsystem. Im Regelfall
erlernen die Kinder ab Jahrgangstufe 5 die Fremdsprache Englisch. Ein
geringerer Teil aller Schulkinder beginnt mit Latein als erster Fremdsprache. Um nun allen Kindern der Jugenddorf-Christophorus-Grundschule
die freie Wahl der weiteren Schule oder Schulform ab Klasse 5 zu garantieren, sollen beim Erlernen der Fremdsprache Überschneidungen vermieden werden. Es wäre nicht sinnvoll, die Kinder einer Situation auszusetzen, dass sie zwar in der Grundschule einen interessanten und effektiven Fremdsprachenunterricht z. B. in Englisch kennengelernt haben,
dieses aber dafür mit Langeweile im Unterricht in der nächsten Schulform bezahlen. Diejenigen Schüler und Schülerinnen, die von der Jugenddorf-Christophorus-Grundschule
in
die
JugenddorfChristophorusschule-Gymnasium überwechseln, werden ab Klasse 5 in
einer besonderen Arbeitsgemeinschaft die Gelegenheit zur Fortführung
der Fremdsprache Spanisch erfahren. Mit dieser Organisation ist zum
einen
die
Durchlässigkeit
vom
System
der
Jugenddorf24
25
Christophorusschule in andere Schulen gewahrt (und diese Durchlässigkeit ist bei uns wichtiges und grundlegendes Prinzip), andererseits aber
wird eine Möglichkeit geschaffen, Erlerntes sinnvoll weiterzuführen.
Der Unterricht in der Fremdsprache Spanisch ist nicht fakultativ, sondern
verpflichtend. Er beginnt mit der Jahrgangsstufe 2. In der ersten Jahrgangsstufe ist die Aufmerksamkeit der Kinder genügend in Anspruch genommen durch die Eingewöhnung in das Schulsystem überhaupt, durch
das Erlernen der grundlegenden Kulturtechniken und durch die Eingewöhnung in das System der Freiarbeit, der Wochenplanarbeit und der
Projektarbeit am lebenspraktischen Tag. Ab der Jahrgangsstufe 2 wird
der Unterricht im Klassenverband zunächst zweistündig durchgeführt.
Die Arbeitsmaterialien für die Fremdsprache Spanisch im Grundschulalter sind zu entwickeln. Anhaltspunkte können aus dem muttersprachlichen Unterricht im Fach Spanisch gewonnen werden, der für Kinder jeder Altersstufe angeboten wird. Auf eine große Herausforderung bei diesem Schulversuch soll schon jetzt hingewiesen werden. Es ist zu erwarten, dass bei dem breiten Begabungsspektrum die Lernfortschritte, gerade auch im Erlernen einer Fremdsprache, unterschiedlich groß sein werden. Um diesen Bedürfnissen gerecht zu werden, müssen zum einen
sehr differenzierte Freiarbeitsmaterialien eingerichtet werden. Zum anderen muss ab der Jahrgangsstufe 3 mit einem differenzierten Klassenunterricht fortgefahren werden. Der Unterrichtsumfang in der Jahrgangsstufe 3 und 4 soll drei Stunden betragen, wobei zwei Stunden im gesamten
Klassenverband unterrichtet wird, die dritte Stunde wird unterteilt in
Klassenunterricht für die Gruppe von Kindern, die weiterer angeleiteter
Übung und Festigung bedürfen, und Freiarbeit für Schüler und Schülerinnen, die schon weitestgehend selbstständig ihre Fremdsprachenkenntnisse erweitern können.
Bei dem Fremdsprachenunterricht wird darüber hinaus organisatorisch
die Grundlage geschaffen werden müssen, jahrgangsübergreifend zu
arbeiten. Schüler und Schülerinnen, die ihrer Klassenstufe weit voraus
sind, müssen die Gelegenheit bekommen, in der Jahrgangsstufe 3 am
Unterricht der Jahrgangsstufe 4 teilzunehmen. Dieses soll nicht um jeden Preis angestrebt werden, ist aber im Extremfall die einzig sinnvolle
Möglichkeit, um den Fremdsprachenunterricht für die leistungsstärksten
Kinder attraktiv zu erhalten. In der Jahrgangsstufe 4 müssen diese Schüler und Schülerinnen dann entweder ausschließlich durch Freiarbeit ihren Fortgang gestalten, oder es wird im Rahmen des Werkstattangebotes eine Fortführung Spanisch eingerichtet, in der über den Unterrichtsstoff der Grundschule hinaus gegangen wird. Ob die Einrichtung eines
solchen Werkstattangebotes nötig ist, muss sich im Laufe des Schulversuchs entscheiden.
25
26
Der Schulversuch wird hausintern wissenschaftlich begleitet. Diese Aufgabe wird von einer pädagogischen und einer psychologischen Kraft
übernommen. Angestrebt wird die Zusammenarbeit mit der Universität in
diesem Bereich. Die Ergebnisse werden veröffentlicht und auf Wunsch
zur Verfügung gestellt. Mit diesem Schulversuch leistet die JugenddorfChristophorus-Grundschule einen wichtigen Beitrag zur Gestaltung des
Lernens in der Grundschule überhaupt. Bislang liegen keine gesicherten
Erkenntnisse über die Möglichkeiten des Fremdsprachenlernens in der
Grundschule vor. Ein erster systematischer Schritt kann durch diesen
Schulversuch geliefert werden.
5. Psychologische Begleitung und Betreuung
Für die Grundschule wird eine schulpsychologische Stelle eingerichtet.
Die allgemeine Zunahme von Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern, die
besondere Zusammensetzung der Klassen und die besonderen Anforderungen eines Projektes in der Entwicklung geben einem Psychologen ein
breites Aufgabenfeld. Die Möglichkeit zur psychologischen Beratung
rundet das Betreuungsangebot ab und ermöglicht es, interne Krisen zeitund ortsnah zu bewältigen.
Aufgaben dieser Stelle sind:
• Einzelfallhilfe von Schülern der Grundschule
Die psychologische Begleitung kann bei allen Lern- und Motivationsschwierigkeiten, bei Verhaltensauffälligkeiten und Leistungsschwächen
zur Diagnostik, begleitenden Beratung und therapeutischen Interventionen herangezogen werden. Darüber hinaus vermittelt der psychologische Dienst den Kontakt zu anderen Institutionen, die Hilfestellung leisten können (Erziehungsberatungsstellen etc.) Die schulpsychologische
Betreuung soll somit Ansprechpartner für Eltern und Lehrer, aber auch
für Schüler selbst sein.
• Schullaufbahnberatung
Der psychologische Dienst wird bei allen Entscheidungen der Schullaufbahn herangezogen. Das wird in der Grundschule insbesondere dann
der Fall sein, wenn über Schulreife und den richtigen Zeitpunkt der Einschulung diskutiert wird. Das ist umso wichtiger, als viele der hochbegabt
bezeichneten Kinder vorzeitig eingeschult werden sollen. Ebenso wird
die psychologische Betreuung herangezogen, wenn über die Wiederholung von Klassen oder das Überspringen von Klassen bei Kindern mit
einem Entwicklungsvorsprung zu entscheiden ist.
26
27
• Begleitende Unterstützung der Lehrkräfte und Erzieher/innen bei allen
schulbezogenen Problemen
Der psychologische Dienst wird von Lehrern und Erziehern herangezogen, wenn Probleme und Konfliktfälle in der Klasse bzw. Gruppe auftreten. In Zusammenarbeit mit den Lehrern und Erziehern wird es Aufgabe
des psychologischen Dienstes sein, diese Fälle zu analysieren und Lösungswege zu erörtern, sowie eventuell entsprechende Interventionen
anzuleiten.
• Kollegiale Beratung des Teams der Lehrkräfte und der Erzieher/innen
Der psychologische Dienst gibt Lehrer/innen, Erzieher/innen die Möglichkeit, Probleme und Alltagsstresssituationen, die zum Teil auch immer
wiederkehren, zu bearbeiten. In der Regel wird es sich dabei um Beziehungskonflikte zu einzelnen Schülern, zu Kollegen bzw. der Schulleitung
oder zu den Eltern handeln. Die psychologische Betreuung zielt darauf
ab, die Schwierigkeiten bzw. gestörten Interaktionsprozesse besser zu
verstehen und zu bewältigen. Diese Arbeit kann allerdings eine externe
Supervision nicht ersetzen.
• Gemeinsamer Einsatz des Psychologen/der Psychologin mit den
Lehrkräften und den Erziehern/Erzieherinnen im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung und der Schulung von Konfliktverhalten
Soziales Lernen findet in erster Linie im Alltag statt. Dennoch kann es
sinnvoll sein, besondere Fragestellungen auch durch gezielte Projekte
auch aufzugreifen. Der psychologische Dienst arbeitet bei der Planung
und Realisierung dieser Projekte zu unterschiedlichsten Themen mit den
Erzieherinnen und Lehrkräften zusammen.
6. Elternarbeit
6.1 Information der Eltern
Bei integrativ angelegten Modellen ist Transparenz der Arbeit gegenüber
den Eltern besonders wichtig. In regelmäßiger Abfolge wird den Eltern
die Planung der unterrichtlichen und außerunterrichtlichen schulischen
Angebote und Veranstaltungen vorgelegt. Die kritische Stellungnahme
der Eltern sowie ihre Begleitung von Unterrichtsgeschehen und Projektarbeit ist erwünscht.
Die konzeptionellen Unterlagen der Schule stehen Eltern zur Einsicht zur
Verfügung. Es wird als eine Voraussetzung von Zusammenarbeit ver27
28
standen, dass grundsätzlich allen dieselben Informationen zugänglich
sind. Eltern müssen sich einen Überblick darüber verschaffen können, in
welchem Erziehungsrahmen sich ihr Kind bewegt, welche Angebot die
Schule macht, welche Verpflichtungen sie eingeht und wo die Grenzen
der Schule gezogen sind, sei es aus organisatorischen Gründen, sei es
aus inhaltlich/pädagogisch/konzeptionellen Gründen.
6.2 Zusammenarbeit mit den Eltern
Die Zusammenarbeit mit den Eltern ist zur Förderung und Begleitung der
Kinder in den Grundschuljahren unerlässlich. Zum einen sind viele
Schwierigkeiten der Kinder nur verständlich aus der Kenntnis des familiären und soziokulturellen Hintergrunds, zum anderen kann gerade an
den entscheidenden Fragen, wie z. B. Fragen von Angst und Aggression
nur gearbeitet werden, wenn Elternhaus und Schule sich über gemeinsame Wege (selbstverständlich mit unterschiedlichen Rollen) verständigen. Dazu ist es erwünscht, dass die Eltern in die Schule kommen, aber
auch dass Lehrkräfte und pädagogische Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen
in die Elternhäuser gehen. Auch hier gilt es, auf der Basis von Information Kommunikation zu ermöglichen und Vertrauen zu schaffen, damit ein
gemeinsames Handeln für das Kind zustande kommen kann.
Dabei müssen in gleicher Weise beide Seiten aufeinander hören. Die
Beobachtungen der Eltern über ihr Kind sind für die Schule entscheidend
und gleichzeitig Korrektiv für die Schule. Die Schule macht Beobachtungen zum Kind, die in der Regel in Elternhäuser nicht möglich sind, weil in
der Schule das Verhalten in kleineren und größeren Gruppen sehr deutlich wird und zwar das Verhalten unter im Wesentlichen Gleichaltrigen.
Dieser soziale Bereich ist von dem des Elternhauses deutlich unterschieden und jedes Kind zeigt in der Gruppe/Klasse andere Verhaltensmuster als in der Kleinfamilie zu Hause. Zusammenarbeit heißt, auf der
Basis der Glaubwürdigkeit und des Vertrauens, sich die Beobachtungen
über ein Kind mitzuteilen und damit den Blick für sinnvolle Wege zu erweitern.
6.3 Unterrichtsbegleitung und Mitgestaltung des Unterrichts durch Eltern
In Teilen des Unterrichts ist gemeinsame Arbeit von Eltern und pädagogischen Kräften in der Schule sinnvoll und zum Teil notwendig. Dieses
kann sowohl im Rahmen der Freiarbeit und des Klassenunterrichts der
Fall sein als auch im Fachunterricht. Als Beispiel im Bereich der Freiarbeit oder auch des Wochenplanes sei die Lesearbeit der Kinder genannt.
28
29
Für Kinder jeden Alters ist es wichtig, anderen vorzulesen. Bei der individuellen Arbeit können auch Eltern diejenigen sein, denen ein Kind vorliest. Als Beispiel für Fachunterricht sei die handwerkliche Arbeit genannt. Im Bereich von Textil- oder Holzarbeiten ist es sinnvoll, wenn jede
kleine Gruppe von Kindern einen Ansprechpartner/eine Ansprechpartnerin hat. Nach fachlicher Einleitung können diese Ansprechpartner/innen
sowohl auf Seiten der Eltern als auch der Lehrkräfte vorhanden sein. Bei
der Gestaltung des lebenspraktischen Tages ist in vieler Hinsicht die
gemeinsame Arbeit von Eltern und Lehrkräften erwünscht. Als Beispiel
seien hier nur Besichtigungen in Betrieben und Museen genannt.
6.4 Projektbezogene und konzeptbezogene Zusammenarbeit von Eltern
und Schule
Im Rahmen des Klassenunterrichts des lebenspraktischen Tages sowie
des gesamten Schullebens werden Projekte unterschiedlichen Ausmaßes eine wichtige Rolle einnehmen. Zum Beispiel ist denkbar ein Großprojekt in Form eines Musicals, in dem jedes Kind der Schule tatsächlich
eine Rolle spielt. Ein solches Großprojekt kann nur durchgeführt werden,
wenn viele Menschen genau definierte Aufgaben übernehmen. Projektbezogene Zusammenarbeit heißt dann, dass Eltern und Lehrkräfte einen
Arbeitsausschuss bilden, in dem Leitung und Aufteilung der einzelnen
Arbeiten festgelegt wird, die dann selbstständig von allen Personen mit
ihren Gruppen durchgeführt werden. Gerade bei projektbezogener Arbeit
haben die pädagogischen Kräfte der Schule vielleicht einen größeren
organisatorischen Rahmen, aber Entscheidung und Verantwortung ist
bei allen Projektbeteiligten in gleicher Weise vorauszusetzen und zu gewähren. Eltern und pädagogische Kräfte sind gleichberechtigte Partner
in solcher Projektarbeit.
Zur Weiterentwicklung der Schule wird konzeptionelle Arbeit als Dauerthema unerlässlich sein. Diese Arbeit kann sich auf jeweils auftretende
Probleme richten als auch auf die beständige Reflektion und Evaluation
des laufenden Programmes und der Konzeption der sich daraus ergebenden Veränderungen. Eine solche Arbeitsgruppe muss alle Beteiligten
einbeziehen. Die Schüler und Schülerinnen werden in gesonderter Weise einbezogen, bei den Eltern kann eine gemeinsame Arbeit mit den pädagogischen Kräften in einer konzeptionellen Arbeitsgruppe erfolgen.
Die Arbeitsgruppe wird dann ihre Kompetenzen selbst zu regeln haben.
Die Grenzen von Entscheidungsmöglichkeiten der Gruppe sind durch die
Schulträgerkompetenz definiert. Diese bezieht sich zum einen auf prinzipielle Fragen der Tendenz (christliche Schule), zum anderen auf die
Verantwortungsbereiche eines Schulträgers in Bezug auf geregelten Ab29
30
lauf des Schulbetriebs. Ebenso sind alle personellen und finanziellen
Regelungen von der Trägerzustimmung abhängig.
7. Fortbildung
Die Jugenddorf-Christophorusschule Braunschweig versteht sich seit ihrer Gründung nicht nur als schulisches Angebot und Betreuungsangebot
für Kinder und Jugendliche, sondern auch als offener Bildungsort für viele Menschen. Dieses schlägt sich im Jugenddorf-Programm nieder. Mit
dem Aufbau der Jugenddorf-Christophorus-Grundschule soll gleichzeitig
der nächste Schritt getan werden, nämlich die Erweiterung des Programmes insbesondere durch Fortbildungsangebote. Zum einen hat die
Jugenddorf-Christophorusschule inzwischen eine 17jährige Erfahrung in
der Diagnostik von begabten und hochbegabten Kindern, zum anderen
hat ebenfalls die Jugenddorf-Christophorusschule Braunschweig zum
ersten Mal in der Bundesrepublik Schulmodelle für hochbegabte Kinder
entwickelt und mit der Einrichtung der Grundschule ein geschlossenes
Modell der Förderung und Forderung begabter und hochbegabter Kinder. Dieses Programm lebt vom integrativen Ansatz, verleugnet aber
auch nicht die Notwendigkeit der Differenzierung in der intellektuellen
Förderung. Die diagnostische Erfahrung sowie die Erfahrung im curricularen und schulpädagogischen Bereich bilden die Grundlage für den Einstieg in Informations- und Fortbildungsmaßnahmen.
Themen solcher Angebote sind zum einen die Fragen nach der Begabung, ihrer Diagnostik, ihrer Förderung und möglichen Begleiterscheinungen. Auf diesem Gebiet besteht immer noch ein hoher Informationsbedarf. In der Ausbildung der Lehrkräfte ist die Beschäftigung mit diesem
Gebiet der „Sonderpädagogik“ noch nicht verpflichtend. Ebenso kommen
Schulungen zum Umgang mit hochbegabten Kindern und Jugendlichen
selten in den Fortbildungsangeboten vor. Abgesehen vom Bildungsbereich Schule sind diese Fragen aber gerade auch im Kindergarten und
Vorschulbereich relevant. Die Anamnese von Lebensgeschichten zeigt
immer wieder auf, dass der Kindergarten als erster Einstieg in den Bildungslaufbahn problematisch werden kann. Der Bedarf an Information
und Fortbildung bei allen pädagogischen Kräften in diesem Bereich ist
unübersehbar. Ein weiteres Thema für Information und Fortbildung ist
der gesamte Bereich der Teilleistungsstörungen. Bei diesen Themen
muss es neben der Information vor allem um die Entwicklung konkreter
Modelle des Umgangs mit diesen Kindern in kleineren und größeren
Gruppen gehen.
30
31
Der dritte allgemeine Bereich betrifft die Grundlagen von Erziehung und
typische Erziehungskonflikte und immer wieder auftretende Teilleistungsstörungen. Betroffene wie pädagogische Kräfte benötigen fachliche
und sachliche Informationen, um eigene Situationen einschätzen und
besser verstehen zu können. Die Erkenntnis über den Zusammenhang
verschiedener Faktoren in der Erziehung und bestimmter wiederkehrender Muster ermöglichen überhaupt erst Veränderungsbereitschaft.
Die Informations- und Fortbildungsveranstaltungen richten sich zum einen an die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der JugenddorfChristophorusschule, zum anderen an die Eltern der Schüler und Schülerinnen dieser Schule, zum Dritten sind aber auch alle Fachkräfte aus
den verschiedensten Bereichen der Pädagogik angesprochen sowie alle
Bürgerinnen und Bürger der Stadt Braunschweig und Umgebung, die
sich für solche Fragen interessieren und einen Bedarf an Information und
Fortbildung haben.
Für diese Angebote werden die Selbstkosten in Form von Beiträgen erhoben.
8. Materielle und räumliche Bedingungen
Die Jugenddorf-Christophorus-Grundschule liegt auf einem innerstädtischen Grundstück. Allerdings ist dieses Grundstück durch Häuserzeilen
von den umgebenden Straßen getrennt. An den beiden anderen Seiten
befindet sich ein zur Zeit ungenutztes Grundstück mit Ruinenbauwerken
und der Kindergarten der Gemeinde St. Johannis sowie das Kirchengelände. Der Spielplatz des Kindergartens und der Kindertagesstätte befindet sich auf dem Grundstück der Grundschule. Das Grundstück weist ein
altes, denkmalgeschütztes Gebäude auf, das entsprechend den Notwendigkeiten eines Grundschulbetriebs im Inneren verändert werden
darf. Es wird ergänzt durch einen Anbau. Zur Vorderfront des alten Gebäudes befindet sich ein Platz mit einem alten Kastanienbaumbestand,
der im Halbkreis vor der Aufgangstreppe angeordnet ist. Die Grundschule selbst ist behindertengerecht ausgestattet.
Die Grundschule enthält 8 Klassenräume. Jeder dieser Klassenräume ist
unterteilt in einen eigentlichen Klassenraum und einen kleineren Arbeitsraum für Einzelarbeit und Kleingruppenarbeit. Die Klassenräume sind
entsprechend größer ausgelegt, als es die Empfehlungen für den Grundschulbau vorsehen.
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32
Bezüglich der Fachräume ist zunächst die Aula zu erwähnen. Sie fasst
400 Personen, muss aber multifunktional genutzt werden. Durch entsprechende Unterteilungsmöglichkeiten enthält die Aula zusätzlich einen
Musikraum, einen Gymnastikraum und einen Speisesaal. Letzterer ist für
die angebotene Ganztagsbetreuung notwendig. Darüber hinaus stehen
zwei Werk- bzw. Kunsträume zur Verfügung sowie eine Küche. Ebenso
ist eine kleine Bibliothek vorgesehen.
Die notwendigen sanitären Räumlichkeiten sowie Lagerungsräume und
entsprechende Personalräume sind vorhanden, sollen aber nicht eigens
beschrieben werden.
Die materielle Ausstattung ist zur Zeit im Einzelnen noch nicht zu beschreiben. Allerdings kann der Sollstand angegeben werden. Neben der
grundsätzlichen Ausstattung von Klassen- und Fachräumen muss insbesondere auf die besondere Ausstattung jedes Klassenraumes mit ausreichend Material hingewiesen werden. Dabei geht es um Material zum
selbstorganisierten und selbstüberprüfenden Lernen. Da ca. 50 % des
Unterrichts mit solcher Arbeit zugebracht werden, ist der Materialbedarf
entsprechend groß. Jeder Klassenraum muss mit genügend Regalwänden ausgestattet sein, damit in der Anzahl und in der differenzierenden
Vielfalt hinreichende Materialien für alle Kinder der Klasse zur Verfügung
stehen. Darüber hinaus ist es von hoher erzieherischer Bedeutung, dass
diese Materialien in geordneter Weise gelagert werden können. Außerdem sollen mittelfristig in allen Klassenräumen ein oder zwei Computerarbeitsplätze zur Verfügung stehen, die miteinander vernetzt sind. Diese
Computerarbeitsplätze sollen nicht in einem eigenen Computerraum untergebracht werden, sondern in die Klassen integriert und vernetzt werden. Dies gründet auf der Zielsetzung, die neuen Kommunikations- und
Informationsmedien selbstverständlich in den Unterrichtsablauf einzubauen und darüber hinaus alle Möglichkeiten des Lernens per Computer
zur inneren Differenzierung in Klassen zu nutzen.
Als Letztes sei noch darauf hingewiesen, dass nicht nur die Aula bzw.
der in ihr enthaltene Musikraum ein Klavier aufweisen soll, sondern verschiedene Räume der Grundschule. Zum einen sollen musische Möglichkeiten so oft wie sinnvoll in das Lernen und den Ablauf des Unterrichts eingebaut werden, zum anderen soll im Nachmittagsbereich den
Schülerinnen und Schülern eine kleine Musikschule angeboten werden
und die Klassenräume als Einzelunterrichtsräume genutzt werden
Ein überdachter Pausenraum sowie ein Schulhof stehen in ausreichender Größe zur Verfügung. Auf dem Gelände sollen kleine Möglichkeiten
zum Ziehen von Zier- und Nutzpflanzen untergebracht werden, evtl. wird
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auch eine Kleintierhaltung ermöglicht. Wegen dieser angestrebten Erweiterung ist unter anderem das Wohnen eines Hausmeisters/einer Hausmeisterin auf dem Gelände unumgänglich. Die Hausmeisterwohnung ist
mit ca. 80 Quadratmeter im Dachgeschoss der Grundschule vorgesehen.
9. Finanzierung und Beiträge
Die Jugenddorf-Christophorus-Grundschule erhält Finanzhilfe gemäß
dem Niedersächsischen Schulgesetz, wobei der Zeitpunkt des Beginns
der Finanzhilfezahlung noch nicht geklärt ist. Die Wartezeit bis zum Einsetzen der Finanzhilfe muss mit besonderen Maßnahmen überbrückt
werden,. Die folgenden Aussagen gelten für die Finanzierung der Jugenddorf-Christophorus-Grundschule nach Gewährung von Finanzhilfe.
Die Finanzhilfe des Landes Niedersachsen soll und kann nicht ein
Grundschulangebot finanzieren, das sowohl von der zeitlichen als auch
von der inhaltlichen Ausdehnung her den Kern eines Grundschulangebotes deutliche übersteigt. Darum müssen die weitergehenden schulischen
Angebote und die Ganztagsbetreuung bzw. die Werkstattangebote durch
Elternbeiträge finanziert werden. Die Berechnungen zeigen auf, dass Elternbeiträge etwa in der Höhe und der Staffelung erforderlich sein werden, wie sie z. Zt. von der Stadt Braunschweig für ihre Kindergarten- und
Kindertagesstättenplätze erhoben werden. Für die JugenddorfChristophorus-Grundschule ist dabei leitendes Prinzip, dass an der finanziellen Bedürftigkeit einer Familie der Grundschulbesuch nicht scheitern darf. Das heißt, es gibt eine Stipendiengarantie, sei es für Vollstipendien, sei es für Teilstipendien. Ziel muss ein kostendeckender Betrieb der Jugenddorf-Christophorus-Grundschule sein, der aus einer
Mischkalkulation durch Finanzhilfe, Elternbeiträge und Spendenaufkommen ermöglicht wird.
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