Heinrich Spohr Das Düsseldorfer Rheinisch

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Heinrich Spohr Das Düsseldorfer Rheinisch
Heinrich Spohr
Das Düsseldorfer Rheinisch
Heinrich Spohr
Das Düsseldorfer Rheinisch
gesprochen – geschrieben
herausgegeben von der
Alde Düsseldorfer Bürgergesellschaft 1920 e. V.
Grupello
Das Auge liest mit – schöne Bücher für kluge Leser
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www.grupello.de
Für meine Mutter Rosa Spohr †
und
für meine Frau Danièle Suzanne Spohr, geb. Fouillou
in Dankbarkeit für ihre Hilfe und Geduld
2. durchgesehene und erweiterte Auflage 2008
1. Auflage 2006
© by Grupello Verlag
Schwerinstr. 55 · 40476 Düsseldorf
Tel.: 0211-498 10 10 · E-Mail: [email protected]
Druck: Müller-Satz, Grevenbroich
Alle Rechte vorbehalten
ISBN 978-3-89978-083-3
Inhaltsverzeichnis
Grußwort des Oberbürgermeisters
Geleitwort des Direktors des Goethe-Museums
Geleitwort der Mundartautorin Monika Voss
9
10
11
Vorwort zur 1. Auflage
Vorwort zur 2. Auflage
Abkürzungen
Phonetische Zeichen der internationalen Umschrift
Einleitung
12
13
14
15
16
DIE LAUTE
1
1.1
1.1.1
1.1.2
1.1.3
1.1.4
1.2
1.2.1
1.2.2
1.3
1.3.1
1.3.2
1.3.3
1.3.4
1.4
1.5
1.6.
1.7
1.8
1.9
1.9.1
Die gesprochenen Vokale und ihre Wertigkeit
Die lang gesprochen Vokale und ihre Schreibung
Das nachgestellte Längen- oder Dehnungs-h
Das nachgestellte, nicht gesprochene, stumme Dehnungs-e:
ie, ei > ee
Die Verdoppelung des Vokals zum Zwecke der Dehnung
Der Dehnungs-Sonderfall als Vorschlag-e vor r
Die normallang (halblang) gesprochenen Vokale
Normallang gesprochene Vokale mit Tendenz
zur längeren Aussprache
Normallange Vokale mit Tendenz zur kurzen Aussprache
Die kurz gesprochenen Vokale
Die Verdoppelung des Folgekonsonanten
Zwei unterschiedliche Folgekonsonanten
Die Mehrfachsetzung von Konsonanten
Besonderheiten und Analogien
Die Vokalabfolge ei > ee, ei = ei
Die Vokale i und e
Die normdeutschen Vokale u, o, a und ihre Wertigkeit
im Düsseldorfer Rheinisch
Das normdeutsche eu und seine Wertigkeit
im Düsseldorfer Rheinisch (eu = eu oder eu > eü > ü)
Die normdeutschen Diphthonge au und äu und ihre
Entsprechung im Düsseldorfer Rheinisch
Die Umlaute ä, ö, ü mit ihren Varianten in der Schreibung
Der Umlautvokal ä
19
19
19
24
28
31
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33
35
35
35
39
39
39
41
43
45
49
51
53
53
1.9.2 Der Umlautvokal ö
1.9.3 Der Umlautvokal ü
2
Die Konsonanten und ihre Funktion für die Aussprache
und Schreibung der Vokale
2.1 Der normdeutsche Konsonant g und was im Düsseldorfer
Rheinisch daraus wird
2.1.1 Der Konsonant j im Anlaut
2.1.2 Der Konsonant j im Inlaut
2.1.3 Das normdeutsche g wird zu r im Inlaut
2.1.4 Der Sonderfall des doppelten g im Inlaut
2.1.5 Das normdeutsche -g wird zu -ch im Auslaut
2.1.6 Die Konsonantenkombinationen ng und ngk
2.1.7 Das g in Fremdwörtern
2.2 Die Zischlaute -ch und -sch
2.2.1 Der geschriebene Zischlaut -ch in den Endungen
2.2.2 Der leichte Zischlaut ch im Wortinnern bzw. im Stammwort
2.2.3 Die Pronomina ech, mech, dech, sech, Üch, üch
2.2.4 Der leichte Zischlaut ch an Stelle des normdeutschen g
2.2.5 Der leichte Zischlaut bei Diminutiven
2.2.6 Der scharfe Zischlaut sch
2.3 Der Rachenlaut ch
2.3.1 Der Rachenlaut nach dunklen, lang gesprochenen Vokalen
2.3.2 Der Rachenlaut nach kurz gesprochenen Vokalen
2.3.3 Normdeutsches Rachen-ch wird zu h
2.4 Die Konsonanten l und r
2.4.1 Die Mutation zu h (Dehnungs-h) durch Wegfall
von l bzw. r
2.4.2 Kurze Aussprache des Vorläufervokals bei l + Folgekonsonant
2.5 Andere Konsonantenkombinationen mit kurzer Aussprache
des Vorläufervokals
2.6 Der Buchstabe q in der Form des Doppelkonsonanten qu, kw
2.7 Das Eszet – sz = ß – zur Bezeichnung eines langen Vokals
2.8 Das stimmhafte Doppel-s – eine Besonderheit des
Düsseldorfer Rheinisch
2.9 Das v und das w im Wortinnern
2.10 Der Normdeutsche Konsonant t und das rheinische d
2.11 Die Konsonanten z, tz, zz
2.12 Das »überflüssige« Einschub-s
2.13 Die normdeutsche Präposition »zu« und ihre Schreibweise
im Düsseldorfer Rheinisch
2.14 Das normdeutsche »aus« und seine Entsprechung im
Düsseldorfer Rheinisch
55
57
59
59
59
62
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D I E W Ö RT E R
1
2
Die Homophone und deren Schreibweisen
Fremdwörter, deren Schriftform und Bedeutung im
Düsseldorfer Rheinisch
2.1 Romanische Wörter
2.1.1. Französische Ausdrücke
2.1.2. Wörter französischer und lateinischer Herkunft
2.1.3. Total assimilierte Ausdrücke französischer Herkunft
2.2 Englische bzw. anglo-amerikanische Ausdrücke
2.3 Niederländisch-holländische bzw. flämische Ausdrücke
2.4 Jiddische Lehnwörter
2.5 Geographische Ländernamen
3
Wortkontraktionen
3.1 Verben mit angehängten Personalpronomen im Nominativ
3.2 Verben mit angehängten Personalpronomen
in einem anderen Kasus als dem Nominativ
3.3 Konjunktionen mit angehängten Personalpronomen
3.4 Kontraktionen zwischen Präpositionen und Artikel
4
Wortdetraktionen
5
Präpositionen
5.1 Präpositionen mit dem Dativ
5.2 Präpositionen mit dem Akkusativ
5.3 Präpositionale Kontraktionen < Detraktionen
6
Konjunktionen
7
Präfixe und Suffixe
7.1 Präfixe
7.2 Suffixe
8
Zeitangaben und deren Schreibweise
8.1 Die Jahreszeiten
8.2 Die Monate
8.3 Die Festtage
8.4 Die Wochentage
8.5 Die Tageszeiten
8.6 Die Uhrzeiten
9
Die Zahlen und deren Schreibweise
10
Düsseldorfer Stadtteile, deren Benennung und Schreibweisen
11
Essen und Trinken, Gerichte und Getränke
11.1 Essen und Trinken – allgemein
11.2 Speisen
11.3 Getränke
11.4 Rheinische Gerichte
103
110
111
111
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120
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129
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130
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132
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133
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136
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138
139
140
140
142
144
144
145
147
148
11.5
12
12.1
12.2
12.3
13
Ess- und Trinksprüche
Die Vornamen
Die Schreibung der Vornamen
Charakteristika mit Vornamen
Andere Charakteristika
Anredeformen
148
149
149
151
152
152
G R A M M AT I S C H E S
1
1.1
1.2
1.3
2
2.1
2.2
3
4
4.1
4.2
4.3
4.4
4.5
5
6
7
Die Deklinationen
Die Deklination der Artikel
Die Deklination der Possessivadjekive
Die Deklination der Relativpronomen
Die Konjugationen – Allgemeines
Die Konjugationen der Hilfsverben
Die Konjugationen der Vollverben
Die Reflexivpronomen
Die Fragewörter, ihre Lexik, ihre syntaktische Funktion,
ihre Deklination, ihre Schreibweise
Das einfache Fragepronomen
Das selektive Fragepronomen
Die Fragewörter mit Präpositionen
Die Fragewörter mit woDie Fragewörter der Zeit, des Grundes, des Ortes,
der Art und Weise
Genusveränderungen der Substantive
Varianten und Toleranzen
Sprachliche Besonderheiten, »Schwierigkeiten«, Regeln
155
156
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178
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D I E B E N R AT H E R L I N I E
N A C H W O RT
L I T E R AT U RV E R Z E I C H N I S
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174
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Grußwort
M
undart ist als Sprache ein Identifikatonsmittel der Menschen
mit ihrer Stadt, mit ihrer Region. Das
Düsseldorfer Rheinisch ist als Mundartvariante des Rheinischen Dialekts
die originale Sprache der Düsseldorfer, der großen Vereinigungen unserer Stadt, von den Mundartpflegern
über die Bürgergesellschaften und
Vereine zu den Freunden guter Traditionen: Schützen, Karneval,
Brauchtumspfleger, Radschläger … Als lebendiger Bestandteil unserer
Kultur fördert das Düsseldorfer Rheinisch das Zusammengehörigkeitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt. In zahlreichen
Arbeitsgemeinschaften wird es in den Schulen gepflegt. Der alljährliche
Große Lesewettbewerb der Düsseldorfer Schulen gibt davon ein beredtes Zeugnis. Mundartliche Beiträge in den Zeitungen und Zeitschriften
erfreuen die Leser. Die Literatur des Düsseldorfer Rheinisch ist umfangreich.
Allgemein wird in unserer Stadt zwar Hochdeutsch gesprochen,
doch dieses Hochdeutsch hat seine Düsseldorfer Färbung. Es lebt aus
der Mundart des Düsseldorfer Rheinisch. Zahlreiche Autoren bemühen
sich um eine »ordentliche« Schreibweise unserer Rheinischen Mundart. Aber: Jeder schreibt anders! Was bis dato fehlte, ist eine vergleichende Analyse des Schriftgutes, um eine einheitliche Schreibweise, die
sich von sprachlich reflektierten Schreibregeln ableitet, zu erreichen.
Die vorliegende Arbeit ist der erste Versuch, solche sprachlich fundierten Schreibregeln unserer Düsseldorfer Mundart umfassend darzustellen und mit zahlreichen Beispielen zu dokumentieren. Wir wünschen,
dass der Inhalt dieses Buches den Düsseldorfern und ihren Freunden
eine grundlegende Hilfe bei der Anwendung und der Lektüre unseres
Düsseldorfer Rheinisch geben wird und damit unsere Düsseldorfer
Mundart fördert.
Joachim Erwin
Oberbürgemeister der Landeshauptstadt Düsseldorf
9
Geleitwort
D
ie Benrather Linie ist noch immer die wichtigste Sprachgrenze
innerhalb des gesprochenen Deutschen. Benannt nach dem im Süden
von Düsseldorf gelegenen Stadtteil
Benrath trennt sie, bis hin zur Oder
von West nach Ost in leichtem Anstieg verlaufend, den nieder- vom
hochdeutschen Sprachraum. Nördlich davon sind «maken« und »tid« gebräuchlich, südlich »machen«
und »Zeit«; südlich der Benrather Linie sind leichte regionalsprachliche Abtönungen der allgemeinen Verkehrssprache anzutreffen, nördlich davon das Nieder- oder Plattdeutsche. »Niederdeutsch« bezeichnet einen Raum, keine soziale Hierarchie, und in diesem Raum hat
Düsseldorf, sprachlich auch beeinflußt von dem »(links-)rheinischen
Fächer« (z. B. »dat«- / »das«-Varianz), eine eigenständige Tradition
entwickelt, die Heinrich Spohr verdienstvollerweise aufgezeichnet und
sprachanalytisch eingeordnet hat.
Von besonderer Bedeutung kann dieses Buch sein, indem es zu einer
vereinheitlichten Schreibung führt und damit den Weg für eine literarische Verwendung freimacht. In der Zeit des »Realismus«, also der Zeit
nach 1850, hatte regional sprachliche Dichtung einen hohen Stellenwert, und Hans Müller-Schlössers »Schneider Wibbel« ist noch ein Ausläufer dieser Tradition. Den Höhepunkt der Akzeptanz von Mundartdichtung verkörpert, wie so oft, Goethe, der Johann Peter Hebels alemannische Gedichte und Kalendergeschichten so sehr liebte, daß er
sich wünschte, man möge Weltliteratur nicht nur ins Hochdeutsche
übersetzen, sondern auch in die Dialekte, damit sie recht leben könne.
Die Zeiten sind vorüber, in denen ein Bayer Fritz Reuter gelesen hat
oder ein Mecklenburger Ludwig Thoma, doch Spohrs Buch schafft die
Basis für die Integration von Ausländern, die heimisch werden wollen,
und läßt zugleich auf eine Erneuerung durch Literatur hoffen. Ob wir
sie erleben werden?
Prof. Dr. phil. Volkmar Hansen
Direktor des Goethe-Museums
10
Geleitwort
E
ndlich! Ein Regelwerk für die
Schriftform unserer Düsseldorfer
Mundart, auf das man lange hat warten müssen. Natürlich gibt es veraltete oder oberflächlich ausgearbeitete Wörterlisten, die aber dem heutigen Mundartschreiber nicht dienlich sein können. Das Düsseldorfer
Rheinisch, wie Heinrich Spohr es
nennt, hat er unter seine linguistische Lupe genommen. Er hat umfassend recherchiert, konsequente und logische Regeln aufgestellt sowie
eine zeitgemäße Schriftform unserer Mundart dargestellt.
Geht man vom Wort aus, will Mundart in erster Linie gesprochen,
und nicht geschrieben werden. Doch wie soll man eine Sprache erhalten, einem Publikum vermitteln ohne Schriftform? Sie ist unerlässlich.
Seit mundartlich Geschriebenes existiert, gab und gibt es viele Meinungsverschiedenheiten über die »richtige« Orthographie. Es ist vielleicht vermessen, hier von richtig oder falsch zu sprechen. Wie bei jeder
lebendigen Sprache wirken sich Zeitwandel und lokales Umfeld auf
Mund- und Schriftart aus. Hans Müller-Schlösser sprach und schrieb
anders als wir heute, und in Kaiserswerth klingt es und liest es sich keineswegs so wie in Kappes-Hamm. Letzteres sollte auch so bleiben.
Die Intention des vorliegenden Werkes geht dahin, dem Schreibenden die Möglichkeit zu geben, dem Leser gegenüber sprachlich konsequent und verantwortungsbewusst zu sein. Ein Mundartautor sollte seinem Publikum eine linguistisch reflektierte Schreibweise anbieten, und
nichts »us de la mäng« zu Papier bringen. Mit dem vorliegenden umfangreichen Regelwerk wird den Düsseldorfer Mundartschreibern ein
fundierter Leitfaden an die Hand gegeben. Damit könnten vielleicht
zahlreiche unnötige Schreibvarianten endgültig vom Tisch sein.
Sicherlich wird nicht jeder Mundartschreiber den Vorschlägen Heinrich Spohrs zustimmen. Aber die Anregungen, die sein Buch vermittelt, sollten Anlass sein, die eigene Schreibweise zu hinterfragen. Wer
sich für die Sprache unserer Heimatstadt interessiert, dem empfehle ich
diese Fundgrube nach dem Motto: »Schlag nach bei Spohr!« beziehungsweise »Lommer ens beem Spohr nohkicke!«
Monika Voss
Mundartautorin
11
Vorwort zur 1. Auflage
A
us zahlreichen Gesprächen und Anregungen, aus der vergleichenden Lektüre mundartlicher, in specie rheinischer Texte, ist
diese Arbeit über einen Zeitraum von über 20 Jahren entstanden. Sie
will sich als der Versuch verstanden wissen, in unserer Mundart, dem
Düsseldorfer Rheinisch, eine gewisse Ordnung für die Schrift ausfindig zu machen und diese darzustellen. Der Autor hat sich davon leiten
lassen, dass jede Sprache einem regelhaften Ordnungsprinzip folgt.
Davon nehmen sich auch die Mundarten, und damit das Düsseldorfer
Rheinisch, nicht aus. Zurückgegriffen wird in dieser Arbeit auf Arbeiten der Autoren Hans Müller-Schlösser, Hanns Nüsser, Heinrich Carl
Ständer, Heinz Engels und Theo Lücker, die sich – jeder auf seine Art –
um Regelhaftigkeiten im Düsseldorfer Rheinisch bemüht haben.
Was hier entstanden ist, ist sicherlich kein »Duden« des Düsseldorfer Rheinisch und wir wollen auch nicht behaupten, dass die in dieser
Arbeit zutage getretene Schreibweise unseres Düsseldorfer Rheinisch
die allein selig machende ist. Doch wir meinen sehr wohl, dass hier
etwas erarbeitet wurde, das den guten Gebrauch einer großen Zahl von
Rheinisch schreibenden Autoren in Düsseldorf reflektiert. Es ist der
Versuch, das Idiom und den Klang unseres Düsseldorfer Rheinisch in
schriftlicher Form einigermaßen korrekt wiederzugeben und zu fixieren und dabei Schreibregeln des Normdeutschen, die dem Leser bekannt sind, dort zu beachten, wo sie der »Schreibbarmachung« des
Düsseldorfer Idioms dienlich sind. Die zutage getretenen Regelhaftigkeiten lassen sich auf analoge Sprach- und Schreibsituationen übertragen. Das ist für den Leser und Lernenden wichtig.
Die formulierten Schreibregeln und -empfehlungen, die zu einer
gleichartigen, lesbaren Schreibweise des Düsseldorfer Rheinisch führen
sollen, ohne unsere Mundart zu »vergewaltigen«, entsprechen dem
guten Gebrauch, fördern die Mundart des Düsseldorfer Rheinisch und
begegnen der libertinistischen Regellosigkeit. Die zahlreichen, dem
Schriftgut der Düsseldorfer Autoren entnommenen Beispiele dienen
dieser Intention. In die vorliegende Arbeit wurden zahlreiche sprachliche Anregungen und Analysen aufgenommen, die Kenner der Materie
der Mundart des Düsseldorfer Rheinisch beigesteuert haben.
Insbesondere danke ich: Dr. Wilfried Adels (Düren), Karl Apweiler,
Chantal Baier (Savoyen), K.-A. Baier (Köln), Dr. Paul Boskamp †, Esra
Cohn, Wolfgang Dahmen (Trier), Heinz Engels, Dr. Bernd Hakenjos †,
Prof. Dr. phil. Volkmar Hansen, Friederike Hoffmanns-Rott (Viersen,
12
Freiburg), Marianne Holle, Dr. phil. Franz Janssen (Krefeld), Heinz
Jürgens, Jupp Sylvester Kels †, Bruno Kehrein, Helmut Klöden (Neuss),
Heinz Korbmacher, Theo Lücker †, Jean Meijntz (Geleen, NL),
Gregor Menges †, Heinz Neunzerling †, Fritz Nölke †, Rolf Purpar,
Jupp Schäfers †, Heinz Schweden, Dr. Hans Seyppel †, Gerhard Theisen, Prof. Dr. phil. Wolfram Viehweg (Krefeld), Monika Voss, Rita
Wälbers (NL) und Helmut Wilde.
Der Verfasser dankt aber auch jenen, deren Zustimmung er nicht
finden kann, die aber nun beginnen, ihre Schreibweise zu reflektieren,
um der allgemeinen Lesbarkeit und damit der sprachlichen Wahrhaftigkeit zu dienen.
Möge diese Arbeit dazu beitragen, dass die Schriftform unseres
Düsseldorfer Rheinisch in Zukunft so gestaltet werden kann, dass die
Leser und Lernenden eine einheitliche, sprachlich reflektierte Schrift
vorfinden.
Heinrich Spohr, La Grande Motte, Mai 2006
Vorwort zur 2. Auflage
D
ie 1. Auflage war schon nach einem Jahr vergriffen. Die große Nachfrage nach diesem Regelwerk, zahlreiche, fast tägliche Anfragen »Wie
schreibt man dies oder jenes – Wie deht mr dat ens schrieve« und »warum
so und nicht anders – on woröm eso on nit angers«, sowie zahlreiche
Anregungen zeigen das große Interesse an einer »ordentlichen« Schreibweise unserer Mundart, unseres lebendigen Düsseldorfer Rheinisch.
Obwohl viele Anregungen in die neue Auflage eingebracht, Korrekturen auf Grund neuer Erkenntnisse vorgenommen und die Beispiellisten erweitert wurden, geschah dieses ohne die Grundstruktur
der 1. Auflage zu verändern, so dass beide Ausgaben neben einander
benutzt werden können und die Grundaussagen voll gültig bleiben.
Möge diese 2. Auflage unserem lebendigen Düsseldorfer Rheinisch
dienen und seine Zukunft sichern helfen.
Heinrich Spohr, Januar 2008
13
Abkürzungen
Sprachliche Abkürzungen
dt.
engl.
fläm.
frz.
hebr.
it.
deutsch
englisch
flämisch
französisch
hebräisch
italienisch
jidd.
westjidd.
lat.
norm-dt.
rw.
jiddisch
westjiddisch
lateinisch
normdeutsch, hochdeutsch
rotwelsch
Allgemeine Abkürzungen
/
()
Variante
ergänzende Angabe;
tolerierte Variante
[.]
wird gesprochen wie,
phonetische Wiedergabe
z. B. [E]
<
entsteht aus Normdeutsch, stammt von
=
entspricht dem Normdeutsch
>
wird im Düsseldorfer
Rheinisch zu
a. a. O. am angegebenen Ort
Adj.
Adjektiv, Beiwort,
Wie-Wort
Dim.
Diminutiv, Verkleinerungsform
etc.
et cetera, und so weiter
fem.
Femininum, weiblich
Fut.
Futur, 1. Zukunft
Imp.
Imperfekt, 1. Vergangenheit, Präteritum
14
jm.
jn.
komp.,
Komp.
Konj.
mask.
n.
Perf.
Plur.
präd.
s. o.
s. S.
Sing.
Subst.
u. / +
u. a.
vgl.
z. B.
Var.
jemandem
jemanden
komparativ,
Vergleichsform
Konjunktiv, Möglichkeitsform
Maskulinum, männlich
Neutrum, sächlich
Perfekt, vollendete Vergangenheit
Plural
prädikative Ergänzung
siehe oben
siehe Seite
Singular
Substantiv, Nomen,
Hauptwort
und
und andere
vergleiche
zum Beispiel
Variante
Phonetische Zeichen der internationalen Umschrift
Die Darstellung der Laute erfolgt in der international üblichen wissenschaftlichen API-Umschrift.
Folgende Lautschriftzeichen werden verwendet:
Vokale:
[a] helles, offenes a
[e] geschlossenes e
[´] dumpfes, stimmloses, stummes ö
[E] offenes e
[o] geschlossenes o
[ç] offenes o
[O] geschlossenes ö
[ø] offenes ö
[u] geschlossenes u
[y] geschlossenes ü
rar, daarelang
Zeh, kleen
Pollezei, en, e Deng
Däds, Räje
kohle, Ore, kohz
Pott, Klotzkopp
Jedöhns, jlöve
kötte, öwer
Stuss, Buck
Düvel, kühme
Halbvokal - Halbkonsonant:
[j]
j-Laut
rejell, Predullje
Konsonanten:
[k] stimmloser k-Laut
[b] weicher b-Laut
[g] weicher g-Laut
[s] stimmloser s-Laut
[S] (stimmloser) sch-Laut, Zischlaut
[v] stimmhafter, weicher w-Laut
[z] stimmhafter s-Laut
[Z] stimmhafter gsch-Laut
[N] nasaler ng-Laut
kommod, Kwatsch
balbeere, Blootwohsch
Röggelche, waggelech
Fassong, pusseere
endlech, mauschele
blieve, jlöve, Druve
sare, Räsong, Fussel
Rage, Loge, Jurrnal
Räsong, Zong, Momang
qu wie kw
Kwalität, kwitteere
[˘]
lang gesprochen
15
Einleitung
Eine Schriftform für die Mundart des Düsseldorfer Rheinisch
Die deutschen Mundarten sind als regionale Umgangssprachen
(Dialekte) älter als die neudeutsche Schriftsprache, die sich als Superstrat seit der Erfindung der Buchdruckerkunst 1450 durch Johannes
Gensfleisch zur Laden, genannt Gutenberg, und der Bibelübersetzung
durch Martin Luther 1522 über die deutschen Dialekte legte. Diese
Einheitsschriftsprache lebt aber bis heute aus dem Sprachenschatz der
deutschen Mundarten.
Mundart und Schrift scheinen sich von den Begriffen her auszuschließen: Mundart wird als Sprache mit dem »Mund« gesprochen. Die
Schrift ist ein Produkt der Hand. Aber dafür gibt es auch den Begriff
»Schriftsprache«. Und das ist weiß Gott kein Widerspruch in sich. Es
ist die niedergeschriebene Sprache, die durch das Lesen, das laut Lesen,
mündlich hörbar wird, also wieder zur »gesprochenen« Sprache wird.
Wie steht es nun um die Rheinische Mundart und hier speziell um
die Düsseldorfer Variante, das Düsseldorfer Rheinisch? Verbietet sich
im Düsseldorfer Rheinisch eine regelhafte, ordentliche Schriftform,
weil – wie einige Autoren meinen – »die Mundart die Wiedergabe ihrer
selbst in schriftlicher Form ausschließt?« Wir meinen: nein! Denn: Wie
sonst sollte ein Mundartautor seine Erzählungen, Gedichte, Lieder,
Glossen oder Essays seinem Publikum vermitteln, wenn er sich nur der
»gesprochenen« Sprache, der gesprochenen Mundart bedienen dürfte /
müsste?
Dennoch scheint es ein schwieriges Unterfangen zu sein, das vorwiegend gesprochene Düsseldorfer Rheinisch zu schreiben, es also in
eine lesbare, nachvollziehbare Schriftform zu gießen und es so zu vermitteln. Damit Mundart – und in unserem Fall: das Düsseldorfer Rheinisch – in geschriebener Form möglich ist, ist ein Mindestmaß an
sprachlichen Regeln vonnöten. Und dieses Mindestmaß an Sprachregeln erwartet der Leser, damit er sich nicht bei jedem »neuen« Autor
immer wieder von Neuem auf dessen individuelle Schreibweise einstellen muss. Und: Der lernende Leser würde nicht durch unnötige Schreibvarianten verunsichert werden. »Die Schreibweise soll dem Sprecher,
der ja oftmals anfängt, das Plattsprechen regelrecht zu erlernen, seine
Versuche erleichtern«, schreibt Theo Lücker. Oder anders ausgedrückt: Der Autor ist für den Leser da, nicht der Leser für den Autor.
16
J. F. Lodenstein äußerte sich zu diesem Thema sinngemäß so: Wie
wir uns eines korrekten Hochdeutsch im Schreiben wie auch im Sprechen befleißigen, so sollen wir daneben auch eine saubere Mundart
pflegen. Das Düsseldorfer Rheinisch ist als Mundart nicht sprachliche
Willkür oder »knubbeliges« Normdeutsch. Das Düsseldorfer Rheinisch
ist auch nicht sprachliches »Platt« oder gar verkehrtes Normdeutsch,
sondern eine dialektale Variante unserer Deutschen Sprache.
Bei der Schreibbarmachung soll der »gute Gebrauch« entscheiden
(le bon usage, wie unsere französischen Nachbarn dies formulieren).
Beispiele: Statt »et wääd kalt« (es wird kalt) sollte man schreiben »et
wähd kalt«, statt »Jedööns« (Getue, Umstände) sollte man schreiben
»Jedöhns«, (alle mit Dehnungs-h), statt »bloos« oder »blos« (nur, bloß)
sollte man schreiben »blohs« oder »bloß« (mit Dehnungs-h oder ß),
statt »Schnöfnas« (neugierige Person) sollte man schreiben »Schnövnas« (von schnöven mit weichem v), statt »Kappesbuur« (Kohlbauer)
sollte man schreiben »Kappesbuer« (mit dem Dehnungs- bzw. Vorschlag-e vor r), statt »de Böösch« (die Bürste) sollte man schreiben »de
Böhsch« (mit dem Dehnungs-h anstelle des weggefallenen r), statt
»Gröne Jong« (grüner Junge) sollte man schreiben »Jröne Jong« (mit
dem j im Anlaut) etc.
Es geht nicht darum, dass das eine richtig, das andere falsch geschrieben ist. Wichtig, angemessen und richtig ist nur, dass die Schriftform
eines Ausdrucks, eines Wortes, einer Silbe, eines Vokals oder eines
Konsonanten sich aus den reflektierten Schreibgewohnheiten einer
Mehrzahl von Mundartautoren ergibt und dass ein Ausdruck, ein Vokal
oder ein Konsonant in anderen Ausdrücken Parallelen und Analogien
hat, welche die vorgegebene / empfohlene Schreibweise, die sich aus
dieser Regelhaftigkeit ergibt, rechtfertigt. Das ist guter Gebrauch der
Sprache. Man kann sicherlich über die eine oder andere Schreibweise
streiten. Das entspricht einem guten linguistisch-wissenschaftlichen
Brauch. Doch sollte man dabei den Leser nicht vergessen!
Leider reflektieren manche »Plattschreiber« ihre Schreibweise nicht
und orientieren sich nur am Einzelfall oder erkennen sprachliche Parallelen nicht, so dass sie auch nicht zur analogen Schreibweise des guten
Gebrauchs finden können. Schlimm wird es, wenn Autoren im gleichen
Text einmal so und ein anderes Mal anders schreiben, zum Beispiel:
et wähd kalt (es wird kalt)
dat Pähd (das Pferd)
dr Knahtsch (der Krach, der Ärger)
neben: et wääd usselech
neben: dat Pääd
neben: dr Knatsch oder dä
Knaatsch
de Pohz (die Tür, das Tor, lat. porta) neben: de Pooz oder de Porz
17
Hier sollte durchgehend das Gesetz der Konsequenz angewendet
werden, um nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich glaubwürdig
zu sein. Man kann über die vom Hochdeutschen (Normdeutschen) sehr
stark beeinflusste Schreibweise Müller-Schlössers (Gröne Jong statt
Jröne Jong) oder über die stark phonetische, aber sehr lesbare Schreibweise Heinz Schwedens (ne häzzleche Jroß) oder über die vermittelnde, moderne Schreibweise Monika Voss’ (rösije Flöcke schlare Rad)
und natürlich auch über Andere (!) gar trefflich streiten. Eines haben
diese Autoren gemeinsam: Sie sind konsequent in der schriftlichen Wiedergabe unseres Düsseldorfer Rheinisch. Sie haben unsere Rheinische
Sprache reflektiert. Sie gehen von der Lesbarkeit und der sprachlichen
Sauberkeit aus. Das ist es, was der Leser erwartet. Das dient dem Ansehen unseres Düsseldorfer Rheinisch und fördert unsere Mundart.
Zum Verständnis: Sprachliche Freiheiten schließt eine ordentliche
Mundart nicht aus, auch nicht die Rheinische, von der das Düsseldorfer Rheinisch nur eine Variante ist. Heinz Schweden gibt hier treffliche Beispiele. Dass bei der Schreibbarmachung unseres Düsseldorfer
Rheinisch auch grammatische Exkurse vonnöten sind, ergibt sich aus
der Natur der Mundart.
Der Verfasser weiß, dass es Eigenarten des Düsseldorfer Rheinisch
gibt, die von Kiehschwäht bis nach Jarath, von Hähdt bis nach Jerressem reichen. Die Stadt ist nun einmal um zahlreiche Gemeinden, ja
selbständige – auch sprachlich selbständige – Städte gewachsen. Hier
dankt der Verfasser Herrn Professor Dr. Dr. mult. Volkmar Hansen für
die Anregung, auf sprachtopographische Varianten aufmerksam zu
machen, welche die sprachlich-geographischen Gegebenheiten (z. B.
die ortsbedingten Varianten und Sprechweisen ein und desselben Ausdrucks) unseres Stadtgebiets berücksichtigen. So sagt man zum Beispiel in der Altstadt »Donn mech dat Bohk«, in Volmerswerth aber
»Jiff mech dat Boch«, oder in der Altstadt »Se konnden dat us de Köch
hole«, in Volmerswerth »Se kudden dat ut de Küch holle« und in
Hamm »Se kunnden dat uht de Köch holle«. Ebenso sagt man hier
»Wing make« und dort »Wing maache« oder »Wing mahke«.
Sicherlich ist es auch lohnend, einen Düsseldorfer Sprachatlas zu erstellen, um die Eigenheiten der einzelnen Stadtteile zu fixieren. Hierzu
können sicherlich die Sprachautoren in den Stadtteilen beitragen,
damit ein Mosaikteppich der Düsseldorfer Varianten des Rheinischen
entsteht.
In dieser Arbeit wird in erster Linie das innerstädtische Düsseldorfer Rheinisch dargestellt, weil es sprachlich auch auf die anderen
Stadtteile ausstrahlt.
18
Die Laute
1
Die gesprochenen Vokale und ihre Wertigkeit
Die Sprache weist allgemein kurz und lang gesprochene Vokale auf, ja
sogar auch solche, die sich in der gesprochenen Länge oder Kürze nicht
eindeutig zuordnen lassen. Die deutsche Normsprache hat sich hier nur
auf kurz oder lang festgelegt und lässt die dritte Variante außer Acht.
Genauso verfährt die schriftliche Mundart, also auch das Düsseldorfer
Rheinisch. Nun gibt es aber Vokale, die – auf Düsseldorf bezogen – in
dem einen Stadtteil lang und in dem anderen eher kurz gesprochen werden. Dementsprechend schreiben Mundartautoren für »ankicke« vorzugsweise »aankicke« oder für »antrecke« lieber »aantrecke« (so Monika
Voss). In solchen Fällen, in denen das a eher zu einem langen als zu einem
kurzen a tendiert, ist es sicher angebracht, es auch so zu schreiben, denn
dann unterscheidet man die Vorsilbe »aan-« von der Präposition »an«.
1.1
Die lang gesprochenen Vokale und ihre Schreibung
Wenden wir uns zunächst den allgemein lang gesprochenen Vokalen
zu. Das Schriftdeutsch bietet mehrere Möglichkeiten (Hilfsmittel), die
gesprochene Länge eines Vokals darzustellen. Diese Möglichkeiten hat
das Düsseldorfer Rheinisch analog übernommen:
1.1.1 Das nachgestellte Längen- oder Dehnungs-h:
de Ahbiet, op’m Maht, dat hat Ehr jesaht, fähdech (auch: fehdech), hä deht jet, Kiehs, kohz, blohs, dr Stohl, et Jeföhl, dr
Buhmann, Appelmuhs, kühme
1.1.2 Das nachgestellte, nicht gesprochene, stumme Dehnungs-e [´]:
de Ahbiet, ne fiese Möpp, kriesche, kinner weeß jett, de Weeter
1.1.3 Die Verdoppelung des Vokals zum Zwecke der Dehnung: dr Baas,
alleen, dr Boom, duuster
1.1.4 Der Dehnungs-Sonderfall als Vorschlag-e vor r:
de Buer, dat Füer, fiere
1.1.1: Das nachgestellte Längen- oder Dehnungs-h ist das am weitesten
verbreitete Längenzeichen. Es ist im engeren Sinne kein Buchstabe,
sondern nur ein Hilfszeichen.
19
Durch den Wegfall des (normdeutschen) r kommt es im Düsseldorfer Rheinisch zur Längung (Dehnung) des vorangehenden Vokals.
Das Dehnungs-h markiert also zum einen den in der Aussprache weggefallenen Konsonanten r und zum anderen die Dehnung des Vorgängervokals, wie die folgenden Beispiele zeigen:
de Antwohd
de Ahbiet
de Aht on Wies
op’m Maht
de Appeltaht
en Bahtschier
ne rode Baht
em Hoffjahde
dat Kahtespell
nohkahte
schahf
afwahde
de Faht
Hemmelfahtsnas
de Ähzezupp
dat Pähd
Pähdsköttele
op de Ähd
jähn
Kiehschwäht
Wähschde
Stähne
ne staatse Kähl
en Kähz
wähde
et wähd
ne Wibbelstähz
et ess am rähne
Mähtes
de Wehtschaff
ehschte, ehschde
ehschdens
zo-ehsch, zoehsch
verkeht
dat Vehdel
en Kehsch
20
< die Antwort
< die Arbeit
< die Art und Weise (so bei H. Jürgens)
< auf dem Markt
< die Apfeltorte
< eine Bartschere
< ein roter Bart (so bei Engels)
< im Hofgarten
< das Kartenspiel
< nachkarten
< scharf
< abwarten
< die Fahrt
= nach oben gebogene Nase
< die Erbsensuppe
< das Pferd (so bei Kels)
< Pferdeäpfel (so bei Jürgens)
< auf der Erde
< gern
< Kaiserswerth
< Wersten
< Sterne
< ein strammer Kerl
< eine Kerze
< werden
< es wird
< ein Unruhegeist
< es regnet
< Martin
< die Wirtschaft
< erster
< erstens
< zuerst (u. a. bei Cremerius, Jürgens)
< verkehrt
< das Viertel
< eine Kirsche
fehdech / fähdech
Fohzebenger
de Wohsch
Bloodwohsch
de Wohzel
kohz
de Kohtze Stroß,
Kottestroß
de Kohd
dat Kohn
dat Wohd
de Wöhder
et wöhd
en Böhsch
< fertig
= Knickerbocker
< die Wurst
< Blutwurst
< die Wurzel (so bei Engels)
< kurz
< die Kurze Straße
< die Kordel
< das Korn (Getreidekorn)
< das Wort
< die Wörter
< es würde
< eine Bürste
Man findet trotz des weggefallenen r bei ehschde, zoehsch auch die
Schreibweisen eeschte, zo-eesch, obwohl der regelhaften Analogie wegen die Schreibweise mit einem Dehnungs-h empfehlenswert ist.
Das Dehnungs-h steht darüber hinaus »dort, wo ein im Schriftdeutschen gebrauchter Konsonant in der Mundart entfällt« (H. C. Ständer).
Das ist beispielsweise beim g oder ch der Fall:
jesaht
jemaht
klorjemaht
jebraht
noh
hä lächt
dat Bohk
hä möht
< gesagt (so bei Voss)
< gemacht
< klar gemacht (so bei Engels)
< gebracht
< nach
< er liegt
< das Buch (so bei Ständer)
< er mag
Das Dehnungs-h ist beim e selten:
Mehlbüdel
hä deht nix
de Kehl
< Düsseldorfer Original
< er tut nichts
< die Kehle
Noch seltener findet sich das Dehnungs-h beim i. Hier ist es vor allem
gebräuchlich bei:
mieh
nimmieh
< mehr
< nicht mehr
21
nit mieh
nie mieh
niehe
öwerdriehe
< nicht mehr
< nie mehr
< nähen
< überdrehen
Beim o findet sich das Dehnungs-h in:
blohs (auch »bloß« üblich, wie M. Voss)
dr Fohs, Fohß (auch: Fooß, so M. Voss)
ne Fohz
en Koh
kohle
verkohle
krohse
ne Mohrekopp
de Nohdohsch
dr Pohl
de Poht (so bei Nüsser)
de Pohz
dr Stohl
< nur
< Fuß
< Furz, Blähung
< eine Kuh
< lügen
< belügen
< kramen
< ein Mohrenkopf
< der Nachdurst
< der Pfahl
< die Pfote
< die Tür, die Pforte
< der Stuhl
Beim u findet sich das Dehnungs-h in:
Appelmuhs
Buhmann
Fuhr
< Apfelkraut
< Schreckgespenst
< Wagenladung, Fuhre
Das Dehnungs-h hat sich vor allem auch bei den Umlautvokalen ä und
ö durchgesetzt, allerdings weniger beim ü:
hä ess jähl vör Neid
wie säht mr dat?
nähme
ne Bähselemanes
em Rähje stonn
fies Wähder
et ess kalt am wähde
hä ess am jähne
afföhre
Stüere afföhre
de Tant Billa besöhke
Schöhkes
22
< er ist gelb vor Neid
< wie heißt das?
< nehmen
< ein Schöntuer (bei Damen)
< im Regen stehen
< schlechtes Wetter
< es wird kalt
< er gähnt
< abführen
< Steuen abführen
< Tante Sybille besuchen
< auf Wiedersehen, »Schöh«
usjesöhkt
< ausgesucht
kleene Öhrkes
< kleine Öhrchen
näcke Föhs
< nackte Füße
(auch Föß, wie bei Schweden, oder gar Fööß, wie bei M. Voss)
Jeföhl
< Gefühl
Jedöhns
< Umstände, Aufhebens
Föhzke
= kleiner Furz
Milljöh
< Milieu
Böhschde (so bei Nüsser)
< Bürsten
Bröhder (so bei Krings)
< Brüder
sech Möh aandonn
< sich Mühe geben
(so Müller-Schlösser)
nöhdech (so bei Seyppel)
< nötig
kühme
< sich bedauernd beklagen
rühme
< rühmen
hä süht schleit
< er sieht schlecht
Aber hier gibt es auch Ausnahmen, die diese Regel bestätigen: hüüle
(heulen), bedüüde (bedeuten, so bei Engels), ne Quääljeist (Quälgeist),
jedööft (getauft), möör (mürbe, weich), rüüme (räumen).
Die oben angeführten Beispiele zeigen, dass Umlautvokale nicht eo
ipso lang gesprochen werden, wie oft angenommen – in »Räsong« ist das
ä eher kurz als lang! – sondern dass sie in der Schreibung zur Bezeichnung der Länge sehr wohl eines Dehnungszeichens bedürfen. Andererseits gibt es auch zahlreiche Beispiele für kurz gesprochene Umlaute:
ärm
ne Lärrer
Piefehännes
Näcke Hännes
op näcke Föhs
en Hött
flöck
et jöwt Rähje
Flöns
öwerdrieve
ne Pöngel
kölsche Klöngel
ne fiese Möpp
op eenem Been höppe
Jejrömmels
hütsedaach
< arm
< ein Lehrer
< Pfeifenraucher
= gepellte Blutwurst
< barfuß
< eine Hütte
< schnell
< es gibt Regen
< Wurstende
< übertreiben
= eine Menge
< Kölner Klüngel
= ein Fiesling
< auf einem Bein hüpfen
< Krümeliges
< heutzutage
23
dat Brückske
de Joldene Brück
de Latütsch
schümmelech
< das Brückchen
< die Goldene Brücke
< die Laterne, Leuchte
< verschimmelt
Die Verdoppelung des nachfolgenden Konsonanten sowie mehrere nachfolgende Konsonanten geben die kurze Aussprache des Vokals an. Doch
davon mehr im Kapitel »Die Laute. 1.3 Die kurz gesprochenen Vokale«.
Die einfache Längung eines Vokal wird gern mit einem Dehnungsh markiert und geschrieben:
Spruht
Schlaht (so bei Voss)
Ähdäppelschlaht
ejahl
Knahs
schwahde (so bei Krings, Voss)
= Rosenkohl
< Salat
< Kartoffelsalat
< egal
= Essensrest
= reden
Eingebürgert hat sich Lambätes ohne h, obwohl es auch Bähtes für
Lambert oder Hubert gibt. Den Pastor Jääsch (< Gerst) schreibt man
entgegen der Regel nicht mit Dehnungs-h, sondern mit Doppel-ä (ää).
1.1.2: Auch das nachgestellte, nicht gesprochene Dehnungs-e hat die gleiche Längenfunktion. Es ist fast ausschließlich zur Dehnung des i üblich:
ne fiese Möpp
Mief
op de Wies
ne riese Bohei
ne Kieskopp
dat Dier / Deer
en ärm Dier
Ies, Ieskeller
Ahlewieversommer
Kieschwäht / Kiehschwäht
de Pief
Owenspief (so bei Müller-Schlösser)
Donnerkiel
dat Mahtwiev
Knieß / Knies
ne Kniesbüdel
kriesche
24
= ein unangenehmer Typ
< übler Geruch, Gestank
< auf der Wiese
< ein riesiges Getue
< ein Käsekopf, Holländer
< das Tier
< eine arme Person
< Eis, Eiskeller
< Altweibersommer
< Kaiserswerth
< die Pfeife
< Ofenrohr
< Donner und Doria
< die Marktfrau
= Ärger
= ein Zänker
= weinen
Das e wird in der Langform im Düsseldorfer Rheinisch dann als
Doppel-e (ee) geschrieben, wenn es dem normdeutschen Diphthong ei
oder wenn es dem langen i mit einem Dehnungs-e, also dem ie entspricht. Beispiele für ei > ee:
allein
am meisten
zwei
ein, von einem
einmal
einfach
keiner
eigentlich
eigen
eine Ewigkeit
eine Fleißkarte
heiß
heißen
die Kleider
die Steine
Kieselsteine
das Seil
das Urteil
der Nachteil
das Teil
der Geistliche
der Meister
meinen
die Meinung
gescheit
eine weiße Farbe
der Weizen
vielleicht
die Wahrheit
heimfahren
vermeiden
gerieben
getrieben
geblieben
geschrieben
verteilt
Eile
> alleen
> am meeste / am mieschde
> zwee
> een, von eene
> eemol
> eenfach
> keener
> eejenslech
> eejen
> en Ewichkeet
> en Fleeßkaht
> heeß
> heeße
> de Kleeder
> de Steen
> Kieselsteen
> dat Seel
> dat Urdeel
> dat Nohdeel
> dat Deel
> dr Jeeßleche
> dr Meester
> meene
> de Meenong
> jescheet / jescheit
> en weeße Färv
> dr Weeze
> villeech
> de Wohrheet / Wohrhe-it
> heemfahre
> vermeede
> jereeve
> jedreeve
> jebleeve
> jeschreeve
> verdeelt
> Eel
25
Beispiele für ie > ee:
hier
Biester
Brief
Briefträger
Brieftaube
Trinklied
tief
Diener
Messdiener
kriegen, abkriegen
einreißen
einfrieren
begießen
Gießkanne
Gießerjunge
Fieber
der Flieder
fliegen
fließen
eine Fliege
Fliegenfänger
Fotoapparat
liebe Leute
die Nieren
niesen
die Miete
vermieten
verteilen
am liebsten
schmieren
Schwiegermutter
ein schiefer Turm
Griebenschmalz
ein Geschmiere
schießen
schielen
schließlich
spielen
Spiegel
wiegen
26
> hee
> Beester
> Breef
> Breefdräjer
> Breefduuv
> Drenkleed
> deef
> Deener
> Messdeener
> kreeje, afkreeje
> enreeße
> enfreere
> bejeeße
> Jeeßkann
> Jeeßerjong
> Feever
> de Fleeder
> fleeje
> fleeße
> en Fleech
> Fleejefenger
> Affottojrafeerapparat
> leeve Lütt
> de Neere
> neeße
> de Meet
> vermeede
> verdeele
> am leevste
> schmeere
> Schweejermodder
> ne scheeve Turem
> Jreeveschmalz
> en Jeschmeers
> scheeße
> scheele
> schleeßlech
> speele
> Speejel
> weeje
sich zieren
aufgeschrieben
Stadtviertel
Lied
Tier
Unterschied
> sech zeere
> opjeschreeve
> Veedel / besser: Vehdel (s. o.)
> Leed
> Deer (siehe auch Dier)
> Ongerscheed
Hierhin gehören auch die Verbindungen auf -eere wie: huseere, eksplezeere, dresseere, pusseere, erömhanteere, u. a. Diese Endungen entsprechen dem Normdeutschen -ieren. Siehe hierzu auch das Kapitel
»Die Wörter. 2 Fremdwörter 2.1«.
Das normdeutsche ei wird nicht immer zu einem langen ee. Sehr
häufig wird es auch zu einem langen ie. Beispiele für ei > ie:
Arbeit
Zeit
Heirat
Hochzeit
Kreide, ankreiden
meistens
schreiben
verkneifen
steif
der Streifen
am Stück
reiben
Reibekuchen
treiben
Treibhaus
eintreiben
eine Scheibe
begreifen
übertreiben
bleiben
weit
Schneider
gleich
greifen
Leib
leiden
Leid
> Ahbiet
> Ziet
> Hierot (so bei Ständer), Hierod
> Hochziet
(bei H. Jürgens; nicht Hochziht, wie bei Krings)
> Kried, aankriede
> am mieschde
> schrieve
> verkniefe
> stiev
> dr Striefe
= am Striefe
> rieve
> Rievkohke
> drieve
> Drievhuus
> endrieve
> en Schiev
> bejrieve
> öwerdrieve
> blieve / bleeve
> wiet
> Schnieder
> j(e)liech
> jrieve
> Liev
> liede
> Lied
27
Marktfrau
aufreißen
eiskalt
Eisenbahn
Seite
Seide
Stricknadel
Naseweiß
frühreif
beißen
Leim
ein teurer Preis
Reiter
reiten
Zeitung
weiter
Freitag
kreischen, weinen
verheiratet
Donnerkeil
schneiden
> Mahtwiev
> oprieße
> ieskalt
> Ieserbahn
> Siet (auch Sitt)
> Sied
> Streckieser
> Wiesnas
> fröhrief
> bieße
> Liem
> ne düere Pries
> Rieder
> riede
> Ziedong
> wieder
> Friedaach
> kriesche
> verhierot, verhierodt
> Donnerkiel
> schniede
1.1.3: Die seltenere Form der Längung (Dehnung) ist die Verdoppelung
des Vokals, wie sie vor allem im Niederländischen üblich ist. Verdoppelt werden a, e, o und u. Beispiele:
ne Aap
aanaanbrenge
dr Daach
dr Baas
dat Blaach
de Blaare
ne staatse Jong
Haas
Fraaß
en Plaat
keejele
en Usreed
dr Dooch
koome
roope, roofe
28
< ein Affe
< an- (Vorsilbe)
< anbringen (so bei Engels und Voss)
< der Tag
= der Meister
= das Kind
= die Kinder
= ein schicker Junge
< Hase
< schlechtes Essen
= eine Glatze
< kegeln
< eine Ausrede
< das Tuch
< kommen
< rufen
doov
Bloodwohsch
en Doos
dr Hoot
de Wooch
en Bloos
dat Booch / Bohk
schloofe, schloope
ooch
de Woot
Bloomestruuß
Muuzemännches
de Puute (ital. putto)
de Schnuut
zappeduuster
< taub, doof
< Blutwurst
< eine Dose
< der Hut
< die Waage
< eine Blase
< das Buch
< schlafen
< auch
< die Wut
< Blumenstrauß
= Karnevalsgebäck
= die Kinder
< die Schnute
= ganz dunkel
Für »gut« hat sich anstelle von »joht« »joot« durchgesetzt (Voss, Cremerius, Schweden), anders bei »jroht« statt »jroot« für groß: ne joode
Kähl, de Jrohte Kerk.
Die Kontraktion des normdeutschen Diphthongs au zu einem langen
u bewirkt in der Schrift des Düsseldorfer Rheinisch zumeist ein doppeltes uu. Sicherlich verzichtet der eine oder andere Mundartautor im
Düsseldorfer Rheinisch auf die Verdoppelung des u (z. B. bei Hus
(Haus), dusend (tausend), Schruv (Schraube)). Bei »Schruv« mit einem
weichen v ist diese Schreibweise noch in etwa nachvollziehbar. Doch
sollte man aus Gründen der Konsequenz, der sprachlichen Analogie
und einer einheitlichen Schreibung bei einem langen u, das dem normdeutschen au entspricht, die Doppelform uu wählen, damit der Leser
eindeutig erkennt, ob das u lang oder kurz gesprochen wird:
ahl Schruuv
vertuusche
en Duuv
Puus
verknuuse
Schnuuftabak
Schnuut
en de Muuser
de Muus (so bei Voss)
dat Huus
Lohuuse
< Schreckschraube
< vertauschen
< eine Taube
< Pause
= vertragen, leiden (so bei Kels)
< Schnupftabak
< Schnauze
< in der Mauser
< die Maus
< das Haus
< Lohausen
29
Möhrekruut
Kruuskopp
en Luus
knuutsche
luusche
de Huut
fuul
Rothuus
Duusend
en Druuv
< Möhrenkraut (so bei Seyppel)
< Krauskopf
< eine Laus
< knautschen, auch: liebkosen
< lauschen
< die Haut
< faul
< Rathaus
< tausend
< eine Traube
Anstelle des doppelten uu finden sich auch Beispiele für uh: luhsche,
vertuhsche. Diese Version mit Dehnungs-h ist keineswegs verwirrend
oder gar bedeutungsverändernd, sondern verhindert die Kurzsprechung
des Vokals in Folge des scharfen Zischlauts. Dennoch empfehlen wir au
< uu, weil dann die Regel au > uu durchgängig wird.
Die Kontraktion des normdeutschen Diphthongs au ergibt im Düsseldorfer Rheinisch aber nicht automatisch uu. Auch das aus einem
Diphthong entstandene oo gibt es im Düsseldorfer Rheinisch:
Boom
Droom
Hoope / (Hoofe)
jloove
koofe
koom
Loop / (Loof)
loope / (loofe)
Ooch
de Oore
dat Oos
rooke
< Baum
< Traum (so bei Müller-Schlösser)
< Haufen
< glauben
< kaufen
< kaum
< Lauf
< laufen
< das Auge
< die Augen
< das Aas = schlimmes Mädchen
< rauchen
Seltener werden Umlaute zu ihrer Dehnung verdoppelt (s. o.):
Böötsche
< Bötchen
(so bei Engels, Schweden)
drüüme (so bei Voss)
< träumen
jedööft
< getauft
Höötsche
< Hütchen
lüüde (so bei Engels)
< läuten
mööd
< müde
30
möör
Quääljeist
de Tüüt
de Trööt, meist: Tröht
< mürbe
< Quälgeist
< die Tüte
< die Trompete
Statt dessen könnte das Dehnungs-h sicherlich empfehlenswert sein.
1.1.4: Der Dehnungs-Sonderfall als Vorschlag-e vor r: Die Schreibung
luure für luere (lauern, sehen), Buure für Buere (Bauern) und suur für
suer (sauer) ist phonetisch nicht gerechtfertigt, obwohl das u lang ist.
Hier fügt sich phonetisch nach dem u ein hörbares e [´] vor dem
Konsonanten r ein, das gleichzeitig als Dehnungs-e für das u fungiert.
In diese Kategorie gehören auch:
de Buer
duere
dat duert
luere
de Muer
dr Muerer
ne Rähjeschuer
suer
de Truer
de Uer
Usduer
< der Bauer
< dauern
< das dauert
< lauern
< die Mauer
< der Maurer
< Regenschauer
< sauer
< die Trauer
< die Uhr
< Ausdauer
Da ein geschriebenes doppeltes u sich in dieser Form phonetisch verbietet, ist es auch in der Schrift zu vermeiden. Im übrigen findet sich
dieses Dehnungs- und Vorschlag-e im Düsseldorfer Rheinisch nur vor
dem Konsonanten r. Auch in den Worten mit üe und ie wie:
düer
Fierdaach
fiere (so bei Müller-Schlösser)
Füer (so bei Engels)
Ierdöppke
en Schier
üerech
< teuer
< Feiertag
< feiern
< das Feuer
< Eierbecher
< eine Schere
= griesgrämig
hat dieses Dehnungs-e eine Vorschlagfunktion.
31
1.2
Die normallang (halblang) gesprochenen Vokale
Normallang gesprochene Vokale sind im Düsseldorfer Rheinisch solche, die weder lang, noch kurz gesprochen werden, sondern die in ihrer
»Länge« dazwischen liegen. Sie werden auch als halblang gesprochene
Vokale bezeichnet. Wie das Normdeutsche, so sieht das Düsseldorfer
Rheinisch für diese halblang gesprochenen, also zwischen kurz und
lang angesiedelten Vokale keine Schriftform vor. Wir haben uns in der
Schriftform daran zu orientieren, mit welcher Tendenz der Vokal gesprochen wird, ob eher lang oder eher kurz, und richten die Schrift
nach den Regeln für eindeutig lang bzw. eindeutig kurz gesprochene
Vokale aus. Einige Beispiele:
Schriftform
tolerierte Schreibvariante Deutsch
de Döhr
erömm
Flabes
fudele
Kabänes
dr Krohm
hä loch
de Nas
nit
de Prumm
ächt
de Dör
eröm
–
fuudele
Kabähnes
Krom, Kram
–
de Nahs
–
de Prum
–
die Tür
herum
unbeholfener Typ
fuschen
muskulöser Mann
der Kram
er lag
die Nase
nicht
die Pflaume
echt
Oft hängt die Lang- oder Kurzaussprache auch mit der örtlichen und /
oder persönlichen Sprachfärbung zusammen oder wird durch diese bestimmt. Da es aber beim Düsseldorfer Rheinisch auf die Vokalisierung
ankommt, um eine ordentliche Sprechmelodie zu erzeugen, sollte mit
Dehnungs-Zeichen wie dem h, allenfalls mit dem Doppelvokal gearbeitet werden, damit die Mundart des Düsseldorfer Rheinisch nicht nur
lesbar – klangvoll lesbar –, sondern auch verständlich ist und bleibt. Die
Anlehnung an hochdeutsche Schreibgewohnheiten trägt zwar in vielen
Fällen zur Verständlichkeit unseres geschriebenen Düsseldorfer Rheinisch bei, dient aber nicht in allen Fällen der Eindeutigkeit der Rheinischen Schriftform. Die Anwendung normdeutscher Schreibgewohnheiten verleitet zudem besonders den unserer Mundart nicht originär mächtigen Sprecher / Leser zur hochdeutschen Aussprache des Düsseldorfer
Rheinisch. Im Kapitel »Die Wörter. 1 Homophone« findet der Leser
weitere Ausführungen und Belege zu diesem Thema.
32
1.2.1 Normallange Vokale mit Tendenz zur längeren Aussprache
normallange
Form
tendenziell
lange Form
Herkunft /
Besonderheit
Ambrasch
Ambrahsch
frz. embarras
Böhk,
Böhkeholz
de Bösch
böschde
de Böhsch
böhschde
Bratsch
Brahtsch
bratsche
bröde
brahtsche
bröhde
(Dör)
Döhr
Döske
Döhske
dröje Wing
dröhje Wing
eemol
enä
fudele
(so Engels)
Jedöns
ehmol / eemoh
enäh
(fuudele)
Jedöhns
jemötlech
jemöhtlech
Kabänes
Knatsch
Knatschbüdel
Kostüm
Kabähnes
Knahtsch
Knahtschbüdel
Kostühm
Krom
auch: Kram
Konsölche
Krohm
auch: Krahm
Konsöhlche
knutsche
knuutsche
Normdeutsch
Umstand,
Aufwand
fälschlich: Böck Buche,
Buchenholz
selten: Böösch die Bürste
weggefallenes
bürsten
r>h
tendenziell
Schimpfwort:
langes a
Mund
grundlos weinen
tendenziell
brüten
langes ö
tendenziell
Tür
langes ö
tendenziell
kleine Dose
langes ö
tendenziell
trockener Wein
langes ö
einmal
betont für: nä
nein
tendenziell
pfuschen,
längeres u
schwindeln
tendenziell
Getue,
längeres ö
Umstände
tendenziell
gemütlich,
langes ö
bequem
frz. cabane
kräftiger Mann
Quengelei, Krach
weinerlicher Typ
frz. costume
Kostüm
mit langem ü
mit offenem [ç] Kleinkram
frz. console,
langes o > ö
tendenziell
langes u
Konsole,
Wandtisch
derb liebkosen
33
Mätes
Mähtes
(auch Mertens)
(de Nahs)
tendenziell
langes ä,
de Nas
tendenziell
langes a
schnöve
schnöhve
tendenziell
(nicht: schnöwe) langes ö
Schnövnas
Schnövnahs
tendenziell
langes ö und a
Spikelöres
Spikelöhres
tendenziell
langes ö
en dröve Tass en drööve Tass tendenziell
langes ö
verkamesöle (verkamesöhle) tendenziell
langes ö
rösech
röösech
tendenziell
langes ö
Martin, Martinus
die Nase
neugierig sein
neugieriger Typ
Vorteilssucher
trübe Tasse,
Langweiler
verhauen
munter, unbändig,
klein aber flott
Die Beispiele zeigen, dass das Dehnungs-h der sprachlichen Klarheit
dient und neben der Verdoppelung des Vokals im Düsseldorfer Rheinisch die beliebteste Form der Darstellung eines langen, auch tendenziell langen Vokals ist, auch da, wo das Normdeutsche ein solches h
nicht kennt: bröhde – brüten, Döhr – Tür. Übrigens könnte ein gelesenes »Dör« auch »dörr« sein. Und das führt automatisch zu einem
anderen Wortsinn. Ähnlich verhält es sich auch mit »dr Daach = der
Tag« und »dat Dach = das Dach«. Im ersten Fall ist das a tendenziell
lang, im zweiten eindeutig kurz. Dementsprechend sollte es geschrieben werden, auch wenn einige Autoren dies nicht beachten.
Es wäre auch besser »Krohm« als »Kram« (örtlich auch »Krahm),
zu schreiben; ebenso besser »Jedöhns« als »Jedöns«, um die tendenzielle Dehnung anzugeben; des weiteren sollte eher »schnöhve« als
»schnöve«, oder gar »schnöwe« geschrieben werden, weil das w als
doppeltes v zu werten ist und dann automatisch zur kurzen Aussprache des Vokals führt. Hier wird aber das ö tendenziell lang gesprochen und diese Länge sollte auch in der Schrift dargestellt werden.
Aus den genannten Beispielen folgt: Wenn die Länge eines Vokals
nicht eindeutig durch die Schrift ausgedrückt werden kann, dann sollte der Klarheit wegen das Dehnungs-h (allenfalls der Doppelvokal) gesetzt werden.
34
1.2.2 Normallange Vokale mit Tendenz zur kurzen Aussprache
Was für die normallang gesprochenen Vokale mit der Tendenz zur längeren Aussprache gilt, gilt im umgekehrten Sinn auch für die Vokale mit
der Tendenz zur kürzeren Aussprache. Wenn aus dem Schriftbild nicht
eindeutig die kurze Aussprachetendenz hervorgeht, dann sollte man den
nachfolgenden Konsonanten verdoppeln: »sinn Frau« ist besser, weil
eindeutiger, als »sin Frau«; »erömm« ist besser als »eröm«. Beispiele:
normallange
Form
tendenziell
kürzere Form
dröm
drösch
eren
eröm
jahnit
(kin)
min
Mussik
nämech
nimieh
nit
oder
ömesons
Rächt
dröm(m)
drösch
erenn
erömm
(jahnitt)
weggefallenes r > h
kinn, kinne
neg. Adjektiv
minn, minne
Possessivadjektiv
Mussick
gr.-lat. musica
nämmech
nimmieh (nicht: nimmi)
(nitt)
odder
ömmesons / ömmesuns
Recht
lat. rectus
(eigentlich: Reiht)
schonn
dat stembt / dat stempt
schon
dat stemmt
Herkunft /
Besonderheiten
Normdeutsch
drum, darum
trocken
herein
herum
gar nicht
kein, keine
mein, meine
Musik
nämlich
nicht mehr
nicht
oder
umsonst
Recht
schon
das stimmt
Einen Sonderfall stellt de Prum = de Prumm (die Pflaume) dar, mit
kurz gesprochenem u. Im Plural sagt man eher de Prume = Pruhme mit
langem u.
1.3
Die kurz gesprochenen Vokale
1.3.1 Die Verdoppelung des Folgekonsonanten
Kurze Vokale im Schriftbild kenntlich zu machen ist weitaus einfacher und
unumstrittener als eindeutig lange oder »normallange« Vokale. Hier bietet
sich zunächst die Verdoppelung des Folgekonsonanten an. Beispiele:
35
aantrecke
ahbidde, für: ahbiede
ne Appel
e Pongk Äppel
äwer (w = vv)
et Backes
bellijer
Bessemstill
betuppe
Billek
dr Boddem
Botterblömke
de Botterram
dr Buck voll
en Büll
dr Bulljong
et Chresskengk
en Dachlatt
Dickkopp
ne Dilldopp
dodröwer (w = vv)
donn
ne Drecksack
so ne Driss
dr Dönndriss
emmer
Emmer
erömwibbele
Famillech
ne Flappmann
flöck (ck = kk)
fluppe
fott
dat Fotto
frimmele
dat Frollein
de Frollütt
Fummellöres
dr Hännes
hä hätt
Hellerhoff
en Hött (Hütt)
36
< anziehen
< arbeiten
< ein Apfel
< ein Pfund Äpfel
< aber
< Backhaus, Bäckerei
< billiger
< Besenstiel
< eig.: betupfen; jn. betrügen
< Bilk
< der Boden
< Butterblümchen
< das Butterbrot
< den Bauch voll, mit vollem Bauch
< eine Beule
< die Bouillon
< das Christkind
< eine Dachlatte
< eigensinniger Typ
< Schlagkreisel
< darüber
< tun
< schlimmer Typ
= vorhergesehene, erwartete Panne
< der Durchfall
< immer
< Eimer
< herumwirbeln
< Familie
< ein alberner, trotteliger Typ
< schnell
< klappen, funktionieren
< fort, weg
< das Foto
< herumbasteln
< das Fräulein
< die Frauen
< einer, der überall herumhantiert
< Johannes, Hans
< er hatte
< Hellerhof
< eine Hütte
Hoppeditz
Hubbel
huddele
Huddel
en Jaffel
jappse
jeck on doll
jehatt
jennoch
jewess
ne Jrömmel
ne Jrömmel en de Tröht
dat jüddet hüt
et jütt
dr Jupp
käbbele
kapott
Kappes
dat ess Kappes
Karamelle
kicke (ck = kk)
ne Kiddel
kimmele
kinne Wing mieh
ne Klammeraap
kleddere
Klotzkopp
ne Knubbel
knüsselech
dat konnden die donn
et kütt wie et kütt
en Kull
Kwatschkopp
ne Labbes
dr Lärrer
de Ledder
lott
de Lütt
Mannslütt
medde dren
Medd(e)woch
en Möck
< kleiner Hüpfer; Symbolfigur des Karnevals
< Unebenheit im Boden, im Holz
= schlampig arbeiten
= schludrige Arbeit
< eine Gabe
= schwer atmen
= verrückt
< gehabt
< genug
< gewiss, sicher
< ein Krümel
= Kratzen im Hals
< das gibt es heute
< es gibt
< Josef (Joseph)
= zanken
< kaputt, defekt, totmüde, abgearbeitet
< Weißkohl
= das ist Unsinn
< Karamelbonbons (Karamellen)
= sehen, ansehen
< ein Kittel
= essen
< keinen Wein mehr
= ein Heftpflaster; wer einen nicht losläßt
< klettern
< dummer Glotzkopf
= kleine Beule
= schmutzig, schmierig
< das konnten die tun
< es kommt, wie es kommt
< eine Kuhle, eine Vertiefung
= dummer Vielredner
= ein haltloser Mensch
< der Lehrer
< die Leiter
< laß
< die Leute
< Männer
< mittendrin
< Mittwoch
< eine Mücke
37
ne fiese Möpp
de Mull
näcke Föhs
‘ndoch
ne Näckehännes
Nüsser Platt
odder
öwerdrieve (w = vv)
Owerkassel (w = vv)
Owerstövke
packe
Pitter
Platt kalle
dr Pott
ne Pottekicker
Quasselstripp
am Schlaffittche kreeje
Schlofzemmer
met Schmackes
de Schnüss
sinn
sinn Vrau / Frau
de Sitt
sofott
ne Stibbel / Stippel
dr Stiwel (doppeltes v)
de Stiwele
dr Stoffel
tireck (ck = kk)
trällere
dr Vadder
vell
verjesse
wat ze esse
wedder, widder
Wibbelstähz
zappele
dr Zappes
zesamme
ne Zibbel
dat Zöff
Zuppejröns
38
< ein unsympathischer Typ
< Maul, Mund
< nackte Füße
< zögerliches Ja in der Antwort
< kleine Blutwurst ohne Pelle
< Neusser Platt
< oder
< übertreiben
< Oberkassel
< Oberstübchen, Kopf, Gehirn
= fassen, erwischen
< Peter
< Platt sprechen
< der Topf
< ein Topfgucker
< Telefon; Vielredner
= jn. am Kragen packen, dran kriegen
< Schlafzimmer
= mit Druck und Nachhaltigkeit
< das Maul
< seine (Possessivadjektiv)
< seine Frau
< die Seite
< sofort
= unbeholfener Typ
< der Stiefel
< die Stiefel
= grober, aber gutmütiger Mensch
< direkt
= singen
< der Vater
< viel
< vergessen
< etwas zu Essen
< wieder, erneut
= jemand ohne Sitzfleisch
< zappeln
< Zapfkellner
< zusammen
= ein Angsthase
< Sophie
< Suppengrün
1.3.2 Zwei unterschiedliche Folgekonsonanten
Eine weitere schriftliche Hilfe für die Darstellung der kurzen Aussprache
eines Vokals sind zwei unterschiedliche Folgekonsonanten. Beispiele:
alde Lütt
< alte Leute
bölke
= schreien
ne Bremsklotz
= eine Frikadelle
Bueretrampe
= ungebildete Person
Buckping
< Bauchschmerzen
am Eng / Äng
< am Ende
esse
< essen
de Fenger
< die Finger
halve
< halb, halbe (nicht halwe!)
hütsedaach
< heute, heutzutage
ne Jitzhals
< ein Geizhals
jlotze
= stieren
et jöwt jet zo donn
< es gibt etwas zu tun
Variante: et jütt jet ze donn
dr Jong
< der Junge
de Jonges
< die Jungen
de Kenger
< die Kinder
de Kerk
< die Kirche
Klöngel
= heimliche Kungelei
ne Klotzkopp
= ein Dickschädel
kölsche
< keuchen, husten
ne Kwatschkopp
= Vielredner
en Lamp
< eine Lampe
dat Metz
< das Messer
onger ons
< unter uns
ne Pingel
= ein Kleinigkeitskrämer, Pedant
pitsche
= stechen, kneifen, einen trinken
ne Pöngel
= eine Menge
dr Wing
< der Wein
kapotte Zäng
< schlechte, kaputte Zähne
1.3.3 Die Mehrfachsetzung von Konsonanten
Auch die Mehrfachsetzung von Konsonanten bezeichnet die kurze
Aussprache eines Vokals. Beispiele:
39
afmorkse
en Blötsch
de Hangk
dr Hongk
dat Kengk
de Kitsch
kölsche Klöngel
ne Könsler
kunkse
ne Kwatschkopp
dr Murks, Morks
dr Sangk
verdamp(t)
dr Wengk
ne Wengkhongk
< umbringen, abmurksen
< eine Blechbeule
< die Hand
< der Hund
< das Kind
= die Kerbe, Beule
< Kölner Kungelei
< ein Künstler
= wimmern
< ein Dummschwätzer
= schlechte Leistung
< der Sand
< verdammt
< der Wind
< ein Windhund
1.3.4 Besonderheiten und Analogien
Eine Besonderheit ist »Flöns«. Hier wird das ö allgemein kurz gesprochen. Einige Autoren meinen, statt Flöns »Flönns« schreiben zu müssen, da es beim kurzen ö ihrer Ansicht nach nur auf die Verdoppelung
des Folgekonsonanten ankommt, damit im Schriftbild auch die »richtige« Aussprache wiedergegeben wird. Hier liegt ein Trugschluss vor.
Ein solches Unterfangen ist nicht nötig, da zum Kurzsprechen schon
zwei Folgekonsonanten des gleichen Stammwortes vorhanden sind
und ausreichen, nämlich »ns«. Das gleiche gilt übrigens auch für »halve« oder »alde«. Hier kommt allerdings keiner auf die Idee, das kurze
a mit der Verdoppelung des l zu versehen.
Dasselbe gilt in Analogie für Kumpel (nicht: Kummpel), Polver
(nicht: Pollver oder Pollwer), Fonzel (nicht: Fonnzel), u. a. »Usreed«
mit kurzem u ist nirgendwo einzuordnen. Vielleicht spielt das nachfolgende r eine Rolle. Das u der Vorsilbe (des Suffix us-) mit Doppel-s
zu versehen, ist dennoch unnötig, da ungebräuchlich!
Eine Besonderheit stellt das standarddeutsche Auslaut-t nach einem
f oder s dar. Dieses Auslaut-t entfällt im Düsseldorfer Rheinisch, führt
aber zur Verdoppelung des f, wenn kein Konsonant vor dem f steht.
Dieser Vorgang trifft vor allem auf die Endung -schaft > -schaff zu.
Steht aber ein Konsonant vor dem f, dann bleibt dieser mit dem f zwar
erhalten, das Auslaut-t fällt aber dennoch im Düsseldorfer Rheinisch
weg. Das Gleiche gilt für das Auslaut-s:
40
Bekanntschaft
Brüderschaft
Gesandtschaft
Kunst
Mannschaft
sonst
umsonst
Vernunft
Wirtschaft
Zukunft
Zunft
> Bekanntschaff
> Bröderschaff
> Jesandschaff
> Kons
> Mannschaff
> sons
> ömesons
> Vernonf
> Wehtschaff
> Zokonf
> Zonf
In jedem dieser Fälle wird der Vorlaufvokal kurz gesprochen.
1.4
Die Vokalabfolge ei > ee, ei = ei
Das ei ist im Düsseldorfer Rheinisch kein Diphthong wie im Normdeutschen. Die Buchstabenlaute im ei werden grundsätzlich auseinandergezogen gesprochen, also [e-i]. Davon gibt es keine Ausnahme. Dass
dabei ein gesangliches Ziehen hörbar wird, ist typisch für das Düsseldorfer Rheinisch. Das i in ei hat eine Dehnungsfunktion (beim eu
haben wir ein ähnliches Phänomen). Im Schriftbild wird dieses gezogene Auseinander-Sprechen nicht sichtbar, es sei denn man wollte e-i
auch so schreiben. Das wäre pingelig. Allerdings verleitet die Schreibung ei den der Mundart nicht besonders Mächtigen zur Aussprache
wie im normdeutschen »Kaiser« oder »zwei« oder »Meineid«. Da das
e in ei in der Regel lang gesprochen wird und das i nur als Dehnungsoder Nachschlag-i empfunden wird, schreiben die meisten Mundartautoren konsequenterweise zwei e, also ee, wie die folgenden Beispiele
zeigen:
beede
ee Been
breitbeenech
Buereweet
deele
eeje, eejen
eejedömlech
Eejedom
eejesennech
eenfach
< beide
< ein (betont) Bein
< breitbeinig
< Bauerntrampel
< teilen
< eigen
< eigentümlich
< Eigentum
< eigensinnig
< einfach
41
eemoh
eenöjech
eenstemmech
een Frau / een Vrau
heemlech
Hemmeljeest
Kleed
Kleester
kreeje
eene Mann
Meenong
Meester
ongerscheede
verschleeße
Weeter (Weiter)
< einmal
< einäugig
< einstimmig
< eine Frau
< heimlich
< Himmelgeist
< Kleid
< Kleister
< kriegen
< ein Mann
< Meinung
< Meister
< unterscheiden
< verschleißen
< Mädchen
In obige Gruppe gehören auch alle Substantive mit den Endungen auf
-heet und -keet, wie zum Beispiel:
Anjeleejeheet
Donkelheet
Doovheet
Ewechkeet
Öwelechkeet
Wohrheet
< Angelegenheit
< Dunkelheit
< Dummheit
< Ewigkeit
< Überlegenheit
< Wahrheit
Dagegen finden sich andere Wörter mit Vorliebe in der ei-Form geschrieben, aber e-i gesprochen:
Anzeich
beibrenge
Bohei
Brasselei
dreimoh, (dreimol)
Dusselei
Looferei
en Meis
neije
Plackerei
Quääljeist
selten: Quääljeest
Reibach
42
< Anzeige
< beibringen
< Umstände
< übermäßige Arbeit
< dreimal
= Unüberlegtes
< Lauferei
< eine Meise
< neigen
= Abmühen
< Quälgeist
= Reibach
steije
Weihnachte
< steigen
< Weihnachten
Da der Diphthong ei als [e-i] generell auseinandergezogen gesprochen
wird (s. o.), erübrigt sich die Schreibweise e-i. Will man mehr Wert auf
ein langes e legen, dann sollte ei als ee geschrieben werden. Aber hier
gilt wie anderswo: Eine Schreibweise dem Leser zu Liebe konsequent
durchhalten.
1.5
Die Vokale i und e
Dem normdeutschen Vokal i entspricht im Düsseldorfer Rheinisch im
allgemeinen das e. Da das Düsseldorfer Rheinisch im Düsseldorfer
Raum die Sprache ist, die ihren Ursprung in der Aldestadt und in der
Carlstadt hatte, heute aber sprachlich nicht nur die gesamte Innenstadt
umfasst, sondern auf alle Stadtteile ausstrahlt, orientieren sich die nicht
innerstädtischen Varianten bewusst oder unbewusst am innerstädtischen Düsseldorfer Rheinisch. Das gilt vor allem für das e.
Andererseits haben aber auch Klangbilder der Stadtteile auf das innerstädtische Düsseldorfer Rheinisch abgefärbt. So sagt in der Altstadt
heute kaum noch jemand Hölf für Hilf / Helf (Hilfe) oder störve für
sterve (sterben). Das in den südlichen Stadtteilen von Oberbilk (Owerbillek) bis Volmerswerth (Volmerschwäht) übliche e mit Tendenz zum
i, hat hier und da auf die Innenstadt abgefärbt. Beispiele: vill statt vell,
richtije statt rechtije, Minsche statt Mensche, iss statt ess, immer statt
emmer. Jedoch hat sich das sonst hörbare »spaziere« nicht gegen »spazeere« durchgesetzt. Ebenso haben sich lamenteere, promeneere,
scheneere (schaneere), tapezeere, explezeere etc. erhalten. Klare e anstelle von i werden geschrieben und hört man vor allem in:
aanhemmele
afjekrett
em Aprel (Nüsser)
e beske
dr Brell
dat Chresskengk
dr Chressmond
decht
dat Deng
am Dennsdaach
dozwesche
< anhimmeln
= abbekommen
< im April
< ein bißchen
< die Brille
< das Christkind
< der Dezember
< dicht
< das Ding
< am Dienstag
< dazwischen
43
dren / drenne
drenke
dat Drenkjeld
ech ben
ehr
emmer
de Famillech
fenge
de Fenger
Flengere
dr Hemmel
Hemmel on Ähd
henge
dat Hengerhuus
dat Kengk
de Kerk
de Kermess
de Max-Kerk
de Medd(e)woch
met
pecke
dat Scherm
se
mr send
senge
stell
wat wellste?
wedder
dr Wengk
zwesche
< drinnen, innen
< trinken
< das Trinkgeld
< ich bin
< ihr
< immer
< die Familie
< finden
< die Finger
< Flingern
< der Himmel
– rheinisches Gericht
< hinten
< das Hinterhaus
< das Kind
< die Kirche
< die Kirmes
< die Max-Kirche
< Mittwoch
< mit
< picken
< der Schirm
< sie
< wir sind
< singen
< still
< was willst du?
< wieder, erneut
< der Wind
< zwischen
Quintessenz: Da die Grenzen zwischen e und i oftmals nicht genau
auszumachen sind, da der eine oder andere Autor sich hier der e- und
dort der i-Version bedient, weil er sich einmal mehr seinem Stadtteil
und dann mehr der Innenstadt verpflichtet fühlt, ist es schwer, eine allgemeine Regel auszumachen, es sei denn, man gesteht dem innerstädtischen Düsseldorfer Rheinisch eine gewisse Leitfunktion zu.
In jedem Fall sollte man in seiner Schreibweise konsequent sein, um
sich dem Leser gegenüber in einer eindeutigen (einheitlichen) Schriftform zu präsentieren. Wir empfehlen das mehrheitlich ohnehin gebräuchliche e anstelle des i, wie zum Beispiel in: ech, mech, sech, endlech, schleeßlech, dozwesche, dat Deng do, spetz kreje, de Stemm.
44
Das Düsseldorfer Rheinisch kennt noch eine weitere Variante des
Vokals e, nämlich das sogenannte kurze, verschluckte e, das klanglich
dem dunkleren, stumpfen ö [´] nahekommt, wie die Diminutive zeigen:
dat Bröckske
dat Bröhtsche
dat Brückske
dat Stöckske
dat Stückske
< der kleine Brocken, das Bröckchen
< das Brötchen
< die kleine Brücke, das Brückchen
< der kleine Stock, das Stöckchen
< das kleine Stück, das Stückchen
Kurz und kaum hörbar ist dieses e vor allem vor einem r. Beispiele:
äwer
hammer
henger
de Kenger
dr Pitter
de Radschläjer
< aber
< haben wir
< dahinter
< Kinder
< Peter
< Radschläger
Kurz und kaum hörbar ist dieses e, weswegen es auch stummes e genannt wird, im infinitivischen Auslaut, wie bei
blieve
enkoofe
loope
< bleiben
< einkaufen
< laufen
und in Vorsilben, wie bei
bedüde
bekicke
berappe
1.6
< bedeuten
< besehen
< bezahlen
Die normdeutschen Vokale u, o, a
und ihre Wertigkeit im Düsseldorfer Rheinisch
In den seltensten Fällen bleiben die normdeutschen Vokale u, o, a im
Düsseldorfer Rheinisch erhalten.
Das u wird in den meisten Fällen zu einem o gerundet und dabei
je nach Sprachgebrauch lang oder kurz gesprochen und demzufolge als
oh , oo oder als einfaches o geschrieben. Beispiele:
45
Ausdruck
Blume
Blut, bluten
Bruder
Buch
Butter
du musst
Furz
Geduld
Grundstück
gut
Hut
kaputt
Kugel
Kuh
kurz
Kuchen
Luft
Lumpen
Nutzen
Pfund
Pulver
Schule
Stunde
Tuch
tun
und
ungut
uns
Wunder
Wurzel
Wut
zu
Zukunft
> Usdrock
> Bloom
> Blood, bloode
> Broder
> Bohk
> Bodder / Botter
> du motts
> Fohz
> Jedold
> Jrondstöck
> joot
> Hoot
> kapott
> Korel
> Koh
> kohz
> Kohke
> Loft
> Lompe
> Notze
> Pongk
> Polver
> Scholl
> Stond
> Dooch
> donn
> on
> onjoot
> ons
> Wonder
> Wohzel
> Woot
> zo
> Zokonf
Diese Beispiele lassen die Darstellung der Dehnung des Vokales o zunächst
unberücksichtig, s. »Die Laute 1.1 bis 1.2.1.« Viele dieser Beispiele finden
sich im Plural oder im Diminutiv der Substantive mit einem ö wieder:
Büchlein
Fürzchen
Kügelchen
46
> Böhkske
> Föhzke
> Köjelche
Wenn die Umwandlung u > o regelhaft verbreitet ist, so gibt es doch
auch einige, wenn auch wenige Beispiele für die Erhaltung des u, die
die obige Regelhaftigkeit bestätigen:
Gruppe
Suppe
Turm
Uhr
> Jrupp
> Zupp
> Turem
> Uer
Der normdeutsche Vokal o bleibt im Düsseldorfer Rheinisch erhalten:
doch
Hof
klopfen
Klotz
Knolle
kochen
Koffer
kommen
Kopf
Motte
oder
Schloss
schon
Schneeflocke
sollen
Sonne
voll
von
wollen
Wort
Ausnahmen:
Josef
verdoppeln
> doch
> Hoff
> kloppe
> Klotz
> Knoll
> koche
> Koffer
> koome
> Kopp
> Mott
> odder
> Schloss
> schonn
> Schneeflock
> solle
> Sonn
> voll
> von
> wolle
> Wohd
> Jupp
> verdubbele
Im Plural oder im Diminutiv der Substantive wird der Vokal o zumeist zu ö:
Flock
Glock
Klotz
Knoll
> Flöck, Flöckske
> Jlöckskes
> Klötz, Klötzke
> Knöllche
47
Kopp
Schloss
Wohd
> Köpp, Köppke
> Schlösser
> Wöhder, Wöhdche
Auch der Vokal a wird, wenn er nicht – wie zumeist – erhalten bleibt,
im Düsseldorfer Rheinisch in ein o umgewandelt:
a – erhalten:
acht
> acht
Alter
> Alder
andere
> angere
Dach
= Dach
er kann
= hä kann
Fahne
= Fahn
Fall
= Fall
ganz
> janz
haben
> han
Kahn
= Kahn
Magen
> Mare
Mann
= Mann
Sache
> Sach
Sack
= Sack
sagen
> sare
schlagen > schlare
Stange
> Stang
tragen
> drare
was
> wat
a – gewandelt in o:
Aas
> Oos
beinahe
> beeno
Blase
> Blos
davon
> dovon
er gab
> hä jov
er war
> hä wor
fragen
> frore
ja
> jo
Jahr
> Johr
schlafen
> schlope
Plural und Diminutiv dieser Substantive lautet zumeist ä beziehungsweise ö: Blöske, Jährke.
48
1.7
Das normdeutsche eu und seine Wertigkeit im Düsseldorfer
Rheinisch (eu = eu oder eu > eü > ü)
Eine klangliche Besonderheit stellt das normdeutsche eu dar. Es entspricht im Düsseldorfer Rheinisch einerseits dem eu mit klangvoll
langgezogenem ü, so dass man streng genommen e-ü schreiben müsste,
andererseits findet man aber auch ein kräftiges ü [y]. Die Schreibweise
hängt von der Sprechtendenz des entsprechenden Autors ab. Für das
Wort Teufel bieten die Autoren folgende Varianten an: Deuvel, Düvel,
Deuwel, Düwel. Da das eu wie auch das ü in jedem Fall lang gesprochen wird, fallen die Schreibvarianten mit dem Konsonanten w schon
aus, denn bekanntlich ist das w in sich schon ein Doppelkonsonant,
nämlich vv, dessen Vorläufervokal nur kurz gesprochen werden kann,
was auf Düvel oder Deuvel nicht zutrifft.
Die Frage ist nur: Heißt es und schreibt man Düvel oder Deuvel? Die
phonetische Erklärung haben wir oben gegeben. Hier gilt es nun, die
Texte der Düsseldorfer Mundartautoren zu sichten und zu vergleichen
und sie gegebenenfalls hinsichtlich ihres Stadtteils zu untersuchen. Hier
einige Beispiele: Ständer (Carlstadt / Altstadt) schreibt Deuwel, erhält
also das eu, auch wenn er das v als w schreibt. Ebenso schreibt MüllerSchlösser (Innenstadt / Bilk) Deuwel (Deuvel), bezeichnet aber das Düwel als »veraltet«. Nüsser (Innenstadt / Bilk) schreibt Deuwel (Deuvel)
kennt aber auch Düwel (Düvel). Richarz (Eller) schreibt Deuwel (Deuvel). In Volmerswerth hört man nur Düvel. Offenbar ist weder Deuvel
noch Düvel einem Stadtteil als ortstypische Variante zuzuordnen, so dass
beide Formen als Varianten des Düsseldorfer Rheinisch zu werten sind.
Man sollte sich nur auf den phonetisch korrekten, klangvollen Reibelaut
v einigen. Eindeutige Wandlungen eu > ü, üe oder üh finden wir bei:
bedeuten
Beule
Beute
Beutel
euch, Euch
euer, Euer
Eule
Eulenspiegel
feucht
Feuer
feurig
heulen
Kreuz
> bedüde
> Büel
> Büht
> Büdel / Büüdel
> üch / Üch
> üer / Üer
> Ül
> Ülespeejel
> fücht
> Füer
> füerech
> hüle / hüüle
> Krütz
49
leuchten
Neuss
scheuern
Scheune
Steuer
teuer
> lüchde, löchde
> Nüss
> schüere
> Schüer
> Stüer
> düer
Auch das gleichlautende äu gehört phonetisch hierzu:
räumen
äußern
äußerlich
Mäuse
läuten
> rüüme, nicht zu verwechseln mit rühmen > rühme!
> üßere
> üßerlech
> Müüs
> lüde / lüüde (so bei Engels)
Das Angebot des Düsseldorfer Rheinisch für Wörter mit eindeutigem
eu ist nicht so umfangreich, um nicht zu sagen, eu scheint nicht die
Regel zu sein:
bereue
Bleuel
bleuele
dr Deu
deue
dr Deumann
fleu
de Freud
ech meut
de Reu
reuzech
Reuzke
zeujen
< bereuen
= grober, unfeiner Mensch
= schnauzen, brüllen, laut schimpfen
= der Stoß
= schieben
= Karrenschieber
< flau, unwohl, ohnmächtig
< Freude
< ich möchte gern
< Reue
= klein, unansehnlich
= unansehnliche, kleine Frucht
< zeugen
Gelegentlich findet sich im Schriftbild auch das phonetisch dem eu
ähnliche äu:
käue
dr Käu
Kalmeskäu
< kauen
< durchgekautes Thema
= uninteressantes Gerede
Das normdeutsche eu bleibt erhalten in:
50
bereuen
die Freude
sich freuen
das Heu
keuchen
die Reue
die Treue
der Zeuge
zeugen
er zeugt
> bereue
> de Freud
> sech freue
> dat Heu
> keusche
> de Reu
> de Treu
> dr Zeuje
> zeuje
> hä zeucht
Einen Sonderfall bietet »Züch / Zeuch«. In »Züch« wird das ü kurz gesprochen, so dass man eigentlich »Züsch« schreiben müsste. Jedoch
wird im dem Normdeutschen näheren »Zeuch« das eu lang gesprochen. Beide Formen koexistieren.
1.8
Die normdeutschen Diphthonge au und äu und ihre
Entsprechung im Düsseldorfer Rheinisch
Im Kapitel »Die Laute. 1.1 Die lang gesprochenen Vokale und ihre
Schreibung« haben wir das Thema der lang gesprochenen Vokale
schon einmal kurz behandelt. Der normdeutsche Diphthong au erscheint im Düsseldorfer Rheinisch zumeist als Doppelvokal uu oder
oo. Beispiele:
Boom
doov, auch: doof
Drievhuus
Druuv, selten: Druv
Duume
duusend
Duuv, selten: Duv
Fluuse
fuul, selten: fuhl
Fuulenzer
Fuust
Hoope
Huus
huuseere
dr Huuseerer
Huutusschlaach
< Baum
< taub, doof
< Treibhaus
< Traube
< Daumen
< tausend
< Taube
< Flausen
< faul
< Faulenzer
< Faust
< Haufen
< Haus
< hausieren
< Hausierer
< Hautausschlag
51
jloove
Kofferruum
Koof
koofe
dr Koofhoff
koom, selten: kohm
knuuse
verknuuse
Kruuse Hoor
Kruuskopp
Kruut
Loob
Looch
Loop / Loof
loope, gelegentlich: loofe
Luus
luusche, besser: luhsche
luuse
Muus
Muuser
muusere
dat Ooch / de Oore
Puus
puuseere
Rook
rooke
Schnuut
Schruuv
Schuum
Struuß, selten: Struß
Wooch
Zuun
em Zuum halde
< glauben
< Kofferraum
< Kauf
< kaufen
< Kaufhof
< kaum
< knausern, kleinlich sein
< verdrücken
< krause Haare
< Krauskopf
< Kraut
< Laub
< Lauch
< Lauf
< laufen
< Laus
< lauschen
< lausen
< Maus
< Mauser
< mausern
< das Auge, die Augen
< Pause
< eine Pause machen
< Rauch
< rauchen
< Schnauze
< Schraube
< Schaum
< Strauß
< Waage
< Zaun
< im Zaum halten
Gelegentlich findet man das normdeutsche au im Düsseldorfer Rheinisch auch als uh oder oh, vor allem vor einem l: fuhl, Fuhlenzer.
Vor dem Zischlaut -sch steht immer ein Dehnungs-h, wenn das u
lang sein soll: tuhsche, vertuhsche. Wie dies übrigens auch für das e in
»dr ehschde, zoehsch« gilt. Folgt dem u, das lang gesprochen wird, ein
r, so wird uer geschrieben, mit dem Dehnungs- oder Gleit-e (s. »Die
Laute« 1.1.4):
52
beluere (statt beluure!)
Buer
duere
Muer
Muerer
suer
Sueramper
< belauern
< Bauer
< dauern
< Mauer
< Maurer
< sauer
< Sauerampfer
In diesen Fällen ist die Verdoppelung des u unnötig und unbegründet,
denn vor dem r fügt sich phonetisch ein schwaches e ein, das gleichzeitig als Dehnungs-e fungiert (s. »Die Laute« 1.1.4). Die Vokalfolge ue
wird getrennt gesprochen. Dieses langgezogene ue ist nicht mit dem
Umlaut ü zu verwechseln.
Das normdeutsche äu mit Umlaut wird in der Regel im Düsseldorfer
Rheinisch zu üü wie in versüüme (versäumen), rüüme (räumen), nicht zu
verwechseln mit rühme (rühmen). Allerdings findet sich kühme (stöhnen) zumeist mit dem Dehnungs-h, womit die Regelhaftigkeit der
Verdoppelung des Vokals zur Angabe der Dehnung bestätigt wird.
1.9
Die Umlaute ä, ö, ü mit ihren Varianten in der Schreibung
Mundartautoren im Düsseldorfer Rheinisch bedienen sich aller möglichen Formen, um ein ä [E], ö [œ] / [ø] oder ein ü [y] meistens in der
gedehnten Form auszudrücken und zu schreiben.
1.9.1 Der Umlautvokal ä
Beim Umlautvokal ä gibt es die meisten Varianten, welche es zu untersuchen gilt. Als Schriftform im Düsseldorfer Rheinisch wird zum Beispiel für das normdeutsche »Erde« von den Autoren angeboten:
die Erde > de Äed
de Aed (bei Müller-Schlösser)
de Ähd (bei den meisten Autoren)
de Ehd (in Volmerswerth, in Anlehnung an das Normdt.)
Hierher gehört auch die Variante »Aedaeppel« bei Müller-Schlösser.
Wie dieser Autor vom Singular »Appel« zu Plural »Aeppel« mit einem
Dehnungs-e kommt, ist nicht nachvollziehbar. Es gibt dafür auch keine
Parallelen. Im Übrigen sind die ä (ae) in »Aedaeppel« unterschiedlich
53
lang. Dem tragen die meisten Mundartautoren, so auch H. Nüsser, dadurch Rechnung, dass sie das erste ä mit einem h dehnen und das zweite kurze ä als solches wegen der Verdoppelung des Folgekonsonanten
unverändert stehen lassen: Ähdäppel. Wenn also das erste ä offen und
lang, also gedehnt gesprochen wird, und man dies in der Schrift ausdrücken kann, dann sollte man es auch so schreiben, also äh. Wird ein
ä wie in unserem Beispiel offen und kurz gesprochen und dies kann in
der Schrift wiedergegeben werden, dann gilt analog das Gleiche, also ä
(enä! = absolut nein!). Übrigens müssten die von einigen Mundartautoren so geschriebenen Worte »Ehz« (Erbse) und »Ehnz« (Ernst) infolge des geschriebenen Dehnungs-h wie [ez] bzw. [enz] gesprochen
werden und nicht mit einen offenen ä [E]. Also entfällt diese
Schreibweise, denn sie entspricht nicht der Phonetik, ist also nicht korrekt lesbar. Richtig sind die Schreibweisen »Ähz« und »Ähnz«. Dasselbe
gilt für die folgenden Beispiele:
Normdt.
Variante
Variante
Müller-Schlösser H. C. Ständer
regelmäßige Form
H. Nüsser u. a.
Ähre
Äpfel
Ärger
arg (sehr)
Arges
Arm
arm
Asche
Erbse
Erbsensuppe
Erdäpfel
Erde
Ernst
gelb
Herz
Kerl
Kern
Kerze
werden
Aehr
Aeppel
Aerger
ärg (ä!)
Aerges
Aerm
ärm (ä!)
Aesch
Aez
Aezezupp
Aedaeppele
Aed
Aenz
gäl
–
Käl
Kän
Käz
–
Ähr
Äppel
Ärjer
ärch
Ärjes
Ärm
ärm
Äsch
Ähz
Ähzezupp
Ähdäppel
Ähd
Ähnz
jähl
Häzz
Kähl
Kähn
Kähz
wähde
–
Äppel
Ärjer
ärg
–
Ärm
ärm
Äsch
Ehz
Ehzezupp
Ehdäppel
Ehd
Ehnz
jehl
Hezz
Kehl
–
Kehz
wehde
Diese unvollständige Auflistung gibt die unterschiedlichen Varianten
der ä-Schreibung wieder. Der Leser ist verwirrt, weil er das ä zunächst
als ae, dann als eh und schließlich als äh vorgesetzt bekommt. Die Va54
riante ä einmal als ae und dann als ä ist nicht nachvollziehbar. Dass sich
H. C. Ständer für seine sprachliche Variante ä zu eh an das Normdeutsche anlehnt, ist zwar nachvollziehbar und verständlich, aber phonetisch-schriftlich inkonsequent, denn für den gleichen Laut schreibt der
Autor in ähnlichen Wörtern das korrekte ä. Bleibt also letztendlich die
phonetisch richtige Schriftform ä / äh, je nachdem ob das ä kurz oder
lang gesprochen wird, eine Schreibweise, die sich mit H. Nüsser als
korrekt durchgesetzt hat. Es ist nichts dagegen einzuwenden, »echt«
im Düsseldorfer Rheinisch als »ächt« zu schreiben.
1.9.2 Der Umlautvokal ö
Der Umlautvokal ö scheint bei den Mundartschreibern am wenigsten
Probleme zu machen. Interessanterweise findet sich bei Müller-Schlösser kein Beispiel für oe, wie dies beim ae der Fall ist, sondern er
schreibt wie die meisten anderen Mundartautoren: Öl für Öl, Öl(e)k
für Zwiebel, öchele für sich ärgern. Die Schreibweise oe für den Umlautvokal ö ist also ungebräuchlich. Statt dessen finden wir den Umlautvokal ö als langes ö [ø], wie folgende Beispiele zeigen, einmal mit,
einmal ohne Dehnungs-h:
afjewöhne
blöhd
blöhke
Böhsch
döje
Dreckspöht
Föhs, Föß
Köhkske
Nonneföhzke
dr Öhm
ophöre
opsöke
Pöhzke
Tröht
usjesöhkt
verkamesöle
de Wöhsch
< abgewöhnen
< blöde, geistig eng
< brüllen
< Bürste
< taugen
< Dreckfinger
< Füße
< kleiner Kuchen
= kleine Mutzen
< der Onkel
< aufhören
< aufsuchen
< kleine Tür
– Blasinstrument
< ausgesucht
< verprügeln
< die Würste
und das andere Mal mit der Verdoppelung des Vokals anstelle des normdeutschen Diphthongs:
55
Bööm
Drööm
drööme
Rööm
Kööfer
< Bäume
< Träume
< träumen
< Räume
< Käufer
Der kurz gesprochene Umlautvokal ö [œ] wird auch als ö geschrieben:
Altröscher
de Blötsch
bölke
dat Bröckske
dröje
drösch
dat Drömeröm
hösch
de Hött
Jeröcht
jöcke
Jöckpolver
et jöwt
klöppe, verklöppe
Klör (frz. couleur)
Knöpp op de Oore
Könsler
Möckestech
möngkesmoß
Möpp
Mösch
dr joldene Mösch
Ömjang
ömmesöns
Öwerjewech(t)
öwerech
pöngelswies
pötte
Pöttekicker
dr Rögge
e Röggelche
Schörkeskah
schrömpele
ne Spröcheklopper
56
= Altwarenhändler, Antiquar
= die Blechbeule
= schreien
< Bröckchen, kleines Stück, kleiner Brocken
< trocknen
< trocken
< das Drumherum
< langsam, still, leise
< die Hütte
< Gerücht
< jucken, fahren
< Juckpulver
< es gibt
< hauen, schlagen, verprügeln
< Farbe
< Knöpfe auf den Augen, nichts sehen
< Künstler
< Mückenstich
< mundgerecht
< Mops, kleiner Hund
= Spatz, Vogel
= goldener Symbolvogel der Schützen
< (schlechter) Umgang
< umsonst
< Übergewicht
< übrig
= haufenweise
= viel trinken
< Topfgucker
< der Rücken
< ein Roggenbrötchen
< Schubkarre
< schrumpfen
< ein Sprücheklopfer
e Stöckske
e Ströppke
verjöcke
verschnöppt
< ein kleiner Stock
= ein kleines Kind
< verjubeln, Geld ausgeben
< verschnupft
1.9.3 Der Umlautvokal ü
Die Schreibweise ue für den Umlautvokal ü gibt es im Düsseldorfer
Rheinisch nicht. Die Eule ist zwar de Ül oder de Ühl, der dickwandige
Bierkrug aber ist »de Üll«. Der Missmut ist »de Ür«, maulen ist »üre«
und der missmutige Typ ist »dr Ürige«. Müller-Schlösser, der diese
Schreibweise benutzt, steht damit ziemlich allein. Bei Nüsser finden wir
nur Ül, Üll, aber ühre und ührig mit Dehnungs-h. Die meisten Mundartautoren im Düsseldorfer Rheinisch – so auch Ständer – schreiben de
Üel (die Eule), de Üll (Trinkgefäß) und weiter: üerich, üerech, ne uerije,
ne üerije Kähl. Sie tragen dem Rechnung, dass sich vor dem r gerne ein
stummes Vorschlag-e einschleicht, wie bei Buer, suer, Muer, duere, luere.
Wenn eine feine Brauerei der Aldestadt sich nach dem Charakter eines
früheren Wirts »Uerige« nennt (gesprochen: üerije), so ist dies als rühmliche Ausnahme zu achten, denn hier handelt es sich um einen Namen, der
sich eingebürgert hat. Ferner ist das »Uerige« ein Markenzeichen, das über
jede Sprachregel erhaben ist. Beispiele für das ü mit dem Nachschlag-e
bzw. Vorschlag-e vor dem nachfolgenden r, also für das üe sind:
Däm hannech äwer Füer onger de Hengerschde jemaht.
Mr hant e fein Tü(e)rke mem Rad jemaht.
Dä wor met dat Jriet en de Schüer.
Dä hät en Büel am Kopp.
Wat hät dä för en üerech Visahsch.
Dä hät e füerech Weit.
Dat ess ne füerije Kähl.
Dat wor äwer düer.
Stüere bezahle mösse.
Der im Düsseldorfer Rheinisch kurz gesprochene Umlautvokal ü [y]
wird auch so geschrieben. Beispiele für kurzes ü:
e Bloomestrüsske
dat Brückske
de Büll (auch: Büel)
de Bütt
< ein Blumensträußchen
< die kleine Brücke
< die Beule
< die Wanne, Rednerbütte
57
drüsch Wähder
dat Füttche
ussem Hüske
Jetüftels
jüstemang
kleene Lütt
Kückelche
lüde, auch: lüüde
müffele
dat Müpp
nünnzech
Plümmoh (frz. plumeau)
Plüschprum
ne Prüss
Tschüss
tünche
dat Züsch, auch: Züch
< trockenes Wetter
= der Po
< aus dem Häuschen, außer sich
< Tüftelei
= gerade
< kleine Leute
< Küken, kleines Huhn
< läuten
= mit Genuss essen
< das kleine Kind
< neunzig
= Staubwedel, Federbett
< Pfirsich
< ein Preuße
< Adieu, Auf Wiedersehen
< tünchen, anstreichen
< das Zeug
Beispiele für langes ü:
dat Büdsche
ne ärme Düvel
Jerühsch
de Jlocke lüüde
Kammarjüh
Knüüdel
Kötsch della Azühres
Krüüder
kühme
Lüüs
Paraplüh (frz. parapluie)
Pardessüh (frz. pardessus)
rühsche, selten: rüche
Strüüselkohke
tüddelech
ussenanger klamüsere
58
< das Büdchen, Kiosk
< ein armer Schlucker, Teufel
< Geräusch
< Glocken läuten
< la Camargue (am Mittelmeer)
< Knäuel
< Côte d’Azur (frz.)
< Kräuter
< stöhnen
< Läuse
= Regenschirm
= Umhang, Mantel
< riechen
< Streuselkuchen
< tatterig, vertrottelt
< auseinanderdividieren, erläutern
2.
Die Konsonanten und ihre Funktion für die Aussprache
und Schreibung der Vokale
Die weitaus größte Zahl der Konsonanten, die das Normdeutsche
kennt, gibt es auch im Düsseldorfer Rheinisch. Unverändert gebräuchlich sind: d, h, j, k, l, m, n, p, r, s, ß, t, v, x, z. In bestimmten Silbenkombinationen im Wortinnern, wird b zerrieben zu v, ebenso wie f. Der
Buchstabe q wird als Konsonant oft in seine Bestandteile zerlegt: kw.
Vom Buchstaben w wird im Wortinnern oft nur der Bestandteil v als
Reibelaut nach lang gesprochenen Vokalen gebraucht und geschrieben.
Nicht existent ist der Konsonant g als solcher.
2.1
Der normdeutsche Konsonant g und was im Düsseldorfer
Rheinisch daraus wird
Im Düsseldorfer Rheinisch gibt es kein einfaches g, weder phonetisch
noch schriftlich. Der normdeutsche Konsonant g wird im Anlaut als [j]
gesprochen und auch als j geschrieben. Im Inlaut wird er unter bestimmten Voraussetzungen mal zum j, mal zum r, mal zum rachalen ch. Nur
wenn der Konsonant g als Doppel-g im Inlaut auftritt (selten!), dann wird
er [g] gesprochen und als Doppel-g geschrieben: gg. Ein Sonderfall ist die
Kombination ng / ngk, in der das g mit dem n einen Nasallaut bildet.
2.1.1 Der Konsonant j im Anlaut
Es gibt den einen oder anderen Mundartautor im Düsseldorfer Rheinisch, der in Anlehnung an das Normdeutsche im Anlaut das gesprochene [j] als g schreibt und sich dabei auf Müller-Schlösser beruft. Ein
solches Ansinnen ist sprachlich und schriftlich inadäquat. Wir wollen
hier die unselige Diskussion der 50er Jahre nicht wieder aufleben lassen, denn wir meinen, dass das Düsseldorfer Rheinisch als Bestandteil
der Rheinischen Mundart, grundsätzlich so geschrieben werden soll,
wie es gesprochen wird, es sei denn, es wird durch die Schrift unverständlich.
Dass die Schreibregeln des Düsseldorfer Rheinisch nicht immer den
Schreibgewohnheiten des Normdeutschen entsprechen können, ergibt
sich aus der Phonetik. Im Rheinischen wird das g im Anlaut eindeutig
als [j] gesprochen. Deshalb gibt es in den Wörterbüchern von H. C.
Ständer, H. Nüsser oder H. Engels den Buchstaben g nicht. Beispiele
für j im Anlaut:
59
jähl
jähn
jähne
Jähsch
Jähschdekohn
jäje
dojäje
Jäjedeel
jäve
jaffe
Jaffel / Jawel
jahnit
jaloppeere
Jang
jank!
janz
jappse
jar
jare
Jebess
jeböhdech
jebore
Jeck
Jedöhns
jedööft
Jeeßkann
jefalle
jeflappt
jefrore
Jehacks
Jeije
jejange
jejrave
Jekrissels
jelackmeiert
jeläje
jelde
jelenge
Jemös
jemötlech
jeneeße
jereng
60
< gelb
< gern
< gähnen
< Gerste
< Gerstenkorn
< gegen
< dagegen
< Gegenteil
< geben
< gaffen
< Gabel
< gar nicht
< galoppieren
< Gang
< geh!
< ganz
< nach Luft schnappen
< gar gekocht
< jagen
< Gebiß
< gebürtig
< geboren
< Narr
< Umstände
< getauft
< Gießkanne
< gefallen
< albern, einfältig
< gefroren
< Gehacktes
< Geige
< gegangen
< gegraben
= Kleinkram
= angeschmiert
< gelegen
< gelten
< gelingen
< Gemüse
< gemütlich
< genießen
< gering
Jesocks
jestonke on jelore
jester
jestorve
jet
jewah(r) wähde
ne jewesse Jong
jewöhne
jierech
Jift
jilpe / jilpse / jilpsche
jitsche
jizzech
jlatt
jlich
jliche
jlobal
Jlöck
jlöhe
Jlöhwing
jlöndech
jlotze
jöcke
jönne
jönstech
Joffer
johr-enn, johr-us
jolden
verjoldene
jonn
joot / (joht)
Jootheet / (Johtheet)
Jork
et jov
jrantech
jrapsche
Jras
Jratelant
jriefe
jriene
jries
Jriffel
= Pöbel
= so unwahr, dass man es riechen kann
< gestern
< gestorben
< etwas
< gewahr werden
< ein gewisser Junge
< gewöhnen
< gierig
< Gift
= zwitschern
= spritzen
< geizig
< glatt
< gleich
< gleichen
< global
< Glück
< glühen
< Glühwein
< glühend
< glotzen
= schnell laufen
< gönnen
< günstig
< Jungfrau
< jahrein, jahraus
< golden, gülden
< vergolden
< gehen
< gut
< Gutheit
< Gurke
< es gab
< grantig
< gierig raffen
< Gras
< Gratulant
< greifen
< spöttisch grinsen
< grau
< Griffel
61
jrinse
jripsche
Jrömmel
jrön
Jröns
jröße
Jroht
Jrosche
Jrov
Jroveberch
Jrusel
jruselech
Jüppke
jüstemang
Jüte
jungkse
jurre
Jux
< grinsen
= auffangen
< Krümel
< grün
< Grüngemüse
< grüßen
< Grad
< Groschen
< Graf
< Grafenberg
< Gruseln
< gruselig
< Diminutiv von Josef: Jüppchen
< justement, eben
< Güte
= wimmern
< gurren
= Scherz
Die Beispiele zeigen, dass der Konsonant j im Anlaut nicht nur vor einem
Folgevokal (janz, Jong, jebore), sondern auch als Gleitkonsonant vor
einem Folgekonsonanten (jlöve, jries, jrön) steht. Konsequenterweise muss
auch der »Gröne Jong« zweimal mit j geschrieben werden, also »jröne
Jong«. Ein gesprochenes [g] ist nicht hörbar, sondern nur zweimal das [j].
2.1.2 Der Konsonant j im Inlaut
Normdeutsches g innerhalb eines Wortes präsentiert sich im Düsseldorfer Rheinisch nur als j wie die folgenden Beispiele zeigen. Das gilt
insbesondere dort, wo vor dem j ein heller Vokal wie e oder i oder die
Umlaute ä, ö, ü oder Diphthonge wie ei, ie, eu stehen:
afjäve
Ambijente
bejäjene
Bejinn
Bejriff
Beljie
Billjett
böje
Büjel
62
< abgeben
< Ambiente
< begegnen
< Beginn
< Begriff
< Belgien
< Billett
< beugen
< Bügel
Büjelieser
ne dröje Wing
verdröje(ne)
eejenslech, eijenslech
eejedömlech
eeje
dr eenzije
ejal / ijal
erjenswie / irjenswie
feeje
Flöjel
dr Hillije Jeist
Italje / Itallje / Italije
jäje
Kanallje
Könnije
läje
leeje
löje / lüje
Löje / Lüje
Majriet
minnetwäje
möje
Näjel
neije
Ohrfieje, Ohrfech
ne onrohije Jeist
opräje, sech räje
öwrijens
öwerläje
Paijass / Peijass
Räjebore
rechtije
Rejal
Rejel
rejell
rejeleere
Rejierong
ne rösije Jong
säje
saftije
Schnörjel
< Bügeleisen
< trockener Wein
< vertrocknen
< eigentlich
< eigentümlich
< eigen
< der einzige
< egal
< irgendwie
< fegen, auskehren
< Flügel
< der Heilige Geist
< Italien
< gegen
< Canaille (frz.)
< Könige
< legen
< liegen
< lügen
< Lüge
< Margret, Margarete
< meinetwegen
< mögen
< Nägel
< neigen
< Ohrfeige
< ein Unruhegeist
< aufregen, sich regen
< übrigens
< überlegen
< Strohsack, Paillasse (frz.)
< Regenbogen
< richtige
< Regal
< Regel
< reell
< regulieren
< Regierung
< ein lieber Junge
< sägen
< saftige
< Schnörkel
63
ne schräje Vorel
Siejel
sojah
steije
verbieje
verjävens
verjöcke
verläje
Vöjel
von wäjens
wechtije
zeije
zeuje
Zieje
Ziejelsteen (Zichelsteen)
Zijahr, Zijar
de Zöje (Plur. v. Zoch)
Zweije
< ein seltsamer Typ
< Siegel
< sogar
< steigen
< verbiegen
< vergebens
< durchbringen
< verlegen
< Vögel
< von wegen
< wichtige
< zeigen
< zeugen
< Ziege
< Ziegelstein
< Zigarre
< die Züge
< Zweige
Die Beispiele zeigen, dass es unerheblich ist, ob das j innerhalb des
Stammwortes (Büjel), nach einer Vorsilbe (verjävens) oder als Endung
(ne schräje Vorel) erscheint.
Dem normdeutschen g in der Endung eines Adjektivs bzw. eines
Adverbs (saftig) entspricht das -ech im Düsseldorfer Rheinisch wie in
»saftech« (s. »Die Laute« 2.2.1). Wenn dieser Endung der Vokal e folgt
(in der Deklination oder im Femininum), dann wird -ech (saftech) zu
-ije (saftije).
Etwas Besonderes liegt bei dem Wort »Burg« vor, das im Rheinischen
als »Bur(i)ch«, mit einem leicht hörbaren i, gesprochen wird, also
»Burich-Platz« für »Burch-Platz«. Im Plural heißt »Burch« aber »de
Burje« wie »de Burje am Rhing«, wobei sich das leicht hörbare i im j versteckt. Ähnliches bietet der »König«. Gesprochen wird im Düsseldorfer
Rheinisch »Könnich« (gelegentlich auch: Könnech), im Plural aber »de
Könnije« oder im Femininum »de Könnijin«. Die Regel, die sich für das
j im Inlaut herausschält, lautet: Im Inlaut nach hellen Vokalen, Umlauten
und Diphthongen wird hochdeutsches g als [j] gesprochen und folglich
auch geschrieben: leeje, läje, löje, lüje. In anderen Fällen bei a, o, u, also
bei dunklen Vokalen, wird g zu r (s. »Die Laute« 2.1.3).
Auch wenn das normdeutsche g nicht direkt nach einem Vokal erscheint, sondern ein r oder l davor geschaltet ist, wird es im Düsseldorfer Rheinisch auch zu j: Ärjer, Berje (Singular: Berch), Sorje (Singular:
Sorch), hüt Morje, Schmerjelpapeer, Helja.
64
2.1.3 Das normdeutsche g wird zu r im Inlaut
Normdeutsches g wird nach den dunklen Vokalen a, o, u im Düsseldorfer Rheinisch als [r] gesprochen und folglich auch als r geschrieben,
wie die folgenden Beispiele zeigen:
de Blaare
marer
de Daare
daarelang
drare
Flitzebore
frare / frore
jare
de Jurend
klare
de Kurel
dat Larer
dat Larerbier
dr Mare
de Marermelk
nare
dr Narel
de Oore
dr Räjebore
sare
schlare
dr Schworer
sure
de Turend
verdrare
dr Vorel
en Ware
ne Ware
< die Plage, die Kinder
< mager
< die Tage
< tagelang
< tragen
< Flitzebogen
< fragen
< jagen
< die Jugend
< klagen
< die Kugel
< das Lager
< das Lagerbier
< der Magen
< die Magermilch
< nagen
< der Nagel
< die Augen
< der Regenbogen
< sagen
< schlagen
< der Schwager
< saugen
< die Tugend
< vertragen
< der Vogel
< eine Ware
< ein Wagen
Das Wort »Räjebore« (Regenbogen) ist das Paradebeispiel für zwei
verschiedene normdeutsche g, die im Düsseldorfer Rheinisch je nach
der Wertigkeit und der Stellung des Vorläufervokals als [j] oder als [r]
gesprochen und ebenso geschrieben werden.
65
2.1.4 Der Sonderfall des doppelten g im Inlaut
Die Regel »im Düsseldorfer Rheinisch gibt es kein gesprochenes [g]«
wird im Falle des doppelten g durchbrochen. Hier wird das g nicht zu
einem j oder r zerrieben, sondern bleibt als g erhalten. Als Doppelkonsonant verkürzt es den Vorläufervokal innerhalb eines Wortes. Dazu
einige Beispiele:
Daggel
Honsrögge
puggelech
Rehrögge
Rögge
Röggeping
Teggel
waggele
waggelech
Waggelpitter
< Dackel
< Hunsrücken
< bucklig
< Rehrücken
< Rücken
< Rückenschmerzen
< Teckel (Dackelart)
< wackeln
< wackelig
< Wackelpetergelee
Das -gg- entspricht dem normdeutschen -ck-, mit Ausnahme von:
baggere
jogge
Rogge
Röggelche
< baggern
< joggen
< Roggen
< Roggenbrötchen
2.1.5 Das normdeutsche -g wird zu -ch im Auslaut
Das g wird im Auslaut zum rachalen (velaren) -ch. In einsilbigen
Wörtern – auch solchen mit einer Vorsilbe – wird das normdeutsche g
nach dunklen Vokalen zum rachalen -ch wie die Beispiele zeigen:
der Antrag
die Magd
das Kind, die Plage
der Zug
> dr Andraach
> de Maachd
> dat Blach
> dr Zoch
Zum leichten Zischlaut -ch, -ch- (Spiranz) wird das normdeutsche g im
Auslaut eines Wortes nach dem Dental l, nach dem r und nach dem
Umlauten ä, ö, ü wie die Beispiele zeigen:
66
Anträge
arg
Balg
ein bewegtes Leben
Erfolg
er folgt
er lügt
er sägt
er sorgt
traurig
vergnügt
> Andräch
> ärch
> Balch
> e bewächt Läve
> Erfolch
> hä folcht
> hä lücht
> hä sächt
> hä sorcht
> draurech
> verjnöcht
Bei »hä läht« (er legt) und »hä säht« (er sagt) fällt das g zwar akustisch
weg, führt aber als Dehnungs-h zur Längung des Vorläufervokals. Es
gibt auch »hä lächt« = er legt.
2.1.6 Die Konsonantenkombinationen ng und ngk
Die normdeutschen Konsonantenkombinationen nd und nt werden im
Düsseldorfer Rheinisch im Inlaut zu ng, egal ob nach hellen oder dunklen Vorgängervokalen wie folgende Beispiele zeigen:
anbinden
festgebunden
ein Anderer
anders
anderthalb
binden
am Ende
finden
Hände
hinten
hinter
Hinterhof
Hinterletzter
Kinder
Kindheit
kindisch
nacheinander
da stand ich
übereinander
> aanbenge
> fesjebonge
> ne Angere
> angers
> angerhalv
> benge
> am Eng / Äng
> fenge
> Häng
> henge
> henger
> Hengerhoff
> Hengerletzde
> Kenger
> Kengerziet
> kengech
> no-enanger
> do stond ech
> öwernanger, öwerenanger
67
unten
unter
unterste
unterwegs
windig
zart, geschmeidig
> onge
> onger
> ongerschde
> ongerwäjens
> wengech
> mangs
Die Beispiele zeigen, dass die Konsonantenkombination -ng besonders
dann entsteht, wenn ein -e oder -er folgen. Dabei ist es unerheblich, ob
das -e dem -eng anhängt, oder erst der Anlaut des Folgewortes ist, wie
bei »do stung ech«. Folgt kein Vokal, werden normdeutsches nd und
nt im Düsseldorfer Rheinisch meist zu ngk mit einem hörbaren k [k].
Beispiele:
allerhand
aufgeputzte Frau
gesund
Hand
Hund, Hunde
Hundstage
jung
Kind
Mund
Obergang
Punkt
rundherum
rund um die Uhr
Schurke
Strunk (Blattstiel)
Stunk
überhand
Wind
Windhund
> allerhangk
= Höngkesmadam
> jesongk
> Hangk
> Hongk, Höngk
> Hongksdaare
> jongk / jong
> Kengk
> Mongk
> Öwerjangk
> Pongk
> rongkeröm
> rongk öm de Uer
= Hongksfott
> Strongk
> Stongk
> öwerhangk
> Wengk
> Wengkhongk
Es gibt aber auch ng- / ngk-Bildungen, denen im Normdeutschen kein
nd oder nt entspricht. Beispiele:
Eckzahn
Halunke
Hühner
Hühnerklaue
Hühnerragout
68
> Eckzang
> Halongk
> Hönger
> Höngerkläuke
> Höngerrajuh
Sonnenschein
Türklinke
Wein
Zähne
Zahn
Zahnweh
> Sonnesching
> Dörklengk
> Wing
> Zäng
> Zang
> Zangping
Die Sprecher und Schreiber des Düsseldorfer Rheinisch schaffen sich
ausgehend vom Normdeutschen analoge Klangbilder, die ihren Sprachgewohnheiten in Schrift und Ton entsprechen. Nun hält das Normdeutsche aber auch die Konsonantenkombination ng bereit. Und dieses
ng bleibt im Düsseldorfer Rheinisch weitgehend erhalten. Beispiele:
Finger
Flingern
Ding, Dinge
Gang
Klang
klingen
Ring
singen
Zange
Zunge
> Fenger
> Flengere
> Deng, Denger
> Jang
> Klang
> klenge
> Ring
> senge
> Zang
> Zong
Dasselbe gilt analog auch für: trinken > drenke
Obwohl bei Kengk, Hangk, Hongk, Mongk, Wengk u. a. das g zwischen n und k wegen seiner nasalen Funktion mit dem n nicht besonders hörbar ist – [Nk] –, sollte man es der Analogie halber schreiben,
denn bei diesen Wörtern ist in der Plural-, in der Diminutiv- oder in
der Adjektivform der Konsonant g im ng eindeutig hörbar enthalten
[N]. Beispiele:
Hangk
Hongk
Kengk
Mongk
Wengk
e kleen Hängke
e kleen Höngke
de Kenger
e kleen Möngke
wengech
ein kleines Händchen
ein kleines Hündchen
die Kinder
ein kleines Mündchen
windig
Einige Wörter folgen in ihrer Sprech- und Schreibweise nicht dieser
Regel:
69
et Jöngke
dr Jong
de Zängkes
dr Zang
et Zöngke
en Zong
< der kleine Junge
< der Junge
< die Zähnchen
< der Zahn
< das Zünglein
< eine Zunge
Anmerkung: Müller-Schlösser schreibt das ngk grundsätzlich als nk
(Wenk), obwohl der ng-Laut hörbar ist. Ständer, Nüsser und viele andere Autoren haben sich für ngk entschieden, weil dies auch phonetisch
sauberer und daher empfehlenswert ist (s. o).
Bei ursprünglich französischen oder dem Lateinischen entnommenen Wörtern gibt es auch die Konsonantenkombination -ng, vor allem
im Auslaut [N]. Beispiele:
Ambizzjong
Balkong
Böff Buerjinjong
Diskuss(i)jong
Fassong
Funx(i)jong
Nazijong
Lamäng
Räsong
Rättematäng
Sässjong
Sittewazjong
Tradizzjong
Zäsong
< Ambition
< Balkon
< boeuf bourguignon (frz.)
< Diskussion
< Fasson, façon (frz.)
< Funktion
< Nation
< Hand, la main (frz.)
< Raison, Räson
< rue de Ratingue
< Session
< Situation
< Tradition
< Saison
Diese -ng-Endungen sollen die im Düsseldorfer Rheinisch nicht existenten Nasale imitieren: [a)], [e)], [o)]. Solche jong-Endungen finden sich
bei M. Voss und H. Schweden ausnahmsweise auch als john-Endungen:
Ambizzjohn, was bewusst belustigend wirken soll.
2.1.7 Das g in Fremdwörtern
Die Übernahme des fremdwörtlichen g in das Düsseldorfer Rheinisch
erfolgt i. d. R. unverändert: Logik > Logik, logisch > logesch. Soweit
es sich um Wörter aus dem Französischen handelt, bleiben zumeist sowohl die originale Schreibweise als auch die originale Aussprache [Z]
70
erhalten, wenn auch das g gern durch ein sch ersetzt wird, weil es keine
ordentliche Entsprechung in der deutschen Phonetik gibt:
leger
die Loge
der Page
in Rage
> leschär
> de Loge, de Lohsche
> dr Page, dr Pahsche
> en Rage, en Rahsch
Ist aber die Silbe -ge eine Endung wie in »Blamage«, dann formt die
Mundart solche Wörter immer um. Aus -age wird -asch, zumeist aber
-ahsch, weil das a lang gesprochen wird: Blamahsch, Kurrahsch. Mehr
dazu im Kapitel »Die Laute. 2.2.6 Der scharfe Zischlaut sch«.
2.2
Die Zischlaute -ch und -sch
Die rheinische Mundart – und so auch das Düsseldorfer Rheinisch – hält
mit dem -ch / -sch einen mehr oder weniger klangvollen, zischintensiven
Laut (einen präpalatalen Spirant) vor, der in dieser Form einmalig in den
deutschen Dialekten und Mundarten ist. Dieser Zischlaut wird oft auch
dort in der Mundart hörbar, wo er dem Normdeutschen ch [S] entspricht, ja sogar da, wo die normdeutsche Schrift ein g, besonders am
Wortende vorsieht, das aber allgemein als leichtes ch [S] gesprochen wird.
Im Schriftbild des Düsseldorfer Rheinisch findet sich dieser intensive Zischlaut zum einen als -ch wie im Normdeutschen wieder, wenn er
auch zischintensiver als das normdeutsche -ch artikuliert wird. Zum
anderen ersetzt dieser Zischlaut im Düsseldorfer Rheinisch das g in der
normdeutschen Endung -ig der Adjektive und Adverbien, die genauso
zischend gesprochen und geschrieben wird wie in den (normdeutschen)
Endungen -ich und -lich, die aber im Düsseldorfer Rheinisch -ech und
-lech gesprochen und geschrieben werden.
Zu Aussprache und Schrift dieser Wortendungen hat sich Heinrich
Carl Ständer in seinem »Kleinen Wörterbuch der Düsseldorfer Mundart« geäußert. Wir folgen ihm in der Aussprache, nicht aber im Schriftbild. Seine Empfehlung, wie im Normdeutschen so auch in der Mundart die Endung zu unterscheiden, ist in der Schriftform nicht angebracht.
Wir halten es da eher mit der begründeten Empfehlung von Hanns Nüsser hinsichtlich des Schriftbildes, also die phonetisch konsequenteren
Formen -ech bzw. -lech durchgängig zu verwenden. Das hochdeutsche
Diminutiv -chen bleibt im Düsseldorfer Rheinisch als -che erhalten. In
allen anderen Fällen schreibt das Düsseldorfer Rheinisch -sch, zumeist
da, wo im Normdeutschen auch schon das -sch steht. Eine Sonderrolle
71

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