Neil Postman „Das Verschwinden der Kindheit“

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Neil Postman „Das Verschwinden der Kindheit“
Seminar: Strategien für die Entwicklung von Kindermedien
Seminarleiter Prof. Kurt Morneweg
Referentin: Katrin Kunert
19.12.2006
Neil Postman
„Das Verschwinden der Kindheit“
Die Entwicklung der Kindheit
• In der antiken Welt wenig bekannt über die Idee der Kindheit
– Keine moralische o. gesetzliche Beschränkung der Kindstötung
• In Römerzeit entwickelt sich Bewusstsein für Kinder und Kindheit, wie es erst nach der
Renaissance wieder auftauchte
– Idee von Scham gegenüber der Kinder
– Abschirmung von Geheimnissen
– „Bann des Schweigens“ aufrechterhalten
• Nach Zusammenbruch der antiken Welt Idee des Kindes vollkommen verschwunden
• Drei wesentliche Gründe:
– Das fehlen von sozialer Literalität
– Fehlen einer Idee von Kindheit/ Erziehung
– Abwesenheit von Schamgefühl
• Kinder wurden wie Erwachsene behandelt
• Alle sind Erwachsen wenn sie die sprechen
Der Beginn der Kindheit
• Ausschlaggebende Entwicklung ist Buchdruck im 15 Jh.
Soziale Literalität entstand
• Lesen und Schreiben erlernen ist Aufgabe der Erziehung
• Harold Innis: Veränderungen der Kommunikationstechnik haben drei grundlegende
Wirkungen:
„Sie verändern sie Struktur der Interessen (Dinge, über die nachgedacht wird), den
Charakter der Symbole (Dinge, mit denen gedacht wird) und das Wesen der
Gemeinschaft (die Sphären, in denen sich Gedanken entwickeln)“ (Postman S. 34)
Buch erfordert Fähigkeit des Lesens und Schreibens
Muss also Phase im Leben geben, in der man sich die Symbole aneignet
• Demjenigen, der nicht lesen kann bleibt der Inhalt verschlossen –also Geheimnis!
→ Geheimnis = Voraussetzung für Abgrenzung zwischen Erwachsenen- und
Kinderwelt
• Das Lesen an sich erfordert Selbstdisziplin, Konzentration, Selbstbeherrschung
vorhandenen Triebe der Kinder müssen also gezügelt werden = Erziehung
Schule neu erfunden
• Lesen ist ein anti-sozialer Akt
•
Nach dem 16. und 17. Jh. hatte sich die Institution „Kindheit“ größtenteils durchgesetzt
die Bedeutung der Bildungsphase gewann immer mehr an Gewicht (Postman, S. 54)
• Um 1850, zur Zeit der Aufklärung, war der Höhepunkt der Idee Kindheit (Postman,
S.63)
– Rolle des Erwachsenen bestand darin, die Kinder auf den Umgang mit der
Symbolwelt des Erwachsenen vorzubereiten
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Seminar: Strategien für die Entwicklung von Kindermedien
Seminarleiter Prof. Kurt Morneweg
Referentin: Katrin Kunert
19.12.2006
Technische Revolution
Erfindung des Telegrafen große Bedeutung zu
→ „Technik verkörperte Gedanken“ sind unbestreitbar
• Mit Telegrafie möglich, Signale schneller über weite Strecken zu transportieren als
jemals zuvor
• dieses Bild zeigt auf, dass die Verantwortlichkeit für bestimmte Informationen
schwindet und damit auch ein Bewusstsein für die Qualität der Informationen
„Nachrichten aus dem Nirgendwo – das bedeutet, Nachrichten von überall und über
alles und ohne bestimmte Ordnung.“ (Postman, S. 85)
Die elektronischen Medien stehen einer kontrollierten Wissensvermittlung, durch
ihre ungeordnete Informationsverbreitung, jedoch entgegen (Postman, S. 86)
•
Übertragung von Symbolen und Bildern (Fernseher), trägt zu diesem Effekt bei
Kinder werden ohne Geheimnisse unmittelbar mit der Erwachsenenwelt konfrontiert
(Postman, S. 87)
• Bilder im Fernsehen wirken auf das Gefühl und nicht auf das Denken
das Denken wird mit dieser Technik eingeschläfert (Postman, S. 88)
• die zeitliche Abfolge des Geschehens im Fernseher hindert eine tiefergehende
Reflexion
• Trennlinie zwischen Erwachsenen und Kindern wird immer unschärfer, da
– es keiner Unterweisung bedarf, um seine Form zu begreifen
– keine komplexen Anforderungen an das Denken und Verhalten gestellt werden
– keine Gliederung des Publikums stattfindet
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Die neuen Medien bringen also ähnliche Verhältnisse hervor, wie sie im 14. und 15.
Jh. vorherrschten (Postman, S. 105)
• Es entwickelt sich der „Kind-Erwachsene“ - er ist im Grunde nichts anderes als der
Mensch im Mittelalter, wo die Unterscheidung Kind und Erwachsene hinfällig war
(siehe Postman, S.115)
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Postman zeigt weitere Fakten, die seine These bestärken:
– Die Kleidung bei Kindern war früher eindeutig von der Erwachsener
unterscheidbar; heute nicht mehr, genau wie im Mittelalter
– Die Esskultur der Erwachsenen passt sich dem Fast-Food-Verhalten der Kinder an
– Kinderspiele finden nicht mehr so wie früher statt
– Erwachsene wie Kinder mögen dieselben Sendungen (siehe S. 149)
– Die Kinderkriminalität ist Zwischen 1950 und 1979 radikal gestiegen und das im
überproportionalen Verhältnis zur allgemeinen Kriminalität (Postman, S. 132)
– Kinder sind immer häufiger Opfer von Misshandlungen
– auch Kinder üben immer häufiger Sexualverbrechen aus
– Die Geburtsrate in den USA steigt in der Altersgruppe von 15-17 Jahren
– Der Drogenkonsum und Alkoholkonsum der Kinder/Jugendlichen steigt
– Kinder reißen immer öfter von zu Hause aus.
– Das häufigste Argument für das Zusammenbleiben bei schwierigen
Partnerverhältnissen war früher das Wohlergehen des Kindes – heute geht es um
das Wohlergehen der Eltern
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