des Artikels

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Feuilleton regional
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1
Sehnsucht nach
fremder Welt
Nachgefragt
Einsamkeit wird Verzweiflung
Eindringlich und düster beschwor
Kaven dann Brügge als „Die tote
Stadt“. Georges Rodenbachs Roman bildet die Basis für Erich Wolfgang Korngolds Oper, in der der
Verlassene die seine Schwermut reflektierende Stadt Brügge durchwandert. In gleitendem Legato anund abschwellend scheinen die Melodiebögen keinen Anfang und kein
Ende zu finden, die Einsamkeit baut
sich bis zur Verzweiflung auf und
ergibt sich in leiser Melancholie.
Ausdrucksstark und mit ernsthaft
empfundener Musikalität liegt die
Qualität des „Quatuor Romantique“ vor allem im gemeinsamen
emotionalen Empfinden und Erspüren der Tonsprache als einem Medium zur Entschlüsselung der Sprache
des eigenen Herzens.
Weitere Stationen der Reise führten in die Unterwelt, von Jacques
Offenbach in „Orphée aux Enfers“
oder in das verträumte Arles des Impressionismus bei Bizets Suite L’Arlesienne. Aspekte der Auseinandersetzung mit der eigenen Herkunft
und Standortbestimmung standen
bei der „Pilgerfahrt zu Beethoven“
und dem Meistersinger-Idyll „Am
stillen Herd“ von Richard Wagner
im Vordergrund. (fg)
„Subtile
Eingriffe“
Thomas Elsen ist Leiter
der Neuen Galerie im
Höhmannhaus in Augsburg und des H2 - Zentrum für Gegenwartskunst.
Corbinian Böhm und Michael Gruber haben den temporären „Ersatzbrunnen“ geschaffen. Der Aufseherbrunnen“ .
Erinnerung an bewegende,
aufregende Kunsterlebnisse
Ausstellung Fotografien zu Projekten im öffentlichen Raum
VON SYBILLE SCHILLER
Als die Augsburger Brunnenfigur
Merkur von ihrem angestammten
Platz für zwei Monate in die Neue
Galerie im Höhmannhaus umgezogen war, entstand die Idee des „Aufseherbrunnens“. Das Künstlerduo
Corbinian Böhm und Michael Gruber schuf diesen temporären „Ersatzbrunnen“. Die Fotos von dem
einst so hübschen Spektakel sind ein
Segment der „Fotoschau KunstRaumStadtRaum“, das innerhalb
des Projekts Kunsträume Bayern im
Höhmannhaus verwirklicht wurde.
In der Ausstellung werden künstlerische Fotografien von Projekten
gezeigt, die im öffentlichen Raum in
Augsburg verwirklicht worden sind.
Dargestellt wird die Erinnerung an
bewegende, aufregende, Unverständnis und Akzeptanz hervorrufene zeitliche Kunsterlebnisse.
Der „Aufseherbrunnen“ entstand
2004. Bereits 2001 sorgten die
Kunstsammlungen in Zusammenar-
beit mit der Gesellschaft für Gegenwartskunst (GfG) mit der „Open
Public Library“ von Glegg & Guttmann im Hofgarten für Gesprächsstoff. Diese Aktion war wie die anderen zeitlich begrenzt. Die Augsburger wollten anschließend auf den
nun einmal aufgestellten „öffentlichen Bücherschrank“ nicht verzichten, errichteten mit Genehmigung
eine neue Büchervitrine, die noch
heute gern und oft benutzt wird.
Die einst „verhüllte Pracht“ der
Innenräume im Schaezlerpalais war
für Leta Peer das passende Ambiente für ihre Ölgemälde aus der Bergwelt. „To inhabit a place“ nannte
Peer die Installation ihrer Werke,
die 2005 als Fotodokumentation im
Höhmannhaus zu sehen war und
jetzt in einzelnen Exponaten erinnert wird.
Unbedingt Zeit nehmen sollten
sich Besucher für das Video von der
langen Nacht der Museen 2007.
Man sieht, wie der mit Wasser aufgefüllte BMW des Künstlerduos
Haubitz + Zoche auf einem Parkplatz in der Maxstraße bei Passanten
erkennbar Irritationen hervorrief.
Man wollte nicht so recht glauben,
was das Auge warhnahm: Ein geflutetes Auto, dessen Scheibenwischer
im Intervallmodus lief.
Nicht im Höhmannhaus, sondern
im Kabinettraum des H2-Zentrums
stellte 2004 Ieva Jansone ihre anrührende Bilderserie „Flüchtlingsmilch“ aus. Die Schwarzweißbilder
aus dem Asylanten-Dasein in einem
ehemaligen Kasernengebäude dokumentieren den Kontrast des auf
ein Minimum an Qualität beschränkten Lebens und die spürbare
Sehnsucht nach Zuspruch. Ieva Jansone beschreibt fotografisch Trauer,
Hoffnung und Liebe. Es gelang ihr,
Beziehungen zwischen den Bewohnern in dem ehemaligen Kasernengebäude herzustellen.
O
„KunstRaumStadtRaum“ ist noch bis
zum 10. August in der Neuen Galerie im
Höhmannhaus zu sehen.
Legendäre Formation
Diese legendäre Formation um
Christina Bianco, Martin Seiler,
Thomas Haala, Thomas Steingruber, Wayne Wegener und Markus
Schmoll schafft es immer wieder,
mit ihren temporeichen Arrangements bekannter Stücke, die von
„Lady Madonna“ über Heesters
„Man müsste Tenor singen können“
„Aus dem Kunstprojekt
wurde ein Bürgerprojekt“
Beliebte künstlerische Präsentationen
sind – die Fotografien im Höhmannhaus dokumentieren es – oft begrenzte
Installationen. Was bewirken diese in
der Öffentlichkeit?
Elsen: Temporäre Kunstprojekte
sorgen für Aufmerksamkeit. Aber,
und das erscheint mir wesentlich,
von den zeitlich begrenzten Aktionen bleibt meist immer etwas im
Gedächtnis haften. Bestes Augsburger Beispiel ist hierfür die „Open
Public Library“ von Glegg & Guttmann, die sich nach Beendigung des
Projekts verselbstständigt hat. Aus
dem ursprünglichen Kunstprojekt
von 2001 wurde ein Bürgerprojekt,
das seit jetzt sieben Jahren im Augsburger Hofgarten noch immer gerne
genutzt wird.
Die Aufregung um Lüpertz’ Bronzeskulptur „Aphrodite“ hat sich gelegt.
Wie sehen Sie die Diskussion im zeitlichen Abstand?
Elsan: Die „Aphrodite“ wird langsam als das wahrgenommen, was sie
ist: ein autonomes Kunstwerk. Und
ihre Geschichte beweist, dass Kunst
im öffentlichen Raum auch die Notwendigkeit bedeutet, sich qualifiziert darüber zu verständigen, ob
und wie eine moderne Plastik ins
Stadtbild passt. (sysch)
Der Bund Deutscher Architekten
feiert am 25. Juli um 19 Uhr im
Architekturmuseum mit Musik von
„just friends“ den Erfolg der Architekturtage. Und der GewerbeArchitekt Wolfgang Ott begeht
ebenfalls am 25. Juli das zehnjährige
Bestehen seines Büros in Burgau
bei der Firma Roma mit Fachvorträgen über energiesparendes Bauen. (AZ)
THALIA-KINO
Hohe Mathematik in
laufenden Bildern
Zum Jahr der Mathematik 2008 hat
das Institut für Mathematik der
Uni das „MathFilm Festival“ ins
Thalia geholt: Heute, Dienstag,
gibt es ab 19 Uhr die lange Mathefilmnacht. Gezeigt werden eine
Sammlung mathematischer Videos,
die Vorlesung von Sir Michael
Atiyah über „The Millenium Prize
Problems“ und der Kultfilm „Pi“,
der einzeln am Freitag, 25. Juli, um
22 Uhr nochmals zu sehen ist.
Vernissage, Vernissage
» Malerei Bei der Firma HAMA,
Brunnenlechgässchen 1a, stellt ab
Donnerstag, 24. Juli (Vernissage 19
Uhr), der Münchner Maler Mani
Köster aus.
» Fotografie In der Friedberger Archivgalerie sind ab Samstag, 26.
Juli (Vernissage 17 Uhr), Fotografien
ausgestellt, die das Flüsschen Paar
zum Gegenstand haben. Bis 7. September. Freitag, 16 – 19 Uhr,
Samstag und Sonntag, 11 – 19 Uhr.
» Kunstpreis Am 27. Juli wird der
Aichacher Kunstpreis vergeben –
um 14 Uhr im Kreuzgratgewölbe des
Kreisguts am Plattenberg 12. Die
zugehörige Ausstellung ist dort bis
24. August zu sehen, immer sonntags, 14 – 17 Uhr, und nach Vereinbarung unter 0 82 51/87 16 35.
» Cartoons Der Cartoonist Uli Stein
ist mit einer Ausstellung ab Sonntag im Schwabmünchner Museum,
Holzheystraße 12, zu Gast. Vernissage ist um 11 Uhr; die Ausstellung
läuft bis 31. Oktober.
» Hansjürgen Gartner zeigt in der
Esslinger Galerie der Künstlergilde
Objektkästen. Vernissage 25. Juli, 17
Uhr. Bis 23. August, Mittwoch bis
Samstag, 16 – 18, Sonntag, 14 – 16
Uhr.
Jazzsommer Das Augsburg Jazz Quartett
und Glenn Millers „Chattanooga
Choo Choo“ zur „Lady Marmelade“
reichen, zu überraschen. Spätestens
mit den Medleys von Abba und den
Bee Gees lag ihnen das Publikum zu
Füßen und applaudierte grenzenlos.
Eine ganz andere Musik hielt tags
darauf Einzug ins Große KurhausWochenende. Und endlich zeigte
sich Petrus hold. Glücklicherweise,
denn die Bühne des Parktheaters
wäre mit den 75 Musikern, die die
Neue Schwäbische Sinfonie umfasst,
sicher aus allen Nähten geplatzt.
VON USCHI ÖTTL
Wohlklingende Gäste
So saß man denn im Kurhauspark,
überging wohlwollend die vereinzelten Tropfen, die sich während
der ersten beiden Stücke von oben
einschlichen, und genoss die Werke
von Mozart und Schubert, von Léhar, Suppé und Johann Strauß, denen die Neue Schwäbische Sinfonie
unter der Leitung von Gerhard
Fackler und mit wohlklingenden
Gästen wie der in Augsburg geborenen Sopranistin Elke Kottmair,
mittlerweile an der Staatsoperette
Dresden, und den beiden jungen
Nachwuchskünstlerinnen aus Augsburg, Mona Burger (Violine) und
Isabella Raab (Viola), zu monumentalem Leben verhalf.
Ein eindrucksvolles Konzertereignis unter einem wolkendurchzogenen Sternenzelt.
Herr Dr. Elsen, was beinhaltet Kunst
im öffentlichen Raum heute?
Thomas Elsen: Im Gegensatz zu einer
ausschließlich konventionellen, für
jedermann sichtbaren „Möblierung“ der Innenstädte setzen
Künstler heute auch auf subtile,
nicht auf den ersten Blick wahrnehmbare Eingriffe. Dabei ist die
Kunst im Wortsinn auch in Bewegung. Sie bedeutet soziale Kommunikation, was zum Beispiel der im
Rahmen
unserer
Ausstellung
„KunstRaum StadtRaum“ gezeigte
Dokumentarfilm „Woher Kollege
Wohin Kollege – ein Gefühl von
Heimat“ des Künstlerduos „Empfangshalle“ eindrucksvoll belegt hat.
Mit Fachvorträgen
und Musik
Im kreativen Dialog
der Instrumente
Konzert Cash’N’Go und die Neue Schwäbische
Sinfonie im Kurhaus Göggingen
Während sich das Gelände im und
um das Gögginger Kurhaus in einen
Jahrmarkt der schönen Dinge verwandelt hatte, der zum Bummeln
und Staunen über die hohe Kunst
der Malerei, der Bildhauerei, der
Blumengestecke und Hirschsalami
einlud, boten fünf Konzerte im
Rahmen des Großen Kurhaus-Wochenendes für die Kunstgesättigten
ein bunt gemischtes Programm zum
entspannten Verweilen.
Konzerte im Park sollten es sein,
in guter alter Tradition. Aber Weh
und Ach, auch Petrus ist launisch
und ließ den ersten der musikalischen Beiträge buchstäblich ins
Wasser fallen. Statt ins Wasser ging
dann
die
A-cappella-Gruppe
„Cash’N’Go“ lieber auf die Bühne
im Parktheater und sorgte dort, von
Lebensmittelständen umflort, für
reißende Stimmung und tobenden
Beifall.
Kultur kompakt
ARCHITEKTEN FEIERN
Petrus zum Trotz
VON ERIC ZWANG ERIKSSON
DIENSTAG, 22. JULI 2008
» ZUR KUNST IM ÖFFENTLICHEN RAUM
Musikalische Reise
mit „Quatuor
Romantique“
Reisen in die Ferne und nach innen,
Sehnsüchte nach einer fremden exotischen Welt, in der sich Leidenschaften von bürgerlichen Zwängen
befreit entfalten, liegen Giacomo
Meyerbeers Oper L’Africaine zugrunde. Im reizvollen Ambiente des
Bahnparks nahmen das „Quatuor
Romantique“ und der Rezitator und
Schauspieler Wolfgang Kaven die
Fantasie aus dieser Oper zum Ausgangspunkt einer musikalisch-literarischen Reise, bei der gewollte
und unfreiwillige Ortswechsel thematisiert wurden.
In der zwischen romantischem
Schmelz und klassischen Floskeln
changierenden Tonsprache Meyerbeers lässt sich für heutige Ohren allerdings nur schwerlich Exotik vernehmen. Rimbauds „Mein Zigeunerleben“ bot den literarischen
Kontrast. Bei ihm, der ein abenteuerliches Wanderleben führte, ist das
keine Pose, sondern Auseinandersetzung mit realen Gefahren für
Leib und Seele.
NUMMER 169
Brillant spielte der Saxofonist Alex Schmidt beim Auftritt des Augsburg Jazz Quartetts im Abraxas.
Foto: Dietmar Liehr
Mit Contemporary Hardbop, Standards und einem zündenden Programm bewies das Augsburg Jazz
Quartett zu Beginn des 16. Internationalen Jazzsommers im Abraxas,
dass Veranstalter Christian Stock einen exquisiten Griff getan hatte.
Das Jazzensemble, das aus den Profimusikern Alex Schmidt (Flöte, Saxofon), Martin Christian Schmid
(Kontrabass), Daniel Mark Eberhard (Piano) und Harald Alt
(Schlagzeug) besteht, gehört mit
zum Feinsten, das die süddeutsche
Jazzszene zu bieten hat.
2006 gegründet, eroberten sie bereits als junge Formation die Herzen
der lokalen Jazzfans mit einer Reihe
von Recitals, die unterschiedliche
und anspruchsvolle Stilrichtungen
des Jazz, wie Stücke von Billy Strayhorn und Tom Harrell, einem breiten Publikum näherbrachten.
Die Super-Jazzformation überzeugte gleich zu Beginn mit herzerfrischender Spielfreudigkeit und hoher Leistung bei „Shirleys Song“
und der Billy-Strayhorn-Ballade
„For very tired and very sad Lotus
eaters“. Diese Vollblutmusiker begeistern durch ihre atemberaubenden Tempi und spannungsgeladenen Pianoläufe (brillant: Daniel
Mark Eberhard und Saxofonist Alex
Schmidt), ihre künstlerische Intensität und ihre reife Interpretation
und Gelassenheit. Dabei kommunizieren sie scheinbar schwerelos im
Raum, in der Leichtigkeit des Jazz
und im musikalischen Dialog.
Mit ihrer Programmauswahl und
vor allem in den Stücken des genialen Trompeters Tom Harrell, wie
„Angela“ und „Las Almas“, entfachten sie ein klangpoetisches Feuerwerk und zeigten, dass sie ihr instrumentales Handwerk wahrlich
verstehen. Die Musiker, von denen
jeder auch solistisch beeindruckte,
faszinierten durch die pulsierende
Klangfülle, die rhythmische Konzentration und die musikalische
Vielfalt, mit der sie miteinander in
den schöpferischen Dialog traten.
Ihr Spiel war ein spannender
Wechsel zwischen melodischer Improvisation und komplexen Harmoniestrukturen in Verbindung mit ihrer Virtuosität. Die Zuhörer gerieten mehr und mehr in klangversunkene Jazztrance und erlebten live
pur rhythmisch-pulsierende jazzige
Streicheleinheiten. Ein Superkonzert bis zur späten Stunde, bei dem
sich das Augsburg Jazz Quartett für
den vielen Applaus mit einer swingenden Zugabe für den Heimweg
bedankte.

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