Versuch 1: Interferometrie, Kohärenz und Fourier

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Versuch 1: Interferometrie, Kohärenz und Fourier
Versuch 1: Interferometrie, Kohärenz und Fourierspektroskopie
Die Interferometrie ist ein Verfahren der optischen Messtechnik mit dem es möglich
ist, Wellenfronten zu vermessen. Es kann für die unterschiedlichsten Aufgaben genutzt werden, beispielsweise zur Vermessung von Oberflächenformen (Linsen, techn.
Werkstücke). Allgemein umfaßt der Einsatzbereich von Interferometern 12 Größenordnungen, vom Stellarinterferometer (Messung von Sterndurchmessern) bis zur
Messung von Mikrostrukturen. Anhand des Interferenzbildes kann auf die Form
der interferierenden Wellenfronten (Phasenlage) und somit z.B. auf die Form der
gemessenen Oberflächen zurück geschlossen werden.
Im Gegensatz zur üblichen Verwendung eines Interferometers als Messgerät für
Weglängenunterschiede soll im vorliegenden Versuch das Spektrum einer Lichtquelle
mit Hilfe eines Michelson-Interferometers vermessen werden.
Zur Theorie des Michelson-Interferometers
In einem Interferometer werden durch Strahlteilung mehrere Teilwellen erzeugt.
Durch Überlagern dieser Teilwellen werden Gangunterschiede ∆z zwischen diesen
Wellen als Intensitätsmodulation sichtbar, sofern die Kohärenz der beiden Teilwellen
zueinander ausreicht.
Bei einem Michelson-Interferometer (Abb.1) wird das einfallende Licht von einem
Strahlteiler intensitätsmäßig geteilt und an zwei ebenen Spiegeln reflektiert. Durch
den erneuten Durchgang durch den Strahlteiler werden die Teilwellen zur Überlagerung gebracht.
Je nach Wegdifferenz ∆z ergibt sich für die beiden Signale am Ausgang eine Laufzeitdifferenz von τ = 2∆z/c, wobei c die Lichtgeschwindigkeit ist. Für die Intensität
am Ausgang ergibt sich in Abhängigkeit der Lichtfrequenz ν, sowie der Laufzeitdifferenz τ
1
(1)
I(ν, τ ) = I0 (1 + cos(2πντ )).
2
I0 ist die Intensität vor dem Interferometer. Für eine Lichtquelle mit einer speziellen
spektralen Verteilung S(ν) erhält man die Ausgangsintensität durch Aufsummation
aller Frequenzen, jeweils mit der Spektralverteilung gewichtet:
Z ∞
Z
1 ∞
I(τ ) =
I(ν, τ )dν =
S(ν)(1 + cos(2πντ ))dν =
2 0
0
Z
1
1 ∞
= Iges +
S(ν) cos(2πντ )dν;
(2)
2
2 0
1
Abbildung 1: Schematischer Aufbau eines Michelson Interferometers (a). Die
Armlängen des Interferometers unterscheiden sich um ∆z. Dadurch ergibt sich für
die beiden reflektierten Wellen am Ausgang ein Gangunterschied ∆φ, welcher einer
Laufzeitdifferenz τ entspricht.
Die Ausgangsintensität des Interferometers entspricht somit bis auf einen Gleichanteil der Fouriertransformierten des Leistungsspektrums.
Das Ausgangssignal des Interferometers kann auch auf eine andere Weise interpretiert werden: Der optische Empfänger (hier: CCD-Kamera) detektiert das zeitlich
gemittelte Betragsquadrat der elektrischen Feldstärke. Dabei ist typischer Weise
die Mittelungszeit wesentlich größer als die Fluktuation der Lichtquelle. Mit der
Feldstärkeamplitude u(t) der Lichtquelle erhält man nach dem Interferometer die
mittlere Intensität
I(τ ) =
1
<| u(t) + u(t − τ ) |2 >t ,
4
wobei
1
< . . . >t = lim
T →∞ 2T
Z
(3)
+T
. . . dt.
−T
Man definiert die sogenannte Autokorrelationsfunktion A(τ ) mit
Z T
1
A(τ ) = lim
u(t)u∗ (t − τ )dt =< u(t)u∗ (t − τ ) >t .
T →∞ 2T −T
(4)
Und kann für die Intensität dann schreiben:
1
1
I(τ ) = A(0) + A(τ ).
2
2
2
(5)
Durch Vergleich mit (2) erkennt man, dass die Autokorrelationsfunktion gerade
die Fouriertransformierte des Leistungsspektrums ist. Dieser Zusammenhang wird
auch als Wiener-Kintchine Theorem bezeichnet. Als Alternative zur Bestimmung
der Spektralverteilung einer Lichtquelle mit Hilfe eines Spektralapparats (Prisma,
Gitter) ist es also möglich, mittels eines Interferometers die Autokorrelationsfunktion des Lichtsignals zu messen und das Spektrum mit Hilfe einer numerischen Fouriertransformation zu bestimmen. Man bezeichnet diese Methode deshalb auch als
Fourier-Spektroskopie.
Die Autokorrelationsfunktion erlaubt außerdem eine quantitative Definition der
zeitlichen Kohärenz eines Lichtsignals.
Abbildung 2: Intensität am Ausgang eines Michelson Interferometers in Abhängigkeit der Laufzeitdifferenz τ der beiden interferierenden Signale.
In Abbildung 2 ist das Ausgangssignal des perfekt justierten Interferometers für ein
Gauß’sches Spektrum in Abhängigkeit von der Laufzeitdifferenz τ aufgetragen. Man
sieht, dass der Kontrast der Kosinus-Modulation mit wachsendem | τ | abnimmt.
Der Kontrast K wird dabei definiert durch den Ausdruck:
K=
Imax − Imin
.
Imax + Imin
(6)
Imax und Imin sind die Intensitäten benachbarter Maxima und Minima von I(τ ).
Bei einem Gangunterschied ∆z = 0 (Laufzeitdifferenz τ = 0) ist der Kontrast maximal. Verschwindet er, so ist die Laufzeitdifferenz der beiden interferierenden Signale
größer als die Kohärenzzeit des Lichts.
Mit anderen Worten, die Breite der Autokorrelationsfunktion (Breite des Lichtspektrums) entspricht der Kohärenzzeit des Lichtsignals. Die Kohärenzzeit τc und die
spektrale Breite ∆ν sind aufgrund der Fourierreziprozität durch die Unschärferelation
3
τc · ∆ν =≥ 1
(7)
miteinander verknüpft. Mit Hilfe der Beziehung
λν = c
(8)
Ist es somit auch möglich einen Zusammenhang zwischen der Kohärenzlänge ∆l =
τc · c und der spektralen Breite des Lichtsignals ∆λ anzugeben. Man erhält als
Kohärenzlänge damit
λ20
∆λ
λ0 bezeichnet dabei den Schwerpunkt der Spektralverteilung.
∆l =
(9)
Im Versuch wird das Michelson-Interferometer mit einem verkippten Spiegel verwendet. Dadurch erhält man einen unterschiedlichen Gangunterschied des Lichts
für verschiedene Punkte senkrecht zur Verkippung. Es entsteht also am Interferomterausgang keine homogene Intensitätsverteilung mehr, sondern es entstehen
parallele, gerade, äquidistante Streifen (Abb.3). In der Mitte des Bildes ist der
Abbildung 3: Intensitätsbild von Weißlichtinterferenzen in einem MichelsonInterferometer mit verkippten Spiegeln.
Kontrast der Streifen maximal, da hier ein Gangunterschied von ∆z = 0 zwischen den beiden interferierenden Wellenfronten vorliegt. Aufgrund der endlichen
Kohärenzlänge der Lichtquelle sinkt der Kontrast der Interferenzstreifen zum Rand
hin. Wird ein Schnitt durch ein solches Intensitätsbild senkrecht zu den Streifen
Fourier-transformiert, so erhält man nach dem Wiener-Kintchine-Theorem das Spektrum der Lichtquelle (Abb.4, Formel (2)).
4
Abbildung 4: Fouriertransformierte des Weißlichtsignals.
Der Peak in der Mitte des Spektrums entspricht dabei der Hintergrundhelligkeit
(Frequenz ν = 0). Rechts und links davon befindet sich das Spektrum der Lichtquelle
als Seitenpeaks (positive und negative Frequenzen).
Zur Vorbereitung:
Interferenz, Kontrast und Interferometer (Michelson Interferometer, Fourierspektrometer); zeitliche Kohärenz, Kohärenzlänge und deren Zusammenhang mit dem
Spektrum einer Lichtquelle (Wiener-Kintchine-Theorem); Arten von Lichtquellen
(thermische, Laser); Fouriertransformation und der Zusammenhang zur Autokorrelationsfunktion (Bsp. komplexer Kohärenzgrad); Schwebung
Literatur:
E. Schrauth: Interferometrie, Kohärenz und Fourierspektroskopie, Zulassungsarbeit,
1992
Bergmann, Schäfer: Optik, Band III (Kapitel 3.1, 7.9 und 7.10)
Hecht: Optik, Oldenbourg Verlag
Lipson, Lipson, Tannhauser: Optik
Weiterführende Literatur:
Goodman: Statistical Optics, Wiley&Sons
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Aufbau des Versuchs:
Aufgaben:
In diesem Versuch sollen Sie mittels der Fourierspektroskopie die Spektren verschiedener Lichtquellen bestimmen.
• Eine Halogenlampe mit der Möglichkeit zur (räumlichen) Filterung
• Eine weiße LED
• Eine 2-Chip-LED (grün-rot)
Dazu steht Ihnen die Software PFG-Lab zum Einlesen und Abspeichern der Kamerabilder und die Software LabView zur Auswertung zur Verfügung. Die Ergebnisse
sollen sowohl ausgedruckt als auch zur weiteren Bearbeitung abgespeichert werden.
1. Zur Durchführung des Versuchs müssen Sie zuerst das Interferometer justieren,
so dass am Interferometerausgang Weißlichtinterferenzstreifen erkennbar sind.
Dazu ist es nötig, dass einerseits die Spiegel nur geringfügig zueinander verkippt sind (warum?). Andererseits darf sich der optische Gangunterschied in
6
den beiden Armen kaum voneinander unterscheiden, da sonst keine Interferenzen beobachtet werden können (warum wohl?). Als Lichtquelle empfiehlt sich
die Halogenlampe in Verbindung mit dem Interferenzfilter. Die Verwendung
des Interferenzfilters erleichtert die Justage des Interferometers beträchtlich
(warum?). Erläutern Sie in der Auswertung kurz den Aufbau. Warum muß
der Spiegel des Interferometers auf die Kamera abgebildet werden ? Nehmen
Sie zu Testzwecken ein Interferenzbild auf und speichern es als BMP-Datei ab.
Achten Sie darauf, dass das Datenformat 8 Bit (bzw. BYTE) ist.
2. Machen Sie sich mit LabView vertraut, indem Sie das Tutorial Erste Schritte
”
mit LabView“ durcharbeiten.
3. Erstellen Sie ausgehend von der Datei Bilder einlesen.vi“ ein virtuelles Instru”
ment (VI), mit dem Sie eine Kamerazeile aus dem gespeicherten Interferenzbild
auslesen (Stichwort: Teilarray) und die Grauwerte darstellen können.
4. Erweitern Sie das VI, so dass man damit die Fouriertransformierte (Empfehlung Express-VI) der Kamerazeile berechnen und darstellen kann, sowie die
Daten als LVM-Datei abspeichern kann. Wie sieht die Fouriertransformierte
aus? Was bedeutet sie? Inwiefern unterscheidet sich die Darstellung von Abbildung 4? Wie sind x- und y-Achse skaliert?
5. Um quantitative Aussagen machen zu können, muss das Interferometer noch
kalibriert werden (Wellenlänge und Frequenz). Dazu wird ein Kalibrierspektrum mit einem Interferenzfilter aufgenommen und abgespeichert. Anhand dieses Spektrums kann man sowohl den Frequenz- wie auch den Ortsraum kalibrieren. Um vergleichbare Messungen zu erhalten, dürfen die wichtigen Größen
(Verkippung der Spiegel) später nicht mehr verändert werden.
6. Messen Sie das gesamte Spektrum der Halogenlampe mit Hilfe der FourierTransformation des Intensitätsbildes. Ermitteln Sie daraus mit Hilfe des Kalibrierspektrums die Schwerpunktswellenlänge der Halogenlampe (jeweils einmal aus dem Interferenzbild und aus dem Frequenzspektrum). Aus der Breite des Spektrums (verwenden Sie die Halbwertsbreite) oder der Anzahl der
sichtbaren Interferenzstreifen kann dann die Kohärenzlänge des verwendeten
Lichtes bestimmt werden.
7. Messen Sie die Spektren der LEDs und diskutieren Sie die Ergebnisse. Achten
Sie bei der weißen LED insbesondere auf Unterschiede zum Spektrum der
Halogenlampe.
8. Vermessen Sie zum Vergleich das Spektrum der Weißlichtquelle nun mit her”
kömmlicher“ Prismenspektroskopie (Bestimmen Sie also einzeln für verschiedene Wellenlängen die Intensität der Quelle).
Das Licht wird mit Hilfe eines Geradsichtprismas im Beleuchtungsstrahlengang spektral zerlegt. Durch einen zusätzlichen Spalt in der Maskenebene M
7
wird ein Wellenlängenbereich selektiert. Zu dieser Farbe bestimmen Sie aus
dem Interferenzbild die Intensität (Offset I0 ) und aus der Fouriertrafo die Frequenz des selektierten Lichts. Aus ungefähr 10 Messungen bei verschiedenen
Wellenlängen sollen Sie das Spektrum der Quelle rekonstruieren. Achten Sie
darauf, mit den Messungen das gesamte Spektrum abzudecken. Diskutieren
Sie die Messergebnisse (Strahlungsleistung abhängig von der Schwerpunktsfrequenz, Kohärenzlänge in Abhängigkeit von der Schwerpunktsfrequenz) und
mögliche Messfehler.
9. Beobachten Sie Schwebungen, die sich bei der Verwendung verschiedener Doppelspalte in der Maskenebene M ergeben (Spaltbreite, Spaltabstand, Spektrum) und beschreiben Sie Ihre Beobachtungen.
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