MännerträuMe - rennbahn132.de
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Report Männerträume Hobby-Filmer“ im wahrsten Sinne des Wortes: " Modellbahnen in Szene setzen Von Matthias Holtz Um mal mit einem überwiegend von femininer Seite gepflegten Vorurteil aufzuräumen: Nein, Männerträume haben nicht zwingend etwas mit Angelina Jolie zu tun. Es ist vielmehr das vielzitierte „Kind im Manne“, das die Träume und Wünsche längst vergangener Jahre wieder aufleben läßt. Doch damit nicht genug: Dank Internet und preiswerter Videotechnologie können die Spielkameraden nun rund um den Globus an der eigenen Leidenschaft teilhaben. A alte Carrera Universal, die Märklin Sprint oder die Stabo-Bahn – Dauerbrenner der sechziger bis achtziger Jahre – die es alle längst nicht mehr im Laden gibt und die unter Sammlern Kultstatus genießen. Oft genug sind nun der Platz und das nötige Kleingeld vorhanden, sich diesen Kindheitstraum endlich zu erfüllen oder wieder aufleben zu lassen. Sascha Schneider ist einer von ihnen. Als kleiner Junge besaß der Industriekaufmann aus Wedel eine Stabo-Bahn – mit Fotos: Sascha Schneider utorennbahnen und Modelleisenbahnen: Welcher kleine Junge – und die vielen Mädchen nicht zu vergessen – hatte die Miniaturabbildungen der realen Welt nicht auf seinem Wunschzettel zum Geburtstag oder Weihnachten stehen gehabt. Mal gingen sie in Erfüllung, mal auch nicht. In diesem Fall war meistens der fehlende Platz für dieses doch sehr raumgreifende Spielzeug der Grund. Nun, da manche von uns im gesetzteren Alter sind, erinnern wir uns wieder an die gute zunehmendem Alter geriet das Spielzeug in Vergessenheit. Später dann fehlte der Platz, und erst als er vor rund drei Jahren in ein neues Haus umzog, war es soweit: „An dem Tag, an dem meine Frau und ich den Mietvertrag unterschrieben, habe ich mir sofort eine Carrera-Grundpackung gekauft“, erinnert sich Sascha Schneider. Und da bekanntlich die technische Entwicklung der elektrischen Rennbahnen zwischenzeitlich immer weiter ging, entschied sich der Mittdreißiger für eine digitale Carrera 132 – sein Einstieg in das Erwachsenen-Hobby „Slotracing“. Der Rest ist schnell erzählt: Immer mehr Schienen und Autos kamen hinzu, so daß die Strecke von der „Teppichbahn“ schließlich unter tatkräftiger Mithilfe von Ehefrau Andrea zum Festaufbau auf dem 58 CV Magazin 5/2009 www.computervideo.de Dachboden mutierte. Im Verlauf von anderthalb Jahren entstand dann eine Miniaturrennbahn, die Andrea und Sascha Schneider kontinuierlich perfektionierten und ausgestalteten. Empfangen werden die Bild- und Audiosignale von einem Receiver, der über Composite-Schnittstellen mit der TV-Karte des Computers verbunden wird. Sind am PC keine Analogeingänge vorhanden, kann alternativ auf Empfänger mit USB-Anschluß ausgewichen werden. Im Idealfall steht die Funkverbindung bis rund 100 Meter Entfernung, gesendet wird auf bis zu vier Kanälen. Zeig‘, was Du hast Das Internet und vor allem YouTube eröffnen Hobbyisten jeglicher Couleur völlig neue Perspektiven, ihre Leidenschaft mit Gesinnungsgenossen rund um den Globus zu teilen. Slotracing-Foren wie Freeslotter (www.freeslotter.de) und das englischsprachige SlotForum (www.slot forum.com) zeugen davon. Konsequenterweise zeigt auch Sascha Schneider sein Hobby im Internet auf seiner sehenswerten Webseite unter www.rennbahn132. de, auf der seine beiden bei YouTube gehosteten Bahnvideos zu bewundern sind. Die Idee, ein solches Video zu drehen, stammt dabei nicht von ihm selbst, vielmehr ging die Initialzündung von seiner Schwester Katja aus – was überhaupt nicht verwundert, denn sie verdient ihre Brötchen als freiberufliche Cutterin beim Fernsehen. Komplettiert wurde das Team schließlich von Katja Schneiders Ehemann Volker Grube, der als Sportredakteur beim Fernsehen ebenfalls Profiwissen einbrachte. „Unser erstes Video drehten wir spaßeshalber mit Webcams, waren dann aber mit der Qualität nicht sonderlich Seit Anfang der Sechziger Gegenstand unzähliger Kindheitsträume: die Carrera-Rennbahn (li.). Das Filmen von Modellbahnen inklusive spektakulärer Onboard-Einstellungen ist weder teuer noch technisch sonderlich kompliziert (Mitte u. r.): Nach dem Entfernen der Karosserie wird die winzige Funkkamera inklusive der Batterie auf das Chassis montiert. Für seine „Cockpit-Kamera“ verwendete Sascha Schneider Gewebe- und Doppelklebeband. zufrieden“, berichtet Sascha Schneider von den ersten Experimenten. Im zweiten Anlauf verwendete das rennbegeisterte Quartett dann DV-Camcorder für die konventionellen Streckenkameras und als Krönung obendrauf eine Mini-FunkKamera für Onboard-Aufnahmen. Der Spion, den ich liebte Mini-Kameras gibt es ab etwa 40 Euro bei Ebay; Sie finden sie unter dem Suchbegriff „Mini Funkkamera“. Diese auch „Spy Cams“ genannten Winzlinge sind mit 17 Gramm und 20 x 20 x 22 mm dermaßen leicht und kompakt, daß sie sich in die meisten Modellfahrzeuge integrieren bzw. auf die Chassis montieren lassen. Betrieben werden sie mit einer herkömmlichen 9 Volt-Blockbatterie, so daß die Stromversorgung keinerlei Probleme aufwirft. Die Kamera sendet Video- und Mono-Audio-Signale mit 2,4 GHz, theoretisch lassen sich sogar mehrere gleichzeitig verwenden, da Cam und Empfänger vier wählbare Kanäle besitzen. Laut Hersteller beträgt die Reichweite im Idealfall bis zu hundert Meter; Empfangsprobleme sind also nicht zu erwarten, sofern keine Stahlträger oder ähnliche Hindernisse vorhanden sind. An den PC angeschlossen wird der Empfänger über die Composite-Eingänge einer TV-Karte. Sollte Ihr PC keine analogen Videoeingänge aufweisen, so finden Sie bei Ebay vergleichbare Versionen der Kamera, deren Empfänger alternativ mit USB-Schnittstellen ausgestattet sind. Die jedoch kosten knapp 80 Euro, so daß Sie gegebenenfalls selbst entscheiden müssen, welche Mehrausgabe – USB-Empfänger oder TV-Karte – sich eher für Sie lohnt. Nun läßt sich das Signal ohne Schwierigkeiten mit dem PC CV Magazin 5/2009 59 Report Eine „Teppichbahn“ wird kaum einen bleibenden Eindruck beim Zuschauer hinterlassen. Wer jedoch wie Andrea und Sascha Schneider alle ModellbauRegister zieht, kann sich der Anerkennung des Publikums gewiß sein. aufnehmen; Katja und Sascha Schneider benutzten hierfür einen Windows XPComputer und als Capture-Programm den integrierten Windows Movie Maker. Die Onboard-Aufzeichnungen und „Außenaufnahmen“ schnitt Katja Schneider später dann auf Apples Final Cut Pro. Kameraauto im Renntrimm Die Qualität des Bildmaterials ist durchaus zufriedenstellend, denn die Mini-Kamera löst mit immerhin 380 TV-Linien auf. Mehr kann man von einem winzigen 1/3-ZollObjektiv, das sich übrigens manuell scharfstellen läßt, kaum erwarten. Allerdings muß beachtet werden, daß Kameras mit solch winzigen Optiken ein schlechtes Low-Light-Verhalten aufweisen. So mußte die Film-Crew in Wedel neben der bereits bestehenden Raumbeleuchtung noch zusätzlich drei 150-Watt-Strahler plazieren. Apropos Bildqualität: Obwohl sich die DVvon den Onboard-Aufnahmen qualitativ natürlich deutlich unterscheiden, entsteht gerade dadurch der besondere Reiz des fertigen Films, da der Effekt ähnlich ausfällt wie bei der Einblendung von CockpitKameras in TV-Rennübertragungen. Hinzu kommt, daß Katja Schneider durch die Schnittechnik den Gegensatz wirkungsvoll hervorhob und quasi aus der Not eine Tugend machte. Darüber hinaus lauern weitere Tücken im Detail, die jedoch abhängig vom Modell sind: „Unser erstes Kameraauto erwies sich als unfahrbar, da der Schwerpunkt viel zu hoch lag und es in jeder Kurve umkippte“, berichtet Schneider, der die Cam auf die Motorhaube und die Batterie aufs Dach geklebt hatte. Eine bessere Lösung mußte her. Also montierte er die Karosserie ab und versah das Chassis mit einer Halteplatte aus Balsaholz, auf die die Kamera mit Doppelklebeband fixiert wurde. Ebenfalls mit Klebeband wurde die Batterie befestigt. Damit das Kameraauto möglichst dicht und ungefährdet an einen vorausfahrenden Rennwagen auffahren kann, schützte Sascha Schneider die Konstruktion mit einem Frontpuffer, den er aus einem alten Mousepad herausschnitt. Regieanweisungen Damit aus spektakulären Aufnahmen später ein gutes Video entsteht, müssen Sie schon beim Filmen bestimmte Aspekte berücksichtigen. Aufgenommen werden müssen solche Szenarien natürlich in mindestens zwei Durchgängen, da später im Beim Filmen von Modellbahnen kommen prinzipiell die gleichen Schnittechniken zum Einsatz, wie Sie diese von Autorennen aus Fernsehübertragungen kennen. Natürlich stehen Sie als Regisseur Gott sei Dank nicht vor der Aufgabe, das tatsächliche aktuelle Geschehen möglichst in Echtzeit zeigen zu müssen. Der Film von Sascha Schneider ist hierfür ein hervorragendes Beispiel: Seine Schwester Katja Schneider, freiberufliche Cutterin beim Fernsehen, beginnt mit der Startsequenz und einigen herkömmlichen Einstellungen, so daß sich der Betrachter zunächst im Szenario zurechtfinden kann. Die Onboard-Aufnahmen, die dazwischengeschnitten werden, geben dem Film dann seinen besonderen Flair. Gute Planung –> 60 CV Magazin 5/2009 www.computervideo.de Da das Kamerafahrzeug im fertigen Film nicht zu erkennen ist, können sogar Modelle verwendet werden, die sich nicht mit einer Funkkamera bestücken lassen, wie hier ein Formel 1 Ferrari von Scalextric (o.). Beim Drehen der Sequenzen ist auf gute Ausleuchtung der Szenerie (o.r. u.r.) zu achten, da die Funkkamera ziemlich lichtschwach ist. fertigen Video das Kamerafahrzeug nicht als solches zu erkennen sein soll: Im Prinzip ist es egal, in welcher Reihenfolge Sie die Aufnahmen erstellen; wichtig ist aber, daß Sie mit dem Kamerafahrzeug ein bestimmtes Fahrverhalten einhalten. In unserem Beispiel hielt sich das Kameraauto immer dicht hinter dem vorausfahrenden Rennwagen und zog höchstens mal auf gleiche Höhe. Im nächsten Durchgang, wenn das Kameraauto für die „Außenaufnahmen“ durch einen richtigen Renner ersetzt wird, muß der natürlich möglichst gleich gefahren werden, sonst gibt es Probleme mit der Kontinuität. Beim Filmen eines rasanten Hobbys wie Carrera-Rennbahnen muß der Kamermann bzw. die Kamerafrau außerdem darauf achten, daß die Fahrzeuge nicht zu schnell sind, da ansonsten nichts mehr zu erkennen ist. Das betrifft vor allem natürlich das Filmen aus der OnboardPerspektive, denn die kleine Mini-Kamera wäre mit zu rasanten Bewegungen überfordert. Modelleisenbahner haben es da einfacher, denn bei ihrem Hobby kommt es ja nicht auf die Geschwindigkeit an. Zwei Filme haben die Schneiders bereits produziert, und kommt die emsige FilmCrew dem Feedback der YouTube-Zu- schauer nach, so werden es wohl nicht die letzten gewesen sein. Neben dem reinen Unterhaltungswert hat dieses Filmgenre noch einen Nebeneffekt: Gleichgesinnte in aller Welt können sich Anregungen zur Ausübung ihres Hobbys holen – und so avancieren Sie als „Hobby-Filmer“ in Nulln kommanichts zum Lehrfilmer. schon beim Filmen gehört jedoch dazu: So wird das Kameraauto in den „Außenaufnahmen“ durch den gelben Opel Commodore ersetzt. Onboardund normale Einstellungen müssen nacheinander gefilmt werden, so daß es für die Kontinuität entscheidend ist, daß sich die Fahrzeuge in gleicher Reihenfolge und ungefähr in gleichen Abständen um die Bahn bewegen. Die sichtbar schlechtere Bildqualität der Funkkamera wirkt nicht einmal sonderlich störend, sondern schafft einen schönen Gegensatz zu den übrigen Szenen. Wichtig: Zu hohe Geschwindigkeiten sollten beim Modellbahnfilmen vermieden werden, da die Bewegungen sonst nicht mehr vom Auge verfolgt werden können. CV Magazin 5/2009 61