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ROHSTOFFE
Kristalline Polymere für den Einsatz in Spritzgießmaschinen
Die Kosten im Griff
Bei der Herstellung eines Kartenleserahmens ist das Einhalten der Dimensionstoleranzen besonders wichtig, da sonst das Einführen der Chipkarte
verhindert wird
Die Anforderungen an Spritzgießer sind hoch. Kurze Lieferzeiten, anspruchsvolle Produkt-Designs und der Trend
zu dünneren Wandquerschnitten stehen einer ökonomischen Fertigung oft im
Weg. Angepasste Formmassen können hier weiterhelfen.
Peter Merryweather, Business
Development Manager Plastics,
Dow Europe SA, West Drayton/
Großbritannien
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Um in der heutigen Zeit als Spritzgießer
ökonomisch fertigen zu können, gilt es,
Eigenschaften der Formmassen, Werkzeugaspekte und Kosten abzuwägen.
Längere Fließwege und kompliziertere
Werkzeuge sind oft das Ergebnis der
Überlegungen. Eine stete Herausforderung ist die Suche nach den besten
Formmassen. Questra, ein Produkt der
Dow Chemical Company, ist flexibel in
der Verarbeitung und kann dazu beitragen, die Produktionskosten zu senken.
Das Produkt – ein kristallines Polymer –
hat eine hohe Hitze- und Chemikalienbeständigkeit, Dimensionsstabilität, eine niedrige Schmelzeviskosität und ein
niedriges spezifisches Gewicht. Die Polymere sind laut Hersteller 10 bis 20 %
leichter als alternative, halbkristalline
Polymere. Das Produkt ist hydrophob,
die Trocknung der Polymere vor der Verarbeitung kann meist entfallen. Diese
Eigenschaft verhindert im späteren Einsatz auch durch Feuchtigkeitsaufnahme bedingte Formänderungen der
spritzgegossenen Teile. Die Zykluszeiten
im Spritzgießprozess sollen in den meisten Fällen kürzer sein als die bei alternativen Polymeren wie PBT. Die niedrige
Viskosität der Schmelze führt zu niedrigen hydraulischen Fülldrücken bei der
Verarbeitung, so daß Mehrfachwerkzeuge und kleinere Maschinen eingesetzt werden können. Das Produkt soll
ein besser vorhersagbares Verhalten
hinsichtlich der Maßhaltigkeit haben als
zum Beispiel Polyamid 6, 66 und 46,
PBT und PCT. So ist die Herstellung von
Teilen mit geringen Dimensionstoleranzen möglich.
Verzugsarm durch gleiche
Dichten
Bedingt durch Werkzeug- und Teilegestaltung (zum Beispiel Lage der Temperierbohrungen, unterschiedliche Wandstärken) ergeben sich meist unterschiedliche Abkühlraten innerhalb eines Spritzgussteils und somit unterschiedliche Kristallinitätsgrade. Im
Spritzgussteil liegen dann sowohl amor-
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phe als auch kristalline Phasen vor. Da
die meisten Thermoplaste unterschiedliche Dichten in amorpher und kristalliner Phase haben, schwinden solche
Spritzgussteile uneinheitlich. Dadurch
werden Spannungen induziert, die einen Bauteilverzug zur Folge haben. Je
größer der Dichteunterschied ist, desto
eher verzieht sich das Spritzgussteil.
Das Polymer aus dem Hause Dow ist zur
Herstellung verzugsarmer Teile gut geeignet, da amorphe und kristalline Phasen fast gleiche Dichten haben.
Einige Varianten des kristallinen Polymers dienen speziell dem Einsatz in bestehende Anwendungen. Questra
EA522 wurde zum Beispiel entwickelt,
um die gleiche Schwindung zu erreichen wie flammhemmend eingestelltes
PBT mit 30 % Glasfaseranteil. Vorteile
sind ein um 20 % geringeres Gewicht
des Formteils und kürzere Zykluszeiten.
Für neue Anwendungen können die
Polymere während der Produktentwicklung so konzipiert werden, daß sie sich
vorhersagbar verarbeiten lassen. So
muss der Werkzeugbauer keine technischen Anpassungen vornehmen, um
Polymerdefizite zu kompensieren, das
Ausschussmaterial verringert sich.
Hohe Dimensionsstabilität
Die Stocko Metallwarenfabriken wählten das Polymer vom Typ EA522 zur
Herstellung eines Kartenleserahmens.
Die Einhaltung der Dimensionstoleranzen ist hier für die Funktion besonders
wichtig. Das Unternehmen prüfte anfänglich LC-Polymere, konnte damit
aber nicht die geforderten Formtoleranzen erreichen. Auch wurden Versuche
mit verschiedenen Werkzeugmodifikationen durchgeführt, unter anderem
mit Einlegeteilen zum Vorhalten des
Verzuges, um eine parallele Karteneinschuböffnung im Formteil zu erzielen.
Ohne diese Maßnahme hätte sich die
Öffnung geschlossen und das Einführen der Chipkarte wäre verhindert. Ferner wurde die Kühlzeit verlängert, um
die Schwindung zu kontrollieren und
die geforderte Dimensionstoleranz zu
verwirklichen. Dies hatte allerdings einen Produktivitätsverlust zur Folge. Mit
dem neuen Polymer gelang es dem Unternehmen, dimensionsgenaue Teile
herzustellen und die Zykluszeit zu verkürzen.
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Gewicht und
Kosten reduziert
Im Rahmen eines Entwicklungsprojektes
analysierten und spezifizierten die Unternehmen Thomas &
Betts und Dow Plastics
gemeinsam das kristalline Polymer für ein
Relaismodul
von
Daimler Chrysler. Bei
der Analyse wurden
die LeistungsmerkmaDas Relaismodul stellte beim Einsatz des kristallinen Polymers
le des kristallinen Polywegen der mehrlagigen Konstruktion eine besondere Herausformers mit denen von
derung dar (Bilder: Dow Europe, West Drayton/Großbritannien)
PBT und PBT-Blends als
Konkurrenzprodukte
im Hinblick auf Kosten
und Materialleistung
verglichen. Die resultierenden Daten lieferten wichtige Informationen vor der Herstellung des Werkzeugs,
den
Spritzgießversuchen und der tatsächlichen Umstellung
auf das kristalline Polymer. Die Analysen
zeigten, daß das kristalline Polymer die
physikalischen Eigenschaften bot, die für
die Anwendung verlangt wurden – einschließlich Dimensionsstabilität, Reduzierung von Gewicht und
Kosten sowie Einhaltung der USCARRichtlinien, Klasse III.
Ein europäischer Originalausrüster prüft
derzeit das kristalline
Polymer bei der Herstellung eines elektrischen Sicherungskastens. Anfänglich spezifizierte das Unternehmen Polymere
kristalline Polymer vom Typ EA522, ein
aus PBT, doch es erwies sich als zu
flammhemmendes PC mit 10 % Glasfaschwierig, sie mit der geforderten Disern, als Ersatz für PC, weil dieses Promensionstoleranz zu verarbeiten. Der
dukt die verlangte Dimensionstoleranz
Ausrüster wählte sodann PC, um die
erfüllt und Produktivitätsvorteile bietet.
Produktivität zu steigern und die Toleranzen einzuhalten. Dies misslang, weil
sich das Material wegen seiner höheren
Schmelzeviskosität kaum verarbeiten
ließ. Das Unternehmen prüft nun das
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