Rechtsirrtümer können ins Geld gehen

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Rechtsirrtümer können ins Geld gehen
Finanzen
Seite 16 DIE WELT
Rechtsirrtümer können ins Geld gehen
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VERSICHERUNG
Hubschrauberbergung nach
Skiunfall zahlt Krankenkasse
Die Bergung eines verletzten Skifahrers per Hubschrauber zahlt in
Deutschland die gesetzliche Krankenkasse. Gleiches gilt, wenn der
Unfall in einem Land passiert, mit
dem Deutschland ein Sozialversicherungsabkommen hat, erläutert der
Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Berlin.
Verirrt sich der Skifahrer jedoch aus
eigener Schuld in ein hochalpines
Gelände und muss vom Hubschrauber geborgen werden, schicke die
Bergwacht dem Urlauber die Rechnung. Eine Hubschrauberbergung
kostet laut GDV 3000 bis 5000 Euro,
die Bergung mit einem Rettungsschlitten der Bergwacht nur 150 bis
400 Euro. Außerdem zahlen nicht
alle Krankenkassen eine Grippeschutzimpfung. Lehnt die Krankenkasse die Kostenübernahme für eine
Grippeimpfung ab, fragt der Versicherte am besten nach. Denn mehrere Kassen hätten erklärt, sich bei der
Kostenerstattung kulant zu zeigen,
auch wenn kein Rechtsanspruch auf
dpa
die Grippeimpfung besteht.
Montag, 5. Januar 2009
Viele halten sich an Gesetze, die es gar nicht gibt – Die WELT zeigt Fehleinschätzungen und die tatsächlichen Regeln
Von Lina Panitz
Den Juristen Ralf Höcker hat es geärgert, dass er im Alltag ständig mit
Rechtsirrtümern oder falsch interpretierten Normen konfrontiert
wurde. Gerne wird etwa bei Reklamationen ein Kassenbon gefordert,
dabei sind laut dem Bürgerlichen
Gesetzbuch auch andere Beweise
für den Kauf zulässig – wie beispielsweise ein Kontoauszug. Andersherum ist es entgegen der Meinung vieler Bürger nicht erlaubt,
sich in einem Zug der Deutschen
Bahn mit einem Zweite-Klasse-Ticket in die Erste Klasse zu setzen,
wenn in der Zweiten Klasse kein
Sitzplatz mehr frei ist. Ein ZweiteKlasse-Ticket gilt tatsächlich nur in
der Zweiten Klasse. Höcker hat
mittlerweile Hunderte solcher Beispiele gesammelt und in drei Büchern veröffentlicht. Mit Ralf Höcker sprach Lina Panitz.
Manche Regeln haben sich derart
im Unterbewusstsein festgesetzt,
dass sie niemand mehr hinterfragt.
Schon in der Fahrschule wurde vielen etwa eingetrichtert, dass Autofahrer ihre Lichthupe nicht dazu
nutzen dürfen, um ihren Vordermann auf ein Überholmanöver aufmerksam zu machen und zu einem
Wechsel auf die rechte Fahrspur
aufzufordern. Das sei nicht nur unhöflich, sondern auch als Nötigung
strafbar. Richtig aber ist, dass es außerhalb geschlossener Ortschaften
sogar eine Hauptaufgabe der Lichthupe ist, Überholabsichten anzukündigen.
Seit einigen Jahren bemüht sich
der Kölner Jurist Ralf Höcker (siehe
Interview) mit seinen Lexika über
Rechtsirrtümer um Aufklärung.
Dennoch halten sich viele Halbwahrheiten über das komplexe
deutsche Rechtssystem hartnäckig
in den Köpfen der Bürger. Die
WELT hat Rechtsexperten gebeten,
typische Irrtümer aus ihren Fachgebieten aufzuklären.
DIE WELT: Welcher ist Ihr Lieblingsrechtsirrtum?
Ralf Höcker: Das Skurrilste ist die
Beischlafpflicht (BGB 1353 Abs. 1).
Die meisten Eheleute wissen nicht,
dass diese heute tatsächlich noch
besteht. In den 1960er-Jahren haben
sich die Gerichte sogar noch damit
beschäftigt, wie der Geschlechtsverkehr genau auszusehen habe.
Aber auch noch heute kann man
tatsächlich bei seinem Ehepartner
die Einhaltung dieser Pflicht einfordern. Kommt es dadurch zum Streit
und möglicherweise zu einer Scheidung, kann es durchaus zu Unterhaltskürzungen für den Ehepartner
kommen, der sich der Beischlafpflicht verweigert hat.
RECHT
Eine Reisepreisminderung dürfen Urlauber üblicherweise nur für den Zeitraum verlangen, in dem ein bestimmter Mangel vorlag. Allerdings kann es
bei gravierenden Mängeln eine Ausnahme von dieser Regel geben, entschied der Bundesgerichtshof (BGH)
in Karlsruhe. Er gab damit einem
Kläger Recht, der sich nach einem
traumatischen Rückflug nicht mit einer Reisepreisminderung nur für den
letzten Reisetag zufrieden geben
wollte. Der BGH korrigierte damit eine Entscheidung des Landgerichts
Duisburg (Az.: X ZR 93/07). Das
berichtet die von der Deutschen Gesellschaft für Reiserecht in Wiesbaden herausgegebene Fachzeitschrift
„ReiseRecht aktuell“. In dem Fall
hatte der Kläger mit seiner Frau Urlaub im Süden der Türkei gemacht.
Beim Rückflug gab es wegen erheblicher technischer Probleme eine Zwischenlandung in Istanbul. Zunächst
sollte die Maschine nach einer Reparatur wieder starten, dann hob eine Ersatzmaschine erst zwölf Stunden später ab. Der Kläger machte vor
Gericht geltend, er habe vor der Landung in Istanbul Todesangst ausgestanden. Der Erholungswert seiner
Reise sei dahin gewesen. Der BGH
stellte dazu fest, dass bei einer Reise, die mit einem so schwerwiegenden Ereignis endet, eine Preisminderung nicht in jedem Fall nur für den
letzten Tag möglich sei. Grundsätzlich bestehe sogar die Möglichkeit,
dass der betroffene Urlauber seinen
Reisepreis komplett zurückfordern
kann. Ob das auch in diesem Fall so
ist, muss nun das zuständige Landgericht in einem erneuten Verfahren
dpa
prüfen.
GELD
Internet-Einkauf am
besten per Lastschrift
Einkäufe per Internet sollten am besten per Lastschrifteinzug bezahlt werden. Diese Methode sei ebenso bequem wie sicher, erklärt die ING-DiBa
in Frankfurt am Main. Bleibt die Lieferung aus oder gibt es Streit über
die Qualität der Ware, kann die Lastschrift innerhalb von sechs Wochen
mit einer einfachen Weisung an die
Bank zurückgeholt werden.
Die ebenfalls gängige Zahlung per
Kreditkarte berge dagegen ein höheres Risiko für den Verbraucher, erläutern die Bank-Experten. Zwar ließen
sich auch dabei unberechtigt abgebuchte Beträge zurückholen. Der
Karteninhaber müsse aber den Missbrauch seiner Kreditkarte nachweisen. Die Rückholung der Zahlung wegen eines Streits um Reklamationen
sei dagegen bei der Kreditkarte nicht
AP
möglich.
STEUER
Aufbewahrungsfrist für Papiere
aus dem Jahr 1998 endet
Unternehmer und Freiberufler, Vereine und Verbänden können jetzt bestimmte steuerrelevante Unterlagen
aus dem Jahr 1998 entsorgen. Der
Bund der Steuerzahler Hessen in
Wiesbaden wies darauf hin, dass damit eine steuerrechtliche Aufbewahrungsfrist endet. Zehn Jahre lang
müssten Bücher, Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, Eröffnungsbilanzen und Buchungsbelege für den Fiskus aufgehoben werden. Gleiches gelte für alle
Arbeitsanweisungen und Organisationsunterlagen, die diese Belege verständlich machten und erläutern.
„Folglich können die entsprechenden
Unterlagen des Jahres 1998 und früherer Jahre seit dem 1. Januar 2009
vernichtet werden“, erklärte der
AP
Steuerzahlerbund.
Arbeitsrecht
Abfindung bei Kündigung durch
den Arbeitgeber?
Besonders unter Arbeitnehmern
ist die Meinung, dass bei einer Kündigung eine Abfindung durch den
Arbeitgeber zu zahlen ist, sehr häufig verbreitet. Eine solche Regel
existiert im deutschen Arbeitsrecht
grundsätzlich nicht. Abfindungen
werden zumeist im Rahmen von
Kündigungsschutzprozessen
im
Vergleichswege ausgehandelt. Der
Arbeitnehmer akzeptiert die seitens
des Arbeitgebers ausgesprochene
Kündigung und erhält zum Ausgleich für den Verlust seines Arbeitsplatzes eine Abfindung.
Zwingend ist diese Regelung jedoch nicht, sie ist individuell mit
dem Arbeitgeber auszuhandeln. In
manchen Fällen lässt sich ein Arbeitsgerichtsprozess
vermeiden,
wenn die beiden Parteien sich
schon im Vorfeld – im Rahmen eines sogenannten Aufhebungs- oder
Abwicklungsvertrages – über die
Beendigung des Arbeitsverhältnisses einigen.
Nur unter einer besonderen Voraussetzung hat der Gesetzgeber im
Kündigungsschutzgesetz unter Paragraf 1a einen Abfindungsanspruch bei betriebsbedingten Kündigungen vorgesehen. Eine Abfindung ist zwingend zu zahlen, wenn
das Arbeitsverhältnis wegen betrieblicher Erfordernisse gelöst
werden muss und der Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage
beim Arbeitsgericht erhebt. In diesem Fall hat der Arbeitnehmer mit
dem Ablauf der Kündigungsfrist
Anspruch auf eine Abfindung. Die
Höhe der Abfindung beträgt nach
dem Gesetz ein halbes Monatsgehalt für jedes Jahr des bestehenden
Arbeitsverhältnisses.
Dreimal abmahnen, dann kündigen?
Der Glaube, dass drei Abmahnungen Voraussetzung für eine arbeitsrechtlich korrekte Kündigung sind,
hält sich seit vielen Jahren.
Richtig ist, dass nur bei einer sogenannten
verhaltensbedingten
Kündigung eine Abmahnung erforderlich ist. Bei einer betriebsbedingten Kündigung oder einer personenbedingten Kündigung (zumeist handelt es sich hierbei um eine langanhaltende Krankheit eines
Mitarbeiters) ist eine Abmahnung
nicht erforderlich. Erst wenn der
Mitarbeiter ein Fehlverhalten zeigt,
das der Arbeitgeber in Zukunft
nicht mehr dulden will, muss er den
Arbeitnehmer abmahnen. Die Abmahnung resultiert in diesem Fall
aus der Pflichtverletzung des Arbeitnehmers, aus einem Verstoß gegen die im Arbeitsvertrag getroffenen Vereinbarungen. Abmahnungsgründe sind zum Beispiel unentschuldigtes
Fehlen,
häufiges
Zuspätkommen oder auch Rauchen
und Alkoholkonsum, wenn dies im
Unternehmen verboten ist.
Wie oft abgemahnt werden muss,
hängt von der Schwere der Pflichtverletzung ab. Entsteht dem Unternehmen etwa ein größerer Schaden
durch den Alkoholkonsum des Mitarbeiters, reicht eine einmalige Abmahnung aus; bei leichteren Verstößen, wie dem Zuspätkommen um
wenige Minuten, ist mehrmals abzumahnen. Zwingend ist dies aber
nicht, denn es gibt keine Regelung,
dass nach der ersten oder dritten
Abmahnung gekündigt werden
muss.
Kündigung wegen Krankheit?
„Ich habe von meinem Arbeitgeber die Kündigung erhalten, während ich krank war. Diese Kündi-
Drängeln ist verboten, aber wer aus gebührendem Abstand mit der Lichthupe Überholabsichten ankündigt, verstößt nicht gegen die Straßenverkehrsordnung
gung ist ja unwirksam.“ Solche Äußerungen hört man immer wieder.
Auch hier scheint sich seit Jahren
der Glaube zu halten, dass ein Arbeitgeber einem Mitarbeiter während dessen Krankseins nicht kündigen kann.
Eine Kündigung ist selbstverständlich auch möglich, während
der Arbeitnehmer krank ist. Voraussetzung einer Kündigung ist nämlich, dass sie in den Empfangsbereich des Kündigungsempfängers
gelangt, so dass der Absender mit
der Kenntnisnahme rechnen kann.
Die Kündigung muss also in verkehrsüblicher Weise in die Verfügungsgewalt des Empfängers gelangen, und dies ist in der Regel durch
den Einwurf in den Briefkasten gegeben. Dabei kommt es nicht darauf
an, wann der Arbeitnehmer den
Brief zur Kenntnis nimmt und liest,
sondern darauf, wann mit der Leerung eines Briefkastens üblicherweise zu rechnen ist. Ein am Abend
eingeworfener Brief geht dann erst
am nächsten Tag zu.
Eine Kündigung gilt auch dann
als zugegangen, wenn sie an das
Personal eines Geschäftstreibenden
oder an Familienangehörige übergeben wird. Befindet sich der Arbeitnehmer im Krankenhaus, kann
ihm der Brief auch im Krankenhaus
zugestellt beziehungsweise übergeben werden, so dass die Kündigung
dann rechtmäßig ist.
Die Rechtsirrtümer aus dem Arbeitsrecht stellte Christian Kerner,
Vorstand des Kölner Anwaltvereins
und Rechtsanwalt in der Kölner
Kanzlei WKWB, zusammen.
Mietrecht
Die Kaution ist bei Beginn des
Mietverhältnisses vollständig an
den Vermieter zu zahlen?
Im Wohnungsmietrecht gibt es
einen sowohl unter Mietern als
auch unter Vermietern weit verbreiteten Rechtsirrtum. So glauben viele, dass die Kaution bei Abschluss
des Mietvertrages in einer Summe
an den Vermieter gezahlt werden
muss. Diese von Vermietern häufig
an den neuen Mieter gestellte Forderung verstößt eindeutig gegen
das Gesetz. Gemäß § 551 Abs. 2 BGB
hat der Wohnungsmieter das Recht,
die Kaution in drei Raten zu bezahlen. Die erste Kautionsrate wird mit
Beginn des Mietverhältnisses fällig.
Die Folgeraten sind zusammen mit
der zweiten und dritten Miete zu
entrichten.
Vorzeitige Beendigung des Mietvertrages durch Stellung eines Nachmieters?
Ein unbefristetes Mietverhältnis
kann grundsätzlich nicht vorzeitig
durch die Bereitstellung von drei
potenziellen Nachmietern beendet
werden. Der Mieter hat keinen Anspruch auf Abkürzung der gesetzlichen Kündigungsfrist von drei Monaten. Dies gilt selbst dann, wenn
der Mieter in ein Pflegeheim oder
berufsbedingt umziehen muss.
Anders ist die Rechtslage hingegen in den Fällen, in denen zwischen den Mietvertragsparteien ein
Zeitmietvertrag abgeschlossen oder
das gegenseitige Recht zur ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses für einen bestimmten Zeitraum ausgeschlossen wurde. Auf
Grund der längeren Vertragsbindung hat der Mieter bei berufsbedingtem Umzug oder Verlegung in
ein Pflegeheim aus dem Rechtsgrundsatz „Treu und Glauben“ einen Anspruch auf vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses gegen
Bereitstellung eines geeigneten
Nachmieters.
Keine Renovierung durch den Mieter mehr notwendig?
Zurzeit glauben viele Vermieter
und Mieter, dass es ein Gesetz gibt,
wonach Mieter ihre Wohnung bei
Auszug nicht mehr renovieren müssen. Ein derartiges Gesetz gibt es
nicht. Der Vermieter kann die
grundsätzlich ihm obliegende Verpflichtung zur Durchführung von
Renovierungsmaßnahmen
auf
Grund einer wirksamen vertraglichen Vereinbarung auf den Mieter
abwälzen. Der Bundesgerichtshof
hat in den letzten Jahren derartige
Vertragsklauseln aus den unterschiedlichsten Gründen für unwirksam erklärt. Im Ergebnis bedeutete
dies für viele Mieter, dass die Wohnung unrenoviert dem Vermieter
zurückgegeben werden konnte. Da
eine Vielzahl von Mietverträgen
von der höchstrichterlichen Rechtsprechung betroffen war, erweckte
dies den Anschein, dass Mieter bei
Auszug nicht mehr renovieren
müssten.
Möblierter Wohnraum rechtlich
günstiger?
Viele Vermieter glauben, dass die
Vermietung von möblierten Wohnungen oder Appartements rechtlich vorteilhaft sei. Dies ist nicht der
Fall. Vielmehr trägt der Vermieter
in diesem Fall sogar die Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht
für das vermietete Mobiliar. Die üblichen Kündigungsschutzvorschriften gelten weiterhin. Nur wenn
möblierter Wohnraum vermietet
wird, der Teil der Vermieterwohnung ist, entfällt der Kündigungsschutz des Mieters.
Die tatsächliche Rechtslage zu verbreiteten Fehleinschätzungen aus
dem Mietrecht erläuterte Fachanwalt für Mietrecht Bodo Deutsch+
Verbraucherrecht
Wer haftet, wenn der Baum brennt?
Jedes Jahr zur Weihnachtszeit
entstehen Schäden in Millionenhöhe, weil Kerzen auf dem Christbaum oder dem Adventskranz ganze Wohnungen in Brand setzen.
Grundsätzlich muss der Mieter
für solche Schäden an der Wohnung
aufkommen. Oft haftet seine Hausratversicherung, falls vorhanden,
für die Feuer- und Löschwasserschäden. Setzt dagegen ein Gast
versehentlich die Wohnung in
Brand, springt dessen private Haftpflichtversicherung ein. Die Versicherung muss allerdings dann
nichts zahlen, wenn der Brand vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht wurde. Der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit steht im Raum,
wenn der Verursacher die Sorgfalt
missachtet, die ansonsten jedermann walten lassen würde. In der
Praxis wird dies allerdings höchst
unterschiedlich beurteilt. So handelt grob fahrlässig, wer brennende
Christbaumkerzen 15 bis 20 Minuten unbeaufsichtigt lässt. Verlässt
der Versicherte dagegen nur kurz
den Raum, etwa für einen Toilettengang, muss die Versicherung den
Schaden ersetzen.
Wer einen mit brennenden Kerzen bestückten Weihnachtsbaum länger als ein
paar Minuten unbeaufsichtigt lässt,
riskiert seinen Versicherungsschutz
FOTO: MID
14-tägiges Rücktrittsrecht bei Verträgen?
Wer kennt das nicht: Voller Freude
über
ein
vermeintliches
Schnäppchen, lässt man sich bei einem Stadtbummel zu dem Abschluss eines Handyvertrages hinreißen. Oder man muss unbedingt
ein Superangebot aus dem Internet
haben. Im Nachhinein stellt sich
heraus, dass weder der spontane
Handyvertrag noch das Superangebot aus dem Internet halten, was
man sich vorgestellt hat. Was also
tun, wenn man die schnelle Entscheidung bereut und vom Vertrag
zurücktreten möchte? Die Annahme, dass es immer ein 14-tägiges
Rücktrittsrecht gibt, ist leider ein
weit verbreiteter Irrtum. Hierbei ist
die Art des Vertrages von maßgeblicher Bedeutung. Bei einem spontan
abgeschlossenen Handyvertrag anlässlich eines Einkaufsbummels in
der Stadt hat man kein Rücktrittsrecht. Bei so genannten Fernabsatzverträgen mittels Fax, E-Mail oder
Telefon erlaubt der Gesetzgeber
zum Schutz des Verbrauchers hingegen ein Rücktrittsrecht. Das heißt,
dass man den Handyvertrag wird erfüllen müssen, jedoch berechtigt ist,
das vermeintliche Superangebot aus
dem Internet innerhalb von 14 Tagen
einfach zurückzuschicken.
mann aus der Kanzlei Buchheit
Deutschmann Buck.
FOTO: STEPHAN GOERLICH
Reisepreisminderung für
mehr als einen Tag erlaubt
Wirte haften in der
Regel doch für die
Mäntel ihrer Gäste
Unliebsame Geschenke – Umtausch?
Nach Weihnachten nutzen viele
Menschen die freien Tage, um sich
der unliebsamen Weihnachtsgeschenke wieder zu entledigen. Doch
häufig machen die Verkäufer
Schwierigkeiten. Einige Läden lehnen den Umtausch generell ab, andere sind damit einverstanden, aber
häufig nur gegen einen Warengutschein. Es ist weit verbreitetet, man
könne ohne jeden Grund die gekaufte Ware umtauschen. Es besteht
jedoch kein gesetzliches Umtauschrecht. Ein einmal geschlossener
Vertrag – sei es mündlich oder
schriftlich – ist grundsätzlich einzuhalten. Nimmt der Verkäufer die
Ware zurück, so tut er dies aus bloßer Kulanz. Verpflichtet ist er dazu
nicht. Wenn man sicherstellen
möchte, dass die Geschenke nach
Weihnachten umgetauscht werden
können, so muss das beim Abschluss des Kaufvertrags ausdrücklich vereinbart werden. Eine Ausnahme besteht bei Käufen im Internet. In diesem Fall wird dem Verbraucher gesetzlich das Recht
eingeräumt, innerhalb von 14 Tagen
nach Erhalt der Ware, diese ohne
Angabe von Gründen einfach zurückzugeben.
Die Fragen zum Verbraucherrecht
beantwortete Carmen Grebe, Fachanwältin für Familienrecht in der
Kanzlei Grebe & Viehweg.
Wie sind Sie zum juristischen Aufklärer geworden?
Höcker: Mich haben diese Sachen
im Alltag selbst genervt – diese
Rechtsirrtümer. Verkäufer wollen
von mir einen Einkaufszettel bei
der Reklamation, in Zeitungen steht
Unsinn über Beamtenbeleidigungen und an Baustellen hängen nach
wie vor die Schilder „Eltern haften
für ihre Kinder“. Dann habe ich angefangen Beispiele zu sammeln und
hatte schon an einem Tag über 30
zusammen. Da habe ich beschlossen, ein Buch darüber zu schreiben.
Woher stammen die Regeln und
Redewendungen zu Rechtsfragen
des Alltags, wenn sie doch fast alle
falsch sind?
Höcker: Manche Leute haben einen
Vorteil davon, wenn diese Mythen
bestehen bleiben. Wenn Bauherrn
sich über Kinder ärgern, die etwas
kaputt machen, dann hängen sie ein
Haftungsschild auf – auch wenn sie
vielleicht wissen, dass das nicht
von der Rechtsprechung gedeckt
ist. Das gleiche gilt für den Haftungsausschluss für Garderobe in
Gaststätten. Teilweise stammen die
Mythen auch aus US-Fernsehserien
wie „Ally McBeal“. Viele Bürger
glauben dann, in Deutschland gilt
das auch. Oder Menschen bekommen Gesetzesänderungen nicht
mit. Das populärste Beispiel ist der
Unterschied zwischen geplantem
Mord und Totschlag im Affekt. Diese Abgrenzung wurde vor über 60
Jahren abgeschafft und durch eine
völlig andere Neuregelung ersetzt.
Liegt es am komplexen deutschen
Rechtssystem, dass es hierzulande
so viele Rechtsirrtümer gibt?
Höcker: In anderen Ländern gibt es
das auch, beispielsweise in den
USA. Dort funktioniert das nach
dem gleichen Schema wie bei uns.
Es könnte aber durchaus sein, dass
das auch an der deutschen Mentalität liegt. Wir neigen eher dazu, etwas zu glauben, wenn es schwarz
auf weiß steht. Wir akzeptieren Obrigkeiten. Mir ist das sogar selbst
schon passiert. Ein Elektronikhändler wollte mir erst dann meinen defekten Drucker sofort ersetzen, als
ich ihm die entsprechende Passage
in meinem Buch gezeigt habe. Zu
seinem Kollegen sagte er: „Das
steht ja da und das hat der doch
nicht selbst geschrieben. Dann
muss es ja stimmen.“
Weitere Irrtümer
■ Mehr Beispiele für rechtliche Missverständnisse im Alltag und die tatsächliche Gesetzeslage sind nachzulesen in den Ratgebern von Ralf
Höcker: „Lexikon der Rechtsirrtümer“
(ISBN 9783548366593), „Neues
Lexikon der Rechtsirrtümer“ (ISBN
9783548367729) und „Das dritte
Lexikon der Rechtsirrtümer“ (ISBN
9783548369921). Die 260 bis 330
Seiten starken Bücher kosten jeweils
8,95 Euro und liefern Verunsicherten
in vielen Fällen leicht verständliche
und praxisnahe Tipps.
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