GVmanager, Kompendium 2015

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GVmanager, Kompendium 2015
Brot und Spiele
Foto: © Deutscher Pavillon Expo Milano 2015/ B. Handke, exclusive-design/ fotolia.com
Wer in puncto Ernährungsangebote neue Wege gehen will, kann sich derzeit auf der
Expo in Mailand von der globalen Zukunft inspirieren lassen – zum Teil. Ein Besuch.
20
D
den deutschen Pavillon mit einem ressourcen­
as Thema Essen gehört wahrscheinlich in
effizienten System für Zubereitung, Lagerung
Italien zu den meistbesprochenen The­
men. Was liegt näher, als es auch in glo­
und Transport der Speisen.
baler Dimension zum Thema der Expo 2015 in
Mailand zu machen? Unter dem Motto „Feed
Slow Food in Baracken
the World – Energy for Life“ stehen hier noch bis
Spannend sind die Präsentationen des Muster­
Ende Oktober 2015 mögliche Antworten auf die
Frage im Fokus, wie die Welt die bald auf 9 Mrd.
schülers Brasilien, der für sein Programm gegen
Armut und Hunger wirbt, das die Zahl der chro­
wachsende Menschheit gesünder und umwelt­
schonender ernähren kann. 147 Nationen sind
nisch Unterernährten seit 2002 von 8,2 % auf
auf dem Mailänder Industrieareal vertreten.
1,1 % reduzierte. Daneben gibt es viele interes­
Doch fernab vom geplanten „planetarischen
sante Themenareale mit intuitiv-sinnlichen Um­
Botanischen Garten“ wirkt das Pavillonensemble
setzungen. Dazu gehört z. B. der duftende Ge­
ein wenig wie eine Musterstadt der begehbaren
müsegarten, der in Frankreichs Kathedrale der
Riesen-Holz-Klötze, aufgereiht nach dem Vorbild
kulinarischen Regionen führt. Oder der britische
eines römischen Heereslagers. Und natürlich
Riesen-Bienenkorb, der sich witzig und informa­
gibt es neben Brot – und der Diskussion darü­
tiv der Rettung der Bienen widmet. Der öster­
ber – auch Spiele:
reichische Berg­
Tagsüber paradie­
wald ist wiederum
ren Disney-Gemü­
eine perfekte Mi­
se-Maskottchen,
schung aus Na­
abends gibt es
tur und Hightech
Gemüse am Tra­
und zeigt, wie er
pez im Cirque de
stündlich 62,5 kg
Soleil.
Sauerstoff zu pro­
Der deutsche Pa­
duzieren vermag.
villon „Feld der
Am
überzeu­
Ideen“ tritt da im
gendsten sind die
Vergleich eher be­
schlichten Slow
lehrend auf. Kein
Food Italia-Bara­
anderer Pavillon
cken mit Gemüse­
zeigt so viele lo­
garten, die der
benswerte Projek­
zurückgetretene
te und Ansätze. Die Expo Mailand findet noch bis 31.10.2015 statt,
Expo-Chefplaner
Themenbotschaf­ täglich von 10 bis 23 Uhr (Eintritt: 39 €).
Jacques Herzog­
ter sind etwa der Eines der am günstigsten gelegenen Hotels zur Expo ist das
kreiert hat. Nach
Ex-Fußballprofi Barcelo im Pop-Art-Design (www.barcelo.com, DZ ab 140 €).
der Expo werden
Adrion, der mit Vom Flughafen Malpensa fährt alle 20 Min. ein Shuttle-Bus (10 €). daraus
sowohl
dem Erlös der www.expo2015.org
Ställe für lombar­
eigenen Mineral­
disches Rind als
wassermarke Viva
auch ein SommerCon Agua Brunnenprojekte in armen Ländern
Hörsaal einer Uni – regional, saisonal, nachhaltig
unterstützt. Oder der Apfelbauer Eckart Brandt,
mit großer Artenvielfalt und ohne Chemie in
der hunderte Sorten vor dem Aussterben be­
jeder Hinsicht sozusagen.
wahrt, während der Verbraucher nur noch vier
Der Slow Food-Verein zeigt, wie die ganze Expo
kennt. Der Koch Michael Schieferstein wiede­
Sinn machen kann: Indem man die erhofften
rum kämpft mit seinen Food Fighters gegen
20 Mio. Besucher quasi an einem Tisch bei bes­
die Verschwendung von jährlich etwa 30 Mio. t
tem Vino und Formaggi inmitten von blühen­
Lebensmitteln bei uns. Und deutsche Küche
dem Zucchini-Pflanzen versammelt und für die
mit regionalen, frischen Zutaten in live zeigt der
Ernährungsprobleme sensibilisiert. Noch besser
Gastronom Gerhard Obermayr mit seinem Res­
wäre es, wenn es strengere Vorgaben für die
taurant Symphony. Doch am Ende bleiben die
Nachbarschaft gegeben hätte, kritisiert Slow
Deutschen auch bescheiden, denn die Chance,
Food-Vorstand Roberto Burdes. McDonalds z. B.
international mit der deutschen Kochelite – den
befindet sich gleich gegenüber. Florian Maaß
282 Sterneköchen – zu werben, wurde verpasst.
Italien stellt im Vergleich seine Spitzenköche
Der Welt zeigen, was man kann
in ihrem eigenen Pavillon „Identita Italia“ aufs
Podest. Und auch die deutsche Gastro-Zuliefer­
Das Münchner Unternehmen Angerer & Ober­
industrie scheint die Expo ein wenig zu verschla­
mayr bewirtschaftet schon zum achten Mal
fen. Als einer von nur wenigen ergriff Rieber aus
die Gastronomie im deutschen Pavillon auf
Reutlingen die Marketingchance und versorgt
der Expo. Dass die Expo anders ist als ande­
Unseren Service
können Sie sehen.
Ihr Team spürt ihn.
Fotos: © Deutscher Pavillon Expo Milano 2015, B. Handke, Maaß
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expo
Laut Küchenchef Thomas Gottschlich sind
Currywurst und Schweinshaxe lokale Renner.
tar, Schwarzwälder Schinken und lauwarmer
Frikadelle bis zur Schweinshaxe mit Kartoffel­
knödeln oder Hirschgulasch mit Spätzle, Ham­
burger Pannfisch und Rote Grütze. Exklusiver
geht‘s im Gourmet-Restaurant Symphonie mit
42 Plätzen zu. Hier will man der Welt zeigen,
dass Deutschland mehr hat als bodenständige
Küche. Für Firmenevents und Geschäftsessen
gibt es mit der VIP-Lounge noch einen separa­
„Für uns ist das Gourmet-­
Restaurant ein Pilotprojekt,
aber man muss auch mal
­etwas Neues wagen.“
Gerhard Obermayr
ten Bereich mit eigener Küche. Und der Kiosk,
auch „Speise­
kammer“ genannt, versorgt die
Gäste im Außenbereich mit kleineren Snacks wie
Currywurst, belegten Broten oder Apfelstrudel.
„Wir setzen auf bewährte Klassiker, nehmen
aber auch mehr vegetarische und vegane Ge­
richte auf die Karte, weil wir dem Expo-Thema
gerecht werden möchten“, betont Gerhard
Obermayr. Die Vorlieben der Deutschen und die
der internationalen Besucher liegen beim Essen
weitaus weniger auseinander, als man anneh­
men möchte – Schweinshaxe und Currywurst
sind die absoluten Renner.
Beim Einkauf geht er pragmatisch vor. Nach­
haltigkeit und Regionalität haben gemäß dem
Expo-Motto klar Priorität, daher stammen
­
­frisches Obst und Gemüse sowie Fisch aus der
Nähe von Mailand. Fleisch und F­ leischprodukte
kommen vorwiegend aus München, da es nicht
so viele fleischverarbeitende Betriebe in der
Nähe gibt, um den Bedarf zu decken. Zudem
vertraut er auf das gepflegte Lieferantennetz mit
Unternehmen wie Hengstenberg oder Hofbräu.
Gourmet-Pilot
Das Gourmet-Restaurant im Expo-Pavillon ist für
Angerer & Obermayr nicht nur eine Premiere,
sondern auch eine willkommene Herausforde­
rung: „Die Expo-Delegation ist mit dieser Idee
auf uns zugegangen, und wir waren schnell
überzeugt, dass auf der Expo, wo sich Deutsch­
land als modern und fortschrittlich präsentiert,
auch deutsche Küche auf einem höheren Level
vertreten sein sollte. Für uns ist das ein Pilotpro­
jekt, aber man muss auch mal etwas Neues wa­
gen“, sagt Gerhard Obermayr.
Die Expo-Gastronomie als Visitenkarte einer Na­
tion, das versteht der Firmenchef auch als Mis­
sion. Auf der Expo gelten die Deutschen als be­
sonders organisiert, pünktlich und ehrlich, und
der deutsche Pavillon als die Anlaufstelle, wenn
Not am Mann ist: „Viele borgen sich Küchenge­
räte bei uns aus oder Lebensmittel – ich könnte
fast einen Verleih aufmachen“, lacht er. Insge­
samt sind es 120 Mitarbeiter, die bei Bedarf auf­
gestockt werden können. Bis es soweit ist, wird
sich für Gerhard Obermayr auch das Problem
mit der Wäscherei erledigt haben. Spannend
bleibt es allemal. Nathalie Kopsa
Catering Deutscher Pavillon auf der Expo 2015
in Mailand
Betreiber: Angerer & Obermayr Messegastronomie
GmbH, München
4 Gastronomien: Familienrestaurant 240 Plätze
(innen), 100 (außen); Gourmet-Restaurant
Symphonie 42 Plätze, VIP-Lounge, „Speisekammer“
Mitarbeiter: bis zu 120 (je nach Bedarf)
Profi-Partner
Backwaren: Edna
Besteck: Robbe & Berking
Bier: Hofbräu
Geschirr: Rosenthal, Bauscher, Dibbern
Gläser: Rosenthal, Schott Zwiesel
Kaffee: Illy
Kassensystem: Orderman
Küchentechnik: Rieber (als Partner), Convotherm,
Berner, Niederbacher Kühltechnik & Edelstahl
Tee: Ronnefeldt
Weine: Schlumberger/Südliche Weinstraße
INFO
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Kompendium 2015
Fotos: Teodorescu
re Groß­events, bekommt Gerhard Obermayr,
Chef des Cateringunternehmens, gerade zu
spüren: Schon seit Wochen wartet seine PartnerWäscherei auf die Akkreditierung und darf das
Expo-Gelände vorerst nicht betreten. Sein Team
muss jetzt jeden Tag die ­Wäsche bis zum Tor
fahren und dort über­geben. G
­ erhard Obermayr
bleibt trotzdem ruhig. Denn bei der Expo muss
man auf vieles gefasst sein – vor allem im Sinne
­eines Know-hows bei der Logistik auf fremdem
Terrain sowie in der ­Zusammenarbeit mit den
Partnern. Jedes Mal werden die Auf­träge für die
Expo-Gastro­nomie öffentlich ausge­schrieben.
„Den Zuschlag bekommt das beste Konzept“,
erklärt Gerhard Obermayr nicht ohne Stolz.
Einladend wirkt der deutsche Pavillon auf dem
Mailänder Expo-Gelände. Durch seine offene
Architektur mit der großen Eventfläche lockt er
schon in der Mittagshitze viele Besucher an, die
einen schattigen Platz suchen oder einem der
Konzerte auf der Open-Air-Bühne lauschen wol­
len. Kommt der Hunger, haben sie gleich meh­
rere Verpflegungsstationen zur Auswahl.
So umfangreich wie in diesem Jahr war das
Food-Angebot im deutschen Pavillon noch nie.
Er beherbergt insgesamt vier Outlets: Das größ­
te ist das 340 Gäste fassende Familienrestaurant
mit Spezialitäten aus den 16 deutschen Bundes­
ländern. Hier gibt es deutsche Hausmannskost
– vom Vorspeisenbrett mit Obatzda, Matjestar­