Levis Karriere im Wilden Westen
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Levis Karriere im Wilden Westen
REPORTAGE JEANS Levis Karriere im Wilden Westen Im Museum werden ausgewählte Jeans-Modelle gezeigt. unten Levi Strauss floh vor der Armut in die USA und machte hier Karriere. Jeans sind heute die am meisten getragenen Hosen weltweit. Aber wer kennt den Erfinder dieses praktischen Kleidungsstücks? In seinem Geburtsort Buttenheim bei Bamberg erinnert ein Museum an Levi Strauss, den Sohn eines jüdischen Hausierers, der nach Amerika auswanderte und hier im damals noch „Wilden Westen“ Karriere machte. Von Brigitte Veinfurter och vor 30 Jahren wusste in Buttenheim niemand, welch bedeutender Mann hier einst geboren wurde. Bis 1983 ein Brief aus den USA auf dem Tisch des Bürgermeisters landete: Eine Dame bat darin um Informationen über den Geburtsort von Levi Strauss. In den USA hatte nämlich 1906 das Feuer nach dem Erdbeben in San Francisco fast alle Dokumente vernichtet. Hatte man die Wurzeln der Familie Strauss bisher im 70 Kilometer entfernten Bad Windsheim vermutet, so belegten ein Eintrag im Geburtsmatrikel der Judengemeinde und eine Auswanderungsurkunde eindeutig: Levi Strauss war in Buttenheim zur Welt gekommen. Wie sich herausstellte, stand sein Geburtshaus noch. Die Gemeinde kaufte das baufällige Gebäude und ließ es renovieren. 2000 wurde hier ein Museum eröffnet, das nicht nur das Leben des Jeans-Erfinders dokumentiert, sondern auch vom Leben der fränkischen Landjuden im 19. Jahrhundert erzählt und den Siegeszug der Jeans nachzeichnet. N TIPP Das Levi Strauss-Museum in Buttenheim hat Dienstag und Donnerstag von 14 bis 18 Uhr sowie Samstag, Sonn- und Feiertag von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Im Ort gibt es auch ein Geschäft, das Produkte von Levi’s® verkauft. Internet: www.levi-strauss-museum.de 28 | 29 Sohn eines Hausierers Löb, so Levis ursprünglicher Name, wurde 1829 als siebentes und jüngstes Kind eines jüdischen Hausierers geboren. Der Vater konnte die Familie so recht und schlecht ernähren, doch als er 1846 starb, brachte ihr das große wirtschaftliche Probleme. Die beiden ältesten Söhne hatten bereits einige Jahre davor einen Textilgroßhandel in New York gegründet. Nun folgte ihnen die Mutter mit Löb und zwei Töchtern. Löb, der seinen Namen in Levi „amerikanisierte“, lernte den Händlerberuf im Unternehmen seiner Brüder. Bald erreichten Nachrichten von Goldfunden in Kalifornien New York. Auch die Brüder Strauss wollten dort ihr Glück versuchen. Sie entsandten Levi in den „Wilden Westen“. In San Francisco gründete er im Jahr 1853 einen Großhandel mit Stoffen und Kurzwaren. Sein Unternehmen belieferte Einzelhandelsgeschäfte mit allem, was Goldgräber, Minenarbeiter und Pioniere benötigten, von Zahnbürsten, Hosenträgern und Knöpfen bis zum Sonntagsanzug. 1872 erhielt Levi einen Brief von einem Schneider namens Jacob Davis. Davis verstärkte belastete Stellen von Hosen, wie die Ecken der Taschen und das untere Ende des Hosenlatzes, mit Metallnieten, um sie strapazfähiger zu machen. Nun suchte er einen Geschäftspartner, der ihm half, seine Erfindung zu vermarkten. Levi war begeistert von der Idee und zusammen meldeten die beiden 1873 ein Patent für vernietete Arbeitshosen an. Levi wurde ein reicher Mann. Da er selbst keine Kinder hatte, nahm er die vier Söhne seiner Schwester als Teilhaber auf. Als er 1902 starb, übernahmen sie die Leitung von „Levi Strauss & Company“. Siegeszug einer Hose Die Hosen wurden im Laufe der Jahre ständig weiterentwickelt, in den 1920er-Jahren erhielten sie den Namen „blue jeans“. Ab 1922 hatten sie Gürtelschlaufen, behielten aber vorläufig die Hosenträgerknöpfe. 1934 kam beim Waschen auf die richtige Größe schrumpfen konnte. Amerikanische Soldaten brachten die Jeans nach dem Zweiten Weltkrieg nach Europa. Waren sie lange Zeit mehr ein Kleidungsstück der Jugend, haben sie inzwischen längst alle Generationen für sich entdeckt. „Levi Strauss & Co“ ist heute ein internationaler Konzern mit über 11.000 Beschäftigten, der seine Produkte in 110 Länder liefert. Allerdings werden die Hosen nicht mehr in den USA, „waist overalls“ Anfangs wurden die Hosen aus braunem Hanf gefertigt, schon bald stieg man auf Denim um, einen Baumwollstoff, der mit Indigo blau gefärbt wurde. Genäht wurden sie mit orangem oder gelbem Faden. Sie hatten eine Uhrentasche, Knöpfe für Hosenträger und einen geknöpften Hosenlatz. Bald waren diese „waist overalls“ ob ihrer Robustheit ein Verkaufsschlager. Wurden die „waist overalls“ anfangs vermutlich noch von Näherinnen in Heimarbeit hergestellt, so eröffnete Levi in den 1880er-Jahren seine erste Fabrik. Man verstärkte belastete Stellen der Hosen, wie die Ecken der Taschen, mit Metallnieten, um sie strapazfähiger zu machen. die erste Jeans für Frauen auf den Markt. 1937 wurden die Nieten an den Gesäßtaschen verdeckt, da sich Kunden über zerkratzte Ledersättel, Schulbänke und andere Sitzmöbel beschwert hatten. Bis 1960 wurden Jeans ungewaschen verkauft – d. h. der Kunde kaufte seine Hose ein bis zwei Größen zu groß, so dass sie Fotos: Levi Strauss-Museum sondern aus Kostengründen in Mittel- und Südamerika und Asien gefertigt. Die Firma ist nach wie vor im Besitz der Nachkommen der vier Neffen von Levi Strauss. Sein Name ist auch mehr als hundert Jahre nach seinem Tod als Inbegriff für Jeans weltweit in aller Munde. MAI 2010 | sg