Kalk bringt Komplikationen

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Kalk bringt Komplikationen
FORMENBAU
Wasser als Wärmeträger
Kalk bringt
Komplikationen
Mit einem verkalkungsfreien Kühlsystem, der Verwendung
von Korrosions- und Stabilisierungsmitteln und einem häufigem Wasseraustausch zur Vermeidung des Eindickens sind
Möglichkeiten zur Stabilisierung des Temperierkreislaufes
gegeben.
Durch die immer höher werdenden
Temperaturforderungen, die oft sehr
engen Kühlkanäle, das Zusetzen der
Kanälen in Werkzeugen sowie des gesamten Temperierkreislaufes durch Kalk
oder Rost gibt es mit dem Temperiermedium Wasser Probleme. Die wärmetechnischen Eigenschaften von
Wasser sind optimal, es ist unbrennbar,
kann nicht verkoken, ist verhältnis-
Innerer Aufbau eines
Temperiergerätes für
Wasser bis 160°C
(Bilder: aic-regloplas,
Unterföhring/
München)
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mäßig billig – und überall verfügbar.
Bei Temperaturen bis etwa 60°C ist die
Verwendung von Wasser als Wärmeträger in der Regel problemlos. Probleme
können aber auftreten, wenn höhere
Temperaturen verlangt werden. Dies ist
bereits bei einer Vielzahl von Kunststoffen der Fall. Dem tragen Temperiergeräte Rechnung, die für Temperaturen bis
90°C (offene Badbeheizung) oder bis
160°C (Druckwassergerät) ausgelegt
sind. Bei solchen Temperaturen kann es
aber zu Schwierigkeiten kommen.
Leider sind sich viele Anwender dieser
Tatsache aber nicht bewusst, sondern
der irrigen Ansicht, dass Wasser sich bei
hohen und tiefen Temperaturen gleich
verhält.
Wasser weist aber keine einheitliche Zusammensetzung auf. Chemisch gesehen handelt es sich zwar immer um
H O, praktisch kommt es aber nie in rei2
ner Form vor. Natürliches Wasser weist
immer Inhaltsstoffe in fester oder gelöster Form auf. Es gibt kaum zwei Orte
mit wirklich “gleichem” Wasser.
Allein schon die Wasserhärte schwankt
z.B. in Deutschland zwischen 2 und
37°d. Gut geeignet als Wärmeträger ist
Wasser mit folgenden Werten:
Gesamthärte 4–18°d
Karbonathärte 2 – 12°d
pH-Wert 7 – 9 KKG (Kalk/Kohlensäure-Gleichgewicht)
Leitwert max. 1000 µS/cm
1°d (deutsche Härte) = 0,18 mmol/l
Aber wenn auch die Eigenschaften des
verwendeten Wassers optimal erscheinen, schließt das weitere Probleme
nicht aus. So kann schon bei 70 bis
90°C Verdunstung auftreten. Chemisch
reines Wasser geht dann in Form von
Dipl.-Ing. Josef Pilsl ist Geschäftsführer der aic-regloplas gmbh,
Unterföhring/München
PLASTVERARBEITER 51. Jahrg. (2000) Nr. 8
Die Innendurchmesser
im Kupferrohr werden
durch die
Ablagerung
von Kalk immer geringer
Wasserdampf verloren. Alle Inhaltsstoffe
bleiben jedoch im Kreislauf und führen zur
Eindickung des Wassers. Die Verdunstungsverluste müssten durch chemisch reines Wasser ersetzt werden, aber oft steht
kein entsprechendes Wasser zur Verfügung; bei Temperiergeräten mit automatischer Wassernachfüllung wird nur
Wasser aus dem Netz oder Kühlwasserkreislauf entnommen – oder es ist gar
nicht feststellbar, wieviel Wasser durch
Verdunstung oder Undichtigkeiten im
Temperierkreislauf oder bei Formenwechsel verloren geht.
Der generelle Einsatz von enthärtetem
oder vollentsalztem Wasser ist gefährlich,
weil der Entzug aller Härtebildner zu erheblicher Aggressivität führt, Buntmetalle
und Stähle angegriffen werden und größere Schäden am Temperiergerät, aber
auch am angeschlossenen Verbraucher
zur Folge haben. Hartes Wasser wiederum
führt schnell zur Verkalkung von Rohren
und Temperierkanälen.
Bei Temperaturen von über 60°C bildet
sich Wasserstein, ab 100°C Kesselstein,
Ablagerungen also an Rohrwandungen.
Der Wärmeübergang verschlechtert sich,
Heizungen können durch Werkstoffüberhitzung zerstört werden. Durch hohe Salzanreicherung (Eindickung) oder auch nur
Sauerstoff und Kohlensäure im Wasser
werden Korrosionserscheinungen begünstigt.
Mit steigenden Temperaturen nimmt die
Korrosion zu. Weitere Schäden drohen
durch Kavitation (Mikro-Wasserschlag) bis
PLASTVERARBEITER 51. Jahrg. (2000) Nr. 8
zur regelrechten Materialabtragung. Es
gibt jedoch für den Anwender wie auch
für den Gerätehersteller durchaus geeignete Maßnahmen, um Probleme zu verhindern oder zumindest zu vermindern:
Regoplas, Unterföhring/München, hat
konstruktive Maßnahmen ergriffen, die
das Verkalken von Geräten nahezu unmöglich machen. So verhindert ein patentiertes Kühlsystem eine Erwärmung des
Kühlwassers auf Temperaturen, bei denen
Kalk ausfällt. Dieses verkalkungsfreie
Kühlsystem wird optional bei Temperaturen von 160°C (Vorlauftemperatur) eingesetzt.
Der Hersteller kann und wird durch richtige Materialwahl (Oberflächenbehandlung
der Heizelemente) die Geräte wassertauglich machen.
Der Betreiber tut gut daran, auf die Qualität des Wassers zu achten. Der Trend zur
Qualitätsverschlechterung ist unverkennbar. Also ist Eigeninitiative gefragt: Diese
ist der Schlüssel zur erfolgreichen Instandhaltung von Temperiergerät und Verbraucher. Insbesondere Schäden an komplizierten, teuren Spritzgießwerkzeugen verursachen oft genug horrende Kosten für
Reparatur und Reinigung – und Stillstandszeiten!
Welche Maßnahmen sollten also unbedingt ergriffen werden? Das ist zum einen
die richtige und kontinuierliche Wasserbehandlung! Dazu muss man wissen: Die
Temperatur des vorhandenen Kühlwassers
beträgt in der Regel 15 bis 25°C. Bei dieser
Temperatur werden – bei welcher Wasserqualität auch immer – keine Kalkablagerungen oder Korrosionserscheinungen
auftreten. Je höher aber die geforderten
Wassertemperaturen werden, desto wahrscheinlicher kommt es zu Problemen, bis
hin zum Ausfall des Temperiergeräts und
zum Produktionsstillstand. Mangels besseren Wissens führt der Anwender diesen
Missstand dann schnell auf das Temperiergerät zurück. Tatsächlich aber liegt der
Grund allein bei der Qualität des verwendeten Wassers. Zum anderen hilft nur zu
beobachten, ob überdurchschnittlich viele
Ausfälle an den Temperiergeräten auftreten und dann den Gerätehersteller zu konsultieren. Anhand der geschilderten Erscheinungen sind Diagnose und Therapie
schnell ermittelt.
Quelle: Handbuch der Temperierung mittels flüssiger Medien;
J.Pilsl: Wasser als Wärmeträger,
Hüthig-Verlag, Heidelberg, 1997
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