18-19 hal.indd - Wilhelm Imaging Research

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18-19 hal.indd - Wilhelm Imaging Research
Haltbarkeit 01/05
TEUFELSKREIS HALTBARKEIT (TEIL1)
Weniger Licht bei Kodak
Der Ärger ist vorprogrammiert, wenn das Bild nach fünf bis zehn Jahren verblasst. Doch wie können Fotografen
und Künstler sich Sicherheit verschaffen, dass der Druck oder das Foto länger als 15 oder 20 Jahre halten.
Hermann Will versucht die Zusammenhänge transparent zu machen. Den zweiten Teil des Beitrages finden
Sie in der Ausgabe 2 von FineArtPrinter
KONTAKT:
Wilhelm Imaging
Research Inc.
P.O. Box 775
Grinell, Iowa 50112
USA
www.wilhelmresearch.com
D
ie Serie von Inkjet-Prints von Araki Nobuyoshi sollte 6000 Euro kosten. Sie gewähren Einblicke in das Rotlicht-Milieu
von Tokio. Ich entdeckte die Motive im Herbst
2004 in einem namhaften Auktionshaus. Auch
im umfangreichen Katalog waren die Werke
von Nobuyoshi gelistet. »Gibt es ein Zertifikat
über diese Prints?« wollte ich wissen. »Nein, so
etwas haben wir nicht«, war die höfliche, ehrliche
und leider auch typische Antwort. Typisch für
viele Auktionshäuser deshalb, da der Name
des Künstlers den Wert des Bildes maßgeblich
definiert, die technischen Grundlagen des
Bildes jedoch aufgrund Unkenntnis für die
Bewertung außer Acht gelassen werden. In
diesem Fall erschienen mir die Bilder wenig
zukunftssicher, sie wurden einige Tage darauf
dann doch zum Lospreis auf den Markt gebracht. Zwei Möglichkeiten gibt es bei Prints
unklarer Herstellungstechnik: Entweder sind
die Bilder tatsächlich auf einem archivfesten
Papier mit langzeitstabilen Tinten gedruckt,
oder der Käufer bewahrt seine Schätze von
Nobuyoshi in einer besonderen Umgebung auf:
Beispielsweise in einem Raum, der keinerlei
direktes Sonnenlicht erhält, der tagsüber verschattet wird, damit die Belichtng maximal
150 Lux erreicht. In diesem Raum herrschen
optimalerweise konstante Temperaturen um
18 Grad bei niedriger Luftfeuchtigkeit. Selbstredend gibt es in diesem Raum keine agressiven Gase wie Ozon, Zigarettenrauch oder gar
Lösemitteldampf. Denn auf all diese Substanzen reagieren auch Inkjet-Prints empfindlich.
Ich schreibe hier bewusst »auch«, denn wir dürfen nicht vergessen, dass fotografische Materialien in der Haltbarkeit kaum Meilensteine
setzen. Zumindest nicht die weit verbreiteten
chromogenen (meist in RA-4-Chemie entwickelten) Colorpapiere. So ermittelte das in
diesem Markt weltweit führende Institut Wilhelm Imaging Research (kurz WIR) beispielsweise für aktuelle Kodak-Edge und KodakRoyal Fotopapiere, die nach Herstellerangaben eine Lichtechtheit von 100 Jahren aufweisen (Zitat Kodak: »Improved Light stability
– over 100 years before noticeable fading in
typical home display«), eine Haltbarkeit von gerade mal 19 Jahren. Hintergrund dieser beiden
extremen Bewertungen sind die extrem unterschiedlichen Messmethoden. Während Henry
Wilhelm, u. a. Gründungsmitglied des US-Normeninstituts ANSI, seit Jahrzehnten in seinem
Unternehmen die Langzeitstabilität unter an-
Tabelle 1:
Nach welcher Berechnungsgrundlage Drucker-, Papier und Tintenhersteller die beschleunigten Alterungstests hochrechnen (Quelle: Wilhelm Imaging Research)
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120 Lux/12 Stunden je Tag
450 oder 500 Lux – 10 Std/Tag oder 12Std/Tag
Agfa Photo*
Kodak
Agfa Gevaert, American Inkjet, Arches, Canon,
DuPont, Epson, Ferrania, Fuji, Hahnemühle, Hewlett Packard,
Ilford, Intellicoat, Konica Minolta, Lexmark, LexJet, Luminos,
Lyson, MediaStreet, Somerset
*Seit 1.November 2004 gibt es mit AGFA Photo nach einem Management-Buy-out ein eigenständiges Unternehmen, das weiterhin Silberhalogenid-Filme und Papiere sowie Laborgeräte
herstellt. Agfa-Gevaert NV als Hersteller von Inkjet-Papieren und
anderen Imaging-Produkten bekannte sich im Gegensatz zu
Agfa Photo zu der 450-Lux-Tagesbelichtung.
fine art printer
Haltbarkeit 01/05
Tabelle 2:
Materialtyp
WIR-Alterungstest, umgerechnet auf
eine Lichtdosis von 450 Lux/Tag
HP Designjet 5000 mit UV-Pigmenttinten auf HP Watercolor Paper by Hahnemühle
HP Designjet 130 mit HP Premium Plus Soft Gloss Paper
165 Jahre
82 Jahre
Epson Stylus Pro 4000 mit Ultrachrome-Tinten auf Epson Fine Art Ultra Smooth Papier
108 Jahre
Fujicolor Crystal Archive Type One Papier (Silberhalogenid-Fotopapier
belichtet im Fuji Frontier/entwickelt mit Fuji-Washless-Chemie)
40 Jahre
Agfacolor Sensatis und Agfacolor Splendix (Silberhalogenid-Fotopapier
belichtet im Agfa d-Lab/entwickelt mit Agfa-Washless-Chemie)
22 Jahre
Kodak Edge* und Kodak Royal Papier (Silberhalogenid-Fotopapier
belichtet im Noritsu QSS 301 SM/entwickelt mit Kodak-Washless-Chemie)
(* Wird unter diesem Namen nicht
Konica Minolta QA Papier Impresa /Centuria for digital (Silberhalogenid-Fotopapier
belichtet im Konica Minolta R2 Minilab/entwickelt mit Konica-Washless-Chemie)
nähernd realistischen Bedingungen simuliert
und sich beinahe die gesamte Industrie seinen
Verfahren anschloss, hat Kodak einen Sonderweg eingeschlagen.
Bei Wilhelm Research beträgt die Lichtdosis
für ein Testbild 450 Lux für 12 Stunden Dauer.
Dies entspricht einem Tag. Dazu werden die
Bilder unter einem Glasrahmen mit 35.000 Lux
über Monate belichtet. Wenn die Farbverluste
ein von WIR definiertes Maß erreicht haben,
gilt das Endstadium erreicht. Dabei wird der
Verlust von Gelb weniger stark gewichtet als
der Schwund von Cyan und Magenta. Letztlich
wird die Lichtmenge umgerechnet auf die Intensität von 450 Lux bei WIR oder 120 Lux bei
Kodak. Klar, dass die theoretische Haltbarkeit
um ein Mehrfaches bei Kodak höher ist. Beachten Sie dazu auch die Tabelle der Unternehmen, die sich zu den 450-Lux-Bedingungen
von WIR bekennen und die damit vermutlich
wesentlich näher an der Wirklichkeit liegen als
das Unternehmen aus Rochester. Jetzt stellt
sich natürlich die Frage: wie hell sind 450 Lux?
Nun, wir haben hierzulande die Vorschrift,
dass ein Büroarbeitsplatz mit etwa 500 Lux
beleuchtet sein muss, damit der Mensch alles
lesen kann, ohne seine Augen überanstrengen
zu müssen.
Wenn Sie sich nun aufgrund dieser Versprechungen von Kodak verunsichert fühlen, dann
sind Sie vermutlich nicht alleine, denn warum
gibt es in der Imaging-Industrie keinen verbindlichen Standard über die Langzeitstabilität von
Bildern? Leider aus gutem Grund: denn bisher
konnte man dem Verbraucher das Thema
»Langzeitstabilität« weitgehend vorenthalten.
Denn während die Automobilindustrie Ver-
fine art printer
19 Jahre
am deutschen Markt angeboten)
17 Jahre
brauchswerte für Ihre Fahrzeuge ermittelt,
um den Verbraucher zu informieren, liefen bisher alle Versuche nach Transparenz bezüglich
Haltbarkeit ins Leere. Allein der unterschiedliche Lichtfaktor verändert die Berechnungen
der Werte von Kodak gegenüber denen der
übrigen Hersteller schon um den Faktor 3,75.
Tatsächlich bedient sich Kodak noch weiterer
Methoden, um traumhafte Haltbarkeitswerte
zu erzielen. Während die gesamte Branche
Normalglas als Abdeckung des Bildes nutzt,
schützen Kodak und Agfa bei ihren Alterungstests das Testmotiv mit UV-Glas. Kein Wunder,
dass auch Agfa Photo unter solchen Testbedingungen davon schwärmt, dass ihre Sensatis- und Splendix-Papiere unter typischen
Ausstellungsbedingungen (120 Lux/12 Stunden je Tag) selbst nach 100 Jahren keinen
signifikaten Farbverlust erkennen lassen. Dass
mit solchen Methoden die Käufer von Fotografien verunsichert werden, ist nachvollziehbar.
Wie Inkjet-Prints altern und welche Faktoren
diesen unumgänglichen Prozess beschleunigen, lesen Sie in der nächsten Ausgabe von
FineArtPrinter. Wir erklären dann das Zusammenspiel von Papierqualität und Tinte, zeigen
den Einfluss von optischen Aufhellern im Papier auf und erläutern, was Bilder schneller
altern lässt und was nicht. hw
Tabelle 3:
Wie hell ist es wo?
Heller Sonnentag:
Bedeckter Sommertag:
Im Schatten im Sommer:
Beleuchtung TV-Studio:
Bürobeleuchtung:
Flurbeleuchtung:
Mondlicht:
100.000 lx
20.000 lx
10.000 lx
1.000 lx
500 lx
100 lx
0,25 lx
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