Effektivität von kognitiv - therapeutischen Übungen in der

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Effektivität von kognitiv - therapeutischen Übungen in der
Effektivität
von
kognitiv - therapeutischen Übungen
in der Rehabilitation
von Schlaganfallpatienten
Diplomarbeit
eingereicht am
Fachbereich Psychologie
Universität Osnabrück
von Britta Koors
Osnabrück, den 09.06.2000
Betreuer und Erstgutachter: Prof. Dr. H. Schöttke
Zweitgutachter: Prof. Dr. K.H. Wiedl
INHALTSVERZEICHNIS:
KAPITEL I: EINLEITUNG
1
KAPITEL II: SCHLAGANFALL
2
1. KLASSIFIKATION
2. EPIDEMIOLOGIE
3. ÄTIOLOGIE
3.1. ZEREBRALE ISCHÄMIEN
3.2. HIRNBLUTUNGEN / HÄMORRHAGISCHE INSULTE
4. RISIKOFAKTOREN
5. SYMPTOME UND FOLGEN DES SCHLAGANFALLS
5.1. KLINISCHE EINTEILUNG
5.2. SYMPTOMATIK NACH ISCHÄMIEN
5.3. SYMPTOMATIK NACH HIRNBLUTUNGEN
5.4. EINTEILUNG DER WHO
6. STÖRUNGEN NACH EINEM SCHLAGANFALL
6.1. STÖRUNGEN DER MOTORIK UND SENSORIK
6.2. VERÄNDERUNG DES GANGBILDES UND GLEICHGEWICHTSSTÖRUNGEN
6.3. ALLTAGSBEEINTRÄCHTIGUNGEN
6.4. NEUROPSYCHOLOGISCHE STÖRUNGEN
6.5. STÖRUNGEN IM VEGETATIVEN UND SOZIALEN BEREICH
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KAPITEL III: REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL
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1. GRUNDLAGEN DER REHABILITATION
1.1. DEFINITION UND VORAUSSETZUNGEN
1.2. REHABILITATIONSKONZEPTE UND -ZIELE
2. KRANKENGYMNASTIK UND ERGOTHERAPIE IN DER REHABILITATION
2.1. ALLGEMEINE BEHANDLUNGSPRINZIPIEN
2.2. NEUROPHYSIOLOGISCHE GRUNDLAGEN KRANKENGYMNASTISCHER BEHANDLUNG
2.3. TRADITIONELLE PHYSIOTHERAPEUTISCHE VERFAHREN
3. DAS BOBATH - KONZEPT
3.1. NEUROPHYSIOLOGISCHE GRUNDLAGEN
3.2. GRUNDKONZEPTE DER BEHANDLUNG UND IHRE ENTWICKLUNG
3.3. BEHANDLUNGSINHALTE UND -TECHNIKEN
3.4. KRITIK AM BOBATH - KONZEPT
4. EVALUATION DER REHABILITATION
4.1. EFFEKTIVITÄT DER REHABILITATION UND PHYSIOTHERAPIE
4.2. PHYSIOTHERAPEUTISCHE METHODEN IM VERGLEICH
4.3. ZUSAMMENFASSUNG DES FORSCHUNGSSTANDES
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KAPITEL IV: KOGNITIV - THERAPEUTISCHE ÜBUNGEN
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1. EINLEITUNG
2. NEUROPHYSIOLOGISCHE UND -PSYCHOLOGISCHE GRUNDLAGEN
3. GRUNDKONZEPTE DER BEHANDLUNG
4. BEHANDLUNGSINHALTE UND ÜBUNGEN
5. EVALUATION DES PERFETTI - KONZEPTES
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KAPITEL V: FRAGESTELLUNGEN
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KAPITEL VI: METHODEN
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1. ERHEBUNGSINSTRUMENTE
1.1. RIVERMEAD MOTOR ASSESSMENT
1.2. MODIFIZIERTE ASHWORTH - SKALA (MAS)
1.3. ALTERS - KONZENTRATIONS - TEST (AKT)
1.4. BARTHEL – INDEX (FREMDEINSCHÄTZUNG)
1.5. SDB - ADL - FRAGEBOGEN (SELBSTEINSCHÄTZUNG)
1.6. FRAGEBOGEN ZUR BEURTEILUNG DER BEHANDLUNG (FBB)
1.7. ZUSÄTZLICHE ERHEBUNGSMITTEL
2. STICHPROBE
2.1. BESCHREIBUNG DER EINRICHTUNG
2.2. AUSWAHL DER STICHPROBE
2.3. MERKMALE DER STICHPROBE
3. ABLAUF DER UNTERSUCHUNG
3.1. DURCHFÜHRUNG DER DATENERHEBUNG
3.2. BEHANDLUNGSINHALTE DER EXPERIMENTAL- UND KONTROLLGRUPPE
3.3. PROBLEME
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KAPITEL VII: ERGEBNISSE
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1. AUSWERTUNG
2. RELIABILITÄTEN UND TRENNSCHÄRFEN
3. HYPOTHESENBEZOGENE ERGEBNISSE
4. HYPOTHESENÜBERGREIFENDE ERGEBNISSE
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KAPITEL VIII: DISKUSSION
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1. GENERELLE WIRKSAMKEIT DER BEHANDLUNGSKONZEPTE
2. SPEZIFISCHE EFFEKTE DER BEHANDLUNGSKONZEPTE
3. DER ASPEKT DER AUFMERKSAMKEIT
4. BEHANDLUNGSBEURTEILUNG / ZUFRIEDENHEIT
5. METHODISCHE SCHWIERIGKEITEN DER UNTERSUCHUNG
6. RESÜMEE
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KAPITEL IX: ZUSAMMENFASSUNG
114
LITERATURVERZEICHNIS
116
ANHANG
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TABELLENVERZEICHNIS:
TAB. 1: SYMPTOME BEI VERSCHLUß VERSCHIEDENER ARTERIEN..........................................................11
TAB. 2: SOZIODEMOGRAPHISCHE UND KLINISCHE DATEN DER PATIENTENSTICHPROBE (N = 20) ....78
TAB. 3: ERGEBNISSE DER RELIABILITÄTSANALYSE DES MODIFIZIERTEN FBB (N = 20) .......................84
TAB. 4: ERGEBNISTABELLE DER KORRELATIONEN: AKT (PRÄ) MIT RMA UND BARTHEL (POST) ......92
TAB. 5: ERGEBNISTABELLE DER KORRELATIONEN: AKT (PRÄ) MIT RMA UND BARTHEL (PRÄ) ........93
TAB. 6: ERGEBNISTABELLE DER T - TESTS: BEHANDLUNGSBEURTEILUNG DER EG UND KG .............96
TAB. 7: ZUSAMMENHANG ZWISCHEN ZUFRIEDENHEIT UND DEN ERGEBNISSEN IM POST - TEST.....97
TAB. 8: ERGEBNISTABELLE DER X2 - TESTS: SOZIODEMOGRAPHISCHE DATEN DER EG UND KG ....148
TAB. 9: ERGEBNISTABELLE DER T -TESTS: SOZIODEMOGRAPHISCHE DATEN DER EG UND KG .......149
TAB. 10: ERGEBNISTABELLE DER T - TESTS: PRÄ - TEST - RESULTATE DER EG UND KG...................149
TAB. 11: ZWEIFAKTORIELLE VARIANZANALYSE: AV „BARTHEL - FREMD“..........................................150
TAB. 12: ZWEIFAKTORIELLE VARIANZANALYSE: AV „BARTHEL - SELBST“ .........................................150
TAB. 13: DREIFAKTORIELLE VARIANZANALYSE: AV „BARTHEL - INDEX“............................................150
TAB. 14: ZWEIFAKTORIELLE VARIANZANALYSE: AV „RMA GESAMT“ ..................................................150
TAB. 15: ZWEIFAKTORIELLE VARIANZANALYSE: AV „RMA-G“...............................................................151
TAB. 16: ZWEIFAKTORIELLE VARIANZANALYSE: AV „RMA-B“...............................................................151
TAB. 17: ZWEIFAKTORIELLE VARIANZANALYSE: AV “RMA-A“...............................................................151
TAB. 18: ZWEIFAKTORIELLE VARIANZANALYSE: AV „SPASTIK-SKALA“...............................................151
TAB. 19: ZWEIFAKTORIELLE VARIANZANALYSE: AV „AKT GESAMT“ ...................................................152
TAB. 20: ZWEIFAKTORIELLE VARIANZANALYSE: AV „AKT ZEIT“ ..........................................................152
TAB. 21: ZWEIFAKTORIELLE VARIANZANALYSE: AV „AKT RICHTIGE“ .................................................152
TAB. 22: DESKRIPTIVE WERTE DER ABHÄNGIGEN VARIABLEN .............................................................153
ABBILDUNGSVERZEICHNIS:
ABB. 1: PROZENTUALE VERTEILUNG DES LEBENSALTERS IN DER GESAMTSTICHPROBE (N = 20) ....74
ABB. 2: GESCHLECHTSSPEZIFISCHE HÄUFIGKEITSVERTEILUNG DES LEBENSALTERS (N = 20)..........74
ABB. 3: PROZENTUALE VERTEILUNG DER DIAGNOSEN MIT LÄSIONSORT (N = 20)...............................75
ABB. 4: PROZENTUALE VERTEILUNG DES WOHNSTATUS (N = 20) ...........................................................75
ABB. 5: PROZENTUALE VERTEILUNG DES VOR DER RENTE AUSGEÜBTEN BERUFES (N = 20) ............76
ABB. 6: HÄUFIGKEITEN VON NEBENDIAGNOSEN UND SPRACHSTÖRUNGEN (N = 20) ..........................76
ABB. 7: MITTLERE ROHWERTE DER RIVERMEAD - SKALA (GESAMT) IM PRÄ-POST-VERGLEICH.......86
ABB. 8: MITTLERE ROHWERTE DER SPASTIK - SKALA IM PRÄ-POST-VERGLEICH.................................87
ABB. 9: MITTLERE ROHWERTE DES BARTHEL - INDEX IM PRÄ-POST-VERGLEICH................................88
ABB. 10: MITTLERE ROHWERTE DER SUBSKALA ARM DES RMA IM PRÄ-POST-VERGLEICH...............90
ABB. 11: MITTLERE ROHWERTE DER SUBSKALEN DES RMA IM PRÄ-POST-VERGLEICH......................91
ABB. 12: MITTLERE GESAMTWERTE DES AKT IM PRÄ-POST-VERGLEICH...............................................94
ABB. 13: MITTLERE BEARBEITUNGSZEIT (IN SEK.) DES AKT IM PRÄ-POST-VERGLEICH ......................95
ABB. 14: MITTLERE ANZAHL RICHTIGER IM AKT IM PRÄ-POST-VERGLEICH..........................................95
ABB. 15: MITTELWERTE DER BEHANDLUNGSBEURTEILUNG BEIDER BEHANDLUNGSGRUPPEN .......96
EINLEITUNG
1
Kapitel I: Einleitung
Die vorliegende Diplomarbeit befaßt sich mit der Wirksamkeitsuntersuchung eines noch
wenig etablierten physio- bzw. ergotherapeutischen Verfahrens zur Rehabilitation von
Patienten nach einem Apoplex. Dieses von Prof. Perfetti entwickelte Konzept zeichnet
sich durch die vermehrte Zuwendung zu kognitiven Prozessen zur Behandlung pathologischer Bewegungsmuster aus. So wird unter anderem der aktiven Aufmerksamkeit und
Wahrnehmung des Patienten, sowie dem eigentlichen Ziel einer Bewegung bislang
ungewohnte Beachtung geschenkt. Der Patient soll mit Hilfe speziell entwickelter
kognitiv - therapeutischer Übungen lernen, die pathologischen Bewegungselemente über
die kortikale Ebene zu kontrollieren.
Im theoretischen Teil werden zunächst zur Skizzierung des Krankheitsbildes die
relevanten Grundlagen zur Ätiologie des Schlaganfalls sowie die resultierenden
Störungsbilder dargestellt. Ausführlich wird dann im Kapitel III der Arbeit auf die
Rehabilitation von Schlaganfallpatienten eingegangen, wobei der Schwerpunkt auf der
Darlegung der bisherigen physio- und ergotherapeutischen Behandlungsmethoden liegt.
In diesem Kontext wird die Therapie nach dem Bobath - Konzept besonders
hervorgehoben und der gegenwärtige Stand der Evaluationsforschung bezüglich dieser
Methode erörtert. Schließlich wird im Kapitel IV das neue Behandlungsverfahren von
Prof. Perfetti zur Rehabilitation von Schlaganfallpatienten vorgestellt.
Die Fragestellungen bzw. Hypothesenformulierungen (Kapitel V) leiten den empirischen
Teil dieser Arbeit ein. In dem darauffolgenden methodischen Kapitel werden die
verwendeten Erhebungsinstrumente beschrieben und deren Auswahlkriterien erörtert.
Weiterhin werden Angaben zu der Patientenstichprobe und dem Ablauf der
Datenerhebung gemacht. Die Effektivität der kognitiv - therapeutischen Übungen wird
mit Hilfe der vorgestellten Testverfahren zu verschiedenen Funktionsbereichen durch ein
Prä - Posttest - Design mit einer Experimental- und Kontrollgruppe bestimmt. Die
Probanden der Experimentalgruppe erhalten die kognitiv - therapeutischen Übungen
während die Kontrollgruppe nach dem Bobath - Konzept und den herkömmlichen
Methoden behandelt wird.
In den folgenden Kapiteln VII und VIII werden die bezüglich der Fragestellungen
relevanten Ergebnisse zunächst dargestellt und anschließend diskutiert. Den Abschluß
dieser Arbeit bildet eine zusammenfassende Darstellung der Hypothesen, Methoden und
Ergebnisse (Kapitel IX).
SCHLAGANFALL
2
Kapitel II: Schlaganfall
1. Klassifikation
Der Schlaganfall wird nach der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD,
1986) der Gruppe der „zerebrovaskulären Erkrankungen“ mit den Kodierungen 430 bis
438 zugeordnet. Im Rahmen von epidemiologischen Untersuchungen wird häufig auf die
ätiologischen Subklassifikationen Hirninfarkt, zerebrale Blutung und Subarachnoidalblutung (SAB) zurückgegriffen (Häussler, 1996).
Eine Arbeitsgruppe der World Health Organisation (WHO) hat in den 70er Jahren eine
heute weit verbreitete Definition für den Begriff Schlaganfall gegeben. Unter Schlaganfall
werden solche Krankheitsbilder verstanden, bei denen sich „die klinischen Zeichen einer
fokalen oder globalen Störung zerebraler Funktionen rasch bemerkbar machen,
mindestens 24 Stunden anhalten oder zum Tode führen und offensichtlich nicht auf
andere als vaskuläre Ursachen zurückgeführt werden können“ (Häussler, zit. n. Aho et
al. 1980).
SCHLAGANFALL
3
2. Epidemiologie
Nach den Angaben des Statistischen Bundesamtes steht der Schlaganfall in Deutschland
an der dritten Stelle der Todesursachen und ist somit eine der schwerwiegendsten
Erkrankungen. Leider gibt es unter den vielen verschiedenen Studien und Untersuchungen zur Epidemiologie nur wenige einheitliche Ausrichtungen und die Ergebnisse
sowie die Befunde weichen zum Teil erheblich voneinander ab (Schütz, 1994). Beispielsweise werden Schätzungen zur Zahl der jährlichen Neuerkrankungen in der BRD
nach einer Quelle mit 300.000 bis 350.000 angegeben (Schütz, 1994), während nach
einer anderen Quelle die geschätzte Zahl der Neuerkrankungen lediglich bei 150.000 bis
170.000 (Hesse, 1994a) bzw. bis 200.000 (Krause et al., 1998) liegt. Aus den Daten des
WHO - MONICA - Projektes wird die Zahl der erwarteten Häufigkeiten auf 220.000
Schlaganfälle pro Jahr in Gesamtdeutschland hochgerechnet. Bei dieser Berechnung
werden neben den Ersterkrankungen auch die Re - Insulte mit berücksichtigt (Heinemann, Barth, Garbe, Willich, Kunze, Forschungsgruppe MONICA Ostdeutschland,
1998).
Eine Reihe von älteren Studien, die über einen längeren Zeitraum durchgeführt wurden,
lassen erkennen, daß die Schlaganfallinzidenz zwischen den Zeiträumen 1954 - 1959 und
1975 - 1979 um 46% zurückgegangen ist. Dies entspricht einer jährlichen Abnahme der
Inzidenz von ca. 2%. Neuere Studien liefern allerdings Anzeichen für einen Wiederanstieg der Inzidenz in den 80er Jahren, wobei die Altersgruppe der 45 - 64jährigen dabei
besonders betroffen ist (Hesse, 1994a; Häussler, 1996). Dieser Wiederanstieg wird in der
Literatur unterschiedlich diskutiert: So herrscht Unklarheit darüber, ob es sich bei diesem
Trend um einen tatsächlichen Anstieg der Inzidenz handelt, oder ob nicht die verbesserte
Diagnostik durch die Einführung der kraniellen Computertomographie (CCT) diesem
Phänomen zugrunde liegt (Hesse, 1994a; Häussler, 1996).
Die Angaben zur Prävalenz schwanken populationsbezogen pro 100.000 Einwohnern
zwischen 500 in Dänemark, 600 in Großbritannien und 800 Schlaganfallpatienten in den
USA. Für Deutschland ergibt sich unter Zugrundelegung von britischen Werten eine
Anzahl von 480.000 Betroffenen (Hesse, 1994a). Nach Angaben des WHO - MONICA Projekts steigt die Prävalenz von 0,25% im Alter von 25 - 34 Jahren auf über 2% im
Alter über 60 Jahren an. Wird die Altersstruktur der Bevölkerung in Deutschland berücksichtigt kann auf einen Bestand von 650.000 Patienten (380.000 Männer; 270.000
Frauen) mit durchgemachtem Schlaganfall geschlossen werden (Heinemann et al., 1998).
SCHLAGANFALL
4
Einigkeit herrscht in der Auffassung, daß der Schlaganfall eine Erkrankung des Alters ist.
Häussler (1996) faßt zum Beispiel zusammen: „Verschiedene epidemiologische Studien
zeigen übereinstimmend, daß Menschen jenseits des 75. Lebensjahres mehr als 100mal
häufiger erkranken als 25- bis 34jährige.“ Ketz (1991) bezeichnet den Insult im höheren
Lebensalter sogar als den „klassischen Schlaganfall“. Das Risiko einen Schlaganfall zu
erleiden ist also altersabhängig und verdoppelt sich ab dem 55. Lebensjahr alle zehn Jahre
(Hesse, 1994a). Auch die Ergebnisse der Forschungsgruppe MONICA zeigen eine
deutliche altersspezifische Erkrankungshäufigkeit: In der Altersgruppe 25 - 34 liegt die
Häufigkeit bei Männern bei 9 pro 100.000 (11 bei Frauen) und steigt in der Altersgruppe
65 - 74 auf 1005 pro 100.000 (799 bei Frauen) an (Heinemann, 1998).
Eine differenzierte Betrachtung der Häufigkeit des Schlaganfalls läßt Unterschiede
bezüglich des Geschlechts und des Alters deutlich werden: In einer groß angelegten
Studie in der Region Auckland in Neuseeland wurde festgestellt, daß Frauen zwischen 45
und 74 Jahren deutlich weniger betroffen sind als Männer. Über dem 75. Lebensjahr
wurden diese Unterschiede nicht mehr gefunden. Aufgrund der höheren Lebenserwartung von Frauen ergibt es sich jedoch, daß pro Jahr absolut gesehen mehr Frauen als
Männer erkranken, obwohl die Männer ein größeres Erkrankungsrisiko aufweisen. Auf
der Basis der Daten der Auckland - Studie wird für Deutschland geschätzt, daß die Zahl
der neuerkrankten Frauen bis 75 Jahre nur 78% der Neuerkrankungen bei Männern dieser Altersgruppe ausmacht. Über dem 75. Lebensjahr jedoch ist die Zahl der weiblichen
Neuerkrankungen mehr als doppelt so groß, so daß insgesamt die Zahl der Ersterkrankungen bei den Frauen höher liegt. Es wird allerdings vor der falschen Vorstellung gewarnt, den Schlaganfall aufgrund dieser paradoxen Situation als eine eher Frauen betreffende Erkrankung aufzufassen (Häussler, 1996).
Die Sterblichkeitsrate nach einem Schlaganfall ist international einheitlich innerhalb der
ersten drei bis vier Wochen nach dem Akutereignis am höchsten. Während Erhebungen
aus dem Jahr 1964 noch eine Letalität von 56% angeben, wird die Sterblichkeitsrate in
Arbeiten aus den achtziger Jahren nur noch mit 26 - 45% beziffert (Hesse, 1994a).
Neueren Angaben zufolge ist die Mortalität von 30% auf sogar 15% gesunken, was den
Fortschritten in der Akutmedizin zu verdanken sei (Krause et al., 1998). In der WHO Studie wird die Letalität der 25 - 74jährigen in den ersten 28 Tagen nach dem Apoplex
mit 40% angeben (Heinemann et al., 1998).
SCHLAGANFALL
5
Als Haupttodesursache in dieser frühen Phase sind Hirnödeme, Lungenembolien und
Herzinfarkte zu nennen (Hesse, 1994a). Der Rückgang der Letalität ist nach Häussler
(1996) demnach darauf zurückzuführen, daß die Behandlung dieser Komplikationen
verbessert werden konnte. Er sieht somit ebenso wie Krause et al. (1998) die verbesserte
Akutmedizin als Ursache für die gesenkte Mortalität an, und nicht die Bemühungen zur
Begrenzung der zerebralen Schädigungen.
Wie Schütz (1994) berichtet, hängt die weitere Überlebenschance vom Alter des Patienten und auch von der Art der Schädigung ab. So leben drei Jahre nach dem
Akutereignis von den 60 - 75jährigen noch 50%, während von den über 75jährigen nur
noch 25% leben. Eine ebenfalls schlechtere Prognose haben Patienten, bei denen ein
hämorrhagischer Infarkt zugrunde liegt im Gegensatz zu Patienten mit ischämischen
Insulten. Es wird von einem 2,5 bis 7fach erhöhtem Sterblichkeitsrisiko bei der ersten
Patientengruppe berichtet (Hesse, 1994a; Schütz, 1994). Heinemann et al. (1998) beziffern den Anteil, den intrakranielle Blutungen an der 28 - Tage - Letalität haben, auf 80%.
Ein Vergleich mit anderen europäischen Ländern zeigt, daß Deutschland bei der
Schlaganfallsterblichkeit einen unterdurchschnittlichen Rang einnimmt (Häussler, 1996).
Ein weiterer, wichtiger Faktor bei der Betrachtung der Letalität ist das Reinfarktrisiko.
Die Haupttodesursache in der Phase nach Ablauf des ersten Jahres nach dem Akutereignis ist mit bis zu 65%iger Wahrscheinlichkeit ein weiterer Schlaganfall oder ein Herzinfarkt (Hesse, 1994a). Das Risiko einen erneuten Insult zu erleiden wird bei Männern mit
10% und bei Frauen mit 5% pro Jahr angegeben, das heißt das Reinfarktrisiko nimmt mit
der Zeit zu (Häussler, 1996). Nach den Daten der Framingham - Studie ist die 5-Jahres Wahrscheinlichkeit einen nochmaligen Insult zu erleiden geschlechtsabhängig. Sie beträgt
bei Männern 45% und bei Frauen 24% (Häussler, 1996; Hesse, 1994a). Um das
Rezidivrisiko zu reduzieren, ist eine Behandlung der bestehenden Risikofaktoren
(kardiovaskuläre Erkrankungen, Bluthochdruck, Vorhofflimmern,...) angezeigt (Hesse,
1994a).
SCHLAGANFALL
6
3. Ätiologie
Bei der Entstehung des Schlaganfalles werden grundsätzlich zwei verschiedene ätiologische Mechanismen unterschieden. Der größte Teil der zerebralen Insulte wird mit 80%
durch Ischämien (= Hirninfarkt) verursacht und die übrigen 20% durch Blutungen (=
hämorrhagischer Insult), wovon 15% auf intrazerebrale Blutungen und 5% auf
Subarachnoidalblutungen entfallen (Weiller, 1996a). Hochrechnungen aus der MONICA
- Studie in Ostdeutschland ergeben andere Verteilungen. Demnach sind 63% der
zerebralen Insulte auf Ischämien, 25% auf intrazerebrale Blutungen und 12% auf
subarachnoidale Blutungen zurückzuführen (Heinemann, 1998).
3.1. Zerebrale Ischämien
Die meisten ischämischen Hirninfarkte entstehen durch arterioarterielle oder kardiale
Embolien und Arteriosklerosen, die zu einem Verschluß einer funktionellen Endarterie
führen. Von einem Territorialinfarkt spricht man, wenn der Verschluß ein größeres
Gefäß betrifft und von einem lakunären Infarkt, wenn ein kleineres Gefäß betroffen ist.
Typische Stenosestellen sind die Aa. cerebri anterior, posterior und media, sowie die A.
carotis interna, wobei die Prädilektionsstellen v.a. Teilungs- bzw. Verästelungsstellen der
Gefäße sind (Weiller, 1996a; Duus, 1995).
Je nachdem, ob die Stenose subakut, langsam zunehmend oder akut entsteht, kann man
zwischen transienten ischämischen Attacken (TIA), fortschreitenden (progressiven)
ischämischen Infarkten oder dem akuten Infarkt unterscheiden (Duus, 1995; vgl. Abschnitt 5.1.). Sind alle Kompensationsmechanismen (Dilatation der Gefäße, Erhöhung
der Sauerstoffextraktion), mit denen das Gehirn zunächst auf einen akuten Verschluß
eines Gefäßes reagiert, erfolglos, beginnt die Ischämie. Letztendlich kommt es aufgrund
dieser Ischämie zur Nekrose des Hirnparenchyms (Weiler, 1996a).
3.2. Hirnblutungen / Hämorrhagische Insulte
Die Hauptursache für intrazerebrale Blutungen ist die arterielle Hypertonie. Dabei
kommt es durch chronisch erhöhten Blutdruck im Arteriensystem zu einer Schädigung
der Arterien und letztendlich zu einer Perforation dieser Gefäße. Auch durch einen
akuten Anstieg des Blutdrucks können vorher unbeschädigte Arterien rupturieren und zu
einer sogenannten hypertensiven Massenblutung führen (Weiller, 1996a).
SCHLAGANFALL
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Die typische Massenblutung ist zu ca. 50% im Hirnstammbereich (Stammganglien)
lokalisiert, wobei 42% der letalen Blutung das Striatum betreffen. Weitere 20% sind in
den Hemisphären, also lobär lokalisiert (Weiller, 1996a, Duus, 1995). Duus (1995) weist
darauf hin, daß das Schädigungsareal bei einer Blutung im Gegensatz zum ischämischen
Infarkt nicht auf das Versorgungsgebiet einer Arterie beschränkt ist, sondern daß sich
das Blut in die Gehirnbereiche mit dem geringsten Widerstand ausbreitet.
Die Hauptursache für Subarachnoidalblutungen sind Aneurysmen. Durch eine plötzliche
Ruptur dieser sackartigen Gefäßwandausstülpungen kommt es zur Einblutung in den
Subarachnoidalraum, ein mit Liquor gefüllter Raum um das Gehirn, wobei sich das Blut
aber auch in die Hirnsubstanz ausbreiten kann (Weiller, 1996a; Duus, 1995;
Pschyrembel, 1994).
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4. Risikofaktoren
Unter Risikofaktoren werden nach Pschyrembel (1994) „Bedingungen, die in Bevölkerungsstudien bei der Untersuchung der Pathogenese best. Erkrankungen als krankheitsfördernde Umstände statistisch gesichert wurden“ verstanden.
Neben den Risikofaktoren spricht man noch von den Risikoindikatoren, die Pschyrembel
(1994) als „Parameter oder Merkmale zur Beschreibung eines Erkrankungsrisikos, die
(...) selbst nicht unmittelbar zur Pathogenese beitragen (...)“ definiert.
Ein Risikofaktor für einen Schlaganfall weist also einen ursächlichen Zusammenhang zu
dem Ereignis auf, während die Schlaganfall - Risikoindikatoren zwar auch im Zusammenhang mit dem Ereignis stehen, dieses aber nicht ursächlich beeinflussen. Zu den
Risikoindikatoren des Schlaganfalles gehören im besonderen Geschlecht, Alter, Anzahl
der bereits erlittenen Schlaganfälle, subakute Ereignisse in Form von transienten
ischämischen Attacken (TIA) und periphere Durchblutungsstörungen (Häussler & Diener
1996).
Wie Häussler und Diener (1996) berichten, wurden in den letzten 40 Jahren mehr als 10
verschiedene Risikofaktoren gefunden, die einen unabhängigen Einfluß auf das Schlaganfallrisiko haben. In der Ursachenkette der Entstehung des Schlaganfalls werden zwei
Gruppen von Risikofaktoren unterschieden:
a) Physiologische Funktionsstörungen oder manifeste Erkrankungen
Zu dieser Gruppe zählen die Risikofaktoren Hypertonie (160 / >95 mmHg), Hypercholesterinämie, Diabetes mellitus, Vorhofflimmern und erhöhtes Fibrinogen im Plasma,
wobei der Zusammenhang zum Schlaganfall bei Hypertonie und Vorhofflimmern
zweifelsfrei nachgewiesen wurde. Beim Diabetes mellitus gilt der Zusammenhang als
äußerst sicher. Bei den übrigen Faktoren wird ein möglicher Zusammenhang gesehen
(Häussler & Diener 1996). Nach Schütz (1994) ist die arterielle Verschlußkrankheit
ebenfalls als Risikofaktor anzusehen, der etwa dem Vorhofflimmern und der Hypercholesterinämie gleichgewichtig ist.
SCHLAGANFALL
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b) Ungünstige Verhaltensweisen
Zu diesen Verhaltensweisen zählen Rauchen, Alkoholkonsum, Übergewicht und die
Einnahme oraler Kontrazeptiva. Für das Rauchen und den Alkoholkonsum ist der
Nachweis als Risikofaktoren ziemlich eindeutig, wohingegen beim Übergewicht der
kausale Zusammenhang zum Schlaganfall lediglich möglich ist und bei den Kontrazeptiva nur vermutet wird.
Für die Prävention von besonderer Bedeutung ist die Tatsache, daß sich beim gleichzeitigen Auftreten von mehreren unabhängigen Risikofaktoren das Erkrankungsrisiko nicht
nur additiv sondern multiplikativ erhöht (Häussler & Diener 1996). Eine sehr risikoreiche
Kombination besteht laut Schütz (1994) in dem gleichzeitigen Vorliegen von
Bluthochdruck und Vorhofflimmern. Hier steigt die Inzidenzrate um den Faktor 10. Ketz
(1991) berichtet hingegen von einem gehäuften Auftreten eines Schlaganfalls infolge der
Kombination von den Risikofaktoren Migräne, hormonelle Kontrazeptiva und
Nikotinabusus.
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5. Symptome und Folgen des Schlaganfalls
5.1. Klinische Einteilung
Nach modernen Gesichtspunkten wird heute zwischen dem kleinen Schlaganfall, dem
sogenannten minor stroke und dem bleibenden Schlaganfall unterschieden:
Beim minor stroke kommt es lediglich zur Ausbildung einer geringen Symptomatik, die
sich innerhalb kurzer Zeit, meist komplett, wieder zurückbildet. Eine weitere Differenzierung des kleinen Schlaganfalls bezieht sich auf den Zeitraum, in dem die auftretenden Symptome persistieren (Weiller, 1996b, Singer, 1987):
• Von einer transienten oder transitorischen ischämischen Attacke (= TIA) spricht
man, wenn die Symptome weniger als 24 Stunden anhalten.
• Ein reversibles ischämisches neurologisches Defizit (= RIND) liegt vor, wenn sich
die Symptome nach mehr als 24 Stunden vollständig zurückbilden.
• Bei dem partiell reversiblen ischämischen neurologischen Defizit (= PRIND) bleiben minimale Symptome zurück und es gibt kein Zeitlimit.
Diese Unterteilung in verschiedene Stadien der Durchblutungsstörung sind jedoch nicht
mehr allgemein gebräuchlich (Weiller, 1996b).
Bei dem bleibenden Schlaganfall sind die auftretenden Symptome schwerer und bilden
sich nicht wieder zurück. Aufgrund dieser persistierenden Symptome kommt es auch zu
einer subjektiven Behinderung (Weiller, 1996b).
5.2. Symptomatik nach Ischämien
Der Verschluß eines Arterienastes, also die genaue Lokalisation der Durchblutungsstörung, hat meist eine bestimmte, charakteristische Symptomkonstellation zur Folge. Anhand der auftretenden neurologischen Symptome bei einem ischämischen Insult ist also
ungefähr die Zuordnung zum betroffenen Gefäßterritorium / Hirnareal möglich. Die
genaue anatomische Zuweisung läßt sich jedoch nur mittels bildgebender Verfahren
(Computer-, Kernspintomographie) treffen. Um aber zunächst eine schnelle und frühzeitige Zuordnung treffen zu können, sind die klinischen Symptome unverzichtbare Entscheidungsparameter (Weiller, 1996b; Mumenthaler, 1986).
SCHLAGANFALL
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Die folgende Tabelle gibt die wichtigsten Symptome bei Durchblutungsstörungen in vier
verschiedenen Gefäßterritorien wieder (Weiller, 1996b; Mumenthaler, 1986; Schütz,
1994; Cotta, Heipertz, Hüter-Becker, Rompe, 1988). Auf kursiv dargestellte Symptome
wird im Abschnitt 6 „Störungen nach einem Schlaganfall“ ausführlicher eingegangen.
Arterienast / Territorium
Symptome
A. carotis interna
- kontralaterale Hemiparese
- kontralaterale Hemihypästhesie
(= Sensibilitätsstörungen)
- flüchtige Sehstörungen / Erblindung
- Aphasie und Neglect
- Bewußtseinsstörung
A. cerebri media
- kontralaterale Hemiparese (arm- und gesichtsbetont)
- später spastische Hemiparese vom Typ Wernicke –
Mann
- kontralaterale Hemihypästhesie (arm- und gesichtsbetont)
- Aphasie, Apraxie, Neglect
- räumliche Orientierungsstörung
A. cerebri anterior
- kontralaterale Hemiparese (beinbetont)
- Apraxie der Hand
- Blasenstörung
- Antriebsminderung
A. cerebri posterior
- Hemianopsien (= Gesichtsfeldausfälle)
- Hemihypästhesien
- Kopfschmerzen
Tab. 1: Symptome bei Verschluß verschiedener Arterien
SCHLAGANFALL
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5.3. Symptomatik nach Hirnblutungen
Eine definitive Entscheidung der Ätiologie eines Schlaganfalls ist nur mittels Computer
oder Kernspintomographie möglich. Nur so lassen sich ischämische Infarkte von intrazerebralen Blutungen zuverlässig unterscheiden. Es gibt jedoch Anzeichen, die eher auf
eine intrazerebrale Blutung als Ursache hinweisen: Vorliegen einer Hypertonie, schlagartiger Beginn oft tagsüber v.a. bei körperlicher Anstrengung, initialer Kopfschmerz,
Bewußtseinsstörungen, Übelkeit und Erbrechen. Je nach Lokalisation der Massenblutung
kommt es zu typischen Symptomen, z.B. ist das Auftreten einer ataktischen
Bewegungsstörung charakteristisch für eine Kleinhirnblutung (Barolin, 1980; Cotta et
al., 1988; Weiller, 1996b).
Die Subarachnoidalblutung zeichnet sich durch plötzliche, blitzartig einschießende und
heftigste Kopfschmerzen und Nackensteifigkeit aus. Neben diesen Kardinalsymptomen
kommt es auch zu Übelkeit, Erbrechen, Hirnnervenausfällen und Bewußtseinstrübung bis
hin zum Koma (Cotta et al., 1988; Weiller, 1996b).
5.4. Einteilung der WHO
Die WHO orientiert sich mit ihrem herausgegebenen Klassifikationssystem der Behinderung nicht nur an den Symptomen der Erkrankung alleine, sondern focussiert auf die
Folgeerscheinungen von Krankheiten. Dieses Schema, das ICIDH (International Classification of Impairments, Disabilities and Handicaps), ermöglicht eine einheitliche Beschreibung der Krankheitsfolgen, wobei neben den neurologischen Defiziten auch die
funktionellen Einschränkungen berücksichtigt werden (Häussler, 1996a; Baumann &
Stieglitz, 1998). In der Bundesrepublik Deutschland gelten in Anlehnung an das ICIDH
folgende Definitionen: Impairment = Schädigung; Disability = Fähigkeitsstörung;
Handicap = Beeinträchtigung (Schupp, 1996a).
Bei dem Schlaganfall werden die aufgetretenen Störungen auf diesen Ebenen folgendermaßen beschrieben: Unter impairment werden die neurologischen Ausfälle (Hemiparese, Aphasie etc.) und die neuropsychologischen Störungsbilder verstanden. Die
funktionellen Einschränkungen zum Beispiel hinsichtlich der Anforderungen an das
tägliche Leben (Essen, Ankleiden, Haushalt etc.) werden mit dem Begriff disability
zusammengefaßt. Bleibende Behinderungen und soziale Nachteile z.B. Berufsunfähigkeit
werden mit dem Begriff handicap beschrieben (Hesse, 1994c; Mai, Schenk & Heuer,
1998). Insbesondere für den rehabilitativen Bereich ist diese Einteilung von Bedeutung,
da sich daraus unterschiedliche therapeutische Konsequenzen ergeben.
SCHLAGANFALL
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6. Störungen nach einem Schlaganfall
Nach einem Schlaganfall kann es zu einer Vielzahl von neurologischen Störungen oder
Defiziten kommen. Die Größe des Insultes ist im Zusammenhang mit der Lokalisation
des betroffenen Hirnareals für die Schwere der Symptomatik verantwortlich. Dabei kann
ein kleiner Insult in einem wichtigen Gebiet des Gehirns zu einem erheblich schwereren
Krankheitsbild führen als ein größerer Insult an einer unwichtigeren Stelle. Aufgrund der
anatomischen Struktur des Gehirnes kommt es bei Ausfällen im Großhirnbereich zu der
häufig anzutreffenden gekreuzten Symptomatik, d.h. bei einem linkshirnigen Infarkt
kommt es zu Ausfällen auf der rechten Körperseite. Eine zumindest teilweise
gleichseitige Symptomatik ist die Folge eines Infarktes im Hirnstammbereich (MeierBaumgartner, 1994a).
6.1. Störungen der Motorik und Sensorik
Das häufigste und charakteristischste Symptom eines Schlaganfalles ist die Halbseitenlähmung, die Hemiplegie bzw. bei unvollständiger Lähmung die Hemiparese. Neben den
motorischen Störungen der betroffenen Körperseite kommt es häufig auch zu sensorischen Ausfällen dieser Seite, so daß man dann von sensomotorischen Störungen
spricht.
Bei den motorischen Störungen handelt es sich einerseits um den Ausfall der reflektorischen Haltungskontrolle und andererseits um Störungen der gezielten Willkürmotorik.
Als Ursache für die Störung der gezielten Motorik wird eine Verletzung der Area 4 diskutiert (Meier-Baumgartner, 1994a; vgl. Kapitel IV 4.). Hummelsheim (1994a) weist
außerdem darauf hin, daß man bei der gestörten Motorik zwischen Minusphänomenen
und Plusphänomenen unterscheiden kann:
Unter den Minussymptomen werden alle Formen der zentralen Parese verstanden
(Mono-, Hemi-, Tetra- oder Paraparese), die als Kraftminderung oder reduziertem willkürlichen Antrieb in Erscheinung treten. Ebenso werden die gestörten feinmotorischen
Fertigkeiten der Handmuskulatur und die Schwierigkeiten bei der Ausführung rascher
Bewegungen zu den Minussymptomen gezählt (Hummelsheim, 1994a). Nach Mai, Blaut
und Hermsdörfer (1995) treten Störungen der Handfunktionen bei ca. 65 % der
Patienten mit zerebrovaskulären Erkrankungen oder nach Schädel-Hirn-Traumata auf.
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Dabei sind sowohl die Sensibilität, die Beweglichkeit der Finger und die Koordination
betroffen. Die Autoren merken jedoch kritisch an, daß es an spezifischen Rehabilitationskonzepten bisher noch mangelt. Eine gezielte Behandlung der gestörten Handfunktionen scheint bei der Häufigkeit des Auftretens jedoch dringend erforderlich.
Als Plussymptome werden der, als Spastizität imponierende, erhöhte muskuläre Widerstand bei passiver Dehnung, die gesteigerten Eigenreflexe sowie das Auftreten von
pathologischen Reflexen (z.B. Babinski) und Massenbewegungen zusammengefaßt.
Ursächlich für den spastischen Hypertonus kommen einerseits veränderte neuronale
Bedingungen und andererseits auch veränderte Kontraktionseigenschaften der
betroffenen Muskulatur in Frage (Hummelsheim, 1994a; vgl. Angaben zur Spastizität in
Kapitel IV 2.).
Ein besonderes Problem stellt der Schulterschmerz des betroffenen Armes dar. Nach
einem Schlaganfall kommt es sehr häufig zu Kapselverletzungen oder zu Subluxationen
des Oberarmkopfes, da bei hypotoner Schultermuskulatur das Schultergelenk nicht ausreichend gegen äußere Krafteinflüsse gesichert wird. Bei spastischer Muskulatur wird
das Schultergelenk in seiner physiologischen Bewegung gestört, so daß als Folge dauerhafte Schulterschmerzen auftreten. Im Rahmen der Rehabilitation es ist somit notwendig,
der Behandlung des hemiplegischen Armes spezielle Beachtung zu schenken
(Hummelsheim, 1994b, 1996a). Hierbei konnte die Behandlung nach dem Bobath Konzept (s. Kapitel III 3.) eine erfolgreiche Reduzierung des Schulterschmerzes zeigen
(Rice-Oxley & Turner-Stokes, 1999).
Unter sensorischen Störungen werden Ausfälle der Tiefen- und Oberflächensensibilität
verstanden. Häufig kommt es nach einem Schlaganfall durch die kortikalen Neuronenuntergänge zu einer deutlichen Minderung der Propriozeption und des Tastsinnes. Hat
ein Patient kein Gefühl mehr für ein Körperteil und seine Stellung im Raum, so hat das
auch negative Auswirkungen auf die Motorik, da die Sensibilität mitverantwortlich ist für
die Durchführung und Koordination von Bewegungen (Meier-Baumgartner, 1994a;
Kaiser, 1998). Oberleit (1996) beschreibt in diesem Zusammenhang einen Kreislauf, in
dem sich Wahrnehmung und Bewegung befinden: Durch Bewegung erhält man Informationen, die wiederum eine Bewegung ermöglichen. Wird dieser Kreislauf unterbrochen, ist das physiologische Bewegungsverhalten gestört (vgl. Wahrnehmung im Kapitel
IV 2.). Die intakte Sensibilität ist auch nach Eggers (1990) eine Voraussetzung für die
Verbesserung der Bewegungsfunktion. Es kann jedoch auch umgekehrt eine Lähmung
zur Verminderung der Sensibilität führen (Meier-Baumgartner, 1994a).
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6.2. Veränderung des Gangbildes und Gleichgewichtsstörungen
Unmittelbar mit den motorischen Störungen hängen die Veränderungen der Körperhaltung und des Gangbildes zusammen. Sowohl der Stand als auch der Gang eines hemiparetischen Patienten weichen von dem gesunden Stand- und Gangbild ab (Hesse,
1994b). Es sind dabei nicht nur auf der betroffenen Seite verschiedene Gangparameter
verändert sondern auch auf der nicht betroffenen Seite (Stephan & Hömberg, 1991).
Zum Teil können charakteristische Abweichungen festgestellt werden, die im folgenden
skizziert werden:
Im Stand fällt eine asymmetrische Gewichtsverteilung auf, wobei auf das paretische Bein
nur etwa 40% des Körpergewichtes verlagert werden. Durch diese ungleiche Belastung
der Beine kommt es zu einer Veränderung des Muskeltonus und der Gelenkstellungen im
gesamten Körper. Durch den veränderten Muskeltonus und den Verlust der kortikalen
Kontrolle treten in jeder Phase des Gehens beim hemiparetischen Gang Abweichungen
auf. Besonders häufig fällt die große Spurbreite, die unterschiedliche Schrittlänge, die
eingeschränkte Kniekontrolle und die sogenannte Zirkumduktion des betroffenen Beines
auf. Diese wird als Folge der fehlenden aktiven Kniebeugung eingesetzt, um das Bein
vorzusetzen (Hesse, 1994b; Montgomery, 1987). Ein weiteres Problem betrifft das
mangelnde Gleichgewicht und die fehlenden Gleichgewichtsreaktionen, wobei der
Verlust dieser Mechanismen auch im Sitz in Erscheinung treten kann. Außerdem kann es
zu Störungen der Koordination kommen, was vor allem durch das Fehlen einer
gebrauchsfähigen Koordination beider Hände zum Ausdruck kommt (Eggers, 1990).
6.3. Alltagsbeeinträchtigungen
Es hat sich allgemein etabliert, hierbei von Beeinträchtigungen der Aktivitäten des täglichen Lebens (activities of daily living = ADL) zu sprechen. Nach einem Apoplex
kommt es sehr häufig zu Einschränkungen der Selbständigkeit bei grundlegenden alltäglichen Verrichtungen, wobei Bereiche wie Mobilität, Ankleiden, Körperpflege, sowie
das Essen und Trinken betroffen sind. Wie eine Untersuchung an 109 Schlaganfallpatienten zeigte, ist das Ausmaß der Unabhängigkeit bzw. Pflegebedürftigkeit nach
einem Apoplex ganz entscheidend von den motorischen und sensorischen Fähigkeiten
des Patienten abhängig (Bernspång, Asplund, Eriksson, Fugl-Meyer, 1987). Ein
wichtiger Aspekt bei der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten ist somit das Training
der sensomotorischen Funktionen und das Selbsthilfetraining, welches zumeist in den
ergotherapeutischen Aufgabenbereich integriert wird (Eggers, 1990).
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6.4. Neuropsychologische Störungen
Neben den sensomotorischen Ausfällen kommt es häufig zu Defiziten im kognitiven
Leistungsbereich, die nicht so deutlich erkennbar sind wie die körperlichen Symptome
(Ketz, Blanco, Gonser, 1991). Allgemein werden kognitive Störungen dem neuropsychologischen Funktionsbereich zugeordnet. Unter neuropsychologischen Störungen
werden „Störungen höherer Hirnleistungen nach erworbener Hirnschädigung“ verstanden
(Prosiegel, 1991). Meier-Baumgartner (1994a) spricht in diesem Zusammenhang auch
von Reizverarbeitungs- und Handlungsplanungsstörungen.
Die klinische Neuropsychologie beschäftigt sich insgesamt mit der Diagnostik und
Rehabilitation der Veränderungen des Denkens, des Verhaltens und des emotionalen
Erlebens, die nach einer Hirnläsion auftreten können (Ketz et al., 1991; Stolz & Schupp,
1996).
Es finden sich in der Literatur sehr unterschiedliche Angaben dazu, welche konkreten
Funktionsdefizite unter dem Begriff neuropsychologische Störungen zusammengefaßt
werden. Zu den am häufigsten genannten Symptomen unter einer Vielzahl von weiteren
neuropsychologischen Funktionsstörungen gehören:
Störungen der räumlichen Orientierung, der Wahrnehmung, der Sprache, der Aufmerksamkeit, des logischen Denkens, der Affektivität, des Lernens, des Gedächtnisses, der
Konzentration und des Antriebes, sowie Veränderungen in der Persönlichkeit, Verhaltenskontrolle und Selbstwahrnehmung der Krankheitsfolgen (Ketz, 1991; Poeck, 1982;
Cramon, 1988; Prosiegel, 1991; Meier-Baumgartner, 1994).
Da das Vorliegen dieser Störungen die erfolgreiche Behandlung motorischer Bewegungsstörungen beeinträchtigen kann, ist es für die Rehabilitation erforderlich, die
Abklärung und Behandlung der einzelnen Symptome in den Rehabilitationsprozeß mit
einzubeziehen (Ketz et al., 1991). Einen kurzen Einblick über die wichtigsten Störungen
für die Rehabilitation gibt die folgende Übersicht:
Aphasie:
Nach Dorsch (1994) handelt es sich hierbei um einen „Verlust unterschiedlicher Teilfunktionen der gesprochenen Sprache nach kortikalen Hirnverletzungen vornehmlich der
dominanten Hemisphäre (...)“. Die vier verschiedenen sprachlichen Modalitäten
Sprechen, Verstehen, Lesen und Schreiben sind dabei in unterschiedlichem Ausmaß
betroffen (Prosiegel, 1991). Ungefähr jeder fünfte Schlaganfallpatient weist eine aphasische Sprachstörung auf (Denzler, 1994).
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Es gibt eine international anerkannte Einteilung in vier Standardsyndrome:
• Broca-Aphasie / motorische Aphasie: Agrammatismus mit verlangsamtem Sprachfluß und Artikulationsstörungen
• Wernicke-Aphasie / sensorische Aphasie: fehlerhafter Satzbau mit zum Teil übermäßiger Sprachproduktion
• Amnestische Aphasie: Wortfindungsstörungen bei flüssiger Sprachproduktion
• Global- Aphasie: Automatismen mit reduzierter Sprachproduktion und gestörtem
Sprachverständnis
(vgl. Goldberg, 1997; Prosiegel, 1991; Poeck, 1982; Schlenck & Schupp, 1996).
Apraxie:
Diese Störung ist nach Dorsch (1994) eine „durch Hirnerkrankung oder -verletzung
erworbene Unfähigkeit zur zielorientierten Ausführung von Bewegungen oder Bewegungshandlungen bei erhaltener Kapazität zur Erfassung der Bewegungsaufgabe (...) und
trotz erhaltener Kraft, koordinativer Beweglichkeit und normaler Reflexivität der
einzelnen, intakten Körperteile (...).“ Es gibt zwei Arten von motorischen Apraxien:
• Ideomotorische Apraxie: Störungen bei der willkürlichen Ausführung einzelner
Bewegungen
• Ideatorische Apraxie: Unfähigkeit, Teilbewegungen zu komplexen Handlungsfolgen
zu integrieren (vgl. Prosiegel, 1991; Poeck, 1982; Dorsch, 1994).
Agnosie:
Bei dieser durch eine Hirnschädigung entstandenen Störung handelt es sich nach Dorsch
(1994) um „die Unfähigkeit, trotz erhaltener Funktionstüchtigkeit der Sinnesorgane,
Wahrnehmbares zu erkennen und einzuordnen.“ Eine weitere Unterteilung in Sonderformen wie z.B. der taktilen Agnosie (Tastblindheit) wird kontrovers aufgefaßt. So stellt
Poeck (1982) fest, daß eine Abgrenzung zu Wahrnehmungsstörungen u.a. bei der
taktilen Agnosie kaum möglich ist und ihre Existenz damit unklar ist.
Neglect:
Der Neglect wird nach Pschyrembel (1994) beschrieben als „eine oft halbseitige Vernachlässigung des eigenen Körpers oder der Umgebung bzgl. einer oder mehrerer
Sinnesqualitäten“. Es werden verschiedene Formen unterschieden, z.B.:
• motorischer Neglect: die betroffenen Extremitäten werden nicht benutzt
• sensibler Neglect: sensible Reize auf der betroffenen Körperhälfte werden nicht
beachtet
(vgl. Prosiegel, 1991; Poeck, 1982).
SCHLAGANFALL
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Aufmerksamkeitsstörungen:
Als häufigste neuropsychologische Störung nach einem Schlaganfall werden Defizite im
Aufmerksamkeitsbereich gezählt (Stolz & Schupp, 1996; Prosiegel, 1991; Technow &
Bodenburg, 1994). Patienten mit derartigen Defiziten fallen durch Müdigkeit, Ablenkbarkeit, Verlangsamung, reduzierte Belastbarkeit und Aufnahmefähigkeit auf. Dies wird
vor allem in Therapiesituationen deutlich (Technow & Bodenburg, 1994). Unterschieden
werden vier Aufmerksamkeitsbereiche:
• Aktiviertheit: allgemeine Wachheit
• Selektive Aufmerksamkeit: Konzentrationsfähigkeit, Aufmerksamkeitsfocussierung,
Ablenkbarkeit
• Geteilte Aufmerksamkeit: Gleichzeitige Beachtung von zwei Reizquellen, Parallelverarbeitung
• Vigilanz: Daueraufmerksamkeit bzgl. selten auftretender Reize
(vgl. Prosiegel, 1991; Stolz & Schupp, 1996).
Vor allem die Konzentrationsfähigkeit ist eine wichtige Voraussetzung, die es erlaubt in
der Rehabilitation erforderliche Lernprozesse erbringen zu können. Ihr sollte deshalb
besondere Beachtung geschenkt werden, um einer Überforderung der Patienten vorzubeugen und ein angemessenes Therapieniveau einzuhalten.
6.5. Störungen im vegetativen und sozialen Bereich
Nach einem Schlaganfall kann es zu vegetativen Störungen wie zum Beispiel
Herzrhythmusstörungen und EKG-Veränderungen kommen. Oft liegt in der Frühphase
eine Harn- und Stuhlinkontinenz vor, die jedoch meist nur initial und passager vorhanden
sind (Meier-Baumgartner, 1994a; Ketz et al., 1991).
Durch einen Apoplex kommt es auch zu deutlichen Auswirkungen im sozialen Bereich.
Eine Studie von Wyller und Kirkevold (1999) belegt, daß es bei Schlaganfallpatienten
außerdem zu einer Einschränkungen der subjektiven Lebensqualität kommt.
Sprachstörungen, Pflegebedürftigkeit, Berufsunfähigkeit und dauerhafte Behinderungen
sind einige der Probleme, mit denen der Schlaganfallpatient unter Umständen konfrontiert wird (Meier-Baumgartner, 1994). Eine umfassende Rehabilitation muß sich deshalb
auch mit diesen Schwierigkeiten beschäftigen und eine weitestgehende Integration in den
Alltag, die Familie und den Beruf anstreben. Um eine Versorgung nach der Akutklinik zu
gewährleisten, wird vor allem der Einsatz von Sozialarbeitern erforderlich. Deren Arbeit
nimmt eine wichtige Brückenfunktion zwischen Akutklinik, Rehabilitationszentrum,
Familie, Arbeitsplatz oder Pflegeinstitution ein (Ketz et al., 1991).
REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL
19
Kapitel III: Rehabilitation nach Schlaganfall
1. Grundlagen der Rehabilitation
1.1. Definition und Voraussetzungen
Nach Dorsch (1994) wird unter Rehabilitation oder Wiedereingliederung eine „Maßnahme zur Wiederherstellung allg. und spez. Fähigkeiten und Fertigkeiten, die vor einem
Unfall, einer Krankheit bzw. einer psychosozialen Störung vorhanden waren“ verstanden.
Andere Autoren definieren den Begriff Rehabilitation detaillierter: „Unter Rehabilitation
sind Bemühungen zu verstehen, zu verhindern, daß eine Krankheit oder Behinderung zu
einer dauerhaften Beeinträchtigung der persönlichen, sozialen und beruflichen
Lebensumstände wird und für den Fall, daß eine vollständige Rehabilitation nicht zu
erreichen ist, diese Auswirkungen auf die genannten Lebensbereiche auf ein Minimum zu
reduzieren“ (Zuber, Weis & Koch, 1998).
Zur motorischen Rehabilitation von Schlaganfallpatienten werden verschiedene Therapien herangezogen, die alle die plastischen Eigenschaften des ZNS und die Möglichkeit
zur Neubahnung von Funktionswegen ausnutzen. Würden die Ansichten von Ramon y
Cajals aus dem Jahr 1928 tatsächlich zutreffen, wäre eine so geartete Therapie gar nicht
möglich. Er nahm an, daß die neuronalen Strukturen unveränderlich festgelegt seien und
eine Regeneration innerhalb des ZNS nicht möglich sei. Tatsächlich aber steht heute
zweifelsfrei fest, daß das Gehirn enorme plastische Eigenschaften und Reorganissationsmöglichkeiten besitzt, die eine funktionelle und strukturelle Umorganisation des
geschädigten Gehirnes erlauben (Frackowiak, R.S.J.; Weiller, C; Chollet, F., 1991;
Conradi & Conradi, 1991; Caprez, 1984). Zu den zugrunde liegenden neurobiologischen
Mechanismen gehören unter anderem Aussprossung von Axonkollateralen, die Demaskierung von unbenutzten Synapsen und das Einspringen von ipsilateralen Bahnen und
multiplen Repräsentationsarealen (Mauritz & Hummelsheim, 1993; Frackowiak et al.,
1991; Platz, Denzler, Kaden, Mauritz, 1994).
Durch gezielte Manipulation und Reizung im Rahmen von Rehabilitationsbehandlungen
können diese Mechanismen initiiert und beschleunigt werden. Eine funktionelle Erholung
nach einem Schlaganfall kann demnach durch physio- und ergotherapeutische
Maßnahmen gefördert werden. Die Plastizität des ZNS ist also die Grundlage der Funktionswiederherstellung bei der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten (Mauritz, 1994;
Hummelsheim, 1996c).
REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL
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1.2. Rehabilitationskonzepte und -ziele
Als allgemeines Ziel der Rehabilitationsbemühungen kann eine Formulierung von Schupp
(1996b) angegeben werden: „Restitution oder Kompensation von ausgefallenen
Funktionen und behinderungsgerechte Adaptation der Umwelt (...)“. Wie jedoch in der
oben genannten Definition von Zuber et al. (1998) deutlich wird, hat die Rehabilitation
kein eng umschriebenes Aufgabengebiet, sondern sie hat ein breites Anwendungsspektrum mit mehreren Zielen. Auch Ketz et al. (1991) unterscheiden zwischen Nah- und
Fernzielsetzungen, wobei sie darunter einerseits die Wiedergewinnung der Mobilität, die
Unabhängigkeit von Fremdhilfe, sowie Selbständigkeit bei den Aktivitäten des täglichen
Lebens verstehen und anderseits die Selbständigkeit in geistiger, sozialer und psychischer
Hinsicht betonen.
Diese weitreichende Anforderung an eine Rehabilitation entsteht, da durch den Schlaganfall fast alle Bereiche des Lebens betroffen sind. Dabei handelt es sich um die somatischen, psychologischen, emotionalen, sozialen und beruflichen Aspekte, so daß umfassende und spezifische rehabilitative Maßnahmen erforderlich werden (Janzik, 1984). Als
wichtigste Ziele in einem individuellen Rehabilitationsplan bei Patienten nach einem
Schlaganfall werden daher von Janzik (1984) die medizinisch - psychologische, die
soziale und die berufliche Rehabilitation genannt. Auch die neuropsychologische
Rehabilitation kann noch als weiterer Teilaspekt angesehen werden. Ergänzend fügt
Hauschild (1988) hinzu, daß es sich hierbei nicht um voneinander abgrenzbare Konzepte
der Rehabilitation handelt, sondern daß vielmehr eine Rehabilitation der gesamten Person
damit gemeint ist. Trotzdem sollen die unterschiedlichen Aspekte zur Übersicht getrennt
voneinander kurz dargestellt werden:
Medizinische Rehabilitation
Die medizinische Rehabilitation bei Patienten nach apoplektischem Insult wird zumeist
stationär durchgeführt. Zu den medizinischen Leistungen gehören alle ärztlichen
Leistungen, Arznei- und Heilmittel, sowie alle Formen der Physiotherapie (= Krankengymnastik), Ergo- und Sprachtherapie (Zuber et al., 1998). Das Ziel ist hierbei nach
Janzik (1984) die Wiedererlangung des körperlichen Selbstwertgefühles und die maximale Selbständigkeit. Dazu werden gezielte Behandlungen der gestörten Funktionen
durchgeführt (Caprez, 1984). Ausdrücklich wird von verschiedenen Autoren gefordert,
daß die physiotherapeutischen Maßnahmen so früh wie möglich nach dem Ereignis
beginnen sollten (Schupp, 1996a; Janzik, 1984; Meier-Baumgartner, 1985).
REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL
21
Hieraus wird schon der besondere Stellenwert der Physio- aber auch Ergotherapie in der
Behandlung von Schlaganfallpatienten deutlich. Zu ihren Aufgabenbereichen gehören
einerseits die Verhinderung von Komplikationen, z.B. Kontrakturen und Pneumonie,
aber vor allem die Förderung der motorischen Regeneration.
Psychologische und neuropsychologische Rehabilitation
Als Reaktion auf die massiven krankheitsbedingten Veränderungen kommt es nach einem
Schlaganfall häufig zu Beeinträchtigungen im Persönlichkeits- und Leistungsbereich (s.
Kapitel II 6.4). Deshalb gehört neben psychotherapeutischer Betreuung auch das
Training von kognitiven Leistungen, der Wahrnehmung und der Sprache zum
umfassenden Behandlungsplan, der individuell an die Erfordernisse des einzelnen Patienten angepaßt werden muß. Im Hinblick auf den vom Patienten zu leistenden Lernprozeß bei der physio- und ergotherapeutischen Arbeit, ist es vor allem wichtig die
Bereiche Aufmerksamkeit, Konzentration, Ausdauer und Belastbarkeit zu trainieren (vgl.
Hauschild 1988; Stolz & Schupp 1996). Da häufig die Defizite dieser Funktionen erst
nach der Entlassung in die häusliche Umgebung deutlich werden, ist eine sorgfältige
Diagnostik während des stationären Aufenthaltes notwendig, um ein angemessenenes
Neurotraining durchzuführen (vgl. Günther, 1995).
Berufliche Rehabilitation
Hierbei stehen Bemühungen zur beruflichen Wiedereingliederung im Vordergrund. Das
können Hilfen zur Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes sein, aber auch Hilfen
zur Berufsfindung oder beruflichen Anpassung (Zuber et al., 1998).
Soziale Rehabilitation
Leistungen zur allgemeinen sozialen Eingliederung zielen z.B. darauf ab, die Teilnahme
am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen (Zuber et al., 1998). Als wichtige Ziele
der sozialen Rehabilitation werden von Janzik (1984) die Eigenbestimmung und gestaltung des Lebens angesehen.
Übereinstimmend wird in der Literatur die Notwendigkeit einer interdisziplinären
Zusammenarbeit aller am Rehabilitationsprozeß beteiligten Berufsgruppen betont, um
eine erfolgreiche Behandlung bei Schlaganfall zu gewährleisten. Ebenso sollte jeder
einzelne Mitarbeiter des Teams gute Kenntnisse bezüglich der spezifischen Anforderungen bei der Behandlung von Schlaganfallpatienten aufweisen (Hauschild, 1988;
Janzik, 1984; Schupp, 1996; Meier-Baumgartner, 1985). Die Förderung von speziellen
Fortbildungsmaßnahmen scheint also dringend erforderlich, damit alle Möglichkeiten
ausgeschöpft werden, die zu einer erfolgreichen Rehabilitation führen.
REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL
22
2. Krankengymnastik und Ergotherapie in der Rehabilitation
2.1. Allgemeine Behandlungsprinzipien
Ketz et al. (1991) halten physio- und ergotherapeutische Behandlungen für einen
Grundpfeiler der Gesamtversorgung bei Schlaganfallpatienten. Fast alle Patienten mit
zentralen Hemiparesen nach einem Schlaganfall erhalten deshalb zur motorischen
Rehabilitation beide Anwendungsformen. Dieses Vorgehen bei der Behandlung von
motorischen Funktionsstörungen scheint sinnvoll zu sein, denn, Hummelsheim und
Mauritz (1993) schreiben: „Aus der Empirie ergibt sich, daß krankengymnastische
Behandlung geeignet ist, den Grad der motorischen Behinderung eines zentral hemiparetischen Patienten zu mindern.“.
Leider berichten nicht alle Autoren von einer ausreichenden Versorgung mit Physiotherapie. So bemerkt Häussler (1996), daß nur jeder 4. Patient mit zerebrovaskulärer
Erkrankung während des stationären Aufenthaltes krankengymnastisch versorgt wird
(Die Gruppen der zerebrovaskulären Erkrankungen, die keinen Schlaganfall repräsentieren, haben nur einen geringen Anteil).
Wenn im folgenden von Physiotherapie bzw. Krankengymnastik die Rede ist, sind
darunter auch die ergotherapeutischen Anwendungsbereiche zu verstehen. Obwohl sich
beide Berufsgruppen mit einem unterschiedlichen Schwerpunkt und Fokus an der
Behandlung von hemiparetischen Patienten beteiligen, lassen sich die grundsätzlichen
Behandlungsprinzipien zusammen darstellen.
Ohne die spezifischen Ziele der jeweiligen therapeutischen Schulen zu berücksichtigen,
können ganz allgemeine physio- und ergotherapeutische Behandlungsziele dargestellt
werden:
• Reduzierung des erhöhten Muskeltonus und pathologischer Bewegungsmuster
• Stimulation paretischer Muskelgruppen
• Gleichgewichts- und Koordinationsschulung
• Erhaltung und Verbesserung der aktiven und passiven Gelenkbeweglichkeit
• Optimierung der Gang- und Haltungsstabilität
• Förderung von Kraft, Ausdauer, Mobilität und Bewegungsfähigkeit
• Verbesserung der Arm- und Handfunktionen und der feinmotorischen Leistungen
• Training praktischer Fertigkeiten / Haushaltstraining / Selbsthilfetraining
• Schulung sensorischer Fähigkeiten
(Hummelsheim & Mauritz, 1993; Johnstone, 1980; Schupp, 1996b; Hummelsheim,
1996c; Janzik, 1984; Conradi, Zippel, Hauschild, 1990).
REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL
23
Wie oben erwähnt (vgl. Kapitel II 1.2.), wird in der Literatur einheitlich für einen möglichst frühen Beginn der physiotherapeutischen Arbeit plädiert (Schupp, 1996a; Janzik,
1984). Mit dieser Auffassung drückt sich die konsequente Verfolgung des allgemein
anerkannten Grundsatzes aus: „Rehabilitation beginnt mit dem Schlaganfall“ oder
„Rehabilitation von der ersten Stunde an“ (Meier-Baumgartner, 1994b).
In der Akutphase stehen dabei zunächst prophylaktische Maßnahmen, wie zum Beispiel
Lagerung, Atemtherapie und passives Durchbewegen im Vordergrund. So können
Kontrakturen, Lungenentzündungen und Thrombosen verhindert werden, die den Rehabilitationsverlauf verkomplizieren würden (Janzik, 1984; Meier-Baumgartner, 1985). Mit
diesen frühen Maßnahmen werden die Voraussetzungen für aktive Eigenbewegungen des
Patienten geschaffen oder erhalten. Ebenso werden Ergotherapeuten in der Akutphase
bereits mit der Anbahnung von basalen Wahrnehmungs- und Kommunikationsfunktionen
aktiv (Schupp 1996a).
Die Frühmobilisation birgt allerdings auch Gefahren. So kann eine Überforderung und
ein zu schnelles Vorgehen eher Schaden als Nutzen bringen. Es kann nämlich unter
Umständen zu einer Verstärkung des pathologischen Bewegungsmusters kommen. Auch
der Einsatz von Hilfsmitteln ist in der Anfangsphase kritisch zu betrachten, denn dies
kann eine gefährliche Weichenstellung sein. Schließlich kann es durch diese Art der
Kompensation zu einer Vernachlässigung der betroffenen Seite kommen und die
Spastizität erhöht werden (Meier-Baumgartner, 1985). Nach Davies (1986) liegt die
Gefahr auch darin, daß die Rückkehr zu normaler Aktivität durch falsche Gewohnheiten
behindert werden kann. Um eine optimale Anforderung für den Patienten zu erreichen,
empfiehlt Meier-Baumgartner (1994b), daß möglichst in dem Bereich geübt werden soll
der zwischen dem augenblicklichen Können des Patienten und den Forderungen des
Therapeuten steht, ohne dabei allerdings einen erhöhten Muskeltonus oder
Ausweichbewegungen zu provozieren.
Sobald die Grundlage für eine kooperative Mitarbeit bei der Behandlung gegeben ist,
steht die aktive Mobilisierung im Vordergrund. Es werden vorhandene
Rückbildungstendenzen von Funktionsstörungen gefördert und eine Verbesserung der
Selbständigkeit angestrebt (Schupp 1996a). Da jedoch nach einer Hirnschädigung nicht
einfach die gesunde Hemisphäre die Aufgaben der betroffenen Seite übernehmen kann,
sondern eine völlig neue Organisation notwendig ist, braucht der Rehabilitationsprozeß
viel Zeit (Meier-Baumgartner, 1985). In einer späteren Arbeit betont der Autor sogar
nachdrücklich, daß die Rehabilitation nie als abgeschlossen betrachtet werden kann.
Vielmehr sollte die physiotherapeutische Behandlung noch teilweise über Jahre ambulant
fortgesetzt werden (Meier-Baumgartner, 1994b).
REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL
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2.2. Neurophysiologische Grundlagen krankengymnastischer Behandlung
Fast alle physio- und ergotherapeutischen Therapieansätze zur Behandlung von Schlaganfallpatienten nehmen für sich in Anspruch, auf neurophysiologischer Grundlage aufgebaut zu sein. Beispielhaft können hier die Verfahren nach Bobath, Vojta, Knott / Voss,
Rood und Brunnstrom genannt werden. Hummelsheim und Mauritz (1993) kritisieren
jedoch, daß sich die einzelnen Verfahren zumeist auf jeweils einzelne motorische
Störungen konzentrieren und dabei die anderen Aspekte der gestörten Motorik ignorieren. Für eine ganzheitliche Rehabilitation der motorischen Fähigkeiten sei es jedoch
notwendig, alle Bereiche mit einzubeziehen und gesicherte neurophysiologische
Erkenntnisse der unterschiedlichen Behandlungsstrategien zu berücksichtigen.
Zu den ersten Ansätzen die neurophysiologischen Wirkmechanismen zu beschreiben,
gehört die Theorie von Sherrington. Sie beinhaltete erste Vorstellungen zur
Wirkungsweise von Fazilitation und Inhibition. In dieser Theorie, die bereits 1906 entstand, steht das spinale α- Motoneuron im Mittelpunkt, das den räumlichen und
zeitlichen Summationspunkt für erregende und hemmende Einflüsse bildet. Wird die
Entladungsbereitschaft dieses Motoneurons durch entsprechende Interventionen modifiziert, kommt es zu einer Veränderung des Muskeltonus. Ein höheres Entladungspotential
führt zu einer Bewegungsanbahnung bzw. zu einer Steigerung der Kraft oder der
Ausdauer. Eine Senkung der Muskelspannung wird hingegen durch die Reduzierung der
Entladungsbereitschaft erreicht.
Hieraus ergeben sich die Grundprinzipien der physiotherapeutischen Behandlung bei
Spastizität und zentralen Paresen. Eine Technik der Physiotherapie zur Hemmung der
Spastik ist zum Beispiel die tonische Dauerdehnung, die inhibierend auf das Motoneuron
wirkt. Eine weitere Möglichkeit zur Senkung des Muskeltonus ist die Fazilitation der
antagonistischen Muskelgruppe, wobei das Prinzip der reziproken Inhibition ausgenutzt
wird. Die phasische Muskeldehnung wird im Gegensatz zur Dauerdehnung zur
Fazilitation paretischer Muskelgruppen angewendet. Auch die kontinuierliche Reizapplikation auf der paretischen Muskulatur, wie z.B. das Tapping, sind als fazilitierende
Techniken zu nennen.
REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL
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Die Theorie von Sherrington wurde ständig erweitert und ist auch heute noch gültig. Es
kam zum Beispiel die Erkenntnis hinzu, daß nicht nur auf spinaler Ebene die Inhibition
und Faziliation wirksam sind, sondern daß sie auf allen zentralnervösen Ebenen wirksam
sind. Daraus ergibt sich die zunehmende Bedeutung von Wahrnehmung und Motivation
für die Behandlung der gestörten Motorik (Hummelsheim & Mauritz, 1993;
Hummelsheim, 1994a; Hummelsheim, 1996c).
Aufgrund der Bedeutung der Sensibilität und Wahrnehmung für die Qualität der
Motorik werden diese Aspekte vermehrt beachtet. Grundlage für den Zusammenhang
von Sensibilität und Motorik ist die Vernetzung von aufsteigenden sensiblen Bahnen mit
motorischen Efferenzen. So ist es möglich, daß taktile oder propriozeptive Informationen
von verschiedenen Muskelgruppen und der Körperoberfläche zu den motorkortikalen
Zellen gelangen und den motorkortikalen Output für eben diese Muskelgruppen und
Hautarele modulieren. Damit eine sensible Information jedoch überhaupt auf
motorkortikaler Ebene stimulierend wirken kann, ist eine besondere Bahnung dieser
Information notwendig. Ermöglicht wird diese Bahnung durch die Aufmerksamkeitsfocussierung des Patienten auf die zu bewegenden Gliedmaßenabschnitte (vgl. Kapitel IV
2.a-c). Es ist also erforderlich, den Patienten während der physiotherapeutischen
Übungsbehandlung immer wieder aufzufordern, sich zu konzentrieren, die Aufmerksamkeit auf die Bewegung zu richten und die Bewegung mit den Augen zu beobachten
(Hummelsheim & Mauritz, 1993; Hummelsheim, 1996c).
2.3. Traditionelle physiotherapeutische Verfahren
Bei der Beschreibung der verschiedenen physiotherapeutischen Verfahren wird im
Folgenden der Schwerpunkt auf die im deutschsprachigen Raum weit verbreiteten
Methoden gelegt, wozu Bobath, Vojta und Knott / Voss gehören. Die auf dem Bobath Konzept beruhende Behandlung wird im nächsten Abschnitt gesondert erläutert. Nur
kurz vorgestellt werden die Verfahren von Rood und Brunnstrom, die eher in Skandinavien eingesetzt werden.
Zu den Methoden mit besonderem Schwerpunkt auf der Wahrnehmung und Sensibilität
gehört das Verfahren nach Affolter, welches ebenfalls kurz dargestellt wird, und das
Perfetti - Konzept, das in Kapitel IV ausführlich beschrieben wird.
REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL
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a) Knott & Voss
Die beiden Physiotherapeutinnen Margaret Knott und Dorothy E. Voss entwickelten die
Methode der propriozeptiven neuromuskulären Fazilitation, bekannt unter der Abkürzung PNF. Die Methode entstand in den Jahren 1946 - 1951 am Kabat - Kaiser - Institut
in den USA und die erste Auflage ihres Buches „Propriozeptive Neuromuscular
Facilitation“ erschien in den fünfziger Jahren. Die beiden Therapeutinnen haben sich bei
der Entwicklung dieser Behandlungsmethode auf die Kenntnisse von Dr. Hermann Kabat
und auf die Arbeiten von Sherrington gestützt.
Gedankliche Grundlage dieser Methode ist die Vorstellung, daß bei jeglicher Störung im
neuromuskulären System eine adäquate Reaktion auf die Anforderungen des Lebens
verhindert wird. Da jedoch versteckte Anlagen zur Reaktion vermutet werden, sollen
diese durch eine Reizbeantwortung aktiviert werden. Die Techniken der sogenannten
Komplexbewegungen zur propriozeptiven neuromuskulären Fazilitation nutzen dazu
verschiedene Methoden, um spezielle Reize zu setzen und ganz bestimmte Reaktionen
auszulösen. Knott und Voss (1970) selbst beschreiben ihre Methode als „Begünstigung
oder Beschleunigung der Reaktion des neuromuskulären Mechanismus durch Reizung
der Propriozeptoren“. Dies sind Mechanorezeptoren (Muskelspindeln, Sehnenspindeln,
Gelenkrezeptoren,...), die die Wahrnehmung und Kontrolle der Lage und Bewegung des
Körpers ermöglichen.
Kennzeichen der PNF - Methode sind die typischerweise in Diagonalen verlaufenden
Bewegungen und die Anwendung von Widerständen (Feldkamp, 1989). Es werden im
Rahmen von synergistischen Aktivierungsmustern Kontraktionen von paretischen
Muskelgruppen angebahnt. Dabei werden stärkere Muskelgruppen genutzt, um paretische oder schwache Muskeln zu stimulieren und zu kräftigen (Knott & Voss, 1970;
Hummelsheim, 1994a). Die Aktivierungsmuster werden als diagonal - spriralförmige
Bewegungen (= Muskelketten) durchgeführt, da in dieser Bewegungskombination
bestimmte Muskelgruppen optimal angesprochen werden. Die Bewegung beginnt, indem
der Muskel bei dem eine fazilitatorische Wirkung erwünscht wird, maximal gedehnt wird
und endet mit der maximalen Verkürzung dieses Muskels. Als propriozeptiver Reiz dient
dabei der vom Therapeuten gesetzte Widerstand gegen die Bewegung, der natürlich an
die Kontraktionsfähigkeit des Muskels angepaßt werden muß. Ist noch keine
Willkürkontraktion möglich, wird die gesamte Bewegung vom Therapeuten geführt
(Hummelsheim & Mauritz, 1993; Hummelsheim 1994a, 1996c).
REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL
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Zu berücksichtigen ist bei dieser Methode allerdings, daß sie nicht speziell für die
Behandlung von Schlaganfallpatienten entwickelt wurde, sondern generell auf die Aktivierung paretischer Muskulatur angelegt ist. Die Praxis zeigt außerdem, daß diese
Methode meistens ausschließlich zur Steigerung von Kraft und Ausdauer bei unfallbedingten Verletzungen oder orthopädischen Grunderkrankungen eingesetzt wird. Die
Anwendung ist bei der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten zwar theoretisch nachvollziehbar, aber nicht zuletzt wegen der vorhandenen Nachteile findet die Methode hier
kaum Beachtung. So begünstigen die Techniken des PNF zum Beispiel das Auftreten
von unerwünschten assoziierten Reaktionen (synchrone grobmotorische Mitbewegungen
z.T. entfernter Muskelgruppen). Hummelsheim (1994a) kritisiert weiterhin, daß das PNF
- Konzept zur Reduzierung von Spastizität enttäuschend ist und es wird in vielen Fällen
sogar eine Zunahme der Spastizität beobachtet (Hummelsheim & Mauritz, 1993;
Hummelsheim, 1996c). Gerade die Zunahme des Muskeltonus und das Auslösen von
Massensynergien verhindert jedoch die funktionelle Erholung der hemiparetischen Seite
und sollte deshalb unbedingt vermieden werden, da dies in der Behandlung nicht zu
tolerieren ist.
b) Vojta
Die Behandlungsmethode wurde seit 1954 von dem tschechischen Kinderarzt Vaclav
Vojta entwickelt, wobei er von einer eigenen Auffassung von normaler und pathologischer Bewegungsentwicklung ausgeht (Feldkamp, 1989). Da die Vojta - Methode
ursprünglich für zerebralparetische Kinder entwickelt wurde, wird sie selten bei der
Behandlung von erwachsenen Patienten mit Hemiplegie eingesetzt (Hummelsheim &
Mauritz 1993), obwohl Vojta betont, daß die Behandlung bis zum Ende des Lebens
angewandt werden kann (Vojta & Gehrke, 1998).
Die Techniken nach Vojta nutzen frühkindlich vorkommende, angeborene Fortbewegungskomplexe, wie zum Beispiel das Reflexkriechen oder das Reflexumdrehen,
um den Erwerb oder Wiedererwerb von motorischen Funktionen zu ermöglichen.
Während der Behandlung nach Vojta werden in bestimmten Ausgangspositionen durch
Stimulation von Auslösezonen mittels kutaner, propriozeptiver oder Muskeldehnreize,
Bewegungen oder Haltungsänderungen provoziert, die diesen Basis - Reflexmustern
entstammen. Da auch bei einer vorliegenden Hirnschädigung Reflexbewegungen
weiterhin auslösbar sind, wird in dem regelmäßigen Auslösen der reflektorischen
Bewegungsmuster eine Möglichkeit gesehen, die Bewegungsgrundlage zu verbessern
(Mucha, 1999; Hummelsheim & Mauritz, 1993; Schweizer, 1998).
REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL
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Die Methode beruht auf der Annahme, daß diese motorischen Basismuster genetisch bei
jedem Menschen im ZNS programmiert und als angeborenes Bewegungsrepertoire vorhanden sind (Feldkamp, 1989). Die motorische Rehabilitation bzw. der Wiedererwerb
verlorengegangener motorischer Funktionen baut auf diesen Grundmustern auf. Die
Kenntnis der motorischen Ontogenese stellt also eine wichtige Voraussetzung für die
Therapie nach Vojta dar (Vojta & Gehrke, 1998). Grundsätzliches Ziel ist es, daß der
Patient selber lernt, die entsprechenden Auslösemechanismen so einzusetzen, daß die
gewünschten motorischen Funktionen und Bewegungen jederzeit aktiviert werden können (Hummelsheim, 1996c).
Hummelsheim und Mauritz (1993) merken jedoch kritisch an, daß die Anwendung der
Methode bei erwachsenen Patienten mit zentralen Paresen nur begrenzt möglich ist,
obwohl andere Autoren einen Einsatz zur motorischen Rehabilitation für denkbar halten
(Schweizer 1998). Das Vojta - Konzept bleibt somit weitestgehend auf die Behandlung
von Säuglingen beschränkt, wobei der Methode hier ein hoher Stellenwert zugemessen
wird, da diese Frühbehandlung von motorischen Störungen zur Zeit noch ohne echte
Alternativen sei (Hummelsheim und Mauritz, 1993; Schweizer, 1998). Andere Autoren
kritisieren jedoch schon lange, daß die Vojta - Methode auch zur Frühförderung der
motorischen Entwicklung den wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht standhält (Radzun
& Schroeder, 1983).
c) Rood
Die Methode nach Rood ist seit 1956 bekannt und wird zur Aktivierung paretischer
Muskelgruppen eingesetzt. Dazu werden an der Haut über den zu aktivierenden Muskeln
thermische oder mechanische Stimulationen (kurze Kältereize, Bürstungen der Haut)
gesetzt. So wird eine Erregung der Motoneurone dieser unmittelbar darunterliegenden
Muskelgruppen erreicht (Hummelsheim & Mauritz, 1993). Eine so erzielte höhere
Entladungsbereitschaft der Motoneurone hat, wie bei den neurophysiologischen
Grundlagen in Kapitel II.2.2. beschrieben, eine fazilitierende Wirkung auf den
Muskeltonus, das heißt es findet eine Bewegungsanbahnung statt. Neben den mechanischen und thermischen Hautreizen werden außerdem noch phasische, also schnelle
Muskeldehnungen als propriozeptive Reize eingesetzt. So wird ein verstärkter Fazilitationsreiz für die paretische Muskelgruppe erreicht (Hummelsheim 1994a; 1996c). Da
diese Methode jedoch fast ausschließlich in Skandinavien und im angelsächsischen Raum
bekannt ist, kommt sie bei der Behandlung von Schlaganfallpatienten im deutschsprachigen Raum wenig bis gar nicht zur Anwendung.
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d) Brunnstrom
Bei der Brunnstrom - Methode kommen verschiedene Fazilitationstechniken zur
Anwendung. Am Anfang der Behandlung stehen zentrale Fazilitationstechniken im
Mittelpunkt. Während der Patient versucht, die paretische Muskulatur zu bewegen, wird
zum Beispiel auf der kontralateralen Seite gleichzeitig ein Widerstand durch den Therapeuten gegeben, so daß es durch Irradiationseffekte (= Erregungsausbreitung) zu
erwünschten Massensynergien auf der paretischen Seite kommt. Diese Fazilitation durch
kontralaterale Maximalinnervation konnte nach Hummelsheim (1996c) eine Steigerung
des Erregungsniveaus der α-Motoneurone der paretischen Muskulatur erzielen. Als
neurophysiologische Grundlage kommen hierfür unter anderem intra- und
interhemisphärische Verbindungen in Frage.
Obwohl es sich bei der Aktivierung der paretischen Muskeln mittels dieser Techniken um
grobe Massensynergien im Sinne von assoziierten Reaktionen handelt, werden diese
sonst unerwünschten Reaktionen hier vor allem bei komplett plegischen Muskelgruppen
therapeutisch eingesetzt, um überhaupt eine Aktivierung zu erreichen. Sobald Funktionsverbesserungen der paretischen Muskulatur aufgetreten sind, sollte im weiteren
Behandlungsverlauf durch lokale phasische Haut- oder Muskelreize die Innervation einzelner Muskeln angestrebt werden, um damit individuelle Bewegungen zu ermöglichen.
Diese kutane und propriozeptive Stimulation ist nämlich zur Wiederherstellung feinmotorischer Fähigkeiten besser geeignet als zentrale Fazilitationen.
Die Methode bezieht auch neuere neuropsychologische Erkenntnisse mit ein, denn es
wird während der gesamten Behandlung die Aufmerksamkeit des Patienten mit berücksichtigt, indem der Patient immer wieder aufgefordert wird, sich auf die Bewegungen zu
konzentrieren (Hummelsheim, 1994a, 1996c; Hummelsheim & Mauritz, 1993).
Ein großer Kritikpunkt an dieser Behandlungstechnik ist die mangelnde Eignung zur
Reduzierung des spastischen Muskeltonus. Im Gegensatz wird sogar das Auftreten der
assoziierten Reaktionen durch die zentralen Fazilitationsmethoden von Hummelsheim
(1996c) deutlich kritisiert, da diese groben Bewegungen das Wiedererlernen des Gehens
erschweren und stören können. Auch Perfetti (1997) steht der Aktivierung von Irradiationen zu Therapiezwecken sehr skeptisch gegenüber, denn damit wird die Verstärkung
von abnormen Reaktionen riskiert. Selbst Brunnstrom empfiehlt, so schnell wie möglich
auf die lokalen Fazilitationstechniken überzugehen (Hummelsheim, 1996c).
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e) Affolter
Das Behandlungskonzept nach Affolter ist ursprünglich aus der Beobachtung hirngeschädigter Kinder entstanden und erst später auf Erwachsene übertragen worden. Die
Methode geht von der Annahme aus, daß es für jede Handlung oder Bewegung notwendig ist, mit der Umwelt in Interaktion zu treten und aus der Umgebung dann relevante
Information für eine Handlung oder Bewegung abzuleiten (vgl. Kapitel IV 2.). Nur dann
sei eine sinnvolle Handlungs- und Bewegungsplanung möglich (Hummelsheim & Mauritz, 1993; Hummelsheim, 1996c; 1994a). Diese Interaktion findet in Form von Wahrnehmung statt, wodurch sie somit zu einem wichtigen Aspekt bei der Bewegungsausführung wird. Unter Wahrnehmung werden dabei alle Prozesse verstanden, die bei der
Auseinandersetzung mit den verschiedenen Reizen in einer Situation in Gang gesetzt
werden (Affolter, 1983).
Diese Aufnahme von Informationen ist z.B. bei Patienten mit Wahrnehmungsstörungen
nach einem Schlaganfall unzureichend. Hier setzt das Behandlungskonzept von Affolter
an, denn die Methoden sind darauf ausgerichtet, die Kapazität der Informationsaufnahme
und -verarbeitung zu erweitern. Während der Patient verschiedene Tätigkeiten aus dem
Alltag mit dem Therapeuten durchführt, soll er entsprechende Spürinformationen
erhalten und sammeln.
Größter Kritikpunkt ist nach Hummelsheim & Mauritz (1993) „die ungeprüfte Übertragung der beim Kind gewonnenen Erkenntnisse auf hirngeschädigte Erwachsene“. So
ist es nicht sicher, ob die zugrunde liegenden Annahmen auch bei der Behandlung von
erwachsenen Schlaganfallpatienten gültig sind.
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3. Das Bobath - Konzept
Die Behandlung nach Bobath wurde seit 1943 auf experimenteller Basis von Berta und
ihrem Ehemann Dr. Karel Bobath entwickelt, wobei die ersten eineinhalb Jahre auf der
Arbeit mit erwachsenen Hemiplegikern beruhten. Erst danach wurde die Behandlung
immer weiter auf die Probleme zerebralparetischer Kinder ausgerichtet und dann
zunächst auch überwiegend in diesem Bereich eingesetzt (Bobath, 1976). Nach dem
Krieg verbreitete sich die Methode von London aus schnell über die ganze Welt (Feldkamp, 1989). Erst 1970 wurde ein Buch von Berta Bobath mit dem Originaltitel „Adult
Hemiplegia: Evaluation and treatment“ für die Behandlung von hemiplegischen erwachsenen Patienten herausgebracht (Bobath, 1980).
3.1. Neurophysiologische Grundlagen
Bei dem Konzept nach Bobath handelt es sich um ein Behandlungsverfahren, welches
auch auf neurophysiologischer Grundlage aufbaut. Von Anfang an bestand der Leitgedanke darin, „(...) daß spastische Patienten nicht nur an einem Mangel an Muskelkraft
und an Bewegungsarmut leiden, sondern vielmehr an einem Überschuß von abnormalen
Haltungs- und Bewegungsformen (...)“ (Bobath, 1976).
Die Auffassung der Funktionen des Gehirnes wurde für die Gestaltung der Behandlung
nach Bobath richtungsweisend. Das Gehirn wird ebenso wie bei Affolter als Organ der
Perzeption und Integration angesehen, welches die Aufgabe hat, Umweltreize und Reize
aus dem Körper zu verarbeiten und darauf zu reagieren. Das gesamte ZNS wird also
nicht als ein Organ der Aktion, sondern als ein Organ der Wahrnehmung und der Reaktion auf verschiedene Reize verstanden (Zinn, 1986). Das Gehirn wirkt dabei als Einheit,
wobei die phylogenetisch neueren Abschnitte in Form einer aktiven Leistung die
phylogenetisch älteren Abschnitte in ihrer Aktivität hemmen. Als Basisvoraussetzung für
die Behandlung gilt auch hier die Plastizität des Gehirnes, denn Bobath geht davon aus,
daß das Gehirn so lange es lebt, lernen kann (Meier-Baumgartner, 1994b).
Für eine physiologische Bewegung sind Mechanismen zur Haltungseinnahme und -bewahrung (sog. Haltungsreflexmechanismen oder posturale Reflexmechanismen) notwendig, die drei Voraussetzung haben:
• Normaler, variabler Tonus: so wird Haltung möglich und gleichzeitig Bewegung
erlaubt
• Reziproke Innervation: Agonist und Antagonist spielen harmonisch zusammen
• abrufbares Bewegungsrepertoire (Meier-Baumgartner, 1994b).
REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL
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Der normale Haltungsreflexmechanismus beruht nach Bobath auf einer Vielzahl von
automatischen Reaktionen. Unter Stellreflexen versteht man zum Beispiel Reaktionen,
die die normale Stellung des Kopfes und die Ausrichtung des Rumpfes und der Extremitäten im Raum erhalten. Bei den Gleichgewichtsreaktionen handelt es sich um ebenfalls automatische Reaktionen, die für eine Balance bei allen Tätigkeiten sorgen (Bobath,
1980). Die Haltungsreflexe spielen auch bei der Anpassung der Stärke des Muskeltonus
eine große Rolle. Unter physiologischen Bedingungen laufen diese Haltungsanpassungen
und ein großer Teil der willkürlichen Bewegungen automatisch und im harmonischen
Zusammenspiel ab. Ermöglicht wird dies durch die niederen, subkortikalen und
phylogenetisch älteren Zentren des Gehirns (Hirnstamm, Zerebellum,...). Die hier
gesteuerten Reflexe unterliegen jedoch zusätzlich der Kontrolle und Hemmung von
höher gelegenen Zentren des Gehirns, so daß differenzierte und komplizierte motorische
Muster ermöglicht werden (Bobath, 1976).
Das Bobath - Konzept geht davon aus, daß bei einer zentralnervösen Schädigung diese
automatische Haltungs- und Bewegungssteuerung gestört wird. Als Ursache für die
fehlenden automatischen Reaktionen und die abnorm gesteigerten Haltungsreflexmechanismen bei hemiplegischen Patienten wird der Verlust der hemmenden und
modulierenden Kontrolle der höherer Zentren des ZNS (v.a. Kortex) auf die niederen
Zentren angesehen (Bobath, 1976). Die in den höheren Zentren enthaltenen komplexen
Muster und die Fähigkeit zur Inhibition massiver grober Muster gehen also verloren, und
zumeist unkontrollierte stereotype Muster der niederen Zentren setzen sich durch
(Davies, 1986). In der Folge kommt es zu einer Enthemmung motorischer Reaktionen,
zu einer Entdifferenzierung zerebraler Leistungen und zu einem Verlust selektiver
Leistungen (Miltner, Forberger, Bauder, Braun, Schugens, Schönle, Mayer, 1994), so
daß stereotype Bewegungen z.T. in spastischen Mustern und Massensynergien auftreten.
Ebenfalls kommt es zu assoziierten Reaktionen, d.h. zu unwillkürlichen und unkontrollierbaren tonischen Haltungsreaktionen, die sich bei Überforderung in erhöhter
Spastizität ausdrücken. Auch die reziproke Innervation, also das synergistische Zusammenspiel von Agonist und Antagonist ist gestört und es kommt statt dessen zu einer
reziproken Hemmung mit der Folge von unkontrollierten Bewegungen (Bobath, 1976).
Zusammenfassend sieht das Bobath - Konzept die motorischen Störungen des Hemiplegikers also
• in der Abnormität des Haltetonus,
• in der Störung der reziproken Innervation und
• in der Gebundenheit in pathologischen Bewegungsmustern begründet
Die oft assoziierten sensorischen Störungen und Wahrnehmungsstörungen verschlechtern
zusätzlich das klinische Bild (Feldkamp, 1989; Bobath, 1976).
REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL
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3.2. Grundkonzepte der Behandlung und ihre Entwicklung
Als Besonderheit des Behandlungskonzeptes nach Bobath kann auch heute noch das
schon von Beginn an postulierte umfassende 24 - Stunden - Management betrachtet
werden. Die Behandlung ist also nicht auf die kurzen Zeiten der physiotherapeutischen
Übungsstunden beschränkt, sondern findet den ganzen Tag statt (Meier-Baumgartner,
1985). Angefangen bei der Lagerung beinhaltet das Konzept auch Anleitungen zu
pflegerischen Aufgaben, zu Lagewechseln, zur Gestaltung des Krankenzimmers, zum
Umgang der Angehörigen mit dem Patienten, zur Durchführung von Alltagsaktivitäten
und nicht zuletzt ein umfassendes physiotherapeutisches Behandlungsrepertoire (Arendt
& Auer, 1992/93; Zinn, 1985). Die Behandlungskonzeption ist somit als eine Philosophie
der Hemiplegiebehandlung zu verstehen. Dementsprechend hoch ist der Anspruch an die
Behandlungsinstitution: alle Teammitglieder müssen mit diesem Konzept vertraut sein,
um die konsequente Umsetzung zu gewährleisten (Meier-Baumgartner, 1994b).
Grundsätzlich verfolgt das Konzept nach Bobath zwei Ziele:
a) „Minimalisierung des Schadens durch Hemmung der pathologischen Symptome und
Bahnung verlorengegangener Funktionen (...)“
b) „Erlernen des Umgangs mit den pathologischen Symptomen und mit der
Behinderung“. (Meier-Baumgartner, 1994b).
Daraus abgeleitet bestehen die zwei Hauptsäulen des Behandlungskonzeptes nach
Bobath zum einen aus der Tonusnormalisierung und zum anderen aus der Bahnung von
höher integrierten Funktionen. Die erste Säule kann als Hemmung der abnormalen tonischen Reflexaktivität verstanden werden und die zweite Säule bezieht sich auf die Reizung oder Bahnung von normalen Bewegungsabläufen und selektiven Bewegungen
(Miltner et al., 1994; Meier-Baumgartner, 1994b).
Es kommen heute jedoch auch noch weitere, neuere Prinzipien der Behandlung zur
Anwendung. So wird zum Beispiel das Wiedererlernen der Körpersymmetrie und der
Gleichgewichtsreaktionen als wichtig erachtet. Ebenso steht der Integration des
Erlernten in Funktionen aus dem Alltag und bei der Lösung von Problemen besondere
Beachtung zu (Oberleit & Wagner, 1996).
REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL
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Die ursprüngliche Behandlungskonzeption nach Bobath (die mittlerweile einige
Modifikationen und Erweiterungen erfahren hat) wird in einem Vorwort von den Übersetzern prägnant zusammengefaßt: „Sie beruht auf der Fazilitation der physiologischen
Stellreaktionen, Gleichgewichtsreaktionen, koordinierten Haltungs- und Bewegungsreaktionen bei gleichzeitigem Versuch der Normalisierung des Haltungstonus und der
Hemmung pathologischer Reflexmuster“ (Bobath, 1976).
Im Zuge der fortwährenden Weiterentwicklung der Methode traten jedoch die
ursprünglich im Mittelpunkt stehenden Stellreflexe zunehmend in den Hintergrund. Zu
Beginn der Behandlung erwachsener Patienten mit Hemiplegie war man zunächst ohne
empirische Überprüfung davon ausgegangen, daß die beim zentralparetischen Kind
gemachten Beobachtungen auch für den hemiplegischen Erwachsenen gelten. Vermittelt
durch Rezeptoren in der Halsmuskulatur konnten beim Kind Tonusverschiebungen
erzielt und Gleichgewichtsreaktionen ausgelöst werden. Dieser beim Kind beobachtete
Einfluß von Kopfbewegungen auf Haltungs- und Stellreflexe von Rumpf und Extremitäten konnte jedoch bei erwachsenen Hemiplegikern nicht bestätigt werden. So setzte
sich als Kernidee des Bobath - Konzeptes statt der Nutzung der postduralen Reflexmechanismen immer mehr die Inhibition des spastischen Muskeltonus durch (Hummelsheim
& Mauritz, 1993).
Doch auch diese dann zeitweise im Vordergrund stehenden Methoden der Inhibition
wurden durch einen neuen Fokus in der Behandlung abgelöst, weshalb die auch heute
leider noch anhaltende Kritik von einigen Autoren an der falschen Schwerpunktsetzung
der Bobath - Therapie (s. Kapitel III 3.4.) zurückgewiesen werden kann. Wie Wagner
betont, wird nach dem heutigen Konzeptverständnis keinesfalls die Anbahnung von
Funktionen vernachlässigt, sondern „es werden vielmehr Positionen und Aktivitäten
gesucht, die Bewegung ermöglichen, ohne daß pathologische Tonuserhöhungen oder
synergistische Bewegungsabläufe entstehen, beziehungsweise in späteren Stadien die
pathologischen Elemente eliminiert“ (Oberleit & Wagner, 1996).
Auch im letzten Jahrzehnt kam es immer wieder zu Veränderung innerhalb des Bobath Konzeptes. Wurden im traditionellen Ansatz noch zentrale Fazilitationstechniken selten
oder gar nicht verwandt, hat sich zunehmend die Einsicht durchgesetzt, daß sich mit der
ganz bewußten Bewegungsdurchführung, eine sehr effektive Fazilitation erreichen läßt.
Die Befürchtung, die bewußte Anstrengung begünstige unweigerlich das Auftreten von
assoziierten Reaktionen und erhöhe den Muskeltonus, hat sich also nicht bestätigt. Statt
dessen wird immer häufiger die Bewegungsanbahnung unter Anwendung von
Alltagsgegenständen zentral fazilitiert (Hummelsheim & Mauritz, 1993).
REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL
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Ebenfalls in den letzten Jahren neu hinzugekommen ist eine weitere Art der Fazilitation:
Dabei wird nonverbal über verschiedene sogenannte Schlüsselpunkte entweder ein Einfluß auf Bewegung und Haltung ausgeübt oder Bewegungsübergänge und Lagewechsel
initiiert. So können bei gleichzeitiger Hemmung pathologischer Reaktionen und Reflexe
über diese Schlüsselpunkte physiologische Bewegungen fazilitiert werden (Oberleit &
Wagner, 1996).
Die Physiotherapeutin Patricia M. Davies hat in ihrem ersten Buch zur Rehabilitation von
Schlaganfallpatienten (Originaltitel „Steps to follow“, 1985) auf der Grundlage des
Bobath - Konzeptes eine Reihe von Behandlungsmöglichkeiten beschrieben und zur
Weiterentwicklung des Konzeptes beigetragen (Davies, 1986; Ketz et al., 1991). Seit
1990 die englische Originalausgabe des Buches „Right in the middle“ von Patricia M.
Davies erschienen ist, gelangte noch ein weiterer Aspekt in den Vordergrund der
Behandlung von Schlaganfallpatienten. Wie bei Davies (1991) geschrieben wird, handelt
es sich dabei um „die Notwendigkeit, selektive muskuläre Kontrolle im Bereich der
Körperabschnitte Becken - Brustkorb - Kopf wiederzuerlangen“.
Die Notwendigkeit, die Behandlung mehr auf den Rumpf als Mittelpunkt des Körpers zu
legen, entstand aus der Erkenntnis, daß bei dem Verlust selektiver Rumpfaktivitäten auch
die Bewegungen der Extremitäten eingeschränkt werden (Davies, 1991). Damit das
Schultergelenk frei bewegt werden kann oder ein funktioneller, normaler Gang möglich
ist, müssen der obere und untere Rumpfanteil jeweils selektiv mit- und gegeneinander
bewegt werden können. So sind die Aufgaben des Rumpfes einerseits in der stabilen
Aufrechterhaltung gegen die Schwerkraft zu sehen, aber er muß auch Mobilität zulassen,
um die Bewegungen der Extremitäten zu ermöglichen (Oberleit & Wagner, 1996).
Es handelt sich hierbei nicht um die Ersetzung früherer Behandlungsmethoden, sondern
stellt eine Ergänzung zu ihnen dar. Damit wird die Auffassung deutlich, daß die
Behandlung nicht einfach starr festgelegt werden sollte, sondern sich ständig an die
Bedürfnisse des Patienten anpassen muß und weiterentwickelt werden sollte (Davies,
1991).
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3.3. Behandlungsinhalte und -techniken
Solange sich das Ehepaar Bobath mit der Behandlung von Schlaganfallpatienten
beschäftigte, kritisierten sie das oft praktizierte Vorgehen in der Rehabilitation. Das
primäre Ziel dieses Vorgehens, den Patienten so schnell wie möglich unabhängig zu
machen, wurde von ihnen deshalb abgelehnt, da oft unter Zuhilfenahme von Gehstöcken
eine Kompensationsrehabilitation betrieben wird, die die Potentiale der hemiplegischen
Seite von Anfang an ignoriert (Bobath, 1980). Die Behandlung sollte hingegen vermeiden, durch ständige Wiederholung, abnorme Bewegungsabläufe einzuüben und zu
manifestieren. Statt dessen sollte die Behandlung dem Patienten dazu verhelfen, sich von
Beginn an so normal und ökonomisch wie möglich zu bewegen (Davies, 1986).
Alle Techniken sind also darauf ausgerichtet, die betroffene Seite auf den funktionellen
Einsatz vorzubereiten. Um diese physiologischen Bewegungen zu ermöglichen, muß den
Patienten immer wieder ihre betroffene Seite bewußt gemacht und eine körperliche
Integration dieser Seite durch die Übungsbehandlung angestrebt werden. Als ein wichtiges Prinzip gilt dabei, daß während der gesamten Behandlung keine spastischen Muster,
Massenbewegungen oder assoziierten Reaktionen provoziert werden dürfen, da dies stets
auf eine Überforderung des Patienten hinweist (vgl. Bobath, 1980; Meier-Baumgartner,
1994b; Davies, 1986).
Auf diesen grundsätzlichen Überlegungen beruhen die zur Anwendung kommenden
Techniken, wobei die unterschiedlichen Techniken als reine Werkzeuge verstanden
werden, die je nach Reaktion des Patienten ausgetauscht und variiert werden sollten.
Durch die ständige Anpassung der Behandlungstechniken an das Feedback der Patienten,
beinhaltet die Behandlung auch viel Experimentieren und gestaltet sich nicht als eine
feste Folge von Übungen und Techniken. So ist es selbstverständlich, daß sich das
ausgewählte Vorgehen an den unterschiedlichen Stadien der Wiederherstellung des
Patienten orientiert. Im anfänglich schlaffen Stadium wird also ein anderes Vorgehen
gewählt als im anschließenden spastischen Stadium oder im Stadium der relativen
Wiederherstellung (Bobath, 1980).
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Einen kurzen Überblick über die möglichen Techniken gibt die folgende Auflistung:
• Lagerungstechniken, Lagewechsel und Transfer
• Erarbeitung der Bewegungen und Kontrolle des Beines und der Rumpfbalance
• Mobilisation des Schultergürtels
• Erarbeitung des Armstützes und der Kontrolle der Schulter / des Ellenbogens
• Schulung der gleichmäßigen Gewichtsübernahme und der Gleichgewichtsreaktionen
• Einüben der Stand- und Spielbeinphase und des funktionellen Gehens
• Wiedererlernen des bilateralen Einsatzes der Arme und Hände
• Greifübungen
3.4. Kritik am Bobath - Konzept
Trotz der anhaltenden weit verbreiteten Akzeptanz und Anwendung des Bobath - Konzeptes in der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten wird auch Kritik an diesem Ansatz
geübt.
Ein Teil der Kritik betrifft die vorliegende Schwerpunktsetzung in der Behandlung.
Zum Beispiel äußert sich Hummelsheim (1994a) kritisch gegenüber der unterschiedlichen
Gewichtung der Behandlungsinhalte bzw. -ziele. Seinem Eindruck nach wird das
Hauptaugenmerk und damit auch die hauptsächliche Behandlungszeit auf die spastikreduzierenden Maßnahmen gelegt. Diese Betonung der Hemmung des Muskeltonus führt
seiner Meinung nach jedoch dazu, daß andere wichtige Aspekte der Behandlung
vernachlässigt werden. So käme die Anbahnung von Funktionen von paretischen
Muskelgruppen, v.a. aber der Hand- und Fingermuskulatur viel zu kurz.
Außerdem konnte die noch von Bobath aufgestellte Behauptung, daß die Tonuserhöhung
im Antagonisten und nicht die Parese des Agonisten für die Bewegungsstörung
verantwortlich ist, nicht belegt werden (Schenk, Mai, Heuer, 1998). Statt dessen zeigten
Untersuchungen, daß die mangelnde Aktivität des Agonisten die Bewegungseinschränkungen verursacht. Deshalb wird auch von diesen Autoren vorgeschlagen, den
Schwerpunkt der physiotherapeutischen Behandlung auf die Funktionsanbahnung paretischer Muskelgruppen zu legen, statt vorwiegend Hypertonus zu reduzieren.
Wie von Wagner und Oberleit (1996) jedoch ausdrücklich betont wird, ist durch die
Weiterentwicklung des Bobath - Konzeptes diesem Kritikpunkt längst entgegengewirkt
worden (s. Kapitel III 3.2.), weshalb zumindest dort die Kritik unangebracht erscheint,
wo nach dem neuesten Stand der Entwicklung des Konzeptes gearbeitet wird.
REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL
38
Oftmals wird auch kritisiert, daß die Behandlung nach dem Bobath - Konzept aufgrund
des später beginnenden Gehtrainings zu einer mangelnden Selbständigkeit führt. Bisher
fehlt es diesem Kritikpunkt allerdings an empirischen Beweisen (Rice-Oxley & TurnerStokes, 1999) und neue Richtlinien der Behandlung sehen außerdem ein frühes
Gehtraining vor.
Ein weiterer Kritikpunkt ist schwerwiegender, da er sich an die grundlegenden
Annahmen des Konzeptes richtet. Bezugnehmend auf neuere Untersuchungen zu den
pathophysiologischen Grundlagen der Spastik hält Dietz (1990) die neurophysiologische
Basis, auf der unter anderem das Bobath - Konzept beruht, für veraltet. Seiner Meinung
nach sind die früheren Analysen von Reflexmechanismen nicht mehr haltbar, so daß die
daraus resultierenden Behandlungsansätze in ihrer Durchführung und Anwendung
fragwürdig erscheinen. Dietz verweist auf Untersuchungen, die zeigen, daß kein
Zusammenhang zwischen gesteigerten Reflexen und spastischen Bewegungsstörungen
nachgewiesen werden konnte. Deshalb wird die Herabsetzung der gesteigerten Reflexe
als Therapie der Spastik bzw. der resultierenden Bewegungsstörung angezweifelt. Auch
bei Schenk et al. (1998) wird darauf hingewiesen, daß statt der Verfahren, die auf
veralteten, reflexorientierten Modellen der Bewegungskontrolle beruhen, moderne
Modelle der Bewegungskontrolle bevorzugt werden sollten, bei denen das Üben
spezifischer Aufgaben im Vordergrund steht.
Diese Kritikpunkte, nach denen die neurophysiologischen Grundlagen des Konzeptes
zum Teil in Frage gestellt werden, sind bisher noch nicht widerlegt worden. Es ist also
die Aufgabe der wissenschaftlichen Rehabilitationsneurologie, gesicherte Erkenntnisse
über die physiologischen Mechanismen zu erbringen, die bei der physiotherapeutischen
Behandlung nach Bobath tatsächlich wirksam werden (Hummelsheim & Mauritz, 1993).
REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL
39
4. Evaluation der Rehabilitation
4.1. Effektivität der Rehabilitation und Physiotherapie
Ausgehend von der Tatsache, daß ungefähr die Hälfte aller Patienten, die den Schlaganfall überlebt haben, einer rehabilitativen Therapie bedürfen (Ketz, 1991; Singer, 1987),
sehen Miltner et al. (1994) einen großen Bedarf darin, wirksame und kostengünstige
Rehabilitationsmaßnahmen aufzuzeigen. Gerade auch im Hinblick auf die allgemeinen
medizinischen Einsparungen in den letzten Jahren und die weiterhin zu erwartenden
knapper werdenden Ressourcen, weisen einige Autoren darauf hin, daß die Evaluation
und Qualitätssicherung etablierter Rehabilitationskonzepte erforderlich sei (Helbig et al.,
1997; Heinemann et al., 1998). Doch gerade hier fehlen Studien zur Effektivität
verschiedener Formen der Therapie und Rehabiliation. Vor allem bei den
physiotherapeutischen Behandlungskonzepten wird die empirische Validierung eher als
unzureichend bezeichnet (Miltner et al., 1994).
Es ist also verständlich, daß sich der Ruf nach vermehrten Untersuchungen zur Wirksamkeit der rehabilitativen Behandlung verstärkte und auch gegenwärtig anhält, damit
durch den Vergleich verschiedener physiotherapeutischer Ansätze jeweils deren spezifischen Therapieeffekte nachweisbar werden (Mauritz & Hömberg, 1991) und unwirksame Maßnahmen zugunsten von effizienten Verfahren aus dem Rehabilitationsprogramm gestrichen werden (Krause et al., 1998).
Bislang wurden verschiedene Studien durchgeführt, die zunächst einmal den generellen
Nutzen von Rehabilitationsmaßnahmen überprüfen sollten. Ebenso dienten sie der Suche
nach Faktoren, die den Rehabilitationsverlauf beeinflussen. Eine von Krause et al.
(1998) durchgeführte Studie, mit dem Ziel den Rehabilitationserfolg einer
Anschlußheilbehandlung bzgl. körperlicher Behinderung und neurologischer Defizite zu
messen, zeigte hier durchaus positive Ergebnisse: In allen gemessenen neurologischen
Bereichen konnten hochsignifikante Verbesserungen verzeichnet werden. Vor allem die
Dauer der Rehabilitation als auch die Anwendungshäufigkeit der Physio- und Ergotherapie übten dabei einen signifikanten Einfluß auf die Verbesserungen der körperlichen
Beeinträchtigungen aus.
Eine weitere Studie von Bülau, Fuger und Horn (1994) hat sich ebenfalls mit den
therapeutischen Effekten einer neurologischen Rehabilitation bei Schlaganfallpatienten
beschäftigt. Sie zeigte deutliche Therapieeffekte der stationären Rehabilitation, die u.a.
Physio- und Ergotherapie umfaßte, wobei sich zusätzlich eine Überlegenheit der stationären Behandlung im Vergleich zur ambulanten Versorgung ergab.
REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL
40
Auch bei älteren Schlaganfallpatienten fanden sich im Rehabilitationsverlauf signifikante
Verbesserungen, die v.a. die Aktivitäten des täglichen Lebens und den Bereich der
Mobilität betrafen (Harlacher, Pientka, Füsgen, 1999).
Es konnte auch die Effizienz der stationären Rehabilitation im Hinblick auf Langzeiteffekte nachgewiesen werden. Davidoff, Keren, Ring und Solzi (1991) stellten in einer
Follow-up Studie fest, daß die während der stationären Behandlung erzielten Erfolge
auch noch ein Jahr danach erhalten waren.
Da jedoch in diesen Studien die Physio- und Ergotherapie als Gesamtheit betrachtet
wurde und die physiotherapeutischen Behandlungen nicht nach Behandlungsmethoden
getrennt erfaßt wurden, läßt sich nur die Effizienz dieser Therapien allgemein ableiten. Es
können aber noch keine Aussagen über die Effizienz der einzelnen unterschiedlichen
Behandlungsmethoden getroffen werden (Krause et al., 1998).
4.2. Physiotherapeutische Methoden im Vergleich
Konkrete Vergleichsstudien zum Wirkungsnachweis einzelner Methoden wurden bereits
zum Beispiel für die Vojta - Therapie (vgl. Mucha, 1999) und das Bobath - Konzept
durchgeführt. Da die Behandlung nach Vojta bei der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten, wie bereits erwähnt, kaum zur Anwendung kommt, sollen hier nur die Ergebnisse zur Wirkung des Bobath - Konzeptes dargestellt werden.
Obwohl die neurophysiologischen Prinzipien der Behandlung nach Bobath bis heute noch
ohne ausreichende experimentelle Überprüfung sind, wird im allgemeinen von dieser
Behandlung ein zumindest qualitativ besseres Rehabilitationsergebnis erwartet als von
konventionellen Behandlungen, bei denen die Kompensation und nicht die Regeneration
verlorener Funktionen im Vordergrund stehen. Um zu klären, ob hierzu eine berechtigte
Veranlassung besteht, werden Evaluationsstudien zum Bobath - Konzept betrachtet und
analysiert (vgl. Ashburn, Partridge, De Souza, 1993; Mucha & Scholler, 1998; Ernst,
1990):
Dickstein, Hocherman, Pillar und Shaham (1986) führten eine Vergleichsstudie
zwischen konventioneller Physiotherapie, der Behandlung nach Knott / Voss sowie dem
Bobath - Konzept durch. Es wurden insgesamt 131 Patienten, in drei Gruppen aufgeteilt,
sechs Wochen lang nach den verschiedenen Methoden behandelt. Einmal pro Woche
wurde u.a. der Barthel - Index, der Muskeltonus sowie die Gehfähigkeit überprüft.
REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL
41
Nach sechs Wochen zeigten sich keine Gruppenunterschiede. Die Gehfähigkeit war zwar
nach vier Wochen zunächst in der Gruppe mit konventioneller Behandlung am besten,
und in der Bobath - Gruppe am schlechtesten. Da sich diese Unterschiede jedoch in der
sechsten Woche ausgeglichen haben, kann nicht von einer Überlegenheit einer Methode
bei der Mobilisation ausgegangen werden.
♦ Insgesamt wurden trotz der Unterschiede in Theorie und Praxis der drei Methoden
keine Unterschiede bezüglich des Behandlungserfolges in den gemessenen Kriterien
festgestellt.
In einer Studie von Lord und Hall (1986) wurden Langzeitwirkungen der traditionellfunktionellen Behandlung und des Bobath - Konzeptes verglichen. Vor allem Mobilisationsfertigkeiten und Funktionsleistungen der oberen Extremität wurden in den beiden
Behandlungsgruppen bei insgesamt 39 Patienten retrospektiv (acht Monate nach Aufnahme) erfaßt. Nachweisbare Gruppenunterschiede in den erzielten Fertigkeiten und
Leistungen konnten nicht festgestellt werden. Auffällig war jedoch, daß bei demselben
Endergebnis die Patienten in der Bobath - Gruppe deutlich länger stationär behandelt
wurden als die konventionelle Gruppe (64 vs. 24 Tage).
♦ Insgesamt konnte also auch bei den Langzeitergebnissen keine Überlegenheit des
Bobath - Konzeptes festgestellt werden.
Basmajian et al. (1997) verglichen die Therapie nach Bobath mit einer EMG Biofeedback - Methode (mit integrierter Verhaltenstherapie) bezüglich der Funktionsentwicklung der oberen Extremität. Es nahmen 29 Patienten in zwei Gruppen an der
Untersuchung über fünf Wochen teil und es wurde vor und nach Übungsbeginn bei jedem
Patienten der Funktionsstatus der oberen Extremität mit verschiedenen Instrumenten
erhoben.
♦ Es zeigten sich bei allen Patienten Funktionsverbesserungen, wobei insgesamt keine
statistisch signifikante Überlegenheit einer der beiden Methode gefunden wurde.
Eine experimentelle Fallstudie mit sieben Patienten führten Waagenaar et al. (1990)
durch. Sie verglichen die Behandlungen nach Bobath und Brunnstrom, um die
unterschiedliche Effizienz im Hinblick auf die funktionelle Wiederherstellung zu
überprüfen. Dabei erhielten alle Patienten beide Behandlungsverfahren für insgesamt 20
Wochen, wobei jede Methode jeweils fünf Wochen im Wechsel angewandt wurde. Am
Ende jeder Behandlungsphase wurde der Erfolg u.a. mittels Barthel - Index und der
Analyse des Gangbildes durchgeführt.
♦ Nur bei wenigen Gangparametern eines Patienten konnte eine Überlegenheit der
Brunnstrom - Methode nachgewiesen werden. Ansonsten ergaben die Ergebnisse
keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Interventionsansätzen.
REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL
42
Sunderland et al. (1992; 1994) führten eine Untersuchung zum Vergleich der Bobath Methode mit einer erweiterten Physikalischen Therapie (inkl. EMG- Biofeedback) durch.
Anhand einer umfangreichen Testbatterie wurden die therapeutischen Effekte der beiden
Ansätze bei 137 Patienten untersucht. Die Gruppe mit der erweiterten Physikalischen
Therapie zeigte einen besseren Erholungsverlauf und in einigen Tests bessere
Armfunktionen. Der Barthel - Index und die Gehfähigkeit ergaben keine Unterschiede.
♦ Es scheint also insgesamt einen spezifischen Effekt der erweiterten Physikalischen
Therapie auf die Armfunktion zu geben. Allerdings konnten in einer Follow-up
Studie, an der 97 Patienten aus der ursprünglichen Studie teilnahmen, diese Effekte
nach einem Jahr nicht mehr nachgewiesen werden.
Nakayama et al. (1994) überprüften die Hypothese, daß die Bobath - Methode die
Funktionsfähigkeit der oberen Extremität nicht verbessern kann. Bei 115 nach Bobath
behandelten Patienten wurde am Ende des Krankenhausaufenthaltes die motorische
Verbesserung der oberen Extremität getestet. Bei 64 Patienten blieb die Arm- und
Handparese unverändert.
♦ Es zeigt sich nur eine geringe funktionelle Wirkung der Bobath - Methode auf den
Arm und deshalb schlußfolgern die Autoren, daß eher Kompensationstechniken in
den Vordergrund der Behandlung gestellt werden sollten.
Lincoln, Parry und Vass (1999) untersuchten bei 282 Patienten, ob eine Erhöhung der
Anwendungshäufigkeit und des Umfanges der Behandlungen nach Bobath die Erholung
der Armfunktionen verbessern kann. Nach fünfwöchiger Therapiezeit wurden bei der
Gruppe mit vermehrter Behandlung und der Gruppe mit gewöhnlicher Behandlungsfrequenz die Funktionen der oberen Extremität gemessen und verglichen.
♦ Auch durch die intensivere Behandlung nach Bobath konnte keine signifikante
Verbesserung bei der Erholung der Armfunktionen festgestellt werden.
Eine weitere Studie zur Überprüfung der Wirkung des Bobath - Konzeptes auf den
paretischen Arm wurde von Bütefisch et al. (1995) durchgeführt. Sie gehen davon aus,
daß ein spezifisches Bewegungstraining zur funktionellen motorischen Regeneration der
oberen Extremität besser geeignet sei als die Behandlung nach Bobath. Dies begründen
sie mit der Vorstellung, daß nach Bobath die willkürliche Innervation der Arm- und
Handmuskulatur zugunsten der tonusreduzierenden Maßnahmen vermieden wird.
(Anmerkung: die Modifizierung des Behandlungskonzeptes scheint bei dieser Studie
nicht berücksichtigt worden zu sein. Vgl. Kapitel III 3.4.).
♦ Durch das spezifische Bewegungstraining, in dem Bewegungswiederholungen im
Vordergrund standen, konnten im Gegensatz zur Bobath - Behandlung Verbesserungen der funktionellen Kapazität der oberen Extremität festgestellt werden.
REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL
43
4.3. Zusammenfassung des Forschungsstandes
Bezüglich der Bobath - Methode muß zunächst festgehalten werden, daß alle Studien
unterschiedliche Hypothesen in Bezug auf dieses Konzept prüfen. Ebenso schmälern
methodische Mängel der einzelnen Studien die Aussagekraft der Ergebnisse (Ashburn et
al., 1993). Dessen ungeachtet läßt sich zusammenfassen, daß die Behandlung nach
Bobath in keiner Untersuchung zu überlegenen Effekten auf den Rehabilitationsverlauf
geführt hat. Im Gegensatz scheinen einige Studien sogar darauf hinzuweisen, daß der
Einsatz der Methoden nach Bobath eher zu einer längeren Behandlungsdauer und einer
Verzögerung der Selbständigkeit der Patienten führt. Es bleibt allerdings ungeklärt,
inwieweit diese Effekte auf eine veraltete oder mißverstandene Anwendung des
Behandlungskonzeptes zurückgeführt werden können (Mucha & Scholler, 1998). Eine
solche Vermutung liegt angesichts der in der Literatur immer wieder zu findenden nicht
mehr aktuellen Darstellung des Konzeptes und dessen Anwendung nahe.
Bei der Rehabilitation des paretischen Armes und der Hand belegen die bisherigen
Evaluationsstudien insgesamt nur einen geringen Erfolg. Allerdings wird von verschiedenen Autoren die Verwendung von inadäquaten Erhebungsinstrumenten kritisiert. Vor
allem im Bereich der Armfunktionen zeigten die ausgewählten Skalen sehr oft einen
Mangel an Sensitivität zur Erfassung von geringen Funktionsverbesserungen (Wade,
Langton-Hewer, Wood, Skilbeck, Ismail, 1983). Daher ist nicht klar, ob es tatsächlich
keine Fortschritte bzgl. der funktionellen Erholung des betroffenen Armes bei den einzelnen Behandlungsverfahren gab, oder ob lediglich die Meßverfahren nicht in der Lage
sind, diese Verbesserungen zu erfassen.
Immerhin belegt die empirische Forschung zweifelsfrei, daß die physiotherapeutische
Rehabilitation zu Verbesserungen des funktionellen Status bei Schlaganfallpatienten
führen kann, welche über das Maß einer spontanen Erholung hinausgehen (Ernst, 1990;
Ashburn et al., 1993). Allerdings kann nach heutigem Wissen nach wie vor noch keine
Methode als die optimale Methode für Schlaganfallpatienten angesehen werden. Die
vorliegenden Ergebnisse der bisherigen Studien zum Vergleich der Wirksamkeit
verschiedener physiotherapeutischer Verfahren lassen sich sehr ernüchternd zusammenfassen: Keine Methode ist hinsichtlich der Behandlungsergebnisse bei Patienten mit
zentraler Lähmung einer anderen überlegen (Hummelsheim, 1996d; Dietz, 1990; Ernst,
1990). Es spielt keine Rolle, welches Verfahren zur Behandlung ausgewählt wird, da sich
mehrere Formen der Physiotherapie bei Schlaganfall als wirksam erwiesen haben
(Ashburn et al., 1993). Weiterhin bleiben also die kritischen Faktoren, welche über den
Erfolg oder Mißerfolg einer physiotherapeutischen Behandlung entscheiden, ungeklärt
(Schenk et al., 1998).
KOGNITIV – THERAPEUTISCHE ÜBUNGEN
44
Kapitel IV: Kognitiv - therapeutische Übungen
1. Einleitung
Bei diesem Behandlungskonzept handelt es sich um einen neueren Therapieansatz, der
von dem italienischen Neurologen Prof. Carlo Perfetti speziell für Schlaganfallpatienten
entwickelt wurde. Er begann 1970 mit der Erarbeitung dieses neuen Verfahrens zur
Rehabilitation, da er mit den bisherigen Therapieergebnissen anderer Methoden unzufrieden war. Vor allem die mangelhafte Wiederherstellung der Arm- und Handfunktionen
des paretischen Armes veranlaßte ihn zu einer intensiven Erforschung der gesunden
Funktionen der oberen Extremität, um zu überprüfen, ob die funktionelle Erholung der
Hand verbessert werden könnte. So entstand ein gänzlich neuer Behandlungsansatz, der
ebenso wie das Bobath - Konzept auf einem philosophischen Hintergrund begründet ist
(Oberleit, 1996).
KOGNITIV – THERAPEUTISCHE ÜBUNGEN
45
2. Neurophysiologische und -psychologische Grundlagen
In der Geschichte der Rehabilitation sind verschiedene Rehabilitationstheorien aufgestellt
worden, deren Richtlinien jeweils die Behandlung bestimmen (Perfetti, 1997). Das
Konzept von Perfetti basiert auf einer jungen philosophischen Richtung, die zugleich
auch die Grundlage der Forschung Perfettis bildete. Diese neue Philosophie, mit der
Namen wie Lurija, Sachs, Popper und Piaget verbunden sind, hatte als zentrales Thema
die Fragen: „Was ist der Mensch? (...) Was bedeutet die Bewegung für den Menschen?
(...) Wozu dient die Bewegung? (...) Was ist eine Bewegung? (...)“ (Oberleit, 1993).
Auch die Bedeutung der nicht sichtbaren Elemente, wie Aufmerksamkeit, Intention,
Gedächtnis und Wahrnehmung versuchte man zu erkennen (Oberleit, 1996). So
entwickelte sich die Systematische Anschauungsweise, die sich der mechanistischen und
reflexorientierten Anschauungsrichtung gegenüberstellte. Aus dieser neuen Sicht wird
eine Bewegung weder als Summe vieler Muskelkontraktionen (mechanistische Sicht)
noch als Reflexantwort (reflexorientierte Sicht) betrachtet. Vielmehr wird die Bewegung
als ein kognitiver Prozeß verstanden, der zur Erreichung eines bestimmten Zieles
aktiviert wird.
Diese Erkenntnisse ergeben für die Praxis neue Richtlinien: Die Behandlung soll sich
nicht mehr auf einzelne Muskeln oder Reflexe beziehen, sondern den Menschen als
Ganzes betrachten, „ (...) dessen System durch eine Läsion desorganisiert ist.“ (Oberleit,
1993). Die Reorganisation des zentralen Nervensystems ist also die Hauptaufgabe der
Rehabilitation (Oberleit, 1996), wobei Perfetti darunter einen Lernprozeß unter
pathologischen Bedingungen versteht (Perfetti, 1997).
Das Konzept beruht außerdem auf den neuesten neurophysiologischen und neuropsychologischen Erkenntnissen, die sich in dem Aufbau und der Auswahl der Behandlungstechniken und Übungen niederschlagen (Oberleit, 1996). Das vorhandene Grundlagenwissen wird also in den therapeutischen Übungen direkt umgesetzt, so daß die
Therapieergebnisse als Prüfung für die theoretischen Konzepte herangezogen werden
können (Conti, 1995). Die Forderung, die Hummelsheim und Mauritz (1993) an die
wissenschaftliche Rehabilitationsneurologie stellen, wird deshalb hier sogar noch übertroffen. Es werden nicht nur neurophysiologische Grundlagen in die physiotherapeutischen Behandlungsstrategien einbezogen, welches die Autoren fordern,
sondern die Therapie dient gleichzeitig als Hypothesenprüfung für die Grundlagen. Das
Behandlungskonzept nach Perfetti stagniert also niemals, sondern wird immer wieder
nach den neuesten Erkenntnissen und individuell nach den Bedürfnissen des Patienten
modifiziert und weiterentwickelt (Oberleit, 1996; 1993).
KOGNITIV – THERAPEUTISCHE ÜBUNGEN
46
Die Kenntnis neurophysiologischer und -psychologischer Hintergründe ist laut Perfetti
eine Voraussetzung dafür, dem Patienten ein Wiedererlernen unter pathologischen
Bedingungen und die Reorganisation des ZNS zu ermöglichen. Nur wenn die Arbeitsweise des intakten Gehirnes bekannt sei, können die Vorgänge in einem desorganisierten
System verstanden und durch die Behandlung positiv beeinflußt werden. Das heißt, nur
wenn bekannt ist wie eine Bewegung unter physiologischen Bedingungen entsteht,
können diese Mechanismen auch unter pathologischen Bedingungen erarbeitet werden.
Besonderes Forschungsinteresse galt der Hand, der Wahrnehmung, der Aufmerksamkeit
und der Spastizität:
a) Die Hand
Perfetti geht davon aus, daß bisher bei der Rehabilitation der Hand nicht die richtigen
Informationen verwendet wurden und deshalb der Erfolg bei der Behandlung mit den
traditionellen Methoden ausbleibt. Er ist überzeugt, daß man dem Patienten taktile
Informationen anbieten muß, um dadurch differenziertere Handfunktionen zu erreichen.
Diese Vorgehensweise entspringt der Überlegung, daß die Hand als ein Organ des Tastsinnes aufzufassen ist. In den siebziger Jahren war dieser Rückgriff auf die taktile
Wahrnehmung zur motorischen Rehabilitation allerdings höchst ungewöhnlich, ging man
doch nicht davon aus, daß der Tastsinn eine bedeutende Rolle bei der Bewegungsorganisation spielt. Die verbesserten Behandlungsergebnisse sprachen dennoch für die
Hypothese, daß die taktilen Afferenzen zur Bewegungskontrolle beitragen könnten
(Oberleit & Wagner, 1996).
Erst 1982 wurden von Strick und Preston die zugrunde liegenden neurophysiologischen
Erklärungen dafür geliefert. Sie konnten zeigen, daß im primär motorischen Areal (Area
4) die Bewegungen der Hand nicht lediglich einmal, wie bisher in der homunculären
Theorie von Penfield und Rasmussen angenommen, sondern mindestens zweimal repräsentiert ist (Perfetti, 1997; Kolb & Whishaw, 1993). Auch Wiesendanger sieht in der
homunculären Theorie kein adäquates Modell der Bewegungsrepräsentation (Wiesendanger, 1995). Es ist vielmehr von mindestens zwei Repräsentationen auszugehen, wobei
eine der Kontrolle von Muskel- und Gelenkafferenzen (kinästhetische Afferenzen)
unterliegt, zum Beispiel bei der Streckbewegung des Zeigefingers beim Zeigen. Die
zweite Repräsentation derselben Bewegung wird über taktile Afferenzen kontrolliert und
dann aktiviert, wenn der Zeigefinger gestreckt wird um damit eine Oberflächenstruktur
zu ertasten. Die therapeutischen Übungen werden deshalb so gestaltet, daß die Hand zur
Erkennung von taktilen Informationen gezwungen wird, um so die taktile Repräsentation
dieser Bewegung zu aktivieren (Perfetti, 1997) und neue Bewegungsprogramme zu
erstellen (Hummelsheim & Mauritz, 1993).
KOGNITIV – THERAPEUTISCHE ÜBUNGEN
47
b) Wahrnehmung / Sensibilität
In dem Behandlungskonzept von Perfetti wird die Beziehung zwischen Wahrnehmung /
Sensibilität und Bewegung stark betont. Begründet ist dies in der Annahme, daß Bewegungen und Wahrnehmungen in einem ständigen Feedback - Kreislauf stehen. Durch die
Bewegung wird einerseits Kontakt mit der Umwelt hergestellt und anhand von
verschiedenen Afferenzen kommt das Gehirn so zu Informationen. Diese wiederum
ermöglichen das Entstehen von Bewegungen. Wird dieser Kreislauf unterbrochen oder
gestört, werden physiologische Bewegungsabläufe verhindert (Oberleit, 1993; 1996; vgl.
Kapitel II 6.1.). Lurija (1992) schreibt dazu: „Die motorische Handlung kann nur dann in
angemessener Weise erfolgen, wenn ein (...) System afferenter Synthesen vorhanden ist.
Eine ständige Zufuhr afferenter Informationen ist schließlich für die erfolgreiche
Verwirklichung der letzten Komponenten jeder Willkürbewegung, nämlich der
Überprüfung des Bewegungsverlaufs und der Berichtigung aller Fehler, unerläßlich.“ Das
therapeutische Vorgehen muß demzufolge darauf gerichtet sein, den unterbrochenen
Kreislauf zu reaktivieren (Oberleit, 1993).
c) Aufmerksamkeit
Das wichtigste Instrument in der Rehabilitation ist der Lernprozeß. Ein physiologisches
Bewegungsverhalten läßt sich nur über diese organisierten Prozesse erreichen. Als
unerläßliche Voraussetzung für das Lernen gilt die Aufmerksamkeit des Patienten, da sie
für die kognitiven Prozesse und die Reorganisation von motorischen Arealen im Gehirn
eine entscheidende Rolle spielt (Oberleit & Wagner, 1996; Oberleit, 1993).
Ein taktiler Reiz der Handinnenfläche zum Beispiel führt bei einem unaufmerksamen
Patienten zu einer Tonuserhöhung, während sich der Tonus normalisiert, wenn sich der
Patient auf den Reiz konzentriert (Oberleit, 1996). Reize aus der Umwelt werden also, je
nach Aufmerksamkeit des Patienten, unterschiedlich beantwortet.
Auch für die Wahrnehmungsschulung spielt die Aufmerksamkeit eine große Rolle. So
konnte in Experimenten mit Affen gezeigt werden, daß kortikales Lernen nur bei entsprechender Aufmerksamkeitsfocussierung auf die Aufgabe möglich ist: Hatte der Affe
die Aufgabe, taktile Reize mit dem Zeigefinger zu unterscheiden, zeigte sich nach wiederholter Durchführung dieser Diskriminationsaufgabe, daß das Gebiet des Zeigefingers
im primär motorischen Areal an Größe zugenommen hatte. Eine Vergrößerung konnte
hingegen nicht durch reine taktile Stimulation ohne aktive Aufmerksamkeit erzielt
werden (Oberleit & Wagner, 1996).
KOGNITIV – THERAPEUTISCHE ÜBUNGEN
48
Für das Erarbeiten von Informationen und die Organisation von Bewegungen, bzw. für
das Wiedererlernen unter pathologischen Bedingungen, ist die Aufmerksamkeit von
immanenter Bedeutung (Perfetti, 1997; Oberleit, 1993; 1996). Perfetti (1997) zufolge,
steht die Rehabilitation in direktem Zusammenhang mit der Aktivierung von kognitiven
Prozessen, wobei die Qualität der Wiederherstellung von dem fehlerfreien Ablauf dieser
Prozesse abhängt. Die Hinwendung der Rehabilitation zum ZNS macht es erforderlich,
die Aufmerksamkeit des Patienten mit zu berücksichtigen.
d) Spastizität
Nach heutigem Wissen werden vier elementare Komponenten des spezifischen Defizits
bei Hemiplegiepatienten unterschieden (Perfetti, 1997; Oberleit, 1996; Conti, 1995):
Abnorme Reaktion auf Dehnung: Durch die fehlende kortikale Hemmung beim Hemiplegiker kommt es zu einer deutlichen Herabsetzung der Reizschwelle des physiologischen Dehnungsreflexes. Daher kommt es schon bei einer geringen oder langsamen
Dehnung eines Muskels zur Auslösung des Reflexes und damit zur Kontraktion dieses
Muskels. Schon der Versuch, den Ellenbogen eines Patienten passiv zu strecken, kann zu
einer Kontraktion der Beugemuskulatur führen.
Abnorme Irradiation: Von Irradiation spricht man dann, wenn die willkürliche Anspannung einer Muskelgruppe zu einer unwillkürlichen Anspannung einer anderen Muskelgruppe führt. Abnorm ist diese Erregungsausbreitung, wenn sie mit hoher Intensität
auftritt, immer dieselbe Muskelgruppe betrifft und unfunktionell ist. Diese Störung der
selektiven Weiterleitung des synaptischen Inputs wird durch mangelnde kortikale
Impulse bedingt.
Synergistische Schemata: Schlaganfallpatienten zeigen oft ein auf grobmotorische
Schemata begrenztes motorisches Repertoire, da ein extremer Mangel an verfügbaren
Schemata vorliegt. Diese pathologischen Synergien sind sehr leicht aktivierbar, aber
ermöglichen kaum eine Interaktion mit der Umwelt, da sie immer gleich ablaufen und
keine Wahrnehmung erlauben.
Defizit der Muskelrekrutierung: Die Aktivierung der Muskulatur ist bei Schlaganfallpatienten sowohl qualitativ als auch quantitativ verändert. Die Fähigkeit, die
Kontraktionsintensität verschiedener Muskeln zu regulieren, indem Anzahl und
Entladungsfrequenz der aktivierten motorischen Einheiten verändert wird, ist gestört.
Dadurch ist die Ausführung hochentwickelter motorischer Aufgaben stark reduziert.
KOGNITIV – THERAPEUTISCHE ÜBUNGEN
49
3. Grundkonzepte der Behandlung
Aus den aufgeführten und erläuterten neurophysiologischen Erkenntnissen ergeben sich
verschiedene Implikationen für das Therapiekonzept und die Behandlungsgestaltung
nach Perfetti. Die wesentlichen Merkmale und Kerngedanken werden im folgenden
dargestellt:
Ein grundsätzliches Ziel der Behandlung ist die Verminderung aller Faktoren, die eine
ungünstige Reorganisation des ZNS bewirken. Es ist daher im Bestreben jedes Therapeuten, dem Patienten die notwendigen Lernprozesse zu ermöglichen und ihn nicht einer
spontanen Heilung zu überlassen (Perfetti, 1997; Oberleit, 1993).
Die bewußte Schulung der Wahrnehmung hat in dem Konzept von Perfetti deshalb einen
großen Stellenwert, da erst dann wieder physiologische Bewegungsabläufe möglich sind,
wenn das ZNS den gesamten Körper wieder als wahrnehmende / rezeptorielle Oberfläche
nutzen kann. Aus diesem Grund werden viele Übungen mit geschlossenen Augen
durchgeführt. Dadurch werden den kinästhetischen und taktilen Afferenzen der Vorzug
gegeben und die Aufgabenlösung kann nicht mit Hilfe visueller Informationen erfolgen
(Oberleit & Wagner, 1996; Perfetti, 1997). Eine Untersuchung von Johansson, Lindgren,
Widner und Wiklund (1993) bestätigt, daß sensorische Stimulation die motorische
Regeneration beschleunigen kann.
Bei der Rehabilitation der paretischen Hand gilt als Richtlinie, daß der Patient bei der
Bewegungsausführung nicht auf alte Bewegungsmuster zurückgreifen soll, da hierdurch
zumeist keine physiologischen Bewegungen sondern vorwiegend assoziierte Reaktionen
ausgelöst werden. Ein Rückgriff auf motorische Muster, die vor der Hirnläsion zur
Verfügung standen, ist deshalb zu vermeiden. Statt dessen sollen ganz neue Bewegungsprogramme erstellt werden. Die unerwünschten Reaktionen können durch Bewegungen verhindert werden, die vornehmlich die Aufnahme von sensiblen Informationen
zum Ziel haben und so ganz neue Bewegungsstrategien entwickelt werden können.
Zusätzlich dient die dadurch provozierte Aufmerksamkeitsfocussierung der Senkung des
erhöhten Muskeltonus (Hummelsheim & Mauritz, 1993).
Da eine Bewegung ohne Ziel und ohne Informationsaufnahme für das Gehirn keinen Sinn
ergibt, kann sie keinen Lerneffekt bewirken. Deshalb ist es für die Therapie unerläßlich,
mit jeder Bewegung eine Aufnahme von Information anzustreben, womit die Bewegung
als Mittel zum Erkennen eingesetzt wird.
KOGNITIV – THERAPEUTISCHE ÜBUNGEN
50
Dies ist ein weiteres wichtiges Merkmal des Konzeptes nach Perfetti: Es wird keine
Bewegung ohne ein konkretes Ziel durchgeführt und den Patienten werden mit jeder
Übung Aufgaben gestellt, die sie nur mit Hilfe von taktilen oder kinästhetischen
Informationen lösen können. Rehabilitation wird also als Lernvorgang angesehen, bei
dem jede Übung eine kognitive Leistung verlangt. Auch Platz et al. (1994) betonen den
problemlösenden Aspekt einer Bewegung, der zur Bewältigung von räumlichen
Aufgaben wichtig wird. Der Lernprozeß von neuen motorischen Bewegungsmustern
wird als optimale motorische Lösung für ein bestehendes räumliches Problem angesehen.
Aus dem Verständnis der Spastizität haben sich neue therapeutische Konsequenzen
ergeben. Die Spastizität wird nicht mehr als ein globaler Komplex behandelt, sondern
jedes der vier pathologischen Elemente wird aufgrund der unterschiedlichen neurophysiologischen Ursachen separat betrachtet. Mittels verschiedener Übungstypen (s.
Kapitel IV 3.) soll der Patient lernen, die pathologischen Komponenten mit Hilfe seiner
kognitiven Fähigkeiten zu kontrollieren. Es steht also nicht mehr der Therapeut im
Mittelpunkt, der hemmend oder bahnend eingreift, sondern der Patient soll selbst über
die kognitive Ebene auf die Bewegungsstörung einwirken.
Eine prägnante Zusammenfassung gibt ein Zitat von Conti (1995): „Die aktive Aufnahme von Informationen und deren bewußte Verarbeitung durch das `System Mensch`
auf Wegen, die der spezifischen Pathologie des Patienten angepaßt sind, gehören zu den
Kerngedanken der therapeutischen Übungen nach Perfetti. Dieser Prozeß des Erkennens
durch aktive Interaktion mit der Umwelt wird in ein strukturiertes Lernprogramm eingebaut, so daß der Patient Bewegungen wiedererlernt, die anpassungsfähige und flexible
Verhaltensakte erlauben“.
KOGNITIV – THERAPEUTISCHE ÜBUNGEN
51
4. Behandlungsinhalte und Übungen
Der gesamte Übungsaufbau beruht auf der Annahme, daß die Bewegung das letzte Glied
einer komplexen Bewegungskette ist, und erst dann wieder physiologisch ausgeführt
werden kann, wenn alle vorherigen Schritte dieser Kette wieder reaktiviert wurden.
Deshalb wird bei den sogenannten Übungen ersten Grades zunächst nur der kinematische
Gesichtspunkt einer Bewegung (Weg einer passiven Bewegung) rekonstruiert, und erst
mit den Übungen zweiten Grades wird die dynamische Komponente (die für eine
Bewegung notwendige Kraft) aktiviert. Wie Kalaska zeigen konnte, werden diese beiden
Aspekte einer Bewegung auch im ZNS unterschiedlich organisiert. Der kinematische
Anteil einer Bewegung wird demzufolge vom Areal 5 programmiert und die dynamische
Komponente wird hauptsächlich vom Areal 4 aktiviert (vgl. Kapitel II 6.1.). Folglich
beginnen die therapeutischen Übungen zunächst mit einer Reaktivierung des Areal 5 und
erst wenn diese Programmierung korrekt erfolgt ist, beginnt die Reaktivierung des Areal
4 (Oberleit, 1993).
Die Behandlung kann in drei Abschnitte gegliedert werden, die sich nach dem Ausmaß
der motorischen Fähigkeiten des Patienten, dem Maß der geforderten kognitiven
Kontrolle und nach der Natur (Stärke, Lokalisation) der vier pathologischen Komponenten richten (Perfetti, 1997; Conti, 1999a; 1999b; 1995; Oberleit, 1993; 1996):
Übungen ersten Grades:
Bei diesen Übungen soll der Patient lernen, die abnorme Reaktion auf Dehnung zu kontrollieren. Der Therapeut führt mit einer gleichmäßigen Bewegung eine Fingerkuppe des
Patienten über die Konturen einer ausgewählten zwei- oder dreidimensionalen Figur
(Kreis, Dreieck,...). Die Bewegungen werden dabei vollständig vom Therapeuten
geführt, so daß keinerlei Muskelaktivität vom Patienten verlangt wird. Dieser hat die
Aufgabe währenddessen mit geschlossenen Augen taktile und kinästhetische Informationen über die Bewegungsrichtung, Richtungswechsel und Distanz aufzunehmen, um so
die Figur wiederzuerkennen (perzeptive Hypothese). Um diese Aufgabe lösen zu können,
muß der Patient die maximale Aufmerksamkeit auf die Bewegungen und taktilen Reize
des plegischen Armes richten. Damit die erhaltenen Informationen nicht verfälscht
werden, darf es dabei nicht zu abnormen pathologischen Dehnreaktionen kommen, so
daß der Patient gezwungen ist, dieses pathologische Element kognitiv zu kontrollieren.
Ziele dieser Übungen sind das Erreichen einer ausreichenden Kontrolle des abnormen
Dehnreflexes, das Verringern des taktilen und kinästhetischen Defizits und die Überwindung des Rekrutierungsdefizits.
KOGNITIV – THERAPEUTISCHE ÜBUNGEN
52
Übungen zweiten Grades:
Sobald die Kontrolle des abnormen Dehnreflexes möglich ist und die taktil - kinästhetischen Wahrnehmungsleistungen sich verbessert haben, kann auf diese Übungsgruppe
übergegangen werden. Indem der Therapeut langsam seine Unterstützung bei der
Bewegungsdurchführung abbaut, wird dem Patienten die Aufgabe gegeben bei den
Übungen zur Informationssuche aktiv mitzuhelfen. Es werden also erstmals willkürliche
motorische Leistungen verlangt, wobei der Krafteinsatz nur so groß sein darf, daß keine
pathologischen Elemente auftreten. Deshalb muß der Patient lernen, die abnorme Irradiation zu kontrollieren. Damit ein Lerneffekt auftreten kann, muß der Zeitpunkt für
diese Übungen gut gewählt sein (erste aktive Bewegungen sollten vorhanden sein) und
die Unterstützung muß sich an die Fähigkeiten des Patienten anpassen.
Ziele sind die Kontrolle über abnorme Irradiation, die weitere Verbesserung der Wahrnehmung und Muskelrekrutierung, sowie die richtige Programmierung der Bewegung.
Übungen dritten Grades:
Diese Übungen stellen noch eine weitere Erhöhung der Anforderungen an den Patienten
dar. Um zu den notwendigen Informationen zur Lösung der perzeptiven Aufgabe zu
kommen, muß der Patient die dazu erforderlichen Bewegungen völlig selbständig ausführen. Die Aufgaben sind dabei so gestellt, daß nur die Ausführung von komplexen
Bewegungselementen (bis hin zum Einsatz des gesamten Körpers) eine Lösung ermöglicht. Der Patient muß also lernen, das eventuelle Auftreten von pathologischen Synergien zu beherrschen. Da die Aufgaben immer komplexer werden, muß der Patient die
Fähigkeit entwickeln, alle pathologischen Komponenten gleichzeitig zu kontrollieren und
zu hemmen.
Ziele dieser Übungen sind das Erlernen der Kontrolle synergistischer Schemata, die
weitere Normalisierung der Wahrnehmung und Muskelrekrutierung bis hin zur korrekten
Programmierung der Bewegung in Raum, Zeit und Intensität.
Abschließende Bemerkung:
Obwohl primär das Interesse von Perfetti überwiegend den Behandlungsmöglichkeiten
der Hand galt und die Übungen an Beispielen der oberen Extremität erläutert wurden, ist
das Therapiekonzept von Perfetti nicht ausschließlich als Rehabilitation der Hand aufzufassen. Die therapeutischen Übungen sind auf den ganzen Menschen ausgerichtet und
beziehen den Rumpf und die untere Extremität ebenso sorgfältig mit ein (Conti, 1995).
Für alle Übungen stehen speziell entwickelte Therapiegeräte zur Verfügung, die auch die
Durchführung aller drei Übungsstufen erlauben.
KOGNITIV – THERAPEUTISCHE ÜBUNGEN
53
5. Evaluation des Perfetti - Konzeptes
Die Anwendung des Behandlungskonzeptes von Perfetti ist in der Rehabilitation von
Schlaganfallpatienten noch nicht so weit verbreitet wie das längst etablierte Bobath Konzept. Es liegen also im Vergleich noch wenige Erfahrungen mit dieser Methode vor
und es mangelt bisher an veröffentlichten Berichten und Stellungnahmen zum Einsatz der
kognitiv - therapeutischen Übungen.
Ebenfalls zeigten Literaturrecherchen in gebräuchlichen medizinischen Datenbanken im
Internet, daß bisher auch noch keine kontrollierten Studien über den Erfolg des
Behandlungskonzeptes nach Perfetti und über die Wirkungsweise dieser Methode vorliegen. Objektive Aussagen über die Wirksamkeit dieses physiotherapeutischen Vorgehens können zum augenblicklichen Forschungsstand deshalb noch nicht getroffen
werden.
Es wird jedoch von klinischen Befunden berichtet, die auf Erfolge des Behandlungskonzeptes bei der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten hinweisen (Perfetti, 1997).
Damit sich das Konzept langfristig einen festen Platz bei der Behandlung dieser Patienten
sichern kann, muß überprüft werden, ob die beobachteten klinischen Befunde von
statistischer Relevanz sind. Die Klärung sowohl allgemeiner als auch spezifischer
Therapieeffekte des Perfetti - Konzeptes stellt demzufolge zur Zeit noch einen deutlichen
Forschungsbedarf dar.
FRAGESTELLUNGEN
54
Kapitel V: Fragestellungen
Die vorliegende Diplomarbeit befaßt sich mit der Überprüfung der Wirksamkeit der
kognitiv - therapeutischen Übungen innerhalb der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten.
Die erste Frage stellt sich bezüglich der allgemeinen Wirksamkeit dieser Übungen. Bei
einem erfolgreichen Einsatz der Behandlungsmethode müßte sich bei der Regeneration
ein Unterschied zum Spontanverlauf nach einem Schlaganfall zeigen. Da aus ethischen
Gründen ein direkter Vergleich mit einer unbehandelten Kontrollgruppe jedoch nicht
vertretbar ist, muß die Kontrollgruppe mit einer anderen Behandlungsform therapiert
werden. Für die Diplomarbeit hat sich hierfür eine Behandlung in Anlehnung an das
Bobath - Konzept angeboten.
Durch die Erhebungen verschiedener relevanter Variablen vor und nach der jeweiligen
Intervention werden die Behandlungsergebnisse erfaßt. Vor allem die Bereiche
funktionelle Motorik, Spastizität und Aktivitäten des täglichen Lebens erscheinen als
geeignet, um einen Behandlungserfolg zu dokumentieren. Dabei sind die Fragen zu
klären, ob die kognitiv - therapeutischen Übungen sowohl zu einer deutlicheren
motorischen Verbesserung und Abnahme der Spastizität als auch zu einer größeren
Verbesserung im ADL - Bereich beitragen können als die am Bobath - Konzept
orientierte Behandlung.
Als Experimentalgruppe (EG) wird die Gruppe bezeichnet, die während der Rehabilitation mit kognitiv - therapeutischen Übungen (auf dem Perfetti - Konzept beruhend)
behandelt wurde. Die Patienten, die in Anlehnung an das Bobath - Konzept therapiert
wurden, bilden die Kontrollgruppe (KG). Folgende Hypothesen wurden zunächst untersucht, um eine generelle Wirksamkeit der kognitiv - therapeutischen Übungen im
Vergleich zur Behandlung nach den Prinzipien des Bobath - Konzeptes bei der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten zu überprüfen:
1. Beide Behandlungsgruppen weisen nach der Trainingszeit signifikante Veränderungen bei den motorisch - funktionellen Fähigkeiten, dem Muskeltonus sowie der
Selbständigkeit bzw. Hilfsbedürftigkeit auf.
2. Die EG zeigt jedoch nach der Therapiezeit deutlichere Verbesserungen der Ergebnisse im motorisch - funktionellen Bereich als die KG.
FRAGESTELLUNGEN
55
3. Patienten aus der EG weisen nach der Behandlung auch eine größere Abnahme der
Spastizität auf als die Patienten der KG.
4. Ebenfalls im Bereich der Aktivitäten des täglichen Lebens zeigt die EG nach dem
Trainingsintervall sowohl in der Fremd- als auch in der Selbstbeurteilung stärkere
Verbesserungen als die KG.
Berücksichtigt man weitergehend die unterschiedlichen Schwerpunkte der beiden
Therapiekonzepte, so läßt sich vermuten, daß beide Ansätze für jeweils andere Aspekte
des motorisch - funktionellen Bereichs erfolgreich sind. Es scheint also sinnvoll zu sein,
zusätzlich die jeweils vermuteten spezifischen Erfolge der beiden Behandlungsmethoden
separat zu überprüfen, anstatt nur eine generelle Überlegenheit einer der beiden
Methoden zu untersuchen. Die Bestätigung dieser Spezifitätsannahmen wäre hilfreich,
die leider weit verbreitete gegenseitige dogmatische Ausgrenzung der unterschiedlichen
physiotherapeutischen Schulen zu reduzieren und einen komplementären Einsatz beider
Methoden in der Rehabilitation zu fördern.
Folgende zusätzlichen Hypothesen wurden in der Diplomarbeit überprüft, um ggf.
vorhandene spezifische Effekte aufzuzeigen:
5. Im motorisch - funktionellen Bereich zeigt die EG für den betroffenen Arm und die
Hand deutlichere Verbesserungen in den Ergebnissen als die KG.
6. Die KG weist hingegen nach dem Trainingszeitraum stärkere Verbesserungen der
Mobilität und der Rumpffunktionen auf als die EG.
Außerdem wurden in der vorliegenden Arbeit Fragen bezüglich der Aufmerksamkeitskomponente untersucht. Bei den kognitiv - therapeutischen Übungen wird der
Aufmerksamkeit bei dem zu leistenden Lernprozeß in motorischer Hinsicht ein hoher
Stellenwert eingeräumt. Demzufolge müßten Patienten mit einer eingeschränkten
Aufmerksamkeit weniger von der Behandlung profitieren als Patienten ohne dieses
Defizit. Auf der anderen Seite ist es allerdings auch denkbar, daß durch die kognitiv therapeutischen Übungen gerade eine Verbesserung der Aufmerksamkeit erzielt wird.
Um diese Fragestellungen zu klären, werden die beiden nachstehenden Hypothesen
überprüft:
FRAGESTELLUNGEN
56
7. Je niedriger die Aufmerksamkeitsleistung bei Patienten aus der EG, desto geringer
sind die motorisch - funktionellen Fertigkeiten nach dem Trainingsintervall. Bei
Patienten der KG finden sich diese Zusammenhänge nicht.
8. Die EG zeigt nach der Therapie im Gegensatz zur KG eine Verbesserung der
Aufmerksamkeitsleistung.
Eine abschließende Frage betrifft die Beurteilung der Behandlung durch die Patienten.
Wenn man annimmt, daß mit einer positiven Beurteilung der Patienten bezüglich der
erhaltenen Behandlung auch eine höhere Motivation einher geht, müßte sich das positiv
auf den Behandlungserfolg auswirken.
Falls bei den beiden Gruppen Unterschiede in den Behandlungserfolgen nachgewiesen
werden (Hypothesen 2.- 4.), kann dieses Ergebnis also auch durch eine unterschiedliche
Beurteilung der Behandlungen zustande gekommen sein. Dazu wurden zwei ergänzende
Hypothesen untersucht:
9. Die EG beurteilt die Behandlung mit kognitiv - therapeutischen Übungen positiver
als die KG ihre Behandlung nach dem Bobath - Konzept.
10. Unabhängig von der Behandlungsgruppe sind positivere Beurteilungen der
Behandlung mit besseren Ergebnissen in motorisch - funktioneller Hinsicht sowie im
ADL - Bereich assoziiert.
FRAGESTELLUNGEN
57
Die Fragestellungen im Überblick:
1. Beide Behandlungsgruppen weisen nach der Trainingszeit signifikante Veränderungen bei den motorisch - funktionellen Fähigkeiten, dem Muskeltonus sowie der
Selbständigkeit bzw. Hilfsbedürftigkeit auf.
2. Die EG zeigt nach der Therapiezeit deutlichere Verbesserungen der Ergebnisse im
motorisch - funktionellen Bereich als die KG.
3. Patienten aus der EG weisen nach der Behandlung auch eine größere Abnahme der
Spastizität auf als die Patienten der KG.
4. Ebenfalls im Bereich der Aktivitäten des täglichen Lebens zeigt die EG nach dem
Trainingsintervall sowohl in der Fremd- als auch in der Selbstbeurteilung stärkere
Verbesserungen als die KG.
5. Im motorisch - funktionellen Bereich zeigt die EG für den betroffenen Arm und die
Hand deutlichere Verbesserungen in den Ergebnissen als die KG.
6. Die KG weist hingegen nach dem Trainingsintervall stärkere Verbesserungen der
Mobilität und der Rumpffunktionen auf als die EG.
7. Je niedriger die Aufmerksamkeitsleistung bei Patienten aus der EG, desto geringer
sind die motorisch - funktionellen Fertigkeiten nach dem Trainingsintervall. Bei
Patienten der KG finden sich diese Zusammenhänge nicht.
8. Die EG zeigt nach der Therapie im Gegensatz zur KG eine Verbesserung der
Aufmerksamkeitsleistung.
9. Die EG beurteilt die Behandlung mit kognitiv - therapeutischen Übungen positiver
als die KG ihre Behandlung nach dem Bobath - Konzept.
10. Unabhängig von der Behandlungsgruppe sind positivere Beurteilungen der
Behandlung mit besseren Ergebnissen in motorisch - funktioneller Hinsicht sowie im
ADL - Bereich assoziiert.
METHODEN
58
Kapitel VI: Methoden
1. Erhebungsinstrumente
Um die aufgeführten Hypothesen zu prüfen, sind verschiedene Instrumente zur Datenerhebung herangezogen worden. Für die Hypothesen 1, 2, 5 und 6 wurde das Rivermead
Motor Assessment zur Erfassung und Bewertung motorischer Funktionen bei Schlaganfallpatienten genutzt. Mittels der modifizierten Ashworth - Skala wurde der Grad der
Spastizität quantifiziert, welches für die Hypothesen 1 und 3 erforderlich war. Das
Ausmaß der Selbständigkeit bei den Aktivitäten des täglichen Lebens wurde zur Prüfung
der 1., 4. und 10. Hypothese mit dem Barthel - Index und dem SDB - Fragebogen
erhoben. Zur Erfassung der Aufmerksamkeitsleistungen für die Hypothesen 7 und 8
wurde der Alters - Konzentrations - Test durchgeführt. Die zusätzlichen Hypothesen 9
und 10 wurden untersucht, indem eine modifizierte Form des Fragebogens zur
Beurteilung der Behandlung angewendet wurde.
1.1. Rivermead Motor Assessment (RMA)
Anwendung:
Die Skala wurde Ende der 70er Jahre von der Psychologin Nadina Lincoln und der
Physiotherapeutin Diana Leadbitter am Rivermead Rehabilitation Center in Oxford
entwickelt (Lincoln & Leadbitter, 1979). Neben dem als „Rivermead Stroke Assessment“
bezeichneten Original existieren mittlerweile mehrere deutsche Übersetzungen
(Minkwitz, 1996; Hesse, 1994c).
Da bislang ein Mangel an Verfahren zur Bewertung motorischer Funktionen bei Schlaganfallpatienten vorlag, sollte diese Skala zur standardisierten Beschreibung von motorischen Störungen und zur Dokumentation von Veränderungen der motorischen Fähigkeiten dienen. Sie ist sowohl zum klinischen Einsatz in der Akut- und Rehabilitationsphase gedacht, als auch für wissenschaftliche Studien anwendbar (Lincoln & Leadbitter, 1979; Sackley & Lincoln, 1990; Adams, Ashburn, Pickering, Taylor, 1997a;
Minkwitz, 1996). Aufgrund des großen Umfangs raten Wade (1992) und Masur (1995)
jedoch von der Anwendung zur klinischen Routine ab. Statt dessen empfehlen sie hierfür
den Rivermead Mobility Index, eine deutlich verkürzte Weiterentwicklung der
ursprünglichen Rivermead - Skala (Collen, Wade, Robb, Bradshaw, 1991).
METHODEN
59
Die Rivermead - Skala ist zur Fremdeinschätzung der motorischen Fähigkeiten von
Schlaganfallpatienten heute sehr weit verbreitet. Dieses ist einerseits darauf zurückzuführen, daß in diesem Bereich ein hoher Bedarf an standardisierten Verfahren vorliegt,
welche die Kommunikation zwischen verschiedenen Physiotherapeuten erleichtern. Aber
auch das zunehmende Interesse an der Evaluation gebräuchlicher physiotherapeutischer
Verfahren dürfte zur internationalen Verbreitung der Skala beigetragen haben.
Aufbau:
Die aktuelle Fassung der Rivermead Motor Assessment - Skala (RMA) besteht aus
insgesamt 38 Items, die in drei Funktionsbereiche aufgeteilt sind (s. Anhang A):
• Gross function (RMA-G): Diese Subskala erfaßt die globalen Funktionsfähigkeiten.
Sie besteht aus 13 Items zur allgemeinen Mobilität (Sitzen, Gehen, Transfer).
• Bein und Rumpf (RMA-B): In dieser Subskala mit 10 Items wird die Bein- und
Rumpfkontrolle erfaßt.
• Arm (RMA-A): Diese aus 15 Items bestehende Skala erfaßt sowohl die Arm- und
Handfunktionen sowie die Kontrolle der Bewegungen der oberen Extremität.
Die Aufgaben jedes Bereichs sind nach ihrem Schwierigkeitsgrad geordnet, wobei die
leichtesten Items am Anfang getestet werden. Die Anordnung der Aufgaben folgt dabei
den anerkannten Rückbildungsstadien nach einem Apoplex. Auch die physiotherapeutischen Erfahrungen bei der Behandlung von Schlaganfallpatienten und die
spezifischen Defizite dieser Patienten haben zu der entsprechenden Anordnung der Items
beigetragen. Aufgrund der einheitlichen Muster bei der Rückbildung der motorischen
Funktionen wurde das RMA als hierarchische Guttman - Skala konstruiert (Lincoln &
Leadbitter, 1979; Hesse, 1994; Adams et al., 1997a).
Für die Durchführung der 38 Aufgaben existieren genau umschriebene Kriterien (s.
Anhang B). Die Bewertung der Leistung der Patienten erfolgt anhand eines dichotomen
Scores, d.h. entweder der Patient kann die Aufgabe erfolgreich (Score 1) oder nicht
erfolgreich (Score 0) durchführen. Für jede Aufgabe hat der Patient drei Versuche und
die Summe aller erfolgreichen Items wird als jeweiliger Teilscore oder als Gesamtwert
des RMA notiert. Die Testdauer beträgt zwischen 40 - 60 Minuten.
Da die Items hierarchisch angeordnet sind, kann das Verfahren je nach Fähigkeitsgrad
der Patienten abgekürzt werden. Eine exakte Guttman - Skalierung erlaubt den Rückschluß, daß nach einer nicht erfolgreich absolvierten Aufgabe alle weiteren Aufgaben
dieses Bereiches ebenfalls nicht erfolgreich durchgeführt werden können.
METHODEN
60
Der Testbereich könnte nach einem solchen Fehlversuch also abgebrochen werden. Um
aber in der Praxis eventuell auftretende Diskrepanzen zu berücksichtigen (schwieriger
eingestufte Items werden gelöst, obwohl vorangegangene Items nicht durchgeführt werden konnten), wurde von Lincoln und Leadbitter ein Abbruchkriterium festgesetzt.
Danach soll der jeweilige Funktionsbereich erst dann abgebrochen werden, wenn der
Patient nicht in der Lage war drei hintereinander folgende Aufgaben erfolgreich durchzuführen. Hierdurch kann der sogenannte Cross-over Effekt zumindest reduziert werden
und die Wahrscheinlichkeit, daß ein Patient nach drei Fehlversuchen noch weitere Aufgaben lösen kann, wird als sehr gering angegeben (Lincoln & Leadbitter, 1979).
Testgütekriterien:
•
•
•
Retest - Reliabilität: Lincoln und Leadbitter (1979) haben für eine Stichprobe von 10
Schlaganfallpatienten nach einem Zeitraum von vier Wochen die Retest - Reliabilität
ermittelt. Sie liegt für den Bereich RMA-G bei 0.66, für den RMA-B bei 0.93 und
den RMA-A bei 0.88.
Interrater - Reliabilität: Genaue Zahlenwerte werden von Lincoln und Leadbitter
(1979) hier nicht angegeben. Sie berichten lediglich, daß die Einschätzungen der
sieben getesteten Beurteiler in den Skalen RMA-G und RMA-B übereinstimmen,
jedoch für den Bereich der Armfunktionen signifikante Unterschiede bei der Beurteilung festgestellt wurden. Die Instruktionen der Items aus der Skala RMA-A
wurden deshalb neu überarbeitet.
Validität: Das Rivermead Motor Assessment verfügt über Augenscheinvalidität und
inhaltlich - logische Validität (German Center for Information and Documentation in
Psychology, 1991).
Lincoln und Leadbitter (1979) haben an einer Stichprobe von 51 Schlaganfallpatienten
(17 - 65 Jahre) die Guttman - Skalierung überprüft. Das Ausmaß, in dem die Items der
Ordnung dieser hierarchischen Anordnung folgen, kann mittels folgender Koeffizienten
gemessen werden:
• Koeffizient der Reproduzierbarkeit (CR): Ein Wert über 0.9 bestätigt das Vorliegen
•
einer validen Guttman - Skala. In der o.g. Stichprobe wurden für die drei Funktionsbereiche Koeffizienten zwischen 0.90 und 0.98 ermittelt.
Skalierungskoeffizient (CS): Ein Wert über 0,6 bestätigt, daß die Skalierungskriterien
für eine Guttman - Skala erfüllt sind. In den drei Kategorien lagen die Werte der
Stichprobe zwischen 0.79 und 0.96.
Für die deutsche Übersetzung werden keine Angaben zu den Gütekriterien gemacht.
Normen oder Stichprobendaten liegen ebenfalls nicht vor.
METHODEN
61
Kritik / Bewertung:
Nach Masur (1995) vermittelt die Rivermead - Skala „einen sehr genauen Überblick über
die motorischen Fähigkeiten des Patienten“. Wade (1992) äußert sich ebenfalls positiv
zum RMA, da sowohl der Bereich Impairment (Armsektion, Bein- und Rumpfsektion)
als auch der Bereich Disability (globale Funktionsfähigkeit) erfaßt wird. Zudem wird von
Wade die Validität und Reliabilität als angemessen beurteilt. Zur Erfassung von
geringgradigen motorischen Beeinträchtigungen hat sich die Rivermead - Skala als
sensitiv erwiesen, so daß auch geringe Veränderungen erfaßt werden können. Lediglich
gegenüber schweren Beeinträchtigungen zeigte sich der RMA als weniger sensitiv (Collin
& Wade, 1990; Hesse, 1994). Dieses wird vor allem bei Patienten mit sehr
eingeschränkten motorischen Funktionen für den Bereich der globalen Funktionsfähigkeit
(RMA - gross function) berichtet (Sackley & Lincoln, 1990).
Nachteilig ist nach Hesse (1994) zu bewerten, daß sich durch die funktionelle Ausrichtung der Items keine Rückschlüsse auf die zugrunde liegenden Defizite der Motorik,
Koordination und Sensibilität ziehen lassen. Auch Minkwitz (1996) kritisiert die
mangelnde Aussagekraft des Verfahrens für die Therapieplanung, so daß der praktische
Nutzen des RMA für die physiotherapeutische Behandlung fraglich erscheint.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die mangelnde Absicherung des Verfahrens. Es liegen
nur geringe Hinweise zu den Gütekriterien vor und für die deutsche Übersetzung fehlen
Angaben zur Testgüte vollständig. Nach Mawson (1993) erfüllt die Rivermead - Skala
nicht alle Anforderungen eines standardisiertes Meßverfahren. Adams et al. (1997a)
beanstanden außerdem, daß die Skala 1979 von Lincoln und Leadbitter lediglich an einer
Stichprobe von nicht akuten Schlaganfallpatienten im Alter von 17 - 65 Jahren erprobt
und standardisiert wurde. Bislang fehlte die Überprüfung des RMA bezüglich der
Reliabilität und Skalierung bei älteren Schlaganfallpatienten, obwohl die Mehrzahl der
Patienten mit Apoplex über 65 Jahre alt ist. Deshalb wurde in einer Studie überprüft, ob
die anhand der Originalstichprobe entwickelte Skalierung auch auf ältere, akute
Schlaganfallpatienten zutrifft (Adams et al., 1997a). Die Koeffizienten der Reproduzierbarkeit und die Skalierungskoeffizienten erreichten nur in den Subskalen RMA-G und
RMA-A die erforderlichen Skalierungskriterien. Der Bereich der Bein- und Rumpfkontrolle hat die Kriterien verfehlt, weshalb die Autoren empfehlen, diese Skala nicht als
hierarchische Skala einzusetzen.
Insgesamt handelt es sich aber um ein ökonomisch einsetzbares Verfahren, um im
Rahmen von wissenschaftlichen Studien Veränderungen der motorisch - funktionellen
Fähigkeiten bei Patienten nach einem Apoplex zu erfassen.
METHODEN
62
Auswahlbegründung:
Nach sorgfältiger Begutachtung verschiedener Verfahren zur Erfassung der motorischen
Fähigkeiten erschien das RMA für die Zielsetzung der vorliegenden Diplomarbeit am
geeignetsten. Die kognitiv - therapeutischen Übungen beschäftigen sich hauptsächlich mit
der Rehabilitation von motorischen Störungen unter funktionellen Gesichtspunkten.
Deshalb ist es sinnvoll, für eine Studie zur Messung der Wirksamkeit dieses physiotherapeutischen Verfahrens, ein Instrument zu wählen, welches konkret diesen Aspekt
wiedergibt (Adams, Pickering, Ashburn, Lincoln, 1997b). Die Itemauswahl des RMA
entspricht diesen Anforderungen von allen gesichteten Instrumenten am besten.
Weiterhin wurde bei der Auswahl darauf geachtet, ein Instrument zu finden, welches zur
Überprüfung der spezifischen Effekte (Hypothesen 5 und 6) geeignet ist. Die Unterteilung des RMA in drei Kategorien ist hierfür als vorteilhaft anzusehen. Um besonders
im Bereich der Arm- und Handfunktionen differenzierte Aussagen treffen zu können,
wurde zunächst der Armparese - Score von Wade (Masur, 1995) als zusätzliches
Erhebungsinstrument der oberen Extremität in Erwägung gezogen. Auf die Durchführung wurde jedoch schließlich verzichtet, da in einer Studie von Helbig et al. (1997)
eine geringere Sensitivität dieses Scores im Vergleich zum Untertest Armfunktion des
RMA festgestellt wurde. Eine genauere Differenzierung der Funktionen im Arm- und
Handbereich konnte durch die Anwendung des Armparese - Scores also nicht erwartet
werden. Zur Beurteilung der Funktionen der oberen Extremität erscheint der RMA-A
somit für die Fragestellung ausreichend zu sein. In der Literatur wird ohnehin darauf
hingewiesen, daß es kein Verfahren gibt, welches allen Ansprüchen an die vielfältigen
Funktionen einer Hand gerecht wird (Müller, Jungo, Lehmann, Leu, Schächtele, Wirz,
1995).
Auf die Messung der maximalen Muskelkraft wurde absichtlich verzichtet, da die Aussagekraft dieser Messungen bei Patienten mit zentralen Schädigungen umstritten ist (Mai
et al., 1995; Harlacher et al.; 1999). Eine festgestellte Muskelschwäche gibt zum Beispiel
nicht unbedingt das tatsächliche motorische Defizit wieder, sondern kann überwiegend
das Resultat des erhöhten Widerstandes der spastischen Antagonisten sein (Bobath,
1980). Deshalb wurde statt der Kraftwerte das Ausmaß der Spastizität als weitere
wichtige Variable mit erhoben.
METHODEN
63
1.2. Modifizierte Ashworth - Skala (MAS)
Anwendung:
Die Ashworth - Skala, modifiziert von Bohannon und Smith (1987), wird zur standardisierten Erfassung der Spastizität angewendet. Sie kann bei allen Patienten mit spastischen
Paresen, unabhängig von der Genese, zur klinischen Routine eingesetzt werden (Masur,
1995). Nach Wade (1992) ist die MAS die einzige evaluierte Skala zur Messung von
spastisch erhöhtem Muskeltonus nach einer Schädigung des ersten motorischen Neurons.
Aufbau:
In einer einheitlichen Ausgangsstellung des Patienten wird z.B. das Ellenbogengelenk
vom Untersucher passiv in Flexion und Extension bewegt. Dabei wird der Grad des
Widerstandes auf einer sechsstufigen Ratingskala bewertet (s. Anhang C). Die
ursprüngliche Skala von Ashworth wurde von Bohannon und Smith (1987) verändert,
indem die Ratingstufe 1+ hinzugefügt wurde und die Definitionen der einzelnen Abstufungen leicht modifiziert wurden (Sloan, Sinclair, Thompson, Taylor, Pentland, 1992).
Testgütekriterien:
• Validität: Nach Wade (1992) besitzt die Skala Augenscheinvalidität, wobei der
Stellenwert der Störung des Muskeltonus als spezifische Schädigung noch getestet
werden muß.
• Reliabilität: Die Autoren der modifizierten Ashworth - Skala geben an, daß es zur
Reliabilität dieser Skala noch an Untersuchungen fehlt (Bohannon & Smith, 1987).
Die ursprüngliche Ashworth - Skala erweist sich indessen einer Untersuchung von
•
Sloan et al. (1992) zufolge als eine reliable und reproduzierbare Methode zur Erfassung der Spastizität. In einer anderen Quelle wird allerdings auch die Reliabilität der
modifizierten Form als hoch angegeben (Masur, 1995).
Interrater - Reliabilität: Bohannon und Smith (1987) erzielten bei 30 Patienten eine
Übereinstimmung von 86,7 % bei der Einschätzung der Spastizität der oberen
Extremität (r = 0.847; p < 0.01). Auch Sloan et al. (1992) konnten in einer Studie
eine zufriedenstellende Interraterreliabilität für die obere Extremität feststellen. Bei
vier Untersuchern zeigten sich signifikante Übereinstimmungen der Einschätzung der
Spastizität bei 34 Patienten (r = 0.56 - 0.91; p < 0.001). Die Korrelationen bei der
Einschätzung der unteren Extremität fielen jedoch geringer aus (r = 0.26 - 0.62; p =
0.01).
METHODEN
64
Kritik / Bewertung:
Die Anwendung der MAS ist sehr einfach und die Autoren geben eine hohe Reliabilität
an (Masur, 1995). Allerdings ist die Variabilität der Patienten als große Störquelle anzusehen (Wade, 1992). Auch Hesse (1994) kritisiert die eingeschränkte Aussagekraft der
Spastik - Skala aufgrund der Abhängigkeit des Muskeltonus von verschiedenen Faktoren
(z.B. Schmerz, Angst, Müdigkeit). Von einigen Autoren wird generell bezweifelt, daß
eine Quantifizierung des Grades der Spastizität überhaupt möglich ist (Sloan et al.,
1992). Für die Durchführung wird weiterhin eine klare und genaue Beschreibung
gefordert, um die Ergebnisse vergleichbarer zu machen. Trotz notwendiger Verfeinerungen wird die Skala von Sloan et al. (1992) für die Einschätzung der Spastik der
oberen Extremität als nützlich bewertet. Nicht empfohlen wird die Skala zur Beurteilung
der Spastizitätsneigung der unteren Extremität (Allison, Abraham, Petersen, 1996).
Auswahlbegründung:
Als zusätzliches Erhebungsinstrument zur Rivermead - Skala sollte in der Diplomarbeit
eine Spastik - Skala eingesetzt werden, da der erhöhte Widerstand der Muskulatur als
wichtige Variable zur Bewertung des Therapieerfolges angesehen werden kann. Aufgrund der einfachen Durchführung bei zufriedenstellenden Testgütekriterien wurde die
modifizierte Ashworth - Skala ausgewählt. Allerdings wurde die Untersuchung auf die
obere Extremität beschränkt, da bisher nur die Reliabilität der Skala bezüglich der
Ellenbogenmuskulatur festgestellt wurde (Allison et al., 1996; Wade, 1992).
1.3. Alters - Konzentrations - Test (AKT)
Anwendung:
Der Test wurde von Gatterer (1990) mit der Zielsetzung entwickelt, eine „rasche,
objektive, reliable und valide Beurteilung der kognitiven Leistungsfähigkeit“ bei geriatrischen Patienten zu ermöglichen. Die Konzentrationsfähigkeit wird als wichtiger Teil
der kognitiven Leistungen aufgefaßt und aufgrund ihrer Bedeutung für den gesamten
kognitiven Leistungsbereich für den Test ausgewählt. Der AKT baut auf den
theoretischen Grundlagen des Figuren - Durchstreich - Tests von Bourdon und dem
hieraus entwickelten Aufmerksamkeits- und Belastungs - Test d2 von Brickenkamp auf.
Dabei wurde speziell darauf geachtet, daß das Verfahren den Bedürfnissen geriatrischer
Patienten hinsichtlich Lesbarkeit, Verständlichkeit und Schwierigkeit angepaßt ist. Die
Adaptation des d2 an den geriatrischen Bereich (vergrößerte d2 - Zeichen) konnte diesen
Anforderungen nicht standhalten.
METHODEN
65
Es gibt verschiedene Anwendungsmöglichkeiten für den Alters - Konzentrations - Test:
Neben der Beurteilung des Konzentrationsverlaufs während der Durchführung kann der
AKT auch als Evaluationsinstrument für die Beurteilung von Therapieeffekten eingesetzt
werden. Ebenfalls ist mittels des Tests die Diagnose von Abbausyndromen möglich
(Kessler & Markowitsch, 1991). Als Zielgruppe werden ältere Patienten ab 60 Jahre
angegeben. Auch bei Patienten mit motorischen Behinderungen, Aphasien und
Sprachverständnisstörungen kann der Test durchgeführt werden (Gatterer, 1990), was
den Test für eine breite Patientenpopulation anwendbar macht.
Aufbau:
Bei dem AKT handelt es sich um einen Paper-and-Pencil-Test, der nur als Einzeltest
durchführbar ist und zur Verlaufsmessung in zwei Parallelformen A und B vorliegt. Der
Patient soll eine angegebene Zielfigur (Halbkreis) in 55 darunter abgebildeten gleichen
oder ähnlichen Figuren wiedererkennen und durchstreichen, wobei 20 dieser Figuren mit
der Zielfigur identisch sind und 35 dieser Figur nur ähnlich sind. Der Test beinhaltet eine
Probeform mit ganz schwarzen Halbkreisen und die Testform mit schwarzweißen
Halbkreisen (s. Anhang D). Bei der Probeform muß der Patient lediglich die verschiedene Lage der schwarzen Halbkreise erkennen und beachten. Für die Bearbeitung der
Testform muß der Patient seine Aufmerksamkeit jedoch auf zwei Dimensionen der Zielfigur (Lage und Muster) richten. Die Probeform dient ausschließlich zur Erklärung des
Testprinzips und nur die Testform wird ausgewertet. Als Ausschlußkriterium für den
praktischen Einsatz der Testform gilt „die generelle Unfähigkeit des Patienten die
Probeform zu bearbeiten“ (Gatterer, 1990).
Den Patienten werden standardisierte Instruktionen vorgegeben. Für Aphasiepatienten
und Patienten mit motorischen Beeinträchtigungen existieren gesonderte, ebenfalls
standardisierte Instruktionen. Die Auswertung erfolgt mittels Schablonen. Für die Interpretation werden als Maße der Konzentration die Bearbeitungszeit (T), Richtige (R),
Fehlerprozent (F%) und Gesamtwert (G) angegeben. Der Autor schreibt, daß die Bearbeitungszeit als geschwindigkeitsorientierter Leistungsaspekt und der Wert Fehlerprozent als Indikator für die Leistungsgüte interpretiert werden kann. Als Maß der
Konzentrationsfähigkeit oder zerebralen Leistungsfähigkeit gilt nach Gatterer (1990) der
Gesamtwert. Nach Westhoff (1992) ist die praktische Bedeutung dieser Maße jedoch
noch ungeklärt, da es an theoretischer Fundierung mangelt.
METHODEN
66
Testgütekriterien:
• Objektivität: Aufgrund der standardisierten Testanweisung und der Verwendung von
Schablonen kann eine hohe Durchführungs- und Auswertungsobjektivität angenommen werden (Gatterer, 1990). Da jedoch keine Informationen vorliegen, wie
•
•
•
unterschiedlich die Testleiter den Test durchführen, ist die Durchführungsobjektivität
nicht in jedem Fall gewährleistet. Auch die Interpretationsobjektivität ist wegen der
sehr heterogenen Zielgruppe nicht immer gegeben (Kessler & Markowitsch, 1991;
Westhoff, 1992).
Reliabilität: Die Paralleltest - Reliabilität wurde für die Formen A und B an einer
Stichprobe von 140 Probanden erhoben. Die Werte liegen für die verschiedenen
Leistungsmaße zwischen 0.89 und 0.94. Die Retest - Reliabilität nach 3 Wochen
erbrachte an einer Stichprobe von 30 Probanden Werte zwischen 0.75 und 0.89.
Nach 3 Monaten lagen die Werte bei N = 80 jedoch nur noch zwischen 0.52 und
0.70. Insgesamt kann für den AKT aber eine hohe Zuverlässigkeit nachgewiesen
werden (Gatterer, 1990; Kessler & Markowitsch, 1991; Westhoff, 1992).
Validität: Laut Gatterer (1990) verfügt das Verfahren über eine hohe Augenscheinvalidität, da nur bei aufmerksamer, konzentrierter Bearbeitung des Tests hohe
Testleistungen erzielt werden können. Westhoff (1992) bemerkt jedoch, daß geringe
Testleistungen auch auf mangelnde Motivation zurückgeführt werden können, womit
seiner Ansicht nach ein Nachweis der logischen Gültigkeit noch aussteht. Zur
Konstruktvalidierung wurden Fremdratingskalen eingesetzt, wobei sich jedoch nur
niedrige Korrelationen zu den AKT-Maßen fanden (Kessler & Markowitsch, 1991).
Zum Nachweis der faktoriellen Validität wurde eine Faktorenanalyse gemeinsam mit
anderen Verfahren durchgeführt. Gatterer (1990) sieht durch diese Analyse die
faktorielle Gültigkeit des AKT als abgesichert.
Normierung: Die Normierungstichprobe umfaßt insgesamt 1008 Patienten des
Pflegeheims Wien-Lainz mit einem mittleren Alter von 71.8 Jahren. Sie setzt sich aus
verschiedenen Untergruppen zusammen (Pflegeheimbewohner, Aphasiker, „rüstige
Altenheimbewohner“). Als Normen für die Gesamtgruppe werden Prozentrangwerte
und Centil-Werte in drei Altersgruppen (bis 69; 70 - 79; über 80) angegeben. Für die
Untergruppen liegen getrennte Normen vor.
Kritik / Bewertung:
Der AKT wurde in einigen Studien erprobt und hat sich dabei als brauchbar erwiesen
(Gatterer, 1990). Der Vorteil des Verfahren gegenüber anderen Tests zur kognitiven
Leistungsüberprüfung liegt in seiner Sprachfreiheit (German Center for Information and
Documentation in Psychology, 1991) und in der geringeren Länge, so daß die wahre
kognitive Leistungsfähigkeit nicht durch Ermüdungserscheinungen beeinflußt wird.
METHODEN
67
Weiterhin ist von Vorteil, daß der Test aufgrund der Parallelformen für Verlaufsstudien
eingesetzt werden kann. Von Westhoff (1991) werden die ausgewählten Items positiv
bewertet, da die Halbkreise auch für sehbehinderte Patienten sehr gut erkennbar sind und
auch bei motorischen Störungen das Durchstreichen dieser Figuren möglich ist.
Der AKT wird allerdings auch kritisiert. So bezweifelt Westhoff (1992) die
Sprachunabhängigkeit des Tests, da zum Verstehen der Instruktionen diese verbal
kodiert werden müssen. Ebenfalls kritisiert er die unvollständige Beschreibung der
untersuchten Stichproben. Auch Kessler und Markowitsch (1991) sehen die Normierung
aufgrund der ungenügenden Präzisierung der Gruppen als problematisch an.
Zusammenfassend konnte der AKT allerdings „seine Brauchbarkeit für eine ökonomische
und objektive Beurteilung der geistigen Leistungsfähigkeit für die von ihm angezielte
Personengruppe überzeugend unter Beweis stellen“ (German Center for Information and
Documentation in Psychology, 1991). Auch von älteren, kognitiv beeinträchtigten
Patienten ist der Test zu bewältigen. Obwohl sich der Test zur Therapieevaluation noch
bewähren muß, wird er als nützliches Instrument bezeichnet und sein Einsatz wird
empfohlen (Kessler & Markowitsch, 1991).
Auswahlbegründung:
Zur Überprüfung der Hypothesen 7 und 8 muß die Fähigkeit zur aufmerksamen Bearbeitung von Aufgaben der Patienten beider Studiengruppen erfaßt werden. Vor allem die
Konzentrationsfähigkeit als Aspekt der selektiven Aufmerksamkeit (s. Kapitel II 6.4.) ist
von besonderem Interesse. Viele der gebräuchlichen Verfahren zur Erfassung von
Aufmerksamkeits- und Konzentrationsleistungen (z.B. d2, KLT, KVT) erschienen
jedoch für die erwartete Stichprobe ungeeignet, da diese Tests nicht für ältere Patienten
entwickelt wurden. Da die Datenerhebung jedoch auf einer geriatrischen Station stattfinden sollte, mußte das ausgewählte Verfahren gerade für diese Altersgruppe anwendbar
sein.
Der AKT ist ein solches Verfahren, das speziell bei geriatrischen Patienten die Konzentrationsleistungen erfaßt, so daß er zur Überprüfung der Fragestellungen ausgewählt
wurde. Ein wichtiges Entscheidungskriterium bei der Auswahl des AKT für die
Diplomarbeit war zudem die von dem Testautor erwähnte Sprachunabhängigkeit. Somit
konnten auch aphasische Patienten in die Stichprobe aufgenommen werden. Dies
erschien sehr angebracht, zumal die Anwendung von kognitiv - therapeutischen Übungen
auch bei aphasischen Patienten indiziert ist.
METHODEN
68
1.4. Barthel – Index (Fremdeinschätzung)
Anwendung:
Der Barthel - Index (BI) wurde von Mahoney und Barthel 1965 eingeführt und stellt in
der klinischen Praxis eine der weltweit am häufigsten eingesetzten und fest etablierten
ADL - Skalen dar (Prosiegel, 1991; Hesse, 1994). Er dient zur Erfassung von funktionellen Alltagsbeeinträchtigungen, wobei all diejenigen Bereiche des täglichen Lebens
erfaßt werden, die zur erfolgreichen Bewältigung der Alltagserfordernisse notwendig
sind. Mit dem Index soll somit die Abhängigkeit und Pflegebedürftigkeit eines Patienten
eingeschätzt werden (Lübbers, Schöttke, Wiedl, Ackermann, 1993). Zur Anwendung
kommt der Index für die Einschätzung der Verhaltenseinschränkung nach einem
Akutereignis, für die Verlaufsdokumentation dieser Einschränkungen, aber auch für die
Therapieevaluation (Schöttke, Lübbers, Ackermann, Wiedl, 1995).
Aufbau:
Der Index wird als Fremdbeurteilungsverfahren eingesetzt und enthält insgesamt zehn
Items. Die einzelnen Items werden gemäß genau definierter Werte gewichtet. Bei der
Gewichtung liegt die Betonung auf der Mobilität (insgesamt 40 Punkte). Als Wert für
den funktionellen Status bzw. die Pflegebedürftigkeit dient die Summe aller gewichteten
Items. Der maximale Punktwert von 100 wird bei maximaler Unabhängigkeit erreicht
(Hesse, 1994; Lübbers et al. 1993; Prosiegel, 1991).
Testgütekriterien:
• Reliabilität: Die Interrater - Reliabilität des BI wird mit > 0.95 angegeben und die
•
Retest - Reliabilität beträgt 0.89 (Hesse, 1994).
Validität: Es zeigen sich hohe Korrelationen mit anderen ADL - Skalen, wie z.B.
dem Katz - Index und dem PULSES - Profil (Lübbers et al., 1993).
Kritik / Bewertung :
Als Vorteil des BI sieht Hesse (1994), daß das Verfahren alle wichtigen Bereiche des
täglichen Lebens berücksichtigt. Auch das schnelle Erlernen, sowie die einfache Durchführung dieses Verfahren wird positiv bewertet. Ein Vergleich mit anderen ADL - Skalen
(Katz - Index, Kenney Self - Care Evaluation) zeigte, daß der BI am informationshaltigsten und veränderungssensitivsten ist (Lübbers et al., 1993). Durch den
weitverbreiteten Einsatz des Index vor allem in der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten ist zudem eine internationale Vergleichbarkeit möglich.
METHODEN
69
Ein Nachteil wird darin gesehen, daß Bereiche wie z.B. Kommunikation, Kognition und
Emotionalität nicht berücksichtigt werden, obwohl diese auch für die Selbständigkeit als
wichtig erachtet werden (Hesse, 1994).
Auswahlbegründung:
In verschiedenen Studien konnte gezeigt werden, daß ein Schlaganfall häufig zu sehr
starken Einschränkungen im ADL - Bereich führt (Lübbers et al., 1993). Ein Ziel der
physiotherapeutischen Behandlung ist deshalb neben der rein motorischen Rehabilitation
auch das Training der grundlegenden Alltagsfunktion. Um zu überprüfen, inwieweit die
kognitiv - therapeutischen Übungen hier positive Resultate erzielen können, sollte die
Testbatterie der Diplomarbeit ein Verfahren zur Erfassung der basalen ADL - Funktionen
beinhalten.
Der BI wird in den Städtischen Kliniken am Natruper Holz (Ort der Datenerhebung) im
Rahmen der klinischen Routine vom Pflegepersonal mit aufgenommen. Deshalb wurde
diese Fremdeinschätzung des funktionalen Status in die Auswertung mit einbezogen.
1.5. SDB - ADL - Fragebogen (Selbsteinschätzung)
Anwendung:
Es handelt sich hierbei um ein Verfahren der Schlaganfall Datenbank (SDB) des
Niederösterreichischen Landeskrankenhauses Klosterneuburg. Dieser Fragebogen gehört
genau wie der Barthel - Index zu den basalen ADL - Skalen, die das Ausmaß der
Hilfsbedürftigkeit bzw. der Beeinträchtigungen im Alltagsleben erfassen (Lübbers et al.;
1993). Die SDB - Skala ist eine modifizierte Form des BI.
Aufbau:
Die SDB - Skala besteht aus 14 Items, die insgesamt weitestgehend mit dem Barthel Index identisch sind (Schöttke et al., 1995). Für jedes Item stehen die Antwortalternativen „Ja“, „Mit Hilfe eines anderen“ oder „Nein“ zur Verfügung (s. Anhang E).
Die Antworten werden mit 2, 1 und 0 kodiert, so daß die maximale Rohwertsumme 28
ergibt und eine maximale Unabhängigkeit indiziert. Auch für die SDB - Skala existieren
Gewichtungsfaktoren, mit denen die Rohwerte der einzelnen Items multipliziert werden
können. Als maximaler Unabhängigkeitswert ergibt sich dann der Wert 100.
METHODEN
70
Testgütekriterien:
• Reliabilität: In der Literatur werden innere Konsistenzen mit einem Cronbachs alpha
von 0.895 bis 0.95 für den SDB - Fragebogen angegeben (Lübbers et al, 1993;
Schöttke et al., 1995).
• Validität: Es konnten signifikante Korrelationen der SDB - Skala mit der Nürnberger
•
- Alters - Alltags - Skala (NAA) festgestellt werden, was eine konvergente Validität
belegt (Schöttke et al., 1995).
Trennschärfe: Die korrigierten Trennschärfen der einzelnen Items liegen zwischen
0.46 und 0.873. Lediglich die Items zur Kontinenz und zum Essen und Trinken
weisen geringere Trennschärfen (0.157 - 0.334) auf (Lübbers et al., 1993).
Kritik / Bewertung:
Die SDB - Skala wird als reliables und valides Maß zur Selbsteinschätzung der ADL Funktionen bewertet (Lübbers et al., 1993; Schöttke et al, 1995).
Auswahlbegründung:
Da der Barthel - Index als Fremdeinschätzung durchgeführt wird, sollte in der Diplomarbeit noch ein weiteres Instrument zur Selbsteinschätzung der ADL - Funktionen
eingesetzt werden. Dazu wurde das als Selbstbeurteilungsskala adaptierte Verfahren der
Schlaganfall Datenbank (SDB) ausgewählt.
1.6. Fragebogen zur Beurteilung der Behandlung (FBB)
Anwendung:
Der Fragebogen wurde zur Evaluation von psychiatrischen und psychotherapeutischen
Interventionen bei Kindern und Jugendlichen entwickelt. Er dient unabhängig von der
Therapiemethode sowohl der Therapieevaluation als auch der Qualitätssicherung. Dabei
soll die subjektive Therapiequalität erfaßt werden (Mattejat & Remschmidt, 1998).
Aufbau:
Es liegen drei Fragebogenversionen für verschiedene Beurteilergruppen vor (Therapeut,
Patient, Eltern des Patienten). In der Patientenversion soll erfaßt werden, wie positiv
oder negativ der Behandlungsverlauf und -erfolg beurteilt wird und wie zufrieden die
Patienten mit der Behandlung sind. Dazu wird die Behandlung anhand von 20 Items von
den Patienten auf einer fünfstufigen Ratingskala (von „stimmt überhaupt nicht“ = 0 bis
„stimmt ganz genau“ = 4) selbst eingeschätzt.
METHODEN
71
Neben dem Gesamtwert, der die Gesamtzufriedenheit der Patienten wiedergibt, können
noch einzelne Werte für die Subskalen „Erfolg der Behandlung“ (5 Items), „Beziehung
zum Therapeuten“ (7 Items) und „Rahmenbedingungen der Behandlung“ (8 Items)
gebildet werden. Die Skalenwerte liegen immer in einem Wertebereich von null bis vier.
Je höher die Rohwerte der Gesamt- oder Subskalen, desto günstiger ist die Beurteilung
der Behandlung (Mattejat & Remschmidt, 1998).
Testgütekriterien:
• Reliabilität: Für die Originalausgabe wurden verschiedene Reliabilitätsmaße
berechnet: Die innere Konsistenz liegt für die einzelnen Skalen aller drei Versionen
im Mittel über 0.80 (Cronbachs alpha). Für die Gesamtwerte der Patientenversion
wurde in drei verschiedenen Stichproben (N = 89, 584, 114) ein Cronbachs alpha
zwischen 0.830 und 0.900 ermittelt. Dabei zeigte die Subskala „Rahmenbedingungen
der Behandlung“ bei der internen Konsistenzanalyse die niedrigsten Werte (α = 0.630
- 0.721) und die Skala „ Beziehung zum Therapeuten“ die höchsten Konsistenzen (α
= 0.917 - 0.941). Die Retest - Reliabilität nach durchschnittlich 17 Monaten wird für
den Gesamtwert der Patientenversion mit 0.68 angegeben (N = 58). Die Skala
„Rahmenbedingungen der Behandlung“ zeigt auch hier den niedrigsten Wert (rtt = 0.
•
36) und die Skala „Beziehung zum Therapeuten“ hat die höchste Retest - Reliabilität
(rtt = 0.75).
Validität: Verschiedene Untersuchungen belegen die faktorielle Validität (Mattejat &
Remschmidt, 1998).
Kritik / Bewertung:
Der FBB wird von den Autoren als ein verläßliches Verfahren bezeichnet, mit dem die
Behandlungsbeurteilungen subjektiv valide erfaßt werden können (Mattejat &
Remschmidt, 1993). Die geringen Reliabilitätswerte der Patienten - Skala „Rahmenbedingungen der Behandlung“ wird von den Autoren darauf zurückgeführt, daß sich die
Einschätzung der Rahmenbedingungen durch die zeitliche Distanz zum Katamnesezeitpunkt verändern kann (Mattejat & Remschmidt, 1998).
Auswahlbegründung:
Um den Rehabilitationserfolg im weitesten Sinne messen zu können, sollte zusätzlich die
Selbsteinschätzung und Zufriedenheit der Patienten berücksichtigt werden. Für die
vorliegende Diplomarbeit wurde dazu die Patientenskala des FBB in modifizierter Form
eingesetzt. Da der Fragebogen nicht zur Evaluation psychotherapeutischer Verfahren im
Kinder- und Jugendbereich genutzt werden sollte, mußten einige unpassende Items
überarbeitet bzw. ganz ersetzt werden.
METHODEN
72
Zum Beispiel wurde das Item 5 „Die vielen Fragebögen waren mir lästig“ durch die
Formulierung „Die vielen Übungsstunden waren mir lästig“ ersetzt. Weitere
Veränderungen betrafen die Items 6, 13 und 17, wobei darauf geachtet wurde, den Inhalt
der Items möglichst nah an den Gesichtspunkten motorischer Behandlungen zu
orientieren. Der Fragebogen sollte so an die Stichprobe und Zielsetzung der
Diplomarbeit angepaßt werden. Die modifizierte Form besteht insgesamt auch aus 20
Items (s. Anhang F). Die Auswertung erfolgte nach den Anweisungen aus dem Manual
zur Originalausgabe.
1.7. Zusätzliche Erhebungsmittel
•
•
•
Die Personalien der Patienten, die soziodemographischen und krankheitsrelevanten
Daten und Angaben zur Haupt- und Nebendiagnose sowie zum neurologischen
Status wurden auf dem Blatt Patientendaten notiert (s. Anhang G).
Auf dem Datenerhebungsprotokoll wurde das jeweilige Durchführungsdatum der
einzelnen Erhebungsinstrumente vermerkt (s. Anhang H). Damit sollte dokumentiert
werden, ob die gesamte Datenerhebung eines Patienten an einem Tag oder aufgrund
von z.B. Ermüdungserscheinungen an verschiedenen Tagen stattfand.
Für jeden Patienten wurde zudem ein Behandlungsprotokoll geführt, auf dem die
Therapeuten die Behandlungsdaten und -dauer eingetragen haben (s. Anhang I). Die
Gesamtbehandlungszeit während des Trainingsintervalls wurde anhand dieser
Angaben berechnet.
METHODEN
73
2. Stichprobe
2.1. Beschreibung der Einrichtung
Die Untersuchung fand in der Klinik für Geriatrie der Städtischen Kliniken Natruper
Holz in Osnabrück statt. Die Klinik ist auf die Rehabilitation von Alterskrankheiten u.a.
Schlaganfall spezialisiert. Als Ziele des umfangreichen Behandlungsangebotes (Physiound Ergotherapie, Logopädie, neuropsychologisches Training u.a.) werden in der
Klinikbroschüre sowohl die Besserung des Gesundheitszustandes als auch die Erarbeitung der weitestgehenden Selbständigkeit angegeben.
Bei Schlaganfallpatienten liegt ein Schwerpunkt der Behandlung neben der medikamentösen Versorgung zur Rezidivprophylaxe auf der motorischen Rehabilitation von
gestörten Funktionen. Diese wird in enger Kooperation von Ergo- und Physiotherapeuten geleistet, wobei verschiedene Behandlungsmethoden zur Anwendung
kommen.
2.2. Auswahl der Stichprobe
Für die Untersuchung kamen prinzipiell alle in die Geriatrie aufgenommenen Patienten
mit einem klinisch gesicherten Apoplex in Frage. Die Kriterien der Diagnose der „Zerebrovaskulären Ischämie“ oder der „Intrazerebralen Blutung“ mußten dabei erfüllt sein.
Die voraussichtliche Behandlungsdauer sollte mindestens drei Wochen betragen. Eine
weitere Voraussetzung war die freiwillige Teilnahme der Patienten an der Studie.
Ausschlußkriterien waren Hinweise auf Demenz sowie Faktoren, die eine aktive Teilnahme an der physio- und ergotherapeutischen Behandlung verhinderten. Keine
Einschränkungen wurden bezüglich aphasischer Störungen gemacht, da die Erhebungsinstrumente weitestgehend sprachfrei sind.
Die Überprüfung der Effektivität der kognitiv - therapeutischen Übungen fand mittels
Prä - Posttest - Design mit einer Experimental- und Kontrollgruppe statt. Die Zuweisung
zu den Behandlungsgruppen konnte aufgrund der klinischen Gegebenheiten nicht nach
dem Zufallsprinzip durchgeführt werden, sondern erfolgte nach therapeutischen
Gesichtspunkten. Zu den Auswahlkriterien für die Teilnahme an der Behandlungsgruppe
mit kognitiv - therapeutischen Übungen gehört das Vorliegen einer überwiegend
armbetonten Hemiparese, eine klare Bewußtseinslage und eine deutlich erkennbare
Eigenmotivation des Patienten.
METHODEN
74
2.3. Merkmale der Stichprobe
An der Untersuchung nahmen insgesamt 20 Schlaganfallpatienten in einem Alter von 72
bis 89 Jahren teil. Das Durchschnittsalter lag in der Gesamtstichprobe bei 79,7 Jahren mit
einer Standardabweichung von 4,58. Die Patienten der Experimentalgruppe (EG) hatten
ein durchschnittliches Alter von 79,44 Jahren (SD 4,98). In der Kontrollgruppe (KG) lag
das Alter im Mittel bei 79,91 Jahren (SD 4,46). Zehn Patienten der gesamten Stichprobe
waren männlichen, zehn weiblichen Geschlechts (s. Abb. 1, 2 u. Tab. 2).
Lebensalter
15%
10%
70 - 75 Jahre
76 - 80 Jahre
81 - 85 Jahre
86 - 90 Jahre
20%
55%
Abb. 1: Prozentuale Verteilung des Lebensalters in der Gesamtstichprobe (N = 20)
Lebensalter und Geschlecht
7
6
5
weiblich
männlich
4
3
2
1
0
70 - 75
76 - 80
81 - 85
86 - 90
Jahre
Abb. 2: Geschlechtsspezifische Häufigkeitsverteilung des Lebensalters (N = 20)
METHODEN
75
Eine zerebrovaskuläre Ischämie wurde bei 18 Patienten und eine intrazerebrale Blutung
bei 2 Patienten diagnostiziert. Die Läsion war bei 15 Betroffenen in der rechten Hemisphäre lokalisiert und 5 Patienten wiesen eine linkshemisphärische Läsion auf, wobei
diese ausschließlich ischämisch bedingt waren (s. Abb. 3 u. Tab. 2). Durch einen
entsprechenden Befund bei der Computer- bzw. Kernspintomographie waren bei 18
Patienten die Diagnose und der Lokalisationsort bestätigt, bei den übrigen 2 Personen
lagen keine Angaben in den Krankenakten diesbezüglich vor.
Diagnose
10%
0%
25%
65%
Zerebrovaskuläre
Ischämie rechts
Zerebrovaskuläre
Ischämie links
Intrazerebrale
Blutung rechts
Intrazerebrale
Blutung links
Abb. 3: Prozentuale Verteilung der Diagnosen mit Läsionsort (N = 20)
Hinsichtlich des Familienstandes sind 12 Personen der Stichprobe verheiratet und 8 Personen verwitwet. Vor dem Schlaganfall wohnten 12 Patienten mit einem Partner oder
Kind zusammen, 3 lebten alleine, 4 hatten eine Bezugsperson in ihrer Nähe und ein
Patient kam aus einem Wohn- und Pflegeheim. Alle Patienten der Stichprobe sind
Rentner / innen, wobei vor der Rente 3 als Arbeiter/in, 9 als Angestellte/r, 7 als Hausfrau
und 1 selbständig beruflich tätig waren (s. Abb. 4, 5 u. Tab. 2).
Wohnstatus
20%
Mit Partner u./o.
Kind
alleinlebend
5%
Pflege/Wohnheim
60%
15%
Abb. 4: Prozentuale Verteilung des Wohnstatus (N = 20)
Bezugsperson in
der Nähe
METHODEN
76
Beruf vor der Rente
5%
Hausfrau
Arbeiter/in
Angestellte/r
Selbständig
35%
45%
15%
Abb. 5: Prozentuale Verteilung des vor der Rente ausgeübten Berufes (N = 20)
Insgesamt handelte es sich bei 7 Patienten um ein Rezidiv / Reinfarkt. Eine Aphasie
wurde bei 3 Patienten, eine Dysarthrie bei 5 festgestellt. Die häufigsten Nebendiagnosen
waren arterielle Hypertonie (9 Patienten), Herzrhythmusstörungen (7), Hypercholesterinämie (4), Diabetes mellitus (3), Z.n. Herzinfarkt (4) und Koronare Herzkrankheit
(KHK) (3). Eine gestörte Sensorik im Sinne einer Reduzierung der Oberflächensensibilität auf der betroffenen Seite lag bei 11 Personen vor (s. Abb. 6 u. Tab. 2).
Nebendiagnosen
12
10
8
6
4
2
0
Nebendiagnosen
Art. Hypertonie
Hypercholesterinämie
Rezidivinsult
KHK
Dysarthrie
Herzrhythmusstörungen
Diabetes mellitus
Z.n. Herzinfarkt
Aphasie
Sensibilitätsstörungen
Abb. 6: Häufigkeiten von Nebendiagnosen und Sprachstörungen (N = 20)
METHODEN
77
Die Patienten wurden im Mittel 13,3 Tage nach dem Schlaganfallereignis in die geriatrische Klinik aufgenommen (SD = 7,33; Median = 12,5), wobei es sich bei allen 20
Patienten um eine Verlegung aus einer Akutklinik handelte. Die Erstuntersuchung im
Rahmen der Diplomarbeit konnte bei der Hälfte der Patienten innerhalb einer Woche
nach der Aufnahme in die Geriatrie stattfinden (M = 19,25; SD = 21,82; Median = 7,5;
Modus = 5 und 7). Neun Patienten (vier Frauen und fünf Männer) wurden der Behandlungsgruppe mit kognitiv - therapeutischen Übungen zugewiesen (EG = 9) und elf
Patienten (sechs Frauen und fünf Männer) wurden in Anlehnung an das Bobath Konzept behandelt (KG = 11).
Zwischen der Experimental- und Kontrollgruppe ergaben sich anhand statistischer
Überprüfungen (t-Test, χ2-Test) bezüglich der folgenden Merkmale keine signifikanten
Unterschiede: Lebensalter, Geschlecht, Diagnose, Lokalisation, Sprachstörungen,
Familienstand, Wohnstatus, Beruf, Zeitraum zwischen Insultereignis und Aufnahme in
die Geriatrie, Zeitraum zwischen Aufnahme und Anfangsbefund (s. Anhang K; Tab. 8
und 9).
METHODEN
78
Einen zusammenfassenden Überblick über die wichtigsten klinischen
soziodemographischen Daten der Stichprobe gibt die folgende Tabelle:
und
Anzahl
% der Stichprobe
Alter:
70 - 75
76 - 80
81 - 85
86 - 90
2
11
4
3
10
55
20
15
Geschlecht:
weiblich
männlich
10
10
50
50
Diagnose:
Zerebrovaskuläre Ischämie
Intrazerebrale Blutung
18
2
90
10
Lokalisation:
rechtshemisphärisch
linkshemisphärisch
15
5
75
25
Sprachstörungen:
Aphasie
Dysarthrie
3
5
15
25
Nebendiagnosen:
arterielle Hypertonie
Herzrhythmusstörungen
Hypercholesterinämie
Diabetes mellitus
Rezidivinsult
Z.n. Herzinfarkt
KHK
9
7
3
3
7
4
3
45
35
15
15
35
20
15
Sensibilität:
gestört
ohne Befund
11
9
55
45
Familienstand:
verheiratet
verwitwet
12
8
60
40
Wohnstatus:
mit Partner oder Kind
alleinlebend
Pflege- oder Wohnheim
Bezugsperson in der Nähe
12
3
1
4
60
15
5
20
Beruf:
Hausfrau
Arbeiter/in
Angestellte/r
Selbständig
7
3
9
1
35
15
45
5
Behandlungsgruppe: EG (Perfetti)
KG (Bobath)
9
11
45
55
Tab. 2: Soziodemographische und klinische Daten der Patientenstichprobe (N = 20)
METHODEN
79
3. Ablauf der Untersuchung
3.1. Durchführung der Datenerhebung
Die Datenerhebung auf den geriatrischen Stationen der Städtischen Kliniken Osnabrück
Natruper Holz erstreckte sich über einen Zeitraum von Februar bis Mai 2000. Nach der
ärztlichen Aufnahmeuntersuchung und Festlegung des jeweiligen individuellen
Behandlungsplans wurden die Patienten zunächst von den zuständigen Therapeuten
befundet und dann gegebenenfalls einer der Behandlungsgruppen der Studie zugeteilt. In
die Studie wurden auch vier Patienten einbezogen, die schon vor Beginn der Studie
länger als vier Wochen in der Geriatrie stationär behandelt worden waren und demzufolge schon ergo- und physiotherapeutische Behandlungen bekommen hatten. So wurden
auch Behandlungsfortschritte in einem späteren Rehabilitationsstadium erfaßt. Um die
Vergleichbarkeit der Behandlungsgruppen zu gewährleisten, wurde darauf geachtet, daß
die o.g. vier Patienten gleichermaßen aus beiden Gruppen stammten (zwei aus der EG,
zwei aus der KG). Die Zuweisung zu den Behandlungsgruppen richtete sich bei diesen
Patienten verständlicherweise nach der bisher erhaltenen Behandlung.
Jeder Patient der beiden Gruppen wurde in Einzelsitzungen im Abstand von drei bis vier
Wochen zweimal untersucht. Für die Prä - Testung wurden das Datenerhebungsprotokoll, das Patientendatenblatt, der SDB-ADL - Fragebogen, der Alters - Konzentrations - Test (AKT: Probeform A und Testform A1), die Spastik - Skala (MAS) und die
Rivermead - Skala (RMA) herangezogen. Alle Erhebungsinstrumente wurden immer in
dieser Abfolge angewandt, so daß für alle Patienten die gleiche Reihenfolge eingehalten
wurde. Die Testbatterie der Post - Testung bestand ebenfalls aus diesen Verfahren,
wobei der AKT mit der Parallelform (Probeform B und Testform B1) durchgeführt
wurde. Zusätzlich beinhaltete die zweite Testung zum Abschluß die modifizierte Form
des Fragebogens zur Beurteilung der Behandlung (FBB).
Alle Angaben zum Patientendatenblatt und zum Barthel - Index wurden aus der Krankenakte entnommen. Von den Anweisungen des entsprechenden Manuals teilweise
abweichend, wurden alle verwendeten Fragebögen den Probanden vorgelesen und für die
Patienten die Antworten angekreuzt. Die Items und Antwortalternativen wurden bei
Bedarf mehrfach wiederholt. Bei Patienten mit massiven motorischen Beeinträchtigungen
oder aphasischen Störungen wurden die Instruktionen gemäß den jeweiligen Angaben
aus der Testanweisung übernommen.
METHODEN
80
Um ein möglichst vollständiges Bild des motorisch - funktionellen Status zu erhalten,
wurde auf die Einhaltung des Abbruchkriteriums bei der Durchführung der Rivermead Skala verzichtet und statt dessen alle Items überprüft. So konnten Cross-over Effekte
registriert und festgehalten werden.
Zur Gewährleistung einer einheitlichen Untersuchungssituation wurde auf eine identische
Durchführung der Spastik - Skala (MAS) bei allen Patienten geachtet. Dazu wurde der
Untersuchungsablauf an den Beschreibungen zur Durchführung aus der Studie von Sloan
et al. (1992) orientiert. Demzufolge wird die Spastizität der oberen Extremität im Sitzen
erfaßt, indem der Oberarm des Patienten direkt über dem Ellenbogengelenk fixiert und
die Hand des Patienten durch die Hand des Untersuchers gestützt wird. Der
Patientenunterarm soll dabei eine Mittelstellung zwischen Supination und Pronation
einnehmen. Aus dieser Position wird der Ellenbogen des Patienten innerhalb einer
Sekunde aus maximaler Flexion in maximale Extension passiv bewegt. Insgesamt wird
die passive Bewegung viermal ausgeführt.
Bis auf zwei Ausnahmen konnten die Prä- und Post- Untersuchungen jeweils in einer
Sitzung durchgeführt werden. Dabei wurden für die Anfangserhebung 1,5 bis 2 Stunden
benötigt. Die Schwankung bei der Bearbeitungszeit kam durch die unterschiedlichen
motorischen Fähigkeiten der Patienten zustande. Bei leicht betroffenen Patienten dauerte
die Durchführung des RMA deutlich länger, da von diesen Patienten teilweise alle
Aufgaben ausgeführt werden konnten, während schwerer betroffene Patienten nur die
leichtesten Items aus jedem Teilbereich des RMA bewältigen konnten. Die
Abschlußuntersuchung dauerte aufgrund des zusätzlichen Fragebogens durchschnittlich
15 Minuten länger.
3.2. Behandlungsinhalte der Experimental- und Kontrollgruppe
Alle Patienten, die an der Studie teilnahmen, bekamen in dem Trainingszeitraum zwischen den Untersuchungen eine Standardbehandlung, deren Inhalte sich aus internen
Leitlinien und Grundsätzen der Klinik ergaben. Zum Beispiel gehört die regelmäßige
physiotherapeutische Behandlung, die physikalische Therapie sowie die psychologische
Betreuung zu dem Standardbehandlungsprogramm. Die Patienten der Experimentalgruppe (EG) bekamen zusätzlich ergotherapeutische Behandlungen nach dem Prinzip der
kognitiv - therapeutischen Übungen von Perfetti, während die Kontrollgruppe (KG) eine
Alternativbehandlung bekam. Diese bestand aus ergotherapeutischen Anwendungen, die
sich weitestgehend an dem Bobath - Konzept orientierten.
METHODEN
81
Während des Trainingsintervalls betrug die gesamte ergotherapeutische Behandlungszeit
pro Patient im Durchschnitt in der EG 960,00 Minuten (SD = 370,55) und in der KG
1103,64 Minuten (SD = 509,17). Patienten der KG bekamen also durchschnittlich 143
Minuten mehr ergotherapeutische Behandlungen. Da dieser Unterschied jedoch nicht
signifikant ist (t = -0,706; df = 18; n.s.), konnte bei der Auswertung auf die Einbeziehung
der Behandlungszeiten als Kovariate verzichtet werden. Auch die durchschnittlichen
Behandlungszeiten bei drei- oder vierwöchiger Therapiedauer haben sich nicht signifikant
unterschieden (Drei Wochen: M = 1084, SD = 430,28; N = 5; Vier Wochen: M =
1024,00; SD = 465,91; N = 15; T-Test: t = 0,254; df = 18; n.s.).
3.3. Probleme
Bei der Durchführung der Untersuchung zeigten sich bei verschiedenen Erhebungsverfahren Anwendungsprobleme. Zum Beispiel erwiesen sich für Patienten mit sehr
starken motorischen Beeinträchtigungen selbst die einfachsten Aufgaben der Rivermead Skala als zu schwer. Wurden bei der Beurteilung der Aufgaben die angebenden Kriterien
sorgfältig eingehalten, konnte häufig zumindest bei einem der drei Teilbereiche kein Item
als erfolgreich bewertet werden. Die Itemauswahl bzw. die Kriteriendefinitionen scheinen
also für schwer betroffene Patienten nicht optimal zu sein, da für dieses
Patientenkollektiv ein Bodeneffekt bei Verlaufsuntersuchungen mit dem RMA nicht
ausgeschlossen werden kann (vgl. Bortz & Döring, 1995) bzw. geringe Effekte nicht
festgestellt werden können.
Außerdem kam es bei der Erfassung der motorischen Fähigkeiten mittels der Rivermead
- Skala gehäuft zu Cross-over Effekten. Im Prä - Test konnten neun Patienten nach der
Verfehlung von drei aufeinanderfolgenden Items trotzdem noch weitere Items aus dem
jeweiligen Bereich mit höherer Schwierigkeit bewältigen. Im Post - Test kam es sogar
bei 12 Patienten zu Cross-over Effekten. Am häufigsten war der Funktionsbereich RMAB (Bein) betroffen. Hier konnte insgesamt 15-mal der hierarchische Aufbau der Skala
nicht bestätigt werden. In der Skala RMA-G (Gross function) traten 3-mal Cross-over
Effekte auf, bei der Skala RMA-A (Arm) 6-mal. Aufgrund dieser Situation ist es
schwierig, anhand der Rohwerte auf die genauen Fähigkeiten der Patienten zu schließen,
da derselbe Score in einem Funktionsbereich unterschiedliche Aussagen ermöglicht. Und
ein höherer Score sagt nur aus, daß mehr Items erfolgreich durchgeführt werden
konnten, aber nicht welche Items bewältigt wurden. Zur Klärung der Fragestellungen
dieser Arbeit erscheint die quantitative Aussage der Ergebnisse des RMA jedoch ausreichend zu sein.
METHODEN
82
Trotz fehlender klinischer Hinweise auf eine Demenz konnte der AKT bei einigen Patienten nicht durchgeführt werden. Von einer Durchführung des Tests wurde dann abgesehen, wenn der Proband nicht in der Lage war die Probeform zu bearbeiten.
Die Anwendung des modifizierten FBB bei Schlaganfallpatienten war relativ unproblematisch, obwohl die Originalversion für ein gänzlich anderes Patientenkollektiv vorgesehen war. Die Items des FBB schienen für alle Teilnehmer gut verständlich zu sein.
Allerdings machte es den Probanden Schwierigkeiten, ihre Antworten anhand der fünfstufigen Ratingskala anzugeben. Eine weniger gestufte Skala wäre für Patienten höheren
Alters vermutlich angemessener.
Bei der Erfassung der Pflegebedürftigkeit bzw. der Selbständigkeit war die unterschiedliche Einschätzung in der Fremd- und Selbstbeurteilung auffällig. Bei vielen Patienten trat
bei der Beantwortung des SDB - Fragebogens eine offensichtliche Selbstüberschätzung
der Fähigkeiten bzgl. der Alltagsaktivitäten zu Tage. Zum Beispiel gaben völlig
immobilisierte Patienten an, Treppe steigen zu können oder antworteten bei dem Item 14
„Können Sie den Harn kontrollieren“ mit JA, obwohl sie einen Dauerkatheter trugen. In
der Fremdeinschätzung durch das Pflegepersonal mittels Barthel - Index lagen die
ermittelten Werte demzufolge häufig deutlich niedriger (vgl. Ergebnisse VII 3.4. und
Diskussion VIII 1.).
Eine Schwierigkeit, die zu einer reduzierten Stichprobengröße führte, lag in der stationären Aufenthaltsdauer der Patienten. Mehrere Patienten, die an der Anfangsuntersuchung teilgenommen hatten, wurden entlassen bevor sie mit der Abschlußuntersuchung
erfaßt werden konnten. Insgesamt wurden fünf Personen vorzeitig entlassen. Weiterhin
mußten zwei Patienten aus der Studie herausgenommen werden, da innerhalb des
Therapiezeitraumes die Behandlungsmethode aus therapeutischen Gründen gewechselt
wurde. Im Klinikalltag erscheint ein solcher Wechsel nicht ungewöhnlich, da die
Behandlung so ganz individuell an die Bedürfnisse des Patienten angepaßt werden kann.
ERGEBNISSE
83
Kapitel VII: Ergebnisse
1. Auswertung
Die Überprüfung der Hypothesen bezüglich der Effektivität der kognitiv - therapeutischen Übungen erfolgte über einen Vergleich der Ergebnisse im Prä - Test mit denen
des Post - Tests. Die einzelnen Verfahren der eingesetzten Testbatterie wurden dazu
getrennt voneinander betrachtet. Eine Gegenüberstellung der Ergebnisse der Experimental- und Kontrollgruppe ermöglicht es, Aussagen über die Wirksamkeit beider
Therapiekonzepte zu treffen und Unterschiede festzustellen. Zur statistischen Prüfung
wurden zweifaktorielle Varianzanalysen mit den Faktoren Behandlungsgruppe (zwei
Faktorstufen: EG / KG) und Meßzeitpunkt bzw. Testung (zwei Faktorstufen: Prä / Post)
mit Meßwiederholung durchgeführt.
Die Annahmen zum Zusammenhang von Aufmerksamkeitsleistungen und den motorisch
- funktionellen Fähigkeiten wurden mit Hilfe von Korrelationsberechnungen überprüft.
Auch der postulierte Zusammenhang von Behandlungszufriedenheit und
Behandlungserfolg wurde anhand der berechneten Korrelationskoeffizienten getestet.
Zur Feststellung von Gruppenunterschieden in der Behandlungsbeurteilung kam ein tTest zur Anwendung. Die Durchführung aller statistischen Tests und Analysen erfolgte
mit Hilfe des Computerprogramms SPSS 9.0.
Eine erste Analyse aller Ergebnisse der Anfangsuntersuchung mittels t-Tests zeigte, daß
sich die beiden Behandlungsgruppen in keinem der durchgeführten Testverfahren schon
vor Beginn der Trainingszeit signifikant unterschieden (s. Anhang K, Tab. 10).
Im nächsten Abschnitt werden zunächst die Reliabilitäten der eingesetzten Fragebögen
und die Trennschärfen der Items berichtet. Die anschließende Darstellung der Ergebnisse
im Abschnitt 3 orientiert sich an den einzelnen Hypothesen. Der Abschnitt 4 beinhaltet
übergreifende Ergebnisse und statistische Analysen. Im Text werden jeweils nur die für
die Fragestellung relevanten Daten und Effekte aufgeführt. Darüber hinausgehende
Werte und deskriptive Daten sind den Tabellen in Anhang K zu entnehmen.
ERGEBNISSE
84
2. Reliabilitäten und Trennschärfen
Für den SDB - Fragebogen und den modifizierten FBB wurden Reliabilitätsanalysen
durchgeführt. Auf die Prüfung der Barthel - Skala ist aufgrund der hinreichenden
Bewährung des Verfahrens verzichtet worden.
Der SDB - Fragebogen wurde zur Selbsteinschätzung der Hilfsbedürftigkeit bei der
Bewältigung von Alltagsaktivitäten eingesetzt. Anhand entsprechender Gewichtungen
wurde aus den Rohwerten dieses Fragebogens der Barthel - Index als Maß für die
Selbstbeurteilung ermittelt. Die Reliabilität des Verfahrens ist im Prä - Test (N = 20) mit
einem Cronbachs Alpha von .88 als zufriedenstellend zu bewerten (M = 18,10; SD =
6,26). Im Post - Test (N = 20) ist die innere Konsistenz niedriger (Cronbachs α = .78; M
= 21,05; SD = 4,44). Für den Prä - Test liegt die mittlere korrigierte Trennschärfe der
insgesamt 14 Items bei .55. Zwei Items weisen eine Trennschärfe unter .30 auf. Die
mittlere korrigierte Trennschärfe im Post - Test liegt bei .41. Hier besitzen vier Items
eine Trennschärfe unter .30.
Für den modifizierten Fragebogen zur Beurteilung der Behandlung (FBB) wurden
folgende Reliabilitäten und mittlere korrigierte Trennschärfen ermittelt (s. Tab. 3):
Cronbachs α
mittlere
Trennschärfe
M
SD
Erfolg der Behandlung
.47
.27
14,25
2,55
Beziehung zum Therapeuten
.66
.41
25,85
2,37
Rahmenbedingungen der Therapie
.73
.44
26,05
4,88
Gesamttest
.77
.36
66,15
7,51
Skala
Anmerkung: M = Mittelwert; SD = Standardabweichung
Tab. 3: Ergebnisse der Reliabilitätsanalyse des modifizierten FBB (N = 20)
Vor allem für die Skala „Erfolg der Behandlung“ (5 Items, davon 1 modifiziert) ist die
Reliabilität nicht zufriedenstellend. In dieser und in der Skala „Rahmenbedingungen der
Behandlung“ (8 Items, davon 3 modifiziert) liegen die korrigierten Trennschärfen bei
jeweils zwei Items unter .30. In der Skala „Beziehung zum Therapeuten“ (7 Items, keine
Modifikation) trifft dies auf drei Items zu. Erfreulich sind die ausreichend hohen Trennschärfen der modifizierten Items (Item Nr. 5, 6, 13 und 17). Sie liegen zwischen .36 und
.77. Der Gesamttest weist eine zufriedenstellende Reliabilität auf, wobei bei acht Items
die korrigierte Trennschärfe unter .30 liegt.
ERGEBNISSE
85
3. Hypothesenbezogene Ergebnisse
3.1. Hypothese 1
Beide Behandlungsgruppen weisen nach der Trainingszeit signifikante Veränderungen
bei den motorisch - funktionellen Fähigkeiten, dem Muskeltonus sowie der Selbständigkeit bzw. Hilfsbedürftigkeit auf.
Zur Überpüfung dieser Hypothese wurden für die jeweiligen Rohwerte der Rivermead Skala (RMA gesamt), der Spastik - Skala (MAS) und des Barthel - Index (fremd und
selbst) zweifaktorielle Varianzanalysen mit Meßwiederholung auf dem zweiten Faktor
berechnet. Da der SDB - Fragebogen in der gewichteten Form in die Auswertung eingeht, wird er im weiteren mit Barthel - selbst bezeichnet.
Für den RMA gesamt ergab sich ein hochsignifikanter Haupteffekt auf dem Faktor
Testung (F(1,18) = 21,673; p < .001). Auch für den Barthel - Index zeigte sich in der
Fremdbeurteilung ein hochsignifikanter und in der Selbstbeurteilung ein signifikanter
Haupteffekt auf dem Faktor Testung (fremd: F(1,18) = 23,868; p = .001; selbst: F(1,18) =
4,740; p < .05). Unter Berücksichtigung der jeweiligen Gruppenmittelwerte zeigen diese
Ergebnisse, daß beide Behandlungsgruppen eine statistisch bedeutsame Verbesserung der
motorisch - funktionellen Fähigkeiten und der Selbständigkeit im Vergleich vom Präzum Post - Test erzielt haben. Die Hypothese 1 kann also für diesen Bereich als bestätigt
angesehen werden. Keine signifikanten Verbesserungen konnten hingegen für das
Ausmaß der Spastizität festgestellt werden. Der Haupteffekt des Faktors Testung war für
den MAS nicht signifikant (F(1,18) = 0,10 n.s.). Über beide Gruppen hinweg konnte also
während des Testzeitraumes keine Reduzierung des spastischen Muskeltonus erreicht
werden.
Zusätzliche Daten zu den Varianzanalysen enthalten die Tabellen 11, 12, 14 und 18
(Ergebnisse der VA) im Anhang K. Angaben zu Mittelwerten und Standardabweichungen der abhängigen Variablen im Prä- und Post - Test finden sich in Tabelle 22a
(Deskriptive Statistik) im Anhang K. Eine graphische Veranschaulichung der Ergebnisse
geben weiterhin die Abbildungen 7 (Rivermead Motor Assessment), 8 (Spastik - Skala)
und 9 (Barthel - Index) weiter unten im folgenden Text.
ERGEBNISSE
86
3.2. Hypothese 2
Die EG zeigt nach der Therapiezeit deutlichere Verbesserungen der Ergebnisse im
motorisch - funktionellen Bereich als die KG.
Diese Annahme geht von der Überlegenheit der kognitiv - therapeutischen Übungen bei
der motorischen Rehabilitation im Vergleich zu der herkömmlichen Behandlung im Sinne
des Bobath - Konzeptes aus. Sie wurde anhand einer zweifaktoriellen Varianzanalyse mit
Meßwiederholung für den Gesamtrohwert der Rivermead - Skala überprüft.
Der relevante Interaktionseffekt Testung * Gruppe konnte die Hypothese allerdings nicht
bestätigen. Die Interaktion war nicht signifikant (F(1,18) = 2,408 n.s.). Das heißt, die
Behandlungsgruppe mit den kognitiv - therapeutischen Übungen konnte nach der Trainingszeit keine deutlichere Verbesserung im motorisch - funktionellen Bereich erreichen
als die Kontrollgruppe (s. Abb. 7 und Anhang K; Tab. 14).
Rivermead Motor Assessment
mittlere Rohwerte
17
14
EG
KG
11
8
RMA prä
RMA post
Abb. 7: Mittlere Rohwerte der Rivermead - Skala (gesamt) im Prä - Post - Vergleich
Wie die Abbildung 7 veranschaulicht, läßt sich über beide Behandlungsgruppen hinweg
eine Verbesserung der motorischen Leistungen vom Prä- zum Post - Test belegen (vgl.
Hypothese 1). Da dieser Effekt jedoch unabhängig von der Gruppenzugehörigkeit auftrat, ist die Leistungssteigerung nicht auf die Behandlung nach Perfetti zurückzuführen.
ERGEBNISSE
87
3.3. Hypothese 3
Patienten aus der EG weisen nach der Behandlung auch eine größere Abnahme der
Spastizität auf als die Patienten der KG.
Neben den Fortschritten im rein motorisch - funktionellen Bereich, soll nach dieser
Annahme die Behandlung mit kognitiv - therapeutischen Übungen auch zu einer deutlicheren Minderung des Muskeltonus führen als die Behandlung nach dem Bobath - Konzept. Der Muskeltonus wird über die Spastik - Skala MAS operationaliert. Die Ratingstufen 0,1,1+,2,3 und 4 (s. Anhang C) erhielten bei der Beurteilung der Muskelspannung
die Scores 0,1,2,3,4 und 5. Die Auswertung dieser Rohwerte mittels zweifaktorieller
Varianzanalyse ergab keinen signifikanten Interaktionseffekt (F(1,18) = 1,004 n.s.). Die EG
zeigt im Post - Test keine größere Abnahme der Spastizität als die KG (s. Abb. 8).
Spastik - Skala
mittlere Rohwerte
2
1,5
EG
KG
1
0,5
MAS prä
MAS post
Abb. 8: Mittlere Rohwerte der Spastik - Skala im Prä - Post - Vergleich
Ein Vergleich der Mittelwerte zeigt entgegen der Annahme sogar bei der EG einen
Anstieg im Ausmaß der Spastizität, während die Probanden der KG im Post - Test
durchschnittlich einen geringeren Muskeltonus aufweisen. Insgesamt liegt der durchschnittliche Grad der Spastizität in der Gesamtstichprobe zu beiden Meßzeitpunkten im
unteren Bereich der Meßskala. Dem Anhang sind weitere Angaben und deskriptive
Daten zu entnehmen (s. Anhang K; Tab. 18 und 22b).
ERGEBNISSE
88
3.4. Hypothese 4
Ebenfalls im Bereich der Aktivitäten des täglichen Lebens zeigt die EG nach dem
Trainingsintervall sowohl in der Fremd- als auch in der Selbstbeurteilung stärkere
Verbesserungen als die KG.
Zur Bestimmung der Beeinträchtigungen des alltäglichen Lebens wurde der Barthel Index in der Selbst- und Fremdeinschätzung ermittelt. Um unterschiedliche Veränderungen in der EG und KG während der Therapiezeit bezüglich der Selbständigkeit
bzw. Hilfsbedürftigkeit zu überprüfen, wurden zweifaktorielle Varianzanalysen mit
Meßwiederholung für die Fremd- und Selbsteinschätzung getrennt voneinander
berechnet (s. Anhang K; Tab. 11, 12 und 22a).
Hinsichtlich der Interaktion der Faktoren Testung * Gruppe ergaben sich für den Barthel
- Index des Fremdurteils signifikante Veränderungen (F(1,18) = 5,732; p < .05). Bei
Betrachtung der Mittelwerte zu den beiden Meßzeitpunkten wird allerdings ersichtlich,
daß diese Veränderungen nicht den Annahmen entsprechen. Die KG weist eine deutlichere Verbesserung der Selbständigkeit auf, während die EG nur geringfügig bessere
Unabhängigkeitswert im Post - Test erzielt (s. Abb. 9). Auch für den Barthel - Index des
Selbsturteils konnte in der EG keine stärkere Abnahme der funktionellen Beeinträchtigung im Gegensatz zur KG festgestellt werden (s. Abb. 9). Der Interaktionseffekt
Testung * Gruppe war nicht signifikant (F(1,18) = 0,030 n.s.).
Barthel - Index
80
70
60
EG
KG
50
40
30
20
Fremd
prä
Fremd
post
Selbst
prä
Selbst
post
Abb. 9: Mittlere Rohwerte des Barthel - Index (fremd / selbst) im Prä - Post - Vergleich
ERGEBNISSE
89
Bei der Datenerhebung war aufgefallen, daß bei der Beurteilung der Pflegebedürftigkeit
zum Teil deutliche Diskrepanzen zwischen der Selbst- und Fremdeinschätzung auftraten
(s. Kapitel VI 3.3.). Um feststellen zu können, ob die unterschiedliche Einschätzung der
betroffenen Patienten im Vergleich zum Pflegepersonal von statistischer Bedeutung ist,
wurde eine dreifaktorielle Varianzanalyse mit dem zusätzlichen dritten Faktor „Einschätzung“ (Selbst / Fremd) mit Meßwiederholung gerechnet. Außerdem konnten so
Interaktionseffekte zwischen der Art der Einschätzung und der Behandlungsgruppe bzw.
dem Meßzeitpunkt überprüft werden.
Wie erwartet, zeigten sich bezüglich der Faktoren „Testung“ und „Einschätzung“ hochsignifikante Haupteffekte (Testung: F(1,18) = 18,013; p < .001; Einschätzung: F(1,18) =
17,700; p = .001). Das Ausmaß der Unabhängigkeit im Alltag nahm sowohl bei der
Fremd- als auch bei der Selbstbeurteilung während des Therapiezeitraumes ab (vgl.
Ergebnisse zu Hypothese 1 im Abschnitt 3.1.). Dabei wurde für beide Gruppen und über
beide Meßzeitpunkte hinweg die Selbständigkeit bei den Alltagsaktivitäten von den
betroffenen Patienten höher eingeschätzt als von dem Pflegepersonal (vgl. Abb. 9 Barthel
- Index). Alle Interaktionen sowie die Dreifachinteraktion zeigten keine signifikanten
Effekte (s. Anhang K; Tab. 13).
3.5. Hypothese 5
Im motorisch - funktionellen Bereich zeigt die EG für den betroffenen Arm und die
Hand deutlichere Verbesserungen in den Ergebnissen als die KG.
Diese Annahme zu spezifischen Effekten der Therapie mit kognitiv - therapeutischen
Übungen wurde überprüft, indem die Rohwerte der Unterskala „Arm“ des Rivermead
Motor Assessment (RMA-A) aus beiden Behandlungsgruppen herangezogen wurden.
Als statistisches Verfahren diente eine zweifaktorielle Varianzanalyse mit Meßwiederholung (s. Anhang K; Tab.17).
Die Ergebnisse dieser Analyse konnten für die EG keine Überlegenheit bei der Rehabilitation des Armes und der Hand nachweisen. Für beide Behandlungsgruppen wurde
zwar eine signifikante Verbesserung der Armfunktionen im Vergleich von der Anfangszur Abschlußuntersuchung festgestellt (Haupteffekt Testung: F(1,18) = 6,844; p < .05),
aber das Ausmaß der Verbesserung war für die EG nicht größer als für die KG (Interaktion Testung * Gruppe: F(1,18) = 1,936 n.s.). Auffällig ist im Übrigen das generell niedrigere Niveau der Armfunktionen der EG im Vergleich zur KG, was aus der Abb. 10
(RMA-A) deutlich wird.
ERGEBNISSE
90
Rivermead Motor Assessment - Arm
mittlere Rohwerte
5
4,5
EG
4
KG
3,5
3
RMA A prä
RMA A post
Abb. 10: Mittlere Rohwerte der Subskala Arm des RMA im Prä - Post - Vergleich
3.6. Hypothese 6
Die KG weist hingegen nach dem Trainingsintervall stärkere Verbesserungen der
Mobilität und der Rumpffunktionen auf als die EG.
Aufgrund der unterschiedlichen Schwerpunktsetzung beider Therapiekonzepte, wird
vermutet, daß die Patienten der Bobath - Behandlungsgruppe (KG) im Vergleich zu den
Patienten der Perfetti - Behandlungsgruppe (EG) nach der Therapiezeit im Post - Test
deutlichere Verbesserungen des Funktionsstatus des Rumpfes und der Mobilität aufweisen. Die Rohwerte der Subskalen „Gross function“ (RMA-G) und „Bein und Rumpf“
(RMA-B) des Rivermead Motor Assessment dienten als Operationalisierungen der
Mobilität und der Rumpffunktionen.
Im Bereich der allgemeinen Mobilität (RMA-G) konnte eine zweifaktorielle Varianzanalyse mit Meßwiederholung die Annahme nur eingeschränkt bestätigen (s. Anhang K;
Tab.15). Die Mittelwerte weisen zwar auf eine deutlichere Steigerung der Mobilität in
der KG hin, aber die Interaktion Testung * Gruppe verfehlte knapp das α - Niveau von
0,05, weshalb von keiner ausreichend großen Überlegenheit der KG gegenüber der EG
bezüglich der Mobilitätsverbesserung ausgegangen werden muß (F(1,18) = 4,379, p =
.051). Allerdings konnten sich beide Behandlungsgruppen im Grad der Mobilität im Prä Post - Vergleich verbessern, wie der Haupteffekt Testung belegt (F(1,18) = 10,007, p <
.01) und die Abbildung 11 (RMA-Subskalen) veranschaulicht.
ERGEBNISSE
91
Zur Bestimmung der Funktionsveränderungen im Bereich Rumpf und Bein wurde für die
Rohwerte der Subskala RMA-B eine zweifaktorielle Varianzanalyse mit Meßwiederholung berechnet (s. Anhang K; Tab. 16). Für den Faktor Testung ergab sich ein
hochsignifikanter Haupteffekt (F(1,18) = 14,855, p = .001), die Interaktion Testung *
Gruppe brachte keine signifikanten Ergebnisse (F(1,18) = 1,252 n.s.). Beide Behandlungsgruppen erzielten also in dem Zeitraum zwischen Prä- und Post - Test eine Verbesserung
der Rumpfkontrolle und -funktionen. Für die EG fiel dieser Fortschritt jedoch nicht
größer aus als für die KG (s. Abb. 11 RMA-Subskalen), weshalb die Hypothese in
diesem Bereich nicht bestätigt werden kann.
Rivermead Motor Assessment - Subskalen
mittlere Rohwerte
6
5
EG
KG
4
3
2
RMA RMA
G prä G post
RMA RMA
B prä B post
RMA RMA
A prä A post
Abb. 11: Mittlere Rohwerte der Subskalen des RMA im Prä - Post - Vergleich
Eine zusammenfassende Betrachtung aller Ergebnisse des Rivermead Motor Assessment
läßt erkennen, daß sich im Gesamtscore (RMA gesamt) und in allen Unterskalen (RMAG, RMA-B, RMA-A) eine Steigerung der motorisch - funktionellen Leistungen während
des Therapiezeitraumes verzeichnen läßt. Im Widerspruch zu den Erwartungen konnte
jedoch in keinem Bereich ein statistisch bedeutsamer Unterschied zwischen den beiden
Behandlungsgruppen aufgezeigt werden. Beachtenswert scheinen hier jedoch die
unterschiedlichen Leistungsniveaus der Gruppen zu sein. Während im RMA-G und
RMA-B die KG zu beiden Meßzeitpunkten im Mittel schlechtere Werte erzielt als die
EG, ist dieses Verhältnis im Funktionsbereich Arm umgekehrt. Zur Verdeutlichung dieses Befundes sind in der Abbildung 11 zusätzlich noch einmal die Mittelwerte für die
Subskala RMA-A abgetragen (vgl. Abb. 10 RMA-A).
ERGEBNISSE
92
3.7. Hypothese 7
Je niedriger die initiale Aufmerksamkeitsleistung bei Patienten aus der EG, desto
geringer sind die motorisch - funktionellen Fertigkeiten nach dem Trainingsintervall.
Bei Patienten der KG finden sich diese Zusammenhänge nicht.
Für diese Fragestellung wurde der Zusammenhang der Ergebnisse des AKT mit den
Ergebnissen des RMA und Barthel - Index anhand von bivariaten Korrelationen für beide
Behandlungsgruppen getrennt voneinander bestimmt. Da die Aufmerksamkeitsleistung
als Ausgangspotential für die möglichen Fähigkeiten bzw. Ergebnisse im motorischen
Bereich angesehen wird, wurden die Zusammenhänge zwischen dem Grad der
Aufmerksamkeit bei der Anfangsuntersuchung und den motorischen Fähigkeiten beim
Post - Test ermittelt. Als Testvariablen dienten der AKT - Gesamtwert, der Gesamtwert
und die Subskalen des RMA sowie der Barthel - Index aus der Selbst- und Fremdeinschätzung. Die Ergebnisse sind der Tabelle 4 zu entnehmen.
EG (n=8)
KG (n=8)
AKT - Gesamt Prä AKT - Gesamt Prä
RMA Gesamt Post
Korrelation
p (einseitig)
0,328 n.s.
.214
0,654*
.039
RMA-Gross function Post Korrelation
p (einseitig)
0,146 n.s.
.365
0,752*
.016
RMA-Bein Post
Korrelation
p (einseitig)
0,076 n.s.
.429
0,581 n.s.
.065
RMA-Arm Post
Korrelation
p (einseitig)
0,403 n.s.
.161
0,482 n.s.
.113
Barthel - fremd Post
Korrelation
p (einseitig)
0,490 n.s.
.109
0,761*
.014
Barthel - selbst Post
Korrelation
p (einseitig)
-0,033 n.s.
.469
0,401 n.s.
.163
Anmerkung: n.s. nicht signifikant; * p<.05 signifikant, ** p<.01 sehr signifikant; ***p<.001 äußerst signifikant
Tab. 4: Ergebnistabelle der Korrelationen: AKT (prä) mit RMA und Barthel (post)
Die Ergebnisse zeigen, daß es entgegen der Annahme in der EG überhaupt keine signifikanten Zusammenhänge zwischen der Aufmerksamkeitsleistung und den motorischen
Fähigkeiten gibt. Anders als erwartet, treten jedoch in der KG drei signifikante Korrelationen auf. Je höher die Aufmerksamkeit zu Beginn der Untersuchung, desto größer ist
die Unabhängigkeit in der Fremdbeurteilung und desto besser ist insgesamt die motorische Leistung sowie die Mobilität nach der Therapiephase.
ERGEBNISSE
93
Die gefundenen signifikanten Korrelationen von Aufmerksamkeit und Motorik bei der
KG lassen noch keinen Rückschluß auf die Wirkungsweise der Behandlung zu. Um zu
klären, ob schon zu Beginn der Untersuchung diese Korrelationen vorhanden waren und
somit gar nicht im Zusammenhang mit der Behandlung stehen, wurden zusätzlich noch
Korrelationen zwischen dem AKT - Wert und den motorisch - funktionellen Testergebnissen aus der Anfangsuntersuchung berechnet. Die Tabelle 5 gibt einen Überblick über
die Ergebnisse.
EG (n=8)
KG (n=8)
AKT - Gesamt Prä AKT - Gesamt Prä
RMA Gesamt Prä
Korrelation
p (einseitig)
0,385 n.s.
.173
0,664*
.036
RMA-Gross function Prä
Korrelation
0,190 n.s.
p (einseitig)
.326
0,757*
.015
RMA-Bein Prä
Korrelation
p (einseitig)
0,408 n.s.
.158
0,781*
.011
RMA-Arm Prä
Korrelation
p (einseitig)
0,370 n.s.
.183
0,481 n.s.
.114
Barthel - fremd Prä
Korrelation
p (einseitig)
0,260 n.s.
.267
0,817**
.007
Barthel - selbst Prä
Korrelation
p (einseitig)
-0,061 n.s.
.443
-,073 n.s.
.432
Tab. 5: Ergebnistabelle der Korrelationen: AKT (prä) mit RMA und Barthel (prä)
Ein Vergleich mit der Tab. 4 macht deutlich, daß alle dort dokumentierten signifikanten
Korrelationen der KG auch hier nachgewiesen werden können. Die Zusammenhänge
zwischen der initialen Aufmerksamkeit und den motorischen, funktionellen und alltagsrelevanten Ergebnissen der Abschlußuntersuchung treten also auch schon in der
Anfangsuntersuchung bei der Kontrollgruppe in Erscheinung.
ERGEBNISSE
94
3.8. Hypothese 8
Die EG zeigt nach der Therapie im Gegensatz zur KG eine Verbesserung der Aufmerksamkeitsleistung.
Zur Berechnung von zweifaktoriellen Varianzanalysen mit Meßwiederholung wurden
von den möglichen Leistungsmaßen des Alters - Konzentrations - Tests (AKT) der
Gesamtwert und die Bearbeitungszeit herangezogen. Diese Auswahl wird von Kessler &
Markowitsch (1991) empfohlen, um das Testverhalten ausreichend beschreiben zu
können. Zusätzlich wurde für die Rohwerte „Richtige“ (Anzahl der richtigen Items) eine
Varianzanalyse gerechnet (s. Anhang K; Tabellen 19, 20, 21 und 22b).
Alters-Konzentrations-Test (Gesamtwert)
mittlere Gesamtwerte
50
48
EG
KG
46
44
42
AKT prä
AKT post
Abb. 12: Mittlere Gesamtwerte des AKT im Prä - Post -Vergleich
Aus der Abbildung 12 wird deutlich, daß sich die Leistung von beiden Behandlungsgruppen bezüglich der Konzentrations- und Aufmerksamkeitsfähigkeit im Vergleich von
der Anfangsuntersuchung zum Post - Test verschlechtert hat. Die Varianzanalyse ergibt
einen signifikanten Haupteffekt des Faktors Testung (F(1,14) = 5,710; p < .05). Ein
weiterer nicht den Annahmen entsprechender Befund ist die nicht signifikante Interaktion
Testung * Gruppe (F(1,14) = 1,914 n.s.). Die EG ist in dem Gesamt - Aufmerksamkeitswert im Vergleich zur KG nicht besser geworden, sondern ist im Gegenteil in ihren
Leistungen noch stärker abgesunken als die KG.
ERGEBNISSE
95
Für die beiden weiteren Leistungsmaße des AKT haben sich keinerlei signifikante Effekte
ergeben. Sowohl bei der Bearbeitungszeit als auch bei der Anzahl der Richtigen war der
Hauptfaktor Testung (Zeit: F(1,14) = 0,986 n.s.; Richtige: F(1,14) = 2,175 n.s.) und die
Interaktion Testung * Gruppe (Zeit: F(1,14) = 0,572 n.s.; Richtige: F(1,14) = 1,827 n.s.)
nicht signifikant. Die Betrachtung der Gruppenmittelwerte (s. Abb. 13 ) zeigt jedoch vor
allem bei der KG, wenn auch nicht statistisch bedeutsam, eine geringe Zunahme der
Bearbeitungsgeschwindigkeit. Ebenfalls nicht statistisch relevant ist die Reduzierung der
Anzahl Richtiger im Post - Test (s. Abb. 14).
Alters-Konzentrations-Test (Zeit)
Mittlere Bearbeitungszeit (Sek.)
200
175
EG
KG
150
125
AKT prä
AKT post
Abb. 13: Mittlere Bearbeitungszeit (in Sek.) des AKT im Prä - Post - Vergleich
Alters-Konzentrations-Test (Richtige)
Mittlere Anzahl Richtiger
18
17
16
EG
KG
15
14
13
AKT prä
AKT post
Abb. 14: Mittlere Anzahl Richtiger im AKT im Prä - Post - Vergleich
ERGEBNISSE
96
3.9. Hypothese 9
Die EG beurteilt die Behandlung mit kognitiv - therapeutischen Übungen positiver als
die KG ihre Behandlung nach dem Bobath - Konzept.
Zum Vergleich der Gruppenmittelwerte der verschiedenen Skalen des modifizierten
Fragebogens zur Beurteilung der Behandlung wurden t - Tests durchgeführt. Weder im
Gesamttest, noch in den einzelnen Subskalen zeigten sich signifikante Mittelwertsunterschiede zwischen den beiden Behandlungsgruppen EG und KG (s. Tab. 6 und Abb. 15).
Beide Gruppen beurteilten die erhaltene Behandlung in allen Punkten gleich, bzw. nur
geringfügig unterschiedlich.
Gesamt
Rahmenbedingungen
der Behandlung
Beziehung zum
Therapeuten
Erfolg der
Behandlung
EG (n = 9)
M
SD
3,31
0,185
KG (n = 11)
M
SD
3,30
0,490
t
df *1
p
0,041 n.s.
3,34
0,402
3,21
0,719
0,470 n.s.
18
.644
3,79
0,267
3,61
0,379
1,234 n.s.
18
.233
2,64
0,517
3,02
0,460
-1,710 n.s.
18
.105
13,277 .968
*1: Die unterschiedlichen Freiheitsgrade kommen aufgrund der ungleichen Varianzen (signifikanter Levene -Test) bei einzelnen
Variablen zustande.
Tab. 6: Ergebnistabelle der t - Tests: Behandlungsbeurteilung der EG und KG
FBB (modifiziert)
Gesamt
Rahmenbedingungen
der Behandlung
KG
EG
Beziehung zum
Therapeuten
Erfolg der
Behandlung
2
2,5
3
3,5
4
mittlere Rohwerte
Abb. 15: Mittelwerte der Behandlungsbeurteilung beider Behandlungsgruppen
ERGEBNISSE
97
3.10. Hypothese 10
Unabhängig von der Behandlungsgruppe sind positivere Beurteilungen der Behandlung
mit besseren Ergebnissen in motorisch - funktioneller Hinsicht sowie im ADL - Bereich
assoziiert.
Aufgrund der überwiegend unreliablen Subskala wurde für die Auswertung lediglich der
Gesamtwert des modifizierten FBB herangezogen. Wie aus der Tabelle 7 zu ersehen ist,
ergaben sich keine signifikanten Zusammenhänge zwischen der Behandlungsbeurteilung
mit den motorischen, funktionellen und alltagsrelevanten Befunden der Post - Testung.
Die motorischen Fertigkeiten und das Ausmaß der Unabhängigkeit sind also nicht wie im
erwarteten Sinne mit dem Grad der Zufriedenheit bezüglich der erhaltenen Behandlung
assoziiert.
FBB - Gesamtwert
N = 20
RMA Gesamt Post
Korrelation
p (einseitig)
0,307 n.s.
.094
RMA-Gross function Post
Korrelation
p (einseitig)
0,194 n.s.
.206
RMA-Bein Post
Korrelation
p (einseitig)
0,369 n.s.
.054
RMA-Arm Post
Korrelation
p (einseitig)
0,304 n.s.
.096
Barthel - fremd Post
Korrelation
p (einseitig)
0,157 n.s.
.255
Barthel - selbst Post
Korrelation
p (einseitig)
0,039 n.s.
.435
Tab. 7: Zusammenhang zwischen Zufriedenheit und den Ergebnissen im Post - Test
ERGEBNISSE
98
4. Hypothesenübergreifende Ergebnisse
Ein interessanter, aber über die bestehenden Fragestellungen hinausgehender Befund
ergab sich bei der Korrelationsberechnung mit den Werten des FBB. Es konnte ein
signifikanter Zusammenhang zwischen der Gesamtbeurteilung der Behandlung mit dem
Ausmaß der Spastizität festgestellt werden. Dabei zeigte sich dieser Zusammenhang
sowohl mit den Resultaten des MAS aus der Erstuntersuchung als auch mit den Ergebnissen des MAS aus der Abschlußerhebung (prä: r = -0,563; p = .005; post: r = -0,498; p
< .05). Eine positivere Beurteilung der Behandlung ist demnach mit einer niedrigeren
Ausprägung der Spastizität assoziiert. Je schlechter jedoch die erhaltene Behandlung
beurteilt wird, desto höher liegt das Ausmaß der Spastizität. Da dieser Zusammenhang
schon vor Beginn der Therapie zu finden war, ist nicht davon auszugehen, daß eine
Zufriedenheit mit der Behandlung zu einem reduzierten Muskeltonus führt. Für die
Zusammenhänge liegt eine andere Vermutung viel näher. Da mit zunehmender Spastizität
des betroffenen Armes auch eine größere Beeinträchtigung der Armfunktionen
verbunden ist, erscheint dies als möglicher Grund für die zunehmende Unzufriedenheit.
Das heißt, der FBB würde in diesem Fall nicht die Zufriedenheit mit der Behandlung,
sondern die allgemeine Zufriedenheit erfassen.
Die Betrachtung der Resultate im Prä - Test (s. Anhang K; Tab. 10) läßt einen weiteren
Befund auffallen: Bei einzelnen Variablen treten deutliche Varianzunterschiede zwischen
der EG und KG auf. Beispielsweise unterscheiden sich die Varianzen des RMA gesamt
und der Subskalen RMA-G und -A in der Anfangsuntersuchung zwischen den beiden
Behandlungsgruppen signifikant (gesamt: F = 3,265; p = .10; gross function: F = 7,160;
p < .05; Bein: F = 9,753; p < .01). Die EG zeigt in allen drei Skalen größere
Schwankungen in den motorischen Fähigkeiten als die KG. In beiden Gruppen finden
sich Patienten, die in den drei Skalen Werte im unteren Bereich erzielen. Aber nur in der
EG sind auch Patienten, deren motorische Leistungen im oberen Bereich der Skalen liegen. Ursächlich kommen dafür die Auswahlkriterien für die Behandlungsgruppen in
Frage.
Auch bei der Bewertung der Behandlung treten Varianzunterschiede zwischen den
Gruppen auf (vgl. Tab. 6; S. 96). Die Behandlung wird in der KG insgesamt viel unterschiedlicher beurteilt als in der EG. Die Standardabweichung des Gesamtwertes liegt in
der KG bei 0,4906 (M = 3,30) und in der EG bei 0,1850 (M = 3,31) und ist im Levene Test signifikant (F = 5,171; p < .05). Alle Patienten der EG bewerten die erhaltene
Behandlung mit „gut“, was auf eine gleichbleibend hohe Qualität der Behandlung hinweisen könnte. In der Kontrollgruppe hingegen wird die erhaltene Behandlung zum Teil
mit „mäßig“, aber auch mit „sehr gut“ beurteilt.
ERGEBNISSE
99
Für die hypothesenbezogene Auswertung wurden die jeweiligen Rohwerte des Alters Konzentrations - Tests herangezogen. Hieraus sind jedoch noch keine Aussagen über die
Aufmerksamkeitsleistungen der Patienten im Vergleich zu einer Bezugspopulation
möglich. Um die Leistung der Stichprobe als durchschnittlich, unter- oder überdurchschnittlich einordnen zu können, wurden daher die Ergebnisse (Gesamtwert) zusätzlich
anhand der berechneten Centil - Werte betrachtet. Normiert an einer Stichprobe von
1008 Patienten (Angaben zur Normierungsstichprobe s. Kapitel VI 1.3.) lagen die mittleren Centil - Werte der Untersuchungsstichprobe für den Gesamtwert im Prä - Test bei
C = 6,06 und im Post - Test bei C = 5,44. Fast die Hälfte der Probanden aus der Vergleichsstichprobe haben somit bessere Werte erzielt als die Patienten der Untersuchungsstichprobe im Post - Test. Getrennt nach den Gruppen, zeigte die EG in der
Anfangsuntersuchung einen mittleren Centil - Wert von C = 6,5 und die KG von C =
5,63. Für die Abschlußuntersuchung wurde in der EG ein mittlerer Centil - Wert von C =
4,75 und für die KG von C = 6,12 ermittelt. Bei der Varianzanalyse ergab sich für diese
Werte ein signifikanter Interaktionseffekt Testung * Gruppe (F (1,14) = 7,177; p < .05).
Während sich die Kontrollgruppe in ihren Werten verbessern konnte, kam es bei der
Experimentalgruppe zu einer Verschlechterung. Da die Centil - Werte als Leistungsmaß
jedoch zu grob erscheinen, fließen diese Ergebnisse nicht mit in die Interpretation ein.
DISKUSSION
100
Kapitel VIII: Diskussion
1. Generelle Wirksamkeit der Behandlungskonzepte
Die ersten Fragestellungen der vorliegenden Arbeit zielten auf die Überprüfung der
generellen Wirksamkeit der kognitiv - therapeutischen Übungen im Vergleich zur
Behandlung nach dem Bobath - Konzept. Zunächst sollte geklärt werden, ob im Therapiezeitraum unabhängig von der Behandlungsgruppe überhaupt eine Veränderung bzw.
Verbesserung in den betrachteten Variablen stattgefunden hat. Hier konnten die Ergebnisse einen deutlichen Fortschritt der funktionellen Motorik belegen und somit auf einen
Therapieeffekt in diesem Bereich hindeuten. Dieser Befund bestätigt vorhandene
Ergebnisse von Krause et al. (1998) und Bülau, Fuger und Horn (1994) zur Wirksamkeit
von Rehabilitationsmaßnahmen. In beiden Studien wurden Verbesserungen der körperlichen Beeinträchtigungen während einer stationären Rehabilitationsbehandlung mit u.a.
ergo- und physiotherapeutischen Anwendungen dokumentiert.
Weiterhin konnten in der Untersuchung auch Veränderungen im Bereich der Aktivitäten
des täglichen Lebens ermittelt werden. Die Ergebnisse belegen im Vergleich vom
Anfangsbefund zur Enduntersuchung einen Zugewinn an Selbständigkeit und Unabhängigkeit. Die Patienten konnten also zumindest einen Teil ihrer freien Lebensgestaltung
wiedergewinnen und waren nicht mehr so umfangreich auf fremde Hilfe bei der Bewältigung der Anforderungen des täglichen Lebens angewiesen. Damit unterstützen die
Ergebnisse die Befunde aus einer Studie von Harlacher, Pientka und Füsgen (1999), die
auch gerade im Bereich der Alltagsaktivitäten bei der von ihnen untersuchten Stichprobe
Verbesserungen im Behandlungsverlauf festgestellt hatten.
Die Fortschritte bei diesen Aktivitäten wurden sowohl durch die Patienten selbst als auch
durch das Pflegepersonal berichtet. Nach der Therapie beurteilten die Patienten das
Ausmaß ihrer Unabhängigkeit größer und damit die Hilfsbedürftigkeit niedriger als vorher. Von Seiten des pflegenden Personals wurde dieser Fortschritt ebenso eingeschätzt.
Allerdings lag die Fremdbeurteilung der Selbständigkeit unabhängig von Gruppenzugehörigkeit und Testzeitpunkt deutlich unter dem Wert, der anhand der Selbsteinschätzung
durch die Patienten ermittelt wurde. Diesem Befund kann eine auf Einschränkung
fokussierte Beurteilungsweise seitens des Pflegepersonals zugrunde liegen. Eine weitere
Erklärung für diese Unterschiede kann eine mangelnde Krankheitseinsicht der Patienten
sein. Hierbei kann es sich um die sog. Anosognosie handeln. Nach Pschyrembel (1994)
kommt es vor allem nach einem Schlaganfall zu dieser „Unfähigkeit, eine eigene
Erkrankung bzw. Funktionsausfälle zu erkennen“.
DISKUSSION
101
Vor allem die Negierung von Funktionsausfällen ist bei vielen Patienten sehr deutlich
zum Vorschein getreten. Die Defizite bei der Ausführung verschiedener Alltagsaktivitäten wurden mittels der ADL - Selbstbeurteilungsskala also häufig nicht erfaßt. Um
objektive Aussagen über die Auswirkung einer Behandlung auf die Aktivitäten des täglichen Lebens treffen zu können, erscheint es somit sinnvoller, sich auf die Angaben und
Einschätzungen der pflegenden oder betreuenden Personen zu stützen. Die
Selbsteinschätzung der Items von ADL - Skalen kann jedoch als zusätzliche Quelle
weitere wertvolle Informationen liefern.
Die Spastizität der Muskulatur der betroffenen Seite hat sich während des Therapieintervalles innerhalb der Gesamtstichprobe nicht verändert. Die Rehabilitationsmaßnahmen scheinen keine anhaltende Auswirkungen auf das Ausmaß der Muskelspannung
zu haben. Bei Betrachtung des Gesamtmittelwertes aller Probanden im Prä - Test und der
Spannweite der Ratingskala (0 - 5) wird jedoch ersichtlich, daß das Ausmaß der
Spastizität generell von Anfang an sehr niedrig lag. Eine zusätzliche Verbesserung in
diesem Bereich zu erzielen, ist sehr viel schwieriger, als einen hohen Tonus meßbar zu
reduzieren. Daß sich keine deutlicheren Veränderungen des Muskeltonus nachweisen
ließen, läßt sich auch durch die mangelnde Sensitivität des Erhebungsinstrumentes (v.a.
für den unteren Bereich der Spastizität) erklären. Die Behandlung kann demnach einen
Effekt auf den Muskeltonus ausgeübt haben, ohne daß dieser meßbar wurde.
Mit den bisher herangezogenen Ergebnissen kann also - abgesehen von einer reinen
Spontanremission - die klinische Wirksamkeit der erhaltenen Behandlung für beide
Behandlungsgruppen angenommen werden. Mit Ausnahme der Spastizität konnte in allen
erfaßten Bereichen eine Veränderung belegt werden, so daß die Hypothese 1 teilweise
bestätigt wurde. Mit den ersten Fragestellungen sollte aber vor allem geklärt werden, ob
die kognitiv - therapeutischen Übungen einen überlegenen Effekt im Vergleich zur
herkömmlichen Behandlung nach Bobath erzielen. Diese Überlegenheit kann anhand der
vorliegenden Ergebnisse nicht belegt werden.
So zeigte sich bei der Erfassung der motorischen Fähigkeiten mittels des Rivermead
Motor Assessment (RMA), daß beide Behandlungsgruppen gleichermaßen ihre Leistungen steigern konnten. Eine deutlichere Verbesserung der Experimentalgruppe wie sie in
Hypothese 2 erwartet wurde, kann somit nicht bestätigt werden. Das physiotherapeutische Konzept nach Bobath kann also für die allgemeine Bewegungsanbahnung und verbesserung ebenso gut beitragen, wie das Übungsprogramm von Perfetti. Die zusätzliche Betonung der kognitiven Elemente, wie es für dieses Konzept charakteristisch ist,
erzielt keine besseren Behandlungsergebnisse.
DISKUSSION
102
Ebenso wie die Bobath - Therapie sind die Übungen von Perfetti zwar geeignet, um
physiologische Bewegungsabläufe zu fördern, motorische Fortschritte anzuregen und das
gesunde Gang- und Haltungsbild zu unterstützen. Von einem Vorteil bei der motorischen
Rehabilitation zugunsten der Perfetti - Methode kann jedoch nicht gesprochen werden.
Daher ist anzunehmen, daß andere Mechanismen zur Förderung der motorischen
Rehabilitation genauso wichtig sind wie die Betonung der kognitiven Elemente.
Mit der Hypothese 3, die sich auf die Therapie von Spastizität bezieht, wurde ein weiterer wesentlicher Bereich in der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten angesprochen.
Für Patienten, die nach einem Schlaganfall unter einem spastisch erhöhten Muskeltonus
leiden, steht in der Rehabilitation die Normalisierung der Muskelspannung an erster
Stelle. Denn nur mit einem normalen Muskeltonus lassen sich physiologische Bewegungen durchführen und die Funktionen von Arm und Bein erfolgversprechend anbahnen. Ein umfassendes, anspruchsvolles Behandlungsprogramm muß auch besonders
diesen Aspekt berücksichtigen. Hier war bislang vor allem das Bobath - Konzept zu
nennen, welches den normalen Tonus als Grundvoraussetzung für Bewegung annimmt
und demzufolge die Hemmung der pathologischen Muskelspannung als wichtiges
Therapieziel ansieht. Allerdings konnte die Empirie bisher keine effektive Spastikreduzierung für das Bobath - Programm nachweisen. Zum Beispiel stellten Dickstein et al.
(1986) in ihrer Studie fest, daß der Muskeltonus sogar während des Behandlungszeitraumes zunahm. Von einem speziellen Einfluß der Methode nach Bobath auf den Muskeltonus kann demzufolge nicht ausgegangen werden.
In der vorliegenden Untersuchung sollte nun der Einfluß der kognitiv - therapeutischen
Übungen auf den Muskeltonus überprüft werden. Es wurde eine Überlegenheit dieser
Methode bezüglich des spastikreduzierenden Effektes postuliert. Aber auch in diesem
Bereich können die Ergebnisse die Annahmen nicht unterstützen. Vielmehr ergibt sich bei
der Experimentalgruppe im Laufe der Behandlung eine Erhöhung der Muskelspannung.
Im Gegensatz zu der o.g. Studie von Dickstein (1986) konnte allerdings die Kontrollgruppe eine geringe Abnahme der Spastizität erreichen. Obwohl diese Effekte nicht
statistisch abgesichert sind, belegen die Daten zumindest einen Gruppenunterschied, der
nach der Hypothese 3 nicht zu erwarten war. Da das Ausmaß der Spastizität häufig ein
Anzeichen von momentaner Überforderung ist, könnten die Ergebnisse darauf hindeuten,
daß die kognitiv - therapeutischen Übungen eine extreme Anstrengung für den Patienten
bedeuten, welche langfristig zu einer anhaltenden Tonuserhöhung führen kann. Aber
auch der normale Verlauf bei der Entstehung einer spastischen Bewegungsstörung kann
eine Ursache für diesen Befund sein. Es ist bekannt, daß nach dem Schlaganfallereignis
zunächst eine Phase mit schlaffen Lähmungen eintritt, die dann erst allmählich in ein
spastisches Stadium übergeht (Duus, 1995).
DISKUSSION
103
Wenn die Beurteilung der Spastizität im Rahmen der Erstuntersuchung zu einem Zeitpunkt stattgefunden hat, in dem noch das schlaffe Stadium vorherrschte, während die
Abschlußuntersuchung schon in das spastische Stadium fällt, kann allein diese Tatsache
die in der EG dokumentierte Zunahme des Muskeltonus erklären. Um eine Verfälschung
der Ergebnisse durch diese Störquelle auszuschließen, müßte in Folgeuntersuchungen
darauf geachtet werden, daß die Beurteilung der Spastizität für alle Patienten gleichermaßen entweder im schlaffen oder spastischen Stadium vorgenommen wird. Aus diesen
Gründen läßt sich die Tatsache, daß sich nach der Behandlung keine größere Abnahme
der Spastizität bei den Patienten aus der Experimentalgruppe feststellen läßt, nicht
unbedingt auf eine mangelnde Wirksamkeit der Behandlung zurückführen.
Eine weitere Erklärung für den fehlenden Effekt kann sein, daß sich die Wirkung der
Behandlung auf den Muskeltonus unmittelbar nach der Therapie zeigt und zum Zeitpunkt
der Untersuchung nicht mehr nachweisbar war. Nicht auszuschließen ist zudem der
tonusmodulierende Einfluß der Stimmungslage der Patienten. Außerdem lassen die
Ergebnisse nur Aussagen über die Spastizität des betroffenen Armes zu, da mit der verwendeten Skala die untere Extremität nicht erfaßt wurde. Die 3. Hypothese sollte unter
diesen Gesichtspunkten deshalb mit einer weiteren Stichprobe erneut getestet werden.
Neben den bereits erörterten Bereichen wurde auch für das Untersuchungsfeld der Aktivitäten des täglichen Lebens eine Überlegenheit der Perfetti - Übungsgruppe angenommen. Die Ergebnisse in der Fremdeinschätzung des Barthel - Index liefern hierfür jedoch
keine Unterstützung. Beide Behandlungsgruppen konnten während des Untersuchungszeitraumes an Selbständigkeit gewinnen, aber die KG zeigt im Post - Test größere
Fortschritte bei der Bewältigung der alltäglichen Aktivitäten. Der signifikante
Interaktionseffekt weist auf die Wirksamkeit der Bobath - Behandlung und eine entsprechende Verbesserung hin. Grund für dieses Ergebnis kann das im Bobath - Konzept
betonte 24 - Stunden - Management sein, welches besonders die alltäglichen Anforderungen berücksichtigt und trainiert (vgl. Kapitel III 3.2.). Andererseits spricht dieser
Befund nicht zwangsläufig - entgegen den Annahmen - für eine Überlegenheit der
Vorgehensweise nach Bobath, denn beide Gruppen haben in der Abschlußuntersuchung
fast den gleichen Unabhängigkeitswert erreicht. Die stärkere Steigerung in der KG kann
folglich auf das in dieser Gruppe niedrigere Anfangsniveau der Selbständigkeit im Prä Test zurückgeführt werden, so daß lediglich während des Trainingszeitraumes der
unterschiedliche Stand aufgeholt wurde.
DISKUSSION
104
Auch die Ergebnisse in der Selbsteinschätzung belegen keine Überlegenheit einer der
beiden Gruppen. Hier zeigt die KG ähnlich große Steigerungen vom Prä- zum Post Test wie die EG. Daß in dem Selbsturteil im Gegensatz zur Fremdeinschätzung kein
größerer Fortschritt der KG deutlich wird, kann an dem Aufbau des Barthel - Fragebogens liegen. Aufgrund der Gewichtung bewirkt eine alleinige Verbesserung der Mobilität
einen deutlichen Anstieg des Gesamtscores (Harlacher, Pientka, Füsgen, 1999). Vor
allem für das Pflegepersonal wird diese Verbesserung des Hilfsbedarfs vermutlich
gravierender auffallen und sie wird sich demnach auch in der Bewertung niederschlagen,
wobei die Patienten in ihrem Selbsturteil im Bereich Mobilität vielleicht noch keine so
deutlichen Fortschritte sehen. Dieser Gedankengang könnte die bei der Fremdeinschätzung aufgetretene Überlegenheit der Behandlung nach Bobath widerlegen.
Trotzdem unterstützen die Ergebnisse insgesamt nicht die postulierten Annahmen. Die
kognitiv - therapeutischen Übungen konnten sich somit auch im Bereich der Aktivitäten
des täglichen Lebens nicht mit besonderer Effektivität auszeichnen.
DISKUSSION
105
2. Spezifische Effekte der Behandlungskonzepte
In der bisherigen Interpretation der Ergebnisse wurden die erzielten motorischen
Leistungen ausschließlich in ihrer Gesamtheit betrachtet und keine Differenzierung zwischen einzelnen Bewegungsmodalitäten vorgenommen. Wirken sich beide Behandlungskonzepte auf Teilaspekte der Motorik jedoch unterschiedlich aus, könnten diese
Effektivitätsunterschiede folglich durch das Gesamtergebnis überdeckt worden sein.
Aufgrund der Unterschiede in Theorie und Praxis der beiden Therapiekonzepte postulieren die Hypothesen zu den spezifischen Effekten genau diese Unterschiede in der
Wirksamkeit.
Das Behandlungskonzept nach Perfetti zeichnet sich in der praktischen Anwendung vor
allem durch das Bemühen einer Funktionsverbesserung für die obere Extremität aus. Die
Unzufriedenheit mit den Behandlungsergebnissen bezüglich der Arm- und Handfunktion
hat schließlich auch den Anstoß zur Entwicklung dieses neuen Therapieprogrammes für
Schlaganfallpatienten gegeben. Aus diesem Grund wird vermutet, daß sich mittels der
kognitiv - therapeutischen Übungen eine Erholung und Reintegration der Arm- und
Handfunktion erzielen läßt, die über die mit anderen Methoden erzielten Fortschritte
hinausgehen. In der konkreten Untersuchungssituation der vorliegenden Diplomarbeit
sollte sich also ein Vorteil für die nach Perfetti behandelten Patienten gegenüber der
Bobath - Behandlungsgruppe ergeben.
Die Ergebnisse der zur Klärung dieser Fragestellung herangezogenen Rivermead - Arm Skala konnten jedoch in der Praxis einen solchen Vorteil nicht bestätigen. Wie auch für
den Gesamtwert des RMA zeigte sich auch in der Subskala „Arm“ ein für beide Gruppen
gleichgroßer Effekt im Prä - Post - Vergleich. Offensichtlich läßt sich für die
Experimentalgruppe nicht der erwartete größere Nutzen des Übungsprogrammes belegen. Die Vermutung liegt nahe, daß die Behandlung nach Perfetti mit ihrer anderen
Herangehensweise bei der Rehabilitation des Armes und der Hand lediglich einen anderen Weg wählt, aber damit keine qualitativ besseren Resultate im oberen Funktionsbereich erzielen kann. Die Nutzung taktiler Informationen und Wahrnehmung scheint
also nicht die gewünschten und erwarteten Behandlungserfolge zu erbringen. Es bleibt
allerdings zu berücksichtigen, daß die Patienten in der EG mit grundsätzlich schlechteren
Funktionen des Armes und der Hand in die Untersuchung gestartet sind als die Patienten
der KG. Diese Tatsache läßt sich eventuell mit den Auswahlkriterien bei der Zuweisung
in die Behandlungsgruppen erklären. Vor allem Patienten mit armbetonter Hemiparese
wurden der EG zugewiesen, so daß in dieser Gruppe die Beeinträchtigung der
Funktionen der oberen Extremität besonders stark ausgeprägt sind.
DISKUSSION
106
Diese Annahme deckt sich auch mit dem Befund bezüglich der Spastizität des
betroffenen Armes, denn diese lag insgesamt bei den Patienten der EG höher als in der
KG. Die Erfolgsaussichten, bei einer schwer funktionsgestörten und spastischen Hand
willkürliche Motorik anzubahnen, sind schlechter einzuschätzen, als bei einer Hand mit
verbleibenden Restfunktionen. Aufgrund der vorgenommenen Patientenselektion kann
demzufolge nicht sicher davon ausgegangen werden, daß die kognitiv - therapeutischen
Übungen keinen Vorteil bei der Rehabilitation der hemiparetischen Hand haben.
Für die Behandlung nach dem Bobath - Konzept wird eine bessere Wirksamkeit bezüglich der allgemeinen Mobilität und der Rumpffunktionen angenommen. Die Ergebnisse
der RMA - Subskala „gross function“, die die globalen Funktionsfähigkeiten wie Gehen,
Transfer etc. erfaßt, weisen tatsächlich auf einen größeren Fortschritt bei der
Kontrollgruppe hin, aber der Effekt hat knapp das Signifikanzniveau verfehlt. Außerdem
findet man auch in diesem Bereich bei der Kontrollgruppe ein niedrigeres Anfangsniveau
und ebenfalls die Werte aus dem Post - Test erreichen nicht das Funktionsniveau der EG.
Es erscheint plausibel, daß sich die Behandlung bei immobilisierten Patienten zunächst
auf die Schulung des Transfers und des Gehens konzentriert, womit sich auch der
deutliche Effekt bei der KG erklären läßt. Ein bereits mobilisierter Patient wird dagegen
schon eher mit der Schulung komplexer Funktionsmuster konfrontiert, zu deren
Bewältigung ein viel längerer Zeitraum notwendig ist. Dies könnte ein Grund sein,
weshalb die Patienten aus der EG keine so deutlichen Fortschritte nach der Therapiezeit
aufweisen.
Die Ergebnisse der RMA - Subskala „Bein“, mit der die Bein- und Rumpfkontrolle erfaßt
wird, erbringen ebenfalls keine Hinweise auf die bessere Eignung der Bobath - Methode
für diesen Funktionsbereich. Genau wie die Patienten aus der Perfetti - Gruppe, ergeben
sich zwar Steigerungen in der Bewegungskontrolle, aber diese liegen nicht in einem
signifikant höheren Rahmen. Von einem Vorteil der nach Bobath behandelten Patienten
bezüglich der allgemeinen Mobilität und Rumpffunktionen (Hypothese 6) kann somit
nicht ausgegangen werden.
DISKUSSION
107
3. Der Aspekt der Aufmerksamkeit
Mit der Diplomarbeit sollte weiterhin der bei den kognitiv - therapeutischen Übungen im
Vordergrund stehende Aspekt der Aufmerksamkeit untersucht werden. Die Aufmerksamkeit wird von Perfetti als unabdingbare Voraussetzung für das Lernen angesehen, wobei der Lernprozeß als wichtiger Inhalt der Rehabilitation verstanden wird. Auf
der hervorgehobenen Bedeutung der Aufmerksamkeit für die motorische Rehabilitation
beruht die Hypothese 7. Wenn für das Wiedererlernen und die Organisation von Bewegungen die aktive Aufmerksamkeit erforderlich ist, dann müßte eine geringe Aufmerksamkeitsleistung die Wiederherstellung von komplexen Lokomotionsmustern verhindern
oder zumindest erschweren. Wohingegen eine hohe Fähigkeit zu aufmerksamer,
konzentrierter Leistung das Erlernen einer hohen Bewegungsqualität ermöglichen sollte.
In der durchgeführten Untersuchung wurde folglich erwartet, daß sich dieser Zusammenhang von Aufmerksamkeit und motorisch - funktioneller Fähigkeit in einer positiven
Korrelation zwischen den beiden Variablen ausdrückt. Allerdings sollte dieser
Zusammenhang auf die Experimentalgruppe beschränkt bleiben, da in der Behandlung
nach dem Bobath - Konzept der Aufmerksamkeit keine besondere Bedeutung zukommt.
Die Ergebnisse der Korrelationsberechnungen konnten die Erwartung der Hypothese 7
nicht bestätigen. Während in der Experimentalgruppe keine der angenommenen
Zusammenhänge nachgewiesen werden konnten, traten entgegen der Erwartung bei der
Kontrollgruppe signifikante Korrelationen auf. Hier zeigten sich bei einem hohen initialen
Aufmerksamkeitswert im Alters - Konzentrations - Test ebenfalls hohe Werte im Bereich
der Motorik (insbesondere der allgemeinen Mobilität) und der Fremdbeurteilung der
Selbständigkeit - und zwar sowohl in der Erstuntersuchung als auch in der
Abschlußtestung.
Aus diesem Befund kann der Hinweis abgeleitet werden, daß die Wirksamkeit der
Behandlung nach Perfetti nicht durch die Aufmerksamkeitsleistung zu Beginn der Therapie systematisch beeinflußt wird. Die Ergebnisse dürfen aber auch nicht zu einer
kausalen Interpretation verleiten, indem eine gute Aufmerksamkeit in Verbindung mit der
Behandlung nach Bobath für einen guten Bewegungsstatus zum Abschluß der Therapie
verantwortlich gemacht wird. Der Zusammenhang kann eher in dem Sinn verstanden
werden, daß (unabhängig von der Behandlungsgruppe) kognitive Prozesse wichtige
Aufgaben bei der Rehabilitation erfüllen. Diese Vermutung entspricht der intuitiven
Annahme, wonach geistig agile Patienten eine bessere Prognose bzgl. der körperlichen
Regeneration haben.
DISKUSSION
108
Eine positive Folgerung aus den Ergebnissen betrifft den Anwendungsbereich der
kognitiv - therapeutischen Übungen. Die Wirkungsweise des Konzeptes scheint nicht auf
ein bestimmtes Maß an Aufmerksamkeit oder Konzentrationsfähigkeit angewiesen zu
sein. Die kognitive Leistungsfähigkeit im Sinne von Aufmerksamkeit kann daher nicht als
Kriterium herangezogen werden, um eine Patientenauswahl zu treffen, für die dieses
Behandlungsprogramm geeignet wäre. Das Therapieverfahren bleibt somit für viele
Schlaganfallpatienten offen und ist nicht einer engen Patientenauswahl vorbehalten.
Zusätzlich sollte ermittelt werden, ob mit den Übungen nach Perfetti gleichzeitig ein
implizites Aufmerksamkeitstraining in der EG stattfindet. Da für die Patienten dieser
Gruppe im Post - Test eine Verschlechterung der Leistungen im Aufmerksamkeitsbereich
festgestellt wurde, kann nicht von einem zusätzlichen Training dieser kognitiven
Funktion durch das erhaltene Behandlungsprogramm ausgegangen werden. Die
Abnahme der Aufmerksamkeit und Konzentration zeigte sich bei der EG in zwei der
erhobenen Leistungsmaßen. Neben dem Gesamtwert (als Maß für die zerebrale
Leistungsfähigkeit) sank auch die Anzahl der richtig gelösten Items. Lediglich die
Bearbeitungszeit konnte im zweiten Test auf dem Niveau des Prä - Testes gehalten
werden. Für die KG sahen die Ergebnisse für die ersten beiden Leistungsmaße ähnlich
aus. Allerdings lassen sich hier die verschlechterten Resultate im Gesamtwert und der
Trefferanzahl durch die reduzierte Bearbeitungszeit erklären. Die Patienten brauchten für
die Bearbeitung des Tests im Rahmen der Abschlußuntersuchung durchschnittlich 60
Sekunden weniger Zeit als in der ersten Testung. Eine erhöhte Fehlerzahl und ungenaueres Arbeiten können deshalb als logische Folge angesehen werden. Diese Erklärung
kann für die EG nicht herangezogen werden, so daß hier tatsächlich eine Verschlechterung der Leistungen angenommen werden muß.
Insgesamt legen die Ergebnisse nah, die Aufmerksamkeit nicht als Mediator (Moderatorvariable) für die motorische Verbesserung bei der Behandlung mit kognitiv - therapeutischen Übungen anzusehen. Trotzdem kann nicht mit Gewißheit ausgeschlossen
werden, daß die Aufmerksamkeit ein wichtiges Element bzw. eine Voraussetzung bei der
Durchführung der Übungen bildet, da sich die Wirkung schließlich auch in Bereichen
außerhalb der motorisch - funktionellen Fähigkeiten zeigen kann. Meines Erachtens ist
ohnehin für eine erfolgreiche Behandlung unabhängig von ihrer theoretischen
Ausrichtung die aufmerksame Mitarbeit des Patienten von entscheidender Bedeutung.
DISKUSSION
109
4. Behandlungsbeurteilung / Zufriedenheit
Ergänzend zu den bisherigen Fragestellungen sollte mit der Diplomarbeit der Einfluß der
Behandlungszufriedenheit der Patienten auf den Erfolg der Behandlung untersucht
werden. Vorausgesetzt die Patienten beider Behandlungsgruppen sind mit der erhaltenen
Therapieform nicht gleichermaßen zufrieden, könnte sich dieser Unterschied auf den
Behandlungserfolg auswirken.
Die Ergebnisse des t- Tests zeigten jedoch, daß die KG mit ihrer Behandlung ebenso
zufrieden war wie die EG. Die Gesamtbeurteilung in beiden Gruppen kann laut Testmanual des FBB mit der Benotung „gut“ interpretiert werden. Mit Zurückhaltung
müssen die Subskalen interpretiert werden, da die Reliabilitäten und Trennschärfen zum
Teil nicht ausreichend hoch sind. Dessen ungeachtet zeigen die Ergebnisse beider
Behandlungsgruppen für die Subskala „Beziehung zum Therapeuten“ die besten Beurteilungen. Die Patienten zeigten sich u.a. mit dem entgegengebrachten Verständnis
„vollständig zufrieden“. Mit den Rahmenbedingungen der Behandlung waren die Patienten beider Gruppen noch „überwiegend zufrieden“. Am schlechtesten wurde der Erfolg
der Behandlung beurteilt, wobei hier die größten Unterschiede (nicht signifikant)
zwischen den Gruppen auftraten. Demnach sind die Patienten der EG mit dem Behandlungserfolg weniger zufrieden als die Patienten der KG. Diese unterschiedliche Bewertung des Erfolges kann gut mit einigen Ergebnissen der übrigen Testverfahren in
Einklang gebracht werden, bei denen die KG größere Fortschritte aufgewiesen hat.
Da sich insgesamt die Zufriedenheit in den Behandlungsgruppen nicht unterscheidet,
kann sie sich nicht konträr auf die Behandlungserfolge auswirken. Das heißt für die EG
und die KG kann eine gleich hohe Motivation erwartet werden. Außerdem ist es fraglich,
ob die Zufriedenheit über die Motivation überhaupt Wirkung auf die Behandlungserfolge
zeigt, da keine signifikanten Zusammenhänge zwischen den Werten des FBB und des
RMA bzw. Barthel - Index gefunden wurden.
Zusammenfassend kann aus diesen Ergebnissen die Schlußfolgerung gezogen werden,
daß sich in der Praxis keine Einschränkung für die Anwendung der Behandlungskonzepte
von Perfetti und Bobath ergibt. Beide Methoden werden von den Patienten
gleichermaßen akzeptiert und positiv bewertet, so daß sie von daher als gleichwertig zu
erachten sind.
DISKUSSION
110
5. Methodische Schwierigkeiten der Untersuchung
Es erscheint wichtig zu betonen, daß fehlende Effekte auch allein durch eine Vielzahl an
(methodischen) Schwierigkeiten und Problemen bei der Evaluation von physiotherapeutischen Verfahren zustande kommen können. Unterschiedliche Erfahrungen und
Fähigkeiten der Therapeuten, Selektionskriterien der Patienten, inadäquate Erhebungsinstrumente und fehlendes Wissen bzgl. der notwendigen Therapiezeit sind beispielsweise
Faktoren, die klare Schlußfolgerungen aus den Untersuchungen erschweren (Ashburn,
1993). Die im Rahmen der Diplomarbeit aufgetretenen methodischen Schwierigkeiten
und Probleme bei der Durchführung der Untersuchung werden im Folgenden diskutiert.
Zunächst ist die Auswahl und Größe der Stichprobe zu erwähnen. Aufgrund der klinischen und verwaltungstechnischen Abläufe in den Städtischen Kliniken Natruper Holz in
Osnabrück konnte eine Randomisierung der Probanden nicht gewährleistet werden.
Durch die Auswahl nach therapeutischen Gesichtspunkten kann nicht ausgeschlossen
werden, daß sich bezüglich der Fähigkeiten und Leistungen heterogene Gruppen gebildet
haben. Wie die anfänglichen Werte der Rivermead - Subskala „Arm“ nahelegen, ergaben
sich infolge der Auswahlkriterien vor allem im Bereich der Armfunktionen
leistungsheterogene Behandlungsgruppen. Wenngleich diese Unterschiede nicht
signifikant waren, sollten die Ergebnisse und aufgetretenen Effekte unter Berücksichtigung dieser Sachlage interpretiert werden. Um bei weiteren Untersuchungen diese
Einschränkungen zu vermeiden, sollte auf eine Zufallszuweisung der Patienten nicht
verzichtet werden.
Ein weiterer Punkt, der zu Restriktionen bezüglich der Interpretierbarkeit der Ergebnisse
führte, ist die Größe der Gesamtstichprobe. Während des Datenerhebungszeitraumes der
Diplomarbeit konnten nur 20 Patienten erfaßt werden, da in der betreffenden Zeit nicht
mehr Schlaganfallpatienten in die Geriatrie aufgenommen wurden, die für die Studie in
Frage kamen. Nach einem relativ kurzen Behandlungszeitraum von drei bis vier Wochen
konnten nur kleine oder mittlere Effekte erwartet werden. Um diese Effekte von
geringem Ausmaß statistisch abzusichern, ist die Anzahl der erfaßten Patienten zu
niedrig. Bei einer Stichprobe von 10 Probanden je Gruppe muß es sich um einen großen
Effekt handeln, damit signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen gefunden
werden können. Zur abschließenden Klärung der betreffenden Fragestellungen, ist deshalb eine Replikation der Untersuchung mit größerer Stichprobe und damit größerer
Power notwendig.
DISKUSSION
111
Mit der Untersuchung sollte ein Abbild der realistischen Therapiesituation erfaßt werden,
d.h. so wie sich die Rehabilitation von Schlaganfallpatienten im klinischen Alltag
tatsächlich gestaltet, sollte sie auf ihre Effektivität hin untersucht werden. Da aus diesen
Gründen die Behandlung nicht speziell auf die Untersuchung ausgerichtet wurde, hatte
dies für die Studie nicht ganz unbedenkliche Konsequenzen. Zum Beispiel mußte auf die
vollständige Standardisierung der Behandlungsdurchführung verzichtet werden. Die
Behandlungszeiten wurden je Patient nicht festgelegt, sondern ergaben sich aus der
Planung und den Möglichkeiten der ergotherapeutischen Abteilung. Daher kam es in
beiden Behandlungsgruppen zu auffälligen Schwankungen in der Gesamttherapiezeit der
einzelnen Patienten. Die von den Therapeuten dokumentierte Behandlungszeit variierte
zwischen 8 bis 30 Stunden pro Patient, wobei sich die Mittelwerte und Varianzen in
beiden Behandlungsgruppen nicht unterschieden. Aus bisherigen Studien ist bekannt, daß
sich die Anwendungshäufigkeit signifikant auf die Verbesserung der körperlichen
Beeinträchtigung auswirkt (Krause et al., 1998; Sunderland et al., 1992). Eine mögliche
Erklärung für die fehlenden Effekte in der vorliegenden Untersuchung, kann daher die
bei einigen Patienten dokumentierte geringe Behandlungszeit sein. Zusätzliche Aussagen
über die notwendige Therapiezeit können aufgrund der Schwankungen in der
Behandlungszeit nicht getroffen werden. Hier bieten sich weiterführende Untersuchungen
zur Dosis-Wirkungs - Relation des Perfetti - Konzeptes an.
Die Auswahl der Rivermead Motor Assessment Skala zur Operationalisierung der
motorischen Fähigkeiten hat sich für die Stichprobe der Studie nur eingeschränkt
bewährt. Um bei geriatrischen akuten Schlaganfallpatienten Fortschritte aufzeigen zu
können, erscheint die Skala nicht sensitiv genug. Die Abstufungen im unteren
Leistungsbereich sind zur Erfassung geringer Verbesserungen bei allen drei Subskalen zu
grob. Außerdem konnten, wie bereits in Kapitel VI 3.3. dargelegt, in den verschiedenen
Funktionsbereichen des RMA insgesamt 24-mal cross-over Effekte festgestellt werden.
Die hierarchische Anordnung der Items der einzelnen Skalen kann durch die erhaltenen
Untersuchungsergebnisse deshalb nicht ausnahmslos bestätigt werden. Die Rohwerte der
jeweiligen Skala geben keine Auskunft darüber, welche Aufgaben von den Probanden
bewältigt und welche nicht erfolgreich ausgeführt werden konnten. Vor allem der
Bereich der Bein- und Rumpffunktionen scheint die Kriterien der Guttman - Skala nicht
zu erfüllen. Diese Ergebnisse unterstützen die Befunde von Adams et al. (1997a), denen
zufolge die Subskala RMA-B nicht als hierarchische Skala eingesetzt werden sollte (vgl.
Kapitel VI 1.1.).
DISKUSSION
112
6. Resümee
Die Perfetti - Methode kann aufgrund der erhaltenen Ergebnisse ebensowenig wie alternative Verfahren als die optimale Methode zur Rehabilitation von Schlaganfallpatienten
angesehen werden. Trotz der Fokussierung anderer Schwerpunkte konnten die kognitiv therapeutischen Übungen keine Vorteile bei der Behandlung akuter Apoplexpatienten
hervorbringen.
In Übereinstimmung mit den Ergebnissen aus bisherigen Studien zur Evaluation
physiotherapeutischer Verfahren, konnte in dieser Untersuchung für keines der betrachteten Behandlungsverfahren (Bobath vs. Perfetti) eine Überlegenheit nachgewiesen
werden. Meines Erachtens nach erscheint daher für die Praxis eine Kombination beider
Methoden sinnvoll zu sein. Anstatt die Rehabilitation auf ein Konzept zu beschränken,
sollte die Vielfalt der Behandlungsmethoden erhalten bleiben und im Einzelfall
entschieden werden, mit welcher Behandlung der größtmögliche Nutzen erwartet bzw.
erzielt werden kann. So ist es möglich, den individuellen Bedürfnissen der Patienten
vielseitig und spezifisch zu begegnen. Solange die Wirksamkeit oder Überlegenheit auch einzelner Teilaspekte - der beiden Therapien noch nicht hinreichend empirisch
belegt sind, wird weiterhin der persönliche Erfahrungsschatz der Therapeuten die
Entscheidung für die eine oder andere Therapieform beeinflussen und lenken.
Obwohl die Ergebnisse keine überlegene Wirksamkeit der kognitiv - therapeutischen
Übungen von Perfetti belegen, sollte sich die rehabilitative Therapie in Zukunft vermehrt
dem Training kognitiver Fähigkeiten zuwenden. Wie Wade, Wood und Hewer (1985)
nämlich nachweisen konnten, führt eine Stimulation im kognitiven Bereich tatsächlich zu
einer allgemeinen Verbesserung funktioneller Fähigkeiten. Der fehlende Nachweis von
größeren Effekten in der vorliegenden und in bisherigen Studien sollte nicht das
Bemühen schmälern, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die zu einer erfolgreichen
Rehabilitation führen können. Wie schon Ernst (1990) hervorhebt, ist jeglicher Nutzen
und Erfolg einer rehabilitativen Maßnahme von großem Wert für das Individuum, selbst
wenn die Effekte statistisch nur sehr gering sind. Für einen Patienten können kleine
Unterschiede immerhin zwischen einem Leben zu Hause oder in einer Pflegeeinrichtung
entscheiden.
Bei allen dargestellten Ergebnissen und Interpretationen ist zu beachten, daß aus der
Untersuchung erst dann generelle Schlußfolgerungen gezogen werden können, wenn die
Ergebnisse in Studien mit größerem Stichprobenumfang repliziert worden sind.
DISKUSSION
113
Ein wichtiger Punkt bei der Betrachtung aller bisherigen Ergebnisse der Evaluationsforschung im Bereich der Physiotherapie soll abschließend noch Erwähnung finden.
Trotz der augenscheinlichen Verbesserungen, die mit verschiedenen Behandlungsmethoden bei der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten erzielt werden konnten, darf
der Einfluß von Spontanremissionen nicht außer Acht gelassen werden. Bei den meisten
Studien zur Untersuchung der Effektivität von Physiotherapie handelt es sich um
Vergleichsstudien zwischen verschiedenen Verfahren, da sich aus ethischen Gründen ein
Vergleich mit einer unbehandelten Kontrollgruppe verbietet. Daher läßt sich anhand der
bisherigen Ergebnisse nicht aussagen, ob die erzielten Fortschritte auf das jeweilige
Treatment zurückgeführt werden können oder ob sie lediglich das Resultat des normalen
Spontanverlaufes widerspiegeln. Gerade in diesem Zusammenhang erhalten Untersuchungen zur Dosis-Wirkungs - Relation einen wichtigen Stellenwert. Wenn die Fortschritte auf die Behandlung zurückgeführt werden können, dann muß sich bei einer
Erhöhung der Anwendungshäufigkeit dieser Therapie auch ein Zuwachs in den
Behandlungserfolgen feststellen lassen. Damit sich in Zukunft die Rehabilitation von
Schlaganfallpatienten nicht allein auf Wahrscheinlichkeiten verlassen muß, sondern eine
Methode mit sicher nachgewiesener Wirksamkeit zur Verfügung steht, sollten weiterführende Studien gerade den Aspekt der Dosis-Wirkung - Relation untersuchen.
ZUSAMMENFASSUNG
114
Kapitel IX: Zusammenfassung
Gegenstand der vorliegenden Diplomarbeit ist die Rehabilitation von Schlaganfallpatienten. Neben der Darstellung verschiedener ergo- und physiotherapeutischer
Behandlungskonzepte zur motorischen Rehabilitation, sollte vor allem das von Prof.
Perfetti entwickelte Verfahren der kognitiv - therapeutischen Übungen vorgestellt
werden. Die Untersuchung hatte zum Ziel, die Effektivität dieses Verfahrens an einer
Stichprobe von Schlaganfallpatienten zu überprüfen.
Die Untersuchung wurde als Prä - Posttest - Design ausgelegt und es fand eine Unterteilung in eine Experimental- und Kontrollgruppe statt. Die Experimentalgruppe bekam
neben einem Standardbehandlungsprogramm regelmäßige ergotherapeutische Behandlungen nach dem Konzept von Perfetti. Da die Kontrollgruppe nicht unbehandelt bleiben
konnte, wurde hier nach dem Bobath - Konzept therapiert. Die Stichprobe umfaßte
insgesamt 20 Patienten, die auf den geriatrischen Stationen der Städtischen Kliniken in
Osnabrück nach einem Schlaganfall behandelt wurden. Zu Beginn und am Ende der
Testphase wurde mit allen Patienten eine umfangreiche Befunderhebung durchgeführt.
Die ausgewählte Testbatterie zur Erfassung verschiedener Variablen bestand u.a. aus der
Rivermead - Motor - Assessment - Scale (RMA), dem Barthel - Index, dem SDB-ADL Fragebogen, dem Alters - Konzentrations - Test, der modifizierten Spastik - Skala nach
Ashworth (MAS) und dem modifizierten Fragebogen zur Beurteilung der Behandlung
(FBB). Diese Auswahl ermöglichte die Erfassung der Behandlungszufriedenheit und der
Behandlungserfolge für die Bereiche funktionelle Motorik, Spastizität, Aktivitäten des
täglichen Lebens und Aufmerksamkeit.
Mit der Untersuchung sollten die Fragen geklärt werden, ob das Konzept nach Perfetti
eine wirksame Methode bei der Behandlung von Schlaganfallpatienten darstellt und ob
dieses Konzept gegenüber herkömmlichen Verfahren bessere Resultate oder spezifische
Effekte erzielt. Weiterhin war die Frage von Interesse, ob mit den kognitiv - therapeutischen Übungen ein implizites Aufmerksamkeitstraining durchgeführt wird. Zusätzlich
sollte die Untersuchung Aufschluß darüber liefern, wie zufrieden die Patienten mit der
Behandlung nach Perfetti sind.
Die Ergebnisse lassen die Annahme zu, daß es sich bei dem Konzept nach Perfetti um ein
effektives Behandlungsprogramm zur Rehabilitation von Schlaganfallpatienten handelt.
Nach der Testphase waren sowohl in motorischer Hinsicht als auch im Bereich der
Aktivitäten des täglichen Lebens Fortschritte erzielt worden. Lediglich auf die spastische
Komponente des Störungsbildes hatten die Übungen keinen förderlichen Einfluß.
ZUSAMMENFASSUNG
115
Ein Vergleich der Ergebnisse beider Behandlungsgruppen konnte jedoch keine dominanten Effekte in den untersuchten Bereichen belegen. Die Patienten, die nach der
Bobath - Methode behandelt wurden, zeigten gleichermaßen nach der Therapiezeit Fortschritte in der Motorik und der Selbständigkeit. Auch die vermuteten spezifischen
Effekte auf die Arm- und Handfunktion ließen sich für die Perfetti - Gruppe nicht nachweisen. Für den Bereich der Aufmerksamkeit muß anhand der Untersuchungsergebnisse
davon ausgegangen werden, daß mit den kognitiv - therapeutischen Übungen kein
implizites Aufmerksamkeitstraining verbunden ist. Trotz der Verbesserungen im motorisch - funktionellen Bereich wurden die Aufmerksamkeits- und Konzentrationsleistungen der Patienten dieser Behandlungsgruppe schlechter. Letztendlich konnte auch
in der Behandlungszufriedenheit zwischen den beiden Gruppen kein Unterschied
festgestellt werden.
Nach den Ergebnissen dieser Untersuchung kann das Perfetti - Konzept für die Rehabilitation von Schlaganfallpatienten als grundsätzlich erfolgversprechend angesehen
werden. Dennoch konnte dieses Behandlungsverfahren trotz der neuen neurophysiologischen Grundannahmen keine überlegenen oder spezifischen Effekte aufweisen. Dieser
Befund scheint zumindest im Vergleich mit der Bobath - Methode die bisherigen
Schlußfolgerungen der Evaluationsforschung im Bereich der physiotherapeutischen
Verfahren zu unterstützen. Demnach konnte bisher kein Konzept seine überlegene
Wirkung in empirischen Untersuchungen demonstrieren. Die Aufgabe zukünftiger
Forschung sollte es sein, für alle in der Rehabilitation eingesetzten Behandlungsmethoden
sichere Effektivitätsbelege und entsprechende Dosis-Wirkungs- Nachweise zu erbringen.
Die Methode von Perfetti als relativ neues Verfahren muß sich ebenso wie die schon
lange etablierten Behandlungsmethoden diesbezüglich erst bewähren. Solange empfiehlt
sich für die Rehabilitation weiterhin der kombinierte und flexible Einsatz verschiedener
Therapieansätze.
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Baumann, U.; Perrez, M. (Eds.). Lehrbuch Klinische Psychologie - Psychotherapie.
Bern, Göttingen, Toronto, Seattle: Huber.
ANHANG
Anhang
ANHANG A
Rivermead Motor Assessment
Name: ______________________________
Datum: ______________________________
Prä:
P
Post:
Items
P
Score
„Gross function“
1. Freier Sitz an der Bettkante
2. Vom Liegen in sitzende Stellung
3. Vom Sitzen zum Stehen
4. Transfer Rollstuhl - Stuhl über nicht betroffene Seite
5. Transfer Rollstuhl - Stuhl über betroffene Seite
6. 10 m Gehen mit Hilfsmitteln
7. Treppe über ein Stockwerk gehen
8. 10 m Gehen ohne Hilfsmittel
9. 5 m Gehen, einen Beutel aufheben, umdrehen und zurückbringen
10. Außerhalb von Wohnräumen 40 m Gehen
11. 4 Stufen ohne Geländer auf- und abgehen
12. 10 m Rennen
13. Auf dem betroffenen Bein 5mal Hüpfen
Total:
ANHANG A
Items
Score
Bein und Rumpf
1. Drehen auf die nicht betroffene Seite
2. Drehen auf die betroffene Seite
3. Halbe Brücke
4. Vom Sitz in den Stand
5. Betroffenes Bein anbeugen, über die Bettkante hängen und zurück
6. Im Stand das nicht betroffene Bein auf eine Stufe setzen und zurück
7. Im Stand den nicht betroffenen Fuß 5mal auftippen
8. Im Liegen Dorsalflexion des betroffenen Fußes bei gebeugtem Bein
9. Im Liegen Dorsalflexion des betroffenen Fußes bei gestrecktem Bein
10. Im Stand Kniebeugung des betroffenen Knies in Neutralposition
Total:
ANHANG A
Items
Score
Arm
1. Im Liegen Protraktion der Schulter mit Arm in Elevation
2. Im Liegen extendierten Arm in Elevation mind. 2 Sekunden halten
3. Flexion und Extension des Armes in Position wie unter 2.
4. Im Sitzen den Ellenbogen an der Seite pro- und supinieren
5. Vorgreifen, einen großen Ball mit beiden Händen fassen, anheben und
wieder ablegen
6. 5mal mit Arm vorgreifen, einen Tennisball vom Tisch aufnehmen,
zum Oberschenkel führen und wieder auf dem Tisch ablegen
7. Wie Aufgabe 6., nur mit einem Bleistift
8. 5mal ein Blatt Papier vom Tisch aufnehmen und ablegen
9. Therapieknete mit Messer und Gabel schneiden und die Stücke in
eine Schüssel neben die rutschfeste Unterlage legen
10. Auf der Stelle stehend einen großen Ball 5mal mit der Handfläche
aufprallen lassen
11. 14mal in 10 Sekunden Finger- Daumen- Versuch
12. 20mal in 10 Sekunden Pronation und Supination
13. Im Stand den Arm in 90° Abduktion und die Handfläche an der Wand
abstützen, in dieser Position den Körper zur Wand drehen
14. Ein Band um den Kopf legen und hinten knoten
15. 7mal in 15 Sekunden „Backe, backe Kuchen“
Total:
ANHANG B
Rivermead Motor Assessment - Instruktionen
Items
Instruktionen
„Gross function“
1. Freier Sitz an der Bettkante
Ohne Festhalten. Mit frei hängenden Füßen.
2. Vom Liegen in sitzende Stellung
Mit beliebiger Methode an die Bettkante setzen.
3. Vom Sitzen zum Stehen
Hände zum Abstützen erlaubt. Das Aufstehen muß innerhalb 15 Sek.
erfolgen und Stand für 15 Sek., wenn notwendig mit Hilfsmittel.
4. Transfer Rollstuhl - Stuhl über
nicht betroffene Seite
Hände können eingesetzt werden.
5. Transfer Rollstuhl - Stuhl über
betroffene Seite
Hände können eingesetzt werden.
6. 10 m Gehen mit Hilfsmitteln
Jegliches Hilfsmittel erlaubt, mit Ausnahme einer Hilfsperson.
7. Treppe über ein Stockwerk gehen
Jede beliebige Methode erlaubt. Hilfsmittel und / oder Geländer sind
erlaubt.
8. 10 m Gehen ohne Hilfsmittel
Keine Hilfsmittel erlaubt (Hilfsperson, Stock, Schiene, Rollator, ...).
9. 5 m Gehen, einen Beutel aufheben,
umdrehen und zurückbringen
Hilfsmittel außer Hilfsperson beim Gehen erlaubt. Jede beliebige
Methode zum Bücken. Jede beliebige Hand zum Aufheben erlaubt.
10. Außerhalb von Wohnräumen 40 m Jegliches Hilfsmittel erlaubt, mit Ausnahme einer Hilfsperson.
Gehen
11. 4 Stufen ohne Geländer auf- und
abgehen
Ein Hilfsmittel, das normalerweise auch benutzt wird, darf eingesetzt
werden. Das Geländer darf nicht benutzt werden. (Überprüft die
Fähigkeit, Treppen ohne Geländer zu bewältigen).
12. 10 m Rennen
Bewegungsmuster muß symmetrisch sein.
13. Auf dem betroffenen Bein 5mal
Hüpfen
Auf dem Fußballen hüpfen, ohne die Balance zu verlieren. Keine
Unterstützung durch die Arme.
ANHANG B
Bein und Rumpf
1. Drehen auf die nicht betroffene
Seite
Ausgangsstellung ist die flache Rückenlage mit gestreckten Beinen. Die
Hände dürfen nicht eingesetzt werden.
2. Drehen auf die betroffene Seite
wie unter 1.
3. Halbe Brücke
Betroffenes Bein angebeugt, dann teilbelasten um die Hüfte auf der
betroffenen Seite anzuheben. Der Therapeut darf das Bein positionieren,
aber der Patient muß es dann auch nach Beendigung der Aufgabe halten.
4. Vom Sitz in den Stand
Füße müssen flach auf dem Boden stehen. Das Körpergewicht muß von
beiden Füßen getragen werden. Die Arme dürfen nicht eingesetzt
werden.
5. Betroffenes Bein anbeugen, über
die Bettkante hängen und zurück
Zur Unterstützung kann der Fuß auf den Boden o.ä. abgestellt werden, so
daß die Hüfte neutral und das Knie 90° flektiert gehalten werden.
Während der ganzen Bewegung muß das Knie flektiert bleiben.
Außenrotation ist nicht erlaubt. Testet Hüft- und Kniekontrolle.
6. Im Stand das nicht betroffene Bein
auf eine Stufe setzen und zurück
Ohne Retraktion der Hüfte oder Hyperextension des Knies. Testet die
Hüft- und Kniekontrolle während der Gewichtsübernahme auf das
betroffene Bein.
7. Im Stand den nicht betroffenen Fuß Ohne Retraktion der Hüfte oder Hyperextension des Knies. Das Gewicht
muß auf dem betroffenen Bein belassen werden. Testet Hüft- und
5mal auftippen
Kniekontrolle wie 6., jedoch schwieriger.
8. Im Liegen Dorsalflexion des betroffenen Fußes bei gebeugtem
Bein
Der Therapeut darf das Bein in Beugung (Knie 90°) fixieren. Keine
Inversionsbewegung. Mindestens die halbe Bewegung ist erforderlich.
9. Im Liegen Dorsalflexion des betroffenen Fußes bei gestrecktem
Bein
Wie 8. mit gestrecktem Bein. Keine Inversionsbewegung oder
Knieflexion. Der Fuß muß 90° Dorsalflexion erreichen.
10. Im Stand Kniebeugung des betroffenen Knies in Neutralposition
Der Therapeut darf das Knie nicht in Flexion positionieren oder
unterstützen. Sehr schwierig, testet minimale Funktionsstörungen.
ANHANG B
Arm
1. Im Liegen Protraktion der Schulter Arm kann unterstützt werden.
mit Arm in Elevation
2. Im Liegen extendierten Arm in
Elevation mind. 2 Sekunden halten
Der Therapeut darf den Arm positionieren. Der Patient muß den Arm
halten. Nur leichte Außenrotation, keine Pronation. Der Ellenbogen muß
extendiert sein, maximal 30° Flexion erlaubt.
3. Flexion und Extension des Armes
in Position wie unter 2.
Der Ellenbogen muß mindestens 20° bis zur vollen Extension bewegt
werden. Die Hand muß während der Bewegung nicht nach außen zeigen.
4. Im Sitzen den Ellenbogen an der
Seite pro- und supinieren
¾ des Bewegungsweges sind ausreichend. Der Ellenbogen darf nicht
unterstützt werden und sollte im rechten Winkel gehalten werden.
5. Vorgreifen, einen großen Ball mit
beiden Händen fassen, anheben und
wieder ablegen
Den Ball so positionieren, daß volle Extension des Armes zum Erreichen
notwendig ist. Die Schultern müssen protrahiert, Ellenbogen extendiert,
Handgelenke neutral oder extendiert und die Finger extendiert sein
(während der ganzen Bewegung). Die Handflächen sollen in Kontakt mit
dem Ball gebracht werden.
6. 5mal mit Arm vorgreifen, einen
Tennisball vom Tisch aufnehmen,
zum Oberschenkel führen und
wieder auf dem Tisch ablegen
Die Schulter muß protrahiert, der Ellenbogen extendiert und das
Handgelenk neutral oder extendiert sein (während der ganzen
Bewegung).
7. Wie Aufgabe 6., nur mit einem
Bleistift
Der Patient muß Daumen und Zeigefinger zum Greifen benutzen.
8. 5mal ein Blatt Papier vom Tisch
aufnehmen und ablegen
Der Patient muß Daumen und Zeigefinger zum Greifen benutzen und er
darf das Blatt Papier nicht an die Tischkante ziehen. Armposition wie
bei 6.
9. Therapieknete mit Messer und
Gabel schneiden und die Stücke in
eine Schüssel neben die rutschfeste
Unterlage legen
- keine weitere Instruktion -
10. Auf der Stelle stehend einen
großen Ball 5mal mit der
Handfläche aufprallen lassen
- keine weitere Instruktion -
11. 14mal in 10 Sekunden FingerDaumen – Versuch
Die Bewegung muß in einer festen Reihenfolge durchgeführt werden.
Ein Rutschen des Daumens von einem Finger zum anderen ist nicht
erlaubt.
ANHANG B
12. 20mal in 10 Sekunden Pronation
und Supination
Der Arm darf nicht am Körper gehalten werden. Handfläche und
-rücken müssen jedesmal die Handinnenseite der nicht betroffenen Hand
berühren. Jedes Klatschen wird einzeln gezählt. Entspricht Item 4.,
jedoch unter Berücksichtigung der Geschwindigkeit.
Der Körper wird so weit wie möglich in Richtung des Armes gedreht
13. Im Stand den Arm in 90° Abduktion und die Handfläche an der (über 90°). Keine Ellenbogenflexion. Handgelenk muß gestreckt bleiben
Wand abstützen, in dieser Position und der volle Kontakt der Handinnenfläche muß beibehalten werden.
den Körper zur Wand drehen
14. Ein Band um den Kopf legen und
hinten knoten
Kopf darf nicht flektiert werden. Die betroffene Hand muß zu mehr als
nur zu einer reinen Haltefunktion eingesetzt werden. Überprüft die
Handfunktion unter Ausschluß der visuellen Kontrolle.
15. 7mal in 15 Sekunden „Backe,
backe Kuchen“
An der Wand zwei Kreuze auf Schulterhöhe markieren. Reihenfolge: in
beide Hände klatschen - beide Hände berühren die Kreuze - klatschen eine Hand berührt das gegenüberliegende Kreuz - klatschen - die andere
Hand berührt das gegenüberliegende Kreuz - wieder von vorne. Die
Reihenfolge muß eingehalten werden, die Handflächen müssen sich
jedesmal voll berühren. Jede Sequenz zählt als 1. Drei Probeversuche
sind erlaubt. Dieses komplexe Muster beinhaltet Koordination,
Geschwindigkeit, Gedächtnis und gute Armfunktionen.
ANHANG C
Spastik - Skala von Ashworth (modifiziert von Bohannon und Smith)
Name: ______________________________
Datum: ______________________________
Grade
0
1
1+
Prä:
P
Description
No increase in muscle tone
Slight increase in muscle tone, manifested by a
catch and release, or by minimal resistance at the
end of the range of motion when the affected
part(s) is moved in flexion or extension
Slight increase in muscle tone, manifested by a
catch, followed by minimal resistance throughout
the remainder (less than half) of the range of
movement (ROM)
2
More marked increase in muscle tone through
most of ROM, but affeted part(s) easily moved
3
Considerable increase in muscle tone, passive
movement difficult
4
Affected part(s) rigid in flexion or extension
Post:
P
Score
ANHANG D
ANHANG E
ADL
Name: ______________________________
Datum: ______________________________
Prä:
P
Post:
P
1. Können Sie selbständig essen und trinken?
JA
P
Mit Hilfe eines anderen NEIN
2. Können Sie ein Hemd / eine Bluse anziehen?
JA
P
Mit Hilfe eines anderen NEIN
3. Können Sie eine Hose / einen Rock anziehen?
JA
P
Mit Hilfe eines anderen NEIN
4. Können Sie sich die Haare kämmen und die
Zähne pflegen?
JA
Mit Hilfe eines anderen NEIN
5. Können Sie sich selbst waschen?
JA
P
Mit Hilfe eines anderen NEIN
6. Können Sie sich am WC selbst reinigen und
die Kleider wieder anziehen?
JA
P
Mit Hilfe eines anderen NEIN
7. Können Sie von einem Sessel aufstehen /
sich wieder hinsetzen?
JA
P
Mit Hilfe eines anderen NEIN
P
P
P
P
P
P
P
P
P
P
P
P
P
P
P
ANHANG E
ANHANG E
8. Können Sie allein das WC benutzen?
JA
P
Mit Hilfe eines anderen NEIN
P
P
9. Können Sie allein in eine Badewanne hineinund heraussteigen?
JA
P
Mit Hilfe eines anderen NEIN
P
P
10. Können Sie allein gehen?
JA
P
Mit Hilfe eines anderen NEIN
P
P
11. Können Sie Treppen steigen?
JA
P
Mit Hilfe eines anderen NEIN
P
P
12. Wenn Sie in einem Rollstuhl sind (Wenn dies
nicht zutrifft: JA ankreuzen), können Sie
sich selbst darin fortbewegen?
JA
P
Mit Hilfe eines anderen NEIN
P
P
13. Können Sie den Harn kontrollieren?
JA
P
Mit Hilfe eines anderen NEIN
P
P
14. Können Sie den Stuhl kontrollieren?
JA
P
Mit Hilfe eines anderen NEIN
P
P
ANHANG F
FBB (modifiziert)
Name: ______________________________
Datum: ______________________________
Instruktionen: Überlegen Sie bitte bei den folgenden Feststellungen, inwieweit Sie Ihrer Meinung nach
stimmen oder nicht. Denken Sie dabei an den Behandlungszeitraum der letzten vier Wochen, nicht nur
an das Ende der Behandlung.
Die Feststellung stimmt:
- überhaupt nicht / niemals
- kaum / selten
- teilweise / manchmal
- überwiegend / meistens
- ganz genau / immer
=0
=1
=2
=3
=4
1. Die Behandlung in der Klinik war für mich
hilfreich.
0
1
2
3
4
2. Der Therapeut hatte Verständnis für meine
Situation.
0
1
2
3
4
3. Die Behandlung ist in allen Punkten optimal
verlaufen.
0
1
2
3
4
4. Während der Behandlung hatte ich die Befürchtung,
daß meine Probleme noch stärker werden könnten.
0
1
2
3
4
5. Die vielen Übungsstunden waren mir lästig.
0
1
2
3
4
6. Im Alltag komme ich jetzt besser zurecht als vor
der Therapie.
0
1
2
3
4
7. Ich hatte Vertrauen zu meinem Therapeuten.
0
1
2
3
4
8. Der Therapeut verstand das Wesentliche von
meinen Problemen.
0
1
2
3
4
ANHANG F
9. Der Therapeut hat mich in jeder Hinsicht
vollkommen verstanden.
0
1
2
3
4
10. Ich fühlte mich in der Klinik unbehaglich.
0
1
2
3
4
11. Ich konnte mit dem Therapeuten offen über
meine Schwierigkeiten reden.
0
1
2
3
4
12. Einige Dinge im Verlauf der Behandlung haben
mich nicht vollständig zufriedengestellt.
0
1
2
3
4
13. Die Behandlungen waren mir unangenehm.
0
1
2
3
4
14. Ich habe mich über den Therapeuten geärgert.
0
1
2
3
4
15. Der Therapeut war mir sympathisch.
0
1
2
3
4
16. Während der Behandlung zweifelte ich daran, ob
die Behandlung wirklich helfen würden.
0
1
2
3
4
17. Ich machte mir Sorgen, daß meine Probleme
nicht vertraulich behandelt würden.
0
1
2
3
4
18. Ich bin mit der Behandlung zufrieden.
0
1
2
3
4
19. Der Therapeut und ich kamen gut miteinander aus.
0
1
2
3
4
20. Meine Probleme haben sich im Verlauf der
Behandlung gebessert.
0
1
2
3
4
Die Feststellung stimmt:
- überhaupt nicht / niemals
- kaum / selten
- teilweise / manchmal
- überwiegend / meistens
=0
=1
=2
=3
ANHANG F
- ganz genau / immer
=4
ANHANG G
Patientendaten
Personalien
Name / Vorname:
____________________________________________________________
Geschlecht:
____________________________________________________________
Geburtstag:
____________________________________________________________
Wohnort:
____________________________________________________________
Wohnstatus:
____________________________________________________________
Familienstand:
____________________________________________________________
Beruf:
____________________________________________________________
Krankheitsdaten
Diagnose:
____________________________________________________________
Lokalisation:
____________________________________________________________
Datum Insult:
____________________________________________________________
Aufnahmedatum:
____________________________________________________________
Station:
____________________________________________________________
CT - Befund:
____________________________________________________________
Nebendiagnosen:
____________________________________________________________
Studiendaten
Behandlungsgruppe:
____________________________________________________________
Behandlungsdauer:
____________________________________________________________
Neurologischer Status
Aphasie:
____________________________________________________________
Sensorik:
____________________________________________________________
ANHANG G
ANHANG H
Datenerhebungsprotokoll:
Name: _____________________________________
Erhebungsinstrument
Durchführungsdatum
1. Patientendaten
Prä:
P __________
2. ADL - Skala (Barthel)
Prä:
P __________
Post:
P __________
3. ADL - Skala (SDB)
Prä:
P __________
Post:
P __________
4. Rivermead Motor Assessment
Prä:
P __________
Post:
P __________
5. Spastik - Skala
Prä:
P __________
Post:
P __________
6. AKT
Prä:
P __________
Post:
P __________
Post:
P __________
7. FBB
ANHANG I
Protokollbogen für die Behandlung
Therapeut/in:
Patient
Station
Behandlungsdaten*
* Bitte Behandlungsdaten pro Kästchen folgendermaßen notieren:
Tag.Monat/Dauer in Min. (Beispiel: 04.02./30)
ANHANG K
Ergebnistabellen:
Ergebnisse der Chi - Quadrat - Tests (Pearson)
Gruppenunterschiede in den soziodemographischen und klinischen Daten
Geschlecht / Gruppe
χ2
0,202 n.s.
df
1
p
.653
Diagnose /Gruppe
0,022 n.s.
1
.881
Lokalisation / Gruppe
0,606 n.s.
1
.436
Sprachstörungen / Gruppe
0,673 n.s.
2
.714
Familienstand / Gruppe
0,303 n.s.
1
.582
Wohnstatus / Gruppe
2,155 n.s.
3
.541
Beruf / Gruppe
2,299 n.s.
3
.513
Sensibilität / Gruppe
0,900 n.s.
1
.343
Anmerkung: n.s. nicht signifikant; * p<.05 signifikant, ** p<.01 sehr signifikant; ***p<.001 äußerst signifikant
Tab. 8: Ergebnistabelle der χ2 - Tests: Soziodemographische Daten der EG und KG
ANHANG K
Ergebnisse der t-Tests
Gruppenunterschiede in den soziodemographischen und klinischen Daten
EG (n = 9)
M
SD
79,44
4,98
KG (n = 11)
M
SD
79,91
4,46
t
-0,220 n.s.
df
18
p
.828.
Zeitraum zwischen
Insult u. Aufnahme
(in Tagen)
12,89
8,57
13,64
6,56
-.0,221 n.s.
18
.827
Zeitraum zwischen
Aufnahme und Prä Test (in Tagen)
16,11
18,12
21,82
25,02
-0,571 n.s.
18
.575
Lebensalter
Tab. 9: Ergebnistabelle der t -Tests: Soziodemographische Daten der EG und KG
Gruppenunterschiede im Prä - Test
Barthel fremd
EG (n = 9)
M
SD
37,22
28,52
KG (n = 11)
M
SD
24,55
21,27
t
1,139 n.s.
df *1
18
p
.269.
Barthel selbst
62,22
29,91
55,00
22,36
0,618 n.s.
18
.544
RMA gesamt
12,56
11,44
9,36
7,47
0,721 n.s.
13,271
.484
RMA-G
4,56
4,53
2,18
2,09
1,451 n.s.
10,764
.175
RMA-B
4,56
4,00
3,00
1,79
1,081 n.s.
10,601
.304
RMA-A
3,11
3,82
4,18
4,47
-0,568 n.s.
18
.577
Spastik - Skala
1,56
1,67
1,18
1,66
0,500 n.s.
18
.623
AKT gesamt
49,38
5,21
48,88
4,19
0,212 n.s.
14
.835
AKT Richtige
16,88
2,95
16,13
2,70
0,531 n.s.
14
.604
AKT Zeit
178,5
86,14
190,63
206,30
-0,153 n.s.
9,369
.881
*1: Die unterschiedlichen Freiheitsgrade kommen aufgrund der ungleichen Varianzen (signifikanter Levene -Test) bei einzelnen Variablen zustande.
Tab. 10: Ergebnistabelle der t - Tests: Prä - Test - Resultate der EG und KG
ANHANG K
Ergebnisse der Varianzanalysen (Innersubjekt- und Zwischensubjekteffekte)
Barthel - fremd
Quelle
Testung
Testung * Gruppe
Fehler
Gruppe
df
1
1
18
1
F
23,868***
5,732*
p
.000
.028
0,185 n.s.
.672
Tab. 11: Zweifaktorielle Varianzanalyse mit Meßwiederholung: AV „Barthel - fremd“
Barthel - selbst
Quelle
Testung
Testung * Gruppe
Fehler
Gruppe
df
1
1
18
1
F
4,740*
0,030 n.s.
p
.043
.866
0,851 n.s.
.368
Tab. 12: Zweifaktorielle Varianzanalyse mit Meßwiederholung: AV „Barthel - selbst“
Barthel (fremd /selbst)
Quelle
Testung
Einschätzung
Testung * Gruppe
Einschätzung * Gruppe
Testung * Einschätzung
Testung * Gruppe * Einschätzung
Fehler
Gruppe
df
1
1
1
1
1
1
18
1
F
18,013***
17,700***
1,049 n.s.
0,057 n.s.
0,307 n.s.
1,865 n.s.
p
.000
.001
.319
.814
.587
.189
0,602 n.s.
.448
Tab. 13: Dreifaktorielle Varianzanalyse mit Meßwiederholung: AV „Barthel - Index“
RMA gesamt
Quelle
Testung
Testung * Gruppe
Fehler
Gruppe
df
1
1
18
1
F
21,673***
2,408 n.s.
p
.000
.138
0,233 n.s.
.635
Tab. 14: Zweifaktorielle Varianzanalyse mit Meßwiederholung: AV „RMA gesamt“
ANHANG K
RMA-Gross function
Quelle
Testung
Testung * Gruppe
Fehler
Gruppe
df
1
1
18
1
F
10,007**
4,379 n.s.
p
.005
.051
1,103 n.s.
.307
Tab. 15: Zweifaktorielle Varianzanalyse mit Meßwiederholung: AV „RMA-G“
RMA-Bein
Quelle
Testung
Testung * Gruppe
Fehler
Gruppe
df
1
1
18
1
F
14,855***
1,252 n.s.
p
.001
.278
0,745 n.s.
.399
Tab. 16: Zweifaktorielle Varianzanalyse mit Meßwiederholung: AV „RMA-B“
RMA-Arm
Quelle
Testung
Testung * Gruppe
Fehler
Gruppe
df
1
1
18
1
F
6,844*
1,936 n.s.
p
.017
.181
0,431 n.s.
.520
Tab. 17: Zweifaktorielle Varianzanalyse mit Meßwiederholung: AV “RMA-A“
Spastik-Skala
Quelle
Testung
Testung * Gruppe
Fehler
Gruppe
df
1
1
18
1
F
0,10 n.s.
1,004 n.s.
p
.920
.330
0,786 n.s.
.387
Tab. 18: Zweifaktorielle Varianzanalyse mit Meßwiederholung: AV „Spastik-Skala“
ANHANG K
AKT gesamt
Quelle
Testung
Testung * Gruppe
Fehler
Gruppe
df
1
1
14
1
F
5,710*
1,914 n.s.
p
.031
.188
0,240 n.s.
.632
Tab. 19: Zweifaktorielle Varianzanalyse mit Meßwiederholung: AV „AKT gesamt“
AKT Zeit
Quelle
Testung
Testung * Gruppe
Fehler
Gruppe
df
1
1
14
1
F
0,986 n.s.
0,572 n.s.
p
.338
.462
0,050 n.s.
.826
Tab. 20: Zweifaktorielle Varianzanalyse mit Meßwiederholung: AV „AKT Zeit“
AKT Richtige
Quelle
Testung
Testung * Gruppe
Fehler
Gruppe
df
1
1
14
1
F
2,175 n.s.
1,827 n.s.
p
.162
.198
0,108 n.s.
.748
Tab. 21: Zweifaktorielle Varianzanalyse mit Meßwiederholung: AV „AKT Richtige“
ANHANG K
Deskriptive Statistik
Testung
Barthel - fremd
Prä
Post
Barthel - selbst
Prä
Post
RMA gesamt
Prä
Post
RMA-G
Prä
Post
RMA-B
Prä
Post
RMA-A
Prä
Post
Gruppe
EG
KG
Gesamt
EG
KG
Gesamt
EG
KG
Gesamt
EG
KG
Gesamt
EG
KG
Gesamt
EG
KG
Gesamt
EG
KG
Gesamt
EG
KG
Gesamt
EG
KG
Gesamt
EG
KG
Gesamt
EG
KG
Gesamt
EG
KG
Gesamt
Tab. 22 a: Deskriptive Werte der abhängigen Variablen
M
37,22
24,55
30,25
45,00
47,27
46,25
62,22
55,00
58,25
75,00
65,91
70,00
12,56
9,36
10,80
14,56
13,36
13,90
4,56
2,18
3,25
4,89
3,82
4,30
4,56
3,00
3,70
5,56
4,82
5,15
3,11
4,18
3,70
3,33
4,91
4,20
SD
28,52
21,27
24,95
34,55
26,96
29,77
29,91
22,36
25,56
23,45
16,25
19,80
11,44
7,47
9,33
11,89
10,08
10,65
4,53
2,09
3,52
4,62
3,43
3,93
4,00
1,79
3,01
3,75
2,56
3,08
3,82
4,47
4,12
4,24
5,19
4,73
N
9
11
20
9
11
20
9
11
20
9
11
20
9
11
20
9
11
20
9
11
20
9
11
20
9
11
20
9
11
20
9
11
20
9
11
20
ANHANG K
Testung
Spastik-Skala
Prä
Post
AKT gesamt
Prä
Post
AKT Richtige
Prä
Post
AKT Zeit
Prä
Post
Gruppe
EG
KG
Gesamt
EG
KG
Gesamt
EG
KG
Gesamt
EG
KG
Gesamt
EG
KG
Gesamt
EG
KG
Gesamt
EG
KG
Gesamt
EG
KG
Gesamt
Tab. 22 b: Deskriptive Werte der abhängigen Variablen
M
1,56
1,18
1,35
1,78
0,91
1,30
49,38
48,88
49,13
43,75
47,38
45,56
16,88
16,13
16,50
14,00
16,00
15,00
178,50
190,63
184,56
170,38
130,50
150,44
SD
1,67
1,66
1,63
1,92
1,38
1,66
5,21
4,19
4,57
9,00
8,52
8,67
2,95
2,70
2,76
5,86
4,93
5,33
86,14
206,30
152,85
141,93
102,16
121,22
N
9
11
20
9
11
20
8
8
16
8
8
16
8
8
16
8
8
16
8
8
16
8
8
16
Erklärung:
Ich versichere, daß ich die vorliegende Diplomarbeit „Effektivität von kognitivtherapeutischen Übungen in der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten“ selbständig
verfaßt habe und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt
habe.
Britta Koors
Osnabrück, den 09.06.2000