Effektivität von kognitiv - therapeutischen Übungen in der
Transcription
Effektivität von kognitiv - therapeutischen Übungen in der
Effektivität von kognitiv - therapeutischen Übungen in der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten Diplomarbeit eingereicht am Fachbereich Psychologie Universität Osnabrück von Britta Koors Osnabrück, den 09.06.2000 Betreuer und Erstgutachter: Prof. Dr. H. Schöttke Zweitgutachter: Prof. Dr. K.H. Wiedl INHALTSVERZEICHNIS: KAPITEL I: EINLEITUNG 1 KAPITEL II: SCHLAGANFALL 2 1. KLASSIFIKATION 2. EPIDEMIOLOGIE 3. ÄTIOLOGIE 3.1. ZEREBRALE ISCHÄMIEN 3.2. HIRNBLUTUNGEN / HÄMORRHAGISCHE INSULTE 4. RISIKOFAKTOREN 5. SYMPTOME UND FOLGEN DES SCHLAGANFALLS 5.1. KLINISCHE EINTEILUNG 5.2. SYMPTOMATIK NACH ISCHÄMIEN 5.3. SYMPTOMATIK NACH HIRNBLUTUNGEN 5.4. EINTEILUNG DER WHO 6. STÖRUNGEN NACH EINEM SCHLAGANFALL 6.1. STÖRUNGEN DER MOTORIK UND SENSORIK 6.2. VERÄNDERUNG DES GANGBILDES UND GLEICHGEWICHTSSTÖRUNGEN 6.3. ALLTAGSBEEINTRÄCHTIGUNGEN 6.4. NEUROPSYCHOLOGISCHE STÖRUNGEN 6.5. STÖRUNGEN IM VEGETATIVEN UND SOZIALEN BEREICH 2 3 6 6 6 8 10 10 10 12 12 13 13 15 15 16 18 KAPITEL III: REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL 19 1. GRUNDLAGEN DER REHABILITATION 1.1. DEFINITION UND VORAUSSETZUNGEN 1.2. REHABILITATIONSKONZEPTE UND -ZIELE 2. KRANKENGYMNASTIK UND ERGOTHERAPIE IN DER REHABILITATION 2.1. ALLGEMEINE BEHANDLUNGSPRINZIPIEN 2.2. NEUROPHYSIOLOGISCHE GRUNDLAGEN KRANKENGYMNASTISCHER BEHANDLUNG 2.3. TRADITIONELLE PHYSIOTHERAPEUTISCHE VERFAHREN 3. DAS BOBATH - KONZEPT 3.1. NEUROPHYSIOLOGISCHE GRUNDLAGEN 3.2. GRUNDKONZEPTE DER BEHANDLUNG UND IHRE ENTWICKLUNG 3.3. BEHANDLUNGSINHALTE UND -TECHNIKEN 3.4. KRITIK AM BOBATH - KONZEPT 4. EVALUATION DER REHABILITATION 4.1. EFFEKTIVITÄT DER REHABILITATION UND PHYSIOTHERAPIE 4.2. PHYSIOTHERAPEUTISCHE METHODEN IM VERGLEICH 4.3. ZUSAMMENFASSUNG DES FORSCHUNGSSTANDES 19 19 20 22 22 24 25 31 31 33 36 37 39 39 40 43 KAPITEL IV: KOGNITIV - THERAPEUTISCHE ÜBUNGEN 44 1. EINLEITUNG 2. NEUROPHYSIOLOGISCHE UND -PSYCHOLOGISCHE GRUNDLAGEN 3. GRUNDKONZEPTE DER BEHANDLUNG 4. BEHANDLUNGSINHALTE UND ÜBUNGEN 5. EVALUATION DES PERFETTI - KONZEPTES 44 45 49 51 53 KAPITEL V: FRAGESTELLUNGEN 54 KAPITEL VI: METHODEN 58 1. ERHEBUNGSINSTRUMENTE 1.1. RIVERMEAD MOTOR ASSESSMENT 1.2. MODIFIZIERTE ASHWORTH - SKALA (MAS) 1.3. ALTERS - KONZENTRATIONS - TEST (AKT) 1.4. BARTHEL – INDEX (FREMDEINSCHÄTZUNG) 1.5. SDB - ADL - FRAGEBOGEN (SELBSTEINSCHÄTZUNG) 1.6. FRAGEBOGEN ZUR BEURTEILUNG DER BEHANDLUNG (FBB) 1.7. ZUSÄTZLICHE ERHEBUNGSMITTEL 2. STICHPROBE 2.1. BESCHREIBUNG DER EINRICHTUNG 2.2. AUSWAHL DER STICHPROBE 2.3. MERKMALE DER STICHPROBE 3. ABLAUF DER UNTERSUCHUNG 3.1. DURCHFÜHRUNG DER DATENERHEBUNG 3.2. BEHANDLUNGSINHALTE DER EXPERIMENTAL- UND KONTROLLGRUPPE 3.3. PROBLEME 58 58 63 64 68 69 70 72 73 73 73 74 79 79 80 81 KAPITEL VII: ERGEBNISSE 83 1. AUSWERTUNG 2. RELIABILITÄTEN UND TRENNSCHÄRFEN 3. HYPOTHESENBEZOGENE ERGEBNISSE 4. HYPOTHESENÜBERGREIFENDE ERGEBNISSE 83 84 85 98 KAPITEL VIII: DISKUSSION 100 1. GENERELLE WIRKSAMKEIT DER BEHANDLUNGSKONZEPTE 2. SPEZIFISCHE EFFEKTE DER BEHANDLUNGSKONZEPTE 3. DER ASPEKT DER AUFMERKSAMKEIT 4. BEHANDLUNGSBEURTEILUNG / ZUFRIEDENHEIT 5. METHODISCHE SCHWIERIGKEITEN DER UNTERSUCHUNG 6. RESÜMEE 100 105 107 109 110 112 KAPITEL IX: ZUSAMMENFASSUNG 114 LITERATURVERZEICHNIS 116 ANHANG 128 TABELLENVERZEICHNIS: TAB. 1: SYMPTOME BEI VERSCHLUß VERSCHIEDENER ARTERIEN..........................................................11 TAB. 2: SOZIODEMOGRAPHISCHE UND KLINISCHE DATEN DER PATIENTENSTICHPROBE (N = 20) ....78 TAB. 3: ERGEBNISSE DER RELIABILITÄTSANALYSE DES MODIFIZIERTEN FBB (N = 20) .......................84 TAB. 4: ERGEBNISTABELLE DER KORRELATIONEN: AKT (PRÄ) MIT RMA UND BARTHEL (POST) ......92 TAB. 5: ERGEBNISTABELLE DER KORRELATIONEN: AKT (PRÄ) MIT RMA UND BARTHEL (PRÄ) ........93 TAB. 6: ERGEBNISTABELLE DER T - TESTS: BEHANDLUNGSBEURTEILUNG DER EG UND KG .............96 TAB. 7: ZUSAMMENHANG ZWISCHEN ZUFRIEDENHEIT UND DEN ERGEBNISSEN IM POST - TEST.....97 TAB. 8: ERGEBNISTABELLE DER X2 - TESTS: SOZIODEMOGRAPHISCHE DATEN DER EG UND KG ....148 TAB. 9: ERGEBNISTABELLE DER T -TESTS: SOZIODEMOGRAPHISCHE DATEN DER EG UND KG .......149 TAB. 10: ERGEBNISTABELLE DER T - TESTS: PRÄ - TEST - RESULTATE DER EG UND KG...................149 TAB. 11: ZWEIFAKTORIELLE VARIANZANALYSE: AV „BARTHEL - FREMD“..........................................150 TAB. 12: ZWEIFAKTORIELLE VARIANZANALYSE: AV „BARTHEL - SELBST“ .........................................150 TAB. 13: DREIFAKTORIELLE VARIANZANALYSE: AV „BARTHEL - INDEX“............................................150 TAB. 14: ZWEIFAKTORIELLE VARIANZANALYSE: AV „RMA GESAMT“ ..................................................150 TAB. 15: ZWEIFAKTORIELLE VARIANZANALYSE: AV „RMA-G“...............................................................151 TAB. 16: ZWEIFAKTORIELLE VARIANZANALYSE: AV „RMA-B“...............................................................151 TAB. 17: ZWEIFAKTORIELLE VARIANZANALYSE: AV “RMA-A“...............................................................151 TAB. 18: ZWEIFAKTORIELLE VARIANZANALYSE: AV „SPASTIK-SKALA“...............................................151 TAB. 19: ZWEIFAKTORIELLE VARIANZANALYSE: AV „AKT GESAMT“ ...................................................152 TAB. 20: ZWEIFAKTORIELLE VARIANZANALYSE: AV „AKT ZEIT“ ..........................................................152 TAB. 21: ZWEIFAKTORIELLE VARIANZANALYSE: AV „AKT RICHTIGE“ .................................................152 TAB. 22: DESKRIPTIVE WERTE DER ABHÄNGIGEN VARIABLEN .............................................................153 ABBILDUNGSVERZEICHNIS: ABB. 1: PROZENTUALE VERTEILUNG DES LEBENSALTERS IN DER GESAMTSTICHPROBE (N = 20) ....74 ABB. 2: GESCHLECHTSSPEZIFISCHE HÄUFIGKEITSVERTEILUNG DES LEBENSALTERS (N = 20)..........74 ABB. 3: PROZENTUALE VERTEILUNG DER DIAGNOSEN MIT LÄSIONSORT (N = 20)...............................75 ABB. 4: PROZENTUALE VERTEILUNG DES WOHNSTATUS (N = 20) ...........................................................75 ABB. 5: PROZENTUALE VERTEILUNG DES VOR DER RENTE AUSGEÜBTEN BERUFES (N = 20) ............76 ABB. 6: HÄUFIGKEITEN VON NEBENDIAGNOSEN UND SPRACHSTÖRUNGEN (N = 20) ..........................76 ABB. 7: MITTLERE ROHWERTE DER RIVERMEAD - SKALA (GESAMT) IM PRÄ-POST-VERGLEICH.......86 ABB. 8: MITTLERE ROHWERTE DER SPASTIK - SKALA IM PRÄ-POST-VERGLEICH.................................87 ABB. 9: MITTLERE ROHWERTE DES BARTHEL - INDEX IM PRÄ-POST-VERGLEICH................................88 ABB. 10: MITTLERE ROHWERTE DER SUBSKALA ARM DES RMA IM PRÄ-POST-VERGLEICH...............90 ABB. 11: MITTLERE ROHWERTE DER SUBSKALEN DES RMA IM PRÄ-POST-VERGLEICH......................91 ABB. 12: MITTLERE GESAMTWERTE DES AKT IM PRÄ-POST-VERGLEICH...............................................94 ABB. 13: MITTLERE BEARBEITUNGSZEIT (IN SEK.) DES AKT IM PRÄ-POST-VERGLEICH ......................95 ABB. 14: MITTLERE ANZAHL RICHTIGER IM AKT IM PRÄ-POST-VERGLEICH..........................................95 ABB. 15: MITTELWERTE DER BEHANDLUNGSBEURTEILUNG BEIDER BEHANDLUNGSGRUPPEN .......96 EINLEITUNG 1 Kapitel I: Einleitung Die vorliegende Diplomarbeit befaßt sich mit der Wirksamkeitsuntersuchung eines noch wenig etablierten physio- bzw. ergotherapeutischen Verfahrens zur Rehabilitation von Patienten nach einem Apoplex. Dieses von Prof. Perfetti entwickelte Konzept zeichnet sich durch die vermehrte Zuwendung zu kognitiven Prozessen zur Behandlung pathologischer Bewegungsmuster aus. So wird unter anderem der aktiven Aufmerksamkeit und Wahrnehmung des Patienten, sowie dem eigentlichen Ziel einer Bewegung bislang ungewohnte Beachtung geschenkt. Der Patient soll mit Hilfe speziell entwickelter kognitiv - therapeutischer Übungen lernen, die pathologischen Bewegungselemente über die kortikale Ebene zu kontrollieren. Im theoretischen Teil werden zunächst zur Skizzierung des Krankheitsbildes die relevanten Grundlagen zur Ätiologie des Schlaganfalls sowie die resultierenden Störungsbilder dargestellt. Ausführlich wird dann im Kapitel III der Arbeit auf die Rehabilitation von Schlaganfallpatienten eingegangen, wobei der Schwerpunkt auf der Darlegung der bisherigen physio- und ergotherapeutischen Behandlungsmethoden liegt. In diesem Kontext wird die Therapie nach dem Bobath - Konzept besonders hervorgehoben und der gegenwärtige Stand der Evaluationsforschung bezüglich dieser Methode erörtert. Schließlich wird im Kapitel IV das neue Behandlungsverfahren von Prof. Perfetti zur Rehabilitation von Schlaganfallpatienten vorgestellt. Die Fragestellungen bzw. Hypothesenformulierungen (Kapitel V) leiten den empirischen Teil dieser Arbeit ein. In dem darauffolgenden methodischen Kapitel werden die verwendeten Erhebungsinstrumente beschrieben und deren Auswahlkriterien erörtert. Weiterhin werden Angaben zu der Patientenstichprobe und dem Ablauf der Datenerhebung gemacht. Die Effektivität der kognitiv - therapeutischen Übungen wird mit Hilfe der vorgestellten Testverfahren zu verschiedenen Funktionsbereichen durch ein Prä - Posttest - Design mit einer Experimental- und Kontrollgruppe bestimmt. Die Probanden der Experimentalgruppe erhalten die kognitiv - therapeutischen Übungen während die Kontrollgruppe nach dem Bobath - Konzept und den herkömmlichen Methoden behandelt wird. In den folgenden Kapiteln VII und VIII werden die bezüglich der Fragestellungen relevanten Ergebnisse zunächst dargestellt und anschließend diskutiert. Den Abschluß dieser Arbeit bildet eine zusammenfassende Darstellung der Hypothesen, Methoden und Ergebnisse (Kapitel IX). SCHLAGANFALL 2 Kapitel II: Schlaganfall 1. Klassifikation Der Schlaganfall wird nach der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD, 1986) der Gruppe der „zerebrovaskulären Erkrankungen“ mit den Kodierungen 430 bis 438 zugeordnet. Im Rahmen von epidemiologischen Untersuchungen wird häufig auf die ätiologischen Subklassifikationen Hirninfarkt, zerebrale Blutung und Subarachnoidalblutung (SAB) zurückgegriffen (Häussler, 1996). Eine Arbeitsgruppe der World Health Organisation (WHO) hat in den 70er Jahren eine heute weit verbreitete Definition für den Begriff Schlaganfall gegeben. Unter Schlaganfall werden solche Krankheitsbilder verstanden, bei denen sich „die klinischen Zeichen einer fokalen oder globalen Störung zerebraler Funktionen rasch bemerkbar machen, mindestens 24 Stunden anhalten oder zum Tode führen und offensichtlich nicht auf andere als vaskuläre Ursachen zurückgeführt werden können“ (Häussler, zit. n. Aho et al. 1980). SCHLAGANFALL 3 2. Epidemiologie Nach den Angaben des Statistischen Bundesamtes steht der Schlaganfall in Deutschland an der dritten Stelle der Todesursachen und ist somit eine der schwerwiegendsten Erkrankungen. Leider gibt es unter den vielen verschiedenen Studien und Untersuchungen zur Epidemiologie nur wenige einheitliche Ausrichtungen und die Ergebnisse sowie die Befunde weichen zum Teil erheblich voneinander ab (Schütz, 1994). Beispielsweise werden Schätzungen zur Zahl der jährlichen Neuerkrankungen in der BRD nach einer Quelle mit 300.000 bis 350.000 angegeben (Schütz, 1994), während nach einer anderen Quelle die geschätzte Zahl der Neuerkrankungen lediglich bei 150.000 bis 170.000 (Hesse, 1994a) bzw. bis 200.000 (Krause et al., 1998) liegt. Aus den Daten des WHO - MONICA - Projektes wird die Zahl der erwarteten Häufigkeiten auf 220.000 Schlaganfälle pro Jahr in Gesamtdeutschland hochgerechnet. Bei dieser Berechnung werden neben den Ersterkrankungen auch die Re - Insulte mit berücksichtigt (Heinemann, Barth, Garbe, Willich, Kunze, Forschungsgruppe MONICA Ostdeutschland, 1998). Eine Reihe von älteren Studien, die über einen längeren Zeitraum durchgeführt wurden, lassen erkennen, daß die Schlaganfallinzidenz zwischen den Zeiträumen 1954 - 1959 und 1975 - 1979 um 46% zurückgegangen ist. Dies entspricht einer jährlichen Abnahme der Inzidenz von ca. 2%. Neuere Studien liefern allerdings Anzeichen für einen Wiederanstieg der Inzidenz in den 80er Jahren, wobei die Altersgruppe der 45 - 64jährigen dabei besonders betroffen ist (Hesse, 1994a; Häussler, 1996). Dieser Wiederanstieg wird in der Literatur unterschiedlich diskutiert: So herrscht Unklarheit darüber, ob es sich bei diesem Trend um einen tatsächlichen Anstieg der Inzidenz handelt, oder ob nicht die verbesserte Diagnostik durch die Einführung der kraniellen Computertomographie (CCT) diesem Phänomen zugrunde liegt (Hesse, 1994a; Häussler, 1996). Die Angaben zur Prävalenz schwanken populationsbezogen pro 100.000 Einwohnern zwischen 500 in Dänemark, 600 in Großbritannien und 800 Schlaganfallpatienten in den USA. Für Deutschland ergibt sich unter Zugrundelegung von britischen Werten eine Anzahl von 480.000 Betroffenen (Hesse, 1994a). Nach Angaben des WHO - MONICA Projekts steigt die Prävalenz von 0,25% im Alter von 25 - 34 Jahren auf über 2% im Alter über 60 Jahren an. Wird die Altersstruktur der Bevölkerung in Deutschland berücksichtigt kann auf einen Bestand von 650.000 Patienten (380.000 Männer; 270.000 Frauen) mit durchgemachtem Schlaganfall geschlossen werden (Heinemann et al., 1998). SCHLAGANFALL 4 Einigkeit herrscht in der Auffassung, daß der Schlaganfall eine Erkrankung des Alters ist. Häussler (1996) faßt zum Beispiel zusammen: „Verschiedene epidemiologische Studien zeigen übereinstimmend, daß Menschen jenseits des 75. Lebensjahres mehr als 100mal häufiger erkranken als 25- bis 34jährige.“ Ketz (1991) bezeichnet den Insult im höheren Lebensalter sogar als den „klassischen Schlaganfall“. Das Risiko einen Schlaganfall zu erleiden ist also altersabhängig und verdoppelt sich ab dem 55. Lebensjahr alle zehn Jahre (Hesse, 1994a). Auch die Ergebnisse der Forschungsgruppe MONICA zeigen eine deutliche altersspezifische Erkrankungshäufigkeit: In der Altersgruppe 25 - 34 liegt die Häufigkeit bei Männern bei 9 pro 100.000 (11 bei Frauen) und steigt in der Altersgruppe 65 - 74 auf 1005 pro 100.000 (799 bei Frauen) an (Heinemann, 1998). Eine differenzierte Betrachtung der Häufigkeit des Schlaganfalls läßt Unterschiede bezüglich des Geschlechts und des Alters deutlich werden: In einer groß angelegten Studie in der Region Auckland in Neuseeland wurde festgestellt, daß Frauen zwischen 45 und 74 Jahren deutlich weniger betroffen sind als Männer. Über dem 75. Lebensjahr wurden diese Unterschiede nicht mehr gefunden. Aufgrund der höheren Lebenserwartung von Frauen ergibt es sich jedoch, daß pro Jahr absolut gesehen mehr Frauen als Männer erkranken, obwohl die Männer ein größeres Erkrankungsrisiko aufweisen. Auf der Basis der Daten der Auckland - Studie wird für Deutschland geschätzt, daß die Zahl der neuerkrankten Frauen bis 75 Jahre nur 78% der Neuerkrankungen bei Männern dieser Altersgruppe ausmacht. Über dem 75. Lebensjahr jedoch ist die Zahl der weiblichen Neuerkrankungen mehr als doppelt so groß, so daß insgesamt die Zahl der Ersterkrankungen bei den Frauen höher liegt. Es wird allerdings vor der falschen Vorstellung gewarnt, den Schlaganfall aufgrund dieser paradoxen Situation als eine eher Frauen betreffende Erkrankung aufzufassen (Häussler, 1996). Die Sterblichkeitsrate nach einem Schlaganfall ist international einheitlich innerhalb der ersten drei bis vier Wochen nach dem Akutereignis am höchsten. Während Erhebungen aus dem Jahr 1964 noch eine Letalität von 56% angeben, wird die Sterblichkeitsrate in Arbeiten aus den achtziger Jahren nur noch mit 26 - 45% beziffert (Hesse, 1994a). Neueren Angaben zufolge ist die Mortalität von 30% auf sogar 15% gesunken, was den Fortschritten in der Akutmedizin zu verdanken sei (Krause et al., 1998). In der WHO Studie wird die Letalität der 25 - 74jährigen in den ersten 28 Tagen nach dem Apoplex mit 40% angeben (Heinemann et al., 1998). SCHLAGANFALL 5 Als Haupttodesursache in dieser frühen Phase sind Hirnödeme, Lungenembolien und Herzinfarkte zu nennen (Hesse, 1994a). Der Rückgang der Letalität ist nach Häussler (1996) demnach darauf zurückzuführen, daß die Behandlung dieser Komplikationen verbessert werden konnte. Er sieht somit ebenso wie Krause et al. (1998) die verbesserte Akutmedizin als Ursache für die gesenkte Mortalität an, und nicht die Bemühungen zur Begrenzung der zerebralen Schädigungen. Wie Schütz (1994) berichtet, hängt die weitere Überlebenschance vom Alter des Patienten und auch von der Art der Schädigung ab. So leben drei Jahre nach dem Akutereignis von den 60 - 75jährigen noch 50%, während von den über 75jährigen nur noch 25% leben. Eine ebenfalls schlechtere Prognose haben Patienten, bei denen ein hämorrhagischer Infarkt zugrunde liegt im Gegensatz zu Patienten mit ischämischen Insulten. Es wird von einem 2,5 bis 7fach erhöhtem Sterblichkeitsrisiko bei der ersten Patientengruppe berichtet (Hesse, 1994a; Schütz, 1994). Heinemann et al. (1998) beziffern den Anteil, den intrakranielle Blutungen an der 28 - Tage - Letalität haben, auf 80%. Ein Vergleich mit anderen europäischen Ländern zeigt, daß Deutschland bei der Schlaganfallsterblichkeit einen unterdurchschnittlichen Rang einnimmt (Häussler, 1996). Ein weiterer, wichtiger Faktor bei der Betrachtung der Letalität ist das Reinfarktrisiko. Die Haupttodesursache in der Phase nach Ablauf des ersten Jahres nach dem Akutereignis ist mit bis zu 65%iger Wahrscheinlichkeit ein weiterer Schlaganfall oder ein Herzinfarkt (Hesse, 1994a). Das Risiko einen erneuten Insult zu erleiden wird bei Männern mit 10% und bei Frauen mit 5% pro Jahr angegeben, das heißt das Reinfarktrisiko nimmt mit der Zeit zu (Häussler, 1996). Nach den Daten der Framingham - Studie ist die 5-Jahres Wahrscheinlichkeit einen nochmaligen Insult zu erleiden geschlechtsabhängig. Sie beträgt bei Männern 45% und bei Frauen 24% (Häussler, 1996; Hesse, 1994a). Um das Rezidivrisiko zu reduzieren, ist eine Behandlung der bestehenden Risikofaktoren (kardiovaskuläre Erkrankungen, Bluthochdruck, Vorhofflimmern,...) angezeigt (Hesse, 1994a). SCHLAGANFALL 6 3. Ätiologie Bei der Entstehung des Schlaganfalles werden grundsätzlich zwei verschiedene ätiologische Mechanismen unterschieden. Der größte Teil der zerebralen Insulte wird mit 80% durch Ischämien (= Hirninfarkt) verursacht und die übrigen 20% durch Blutungen (= hämorrhagischer Insult), wovon 15% auf intrazerebrale Blutungen und 5% auf Subarachnoidalblutungen entfallen (Weiller, 1996a). Hochrechnungen aus der MONICA - Studie in Ostdeutschland ergeben andere Verteilungen. Demnach sind 63% der zerebralen Insulte auf Ischämien, 25% auf intrazerebrale Blutungen und 12% auf subarachnoidale Blutungen zurückzuführen (Heinemann, 1998). 3.1. Zerebrale Ischämien Die meisten ischämischen Hirninfarkte entstehen durch arterioarterielle oder kardiale Embolien und Arteriosklerosen, die zu einem Verschluß einer funktionellen Endarterie führen. Von einem Territorialinfarkt spricht man, wenn der Verschluß ein größeres Gefäß betrifft und von einem lakunären Infarkt, wenn ein kleineres Gefäß betroffen ist. Typische Stenosestellen sind die Aa. cerebri anterior, posterior und media, sowie die A. carotis interna, wobei die Prädilektionsstellen v.a. Teilungs- bzw. Verästelungsstellen der Gefäße sind (Weiller, 1996a; Duus, 1995). Je nachdem, ob die Stenose subakut, langsam zunehmend oder akut entsteht, kann man zwischen transienten ischämischen Attacken (TIA), fortschreitenden (progressiven) ischämischen Infarkten oder dem akuten Infarkt unterscheiden (Duus, 1995; vgl. Abschnitt 5.1.). Sind alle Kompensationsmechanismen (Dilatation der Gefäße, Erhöhung der Sauerstoffextraktion), mit denen das Gehirn zunächst auf einen akuten Verschluß eines Gefäßes reagiert, erfolglos, beginnt die Ischämie. Letztendlich kommt es aufgrund dieser Ischämie zur Nekrose des Hirnparenchyms (Weiler, 1996a). 3.2. Hirnblutungen / Hämorrhagische Insulte Die Hauptursache für intrazerebrale Blutungen ist die arterielle Hypertonie. Dabei kommt es durch chronisch erhöhten Blutdruck im Arteriensystem zu einer Schädigung der Arterien und letztendlich zu einer Perforation dieser Gefäße. Auch durch einen akuten Anstieg des Blutdrucks können vorher unbeschädigte Arterien rupturieren und zu einer sogenannten hypertensiven Massenblutung führen (Weiller, 1996a). SCHLAGANFALL 7 Die typische Massenblutung ist zu ca. 50% im Hirnstammbereich (Stammganglien) lokalisiert, wobei 42% der letalen Blutung das Striatum betreffen. Weitere 20% sind in den Hemisphären, also lobär lokalisiert (Weiller, 1996a, Duus, 1995). Duus (1995) weist darauf hin, daß das Schädigungsareal bei einer Blutung im Gegensatz zum ischämischen Infarkt nicht auf das Versorgungsgebiet einer Arterie beschränkt ist, sondern daß sich das Blut in die Gehirnbereiche mit dem geringsten Widerstand ausbreitet. Die Hauptursache für Subarachnoidalblutungen sind Aneurysmen. Durch eine plötzliche Ruptur dieser sackartigen Gefäßwandausstülpungen kommt es zur Einblutung in den Subarachnoidalraum, ein mit Liquor gefüllter Raum um das Gehirn, wobei sich das Blut aber auch in die Hirnsubstanz ausbreiten kann (Weiller, 1996a; Duus, 1995; Pschyrembel, 1994). SCHLAGANFALL 8 4. Risikofaktoren Unter Risikofaktoren werden nach Pschyrembel (1994) „Bedingungen, die in Bevölkerungsstudien bei der Untersuchung der Pathogenese best. Erkrankungen als krankheitsfördernde Umstände statistisch gesichert wurden“ verstanden. Neben den Risikofaktoren spricht man noch von den Risikoindikatoren, die Pschyrembel (1994) als „Parameter oder Merkmale zur Beschreibung eines Erkrankungsrisikos, die (...) selbst nicht unmittelbar zur Pathogenese beitragen (...)“ definiert. Ein Risikofaktor für einen Schlaganfall weist also einen ursächlichen Zusammenhang zu dem Ereignis auf, während die Schlaganfall - Risikoindikatoren zwar auch im Zusammenhang mit dem Ereignis stehen, dieses aber nicht ursächlich beeinflussen. Zu den Risikoindikatoren des Schlaganfalles gehören im besonderen Geschlecht, Alter, Anzahl der bereits erlittenen Schlaganfälle, subakute Ereignisse in Form von transienten ischämischen Attacken (TIA) und periphere Durchblutungsstörungen (Häussler & Diener 1996). Wie Häussler und Diener (1996) berichten, wurden in den letzten 40 Jahren mehr als 10 verschiedene Risikofaktoren gefunden, die einen unabhängigen Einfluß auf das Schlaganfallrisiko haben. In der Ursachenkette der Entstehung des Schlaganfalls werden zwei Gruppen von Risikofaktoren unterschieden: a) Physiologische Funktionsstörungen oder manifeste Erkrankungen Zu dieser Gruppe zählen die Risikofaktoren Hypertonie (160 / >95 mmHg), Hypercholesterinämie, Diabetes mellitus, Vorhofflimmern und erhöhtes Fibrinogen im Plasma, wobei der Zusammenhang zum Schlaganfall bei Hypertonie und Vorhofflimmern zweifelsfrei nachgewiesen wurde. Beim Diabetes mellitus gilt der Zusammenhang als äußerst sicher. Bei den übrigen Faktoren wird ein möglicher Zusammenhang gesehen (Häussler & Diener 1996). Nach Schütz (1994) ist die arterielle Verschlußkrankheit ebenfalls als Risikofaktor anzusehen, der etwa dem Vorhofflimmern und der Hypercholesterinämie gleichgewichtig ist. SCHLAGANFALL 9 b) Ungünstige Verhaltensweisen Zu diesen Verhaltensweisen zählen Rauchen, Alkoholkonsum, Übergewicht und die Einnahme oraler Kontrazeptiva. Für das Rauchen und den Alkoholkonsum ist der Nachweis als Risikofaktoren ziemlich eindeutig, wohingegen beim Übergewicht der kausale Zusammenhang zum Schlaganfall lediglich möglich ist und bei den Kontrazeptiva nur vermutet wird. Für die Prävention von besonderer Bedeutung ist die Tatsache, daß sich beim gleichzeitigen Auftreten von mehreren unabhängigen Risikofaktoren das Erkrankungsrisiko nicht nur additiv sondern multiplikativ erhöht (Häussler & Diener 1996). Eine sehr risikoreiche Kombination besteht laut Schütz (1994) in dem gleichzeitigen Vorliegen von Bluthochdruck und Vorhofflimmern. Hier steigt die Inzidenzrate um den Faktor 10. Ketz (1991) berichtet hingegen von einem gehäuften Auftreten eines Schlaganfalls infolge der Kombination von den Risikofaktoren Migräne, hormonelle Kontrazeptiva und Nikotinabusus. SCHLAGANFALL 10 5. Symptome und Folgen des Schlaganfalls 5.1. Klinische Einteilung Nach modernen Gesichtspunkten wird heute zwischen dem kleinen Schlaganfall, dem sogenannten minor stroke und dem bleibenden Schlaganfall unterschieden: Beim minor stroke kommt es lediglich zur Ausbildung einer geringen Symptomatik, die sich innerhalb kurzer Zeit, meist komplett, wieder zurückbildet. Eine weitere Differenzierung des kleinen Schlaganfalls bezieht sich auf den Zeitraum, in dem die auftretenden Symptome persistieren (Weiller, 1996b, Singer, 1987): • Von einer transienten oder transitorischen ischämischen Attacke (= TIA) spricht man, wenn die Symptome weniger als 24 Stunden anhalten. • Ein reversibles ischämisches neurologisches Defizit (= RIND) liegt vor, wenn sich die Symptome nach mehr als 24 Stunden vollständig zurückbilden. • Bei dem partiell reversiblen ischämischen neurologischen Defizit (= PRIND) bleiben minimale Symptome zurück und es gibt kein Zeitlimit. Diese Unterteilung in verschiedene Stadien der Durchblutungsstörung sind jedoch nicht mehr allgemein gebräuchlich (Weiller, 1996b). Bei dem bleibenden Schlaganfall sind die auftretenden Symptome schwerer und bilden sich nicht wieder zurück. Aufgrund dieser persistierenden Symptome kommt es auch zu einer subjektiven Behinderung (Weiller, 1996b). 5.2. Symptomatik nach Ischämien Der Verschluß eines Arterienastes, also die genaue Lokalisation der Durchblutungsstörung, hat meist eine bestimmte, charakteristische Symptomkonstellation zur Folge. Anhand der auftretenden neurologischen Symptome bei einem ischämischen Insult ist also ungefähr die Zuordnung zum betroffenen Gefäßterritorium / Hirnareal möglich. Die genaue anatomische Zuweisung läßt sich jedoch nur mittels bildgebender Verfahren (Computer-, Kernspintomographie) treffen. Um aber zunächst eine schnelle und frühzeitige Zuordnung treffen zu können, sind die klinischen Symptome unverzichtbare Entscheidungsparameter (Weiller, 1996b; Mumenthaler, 1986). SCHLAGANFALL 11 Die folgende Tabelle gibt die wichtigsten Symptome bei Durchblutungsstörungen in vier verschiedenen Gefäßterritorien wieder (Weiller, 1996b; Mumenthaler, 1986; Schütz, 1994; Cotta, Heipertz, Hüter-Becker, Rompe, 1988). Auf kursiv dargestellte Symptome wird im Abschnitt 6 „Störungen nach einem Schlaganfall“ ausführlicher eingegangen. Arterienast / Territorium Symptome A. carotis interna - kontralaterale Hemiparese - kontralaterale Hemihypästhesie (= Sensibilitätsstörungen) - flüchtige Sehstörungen / Erblindung - Aphasie und Neglect - Bewußtseinsstörung A. cerebri media - kontralaterale Hemiparese (arm- und gesichtsbetont) - später spastische Hemiparese vom Typ Wernicke – Mann - kontralaterale Hemihypästhesie (arm- und gesichtsbetont) - Aphasie, Apraxie, Neglect - räumliche Orientierungsstörung A. cerebri anterior - kontralaterale Hemiparese (beinbetont) - Apraxie der Hand - Blasenstörung - Antriebsminderung A. cerebri posterior - Hemianopsien (= Gesichtsfeldausfälle) - Hemihypästhesien - Kopfschmerzen Tab. 1: Symptome bei Verschluß verschiedener Arterien SCHLAGANFALL 12 5.3. Symptomatik nach Hirnblutungen Eine definitive Entscheidung der Ätiologie eines Schlaganfalls ist nur mittels Computer oder Kernspintomographie möglich. Nur so lassen sich ischämische Infarkte von intrazerebralen Blutungen zuverlässig unterscheiden. Es gibt jedoch Anzeichen, die eher auf eine intrazerebrale Blutung als Ursache hinweisen: Vorliegen einer Hypertonie, schlagartiger Beginn oft tagsüber v.a. bei körperlicher Anstrengung, initialer Kopfschmerz, Bewußtseinsstörungen, Übelkeit und Erbrechen. Je nach Lokalisation der Massenblutung kommt es zu typischen Symptomen, z.B. ist das Auftreten einer ataktischen Bewegungsstörung charakteristisch für eine Kleinhirnblutung (Barolin, 1980; Cotta et al., 1988; Weiller, 1996b). Die Subarachnoidalblutung zeichnet sich durch plötzliche, blitzartig einschießende und heftigste Kopfschmerzen und Nackensteifigkeit aus. Neben diesen Kardinalsymptomen kommt es auch zu Übelkeit, Erbrechen, Hirnnervenausfällen und Bewußtseinstrübung bis hin zum Koma (Cotta et al., 1988; Weiller, 1996b). 5.4. Einteilung der WHO Die WHO orientiert sich mit ihrem herausgegebenen Klassifikationssystem der Behinderung nicht nur an den Symptomen der Erkrankung alleine, sondern focussiert auf die Folgeerscheinungen von Krankheiten. Dieses Schema, das ICIDH (International Classification of Impairments, Disabilities and Handicaps), ermöglicht eine einheitliche Beschreibung der Krankheitsfolgen, wobei neben den neurologischen Defiziten auch die funktionellen Einschränkungen berücksichtigt werden (Häussler, 1996a; Baumann & Stieglitz, 1998). In der Bundesrepublik Deutschland gelten in Anlehnung an das ICIDH folgende Definitionen: Impairment = Schädigung; Disability = Fähigkeitsstörung; Handicap = Beeinträchtigung (Schupp, 1996a). Bei dem Schlaganfall werden die aufgetretenen Störungen auf diesen Ebenen folgendermaßen beschrieben: Unter impairment werden die neurologischen Ausfälle (Hemiparese, Aphasie etc.) und die neuropsychologischen Störungsbilder verstanden. Die funktionellen Einschränkungen zum Beispiel hinsichtlich der Anforderungen an das tägliche Leben (Essen, Ankleiden, Haushalt etc.) werden mit dem Begriff disability zusammengefaßt. Bleibende Behinderungen und soziale Nachteile z.B. Berufsunfähigkeit werden mit dem Begriff handicap beschrieben (Hesse, 1994c; Mai, Schenk & Heuer, 1998). Insbesondere für den rehabilitativen Bereich ist diese Einteilung von Bedeutung, da sich daraus unterschiedliche therapeutische Konsequenzen ergeben. SCHLAGANFALL 13 6. Störungen nach einem Schlaganfall Nach einem Schlaganfall kann es zu einer Vielzahl von neurologischen Störungen oder Defiziten kommen. Die Größe des Insultes ist im Zusammenhang mit der Lokalisation des betroffenen Hirnareals für die Schwere der Symptomatik verantwortlich. Dabei kann ein kleiner Insult in einem wichtigen Gebiet des Gehirns zu einem erheblich schwereren Krankheitsbild führen als ein größerer Insult an einer unwichtigeren Stelle. Aufgrund der anatomischen Struktur des Gehirnes kommt es bei Ausfällen im Großhirnbereich zu der häufig anzutreffenden gekreuzten Symptomatik, d.h. bei einem linkshirnigen Infarkt kommt es zu Ausfällen auf der rechten Körperseite. Eine zumindest teilweise gleichseitige Symptomatik ist die Folge eines Infarktes im Hirnstammbereich (MeierBaumgartner, 1994a). 6.1. Störungen der Motorik und Sensorik Das häufigste und charakteristischste Symptom eines Schlaganfalles ist die Halbseitenlähmung, die Hemiplegie bzw. bei unvollständiger Lähmung die Hemiparese. Neben den motorischen Störungen der betroffenen Körperseite kommt es häufig auch zu sensorischen Ausfällen dieser Seite, so daß man dann von sensomotorischen Störungen spricht. Bei den motorischen Störungen handelt es sich einerseits um den Ausfall der reflektorischen Haltungskontrolle und andererseits um Störungen der gezielten Willkürmotorik. Als Ursache für die Störung der gezielten Motorik wird eine Verletzung der Area 4 diskutiert (Meier-Baumgartner, 1994a; vgl. Kapitel IV 4.). Hummelsheim (1994a) weist außerdem darauf hin, daß man bei der gestörten Motorik zwischen Minusphänomenen und Plusphänomenen unterscheiden kann: Unter den Minussymptomen werden alle Formen der zentralen Parese verstanden (Mono-, Hemi-, Tetra- oder Paraparese), die als Kraftminderung oder reduziertem willkürlichen Antrieb in Erscheinung treten. Ebenso werden die gestörten feinmotorischen Fertigkeiten der Handmuskulatur und die Schwierigkeiten bei der Ausführung rascher Bewegungen zu den Minussymptomen gezählt (Hummelsheim, 1994a). Nach Mai, Blaut und Hermsdörfer (1995) treten Störungen der Handfunktionen bei ca. 65 % der Patienten mit zerebrovaskulären Erkrankungen oder nach Schädel-Hirn-Traumata auf. SCHLAGANFALL 14 Dabei sind sowohl die Sensibilität, die Beweglichkeit der Finger und die Koordination betroffen. Die Autoren merken jedoch kritisch an, daß es an spezifischen Rehabilitationskonzepten bisher noch mangelt. Eine gezielte Behandlung der gestörten Handfunktionen scheint bei der Häufigkeit des Auftretens jedoch dringend erforderlich. Als Plussymptome werden der, als Spastizität imponierende, erhöhte muskuläre Widerstand bei passiver Dehnung, die gesteigerten Eigenreflexe sowie das Auftreten von pathologischen Reflexen (z.B. Babinski) und Massenbewegungen zusammengefaßt. Ursächlich für den spastischen Hypertonus kommen einerseits veränderte neuronale Bedingungen und andererseits auch veränderte Kontraktionseigenschaften der betroffenen Muskulatur in Frage (Hummelsheim, 1994a; vgl. Angaben zur Spastizität in Kapitel IV 2.). Ein besonderes Problem stellt der Schulterschmerz des betroffenen Armes dar. Nach einem Schlaganfall kommt es sehr häufig zu Kapselverletzungen oder zu Subluxationen des Oberarmkopfes, da bei hypotoner Schultermuskulatur das Schultergelenk nicht ausreichend gegen äußere Krafteinflüsse gesichert wird. Bei spastischer Muskulatur wird das Schultergelenk in seiner physiologischen Bewegung gestört, so daß als Folge dauerhafte Schulterschmerzen auftreten. Im Rahmen der Rehabilitation es ist somit notwendig, der Behandlung des hemiplegischen Armes spezielle Beachtung zu schenken (Hummelsheim, 1994b, 1996a). Hierbei konnte die Behandlung nach dem Bobath Konzept (s. Kapitel III 3.) eine erfolgreiche Reduzierung des Schulterschmerzes zeigen (Rice-Oxley & Turner-Stokes, 1999). Unter sensorischen Störungen werden Ausfälle der Tiefen- und Oberflächensensibilität verstanden. Häufig kommt es nach einem Schlaganfall durch die kortikalen Neuronenuntergänge zu einer deutlichen Minderung der Propriozeption und des Tastsinnes. Hat ein Patient kein Gefühl mehr für ein Körperteil und seine Stellung im Raum, so hat das auch negative Auswirkungen auf die Motorik, da die Sensibilität mitverantwortlich ist für die Durchführung und Koordination von Bewegungen (Meier-Baumgartner, 1994a; Kaiser, 1998). Oberleit (1996) beschreibt in diesem Zusammenhang einen Kreislauf, in dem sich Wahrnehmung und Bewegung befinden: Durch Bewegung erhält man Informationen, die wiederum eine Bewegung ermöglichen. Wird dieser Kreislauf unterbrochen, ist das physiologische Bewegungsverhalten gestört (vgl. Wahrnehmung im Kapitel IV 2.). Die intakte Sensibilität ist auch nach Eggers (1990) eine Voraussetzung für die Verbesserung der Bewegungsfunktion. Es kann jedoch auch umgekehrt eine Lähmung zur Verminderung der Sensibilität führen (Meier-Baumgartner, 1994a). SCHLAGANFALL 15 6.2. Veränderung des Gangbildes und Gleichgewichtsstörungen Unmittelbar mit den motorischen Störungen hängen die Veränderungen der Körperhaltung und des Gangbildes zusammen. Sowohl der Stand als auch der Gang eines hemiparetischen Patienten weichen von dem gesunden Stand- und Gangbild ab (Hesse, 1994b). Es sind dabei nicht nur auf der betroffenen Seite verschiedene Gangparameter verändert sondern auch auf der nicht betroffenen Seite (Stephan & Hömberg, 1991). Zum Teil können charakteristische Abweichungen festgestellt werden, die im folgenden skizziert werden: Im Stand fällt eine asymmetrische Gewichtsverteilung auf, wobei auf das paretische Bein nur etwa 40% des Körpergewichtes verlagert werden. Durch diese ungleiche Belastung der Beine kommt es zu einer Veränderung des Muskeltonus und der Gelenkstellungen im gesamten Körper. Durch den veränderten Muskeltonus und den Verlust der kortikalen Kontrolle treten in jeder Phase des Gehens beim hemiparetischen Gang Abweichungen auf. Besonders häufig fällt die große Spurbreite, die unterschiedliche Schrittlänge, die eingeschränkte Kniekontrolle und die sogenannte Zirkumduktion des betroffenen Beines auf. Diese wird als Folge der fehlenden aktiven Kniebeugung eingesetzt, um das Bein vorzusetzen (Hesse, 1994b; Montgomery, 1987). Ein weiteres Problem betrifft das mangelnde Gleichgewicht und die fehlenden Gleichgewichtsreaktionen, wobei der Verlust dieser Mechanismen auch im Sitz in Erscheinung treten kann. Außerdem kann es zu Störungen der Koordination kommen, was vor allem durch das Fehlen einer gebrauchsfähigen Koordination beider Hände zum Ausdruck kommt (Eggers, 1990). 6.3. Alltagsbeeinträchtigungen Es hat sich allgemein etabliert, hierbei von Beeinträchtigungen der Aktivitäten des täglichen Lebens (activities of daily living = ADL) zu sprechen. Nach einem Apoplex kommt es sehr häufig zu Einschränkungen der Selbständigkeit bei grundlegenden alltäglichen Verrichtungen, wobei Bereiche wie Mobilität, Ankleiden, Körperpflege, sowie das Essen und Trinken betroffen sind. Wie eine Untersuchung an 109 Schlaganfallpatienten zeigte, ist das Ausmaß der Unabhängigkeit bzw. Pflegebedürftigkeit nach einem Apoplex ganz entscheidend von den motorischen und sensorischen Fähigkeiten des Patienten abhängig (Bernspång, Asplund, Eriksson, Fugl-Meyer, 1987). Ein wichtiger Aspekt bei der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten ist somit das Training der sensomotorischen Funktionen und das Selbsthilfetraining, welches zumeist in den ergotherapeutischen Aufgabenbereich integriert wird (Eggers, 1990). SCHLAGANFALL 16 6.4. Neuropsychologische Störungen Neben den sensomotorischen Ausfällen kommt es häufig zu Defiziten im kognitiven Leistungsbereich, die nicht so deutlich erkennbar sind wie die körperlichen Symptome (Ketz, Blanco, Gonser, 1991). Allgemein werden kognitive Störungen dem neuropsychologischen Funktionsbereich zugeordnet. Unter neuropsychologischen Störungen werden „Störungen höherer Hirnleistungen nach erworbener Hirnschädigung“ verstanden (Prosiegel, 1991). Meier-Baumgartner (1994a) spricht in diesem Zusammenhang auch von Reizverarbeitungs- und Handlungsplanungsstörungen. Die klinische Neuropsychologie beschäftigt sich insgesamt mit der Diagnostik und Rehabilitation der Veränderungen des Denkens, des Verhaltens und des emotionalen Erlebens, die nach einer Hirnläsion auftreten können (Ketz et al., 1991; Stolz & Schupp, 1996). Es finden sich in der Literatur sehr unterschiedliche Angaben dazu, welche konkreten Funktionsdefizite unter dem Begriff neuropsychologische Störungen zusammengefaßt werden. Zu den am häufigsten genannten Symptomen unter einer Vielzahl von weiteren neuropsychologischen Funktionsstörungen gehören: Störungen der räumlichen Orientierung, der Wahrnehmung, der Sprache, der Aufmerksamkeit, des logischen Denkens, der Affektivität, des Lernens, des Gedächtnisses, der Konzentration und des Antriebes, sowie Veränderungen in der Persönlichkeit, Verhaltenskontrolle und Selbstwahrnehmung der Krankheitsfolgen (Ketz, 1991; Poeck, 1982; Cramon, 1988; Prosiegel, 1991; Meier-Baumgartner, 1994). Da das Vorliegen dieser Störungen die erfolgreiche Behandlung motorischer Bewegungsstörungen beeinträchtigen kann, ist es für die Rehabilitation erforderlich, die Abklärung und Behandlung der einzelnen Symptome in den Rehabilitationsprozeß mit einzubeziehen (Ketz et al., 1991). Einen kurzen Einblick über die wichtigsten Störungen für die Rehabilitation gibt die folgende Übersicht: Aphasie: Nach Dorsch (1994) handelt es sich hierbei um einen „Verlust unterschiedlicher Teilfunktionen der gesprochenen Sprache nach kortikalen Hirnverletzungen vornehmlich der dominanten Hemisphäre (...)“. Die vier verschiedenen sprachlichen Modalitäten Sprechen, Verstehen, Lesen und Schreiben sind dabei in unterschiedlichem Ausmaß betroffen (Prosiegel, 1991). Ungefähr jeder fünfte Schlaganfallpatient weist eine aphasische Sprachstörung auf (Denzler, 1994). SCHLAGANFALL 17 Es gibt eine international anerkannte Einteilung in vier Standardsyndrome: • Broca-Aphasie / motorische Aphasie: Agrammatismus mit verlangsamtem Sprachfluß und Artikulationsstörungen • Wernicke-Aphasie / sensorische Aphasie: fehlerhafter Satzbau mit zum Teil übermäßiger Sprachproduktion • Amnestische Aphasie: Wortfindungsstörungen bei flüssiger Sprachproduktion • Global- Aphasie: Automatismen mit reduzierter Sprachproduktion und gestörtem Sprachverständnis (vgl. Goldberg, 1997; Prosiegel, 1991; Poeck, 1982; Schlenck & Schupp, 1996). Apraxie: Diese Störung ist nach Dorsch (1994) eine „durch Hirnerkrankung oder -verletzung erworbene Unfähigkeit zur zielorientierten Ausführung von Bewegungen oder Bewegungshandlungen bei erhaltener Kapazität zur Erfassung der Bewegungsaufgabe (...) und trotz erhaltener Kraft, koordinativer Beweglichkeit und normaler Reflexivität der einzelnen, intakten Körperteile (...).“ Es gibt zwei Arten von motorischen Apraxien: • Ideomotorische Apraxie: Störungen bei der willkürlichen Ausführung einzelner Bewegungen • Ideatorische Apraxie: Unfähigkeit, Teilbewegungen zu komplexen Handlungsfolgen zu integrieren (vgl. Prosiegel, 1991; Poeck, 1982; Dorsch, 1994). Agnosie: Bei dieser durch eine Hirnschädigung entstandenen Störung handelt es sich nach Dorsch (1994) um „die Unfähigkeit, trotz erhaltener Funktionstüchtigkeit der Sinnesorgane, Wahrnehmbares zu erkennen und einzuordnen.“ Eine weitere Unterteilung in Sonderformen wie z.B. der taktilen Agnosie (Tastblindheit) wird kontrovers aufgefaßt. So stellt Poeck (1982) fest, daß eine Abgrenzung zu Wahrnehmungsstörungen u.a. bei der taktilen Agnosie kaum möglich ist und ihre Existenz damit unklar ist. Neglect: Der Neglect wird nach Pschyrembel (1994) beschrieben als „eine oft halbseitige Vernachlässigung des eigenen Körpers oder der Umgebung bzgl. einer oder mehrerer Sinnesqualitäten“. Es werden verschiedene Formen unterschieden, z.B.: • motorischer Neglect: die betroffenen Extremitäten werden nicht benutzt • sensibler Neglect: sensible Reize auf der betroffenen Körperhälfte werden nicht beachtet (vgl. Prosiegel, 1991; Poeck, 1982). SCHLAGANFALL 18 Aufmerksamkeitsstörungen: Als häufigste neuropsychologische Störung nach einem Schlaganfall werden Defizite im Aufmerksamkeitsbereich gezählt (Stolz & Schupp, 1996; Prosiegel, 1991; Technow & Bodenburg, 1994). Patienten mit derartigen Defiziten fallen durch Müdigkeit, Ablenkbarkeit, Verlangsamung, reduzierte Belastbarkeit und Aufnahmefähigkeit auf. Dies wird vor allem in Therapiesituationen deutlich (Technow & Bodenburg, 1994). Unterschieden werden vier Aufmerksamkeitsbereiche: • Aktiviertheit: allgemeine Wachheit • Selektive Aufmerksamkeit: Konzentrationsfähigkeit, Aufmerksamkeitsfocussierung, Ablenkbarkeit • Geteilte Aufmerksamkeit: Gleichzeitige Beachtung von zwei Reizquellen, Parallelverarbeitung • Vigilanz: Daueraufmerksamkeit bzgl. selten auftretender Reize (vgl. Prosiegel, 1991; Stolz & Schupp, 1996). Vor allem die Konzentrationsfähigkeit ist eine wichtige Voraussetzung, die es erlaubt in der Rehabilitation erforderliche Lernprozesse erbringen zu können. Ihr sollte deshalb besondere Beachtung geschenkt werden, um einer Überforderung der Patienten vorzubeugen und ein angemessenes Therapieniveau einzuhalten. 6.5. Störungen im vegetativen und sozialen Bereich Nach einem Schlaganfall kann es zu vegetativen Störungen wie zum Beispiel Herzrhythmusstörungen und EKG-Veränderungen kommen. Oft liegt in der Frühphase eine Harn- und Stuhlinkontinenz vor, die jedoch meist nur initial und passager vorhanden sind (Meier-Baumgartner, 1994a; Ketz et al., 1991). Durch einen Apoplex kommt es auch zu deutlichen Auswirkungen im sozialen Bereich. Eine Studie von Wyller und Kirkevold (1999) belegt, daß es bei Schlaganfallpatienten außerdem zu einer Einschränkungen der subjektiven Lebensqualität kommt. Sprachstörungen, Pflegebedürftigkeit, Berufsunfähigkeit und dauerhafte Behinderungen sind einige der Probleme, mit denen der Schlaganfallpatient unter Umständen konfrontiert wird (Meier-Baumgartner, 1994). Eine umfassende Rehabilitation muß sich deshalb auch mit diesen Schwierigkeiten beschäftigen und eine weitestgehende Integration in den Alltag, die Familie und den Beruf anstreben. Um eine Versorgung nach der Akutklinik zu gewährleisten, wird vor allem der Einsatz von Sozialarbeitern erforderlich. Deren Arbeit nimmt eine wichtige Brückenfunktion zwischen Akutklinik, Rehabilitationszentrum, Familie, Arbeitsplatz oder Pflegeinstitution ein (Ketz et al., 1991). REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL 19 Kapitel III: Rehabilitation nach Schlaganfall 1. Grundlagen der Rehabilitation 1.1. Definition und Voraussetzungen Nach Dorsch (1994) wird unter Rehabilitation oder Wiedereingliederung eine „Maßnahme zur Wiederherstellung allg. und spez. Fähigkeiten und Fertigkeiten, die vor einem Unfall, einer Krankheit bzw. einer psychosozialen Störung vorhanden waren“ verstanden. Andere Autoren definieren den Begriff Rehabilitation detaillierter: „Unter Rehabilitation sind Bemühungen zu verstehen, zu verhindern, daß eine Krankheit oder Behinderung zu einer dauerhaften Beeinträchtigung der persönlichen, sozialen und beruflichen Lebensumstände wird und für den Fall, daß eine vollständige Rehabilitation nicht zu erreichen ist, diese Auswirkungen auf die genannten Lebensbereiche auf ein Minimum zu reduzieren“ (Zuber, Weis & Koch, 1998). Zur motorischen Rehabilitation von Schlaganfallpatienten werden verschiedene Therapien herangezogen, die alle die plastischen Eigenschaften des ZNS und die Möglichkeit zur Neubahnung von Funktionswegen ausnutzen. Würden die Ansichten von Ramon y Cajals aus dem Jahr 1928 tatsächlich zutreffen, wäre eine so geartete Therapie gar nicht möglich. Er nahm an, daß die neuronalen Strukturen unveränderlich festgelegt seien und eine Regeneration innerhalb des ZNS nicht möglich sei. Tatsächlich aber steht heute zweifelsfrei fest, daß das Gehirn enorme plastische Eigenschaften und Reorganissationsmöglichkeiten besitzt, die eine funktionelle und strukturelle Umorganisation des geschädigten Gehirnes erlauben (Frackowiak, R.S.J.; Weiller, C; Chollet, F., 1991; Conradi & Conradi, 1991; Caprez, 1984). Zu den zugrunde liegenden neurobiologischen Mechanismen gehören unter anderem Aussprossung von Axonkollateralen, die Demaskierung von unbenutzten Synapsen und das Einspringen von ipsilateralen Bahnen und multiplen Repräsentationsarealen (Mauritz & Hummelsheim, 1993; Frackowiak et al., 1991; Platz, Denzler, Kaden, Mauritz, 1994). Durch gezielte Manipulation und Reizung im Rahmen von Rehabilitationsbehandlungen können diese Mechanismen initiiert und beschleunigt werden. Eine funktionelle Erholung nach einem Schlaganfall kann demnach durch physio- und ergotherapeutische Maßnahmen gefördert werden. Die Plastizität des ZNS ist also die Grundlage der Funktionswiederherstellung bei der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten (Mauritz, 1994; Hummelsheim, 1996c). REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL 20 1.2. Rehabilitationskonzepte und -ziele Als allgemeines Ziel der Rehabilitationsbemühungen kann eine Formulierung von Schupp (1996b) angegeben werden: „Restitution oder Kompensation von ausgefallenen Funktionen und behinderungsgerechte Adaptation der Umwelt (...)“. Wie jedoch in der oben genannten Definition von Zuber et al. (1998) deutlich wird, hat die Rehabilitation kein eng umschriebenes Aufgabengebiet, sondern sie hat ein breites Anwendungsspektrum mit mehreren Zielen. Auch Ketz et al. (1991) unterscheiden zwischen Nah- und Fernzielsetzungen, wobei sie darunter einerseits die Wiedergewinnung der Mobilität, die Unabhängigkeit von Fremdhilfe, sowie Selbständigkeit bei den Aktivitäten des täglichen Lebens verstehen und anderseits die Selbständigkeit in geistiger, sozialer und psychischer Hinsicht betonen. Diese weitreichende Anforderung an eine Rehabilitation entsteht, da durch den Schlaganfall fast alle Bereiche des Lebens betroffen sind. Dabei handelt es sich um die somatischen, psychologischen, emotionalen, sozialen und beruflichen Aspekte, so daß umfassende und spezifische rehabilitative Maßnahmen erforderlich werden (Janzik, 1984). Als wichtigste Ziele in einem individuellen Rehabilitationsplan bei Patienten nach einem Schlaganfall werden daher von Janzik (1984) die medizinisch - psychologische, die soziale und die berufliche Rehabilitation genannt. Auch die neuropsychologische Rehabilitation kann noch als weiterer Teilaspekt angesehen werden. Ergänzend fügt Hauschild (1988) hinzu, daß es sich hierbei nicht um voneinander abgrenzbare Konzepte der Rehabilitation handelt, sondern daß vielmehr eine Rehabilitation der gesamten Person damit gemeint ist. Trotzdem sollen die unterschiedlichen Aspekte zur Übersicht getrennt voneinander kurz dargestellt werden: Medizinische Rehabilitation Die medizinische Rehabilitation bei Patienten nach apoplektischem Insult wird zumeist stationär durchgeführt. Zu den medizinischen Leistungen gehören alle ärztlichen Leistungen, Arznei- und Heilmittel, sowie alle Formen der Physiotherapie (= Krankengymnastik), Ergo- und Sprachtherapie (Zuber et al., 1998). Das Ziel ist hierbei nach Janzik (1984) die Wiedererlangung des körperlichen Selbstwertgefühles und die maximale Selbständigkeit. Dazu werden gezielte Behandlungen der gestörten Funktionen durchgeführt (Caprez, 1984). Ausdrücklich wird von verschiedenen Autoren gefordert, daß die physiotherapeutischen Maßnahmen so früh wie möglich nach dem Ereignis beginnen sollten (Schupp, 1996a; Janzik, 1984; Meier-Baumgartner, 1985). REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL 21 Hieraus wird schon der besondere Stellenwert der Physio- aber auch Ergotherapie in der Behandlung von Schlaganfallpatienten deutlich. Zu ihren Aufgabenbereichen gehören einerseits die Verhinderung von Komplikationen, z.B. Kontrakturen und Pneumonie, aber vor allem die Förderung der motorischen Regeneration. Psychologische und neuropsychologische Rehabilitation Als Reaktion auf die massiven krankheitsbedingten Veränderungen kommt es nach einem Schlaganfall häufig zu Beeinträchtigungen im Persönlichkeits- und Leistungsbereich (s. Kapitel II 6.4). Deshalb gehört neben psychotherapeutischer Betreuung auch das Training von kognitiven Leistungen, der Wahrnehmung und der Sprache zum umfassenden Behandlungsplan, der individuell an die Erfordernisse des einzelnen Patienten angepaßt werden muß. Im Hinblick auf den vom Patienten zu leistenden Lernprozeß bei der physio- und ergotherapeutischen Arbeit, ist es vor allem wichtig die Bereiche Aufmerksamkeit, Konzentration, Ausdauer und Belastbarkeit zu trainieren (vgl. Hauschild 1988; Stolz & Schupp 1996). Da häufig die Defizite dieser Funktionen erst nach der Entlassung in die häusliche Umgebung deutlich werden, ist eine sorgfältige Diagnostik während des stationären Aufenthaltes notwendig, um ein angemessenenes Neurotraining durchzuführen (vgl. Günther, 1995). Berufliche Rehabilitation Hierbei stehen Bemühungen zur beruflichen Wiedereingliederung im Vordergrund. Das können Hilfen zur Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes sein, aber auch Hilfen zur Berufsfindung oder beruflichen Anpassung (Zuber et al., 1998). Soziale Rehabilitation Leistungen zur allgemeinen sozialen Eingliederung zielen z.B. darauf ab, die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen (Zuber et al., 1998). Als wichtige Ziele der sozialen Rehabilitation werden von Janzik (1984) die Eigenbestimmung und gestaltung des Lebens angesehen. Übereinstimmend wird in der Literatur die Notwendigkeit einer interdisziplinären Zusammenarbeit aller am Rehabilitationsprozeß beteiligten Berufsgruppen betont, um eine erfolgreiche Behandlung bei Schlaganfall zu gewährleisten. Ebenso sollte jeder einzelne Mitarbeiter des Teams gute Kenntnisse bezüglich der spezifischen Anforderungen bei der Behandlung von Schlaganfallpatienten aufweisen (Hauschild, 1988; Janzik, 1984; Schupp, 1996; Meier-Baumgartner, 1985). Die Förderung von speziellen Fortbildungsmaßnahmen scheint also dringend erforderlich, damit alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, die zu einer erfolgreichen Rehabilitation führen. REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL 22 2. Krankengymnastik und Ergotherapie in der Rehabilitation 2.1. Allgemeine Behandlungsprinzipien Ketz et al. (1991) halten physio- und ergotherapeutische Behandlungen für einen Grundpfeiler der Gesamtversorgung bei Schlaganfallpatienten. Fast alle Patienten mit zentralen Hemiparesen nach einem Schlaganfall erhalten deshalb zur motorischen Rehabilitation beide Anwendungsformen. Dieses Vorgehen bei der Behandlung von motorischen Funktionsstörungen scheint sinnvoll zu sein, denn, Hummelsheim und Mauritz (1993) schreiben: „Aus der Empirie ergibt sich, daß krankengymnastische Behandlung geeignet ist, den Grad der motorischen Behinderung eines zentral hemiparetischen Patienten zu mindern.“. Leider berichten nicht alle Autoren von einer ausreichenden Versorgung mit Physiotherapie. So bemerkt Häussler (1996), daß nur jeder 4. Patient mit zerebrovaskulärer Erkrankung während des stationären Aufenthaltes krankengymnastisch versorgt wird (Die Gruppen der zerebrovaskulären Erkrankungen, die keinen Schlaganfall repräsentieren, haben nur einen geringen Anteil). Wenn im folgenden von Physiotherapie bzw. Krankengymnastik die Rede ist, sind darunter auch die ergotherapeutischen Anwendungsbereiche zu verstehen. Obwohl sich beide Berufsgruppen mit einem unterschiedlichen Schwerpunkt und Fokus an der Behandlung von hemiparetischen Patienten beteiligen, lassen sich die grundsätzlichen Behandlungsprinzipien zusammen darstellen. Ohne die spezifischen Ziele der jeweiligen therapeutischen Schulen zu berücksichtigen, können ganz allgemeine physio- und ergotherapeutische Behandlungsziele dargestellt werden: • Reduzierung des erhöhten Muskeltonus und pathologischer Bewegungsmuster • Stimulation paretischer Muskelgruppen • Gleichgewichts- und Koordinationsschulung • Erhaltung und Verbesserung der aktiven und passiven Gelenkbeweglichkeit • Optimierung der Gang- und Haltungsstabilität • Förderung von Kraft, Ausdauer, Mobilität und Bewegungsfähigkeit • Verbesserung der Arm- und Handfunktionen und der feinmotorischen Leistungen • Training praktischer Fertigkeiten / Haushaltstraining / Selbsthilfetraining • Schulung sensorischer Fähigkeiten (Hummelsheim & Mauritz, 1993; Johnstone, 1980; Schupp, 1996b; Hummelsheim, 1996c; Janzik, 1984; Conradi, Zippel, Hauschild, 1990). REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL 23 Wie oben erwähnt (vgl. Kapitel II 1.2.), wird in der Literatur einheitlich für einen möglichst frühen Beginn der physiotherapeutischen Arbeit plädiert (Schupp, 1996a; Janzik, 1984). Mit dieser Auffassung drückt sich die konsequente Verfolgung des allgemein anerkannten Grundsatzes aus: „Rehabilitation beginnt mit dem Schlaganfall“ oder „Rehabilitation von der ersten Stunde an“ (Meier-Baumgartner, 1994b). In der Akutphase stehen dabei zunächst prophylaktische Maßnahmen, wie zum Beispiel Lagerung, Atemtherapie und passives Durchbewegen im Vordergrund. So können Kontrakturen, Lungenentzündungen und Thrombosen verhindert werden, die den Rehabilitationsverlauf verkomplizieren würden (Janzik, 1984; Meier-Baumgartner, 1985). Mit diesen frühen Maßnahmen werden die Voraussetzungen für aktive Eigenbewegungen des Patienten geschaffen oder erhalten. Ebenso werden Ergotherapeuten in der Akutphase bereits mit der Anbahnung von basalen Wahrnehmungs- und Kommunikationsfunktionen aktiv (Schupp 1996a). Die Frühmobilisation birgt allerdings auch Gefahren. So kann eine Überforderung und ein zu schnelles Vorgehen eher Schaden als Nutzen bringen. Es kann nämlich unter Umständen zu einer Verstärkung des pathologischen Bewegungsmusters kommen. Auch der Einsatz von Hilfsmitteln ist in der Anfangsphase kritisch zu betrachten, denn dies kann eine gefährliche Weichenstellung sein. Schließlich kann es durch diese Art der Kompensation zu einer Vernachlässigung der betroffenen Seite kommen und die Spastizität erhöht werden (Meier-Baumgartner, 1985). Nach Davies (1986) liegt die Gefahr auch darin, daß die Rückkehr zu normaler Aktivität durch falsche Gewohnheiten behindert werden kann. Um eine optimale Anforderung für den Patienten zu erreichen, empfiehlt Meier-Baumgartner (1994b), daß möglichst in dem Bereich geübt werden soll der zwischen dem augenblicklichen Können des Patienten und den Forderungen des Therapeuten steht, ohne dabei allerdings einen erhöhten Muskeltonus oder Ausweichbewegungen zu provozieren. Sobald die Grundlage für eine kooperative Mitarbeit bei der Behandlung gegeben ist, steht die aktive Mobilisierung im Vordergrund. Es werden vorhandene Rückbildungstendenzen von Funktionsstörungen gefördert und eine Verbesserung der Selbständigkeit angestrebt (Schupp 1996a). Da jedoch nach einer Hirnschädigung nicht einfach die gesunde Hemisphäre die Aufgaben der betroffenen Seite übernehmen kann, sondern eine völlig neue Organisation notwendig ist, braucht der Rehabilitationsprozeß viel Zeit (Meier-Baumgartner, 1985). In einer späteren Arbeit betont der Autor sogar nachdrücklich, daß die Rehabilitation nie als abgeschlossen betrachtet werden kann. Vielmehr sollte die physiotherapeutische Behandlung noch teilweise über Jahre ambulant fortgesetzt werden (Meier-Baumgartner, 1994b). REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL 24 2.2. Neurophysiologische Grundlagen krankengymnastischer Behandlung Fast alle physio- und ergotherapeutischen Therapieansätze zur Behandlung von Schlaganfallpatienten nehmen für sich in Anspruch, auf neurophysiologischer Grundlage aufgebaut zu sein. Beispielhaft können hier die Verfahren nach Bobath, Vojta, Knott / Voss, Rood und Brunnstrom genannt werden. Hummelsheim und Mauritz (1993) kritisieren jedoch, daß sich die einzelnen Verfahren zumeist auf jeweils einzelne motorische Störungen konzentrieren und dabei die anderen Aspekte der gestörten Motorik ignorieren. Für eine ganzheitliche Rehabilitation der motorischen Fähigkeiten sei es jedoch notwendig, alle Bereiche mit einzubeziehen und gesicherte neurophysiologische Erkenntnisse der unterschiedlichen Behandlungsstrategien zu berücksichtigen. Zu den ersten Ansätzen die neurophysiologischen Wirkmechanismen zu beschreiben, gehört die Theorie von Sherrington. Sie beinhaltete erste Vorstellungen zur Wirkungsweise von Fazilitation und Inhibition. In dieser Theorie, die bereits 1906 entstand, steht das spinale α- Motoneuron im Mittelpunkt, das den räumlichen und zeitlichen Summationspunkt für erregende und hemmende Einflüsse bildet. Wird die Entladungsbereitschaft dieses Motoneurons durch entsprechende Interventionen modifiziert, kommt es zu einer Veränderung des Muskeltonus. Ein höheres Entladungspotential führt zu einer Bewegungsanbahnung bzw. zu einer Steigerung der Kraft oder der Ausdauer. Eine Senkung der Muskelspannung wird hingegen durch die Reduzierung der Entladungsbereitschaft erreicht. Hieraus ergeben sich die Grundprinzipien der physiotherapeutischen Behandlung bei Spastizität und zentralen Paresen. Eine Technik der Physiotherapie zur Hemmung der Spastik ist zum Beispiel die tonische Dauerdehnung, die inhibierend auf das Motoneuron wirkt. Eine weitere Möglichkeit zur Senkung des Muskeltonus ist die Fazilitation der antagonistischen Muskelgruppe, wobei das Prinzip der reziproken Inhibition ausgenutzt wird. Die phasische Muskeldehnung wird im Gegensatz zur Dauerdehnung zur Fazilitation paretischer Muskelgruppen angewendet. Auch die kontinuierliche Reizapplikation auf der paretischen Muskulatur, wie z.B. das Tapping, sind als fazilitierende Techniken zu nennen. REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL 25 Die Theorie von Sherrington wurde ständig erweitert und ist auch heute noch gültig. Es kam zum Beispiel die Erkenntnis hinzu, daß nicht nur auf spinaler Ebene die Inhibition und Faziliation wirksam sind, sondern daß sie auf allen zentralnervösen Ebenen wirksam sind. Daraus ergibt sich die zunehmende Bedeutung von Wahrnehmung und Motivation für die Behandlung der gestörten Motorik (Hummelsheim & Mauritz, 1993; Hummelsheim, 1994a; Hummelsheim, 1996c). Aufgrund der Bedeutung der Sensibilität und Wahrnehmung für die Qualität der Motorik werden diese Aspekte vermehrt beachtet. Grundlage für den Zusammenhang von Sensibilität und Motorik ist die Vernetzung von aufsteigenden sensiblen Bahnen mit motorischen Efferenzen. So ist es möglich, daß taktile oder propriozeptive Informationen von verschiedenen Muskelgruppen und der Körperoberfläche zu den motorkortikalen Zellen gelangen und den motorkortikalen Output für eben diese Muskelgruppen und Hautarele modulieren. Damit eine sensible Information jedoch überhaupt auf motorkortikaler Ebene stimulierend wirken kann, ist eine besondere Bahnung dieser Information notwendig. Ermöglicht wird diese Bahnung durch die Aufmerksamkeitsfocussierung des Patienten auf die zu bewegenden Gliedmaßenabschnitte (vgl. Kapitel IV 2.a-c). Es ist also erforderlich, den Patienten während der physiotherapeutischen Übungsbehandlung immer wieder aufzufordern, sich zu konzentrieren, die Aufmerksamkeit auf die Bewegung zu richten und die Bewegung mit den Augen zu beobachten (Hummelsheim & Mauritz, 1993; Hummelsheim, 1996c). 2.3. Traditionelle physiotherapeutische Verfahren Bei der Beschreibung der verschiedenen physiotherapeutischen Verfahren wird im Folgenden der Schwerpunkt auf die im deutschsprachigen Raum weit verbreiteten Methoden gelegt, wozu Bobath, Vojta und Knott / Voss gehören. Die auf dem Bobath Konzept beruhende Behandlung wird im nächsten Abschnitt gesondert erläutert. Nur kurz vorgestellt werden die Verfahren von Rood und Brunnstrom, die eher in Skandinavien eingesetzt werden. Zu den Methoden mit besonderem Schwerpunkt auf der Wahrnehmung und Sensibilität gehört das Verfahren nach Affolter, welches ebenfalls kurz dargestellt wird, und das Perfetti - Konzept, das in Kapitel IV ausführlich beschrieben wird. REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL 26 a) Knott & Voss Die beiden Physiotherapeutinnen Margaret Knott und Dorothy E. Voss entwickelten die Methode der propriozeptiven neuromuskulären Fazilitation, bekannt unter der Abkürzung PNF. Die Methode entstand in den Jahren 1946 - 1951 am Kabat - Kaiser - Institut in den USA und die erste Auflage ihres Buches „Propriozeptive Neuromuscular Facilitation“ erschien in den fünfziger Jahren. Die beiden Therapeutinnen haben sich bei der Entwicklung dieser Behandlungsmethode auf die Kenntnisse von Dr. Hermann Kabat und auf die Arbeiten von Sherrington gestützt. Gedankliche Grundlage dieser Methode ist die Vorstellung, daß bei jeglicher Störung im neuromuskulären System eine adäquate Reaktion auf die Anforderungen des Lebens verhindert wird. Da jedoch versteckte Anlagen zur Reaktion vermutet werden, sollen diese durch eine Reizbeantwortung aktiviert werden. Die Techniken der sogenannten Komplexbewegungen zur propriozeptiven neuromuskulären Fazilitation nutzen dazu verschiedene Methoden, um spezielle Reize zu setzen und ganz bestimmte Reaktionen auszulösen. Knott und Voss (1970) selbst beschreiben ihre Methode als „Begünstigung oder Beschleunigung der Reaktion des neuromuskulären Mechanismus durch Reizung der Propriozeptoren“. Dies sind Mechanorezeptoren (Muskelspindeln, Sehnenspindeln, Gelenkrezeptoren,...), die die Wahrnehmung und Kontrolle der Lage und Bewegung des Körpers ermöglichen. Kennzeichen der PNF - Methode sind die typischerweise in Diagonalen verlaufenden Bewegungen und die Anwendung von Widerständen (Feldkamp, 1989). Es werden im Rahmen von synergistischen Aktivierungsmustern Kontraktionen von paretischen Muskelgruppen angebahnt. Dabei werden stärkere Muskelgruppen genutzt, um paretische oder schwache Muskeln zu stimulieren und zu kräftigen (Knott & Voss, 1970; Hummelsheim, 1994a). Die Aktivierungsmuster werden als diagonal - spriralförmige Bewegungen (= Muskelketten) durchgeführt, da in dieser Bewegungskombination bestimmte Muskelgruppen optimal angesprochen werden. Die Bewegung beginnt, indem der Muskel bei dem eine fazilitatorische Wirkung erwünscht wird, maximal gedehnt wird und endet mit der maximalen Verkürzung dieses Muskels. Als propriozeptiver Reiz dient dabei der vom Therapeuten gesetzte Widerstand gegen die Bewegung, der natürlich an die Kontraktionsfähigkeit des Muskels angepaßt werden muß. Ist noch keine Willkürkontraktion möglich, wird die gesamte Bewegung vom Therapeuten geführt (Hummelsheim & Mauritz, 1993; Hummelsheim 1994a, 1996c). REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL 27 Zu berücksichtigen ist bei dieser Methode allerdings, daß sie nicht speziell für die Behandlung von Schlaganfallpatienten entwickelt wurde, sondern generell auf die Aktivierung paretischer Muskulatur angelegt ist. Die Praxis zeigt außerdem, daß diese Methode meistens ausschließlich zur Steigerung von Kraft und Ausdauer bei unfallbedingten Verletzungen oder orthopädischen Grunderkrankungen eingesetzt wird. Die Anwendung ist bei der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten zwar theoretisch nachvollziehbar, aber nicht zuletzt wegen der vorhandenen Nachteile findet die Methode hier kaum Beachtung. So begünstigen die Techniken des PNF zum Beispiel das Auftreten von unerwünschten assoziierten Reaktionen (synchrone grobmotorische Mitbewegungen z.T. entfernter Muskelgruppen). Hummelsheim (1994a) kritisiert weiterhin, daß das PNF - Konzept zur Reduzierung von Spastizität enttäuschend ist und es wird in vielen Fällen sogar eine Zunahme der Spastizität beobachtet (Hummelsheim & Mauritz, 1993; Hummelsheim, 1996c). Gerade die Zunahme des Muskeltonus und das Auslösen von Massensynergien verhindert jedoch die funktionelle Erholung der hemiparetischen Seite und sollte deshalb unbedingt vermieden werden, da dies in der Behandlung nicht zu tolerieren ist. b) Vojta Die Behandlungsmethode wurde seit 1954 von dem tschechischen Kinderarzt Vaclav Vojta entwickelt, wobei er von einer eigenen Auffassung von normaler und pathologischer Bewegungsentwicklung ausgeht (Feldkamp, 1989). Da die Vojta - Methode ursprünglich für zerebralparetische Kinder entwickelt wurde, wird sie selten bei der Behandlung von erwachsenen Patienten mit Hemiplegie eingesetzt (Hummelsheim & Mauritz 1993), obwohl Vojta betont, daß die Behandlung bis zum Ende des Lebens angewandt werden kann (Vojta & Gehrke, 1998). Die Techniken nach Vojta nutzen frühkindlich vorkommende, angeborene Fortbewegungskomplexe, wie zum Beispiel das Reflexkriechen oder das Reflexumdrehen, um den Erwerb oder Wiedererwerb von motorischen Funktionen zu ermöglichen. Während der Behandlung nach Vojta werden in bestimmten Ausgangspositionen durch Stimulation von Auslösezonen mittels kutaner, propriozeptiver oder Muskeldehnreize, Bewegungen oder Haltungsänderungen provoziert, die diesen Basis - Reflexmustern entstammen. Da auch bei einer vorliegenden Hirnschädigung Reflexbewegungen weiterhin auslösbar sind, wird in dem regelmäßigen Auslösen der reflektorischen Bewegungsmuster eine Möglichkeit gesehen, die Bewegungsgrundlage zu verbessern (Mucha, 1999; Hummelsheim & Mauritz, 1993; Schweizer, 1998). REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL 28 Die Methode beruht auf der Annahme, daß diese motorischen Basismuster genetisch bei jedem Menschen im ZNS programmiert und als angeborenes Bewegungsrepertoire vorhanden sind (Feldkamp, 1989). Die motorische Rehabilitation bzw. der Wiedererwerb verlorengegangener motorischer Funktionen baut auf diesen Grundmustern auf. Die Kenntnis der motorischen Ontogenese stellt also eine wichtige Voraussetzung für die Therapie nach Vojta dar (Vojta & Gehrke, 1998). Grundsätzliches Ziel ist es, daß der Patient selber lernt, die entsprechenden Auslösemechanismen so einzusetzen, daß die gewünschten motorischen Funktionen und Bewegungen jederzeit aktiviert werden können (Hummelsheim, 1996c). Hummelsheim und Mauritz (1993) merken jedoch kritisch an, daß die Anwendung der Methode bei erwachsenen Patienten mit zentralen Paresen nur begrenzt möglich ist, obwohl andere Autoren einen Einsatz zur motorischen Rehabilitation für denkbar halten (Schweizer 1998). Das Vojta - Konzept bleibt somit weitestgehend auf die Behandlung von Säuglingen beschränkt, wobei der Methode hier ein hoher Stellenwert zugemessen wird, da diese Frühbehandlung von motorischen Störungen zur Zeit noch ohne echte Alternativen sei (Hummelsheim und Mauritz, 1993; Schweizer, 1998). Andere Autoren kritisieren jedoch schon lange, daß die Vojta - Methode auch zur Frühförderung der motorischen Entwicklung den wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht standhält (Radzun & Schroeder, 1983). c) Rood Die Methode nach Rood ist seit 1956 bekannt und wird zur Aktivierung paretischer Muskelgruppen eingesetzt. Dazu werden an der Haut über den zu aktivierenden Muskeln thermische oder mechanische Stimulationen (kurze Kältereize, Bürstungen der Haut) gesetzt. So wird eine Erregung der Motoneurone dieser unmittelbar darunterliegenden Muskelgruppen erreicht (Hummelsheim & Mauritz, 1993). Eine so erzielte höhere Entladungsbereitschaft der Motoneurone hat, wie bei den neurophysiologischen Grundlagen in Kapitel II.2.2. beschrieben, eine fazilitierende Wirkung auf den Muskeltonus, das heißt es findet eine Bewegungsanbahnung statt. Neben den mechanischen und thermischen Hautreizen werden außerdem noch phasische, also schnelle Muskeldehnungen als propriozeptive Reize eingesetzt. So wird ein verstärkter Fazilitationsreiz für die paretische Muskelgruppe erreicht (Hummelsheim 1994a; 1996c). Da diese Methode jedoch fast ausschließlich in Skandinavien und im angelsächsischen Raum bekannt ist, kommt sie bei der Behandlung von Schlaganfallpatienten im deutschsprachigen Raum wenig bis gar nicht zur Anwendung. REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL 29 d) Brunnstrom Bei der Brunnstrom - Methode kommen verschiedene Fazilitationstechniken zur Anwendung. Am Anfang der Behandlung stehen zentrale Fazilitationstechniken im Mittelpunkt. Während der Patient versucht, die paretische Muskulatur zu bewegen, wird zum Beispiel auf der kontralateralen Seite gleichzeitig ein Widerstand durch den Therapeuten gegeben, so daß es durch Irradiationseffekte (= Erregungsausbreitung) zu erwünschten Massensynergien auf der paretischen Seite kommt. Diese Fazilitation durch kontralaterale Maximalinnervation konnte nach Hummelsheim (1996c) eine Steigerung des Erregungsniveaus der α-Motoneurone der paretischen Muskulatur erzielen. Als neurophysiologische Grundlage kommen hierfür unter anderem intra- und interhemisphärische Verbindungen in Frage. Obwohl es sich bei der Aktivierung der paretischen Muskeln mittels dieser Techniken um grobe Massensynergien im Sinne von assoziierten Reaktionen handelt, werden diese sonst unerwünschten Reaktionen hier vor allem bei komplett plegischen Muskelgruppen therapeutisch eingesetzt, um überhaupt eine Aktivierung zu erreichen. Sobald Funktionsverbesserungen der paretischen Muskulatur aufgetreten sind, sollte im weiteren Behandlungsverlauf durch lokale phasische Haut- oder Muskelreize die Innervation einzelner Muskeln angestrebt werden, um damit individuelle Bewegungen zu ermöglichen. Diese kutane und propriozeptive Stimulation ist nämlich zur Wiederherstellung feinmotorischer Fähigkeiten besser geeignet als zentrale Fazilitationen. Die Methode bezieht auch neuere neuropsychologische Erkenntnisse mit ein, denn es wird während der gesamten Behandlung die Aufmerksamkeit des Patienten mit berücksichtigt, indem der Patient immer wieder aufgefordert wird, sich auf die Bewegungen zu konzentrieren (Hummelsheim, 1994a, 1996c; Hummelsheim & Mauritz, 1993). Ein großer Kritikpunkt an dieser Behandlungstechnik ist die mangelnde Eignung zur Reduzierung des spastischen Muskeltonus. Im Gegensatz wird sogar das Auftreten der assoziierten Reaktionen durch die zentralen Fazilitationsmethoden von Hummelsheim (1996c) deutlich kritisiert, da diese groben Bewegungen das Wiedererlernen des Gehens erschweren und stören können. Auch Perfetti (1997) steht der Aktivierung von Irradiationen zu Therapiezwecken sehr skeptisch gegenüber, denn damit wird die Verstärkung von abnormen Reaktionen riskiert. Selbst Brunnstrom empfiehlt, so schnell wie möglich auf die lokalen Fazilitationstechniken überzugehen (Hummelsheim, 1996c). REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL 30 e) Affolter Das Behandlungskonzept nach Affolter ist ursprünglich aus der Beobachtung hirngeschädigter Kinder entstanden und erst später auf Erwachsene übertragen worden. Die Methode geht von der Annahme aus, daß es für jede Handlung oder Bewegung notwendig ist, mit der Umwelt in Interaktion zu treten und aus der Umgebung dann relevante Information für eine Handlung oder Bewegung abzuleiten (vgl. Kapitel IV 2.). Nur dann sei eine sinnvolle Handlungs- und Bewegungsplanung möglich (Hummelsheim & Mauritz, 1993; Hummelsheim, 1996c; 1994a). Diese Interaktion findet in Form von Wahrnehmung statt, wodurch sie somit zu einem wichtigen Aspekt bei der Bewegungsausführung wird. Unter Wahrnehmung werden dabei alle Prozesse verstanden, die bei der Auseinandersetzung mit den verschiedenen Reizen in einer Situation in Gang gesetzt werden (Affolter, 1983). Diese Aufnahme von Informationen ist z.B. bei Patienten mit Wahrnehmungsstörungen nach einem Schlaganfall unzureichend. Hier setzt das Behandlungskonzept von Affolter an, denn die Methoden sind darauf ausgerichtet, die Kapazität der Informationsaufnahme und -verarbeitung zu erweitern. Während der Patient verschiedene Tätigkeiten aus dem Alltag mit dem Therapeuten durchführt, soll er entsprechende Spürinformationen erhalten und sammeln. Größter Kritikpunkt ist nach Hummelsheim & Mauritz (1993) „die ungeprüfte Übertragung der beim Kind gewonnenen Erkenntnisse auf hirngeschädigte Erwachsene“. So ist es nicht sicher, ob die zugrunde liegenden Annahmen auch bei der Behandlung von erwachsenen Schlaganfallpatienten gültig sind. REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL 31 3. Das Bobath - Konzept Die Behandlung nach Bobath wurde seit 1943 auf experimenteller Basis von Berta und ihrem Ehemann Dr. Karel Bobath entwickelt, wobei die ersten eineinhalb Jahre auf der Arbeit mit erwachsenen Hemiplegikern beruhten. Erst danach wurde die Behandlung immer weiter auf die Probleme zerebralparetischer Kinder ausgerichtet und dann zunächst auch überwiegend in diesem Bereich eingesetzt (Bobath, 1976). Nach dem Krieg verbreitete sich die Methode von London aus schnell über die ganze Welt (Feldkamp, 1989). Erst 1970 wurde ein Buch von Berta Bobath mit dem Originaltitel „Adult Hemiplegia: Evaluation and treatment“ für die Behandlung von hemiplegischen erwachsenen Patienten herausgebracht (Bobath, 1980). 3.1. Neurophysiologische Grundlagen Bei dem Konzept nach Bobath handelt es sich um ein Behandlungsverfahren, welches auch auf neurophysiologischer Grundlage aufbaut. Von Anfang an bestand der Leitgedanke darin, „(...) daß spastische Patienten nicht nur an einem Mangel an Muskelkraft und an Bewegungsarmut leiden, sondern vielmehr an einem Überschuß von abnormalen Haltungs- und Bewegungsformen (...)“ (Bobath, 1976). Die Auffassung der Funktionen des Gehirnes wurde für die Gestaltung der Behandlung nach Bobath richtungsweisend. Das Gehirn wird ebenso wie bei Affolter als Organ der Perzeption und Integration angesehen, welches die Aufgabe hat, Umweltreize und Reize aus dem Körper zu verarbeiten und darauf zu reagieren. Das gesamte ZNS wird also nicht als ein Organ der Aktion, sondern als ein Organ der Wahrnehmung und der Reaktion auf verschiedene Reize verstanden (Zinn, 1986). Das Gehirn wirkt dabei als Einheit, wobei die phylogenetisch neueren Abschnitte in Form einer aktiven Leistung die phylogenetisch älteren Abschnitte in ihrer Aktivität hemmen. Als Basisvoraussetzung für die Behandlung gilt auch hier die Plastizität des Gehirnes, denn Bobath geht davon aus, daß das Gehirn so lange es lebt, lernen kann (Meier-Baumgartner, 1994b). Für eine physiologische Bewegung sind Mechanismen zur Haltungseinnahme und -bewahrung (sog. Haltungsreflexmechanismen oder posturale Reflexmechanismen) notwendig, die drei Voraussetzung haben: • Normaler, variabler Tonus: so wird Haltung möglich und gleichzeitig Bewegung erlaubt • Reziproke Innervation: Agonist und Antagonist spielen harmonisch zusammen • abrufbares Bewegungsrepertoire (Meier-Baumgartner, 1994b). REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL 32 Der normale Haltungsreflexmechanismus beruht nach Bobath auf einer Vielzahl von automatischen Reaktionen. Unter Stellreflexen versteht man zum Beispiel Reaktionen, die die normale Stellung des Kopfes und die Ausrichtung des Rumpfes und der Extremitäten im Raum erhalten. Bei den Gleichgewichtsreaktionen handelt es sich um ebenfalls automatische Reaktionen, die für eine Balance bei allen Tätigkeiten sorgen (Bobath, 1980). Die Haltungsreflexe spielen auch bei der Anpassung der Stärke des Muskeltonus eine große Rolle. Unter physiologischen Bedingungen laufen diese Haltungsanpassungen und ein großer Teil der willkürlichen Bewegungen automatisch und im harmonischen Zusammenspiel ab. Ermöglicht wird dies durch die niederen, subkortikalen und phylogenetisch älteren Zentren des Gehirns (Hirnstamm, Zerebellum,...). Die hier gesteuerten Reflexe unterliegen jedoch zusätzlich der Kontrolle und Hemmung von höher gelegenen Zentren des Gehirns, so daß differenzierte und komplizierte motorische Muster ermöglicht werden (Bobath, 1976). Das Bobath - Konzept geht davon aus, daß bei einer zentralnervösen Schädigung diese automatische Haltungs- und Bewegungssteuerung gestört wird. Als Ursache für die fehlenden automatischen Reaktionen und die abnorm gesteigerten Haltungsreflexmechanismen bei hemiplegischen Patienten wird der Verlust der hemmenden und modulierenden Kontrolle der höherer Zentren des ZNS (v.a. Kortex) auf die niederen Zentren angesehen (Bobath, 1976). Die in den höheren Zentren enthaltenen komplexen Muster und die Fähigkeit zur Inhibition massiver grober Muster gehen also verloren, und zumeist unkontrollierte stereotype Muster der niederen Zentren setzen sich durch (Davies, 1986). In der Folge kommt es zu einer Enthemmung motorischer Reaktionen, zu einer Entdifferenzierung zerebraler Leistungen und zu einem Verlust selektiver Leistungen (Miltner, Forberger, Bauder, Braun, Schugens, Schönle, Mayer, 1994), so daß stereotype Bewegungen z.T. in spastischen Mustern und Massensynergien auftreten. Ebenfalls kommt es zu assoziierten Reaktionen, d.h. zu unwillkürlichen und unkontrollierbaren tonischen Haltungsreaktionen, die sich bei Überforderung in erhöhter Spastizität ausdrücken. Auch die reziproke Innervation, also das synergistische Zusammenspiel von Agonist und Antagonist ist gestört und es kommt statt dessen zu einer reziproken Hemmung mit der Folge von unkontrollierten Bewegungen (Bobath, 1976). Zusammenfassend sieht das Bobath - Konzept die motorischen Störungen des Hemiplegikers also • in der Abnormität des Haltetonus, • in der Störung der reziproken Innervation und • in der Gebundenheit in pathologischen Bewegungsmustern begründet Die oft assoziierten sensorischen Störungen und Wahrnehmungsstörungen verschlechtern zusätzlich das klinische Bild (Feldkamp, 1989; Bobath, 1976). REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL 33 3.2. Grundkonzepte der Behandlung und ihre Entwicklung Als Besonderheit des Behandlungskonzeptes nach Bobath kann auch heute noch das schon von Beginn an postulierte umfassende 24 - Stunden - Management betrachtet werden. Die Behandlung ist also nicht auf die kurzen Zeiten der physiotherapeutischen Übungsstunden beschränkt, sondern findet den ganzen Tag statt (Meier-Baumgartner, 1985). Angefangen bei der Lagerung beinhaltet das Konzept auch Anleitungen zu pflegerischen Aufgaben, zu Lagewechseln, zur Gestaltung des Krankenzimmers, zum Umgang der Angehörigen mit dem Patienten, zur Durchführung von Alltagsaktivitäten und nicht zuletzt ein umfassendes physiotherapeutisches Behandlungsrepertoire (Arendt & Auer, 1992/93; Zinn, 1985). Die Behandlungskonzeption ist somit als eine Philosophie der Hemiplegiebehandlung zu verstehen. Dementsprechend hoch ist der Anspruch an die Behandlungsinstitution: alle Teammitglieder müssen mit diesem Konzept vertraut sein, um die konsequente Umsetzung zu gewährleisten (Meier-Baumgartner, 1994b). Grundsätzlich verfolgt das Konzept nach Bobath zwei Ziele: a) „Minimalisierung des Schadens durch Hemmung der pathologischen Symptome und Bahnung verlorengegangener Funktionen (...)“ b) „Erlernen des Umgangs mit den pathologischen Symptomen und mit der Behinderung“. (Meier-Baumgartner, 1994b). Daraus abgeleitet bestehen die zwei Hauptsäulen des Behandlungskonzeptes nach Bobath zum einen aus der Tonusnormalisierung und zum anderen aus der Bahnung von höher integrierten Funktionen. Die erste Säule kann als Hemmung der abnormalen tonischen Reflexaktivität verstanden werden und die zweite Säule bezieht sich auf die Reizung oder Bahnung von normalen Bewegungsabläufen und selektiven Bewegungen (Miltner et al., 1994; Meier-Baumgartner, 1994b). Es kommen heute jedoch auch noch weitere, neuere Prinzipien der Behandlung zur Anwendung. So wird zum Beispiel das Wiedererlernen der Körpersymmetrie und der Gleichgewichtsreaktionen als wichtig erachtet. Ebenso steht der Integration des Erlernten in Funktionen aus dem Alltag und bei der Lösung von Problemen besondere Beachtung zu (Oberleit & Wagner, 1996). REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL 34 Die ursprüngliche Behandlungskonzeption nach Bobath (die mittlerweile einige Modifikationen und Erweiterungen erfahren hat) wird in einem Vorwort von den Übersetzern prägnant zusammengefaßt: „Sie beruht auf der Fazilitation der physiologischen Stellreaktionen, Gleichgewichtsreaktionen, koordinierten Haltungs- und Bewegungsreaktionen bei gleichzeitigem Versuch der Normalisierung des Haltungstonus und der Hemmung pathologischer Reflexmuster“ (Bobath, 1976). Im Zuge der fortwährenden Weiterentwicklung der Methode traten jedoch die ursprünglich im Mittelpunkt stehenden Stellreflexe zunehmend in den Hintergrund. Zu Beginn der Behandlung erwachsener Patienten mit Hemiplegie war man zunächst ohne empirische Überprüfung davon ausgegangen, daß die beim zentralparetischen Kind gemachten Beobachtungen auch für den hemiplegischen Erwachsenen gelten. Vermittelt durch Rezeptoren in der Halsmuskulatur konnten beim Kind Tonusverschiebungen erzielt und Gleichgewichtsreaktionen ausgelöst werden. Dieser beim Kind beobachtete Einfluß von Kopfbewegungen auf Haltungs- und Stellreflexe von Rumpf und Extremitäten konnte jedoch bei erwachsenen Hemiplegikern nicht bestätigt werden. So setzte sich als Kernidee des Bobath - Konzeptes statt der Nutzung der postduralen Reflexmechanismen immer mehr die Inhibition des spastischen Muskeltonus durch (Hummelsheim & Mauritz, 1993). Doch auch diese dann zeitweise im Vordergrund stehenden Methoden der Inhibition wurden durch einen neuen Fokus in der Behandlung abgelöst, weshalb die auch heute leider noch anhaltende Kritik von einigen Autoren an der falschen Schwerpunktsetzung der Bobath - Therapie (s. Kapitel III 3.4.) zurückgewiesen werden kann. Wie Wagner betont, wird nach dem heutigen Konzeptverständnis keinesfalls die Anbahnung von Funktionen vernachlässigt, sondern „es werden vielmehr Positionen und Aktivitäten gesucht, die Bewegung ermöglichen, ohne daß pathologische Tonuserhöhungen oder synergistische Bewegungsabläufe entstehen, beziehungsweise in späteren Stadien die pathologischen Elemente eliminiert“ (Oberleit & Wagner, 1996). Auch im letzten Jahrzehnt kam es immer wieder zu Veränderung innerhalb des Bobath Konzeptes. Wurden im traditionellen Ansatz noch zentrale Fazilitationstechniken selten oder gar nicht verwandt, hat sich zunehmend die Einsicht durchgesetzt, daß sich mit der ganz bewußten Bewegungsdurchführung, eine sehr effektive Fazilitation erreichen läßt. Die Befürchtung, die bewußte Anstrengung begünstige unweigerlich das Auftreten von assoziierten Reaktionen und erhöhe den Muskeltonus, hat sich also nicht bestätigt. Statt dessen wird immer häufiger die Bewegungsanbahnung unter Anwendung von Alltagsgegenständen zentral fazilitiert (Hummelsheim & Mauritz, 1993). REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL 35 Ebenfalls in den letzten Jahren neu hinzugekommen ist eine weitere Art der Fazilitation: Dabei wird nonverbal über verschiedene sogenannte Schlüsselpunkte entweder ein Einfluß auf Bewegung und Haltung ausgeübt oder Bewegungsübergänge und Lagewechsel initiiert. So können bei gleichzeitiger Hemmung pathologischer Reaktionen und Reflexe über diese Schlüsselpunkte physiologische Bewegungen fazilitiert werden (Oberleit & Wagner, 1996). Die Physiotherapeutin Patricia M. Davies hat in ihrem ersten Buch zur Rehabilitation von Schlaganfallpatienten (Originaltitel „Steps to follow“, 1985) auf der Grundlage des Bobath - Konzeptes eine Reihe von Behandlungsmöglichkeiten beschrieben und zur Weiterentwicklung des Konzeptes beigetragen (Davies, 1986; Ketz et al., 1991). Seit 1990 die englische Originalausgabe des Buches „Right in the middle“ von Patricia M. Davies erschienen ist, gelangte noch ein weiterer Aspekt in den Vordergrund der Behandlung von Schlaganfallpatienten. Wie bei Davies (1991) geschrieben wird, handelt es sich dabei um „die Notwendigkeit, selektive muskuläre Kontrolle im Bereich der Körperabschnitte Becken - Brustkorb - Kopf wiederzuerlangen“. Die Notwendigkeit, die Behandlung mehr auf den Rumpf als Mittelpunkt des Körpers zu legen, entstand aus der Erkenntnis, daß bei dem Verlust selektiver Rumpfaktivitäten auch die Bewegungen der Extremitäten eingeschränkt werden (Davies, 1991). Damit das Schultergelenk frei bewegt werden kann oder ein funktioneller, normaler Gang möglich ist, müssen der obere und untere Rumpfanteil jeweils selektiv mit- und gegeneinander bewegt werden können. So sind die Aufgaben des Rumpfes einerseits in der stabilen Aufrechterhaltung gegen die Schwerkraft zu sehen, aber er muß auch Mobilität zulassen, um die Bewegungen der Extremitäten zu ermöglichen (Oberleit & Wagner, 1996). Es handelt sich hierbei nicht um die Ersetzung früherer Behandlungsmethoden, sondern stellt eine Ergänzung zu ihnen dar. Damit wird die Auffassung deutlich, daß die Behandlung nicht einfach starr festgelegt werden sollte, sondern sich ständig an die Bedürfnisse des Patienten anpassen muß und weiterentwickelt werden sollte (Davies, 1991). REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL 36 3.3. Behandlungsinhalte und -techniken Solange sich das Ehepaar Bobath mit der Behandlung von Schlaganfallpatienten beschäftigte, kritisierten sie das oft praktizierte Vorgehen in der Rehabilitation. Das primäre Ziel dieses Vorgehens, den Patienten so schnell wie möglich unabhängig zu machen, wurde von ihnen deshalb abgelehnt, da oft unter Zuhilfenahme von Gehstöcken eine Kompensationsrehabilitation betrieben wird, die die Potentiale der hemiplegischen Seite von Anfang an ignoriert (Bobath, 1980). Die Behandlung sollte hingegen vermeiden, durch ständige Wiederholung, abnorme Bewegungsabläufe einzuüben und zu manifestieren. Statt dessen sollte die Behandlung dem Patienten dazu verhelfen, sich von Beginn an so normal und ökonomisch wie möglich zu bewegen (Davies, 1986). Alle Techniken sind also darauf ausgerichtet, die betroffene Seite auf den funktionellen Einsatz vorzubereiten. Um diese physiologischen Bewegungen zu ermöglichen, muß den Patienten immer wieder ihre betroffene Seite bewußt gemacht und eine körperliche Integration dieser Seite durch die Übungsbehandlung angestrebt werden. Als ein wichtiges Prinzip gilt dabei, daß während der gesamten Behandlung keine spastischen Muster, Massenbewegungen oder assoziierten Reaktionen provoziert werden dürfen, da dies stets auf eine Überforderung des Patienten hinweist (vgl. Bobath, 1980; Meier-Baumgartner, 1994b; Davies, 1986). Auf diesen grundsätzlichen Überlegungen beruhen die zur Anwendung kommenden Techniken, wobei die unterschiedlichen Techniken als reine Werkzeuge verstanden werden, die je nach Reaktion des Patienten ausgetauscht und variiert werden sollten. Durch die ständige Anpassung der Behandlungstechniken an das Feedback der Patienten, beinhaltet die Behandlung auch viel Experimentieren und gestaltet sich nicht als eine feste Folge von Übungen und Techniken. So ist es selbstverständlich, daß sich das ausgewählte Vorgehen an den unterschiedlichen Stadien der Wiederherstellung des Patienten orientiert. Im anfänglich schlaffen Stadium wird also ein anderes Vorgehen gewählt als im anschließenden spastischen Stadium oder im Stadium der relativen Wiederherstellung (Bobath, 1980). REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL 37 Einen kurzen Überblick über die möglichen Techniken gibt die folgende Auflistung: • Lagerungstechniken, Lagewechsel und Transfer • Erarbeitung der Bewegungen und Kontrolle des Beines und der Rumpfbalance • Mobilisation des Schultergürtels • Erarbeitung des Armstützes und der Kontrolle der Schulter / des Ellenbogens • Schulung der gleichmäßigen Gewichtsübernahme und der Gleichgewichtsreaktionen • Einüben der Stand- und Spielbeinphase und des funktionellen Gehens • Wiedererlernen des bilateralen Einsatzes der Arme und Hände • Greifübungen 3.4. Kritik am Bobath - Konzept Trotz der anhaltenden weit verbreiteten Akzeptanz und Anwendung des Bobath - Konzeptes in der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten wird auch Kritik an diesem Ansatz geübt. Ein Teil der Kritik betrifft die vorliegende Schwerpunktsetzung in der Behandlung. Zum Beispiel äußert sich Hummelsheim (1994a) kritisch gegenüber der unterschiedlichen Gewichtung der Behandlungsinhalte bzw. -ziele. Seinem Eindruck nach wird das Hauptaugenmerk und damit auch die hauptsächliche Behandlungszeit auf die spastikreduzierenden Maßnahmen gelegt. Diese Betonung der Hemmung des Muskeltonus führt seiner Meinung nach jedoch dazu, daß andere wichtige Aspekte der Behandlung vernachlässigt werden. So käme die Anbahnung von Funktionen von paretischen Muskelgruppen, v.a. aber der Hand- und Fingermuskulatur viel zu kurz. Außerdem konnte die noch von Bobath aufgestellte Behauptung, daß die Tonuserhöhung im Antagonisten und nicht die Parese des Agonisten für die Bewegungsstörung verantwortlich ist, nicht belegt werden (Schenk, Mai, Heuer, 1998). Statt dessen zeigten Untersuchungen, daß die mangelnde Aktivität des Agonisten die Bewegungseinschränkungen verursacht. Deshalb wird auch von diesen Autoren vorgeschlagen, den Schwerpunkt der physiotherapeutischen Behandlung auf die Funktionsanbahnung paretischer Muskelgruppen zu legen, statt vorwiegend Hypertonus zu reduzieren. Wie von Wagner und Oberleit (1996) jedoch ausdrücklich betont wird, ist durch die Weiterentwicklung des Bobath - Konzeptes diesem Kritikpunkt längst entgegengewirkt worden (s. Kapitel III 3.2.), weshalb zumindest dort die Kritik unangebracht erscheint, wo nach dem neuesten Stand der Entwicklung des Konzeptes gearbeitet wird. REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL 38 Oftmals wird auch kritisiert, daß die Behandlung nach dem Bobath - Konzept aufgrund des später beginnenden Gehtrainings zu einer mangelnden Selbständigkeit führt. Bisher fehlt es diesem Kritikpunkt allerdings an empirischen Beweisen (Rice-Oxley & TurnerStokes, 1999) und neue Richtlinien der Behandlung sehen außerdem ein frühes Gehtraining vor. Ein weiterer Kritikpunkt ist schwerwiegender, da er sich an die grundlegenden Annahmen des Konzeptes richtet. Bezugnehmend auf neuere Untersuchungen zu den pathophysiologischen Grundlagen der Spastik hält Dietz (1990) die neurophysiologische Basis, auf der unter anderem das Bobath - Konzept beruht, für veraltet. Seiner Meinung nach sind die früheren Analysen von Reflexmechanismen nicht mehr haltbar, so daß die daraus resultierenden Behandlungsansätze in ihrer Durchführung und Anwendung fragwürdig erscheinen. Dietz verweist auf Untersuchungen, die zeigen, daß kein Zusammenhang zwischen gesteigerten Reflexen und spastischen Bewegungsstörungen nachgewiesen werden konnte. Deshalb wird die Herabsetzung der gesteigerten Reflexe als Therapie der Spastik bzw. der resultierenden Bewegungsstörung angezweifelt. Auch bei Schenk et al. (1998) wird darauf hingewiesen, daß statt der Verfahren, die auf veralteten, reflexorientierten Modellen der Bewegungskontrolle beruhen, moderne Modelle der Bewegungskontrolle bevorzugt werden sollten, bei denen das Üben spezifischer Aufgaben im Vordergrund steht. Diese Kritikpunkte, nach denen die neurophysiologischen Grundlagen des Konzeptes zum Teil in Frage gestellt werden, sind bisher noch nicht widerlegt worden. Es ist also die Aufgabe der wissenschaftlichen Rehabilitationsneurologie, gesicherte Erkenntnisse über die physiologischen Mechanismen zu erbringen, die bei der physiotherapeutischen Behandlung nach Bobath tatsächlich wirksam werden (Hummelsheim & Mauritz, 1993). REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL 39 4. Evaluation der Rehabilitation 4.1. Effektivität der Rehabilitation und Physiotherapie Ausgehend von der Tatsache, daß ungefähr die Hälfte aller Patienten, die den Schlaganfall überlebt haben, einer rehabilitativen Therapie bedürfen (Ketz, 1991; Singer, 1987), sehen Miltner et al. (1994) einen großen Bedarf darin, wirksame und kostengünstige Rehabilitationsmaßnahmen aufzuzeigen. Gerade auch im Hinblick auf die allgemeinen medizinischen Einsparungen in den letzten Jahren und die weiterhin zu erwartenden knapper werdenden Ressourcen, weisen einige Autoren darauf hin, daß die Evaluation und Qualitätssicherung etablierter Rehabilitationskonzepte erforderlich sei (Helbig et al., 1997; Heinemann et al., 1998). Doch gerade hier fehlen Studien zur Effektivität verschiedener Formen der Therapie und Rehabiliation. Vor allem bei den physiotherapeutischen Behandlungskonzepten wird die empirische Validierung eher als unzureichend bezeichnet (Miltner et al., 1994). Es ist also verständlich, daß sich der Ruf nach vermehrten Untersuchungen zur Wirksamkeit der rehabilitativen Behandlung verstärkte und auch gegenwärtig anhält, damit durch den Vergleich verschiedener physiotherapeutischer Ansätze jeweils deren spezifischen Therapieeffekte nachweisbar werden (Mauritz & Hömberg, 1991) und unwirksame Maßnahmen zugunsten von effizienten Verfahren aus dem Rehabilitationsprogramm gestrichen werden (Krause et al., 1998). Bislang wurden verschiedene Studien durchgeführt, die zunächst einmal den generellen Nutzen von Rehabilitationsmaßnahmen überprüfen sollten. Ebenso dienten sie der Suche nach Faktoren, die den Rehabilitationsverlauf beeinflussen. Eine von Krause et al. (1998) durchgeführte Studie, mit dem Ziel den Rehabilitationserfolg einer Anschlußheilbehandlung bzgl. körperlicher Behinderung und neurologischer Defizite zu messen, zeigte hier durchaus positive Ergebnisse: In allen gemessenen neurologischen Bereichen konnten hochsignifikante Verbesserungen verzeichnet werden. Vor allem die Dauer der Rehabilitation als auch die Anwendungshäufigkeit der Physio- und Ergotherapie übten dabei einen signifikanten Einfluß auf die Verbesserungen der körperlichen Beeinträchtigungen aus. Eine weitere Studie von Bülau, Fuger und Horn (1994) hat sich ebenfalls mit den therapeutischen Effekten einer neurologischen Rehabilitation bei Schlaganfallpatienten beschäftigt. Sie zeigte deutliche Therapieeffekte der stationären Rehabilitation, die u.a. Physio- und Ergotherapie umfaßte, wobei sich zusätzlich eine Überlegenheit der stationären Behandlung im Vergleich zur ambulanten Versorgung ergab. REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL 40 Auch bei älteren Schlaganfallpatienten fanden sich im Rehabilitationsverlauf signifikante Verbesserungen, die v.a. die Aktivitäten des täglichen Lebens und den Bereich der Mobilität betrafen (Harlacher, Pientka, Füsgen, 1999). Es konnte auch die Effizienz der stationären Rehabilitation im Hinblick auf Langzeiteffekte nachgewiesen werden. Davidoff, Keren, Ring und Solzi (1991) stellten in einer Follow-up Studie fest, daß die während der stationären Behandlung erzielten Erfolge auch noch ein Jahr danach erhalten waren. Da jedoch in diesen Studien die Physio- und Ergotherapie als Gesamtheit betrachtet wurde und die physiotherapeutischen Behandlungen nicht nach Behandlungsmethoden getrennt erfaßt wurden, läßt sich nur die Effizienz dieser Therapien allgemein ableiten. Es können aber noch keine Aussagen über die Effizienz der einzelnen unterschiedlichen Behandlungsmethoden getroffen werden (Krause et al., 1998). 4.2. Physiotherapeutische Methoden im Vergleich Konkrete Vergleichsstudien zum Wirkungsnachweis einzelner Methoden wurden bereits zum Beispiel für die Vojta - Therapie (vgl. Mucha, 1999) und das Bobath - Konzept durchgeführt. Da die Behandlung nach Vojta bei der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten, wie bereits erwähnt, kaum zur Anwendung kommt, sollen hier nur die Ergebnisse zur Wirkung des Bobath - Konzeptes dargestellt werden. Obwohl die neurophysiologischen Prinzipien der Behandlung nach Bobath bis heute noch ohne ausreichende experimentelle Überprüfung sind, wird im allgemeinen von dieser Behandlung ein zumindest qualitativ besseres Rehabilitationsergebnis erwartet als von konventionellen Behandlungen, bei denen die Kompensation und nicht die Regeneration verlorener Funktionen im Vordergrund stehen. Um zu klären, ob hierzu eine berechtigte Veranlassung besteht, werden Evaluationsstudien zum Bobath - Konzept betrachtet und analysiert (vgl. Ashburn, Partridge, De Souza, 1993; Mucha & Scholler, 1998; Ernst, 1990): Dickstein, Hocherman, Pillar und Shaham (1986) führten eine Vergleichsstudie zwischen konventioneller Physiotherapie, der Behandlung nach Knott / Voss sowie dem Bobath - Konzept durch. Es wurden insgesamt 131 Patienten, in drei Gruppen aufgeteilt, sechs Wochen lang nach den verschiedenen Methoden behandelt. Einmal pro Woche wurde u.a. der Barthel - Index, der Muskeltonus sowie die Gehfähigkeit überprüft. REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL 41 Nach sechs Wochen zeigten sich keine Gruppenunterschiede. Die Gehfähigkeit war zwar nach vier Wochen zunächst in der Gruppe mit konventioneller Behandlung am besten, und in der Bobath - Gruppe am schlechtesten. Da sich diese Unterschiede jedoch in der sechsten Woche ausgeglichen haben, kann nicht von einer Überlegenheit einer Methode bei der Mobilisation ausgegangen werden. ♦ Insgesamt wurden trotz der Unterschiede in Theorie und Praxis der drei Methoden keine Unterschiede bezüglich des Behandlungserfolges in den gemessenen Kriterien festgestellt. In einer Studie von Lord und Hall (1986) wurden Langzeitwirkungen der traditionellfunktionellen Behandlung und des Bobath - Konzeptes verglichen. Vor allem Mobilisationsfertigkeiten und Funktionsleistungen der oberen Extremität wurden in den beiden Behandlungsgruppen bei insgesamt 39 Patienten retrospektiv (acht Monate nach Aufnahme) erfaßt. Nachweisbare Gruppenunterschiede in den erzielten Fertigkeiten und Leistungen konnten nicht festgestellt werden. Auffällig war jedoch, daß bei demselben Endergebnis die Patienten in der Bobath - Gruppe deutlich länger stationär behandelt wurden als die konventionelle Gruppe (64 vs. 24 Tage). ♦ Insgesamt konnte also auch bei den Langzeitergebnissen keine Überlegenheit des Bobath - Konzeptes festgestellt werden. Basmajian et al. (1997) verglichen die Therapie nach Bobath mit einer EMG Biofeedback - Methode (mit integrierter Verhaltenstherapie) bezüglich der Funktionsentwicklung der oberen Extremität. Es nahmen 29 Patienten in zwei Gruppen an der Untersuchung über fünf Wochen teil und es wurde vor und nach Übungsbeginn bei jedem Patienten der Funktionsstatus der oberen Extremität mit verschiedenen Instrumenten erhoben. ♦ Es zeigten sich bei allen Patienten Funktionsverbesserungen, wobei insgesamt keine statistisch signifikante Überlegenheit einer der beiden Methode gefunden wurde. Eine experimentelle Fallstudie mit sieben Patienten führten Waagenaar et al. (1990) durch. Sie verglichen die Behandlungen nach Bobath und Brunnstrom, um die unterschiedliche Effizienz im Hinblick auf die funktionelle Wiederherstellung zu überprüfen. Dabei erhielten alle Patienten beide Behandlungsverfahren für insgesamt 20 Wochen, wobei jede Methode jeweils fünf Wochen im Wechsel angewandt wurde. Am Ende jeder Behandlungsphase wurde der Erfolg u.a. mittels Barthel - Index und der Analyse des Gangbildes durchgeführt. ♦ Nur bei wenigen Gangparametern eines Patienten konnte eine Überlegenheit der Brunnstrom - Methode nachgewiesen werden. Ansonsten ergaben die Ergebnisse keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Interventionsansätzen. REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL 42 Sunderland et al. (1992; 1994) führten eine Untersuchung zum Vergleich der Bobath Methode mit einer erweiterten Physikalischen Therapie (inkl. EMG- Biofeedback) durch. Anhand einer umfangreichen Testbatterie wurden die therapeutischen Effekte der beiden Ansätze bei 137 Patienten untersucht. Die Gruppe mit der erweiterten Physikalischen Therapie zeigte einen besseren Erholungsverlauf und in einigen Tests bessere Armfunktionen. Der Barthel - Index und die Gehfähigkeit ergaben keine Unterschiede. ♦ Es scheint also insgesamt einen spezifischen Effekt der erweiterten Physikalischen Therapie auf die Armfunktion zu geben. Allerdings konnten in einer Follow-up Studie, an der 97 Patienten aus der ursprünglichen Studie teilnahmen, diese Effekte nach einem Jahr nicht mehr nachgewiesen werden. Nakayama et al. (1994) überprüften die Hypothese, daß die Bobath - Methode die Funktionsfähigkeit der oberen Extremität nicht verbessern kann. Bei 115 nach Bobath behandelten Patienten wurde am Ende des Krankenhausaufenthaltes die motorische Verbesserung der oberen Extremität getestet. Bei 64 Patienten blieb die Arm- und Handparese unverändert. ♦ Es zeigt sich nur eine geringe funktionelle Wirkung der Bobath - Methode auf den Arm und deshalb schlußfolgern die Autoren, daß eher Kompensationstechniken in den Vordergrund der Behandlung gestellt werden sollten. Lincoln, Parry und Vass (1999) untersuchten bei 282 Patienten, ob eine Erhöhung der Anwendungshäufigkeit und des Umfanges der Behandlungen nach Bobath die Erholung der Armfunktionen verbessern kann. Nach fünfwöchiger Therapiezeit wurden bei der Gruppe mit vermehrter Behandlung und der Gruppe mit gewöhnlicher Behandlungsfrequenz die Funktionen der oberen Extremität gemessen und verglichen. ♦ Auch durch die intensivere Behandlung nach Bobath konnte keine signifikante Verbesserung bei der Erholung der Armfunktionen festgestellt werden. Eine weitere Studie zur Überprüfung der Wirkung des Bobath - Konzeptes auf den paretischen Arm wurde von Bütefisch et al. (1995) durchgeführt. Sie gehen davon aus, daß ein spezifisches Bewegungstraining zur funktionellen motorischen Regeneration der oberen Extremität besser geeignet sei als die Behandlung nach Bobath. Dies begründen sie mit der Vorstellung, daß nach Bobath die willkürliche Innervation der Arm- und Handmuskulatur zugunsten der tonusreduzierenden Maßnahmen vermieden wird. (Anmerkung: die Modifizierung des Behandlungskonzeptes scheint bei dieser Studie nicht berücksichtigt worden zu sein. Vgl. Kapitel III 3.4.). ♦ Durch das spezifische Bewegungstraining, in dem Bewegungswiederholungen im Vordergrund standen, konnten im Gegensatz zur Bobath - Behandlung Verbesserungen der funktionellen Kapazität der oberen Extremität festgestellt werden. REHABILITATION NACH SCHLAGANFALL 43 4.3. Zusammenfassung des Forschungsstandes Bezüglich der Bobath - Methode muß zunächst festgehalten werden, daß alle Studien unterschiedliche Hypothesen in Bezug auf dieses Konzept prüfen. Ebenso schmälern methodische Mängel der einzelnen Studien die Aussagekraft der Ergebnisse (Ashburn et al., 1993). Dessen ungeachtet läßt sich zusammenfassen, daß die Behandlung nach Bobath in keiner Untersuchung zu überlegenen Effekten auf den Rehabilitationsverlauf geführt hat. Im Gegensatz scheinen einige Studien sogar darauf hinzuweisen, daß der Einsatz der Methoden nach Bobath eher zu einer längeren Behandlungsdauer und einer Verzögerung der Selbständigkeit der Patienten führt. Es bleibt allerdings ungeklärt, inwieweit diese Effekte auf eine veraltete oder mißverstandene Anwendung des Behandlungskonzeptes zurückgeführt werden können (Mucha & Scholler, 1998). Eine solche Vermutung liegt angesichts der in der Literatur immer wieder zu findenden nicht mehr aktuellen Darstellung des Konzeptes und dessen Anwendung nahe. Bei der Rehabilitation des paretischen Armes und der Hand belegen die bisherigen Evaluationsstudien insgesamt nur einen geringen Erfolg. Allerdings wird von verschiedenen Autoren die Verwendung von inadäquaten Erhebungsinstrumenten kritisiert. Vor allem im Bereich der Armfunktionen zeigten die ausgewählten Skalen sehr oft einen Mangel an Sensitivität zur Erfassung von geringen Funktionsverbesserungen (Wade, Langton-Hewer, Wood, Skilbeck, Ismail, 1983). Daher ist nicht klar, ob es tatsächlich keine Fortschritte bzgl. der funktionellen Erholung des betroffenen Armes bei den einzelnen Behandlungsverfahren gab, oder ob lediglich die Meßverfahren nicht in der Lage sind, diese Verbesserungen zu erfassen. Immerhin belegt die empirische Forschung zweifelsfrei, daß die physiotherapeutische Rehabilitation zu Verbesserungen des funktionellen Status bei Schlaganfallpatienten führen kann, welche über das Maß einer spontanen Erholung hinausgehen (Ernst, 1990; Ashburn et al., 1993). Allerdings kann nach heutigem Wissen nach wie vor noch keine Methode als die optimale Methode für Schlaganfallpatienten angesehen werden. Die vorliegenden Ergebnisse der bisherigen Studien zum Vergleich der Wirksamkeit verschiedener physiotherapeutischer Verfahren lassen sich sehr ernüchternd zusammenfassen: Keine Methode ist hinsichtlich der Behandlungsergebnisse bei Patienten mit zentraler Lähmung einer anderen überlegen (Hummelsheim, 1996d; Dietz, 1990; Ernst, 1990). Es spielt keine Rolle, welches Verfahren zur Behandlung ausgewählt wird, da sich mehrere Formen der Physiotherapie bei Schlaganfall als wirksam erwiesen haben (Ashburn et al., 1993). Weiterhin bleiben also die kritischen Faktoren, welche über den Erfolg oder Mißerfolg einer physiotherapeutischen Behandlung entscheiden, ungeklärt (Schenk et al., 1998). KOGNITIV – THERAPEUTISCHE ÜBUNGEN 44 Kapitel IV: Kognitiv - therapeutische Übungen 1. Einleitung Bei diesem Behandlungskonzept handelt es sich um einen neueren Therapieansatz, der von dem italienischen Neurologen Prof. Carlo Perfetti speziell für Schlaganfallpatienten entwickelt wurde. Er begann 1970 mit der Erarbeitung dieses neuen Verfahrens zur Rehabilitation, da er mit den bisherigen Therapieergebnissen anderer Methoden unzufrieden war. Vor allem die mangelhafte Wiederherstellung der Arm- und Handfunktionen des paretischen Armes veranlaßte ihn zu einer intensiven Erforschung der gesunden Funktionen der oberen Extremität, um zu überprüfen, ob die funktionelle Erholung der Hand verbessert werden könnte. So entstand ein gänzlich neuer Behandlungsansatz, der ebenso wie das Bobath - Konzept auf einem philosophischen Hintergrund begründet ist (Oberleit, 1996). KOGNITIV – THERAPEUTISCHE ÜBUNGEN 45 2. Neurophysiologische und -psychologische Grundlagen In der Geschichte der Rehabilitation sind verschiedene Rehabilitationstheorien aufgestellt worden, deren Richtlinien jeweils die Behandlung bestimmen (Perfetti, 1997). Das Konzept von Perfetti basiert auf einer jungen philosophischen Richtung, die zugleich auch die Grundlage der Forschung Perfettis bildete. Diese neue Philosophie, mit der Namen wie Lurija, Sachs, Popper und Piaget verbunden sind, hatte als zentrales Thema die Fragen: „Was ist der Mensch? (...) Was bedeutet die Bewegung für den Menschen? (...) Wozu dient die Bewegung? (...) Was ist eine Bewegung? (...)“ (Oberleit, 1993). Auch die Bedeutung der nicht sichtbaren Elemente, wie Aufmerksamkeit, Intention, Gedächtnis und Wahrnehmung versuchte man zu erkennen (Oberleit, 1996). So entwickelte sich die Systematische Anschauungsweise, die sich der mechanistischen und reflexorientierten Anschauungsrichtung gegenüberstellte. Aus dieser neuen Sicht wird eine Bewegung weder als Summe vieler Muskelkontraktionen (mechanistische Sicht) noch als Reflexantwort (reflexorientierte Sicht) betrachtet. Vielmehr wird die Bewegung als ein kognitiver Prozeß verstanden, der zur Erreichung eines bestimmten Zieles aktiviert wird. Diese Erkenntnisse ergeben für die Praxis neue Richtlinien: Die Behandlung soll sich nicht mehr auf einzelne Muskeln oder Reflexe beziehen, sondern den Menschen als Ganzes betrachten, „ (...) dessen System durch eine Läsion desorganisiert ist.“ (Oberleit, 1993). Die Reorganisation des zentralen Nervensystems ist also die Hauptaufgabe der Rehabilitation (Oberleit, 1996), wobei Perfetti darunter einen Lernprozeß unter pathologischen Bedingungen versteht (Perfetti, 1997). Das Konzept beruht außerdem auf den neuesten neurophysiologischen und neuropsychologischen Erkenntnissen, die sich in dem Aufbau und der Auswahl der Behandlungstechniken und Übungen niederschlagen (Oberleit, 1996). Das vorhandene Grundlagenwissen wird also in den therapeutischen Übungen direkt umgesetzt, so daß die Therapieergebnisse als Prüfung für die theoretischen Konzepte herangezogen werden können (Conti, 1995). Die Forderung, die Hummelsheim und Mauritz (1993) an die wissenschaftliche Rehabilitationsneurologie stellen, wird deshalb hier sogar noch übertroffen. Es werden nicht nur neurophysiologische Grundlagen in die physiotherapeutischen Behandlungsstrategien einbezogen, welches die Autoren fordern, sondern die Therapie dient gleichzeitig als Hypothesenprüfung für die Grundlagen. Das Behandlungskonzept nach Perfetti stagniert also niemals, sondern wird immer wieder nach den neuesten Erkenntnissen und individuell nach den Bedürfnissen des Patienten modifiziert und weiterentwickelt (Oberleit, 1996; 1993). KOGNITIV – THERAPEUTISCHE ÜBUNGEN 46 Die Kenntnis neurophysiologischer und -psychologischer Hintergründe ist laut Perfetti eine Voraussetzung dafür, dem Patienten ein Wiedererlernen unter pathologischen Bedingungen und die Reorganisation des ZNS zu ermöglichen. Nur wenn die Arbeitsweise des intakten Gehirnes bekannt sei, können die Vorgänge in einem desorganisierten System verstanden und durch die Behandlung positiv beeinflußt werden. Das heißt, nur wenn bekannt ist wie eine Bewegung unter physiologischen Bedingungen entsteht, können diese Mechanismen auch unter pathologischen Bedingungen erarbeitet werden. Besonderes Forschungsinteresse galt der Hand, der Wahrnehmung, der Aufmerksamkeit und der Spastizität: a) Die Hand Perfetti geht davon aus, daß bisher bei der Rehabilitation der Hand nicht die richtigen Informationen verwendet wurden und deshalb der Erfolg bei der Behandlung mit den traditionellen Methoden ausbleibt. Er ist überzeugt, daß man dem Patienten taktile Informationen anbieten muß, um dadurch differenziertere Handfunktionen zu erreichen. Diese Vorgehensweise entspringt der Überlegung, daß die Hand als ein Organ des Tastsinnes aufzufassen ist. In den siebziger Jahren war dieser Rückgriff auf die taktile Wahrnehmung zur motorischen Rehabilitation allerdings höchst ungewöhnlich, ging man doch nicht davon aus, daß der Tastsinn eine bedeutende Rolle bei der Bewegungsorganisation spielt. Die verbesserten Behandlungsergebnisse sprachen dennoch für die Hypothese, daß die taktilen Afferenzen zur Bewegungskontrolle beitragen könnten (Oberleit & Wagner, 1996). Erst 1982 wurden von Strick und Preston die zugrunde liegenden neurophysiologischen Erklärungen dafür geliefert. Sie konnten zeigen, daß im primär motorischen Areal (Area 4) die Bewegungen der Hand nicht lediglich einmal, wie bisher in der homunculären Theorie von Penfield und Rasmussen angenommen, sondern mindestens zweimal repräsentiert ist (Perfetti, 1997; Kolb & Whishaw, 1993). Auch Wiesendanger sieht in der homunculären Theorie kein adäquates Modell der Bewegungsrepräsentation (Wiesendanger, 1995). Es ist vielmehr von mindestens zwei Repräsentationen auszugehen, wobei eine der Kontrolle von Muskel- und Gelenkafferenzen (kinästhetische Afferenzen) unterliegt, zum Beispiel bei der Streckbewegung des Zeigefingers beim Zeigen. Die zweite Repräsentation derselben Bewegung wird über taktile Afferenzen kontrolliert und dann aktiviert, wenn der Zeigefinger gestreckt wird um damit eine Oberflächenstruktur zu ertasten. Die therapeutischen Übungen werden deshalb so gestaltet, daß die Hand zur Erkennung von taktilen Informationen gezwungen wird, um so die taktile Repräsentation dieser Bewegung zu aktivieren (Perfetti, 1997) und neue Bewegungsprogramme zu erstellen (Hummelsheim & Mauritz, 1993). KOGNITIV – THERAPEUTISCHE ÜBUNGEN 47 b) Wahrnehmung / Sensibilität In dem Behandlungskonzept von Perfetti wird die Beziehung zwischen Wahrnehmung / Sensibilität und Bewegung stark betont. Begründet ist dies in der Annahme, daß Bewegungen und Wahrnehmungen in einem ständigen Feedback - Kreislauf stehen. Durch die Bewegung wird einerseits Kontakt mit der Umwelt hergestellt und anhand von verschiedenen Afferenzen kommt das Gehirn so zu Informationen. Diese wiederum ermöglichen das Entstehen von Bewegungen. Wird dieser Kreislauf unterbrochen oder gestört, werden physiologische Bewegungsabläufe verhindert (Oberleit, 1993; 1996; vgl. Kapitel II 6.1.). Lurija (1992) schreibt dazu: „Die motorische Handlung kann nur dann in angemessener Weise erfolgen, wenn ein (...) System afferenter Synthesen vorhanden ist. Eine ständige Zufuhr afferenter Informationen ist schließlich für die erfolgreiche Verwirklichung der letzten Komponenten jeder Willkürbewegung, nämlich der Überprüfung des Bewegungsverlaufs und der Berichtigung aller Fehler, unerläßlich.“ Das therapeutische Vorgehen muß demzufolge darauf gerichtet sein, den unterbrochenen Kreislauf zu reaktivieren (Oberleit, 1993). c) Aufmerksamkeit Das wichtigste Instrument in der Rehabilitation ist der Lernprozeß. Ein physiologisches Bewegungsverhalten läßt sich nur über diese organisierten Prozesse erreichen. Als unerläßliche Voraussetzung für das Lernen gilt die Aufmerksamkeit des Patienten, da sie für die kognitiven Prozesse und die Reorganisation von motorischen Arealen im Gehirn eine entscheidende Rolle spielt (Oberleit & Wagner, 1996; Oberleit, 1993). Ein taktiler Reiz der Handinnenfläche zum Beispiel führt bei einem unaufmerksamen Patienten zu einer Tonuserhöhung, während sich der Tonus normalisiert, wenn sich der Patient auf den Reiz konzentriert (Oberleit, 1996). Reize aus der Umwelt werden also, je nach Aufmerksamkeit des Patienten, unterschiedlich beantwortet. Auch für die Wahrnehmungsschulung spielt die Aufmerksamkeit eine große Rolle. So konnte in Experimenten mit Affen gezeigt werden, daß kortikales Lernen nur bei entsprechender Aufmerksamkeitsfocussierung auf die Aufgabe möglich ist: Hatte der Affe die Aufgabe, taktile Reize mit dem Zeigefinger zu unterscheiden, zeigte sich nach wiederholter Durchführung dieser Diskriminationsaufgabe, daß das Gebiet des Zeigefingers im primär motorischen Areal an Größe zugenommen hatte. Eine Vergrößerung konnte hingegen nicht durch reine taktile Stimulation ohne aktive Aufmerksamkeit erzielt werden (Oberleit & Wagner, 1996). KOGNITIV – THERAPEUTISCHE ÜBUNGEN 48 Für das Erarbeiten von Informationen und die Organisation von Bewegungen, bzw. für das Wiedererlernen unter pathologischen Bedingungen, ist die Aufmerksamkeit von immanenter Bedeutung (Perfetti, 1997; Oberleit, 1993; 1996). Perfetti (1997) zufolge, steht die Rehabilitation in direktem Zusammenhang mit der Aktivierung von kognitiven Prozessen, wobei die Qualität der Wiederherstellung von dem fehlerfreien Ablauf dieser Prozesse abhängt. Die Hinwendung der Rehabilitation zum ZNS macht es erforderlich, die Aufmerksamkeit des Patienten mit zu berücksichtigen. d) Spastizität Nach heutigem Wissen werden vier elementare Komponenten des spezifischen Defizits bei Hemiplegiepatienten unterschieden (Perfetti, 1997; Oberleit, 1996; Conti, 1995): Abnorme Reaktion auf Dehnung: Durch die fehlende kortikale Hemmung beim Hemiplegiker kommt es zu einer deutlichen Herabsetzung der Reizschwelle des physiologischen Dehnungsreflexes. Daher kommt es schon bei einer geringen oder langsamen Dehnung eines Muskels zur Auslösung des Reflexes und damit zur Kontraktion dieses Muskels. Schon der Versuch, den Ellenbogen eines Patienten passiv zu strecken, kann zu einer Kontraktion der Beugemuskulatur führen. Abnorme Irradiation: Von Irradiation spricht man dann, wenn die willkürliche Anspannung einer Muskelgruppe zu einer unwillkürlichen Anspannung einer anderen Muskelgruppe führt. Abnorm ist diese Erregungsausbreitung, wenn sie mit hoher Intensität auftritt, immer dieselbe Muskelgruppe betrifft und unfunktionell ist. Diese Störung der selektiven Weiterleitung des synaptischen Inputs wird durch mangelnde kortikale Impulse bedingt. Synergistische Schemata: Schlaganfallpatienten zeigen oft ein auf grobmotorische Schemata begrenztes motorisches Repertoire, da ein extremer Mangel an verfügbaren Schemata vorliegt. Diese pathologischen Synergien sind sehr leicht aktivierbar, aber ermöglichen kaum eine Interaktion mit der Umwelt, da sie immer gleich ablaufen und keine Wahrnehmung erlauben. Defizit der Muskelrekrutierung: Die Aktivierung der Muskulatur ist bei Schlaganfallpatienten sowohl qualitativ als auch quantitativ verändert. Die Fähigkeit, die Kontraktionsintensität verschiedener Muskeln zu regulieren, indem Anzahl und Entladungsfrequenz der aktivierten motorischen Einheiten verändert wird, ist gestört. Dadurch ist die Ausführung hochentwickelter motorischer Aufgaben stark reduziert. KOGNITIV – THERAPEUTISCHE ÜBUNGEN 49 3. Grundkonzepte der Behandlung Aus den aufgeführten und erläuterten neurophysiologischen Erkenntnissen ergeben sich verschiedene Implikationen für das Therapiekonzept und die Behandlungsgestaltung nach Perfetti. Die wesentlichen Merkmale und Kerngedanken werden im folgenden dargestellt: Ein grundsätzliches Ziel der Behandlung ist die Verminderung aller Faktoren, die eine ungünstige Reorganisation des ZNS bewirken. Es ist daher im Bestreben jedes Therapeuten, dem Patienten die notwendigen Lernprozesse zu ermöglichen und ihn nicht einer spontanen Heilung zu überlassen (Perfetti, 1997; Oberleit, 1993). Die bewußte Schulung der Wahrnehmung hat in dem Konzept von Perfetti deshalb einen großen Stellenwert, da erst dann wieder physiologische Bewegungsabläufe möglich sind, wenn das ZNS den gesamten Körper wieder als wahrnehmende / rezeptorielle Oberfläche nutzen kann. Aus diesem Grund werden viele Übungen mit geschlossenen Augen durchgeführt. Dadurch werden den kinästhetischen und taktilen Afferenzen der Vorzug gegeben und die Aufgabenlösung kann nicht mit Hilfe visueller Informationen erfolgen (Oberleit & Wagner, 1996; Perfetti, 1997). Eine Untersuchung von Johansson, Lindgren, Widner und Wiklund (1993) bestätigt, daß sensorische Stimulation die motorische Regeneration beschleunigen kann. Bei der Rehabilitation der paretischen Hand gilt als Richtlinie, daß der Patient bei der Bewegungsausführung nicht auf alte Bewegungsmuster zurückgreifen soll, da hierdurch zumeist keine physiologischen Bewegungen sondern vorwiegend assoziierte Reaktionen ausgelöst werden. Ein Rückgriff auf motorische Muster, die vor der Hirnläsion zur Verfügung standen, ist deshalb zu vermeiden. Statt dessen sollen ganz neue Bewegungsprogramme erstellt werden. Die unerwünschten Reaktionen können durch Bewegungen verhindert werden, die vornehmlich die Aufnahme von sensiblen Informationen zum Ziel haben und so ganz neue Bewegungsstrategien entwickelt werden können. Zusätzlich dient die dadurch provozierte Aufmerksamkeitsfocussierung der Senkung des erhöhten Muskeltonus (Hummelsheim & Mauritz, 1993). Da eine Bewegung ohne Ziel und ohne Informationsaufnahme für das Gehirn keinen Sinn ergibt, kann sie keinen Lerneffekt bewirken. Deshalb ist es für die Therapie unerläßlich, mit jeder Bewegung eine Aufnahme von Information anzustreben, womit die Bewegung als Mittel zum Erkennen eingesetzt wird. KOGNITIV – THERAPEUTISCHE ÜBUNGEN 50 Dies ist ein weiteres wichtiges Merkmal des Konzeptes nach Perfetti: Es wird keine Bewegung ohne ein konkretes Ziel durchgeführt und den Patienten werden mit jeder Übung Aufgaben gestellt, die sie nur mit Hilfe von taktilen oder kinästhetischen Informationen lösen können. Rehabilitation wird also als Lernvorgang angesehen, bei dem jede Übung eine kognitive Leistung verlangt. Auch Platz et al. (1994) betonen den problemlösenden Aspekt einer Bewegung, der zur Bewältigung von räumlichen Aufgaben wichtig wird. Der Lernprozeß von neuen motorischen Bewegungsmustern wird als optimale motorische Lösung für ein bestehendes räumliches Problem angesehen. Aus dem Verständnis der Spastizität haben sich neue therapeutische Konsequenzen ergeben. Die Spastizität wird nicht mehr als ein globaler Komplex behandelt, sondern jedes der vier pathologischen Elemente wird aufgrund der unterschiedlichen neurophysiologischen Ursachen separat betrachtet. Mittels verschiedener Übungstypen (s. Kapitel IV 3.) soll der Patient lernen, die pathologischen Komponenten mit Hilfe seiner kognitiven Fähigkeiten zu kontrollieren. Es steht also nicht mehr der Therapeut im Mittelpunkt, der hemmend oder bahnend eingreift, sondern der Patient soll selbst über die kognitive Ebene auf die Bewegungsstörung einwirken. Eine prägnante Zusammenfassung gibt ein Zitat von Conti (1995): „Die aktive Aufnahme von Informationen und deren bewußte Verarbeitung durch das `System Mensch` auf Wegen, die der spezifischen Pathologie des Patienten angepaßt sind, gehören zu den Kerngedanken der therapeutischen Übungen nach Perfetti. Dieser Prozeß des Erkennens durch aktive Interaktion mit der Umwelt wird in ein strukturiertes Lernprogramm eingebaut, so daß der Patient Bewegungen wiedererlernt, die anpassungsfähige und flexible Verhaltensakte erlauben“. KOGNITIV – THERAPEUTISCHE ÜBUNGEN 51 4. Behandlungsinhalte und Übungen Der gesamte Übungsaufbau beruht auf der Annahme, daß die Bewegung das letzte Glied einer komplexen Bewegungskette ist, und erst dann wieder physiologisch ausgeführt werden kann, wenn alle vorherigen Schritte dieser Kette wieder reaktiviert wurden. Deshalb wird bei den sogenannten Übungen ersten Grades zunächst nur der kinematische Gesichtspunkt einer Bewegung (Weg einer passiven Bewegung) rekonstruiert, und erst mit den Übungen zweiten Grades wird die dynamische Komponente (die für eine Bewegung notwendige Kraft) aktiviert. Wie Kalaska zeigen konnte, werden diese beiden Aspekte einer Bewegung auch im ZNS unterschiedlich organisiert. Der kinematische Anteil einer Bewegung wird demzufolge vom Areal 5 programmiert und die dynamische Komponente wird hauptsächlich vom Areal 4 aktiviert (vgl. Kapitel II 6.1.). Folglich beginnen die therapeutischen Übungen zunächst mit einer Reaktivierung des Areal 5 und erst wenn diese Programmierung korrekt erfolgt ist, beginnt die Reaktivierung des Areal 4 (Oberleit, 1993). Die Behandlung kann in drei Abschnitte gegliedert werden, die sich nach dem Ausmaß der motorischen Fähigkeiten des Patienten, dem Maß der geforderten kognitiven Kontrolle und nach der Natur (Stärke, Lokalisation) der vier pathologischen Komponenten richten (Perfetti, 1997; Conti, 1999a; 1999b; 1995; Oberleit, 1993; 1996): Übungen ersten Grades: Bei diesen Übungen soll der Patient lernen, die abnorme Reaktion auf Dehnung zu kontrollieren. Der Therapeut führt mit einer gleichmäßigen Bewegung eine Fingerkuppe des Patienten über die Konturen einer ausgewählten zwei- oder dreidimensionalen Figur (Kreis, Dreieck,...). Die Bewegungen werden dabei vollständig vom Therapeuten geführt, so daß keinerlei Muskelaktivität vom Patienten verlangt wird. Dieser hat die Aufgabe währenddessen mit geschlossenen Augen taktile und kinästhetische Informationen über die Bewegungsrichtung, Richtungswechsel und Distanz aufzunehmen, um so die Figur wiederzuerkennen (perzeptive Hypothese). Um diese Aufgabe lösen zu können, muß der Patient die maximale Aufmerksamkeit auf die Bewegungen und taktilen Reize des plegischen Armes richten. Damit die erhaltenen Informationen nicht verfälscht werden, darf es dabei nicht zu abnormen pathologischen Dehnreaktionen kommen, so daß der Patient gezwungen ist, dieses pathologische Element kognitiv zu kontrollieren. Ziele dieser Übungen sind das Erreichen einer ausreichenden Kontrolle des abnormen Dehnreflexes, das Verringern des taktilen und kinästhetischen Defizits und die Überwindung des Rekrutierungsdefizits. KOGNITIV – THERAPEUTISCHE ÜBUNGEN 52 Übungen zweiten Grades: Sobald die Kontrolle des abnormen Dehnreflexes möglich ist und die taktil - kinästhetischen Wahrnehmungsleistungen sich verbessert haben, kann auf diese Übungsgruppe übergegangen werden. Indem der Therapeut langsam seine Unterstützung bei der Bewegungsdurchführung abbaut, wird dem Patienten die Aufgabe gegeben bei den Übungen zur Informationssuche aktiv mitzuhelfen. Es werden also erstmals willkürliche motorische Leistungen verlangt, wobei der Krafteinsatz nur so groß sein darf, daß keine pathologischen Elemente auftreten. Deshalb muß der Patient lernen, die abnorme Irradiation zu kontrollieren. Damit ein Lerneffekt auftreten kann, muß der Zeitpunkt für diese Übungen gut gewählt sein (erste aktive Bewegungen sollten vorhanden sein) und die Unterstützung muß sich an die Fähigkeiten des Patienten anpassen. Ziele sind die Kontrolle über abnorme Irradiation, die weitere Verbesserung der Wahrnehmung und Muskelrekrutierung, sowie die richtige Programmierung der Bewegung. Übungen dritten Grades: Diese Übungen stellen noch eine weitere Erhöhung der Anforderungen an den Patienten dar. Um zu den notwendigen Informationen zur Lösung der perzeptiven Aufgabe zu kommen, muß der Patient die dazu erforderlichen Bewegungen völlig selbständig ausführen. Die Aufgaben sind dabei so gestellt, daß nur die Ausführung von komplexen Bewegungselementen (bis hin zum Einsatz des gesamten Körpers) eine Lösung ermöglicht. Der Patient muß also lernen, das eventuelle Auftreten von pathologischen Synergien zu beherrschen. Da die Aufgaben immer komplexer werden, muß der Patient die Fähigkeit entwickeln, alle pathologischen Komponenten gleichzeitig zu kontrollieren und zu hemmen. Ziele dieser Übungen sind das Erlernen der Kontrolle synergistischer Schemata, die weitere Normalisierung der Wahrnehmung und Muskelrekrutierung bis hin zur korrekten Programmierung der Bewegung in Raum, Zeit und Intensität. Abschließende Bemerkung: Obwohl primär das Interesse von Perfetti überwiegend den Behandlungsmöglichkeiten der Hand galt und die Übungen an Beispielen der oberen Extremität erläutert wurden, ist das Therapiekonzept von Perfetti nicht ausschließlich als Rehabilitation der Hand aufzufassen. Die therapeutischen Übungen sind auf den ganzen Menschen ausgerichtet und beziehen den Rumpf und die untere Extremität ebenso sorgfältig mit ein (Conti, 1995). Für alle Übungen stehen speziell entwickelte Therapiegeräte zur Verfügung, die auch die Durchführung aller drei Übungsstufen erlauben. KOGNITIV – THERAPEUTISCHE ÜBUNGEN 53 5. Evaluation des Perfetti - Konzeptes Die Anwendung des Behandlungskonzeptes von Perfetti ist in der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten noch nicht so weit verbreitet wie das längst etablierte Bobath Konzept. Es liegen also im Vergleich noch wenige Erfahrungen mit dieser Methode vor und es mangelt bisher an veröffentlichten Berichten und Stellungnahmen zum Einsatz der kognitiv - therapeutischen Übungen. Ebenfalls zeigten Literaturrecherchen in gebräuchlichen medizinischen Datenbanken im Internet, daß bisher auch noch keine kontrollierten Studien über den Erfolg des Behandlungskonzeptes nach Perfetti und über die Wirkungsweise dieser Methode vorliegen. Objektive Aussagen über die Wirksamkeit dieses physiotherapeutischen Vorgehens können zum augenblicklichen Forschungsstand deshalb noch nicht getroffen werden. Es wird jedoch von klinischen Befunden berichtet, die auf Erfolge des Behandlungskonzeptes bei der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten hinweisen (Perfetti, 1997). Damit sich das Konzept langfristig einen festen Platz bei der Behandlung dieser Patienten sichern kann, muß überprüft werden, ob die beobachteten klinischen Befunde von statistischer Relevanz sind. Die Klärung sowohl allgemeiner als auch spezifischer Therapieeffekte des Perfetti - Konzeptes stellt demzufolge zur Zeit noch einen deutlichen Forschungsbedarf dar. FRAGESTELLUNGEN 54 Kapitel V: Fragestellungen Die vorliegende Diplomarbeit befaßt sich mit der Überprüfung der Wirksamkeit der kognitiv - therapeutischen Übungen innerhalb der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten. Die erste Frage stellt sich bezüglich der allgemeinen Wirksamkeit dieser Übungen. Bei einem erfolgreichen Einsatz der Behandlungsmethode müßte sich bei der Regeneration ein Unterschied zum Spontanverlauf nach einem Schlaganfall zeigen. Da aus ethischen Gründen ein direkter Vergleich mit einer unbehandelten Kontrollgruppe jedoch nicht vertretbar ist, muß die Kontrollgruppe mit einer anderen Behandlungsform therapiert werden. Für die Diplomarbeit hat sich hierfür eine Behandlung in Anlehnung an das Bobath - Konzept angeboten. Durch die Erhebungen verschiedener relevanter Variablen vor und nach der jeweiligen Intervention werden die Behandlungsergebnisse erfaßt. Vor allem die Bereiche funktionelle Motorik, Spastizität und Aktivitäten des täglichen Lebens erscheinen als geeignet, um einen Behandlungserfolg zu dokumentieren. Dabei sind die Fragen zu klären, ob die kognitiv - therapeutischen Übungen sowohl zu einer deutlicheren motorischen Verbesserung und Abnahme der Spastizität als auch zu einer größeren Verbesserung im ADL - Bereich beitragen können als die am Bobath - Konzept orientierte Behandlung. Als Experimentalgruppe (EG) wird die Gruppe bezeichnet, die während der Rehabilitation mit kognitiv - therapeutischen Übungen (auf dem Perfetti - Konzept beruhend) behandelt wurde. Die Patienten, die in Anlehnung an das Bobath - Konzept therapiert wurden, bilden die Kontrollgruppe (KG). Folgende Hypothesen wurden zunächst untersucht, um eine generelle Wirksamkeit der kognitiv - therapeutischen Übungen im Vergleich zur Behandlung nach den Prinzipien des Bobath - Konzeptes bei der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten zu überprüfen: 1. Beide Behandlungsgruppen weisen nach der Trainingszeit signifikante Veränderungen bei den motorisch - funktionellen Fähigkeiten, dem Muskeltonus sowie der Selbständigkeit bzw. Hilfsbedürftigkeit auf. 2. Die EG zeigt jedoch nach der Therapiezeit deutlichere Verbesserungen der Ergebnisse im motorisch - funktionellen Bereich als die KG. FRAGESTELLUNGEN 55 3. Patienten aus der EG weisen nach der Behandlung auch eine größere Abnahme der Spastizität auf als die Patienten der KG. 4. Ebenfalls im Bereich der Aktivitäten des täglichen Lebens zeigt die EG nach dem Trainingsintervall sowohl in der Fremd- als auch in der Selbstbeurteilung stärkere Verbesserungen als die KG. Berücksichtigt man weitergehend die unterschiedlichen Schwerpunkte der beiden Therapiekonzepte, so läßt sich vermuten, daß beide Ansätze für jeweils andere Aspekte des motorisch - funktionellen Bereichs erfolgreich sind. Es scheint also sinnvoll zu sein, zusätzlich die jeweils vermuteten spezifischen Erfolge der beiden Behandlungsmethoden separat zu überprüfen, anstatt nur eine generelle Überlegenheit einer der beiden Methoden zu untersuchen. Die Bestätigung dieser Spezifitätsannahmen wäre hilfreich, die leider weit verbreitete gegenseitige dogmatische Ausgrenzung der unterschiedlichen physiotherapeutischen Schulen zu reduzieren und einen komplementären Einsatz beider Methoden in der Rehabilitation zu fördern. Folgende zusätzlichen Hypothesen wurden in der Diplomarbeit überprüft, um ggf. vorhandene spezifische Effekte aufzuzeigen: 5. Im motorisch - funktionellen Bereich zeigt die EG für den betroffenen Arm und die Hand deutlichere Verbesserungen in den Ergebnissen als die KG. 6. Die KG weist hingegen nach dem Trainingszeitraum stärkere Verbesserungen der Mobilität und der Rumpffunktionen auf als die EG. Außerdem wurden in der vorliegenden Arbeit Fragen bezüglich der Aufmerksamkeitskomponente untersucht. Bei den kognitiv - therapeutischen Übungen wird der Aufmerksamkeit bei dem zu leistenden Lernprozeß in motorischer Hinsicht ein hoher Stellenwert eingeräumt. Demzufolge müßten Patienten mit einer eingeschränkten Aufmerksamkeit weniger von der Behandlung profitieren als Patienten ohne dieses Defizit. Auf der anderen Seite ist es allerdings auch denkbar, daß durch die kognitiv therapeutischen Übungen gerade eine Verbesserung der Aufmerksamkeit erzielt wird. Um diese Fragestellungen zu klären, werden die beiden nachstehenden Hypothesen überprüft: FRAGESTELLUNGEN 56 7. Je niedriger die Aufmerksamkeitsleistung bei Patienten aus der EG, desto geringer sind die motorisch - funktionellen Fertigkeiten nach dem Trainingsintervall. Bei Patienten der KG finden sich diese Zusammenhänge nicht. 8. Die EG zeigt nach der Therapie im Gegensatz zur KG eine Verbesserung der Aufmerksamkeitsleistung. Eine abschließende Frage betrifft die Beurteilung der Behandlung durch die Patienten. Wenn man annimmt, daß mit einer positiven Beurteilung der Patienten bezüglich der erhaltenen Behandlung auch eine höhere Motivation einher geht, müßte sich das positiv auf den Behandlungserfolg auswirken. Falls bei den beiden Gruppen Unterschiede in den Behandlungserfolgen nachgewiesen werden (Hypothesen 2.- 4.), kann dieses Ergebnis also auch durch eine unterschiedliche Beurteilung der Behandlungen zustande gekommen sein. Dazu wurden zwei ergänzende Hypothesen untersucht: 9. Die EG beurteilt die Behandlung mit kognitiv - therapeutischen Übungen positiver als die KG ihre Behandlung nach dem Bobath - Konzept. 10. Unabhängig von der Behandlungsgruppe sind positivere Beurteilungen der Behandlung mit besseren Ergebnissen in motorisch - funktioneller Hinsicht sowie im ADL - Bereich assoziiert. FRAGESTELLUNGEN 57 Die Fragestellungen im Überblick: 1. Beide Behandlungsgruppen weisen nach der Trainingszeit signifikante Veränderungen bei den motorisch - funktionellen Fähigkeiten, dem Muskeltonus sowie der Selbständigkeit bzw. Hilfsbedürftigkeit auf. 2. Die EG zeigt nach der Therapiezeit deutlichere Verbesserungen der Ergebnisse im motorisch - funktionellen Bereich als die KG. 3. Patienten aus der EG weisen nach der Behandlung auch eine größere Abnahme der Spastizität auf als die Patienten der KG. 4. Ebenfalls im Bereich der Aktivitäten des täglichen Lebens zeigt die EG nach dem Trainingsintervall sowohl in der Fremd- als auch in der Selbstbeurteilung stärkere Verbesserungen als die KG. 5. Im motorisch - funktionellen Bereich zeigt die EG für den betroffenen Arm und die Hand deutlichere Verbesserungen in den Ergebnissen als die KG. 6. Die KG weist hingegen nach dem Trainingsintervall stärkere Verbesserungen der Mobilität und der Rumpffunktionen auf als die EG. 7. Je niedriger die Aufmerksamkeitsleistung bei Patienten aus der EG, desto geringer sind die motorisch - funktionellen Fertigkeiten nach dem Trainingsintervall. Bei Patienten der KG finden sich diese Zusammenhänge nicht. 8. Die EG zeigt nach der Therapie im Gegensatz zur KG eine Verbesserung der Aufmerksamkeitsleistung. 9. Die EG beurteilt die Behandlung mit kognitiv - therapeutischen Übungen positiver als die KG ihre Behandlung nach dem Bobath - Konzept. 10. Unabhängig von der Behandlungsgruppe sind positivere Beurteilungen der Behandlung mit besseren Ergebnissen in motorisch - funktioneller Hinsicht sowie im ADL - Bereich assoziiert. METHODEN 58 Kapitel VI: Methoden 1. Erhebungsinstrumente Um die aufgeführten Hypothesen zu prüfen, sind verschiedene Instrumente zur Datenerhebung herangezogen worden. Für die Hypothesen 1, 2, 5 und 6 wurde das Rivermead Motor Assessment zur Erfassung und Bewertung motorischer Funktionen bei Schlaganfallpatienten genutzt. Mittels der modifizierten Ashworth - Skala wurde der Grad der Spastizität quantifiziert, welches für die Hypothesen 1 und 3 erforderlich war. Das Ausmaß der Selbständigkeit bei den Aktivitäten des täglichen Lebens wurde zur Prüfung der 1., 4. und 10. Hypothese mit dem Barthel - Index und dem SDB - Fragebogen erhoben. Zur Erfassung der Aufmerksamkeitsleistungen für die Hypothesen 7 und 8 wurde der Alters - Konzentrations - Test durchgeführt. Die zusätzlichen Hypothesen 9 und 10 wurden untersucht, indem eine modifizierte Form des Fragebogens zur Beurteilung der Behandlung angewendet wurde. 1.1. Rivermead Motor Assessment (RMA) Anwendung: Die Skala wurde Ende der 70er Jahre von der Psychologin Nadina Lincoln und der Physiotherapeutin Diana Leadbitter am Rivermead Rehabilitation Center in Oxford entwickelt (Lincoln & Leadbitter, 1979). Neben dem als „Rivermead Stroke Assessment“ bezeichneten Original existieren mittlerweile mehrere deutsche Übersetzungen (Minkwitz, 1996; Hesse, 1994c). Da bislang ein Mangel an Verfahren zur Bewertung motorischer Funktionen bei Schlaganfallpatienten vorlag, sollte diese Skala zur standardisierten Beschreibung von motorischen Störungen und zur Dokumentation von Veränderungen der motorischen Fähigkeiten dienen. Sie ist sowohl zum klinischen Einsatz in der Akut- und Rehabilitationsphase gedacht, als auch für wissenschaftliche Studien anwendbar (Lincoln & Leadbitter, 1979; Sackley & Lincoln, 1990; Adams, Ashburn, Pickering, Taylor, 1997a; Minkwitz, 1996). Aufgrund des großen Umfangs raten Wade (1992) und Masur (1995) jedoch von der Anwendung zur klinischen Routine ab. Statt dessen empfehlen sie hierfür den Rivermead Mobility Index, eine deutlich verkürzte Weiterentwicklung der ursprünglichen Rivermead - Skala (Collen, Wade, Robb, Bradshaw, 1991). METHODEN 59 Die Rivermead - Skala ist zur Fremdeinschätzung der motorischen Fähigkeiten von Schlaganfallpatienten heute sehr weit verbreitet. Dieses ist einerseits darauf zurückzuführen, daß in diesem Bereich ein hoher Bedarf an standardisierten Verfahren vorliegt, welche die Kommunikation zwischen verschiedenen Physiotherapeuten erleichtern. Aber auch das zunehmende Interesse an der Evaluation gebräuchlicher physiotherapeutischer Verfahren dürfte zur internationalen Verbreitung der Skala beigetragen haben. Aufbau: Die aktuelle Fassung der Rivermead Motor Assessment - Skala (RMA) besteht aus insgesamt 38 Items, die in drei Funktionsbereiche aufgeteilt sind (s. Anhang A): • Gross function (RMA-G): Diese Subskala erfaßt die globalen Funktionsfähigkeiten. Sie besteht aus 13 Items zur allgemeinen Mobilität (Sitzen, Gehen, Transfer). • Bein und Rumpf (RMA-B): In dieser Subskala mit 10 Items wird die Bein- und Rumpfkontrolle erfaßt. • Arm (RMA-A): Diese aus 15 Items bestehende Skala erfaßt sowohl die Arm- und Handfunktionen sowie die Kontrolle der Bewegungen der oberen Extremität. Die Aufgaben jedes Bereichs sind nach ihrem Schwierigkeitsgrad geordnet, wobei die leichtesten Items am Anfang getestet werden. Die Anordnung der Aufgaben folgt dabei den anerkannten Rückbildungsstadien nach einem Apoplex. Auch die physiotherapeutischen Erfahrungen bei der Behandlung von Schlaganfallpatienten und die spezifischen Defizite dieser Patienten haben zu der entsprechenden Anordnung der Items beigetragen. Aufgrund der einheitlichen Muster bei der Rückbildung der motorischen Funktionen wurde das RMA als hierarchische Guttman - Skala konstruiert (Lincoln & Leadbitter, 1979; Hesse, 1994; Adams et al., 1997a). Für die Durchführung der 38 Aufgaben existieren genau umschriebene Kriterien (s. Anhang B). Die Bewertung der Leistung der Patienten erfolgt anhand eines dichotomen Scores, d.h. entweder der Patient kann die Aufgabe erfolgreich (Score 1) oder nicht erfolgreich (Score 0) durchführen. Für jede Aufgabe hat der Patient drei Versuche und die Summe aller erfolgreichen Items wird als jeweiliger Teilscore oder als Gesamtwert des RMA notiert. Die Testdauer beträgt zwischen 40 - 60 Minuten. Da die Items hierarchisch angeordnet sind, kann das Verfahren je nach Fähigkeitsgrad der Patienten abgekürzt werden. Eine exakte Guttman - Skalierung erlaubt den Rückschluß, daß nach einer nicht erfolgreich absolvierten Aufgabe alle weiteren Aufgaben dieses Bereiches ebenfalls nicht erfolgreich durchgeführt werden können. METHODEN 60 Der Testbereich könnte nach einem solchen Fehlversuch also abgebrochen werden. Um aber in der Praxis eventuell auftretende Diskrepanzen zu berücksichtigen (schwieriger eingestufte Items werden gelöst, obwohl vorangegangene Items nicht durchgeführt werden konnten), wurde von Lincoln und Leadbitter ein Abbruchkriterium festgesetzt. Danach soll der jeweilige Funktionsbereich erst dann abgebrochen werden, wenn der Patient nicht in der Lage war drei hintereinander folgende Aufgaben erfolgreich durchzuführen. Hierdurch kann der sogenannte Cross-over Effekt zumindest reduziert werden und die Wahrscheinlichkeit, daß ein Patient nach drei Fehlversuchen noch weitere Aufgaben lösen kann, wird als sehr gering angegeben (Lincoln & Leadbitter, 1979). Testgütekriterien: • • • Retest - Reliabilität: Lincoln und Leadbitter (1979) haben für eine Stichprobe von 10 Schlaganfallpatienten nach einem Zeitraum von vier Wochen die Retest - Reliabilität ermittelt. Sie liegt für den Bereich RMA-G bei 0.66, für den RMA-B bei 0.93 und den RMA-A bei 0.88. Interrater - Reliabilität: Genaue Zahlenwerte werden von Lincoln und Leadbitter (1979) hier nicht angegeben. Sie berichten lediglich, daß die Einschätzungen der sieben getesteten Beurteiler in den Skalen RMA-G und RMA-B übereinstimmen, jedoch für den Bereich der Armfunktionen signifikante Unterschiede bei der Beurteilung festgestellt wurden. Die Instruktionen der Items aus der Skala RMA-A wurden deshalb neu überarbeitet. Validität: Das Rivermead Motor Assessment verfügt über Augenscheinvalidität und inhaltlich - logische Validität (German Center for Information and Documentation in Psychology, 1991). Lincoln und Leadbitter (1979) haben an einer Stichprobe von 51 Schlaganfallpatienten (17 - 65 Jahre) die Guttman - Skalierung überprüft. Das Ausmaß, in dem die Items der Ordnung dieser hierarchischen Anordnung folgen, kann mittels folgender Koeffizienten gemessen werden: • Koeffizient der Reproduzierbarkeit (CR): Ein Wert über 0.9 bestätigt das Vorliegen • einer validen Guttman - Skala. In der o.g. Stichprobe wurden für die drei Funktionsbereiche Koeffizienten zwischen 0.90 und 0.98 ermittelt. Skalierungskoeffizient (CS): Ein Wert über 0,6 bestätigt, daß die Skalierungskriterien für eine Guttman - Skala erfüllt sind. In den drei Kategorien lagen die Werte der Stichprobe zwischen 0.79 und 0.96. Für die deutsche Übersetzung werden keine Angaben zu den Gütekriterien gemacht. Normen oder Stichprobendaten liegen ebenfalls nicht vor. METHODEN 61 Kritik / Bewertung: Nach Masur (1995) vermittelt die Rivermead - Skala „einen sehr genauen Überblick über die motorischen Fähigkeiten des Patienten“. Wade (1992) äußert sich ebenfalls positiv zum RMA, da sowohl der Bereich Impairment (Armsektion, Bein- und Rumpfsektion) als auch der Bereich Disability (globale Funktionsfähigkeit) erfaßt wird. Zudem wird von Wade die Validität und Reliabilität als angemessen beurteilt. Zur Erfassung von geringgradigen motorischen Beeinträchtigungen hat sich die Rivermead - Skala als sensitiv erwiesen, so daß auch geringe Veränderungen erfaßt werden können. Lediglich gegenüber schweren Beeinträchtigungen zeigte sich der RMA als weniger sensitiv (Collin & Wade, 1990; Hesse, 1994). Dieses wird vor allem bei Patienten mit sehr eingeschränkten motorischen Funktionen für den Bereich der globalen Funktionsfähigkeit (RMA - gross function) berichtet (Sackley & Lincoln, 1990). Nachteilig ist nach Hesse (1994) zu bewerten, daß sich durch die funktionelle Ausrichtung der Items keine Rückschlüsse auf die zugrunde liegenden Defizite der Motorik, Koordination und Sensibilität ziehen lassen. Auch Minkwitz (1996) kritisiert die mangelnde Aussagekraft des Verfahrens für die Therapieplanung, so daß der praktische Nutzen des RMA für die physiotherapeutische Behandlung fraglich erscheint. Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die mangelnde Absicherung des Verfahrens. Es liegen nur geringe Hinweise zu den Gütekriterien vor und für die deutsche Übersetzung fehlen Angaben zur Testgüte vollständig. Nach Mawson (1993) erfüllt die Rivermead - Skala nicht alle Anforderungen eines standardisiertes Meßverfahren. Adams et al. (1997a) beanstanden außerdem, daß die Skala 1979 von Lincoln und Leadbitter lediglich an einer Stichprobe von nicht akuten Schlaganfallpatienten im Alter von 17 - 65 Jahren erprobt und standardisiert wurde. Bislang fehlte die Überprüfung des RMA bezüglich der Reliabilität und Skalierung bei älteren Schlaganfallpatienten, obwohl die Mehrzahl der Patienten mit Apoplex über 65 Jahre alt ist. Deshalb wurde in einer Studie überprüft, ob die anhand der Originalstichprobe entwickelte Skalierung auch auf ältere, akute Schlaganfallpatienten zutrifft (Adams et al., 1997a). Die Koeffizienten der Reproduzierbarkeit und die Skalierungskoeffizienten erreichten nur in den Subskalen RMA-G und RMA-A die erforderlichen Skalierungskriterien. Der Bereich der Bein- und Rumpfkontrolle hat die Kriterien verfehlt, weshalb die Autoren empfehlen, diese Skala nicht als hierarchische Skala einzusetzen. Insgesamt handelt es sich aber um ein ökonomisch einsetzbares Verfahren, um im Rahmen von wissenschaftlichen Studien Veränderungen der motorisch - funktionellen Fähigkeiten bei Patienten nach einem Apoplex zu erfassen. METHODEN 62 Auswahlbegründung: Nach sorgfältiger Begutachtung verschiedener Verfahren zur Erfassung der motorischen Fähigkeiten erschien das RMA für die Zielsetzung der vorliegenden Diplomarbeit am geeignetsten. Die kognitiv - therapeutischen Übungen beschäftigen sich hauptsächlich mit der Rehabilitation von motorischen Störungen unter funktionellen Gesichtspunkten. Deshalb ist es sinnvoll, für eine Studie zur Messung der Wirksamkeit dieses physiotherapeutischen Verfahrens, ein Instrument zu wählen, welches konkret diesen Aspekt wiedergibt (Adams, Pickering, Ashburn, Lincoln, 1997b). Die Itemauswahl des RMA entspricht diesen Anforderungen von allen gesichteten Instrumenten am besten. Weiterhin wurde bei der Auswahl darauf geachtet, ein Instrument zu finden, welches zur Überprüfung der spezifischen Effekte (Hypothesen 5 und 6) geeignet ist. Die Unterteilung des RMA in drei Kategorien ist hierfür als vorteilhaft anzusehen. Um besonders im Bereich der Arm- und Handfunktionen differenzierte Aussagen treffen zu können, wurde zunächst der Armparese - Score von Wade (Masur, 1995) als zusätzliches Erhebungsinstrument der oberen Extremität in Erwägung gezogen. Auf die Durchführung wurde jedoch schließlich verzichtet, da in einer Studie von Helbig et al. (1997) eine geringere Sensitivität dieses Scores im Vergleich zum Untertest Armfunktion des RMA festgestellt wurde. Eine genauere Differenzierung der Funktionen im Arm- und Handbereich konnte durch die Anwendung des Armparese - Scores also nicht erwartet werden. Zur Beurteilung der Funktionen der oberen Extremität erscheint der RMA-A somit für die Fragestellung ausreichend zu sein. In der Literatur wird ohnehin darauf hingewiesen, daß es kein Verfahren gibt, welches allen Ansprüchen an die vielfältigen Funktionen einer Hand gerecht wird (Müller, Jungo, Lehmann, Leu, Schächtele, Wirz, 1995). Auf die Messung der maximalen Muskelkraft wurde absichtlich verzichtet, da die Aussagekraft dieser Messungen bei Patienten mit zentralen Schädigungen umstritten ist (Mai et al., 1995; Harlacher et al.; 1999). Eine festgestellte Muskelschwäche gibt zum Beispiel nicht unbedingt das tatsächliche motorische Defizit wieder, sondern kann überwiegend das Resultat des erhöhten Widerstandes der spastischen Antagonisten sein (Bobath, 1980). Deshalb wurde statt der Kraftwerte das Ausmaß der Spastizität als weitere wichtige Variable mit erhoben. METHODEN 63 1.2. Modifizierte Ashworth - Skala (MAS) Anwendung: Die Ashworth - Skala, modifiziert von Bohannon und Smith (1987), wird zur standardisierten Erfassung der Spastizität angewendet. Sie kann bei allen Patienten mit spastischen Paresen, unabhängig von der Genese, zur klinischen Routine eingesetzt werden (Masur, 1995). Nach Wade (1992) ist die MAS die einzige evaluierte Skala zur Messung von spastisch erhöhtem Muskeltonus nach einer Schädigung des ersten motorischen Neurons. Aufbau: In einer einheitlichen Ausgangsstellung des Patienten wird z.B. das Ellenbogengelenk vom Untersucher passiv in Flexion und Extension bewegt. Dabei wird der Grad des Widerstandes auf einer sechsstufigen Ratingskala bewertet (s. Anhang C). Die ursprüngliche Skala von Ashworth wurde von Bohannon und Smith (1987) verändert, indem die Ratingstufe 1+ hinzugefügt wurde und die Definitionen der einzelnen Abstufungen leicht modifiziert wurden (Sloan, Sinclair, Thompson, Taylor, Pentland, 1992). Testgütekriterien: • Validität: Nach Wade (1992) besitzt die Skala Augenscheinvalidität, wobei der Stellenwert der Störung des Muskeltonus als spezifische Schädigung noch getestet werden muß. • Reliabilität: Die Autoren der modifizierten Ashworth - Skala geben an, daß es zur Reliabilität dieser Skala noch an Untersuchungen fehlt (Bohannon & Smith, 1987). Die ursprüngliche Ashworth - Skala erweist sich indessen einer Untersuchung von • Sloan et al. (1992) zufolge als eine reliable und reproduzierbare Methode zur Erfassung der Spastizität. In einer anderen Quelle wird allerdings auch die Reliabilität der modifizierten Form als hoch angegeben (Masur, 1995). Interrater - Reliabilität: Bohannon und Smith (1987) erzielten bei 30 Patienten eine Übereinstimmung von 86,7 % bei der Einschätzung der Spastizität der oberen Extremität (r = 0.847; p < 0.01). Auch Sloan et al. (1992) konnten in einer Studie eine zufriedenstellende Interraterreliabilität für die obere Extremität feststellen. Bei vier Untersuchern zeigten sich signifikante Übereinstimmungen der Einschätzung der Spastizität bei 34 Patienten (r = 0.56 - 0.91; p < 0.001). Die Korrelationen bei der Einschätzung der unteren Extremität fielen jedoch geringer aus (r = 0.26 - 0.62; p = 0.01). METHODEN 64 Kritik / Bewertung: Die Anwendung der MAS ist sehr einfach und die Autoren geben eine hohe Reliabilität an (Masur, 1995). Allerdings ist die Variabilität der Patienten als große Störquelle anzusehen (Wade, 1992). Auch Hesse (1994) kritisiert die eingeschränkte Aussagekraft der Spastik - Skala aufgrund der Abhängigkeit des Muskeltonus von verschiedenen Faktoren (z.B. Schmerz, Angst, Müdigkeit). Von einigen Autoren wird generell bezweifelt, daß eine Quantifizierung des Grades der Spastizität überhaupt möglich ist (Sloan et al., 1992). Für die Durchführung wird weiterhin eine klare und genaue Beschreibung gefordert, um die Ergebnisse vergleichbarer zu machen. Trotz notwendiger Verfeinerungen wird die Skala von Sloan et al. (1992) für die Einschätzung der Spastik der oberen Extremität als nützlich bewertet. Nicht empfohlen wird die Skala zur Beurteilung der Spastizitätsneigung der unteren Extremität (Allison, Abraham, Petersen, 1996). Auswahlbegründung: Als zusätzliches Erhebungsinstrument zur Rivermead - Skala sollte in der Diplomarbeit eine Spastik - Skala eingesetzt werden, da der erhöhte Widerstand der Muskulatur als wichtige Variable zur Bewertung des Therapieerfolges angesehen werden kann. Aufgrund der einfachen Durchführung bei zufriedenstellenden Testgütekriterien wurde die modifizierte Ashworth - Skala ausgewählt. Allerdings wurde die Untersuchung auf die obere Extremität beschränkt, da bisher nur die Reliabilität der Skala bezüglich der Ellenbogenmuskulatur festgestellt wurde (Allison et al., 1996; Wade, 1992). 1.3. Alters - Konzentrations - Test (AKT) Anwendung: Der Test wurde von Gatterer (1990) mit der Zielsetzung entwickelt, eine „rasche, objektive, reliable und valide Beurteilung der kognitiven Leistungsfähigkeit“ bei geriatrischen Patienten zu ermöglichen. Die Konzentrationsfähigkeit wird als wichtiger Teil der kognitiven Leistungen aufgefaßt und aufgrund ihrer Bedeutung für den gesamten kognitiven Leistungsbereich für den Test ausgewählt. Der AKT baut auf den theoretischen Grundlagen des Figuren - Durchstreich - Tests von Bourdon und dem hieraus entwickelten Aufmerksamkeits- und Belastungs - Test d2 von Brickenkamp auf. Dabei wurde speziell darauf geachtet, daß das Verfahren den Bedürfnissen geriatrischer Patienten hinsichtlich Lesbarkeit, Verständlichkeit und Schwierigkeit angepaßt ist. Die Adaptation des d2 an den geriatrischen Bereich (vergrößerte d2 - Zeichen) konnte diesen Anforderungen nicht standhalten. METHODEN 65 Es gibt verschiedene Anwendungsmöglichkeiten für den Alters - Konzentrations - Test: Neben der Beurteilung des Konzentrationsverlaufs während der Durchführung kann der AKT auch als Evaluationsinstrument für die Beurteilung von Therapieeffekten eingesetzt werden. Ebenfalls ist mittels des Tests die Diagnose von Abbausyndromen möglich (Kessler & Markowitsch, 1991). Als Zielgruppe werden ältere Patienten ab 60 Jahre angegeben. Auch bei Patienten mit motorischen Behinderungen, Aphasien und Sprachverständnisstörungen kann der Test durchgeführt werden (Gatterer, 1990), was den Test für eine breite Patientenpopulation anwendbar macht. Aufbau: Bei dem AKT handelt es sich um einen Paper-and-Pencil-Test, der nur als Einzeltest durchführbar ist und zur Verlaufsmessung in zwei Parallelformen A und B vorliegt. Der Patient soll eine angegebene Zielfigur (Halbkreis) in 55 darunter abgebildeten gleichen oder ähnlichen Figuren wiedererkennen und durchstreichen, wobei 20 dieser Figuren mit der Zielfigur identisch sind und 35 dieser Figur nur ähnlich sind. Der Test beinhaltet eine Probeform mit ganz schwarzen Halbkreisen und die Testform mit schwarzweißen Halbkreisen (s. Anhang D). Bei der Probeform muß der Patient lediglich die verschiedene Lage der schwarzen Halbkreise erkennen und beachten. Für die Bearbeitung der Testform muß der Patient seine Aufmerksamkeit jedoch auf zwei Dimensionen der Zielfigur (Lage und Muster) richten. Die Probeform dient ausschließlich zur Erklärung des Testprinzips und nur die Testform wird ausgewertet. Als Ausschlußkriterium für den praktischen Einsatz der Testform gilt „die generelle Unfähigkeit des Patienten die Probeform zu bearbeiten“ (Gatterer, 1990). Den Patienten werden standardisierte Instruktionen vorgegeben. Für Aphasiepatienten und Patienten mit motorischen Beeinträchtigungen existieren gesonderte, ebenfalls standardisierte Instruktionen. Die Auswertung erfolgt mittels Schablonen. Für die Interpretation werden als Maße der Konzentration die Bearbeitungszeit (T), Richtige (R), Fehlerprozent (F%) und Gesamtwert (G) angegeben. Der Autor schreibt, daß die Bearbeitungszeit als geschwindigkeitsorientierter Leistungsaspekt und der Wert Fehlerprozent als Indikator für die Leistungsgüte interpretiert werden kann. Als Maß der Konzentrationsfähigkeit oder zerebralen Leistungsfähigkeit gilt nach Gatterer (1990) der Gesamtwert. Nach Westhoff (1992) ist die praktische Bedeutung dieser Maße jedoch noch ungeklärt, da es an theoretischer Fundierung mangelt. METHODEN 66 Testgütekriterien: • Objektivität: Aufgrund der standardisierten Testanweisung und der Verwendung von Schablonen kann eine hohe Durchführungs- und Auswertungsobjektivität angenommen werden (Gatterer, 1990). Da jedoch keine Informationen vorliegen, wie • • • unterschiedlich die Testleiter den Test durchführen, ist die Durchführungsobjektivität nicht in jedem Fall gewährleistet. Auch die Interpretationsobjektivität ist wegen der sehr heterogenen Zielgruppe nicht immer gegeben (Kessler & Markowitsch, 1991; Westhoff, 1992). Reliabilität: Die Paralleltest - Reliabilität wurde für die Formen A und B an einer Stichprobe von 140 Probanden erhoben. Die Werte liegen für die verschiedenen Leistungsmaße zwischen 0.89 und 0.94. Die Retest - Reliabilität nach 3 Wochen erbrachte an einer Stichprobe von 30 Probanden Werte zwischen 0.75 und 0.89. Nach 3 Monaten lagen die Werte bei N = 80 jedoch nur noch zwischen 0.52 und 0.70. Insgesamt kann für den AKT aber eine hohe Zuverlässigkeit nachgewiesen werden (Gatterer, 1990; Kessler & Markowitsch, 1991; Westhoff, 1992). Validität: Laut Gatterer (1990) verfügt das Verfahren über eine hohe Augenscheinvalidität, da nur bei aufmerksamer, konzentrierter Bearbeitung des Tests hohe Testleistungen erzielt werden können. Westhoff (1992) bemerkt jedoch, daß geringe Testleistungen auch auf mangelnde Motivation zurückgeführt werden können, womit seiner Ansicht nach ein Nachweis der logischen Gültigkeit noch aussteht. Zur Konstruktvalidierung wurden Fremdratingskalen eingesetzt, wobei sich jedoch nur niedrige Korrelationen zu den AKT-Maßen fanden (Kessler & Markowitsch, 1991). Zum Nachweis der faktoriellen Validität wurde eine Faktorenanalyse gemeinsam mit anderen Verfahren durchgeführt. Gatterer (1990) sieht durch diese Analyse die faktorielle Gültigkeit des AKT als abgesichert. Normierung: Die Normierungstichprobe umfaßt insgesamt 1008 Patienten des Pflegeheims Wien-Lainz mit einem mittleren Alter von 71.8 Jahren. Sie setzt sich aus verschiedenen Untergruppen zusammen (Pflegeheimbewohner, Aphasiker, „rüstige Altenheimbewohner“). Als Normen für die Gesamtgruppe werden Prozentrangwerte und Centil-Werte in drei Altersgruppen (bis 69; 70 - 79; über 80) angegeben. Für die Untergruppen liegen getrennte Normen vor. Kritik / Bewertung: Der AKT wurde in einigen Studien erprobt und hat sich dabei als brauchbar erwiesen (Gatterer, 1990). Der Vorteil des Verfahren gegenüber anderen Tests zur kognitiven Leistungsüberprüfung liegt in seiner Sprachfreiheit (German Center for Information and Documentation in Psychology, 1991) und in der geringeren Länge, so daß die wahre kognitive Leistungsfähigkeit nicht durch Ermüdungserscheinungen beeinflußt wird. METHODEN 67 Weiterhin ist von Vorteil, daß der Test aufgrund der Parallelformen für Verlaufsstudien eingesetzt werden kann. Von Westhoff (1991) werden die ausgewählten Items positiv bewertet, da die Halbkreise auch für sehbehinderte Patienten sehr gut erkennbar sind und auch bei motorischen Störungen das Durchstreichen dieser Figuren möglich ist. Der AKT wird allerdings auch kritisiert. So bezweifelt Westhoff (1992) die Sprachunabhängigkeit des Tests, da zum Verstehen der Instruktionen diese verbal kodiert werden müssen. Ebenfalls kritisiert er die unvollständige Beschreibung der untersuchten Stichproben. Auch Kessler und Markowitsch (1991) sehen die Normierung aufgrund der ungenügenden Präzisierung der Gruppen als problematisch an. Zusammenfassend konnte der AKT allerdings „seine Brauchbarkeit für eine ökonomische und objektive Beurteilung der geistigen Leistungsfähigkeit für die von ihm angezielte Personengruppe überzeugend unter Beweis stellen“ (German Center for Information and Documentation in Psychology, 1991). Auch von älteren, kognitiv beeinträchtigten Patienten ist der Test zu bewältigen. Obwohl sich der Test zur Therapieevaluation noch bewähren muß, wird er als nützliches Instrument bezeichnet und sein Einsatz wird empfohlen (Kessler & Markowitsch, 1991). Auswahlbegründung: Zur Überprüfung der Hypothesen 7 und 8 muß die Fähigkeit zur aufmerksamen Bearbeitung von Aufgaben der Patienten beider Studiengruppen erfaßt werden. Vor allem die Konzentrationsfähigkeit als Aspekt der selektiven Aufmerksamkeit (s. Kapitel II 6.4.) ist von besonderem Interesse. Viele der gebräuchlichen Verfahren zur Erfassung von Aufmerksamkeits- und Konzentrationsleistungen (z.B. d2, KLT, KVT) erschienen jedoch für die erwartete Stichprobe ungeeignet, da diese Tests nicht für ältere Patienten entwickelt wurden. Da die Datenerhebung jedoch auf einer geriatrischen Station stattfinden sollte, mußte das ausgewählte Verfahren gerade für diese Altersgruppe anwendbar sein. Der AKT ist ein solches Verfahren, das speziell bei geriatrischen Patienten die Konzentrationsleistungen erfaßt, so daß er zur Überprüfung der Fragestellungen ausgewählt wurde. Ein wichtiges Entscheidungskriterium bei der Auswahl des AKT für die Diplomarbeit war zudem die von dem Testautor erwähnte Sprachunabhängigkeit. Somit konnten auch aphasische Patienten in die Stichprobe aufgenommen werden. Dies erschien sehr angebracht, zumal die Anwendung von kognitiv - therapeutischen Übungen auch bei aphasischen Patienten indiziert ist. METHODEN 68 1.4. Barthel – Index (Fremdeinschätzung) Anwendung: Der Barthel - Index (BI) wurde von Mahoney und Barthel 1965 eingeführt und stellt in der klinischen Praxis eine der weltweit am häufigsten eingesetzten und fest etablierten ADL - Skalen dar (Prosiegel, 1991; Hesse, 1994). Er dient zur Erfassung von funktionellen Alltagsbeeinträchtigungen, wobei all diejenigen Bereiche des täglichen Lebens erfaßt werden, die zur erfolgreichen Bewältigung der Alltagserfordernisse notwendig sind. Mit dem Index soll somit die Abhängigkeit und Pflegebedürftigkeit eines Patienten eingeschätzt werden (Lübbers, Schöttke, Wiedl, Ackermann, 1993). Zur Anwendung kommt der Index für die Einschätzung der Verhaltenseinschränkung nach einem Akutereignis, für die Verlaufsdokumentation dieser Einschränkungen, aber auch für die Therapieevaluation (Schöttke, Lübbers, Ackermann, Wiedl, 1995). Aufbau: Der Index wird als Fremdbeurteilungsverfahren eingesetzt und enthält insgesamt zehn Items. Die einzelnen Items werden gemäß genau definierter Werte gewichtet. Bei der Gewichtung liegt die Betonung auf der Mobilität (insgesamt 40 Punkte). Als Wert für den funktionellen Status bzw. die Pflegebedürftigkeit dient die Summe aller gewichteten Items. Der maximale Punktwert von 100 wird bei maximaler Unabhängigkeit erreicht (Hesse, 1994; Lübbers et al. 1993; Prosiegel, 1991). Testgütekriterien: • Reliabilität: Die Interrater - Reliabilität des BI wird mit > 0.95 angegeben und die • Retest - Reliabilität beträgt 0.89 (Hesse, 1994). Validität: Es zeigen sich hohe Korrelationen mit anderen ADL - Skalen, wie z.B. dem Katz - Index und dem PULSES - Profil (Lübbers et al., 1993). Kritik / Bewertung : Als Vorteil des BI sieht Hesse (1994), daß das Verfahren alle wichtigen Bereiche des täglichen Lebens berücksichtigt. Auch das schnelle Erlernen, sowie die einfache Durchführung dieses Verfahren wird positiv bewertet. Ein Vergleich mit anderen ADL - Skalen (Katz - Index, Kenney Self - Care Evaluation) zeigte, daß der BI am informationshaltigsten und veränderungssensitivsten ist (Lübbers et al., 1993). Durch den weitverbreiteten Einsatz des Index vor allem in der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten ist zudem eine internationale Vergleichbarkeit möglich. METHODEN 69 Ein Nachteil wird darin gesehen, daß Bereiche wie z.B. Kommunikation, Kognition und Emotionalität nicht berücksichtigt werden, obwohl diese auch für die Selbständigkeit als wichtig erachtet werden (Hesse, 1994). Auswahlbegründung: In verschiedenen Studien konnte gezeigt werden, daß ein Schlaganfall häufig zu sehr starken Einschränkungen im ADL - Bereich führt (Lübbers et al., 1993). Ein Ziel der physiotherapeutischen Behandlung ist deshalb neben der rein motorischen Rehabilitation auch das Training der grundlegenden Alltagsfunktion. Um zu überprüfen, inwieweit die kognitiv - therapeutischen Übungen hier positive Resultate erzielen können, sollte die Testbatterie der Diplomarbeit ein Verfahren zur Erfassung der basalen ADL - Funktionen beinhalten. Der BI wird in den Städtischen Kliniken am Natruper Holz (Ort der Datenerhebung) im Rahmen der klinischen Routine vom Pflegepersonal mit aufgenommen. Deshalb wurde diese Fremdeinschätzung des funktionalen Status in die Auswertung mit einbezogen. 1.5. SDB - ADL - Fragebogen (Selbsteinschätzung) Anwendung: Es handelt sich hierbei um ein Verfahren der Schlaganfall Datenbank (SDB) des Niederösterreichischen Landeskrankenhauses Klosterneuburg. Dieser Fragebogen gehört genau wie der Barthel - Index zu den basalen ADL - Skalen, die das Ausmaß der Hilfsbedürftigkeit bzw. der Beeinträchtigungen im Alltagsleben erfassen (Lübbers et al.; 1993). Die SDB - Skala ist eine modifizierte Form des BI. Aufbau: Die SDB - Skala besteht aus 14 Items, die insgesamt weitestgehend mit dem Barthel Index identisch sind (Schöttke et al., 1995). Für jedes Item stehen die Antwortalternativen „Ja“, „Mit Hilfe eines anderen“ oder „Nein“ zur Verfügung (s. Anhang E). Die Antworten werden mit 2, 1 und 0 kodiert, so daß die maximale Rohwertsumme 28 ergibt und eine maximale Unabhängigkeit indiziert. Auch für die SDB - Skala existieren Gewichtungsfaktoren, mit denen die Rohwerte der einzelnen Items multipliziert werden können. Als maximaler Unabhängigkeitswert ergibt sich dann der Wert 100. METHODEN 70 Testgütekriterien: • Reliabilität: In der Literatur werden innere Konsistenzen mit einem Cronbachs alpha von 0.895 bis 0.95 für den SDB - Fragebogen angegeben (Lübbers et al, 1993; Schöttke et al., 1995). • Validität: Es konnten signifikante Korrelationen der SDB - Skala mit der Nürnberger • - Alters - Alltags - Skala (NAA) festgestellt werden, was eine konvergente Validität belegt (Schöttke et al., 1995). Trennschärfe: Die korrigierten Trennschärfen der einzelnen Items liegen zwischen 0.46 und 0.873. Lediglich die Items zur Kontinenz und zum Essen und Trinken weisen geringere Trennschärfen (0.157 - 0.334) auf (Lübbers et al., 1993). Kritik / Bewertung: Die SDB - Skala wird als reliables und valides Maß zur Selbsteinschätzung der ADL Funktionen bewertet (Lübbers et al., 1993; Schöttke et al, 1995). Auswahlbegründung: Da der Barthel - Index als Fremdeinschätzung durchgeführt wird, sollte in der Diplomarbeit noch ein weiteres Instrument zur Selbsteinschätzung der ADL - Funktionen eingesetzt werden. Dazu wurde das als Selbstbeurteilungsskala adaptierte Verfahren der Schlaganfall Datenbank (SDB) ausgewählt. 1.6. Fragebogen zur Beurteilung der Behandlung (FBB) Anwendung: Der Fragebogen wurde zur Evaluation von psychiatrischen und psychotherapeutischen Interventionen bei Kindern und Jugendlichen entwickelt. Er dient unabhängig von der Therapiemethode sowohl der Therapieevaluation als auch der Qualitätssicherung. Dabei soll die subjektive Therapiequalität erfaßt werden (Mattejat & Remschmidt, 1998). Aufbau: Es liegen drei Fragebogenversionen für verschiedene Beurteilergruppen vor (Therapeut, Patient, Eltern des Patienten). In der Patientenversion soll erfaßt werden, wie positiv oder negativ der Behandlungsverlauf und -erfolg beurteilt wird und wie zufrieden die Patienten mit der Behandlung sind. Dazu wird die Behandlung anhand von 20 Items von den Patienten auf einer fünfstufigen Ratingskala (von „stimmt überhaupt nicht“ = 0 bis „stimmt ganz genau“ = 4) selbst eingeschätzt. METHODEN 71 Neben dem Gesamtwert, der die Gesamtzufriedenheit der Patienten wiedergibt, können noch einzelne Werte für die Subskalen „Erfolg der Behandlung“ (5 Items), „Beziehung zum Therapeuten“ (7 Items) und „Rahmenbedingungen der Behandlung“ (8 Items) gebildet werden. Die Skalenwerte liegen immer in einem Wertebereich von null bis vier. Je höher die Rohwerte der Gesamt- oder Subskalen, desto günstiger ist die Beurteilung der Behandlung (Mattejat & Remschmidt, 1998). Testgütekriterien: • Reliabilität: Für die Originalausgabe wurden verschiedene Reliabilitätsmaße berechnet: Die innere Konsistenz liegt für die einzelnen Skalen aller drei Versionen im Mittel über 0.80 (Cronbachs alpha). Für die Gesamtwerte der Patientenversion wurde in drei verschiedenen Stichproben (N = 89, 584, 114) ein Cronbachs alpha zwischen 0.830 und 0.900 ermittelt. Dabei zeigte die Subskala „Rahmenbedingungen der Behandlung“ bei der internen Konsistenzanalyse die niedrigsten Werte (α = 0.630 - 0.721) und die Skala „ Beziehung zum Therapeuten“ die höchsten Konsistenzen (α = 0.917 - 0.941). Die Retest - Reliabilität nach durchschnittlich 17 Monaten wird für den Gesamtwert der Patientenversion mit 0.68 angegeben (N = 58). Die Skala „Rahmenbedingungen der Behandlung“ zeigt auch hier den niedrigsten Wert (rtt = 0. • 36) und die Skala „Beziehung zum Therapeuten“ hat die höchste Retest - Reliabilität (rtt = 0.75). Validität: Verschiedene Untersuchungen belegen die faktorielle Validität (Mattejat & Remschmidt, 1998). Kritik / Bewertung: Der FBB wird von den Autoren als ein verläßliches Verfahren bezeichnet, mit dem die Behandlungsbeurteilungen subjektiv valide erfaßt werden können (Mattejat & Remschmidt, 1993). Die geringen Reliabilitätswerte der Patienten - Skala „Rahmenbedingungen der Behandlung“ wird von den Autoren darauf zurückgeführt, daß sich die Einschätzung der Rahmenbedingungen durch die zeitliche Distanz zum Katamnesezeitpunkt verändern kann (Mattejat & Remschmidt, 1998). Auswahlbegründung: Um den Rehabilitationserfolg im weitesten Sinne messen zu können, sollte zusätzlich die Selbsteinschätzung und Zufriedenheit der Patienten berücksichtigt werden. Für die vorliegende Diplomarbeit wurde dazu die Patientenskala des FBB in modifizierter Form eingesetzt. Da der Fragebogen nicht zur Evaluation psychotherapeutischer Verfahren im Kinder- und Jugendbereich genutzt werden sollte, mußten einige unpassende Items überarbeitet bzw. ganz ersetzt werden. METHODEN 72 Zum Beispiel wurde das Item 5 „Die vielen Fragebögen waren mir lästig“ durch die Formulierung „Die vielen Übungsstunden waren mir lästig“ ersetzt. Weitere Veränderungen betrafen die Items 6, 13 und 17, wobei darauf geachtet wurde, den Inhalt der Items möglichst nah an den Gesichtspunkten motorischer Behandlungen zu orientieren. Der Fragebogen sollte so an die Stichprobe und Zielsetzung der Diplomarbeit angepaßt werden. Die modifizierte Form besteht insgesamt auch aus 20 Items (s. Anhang F). Die Auswertung erfolgte nach den Anweisungen aus dem Manual zur Originalausgabe. 1.7. Zusätzliche Erhebungsmittel • • • Die Personalien der Patienten, die soziodemographischen und krankheitsrelevanten Daten und Angaben zur Haupt- und Nebendiagnose sowie zum neurologischen Status wurden auf dem Blatt Patientendaten notiert (s. Anhang G). Auf dem Datenerhebungsprotokoll wurde das jeweilige Durchführungsdatum der einzelnen Erhebungsinstrumente vermerkt (s. Anhang H). Damit sollte dokumentiert werden, ob die gesamte Datenerhebung eines Patienten an einem Tag oder aufgrund von z.B. Ermüdungserscheinungen an verschiedenen Tagen stattfand. Für jeden Patienten wurde zudem ein Behandlungsprotokoll geführt, auf dem die Therapeuten die Behandlungsdaten und -dauer eingetragen haben (s. Anhang I). Die Gesamtbehandlungszeit während des Trainingsintervalls wurde anhand dieser Angaben berechnet. METHODEN 73 2. Stichprobe 2.1. Beschreibung der Einrichtung Die Untersuchung fand in der Klinik für Geriatrie der Städtischen Kliniken Natruper Holz in Osnabrück statt. Die Klinik ist auf die Rehabilitation von Alterskrankheiten u.a. Schlaganfall spezialisiert. Als Ziele des umfangreichen Behandlungsangebotes (Physiound Ergotherapie, Logopädie, neuropsychologisches Training u.a.) werden in der Klinikbroschüre sowohl die Besserung des Gesundheitszustandes als auch die Erarbeitung der weitestgehenden Selbständigkeit angegeben. Bei Schlaganfallpatienten liegt ein Schwerpunkt der Behandlung neben der medikamentösen Versorgung zur Rezidivprophylaxe auf der motorischen Rehabilitation von gestörten Funktionen. Diese wird in enger Kooperation von Ergo- und Physiotherapeuten geleistet, wobei verschiedene Behandlungsmethoden zur Anwendung kommen. 2.2. Auswahl der Stichprobe Für die Untersuchung kamen prinzipiell alle in die Geriatrie aufgenommenen Patienten mit einem klinisch gesicherten Apoplex in Frage. Die Kriterien der Diagnose der „Zerebrovaskulären Ischämie“ oder der „Intrazerebralen Blutung“ mußten dabei erfüllt sein. Die voraussichtliche Behandlungsdauer sollte mindestens drei Wochen betragen. Eine weitere Voraussetzung war die freiwillige Teilnahme der Patienten an der Studie. Ausschlußkriterien waren Hinweise auf Demenz sowie Faktoren, die eine aktive Teilnahme an der physio- und ergotherapeutischen Behandlung verhinderten. Keine Einschränkungen wurden bezüglich aphasischer Störungen gemacht, da die Erhebungsinstrumente weitestgehend sprachfrei sind. Die Überprüfung der Effektivität der kognitiv - therapeutischen Übungen fand mittels Prä - Posttest - Design mit einer Experimental- und Kontrollgruppe statt. Die Zuweisung zu den Behandlungsgruppen konnte aufgrund der klinischen Gegebenheiten nicht nach dem Zufallsprinzip durchgeführt werden, sondern erfolgte nach therapeutischen Gesichtspunkten. Zu den Auswahlkriterien für die Teilnahme an der Behandlungsgruppe mit kognitiv - therapeutischen Übungen gehört das Vorliegen einer überwiegend armbetonten Hemiparese, eine klare Bewußtseinslage und eine deutlich erkennbare Eigenmotivation des Patienten. METHODEN 74 2.3. Merkmale der Stichprobe An der Untersuchung nahmen insgesamt 20 Schlaganfallpatienten in einem Alter von 72 bis 89 Jahren teil. Das Durchschnittsalter lag in der Gesamtstichprobe bei 79,7 Jahren mit einer Standardabweichung von 4,58. Die Patienten der Experimentalgruppe (EG) hatten ein durchschnittliches Alter von 79,44 Jahren (SD 4,98). In der Kontrollgruppe (KG) lag das Alter im Mittel bei 79,91 Jahren (SD 4,46). Zehn Patienten der gesamten Stichprobe waren männlichen, zehn weiblichen Geschlechts (s. Abb. 1, 2 u. Tab. 2). Lebensalter 15% 10% 70 - 75 Jahre 76 - 80 Jahre 81 - 85 Jahre 86 - 90 Jahre 20% 55% Abb. 1: Prozentuale Verteilung des Lebensalters in der Gesamtstichprobe (N = 20) Lebensalter und Geschlecht 7 6 5 weiblich männlich 4 3 2 1 0 70 - 75 76 - 80 81 - 85 86 - 90 Jahre Abb. 2: Geschlechtsspezifische Häufigkeitsverteilung des Lebensalters (N = 20) METHODEN 75 Eine zerebrovaskuläre Ischämie wurde bei 18 Patienten und eine intrazerebrale Blutung bei 2 Patienten diagnostiziert. Die Läsion war bei 15 Betroffenen in der rechten Hemisphäre lokalisiert und 5 Patienten wiesen eine linkshemisphärische Läsion auf, wobei diese ausschließlich ischämisch bedingt waren (s. Abb. 3 u. Tab. 2). Durch einen entsprechenden Befund bei der Computer- bzw. Kernspintomographie waren bei 18 Patienten die Diagnose und der Lokalisationsort bestätigt, bei den übrigen 2 Personen lagen keine Angaben in den Krankenakten diesbezüglich vor. Diagnose 10% 0% 25% 65% Zerebrovaskuläre Ischämie rechts Zerebrovaskuläre Ischämie links Intrazerebrale Blutung rechts Intrazerebrale Blutung links Abb. 3: Prozentuale Verteilung der Diagnosen mit Läsionsort (N = 20) Hinsichtlich des Familienstandes sind 12 Personen der Stichprobe verheiratet und 8 Personen verwitwet. Vor dem Schlaganfall wohnten 12 Patienten mit einem Partner oder Kind zusammen, 3 lebten alleine, 4 hatten eine Bezugsperson in ihrer Nähe und ein Patient kam aus einem Wohn- und Pflegeheim. Alle Patienten der Stichprobe sind Rentner / innen, wobei vor der Rente 3 als Arbeiter/in, 9 als Angestellte/r, 7 als Hausfrau und 1 selbständig beruflich tätig waren (s. Abb. 4, 5 u. Tab. 2). Wohnstatus 20% Mit Partner u./o. Kind alleinlebend 5% Pflege/Wohnheim 60% 15% Abb. 4: Prozentuale Verteilung des Wohnstatus (N = 20) Bezugsperson in der Nähe METHODEN 76 Beruf vor der Rente 5% Hausfrau Arbeiter/in Angestellte/r Selbständig 35% 45% 15% Abb. 5: Prozentuale Verteilung des vor der Rente ausgeübten Berufes (N = 20) Insgesamt handelte es sich bei 7 Patienten um ein Rezidiv / Reinfarkt. Eine Aphasie wurde bei 3 Patienten, eine Dysarthrie bei 5 festgestellt. Die häufigsten Nebendiagnosen waren arterielle Hypertonie (9 Patienten), Herzrhythmusstörungen (7), Hypercholesterinämie (4), Diabetes mellitus (3), Z.n. Herzinfarkt (4) und Koronare Herzkrankheit (KHK) (3). Eine gestörte Sensorik im Sinne einer Reduzierung der Oberflächensensibilität auf der betroffenen Seite lag bei 11 Personen vor (s. Abb. 6 u. Tab. 2). Nebendiagnosen 12 10 8 6 4 2 0 Nebendiagnosen Art. Hypertonie Hypercholesterinämie Rezidivinsult KHK Dysarthrie Herzrhythmusstörungen Diabetes mellitus Z.n. Herzinfarkt Aphasie Sensibilitätsstörungen Abb. 6: Häufigkeiten von Nebendiagnosen und Sprachstörungen (N = 20) METHODEN 77 Die Patienten wurden im Mittel 13,3 Tage nach dem Schlaganfallereignis in die geriatrische Klinik aufgenommen (SD = 7,33; Median = 12,5), wobei es sich bei allen 20 Patienten um eine Verlegung aus einer Akutklinik handelte. Die Erstuntersuchung im Rahmen der Diplomarbeit konnte bei der Hälfte der Patienten innerhalb einer Woche nach der Aufnahme in die Geriatrie stattfinden (M = 19,25; SD = 21,82; Median = 7,5; Modus = 5 und 7). Neun Patienten (vier Frauen und fünf Männer) wurden der Behandlungsgruppe mit kognitiv - therapeutischen Übungen zugewiesen (EG = 9) und elf Patienten (sechs Frauen und fünf Männer) wurden in Anlehnung an das Bobath Konzept behandelt (KG = 11). Zwischen der Experimental- und Kontrollgruppe ergaben sich anhand statistischer Überprüfungen (t-Test, χ2-Test) bezüglich der folgenden Merkmale keine signifikanten Unterschiede: Lebensalter, Geschlecht, Diagnose, Lokalisation, Sprachstörungen, Familienstand, Wohnstatus, Beruf, Zeitraum zwischen Insultereignis und Aufnahme in die Geriatrie, Zeitraum zwischen Aufnahme und Anfangsbefund (s. Anhang K; Tab. 8 und 9). METHODEN 78 Einen zusammenfassenden Überblick über die wichtigsten klinischen soziodemographischen Daten der Stichprobe gibt die folgende Tabelle: und Anzahl % der Stichprobe Alter: 70 - 75 76 - 80 81 - 85 86 - 90 2 11 4 3 10 55 20 15 Geschlecht: weiblich männlich 10 10 50 50 Diagnose: Zerebrovaskuläre Ischämie Intrazerebrale Blutung 18 2 90 10 Lokalisation: rechtshemisphärisch linkshemisphärisch 15 5 75 25 Sprachstörungen: Aphasie Dysarthrie 3 5 15 25 Nebendiagnosen: arterielle Hypertonie Herzrhythmusstörungen Hypercholesterinämie Diabetes mellitus Rezidivinsult Z.n. Herzinfarkt KHK 9 7 3 3 7 4 3 45 35 15 15 35 20 15 Sensibilität: gestört ohne Befund 11 9 55 45 Familienstand: verheiratet verwitwet 12 8 60 40 Wohnstatus: mit Partner oder Kind alleinlebend Pflege- oder Wohnheim Bezugsperson in der Nähe 12 3 1 4 60 15 5 20 Beruf: Hausfrau Arbeiter/in Angestellte/r Selbständig 7 3 9 1 35 15 45 5 Behandlungsgruppe: EG (Perfetti) KG (Bobath) 9 11 45 55 Tab. 2: Soziodemographische und klinische Daten der Patientenstichprobe (N = 20) METHODEN 79 3. Ablauf der Untersuchung 3.1. Durchführung der Datenerhebung Die Datenerhebung auf den geriatrischen Stationen der Städtischen Kliniken Osnabrück Natruper Holz erstreckte sich über einen Zeitraum von Februar bis Mai 2000. Nach der ärztlichen Aufnahmeuntersuchung und Festlegung des jeweiligen individuellen Behandlungsplans wurden die Patienten zunächst von den zuständigen Therapeuten befundet und dann gegebenenfalls einer der Behandlungsgruppen der Studie zugeteilt. In die Studie wurden auch vier Patienten einbezogen, die schon vor Beginn der Studie länger als vier Wochen in der Geriatrie stationär behandelt worden waren und demzufolge schon ergo- und physiotherapeutische Behandlungen bekommen hatten. So wurden auch Behandlungsfortschritte in einem späteren Rehabilitationsstadium erfaßt. Um die Vergleichbarkeit der Behandlungsgruppen zu gewährleisten, wurde darauf geachtet, daß die o.g. vier Patienten gleichermaßen aus beiden Gruppen stammten (zwei aus der EG, zwei aus der KG). Die Zuweisung zu den Behandlungsgruppen richtete sich bei diesen Patienten verständlicherweise nach der bisher erhaltenen Behandlung. Jeder Patient der beiden Gruppen wurde in Einzelsitzungen im Abstand von drei bis vier Wochen zweimal untersucht. Für die Prä - Testung wurden das Datenerhebungsprotokoll, das Patientendatenblatt, der SDB-ADL - Fragebogen, der Alters - Konzentrations - Test (AKT: Probeform A und Testform A1), die Spastik - Skala (MAS) und die Rivermead - Skala (RMA) herangezogen. Alle Erhebungsinstrumente wurden immer in dieser Abfolge angewandt, so daß für alle Patienten die gleiche Reihenfolge eingehalten wurde. Die Testbatterie der Post - Testung bestand ebenfalls aus diesen Verfahren, wobei der AKT mit der Parallelform (Probeform B und Testform B1) durchgeführt wurde. Zusätzlich beinhaltete die zweite Testung zum Abschluß die modifizierte Form des Fragebogens zur Beurteilung der Behandlung (FBB). Alle Angaben zum Patientendatenblatt und zum Barthel - Index wurden aus der Krankenakte entnommen. Von den Anweisungen des entsprechenden Manuals teilweise abweichend, wurden alle verwendeten Fragebögen den Probanden vorgelesen und für die Patienten die Antworten angekreuzt. Die Items und Antwortalternativen wurden bei Bedarf mehrfach wiederholt. Bei Patienten mit massiven motorischen Beeinträchtigungen oder aphasischen Störungen wurden die Instruktionen gemäß den jeweiligen Angaben aus der Testanweisung übernommen. METHODEN 80 Um ein möglichst vollständiges Bild des motorisch - funktionellen Status zu erhalten, wurde auf die Einhaltung des Abbruchkriteriums bei der Durchführung der Rivermead Skala verzichtet und statt dessen alle Items überprüft. So konnten Cross-over Effekte registriert und festgehalten werden. Zur Gewährleistung einer einheitlichen Untersuchungssituation wurde auf eine identische Durchführung der Spastik - Skala (MAS) bei allen Patienten geachtet. Dazu wurde der Untersuchungsablauf an den Beschreibungen zur Durchführung aus der Studie von Sloan et al. (1992) orientiert. Demzufolge wird die Spastizität der oberen Extremität im Sitzen erfaßt, indem der Oberarm des Patienten direkt über dem Ellenbogengelenk fixiert und die Hand des Patienten durch die Hand des Untersuchers gestützt wird. Der Patientenunterarm soll dabei eine Mittelstellung zwischen Supination und Pronation einnehmen. Aus dieser Position wird der Ellenbogen des Patienten innerhalb einer Sekunde aus maximaler Flexion in maximale Extension passiv bewegt. Insgesamt wird die passive Bewegung viermal ausgeführt. Bis auf zwei Ausnahmen konnten die Prä- und Post- Untersuchungen jeweils in einer Sitzung durchgeführt werden. Dabei wurden für die Anfangserhebung 1,5 bis 2 Stunden benötigt. Die Schwankung bei der Bearbeitungszeit kam durch die unterschiedlichen motorischen Fähigkeiten der Patienten zustande. Bei leicht betroffenen Patienten dauerte die Durchführung des RMA deutlich länger, da von diesen Patienten teilweise alle Aufgaben ausgeführt werden konnten, während schwerer betroffene Patienten nur die leichtesten Items aus jedem Teilbereich des RMA bewältigen konnten. Die Abschlußuntersuchung dauerte aufgrund des zusätzlichen Fragebogens durchschnittlich 15 Minuten länger. 3.2. Behandlungsinhalte der Experimental- und Kontrollgruppe Alle Patienten, die an der Studie teilnahmen, bekamen in dem Trainingszeitraum zwischen den Untersuchungen eine Standardbehandlung, deren Inhalte sich aus internen Leitlinien und Grundsätzen der Klinik ergaben. Zum Beispiel gehört die regelmäßige physiotherapeutische Behandlung, die physikalische Therapie sowie die psychologische Betreuung zu dem Standardbehandlungsprogramm. Die Patienten der Experimentalgruppe (EG) bekamen zusätzlich ergotherapeutische Behandlungen nach dem Prinzip der kognitiv - therapeutischen Übungen von Perfetti, während die Kontrollgruppe (KG) eine Alternativbehandlung bekam. Diese bestand aus ergotherapeutischen Anwendungen, die sich weitestgehend an dem Bobath - Konzept orientierten. METHODEN 81 Während des Trainingsintervalls betrug die gesamte ergotherapeutische Behandlungszeit pro Patient im Durchschnitt in der EG 960,00 Minuten (SD = 370,55) und in der KG 1103,64 Minuten (SD = 509,17). Patienten der KG bekamen also durchschnittlich 143 Minuten mehr ergotherapeutische Behandlungen. Da dieser Unterschied jedoch nicht signifikant ist (t = -0,706; df = 18; n.s.), konnte bei der Auswertung auf die Einbeziehung der Behandlungszeiten als Kovariate verzichtet werden. Auch die durchschnittlichen Behandlungszeiten bei drei- oder vierwöchiger Therapiedauer haben sich nicht signifikant unterschieden (Drei Wochen: M = 1084, SD = 430,28; N = 5; Vier Wochen: M = 1024,00; SD = 465,91; N = 15; T-Test: t = 0,254; df = 18; n.s.). 3.3. Probleme Bei der Durchführung der Untersuchung zeigten sich bei verschiedenen Erhebungsverfahren Anwendungsprobleme. Zum Beispiel erwiesen sich für Patienten mit sehr starken motorischen Beeinträchtigungen selbst die einfachsten Aufgaben der Rivermead Skala als zu schwer. Wurden bei der Beurteilung der Aufgaben die angebenden Kriterien sorgfältig eingehalten, konnte häufig zumindest bei einem der drei Teilbereiche kein Item als erfolgreich bewertet werden. Die Itemauswahl bzw. die Kriteriendefinitionen scheinen also für schwer betroffene Patienten nicht optimal zu sein, da für dieses Patientenkollektiv ein Bodeneffekt bei Verlaufsuntersuchungen mit dem RMA nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. Bortz & Döring, 1995) bzw. geringe Effekte nicht festgestellt werden können. Außerdem kam es bei der Erfassung der motorischen Fähigkeiten mittels der Rivermead - Skala gehäuft zu Cross-over Effekten. Im Prä - Test konnten neun Patienten nach der Verfehlung von drei aufeinanderfolgenden Items trotzdem noch weitere Items aus dem jeweiligen Bereich mit höherer Schwierigkeit bewältigen. Im Post - Test kam es sogar bei 12 Patienten zu Cross-over Effekten. Am häufigsten war der Funktionsbereich RMAB (Bein) betroffen. Hier konnte insgesamt 15-mal der hierarchische Aufbau der Skala nicht bestätigt werden. In der Skala RMA-G (Gross function) traten 3-mal Cross-over Effekte auf, bei der Skala RMA-A (Arm) 6-mal. Aufgrund dieser Situation ist es schwierig, anhand der Rohwerte auf die genauen Fähigkeiten der Patienten zu schließen, da derselbe Score in einem Funktionsbereich unterschiedliche Aussagen ermöglicht. Und ein höherer Score sagt nur aus, daß mehr Items erfolgreich durchgeführt werden konnten, aber nicht welche Items bewältigt wurden. Zur Klärung der Fragestellungen dieser Arbeit erscheint die quantitative Aussage der Ergebnisse des RMA jedoch ausreichend zu sein. METHODEN 82 Trotz fehlender klinischer Hinweise auf eine Demenz konnte der AKT bei einigen Patienten nicht durchgeführt werden. Von einer Durchführung des Tests wurde dann abgesehen, wenn der Proband nicht in der Lage war die Probeform zu bearbeiten. Die Anwendung des modifizierten FBB bei Schlaganfallpatienten war relativ unproblematisch, obwohl die Originalversion für ein gänzlich anderes Patientenkollektiv vorgesehen war. Die Items des FBB schienen für alle Teilnehmer gut verständlich zu sein. Allerdings machte es den Probanden Schwierigkeiten, ihre Antworten anhand der fünfstufigen Ratingskala anzugeben. Eine weniger gestufte Skala wäre für Patienten höheren Alters vermutlich angemessener. Bei der Erfassung der Pflegebedürftigkeit bzw. der Selbständigkeit war die unterschiedliche Einschätzung in der Fremd- und Selbstbeurteilung auffällig. Bei vielen Patienten trat bei der Beantwortung des SDB - Fragebogens eine offensichtliche Selbstüberschätzung der Fähigkeiten bzgl. der Alltagsaktivitäten zu Tage. Zum Beispiel gaben völlig immobilisierte Patienten an, Treppe steigen zu können oder antworteten bei dem Item 14 „Können Sie den Harn kontrollieren“ mit JA, obwohl sie einen Dauerkatheter trugen. In der Fremdeinschätzung durch das Pflegepersonal mittels Barthel - Index lagen die ermittelten Werte demzufolge häufig deutlich niedriger (vgl. Ergebnisse VII 3.4. und Diskussion VIII 1.). Eine Schwierigkeit, die zu einer reduzierten Stichprobengröße führte, lag in der stationären Aufenthaltsdauer der Patienten. Mehrere Patienten, die an der Anfangsuntersuchung teilgenommen hatten, wurden entlassen bevor sie mit der Abschlußuntersuchung erfaßt werden konnten. Insgesamt wurden fünf Personen vorzeitig entlassen. Weiterhin mußten zwei Patienten aus der Studie herausgenommen werden, da innerhalb des Therapiezeitraumes die Behandlungsmethode aus therapeutischen Gründen gewechselt wurde. Im Klinikalltag erscheint ein solcher Wechsel nicht ungewöhnlich, da die Behandlung so ganz individuell an die Bedürfnisse des Patienten angepaßt werden kann. ERGEBNISSE 83 Kapitel VII: Ergebnisse 1. Auswertung Die Überprüfung der Hypothesen bezüglich der Effektivität der kognitiv - therapeutischen Übungen erfolgte über einen Vergleich der Ergebnisse im Prä - Test mit denen des Post - Tests. Die einzelnen Verfahren der eingesetzten Testbatterie wurden dazu getrennt voneinander betrachtet. Eine Gegenüberstellung der Ergebnisse der Experimental- und Kontrollgruppe ermöglicht es, Aussagen über die Wirksamkeit beider Therapiekonzepte zu treffen und Unterschiede festzustellen. Zur statistischen Prüfung wurden zweifaktorielle Varianzanalysen mit den Faktoren Behandlungsgruppe (zwei Faktorstufen: EG / KG) und Meßzeitpunkt bzw. Testung (zwei Faktorstufen: Prä / Post) mit Meßwiederholung durchgeführt. Die Annahmen zum Zusammenhang von Aufmerksamkeitsleistungen und den motorisch - funktionellen Fähigkeiten wurden mit Hilfe von Korrelationsberechnungen überprüft. Auch der postulierte Zusammenhang von Behandlungszufriedenheit und Behandlungserfolg wurde anhand der berechneten Korrelationskoeffizienten getestet. Zur Feststellung von Gruppenunterschieden in der Behandlungsbeurteilung kam ein tTest zur Anwendung. Die Durchführung aller statistischen Tests und Analysen erfolgte mit Hilfe des Computerprogramms SPSS 9.0. Eine erste Analyse aller Ergebnisse der Anfangsuntersuchung mittels t-Tests zeigte, daß sich die beiden Behandlungsgruppen in keinem der durchgeführten Testverfahren schon vor Beginn der Trainingszeit signifikant unterschieden (s. Anhang K, Tab. 10). Im nächsten Abschnitt werden zunächst die Reliabilitäten der eingesetzten Fragebögen und die Trennschärfen der Items berichtet. Die anschließende Darstellung der Ergebnisse im Abschnitt 3 orientiert sich an den einzelnen Hypothesen. Der Abschnitt 4 beinhaltet übergreifende Ergebnisse und statistische Analysen. Im Text werden jeweils nur die für die Fragestellung relevanten Daten und Effekte aufgeführt. Darüber hinausgehende Werte und deskriptive Daten sind den Tabellen in Anhang K zu entnehmen. ERGEBNISSE 84 2. Reliabilitäten und Trennschärfen Für den SDB - Fragebogen und den modifizierten FBB wurden Reliabilitätsanalysen durchgeführt. Auf die Prüfung der Barthel - Skala ist aufgrund der hinreichenden Bewährung des Verfahrens verzichtet worden. Der SDB - Fragebogen wurde zur Selbsteinschätzung der Hilfsbedürftigkeit bei der Bewältigung von Alltagsaktivitäten eingesetzt. Anhand entsprechender Gewichtungen wurde aus den Rohwerten dieses Fragebogens der Barthel - Index als Maß für die Selbstbeurteilung ermittelt. Die Reliabilität des Verfahrens ist im Prä - Test (N = 20) mit einem Cronbachs Alpha von .88 als zufriedenstellend zu bewerten (M = 18,10; SD = 6,26). Im Post - Test (N = 20) ist die innere Konsistenz niedriger (Cronbachs α = .78; M = 21,05; SD = 4,44). Für den Prä - Test liegt die mittlere korrigierte Trennschärfe der insgesamt 14 Items bei .55. Zwei Items weisen eine Trennschärfe unter .30 auf. Die mittlere korrigierte Trennschärfe im Post - Test liegt bei .41. Hier besitzen vier Items eine Trennschärfe unter .30. Für den modifizierten Fragebogen zur Beurteilung der Behandlung (FBB) wurden folgende Reliabilitäten und mittlere korrigierte Trennschärfen ermittelt (s. Tab. 3): Cronbachs α mittlere Trennschärfe M SD Erfolg der Behandlung .47 .27 14,25 2,55 Beziehung zum Therapeuten .66 .41 25,85 2,37 Rahmenbedingungen der Therapie .73 .44 26,05 4,88 Gesamttest .77 .36 66,15 7,51 Skala Anmerkung: M = Mittelwert; SD = Standardabweichung Tab. 3: Ergebnisse der Reliabilitätsanalyse des modifizierten FBB (N = 20) Vor allem für die Skala „Erfolg der Behandlung“ (5 Items, davon 1 modifiziert) ist die Reliabilität nicht zufriedenstellend. In dieser und in der Skala „Rahmenbedingungen der Behandlung“ (8 Items, davon 3 modifiziert) liegen die korrigierten Trennschärfen bei jeweils zwei Items unter .30. In der Skala „Beziehung zum Therapeuten“ (7 Items, keine Modifikation) trifft dies auf drei Items zu. Erfreulich sind die ausreichend hohen Trennschärfen der modifizierten Items (Item Nr. 5, 6, 13 und 17). Sie liegen zwischen .36 und .77. Der Gesamttest weist eine zufriedenstellende Reliabilität auf, wobei bei acht Items die korrigierte Trennschärfe unter .30 liegt. ERGEBNISSE 85 3. Hypothesenbezogene Ergebnisse 3.1. Hypothese 1 Beide Behandlungsgruppen weisen nach der Trainingszeit signifikante Veränderungen bei den motorisch - funktionellen Fähigkeiten, dem Muskeltonus sowie der Selbständigkeit bzw. Hilfsbedürftigkeit auf. Zur Überpüfung dieser Hypothese wurden für die jeweiligen Rohwerte der Rivermead Skala (RMA gesamt), der Spastik - Skala (MAS) und des Barthel - Index (fremd und selbst) zweifaktorielle Varianzanalysen mit Meßwiederholung auf dem zweiten Faktor berechnet. Da der SDB - Fragebogen in der gewichteten Form in die Auswertung eingeht, wird er im weiteren mit Barthel - selbst bezeichnet. Für den RMA gesamt ergab sich ein hochsignifikanter Haupteffekt auf dem Faktor Testung (F(1,18) = 21,673; p < .001). Auch für den Barthel - Index zeigte sich in der Fremdbeurteilung ein hochsignifikanter und in der Selbstbeurteilung ein signifikanter Haupteffekt auf dem Faktor Testung (fremd: F(1,18) = 23,868; p = .001; selbst: F(1,18) = 4,740; p < .05). Unter Berücksichtigung der jeweiligen Gruppenmittelwerte zeigen diese Ergebnisse, daß beide Behandlungsgruppen eine statistisch bedeutsame Verbesserung der motorisch - funktionellen Fähigkeiten und der Selbständigkeit im Vergleich vom Präzum Post - Test erzielt haben. Die Hypothese 1 kann also für diesen Bereich als bestätigt angesehen werden. Keine signifikanten Verbesserungen konnten hingegen für das Ausmaß der Spastizität festgestellt werden. Der Haupteffekt des Faktors Testung war für den MAS nicht signifikant (F(1,18) = 0,10 n.s.). Über beide Gruppen hinweg konnte also während des Testzeitraumes keine Reduzierung des spastischen Muskeltonus erreicht werden. Zusätzliche Daten zu den Varianzanalysen enthalten die Tabellen 11, 12, 14 und 18 (Ergebnisse der VA) im Anhang K. Angaben zu Mittelwerten und Standardabweichungen der abhängigen Variablen im Prä- und Post - Test finden sich in Tabelle 22a (Deskriptive Statistik) im Anhang K. Eine graphische Veranschaulichung der Ergebnisse geben weiterhin die Abbildungen 7 (Rivermead Motor Assessment), 8 (Spastik - Skala) und 9 (Barthel - Index) weiter unten im folgenden Text. ERGEBNISSE 86 3.2. Hypothese 2 Die EG zeigt nach der Therapiezeit deutlichere Verbesserungen der Ergebnisse im motorisch - funktionellen Bereich als die KG. Diese Annahme geht von der Überlegenheit der kognitiv - therapeutischen Übungen bei der motorischen Rehabilitation im Vergleich zu der herkömmlichen Behandlung im Sinne des Bobath - Konzeptes aus. Sie wurde anhand einer zweifaktoriellen Varianzanalyse mit Meßwiederholung für den Gesamtrohwert der Rivermead - Skala überprüft. Der relevante Interaktionseffekt Testung * Gruppe konnte die Hypothese allerdings nicht bestätigen. Die Interaktion war nicht signifikant (F(1,18) = 2,408 n.s.). Das heißt, die Behandlungsgruppe mit den kognitiv - therapeutischen Übungen konnte nach der Trainingszeit keine deutlichere Verbesserung im motorisch - funktionellen Bereich erreichen als die Kontrollgruppe (s. Abb. 7 und Anhang K; Tab. 14). Rivermead Motor Assessment mittlere Rohwerte 17 14 EG KG 11 8 RMA prä RMA post Abb. 7: Mittlere Rohwerte der Rivermead - Skala (gesamt) im Prä - Post - Vergleich Wie die Abbildung 7 veranschaulicht, läßt sich über beide Behandlungsgruppen hinweg eine Verbesserung der motorischen Leistungen vom Prä- zum Post - Test belegen (vgl. Hypothese 1). Da dieser Effekt jedoch unabhängig von der Gruppenzugehörigkeit auftrat, ist die Leistungssteigerung nicht auf die Behandlung nach Perfetti zurückzuführen. ERGEBNISSE 87 3.3. Hypothese 3 Patienten aus der EG weisen nach der Behandlung auch eine größere Abnahme der Spastizität auf als die Patienten der KG. Neben den Fortschritten im rein motorisch - funktionellen Bereich, soll nach dieser Annahme die Behandlung mit kognitiv - therapeutischen Übungen auch zu einer deutlicheren Minderung des Muskeltonus führen als die Behandlung nach dem Bobath - Konzept. Der Muskeltonus wird über die Spastik - Skala MAS operationaliert. Die Ratingstufen 0,1,1+,2,3 und 4 (s. Anhang C) erhielten bei der Beurteilung der Muskelspannung die Scores 0,1,2,3,4 und 5. Die Auswertung dieser Rohwerte mittels zweifaktorieller Varianzanalyse ergab keinen signifikanten Interaktionseffekt (F(1,18) = 1,004 n.s.). Die EG zeigt im Post - Test keine größere Abnahme der Spastizität als die KG (s. Abb. 8). Spastik - Skala mittlere Rohwerte 2 1,5 EG KG 1 0,5 MAS prä MAS post Abb. 8: Mittlere Rohwerte der Spastik - Skala im Prä - Post - Vergleich Ein Vergleich der Mittelwerte zeigt entgegen der Annahme sogar bei der EG einen Anstieg im Ausmaß der Spastizität, während die Probanden der KG im Post - Test durchschnittlich einen geringeren Muskeltonus aufweisen. Insgesamt liegt der durchschnittliche Grad der Spastizität in der Gesamtstichprobe zu beiden Meßzeitpunkten im unteren Bereich der Meßskala. Dem Anhang sind weitere Angaben und deskriptive Daten zu entnehmen (s. Anhang K; Tab. 18 und 22b). ERGEBNISSE 88 3.4. Hypothese 4 Ebenfalls im Bereich der Aktivitäten des täglichen Lebens zeigt die EG nach dem Trainingsintervall sowohl in der Fremd- als auch in der Selbstbeurteilung stärkere Verbesserungen als die KG. Zur Bestimmung der Beeinträchtigungen des alltäglichen Lebens wurde der Barthel Index in der Selbst- und Fremdeinschätzung ermittelt. Um unterschiedliche Veränderungen in der EG und KG während der Therapiezeit bezüglich der Selbständigkeit bzw. Hilfsbedürftigkeit zu überprüfen, wurden zweifaktorielle Varianzanalysen mit Meßwiederholung für die Fremd- und Selbsteinschätzung getrennt voneinander berechnet (s. Anhang K; Tab. 11, 12 und 22a). Hinsichtlich der Interaktion der Faktoren Testung * Gruppe ergaben sich für den Barthel - Index des Fremdurteils signifikante Veränderungen (F(1,18) = 5,732; p < .05). Bei Betrachtung der Mittelwerte zu den beiden Meßzeitpunkten wird allerdings ersichtlich, daß diese Veränderungen nicht den Annahmen entsprechen. Die KG weist eine deutlichere Verbesserung der Selbständigkeit auf, während die EG nur geringfügig bessere Unabhängigkeitswert im Post - Test erzielt (s. Abb. 9). Auch für den Barthel - Index des Selbsturteils konnte in der EG keine stärkere Abnahme der funktionellen Beeinträchtigung im Gegensatz zur KG festgestellt werden (s. Abb. 9). Der Interaktionseffekt Testung * Gruppe war nicht signifikant (F(1,18) = 0,030 n.s.). Barthel - Index 80 70 60 EG KG 50 40 30 20 Fremd prä Fremd post Selbst prä Selbst post Abb. 9: Mittlere Rohwerte des Barthel - Index (fremd / selbst) im Prä - Post - Vergleich ERGEBNISSE 89 Bei der Datenerhebung war aufgefallen, daß bei der Beurteilung der Pflegebedürftigkeit zum Teil deutliche Diskrepanzen zwischen der Selbst- und Fremdeinschätzung auftraten (s. Kapitel VI 3.3.). Um feststellen zu können, ob die unterschiedliche Einschätzung der betroffenen Patienten im Vergleich zum Pflegepersonal von statistischer Bedeutung ist, wurde eine dreifaktorielle Varianzanalyse mit dem zusätzlichen dritten Faktor „Einschätzung“ (Selbst / Fremd) mit Meßwiederholung gerechnet. Außerdem konnten so Interaktionseffekte zwischen der Art der Einschätzung und der Behandlungsgruppe bzw. dem Meßzeitpunkt überprüft werden. Wie erwartet, zeigten sich bezüglich der Faktoren „Testung“ und „Einschätzung“ hochsignifikante Haupteffekte (Testung: F(1,18) = 18,013; p < .001; Einschätzung: F(1,18) = 17,700; p = .001). Das Ausmaß der Unabhängigkeit im Alltag nahm sowohl bei der Fremd- als auch bei der Selbstbeurteilung während des Therapiezeitraumes ab (vgl. Ergebnisse zu Hypothese 1 im Abschnitt 3.1.). Dabei wurde für beide Gruppen und über beide Meßzeitpunkte hinweg die Selbständigkeit bei den Alltagsaktivitäten von den betroffenen Patienten höher eingeschätzt als von dem Pflegepersonal (vgl. Abb. 9 Barthel - Index). Alle Interaktionen sowie die Dreifachinteraktion zeigten keine signifikanten Effekte (s. Anhang K; Tab. 13). 3.5. Hypothese 5 Im motorisch - funktionellen Bereich zeigt die EG für den betroffenen Arm und die Hand deutlichere Verbesserungen in den Ergebnissen als die KG. Diese Annahme zu spezifischen Effekten der Therapie mit kognitiv - therapeutischen Übungen wurde überprüft, indem die Rohwerte der Unterskala „Arm“ des Rivermead Motor Assessment (RMA-A) aus beiden Behandlungsgruppen herangezogen wurden. Als statistisches Verfahren diente eine zweifaktorielle Varianzanalyse mit Meßwiederholung (s. Anhang K; Tab.17). Die Ergebnisse dieser Analyse konnten für die EG keine Überlegenheit bei der Rehabilitation des Armes und der Hand nachweisen. Für beide Behandlungsgruppen wurde zwar eine signifikante Verbesserung der Armfunktionen im Vergleich von der Anfangszur Abschlußuntersuchung festgestellt (Haupteffekt Testung: F(1,18) = 6,844; p < .05), aber das Ausmaß der Verbesserung war für die EG nicht größer als für die KG (Interaktion Testung * Gruppe: F(1,18) = 1,936 n.s.). Auffällig ist im Übrigen das generell niedrigere Niveau der Armfunktionen der EG im Vergleich zur KG, was aus der Abb. 10 (RMA-A) deutlich wird. ERGEBNISSE 90 Rivermead Motor Assessment - Arm mittlere Rohwerte 5 4,5 EG 4 KG 3,5 3 RMA A prä RMA A post Abb. 10: Mittlere Rohwerte der Subskala Arm des RMA im Prä - Post - Vergleich 3.6. Hypothese 6 Die KG weist hingegen nach dem Trainingsintervall stärkere Verbesserungen der Mobilität und der Rumpffunktionen auf als die EG. Aufgrund der unterschiedlichen Schwerpunktsetzung beider Therapiekonzepte, wird vermutet, daß die Patienten der Bobath - Behandlungsgruppe (KG) im Vergleich zu den Patienten der Perfetti - Behandlungsgruppe (EG) nach der Therapiezeit im Post - Test deutlichere Verbesserungen des Funktionsstatus des Rumpfes und der Mobilität aufweisen. Die Rohwerte der Subskalen „Gross function“ (RMA-G) und „Bein und Rumpf“ (RMA-B) des Rivermead Motor Assessment dienten als Operationalisierungen der Mobilität und der Rumpffunktionen. Im Bereich der allgemeinen Mobilität (RMA-G) konnte eine zweifaktorielle Varianzanalyse mit Meßwiederholung die Annahme nur eingeschränkt bestätigen (s. Anhang K; Tab.15). Die Mittelwerte weisen zwar auf eine deutlichere Steigerung der Mobilität in der KG hin, aber die Interaktion Testung * Gruppe verfehlte knapp das α - Niveau von 0,05, weshalb von keiner ausreichend großen Überlegenheit der KG gegenüber der EG bezüglich der Mobilitätsverbesserung ausgegangen werden muß (F(1,18) = 4,379, p = .051). Allerdings konnten sich beide Behandlungsgruppen im Grad der Mobilität im Prä Post - Vergleich verbessern, wie der Haupteffekt Testung belegt (F(1,18) = 10,007, p < .01) und die Abbildung 11 (RMA-Subskalen) veranschaulicht. ERGEBNISSE 91 Zur Bestimmung der Funktionsveränderungen im Bereich Rumpf und Bein wurde für die Rohwerte der Subskala RMA-B eine zweifaktorielle Varianzanalyse mit Meßwiederholung berechnet (s. Anhang K; Tab. 16). Für den Faktor Testung ergab sich ein hochsignifikanter Haupteffekt (F(1,18) = 14,855, p = .001), die Interaktion Testung * Gruppe brachte keine signifikanten Ergebnisse (F(1,18) = 1,252 n.s.). Beide Behandlungsgruppen erzielten also in dem Zeitraum zwischen Prä- und Post - Test eine Verbesserung der Rumpfkontrolle und -funktionen. Für die EG fiel dieser Fortschritt jedoch nicht größer aus als für die KG (s. Abb. 11 RMA-Subskalen), weshalb die Hypothese in diesem Bereich nicht bestätigt werden kann. Rivermead Motor Assessment - Subskalen mittlere Rohwerte 6 5 EG KG 4 3 2 RMA RMA G prä G post RMA RMA B prä B post RMA RMA A prä A post Abb. 11: Mittlere Rohwerte der Subskalen des RMA im Prä - Post - Vergleich Eine zusammenfassende Betrachtung aller Ergebnisse des Rivermead Motor Assessment läßt erkennen, daß sich im Gesamtscore (RMA gesamt) und in allen Unterskalen (RMAG, RMA-B, RMA-A) eine Steigerung der motorisch - funktionellen Leistungen während des Therapiezeitraumes verzeichnen läßt. Im Widerspruch zu den Erwartungen konnte jedoch in keinem Bereich ein statistisch bedeutsamer Unterschied zwischen den beiden Behandlungsgruppen aufgezeigt werden. Beachtenswert scheinen hier jedoch die unterschiedlichen Leistungsniveaus der Gruppen zu sein. Während im RMA-G und RMA-B die KG zu beiden Meßzeitpunkten im Mittel schlechtere Werte erzielt als die EG, ist dieses Verhältnis im Funktionsbereich Arm umgekehrt. Zur Verdeutlichung dieses Befundes sind in der Abbildung 11 zusätzlich noch einmal die Mittelwerte für die Subskala RMA-A abgetragen (vgl. Abb. 10 RMA-A). ERGEBNISSE 92 3.7. Hypothese 7 Je niedriger die initiale Aufmerksamkeitsleistung bei Patienten aus der EG, desto geringer sind die motorisch - funktionellen Fertigkeiten nach dem Trainingsintervall. Bei Patienten der KG finden sich diese Zusammenhänge nicht. Für diese Fragestellung wurde der Zusammenhang der Ergebnisse des AKT mit den Ergebnissen des RMA und Barthel - Index anhand von bivariaten Korrelationen für beide Behandlungsgruppen getrennt voneinander bestimmt. Da die Aufmerksamkeitsleistung als Ausgangspotential für die möglichen Fähigkeiten bzw. Ergebnisse im motorischen Bereich angesehen wird, wurden die Zusammenhänge zwischen dem Grad der Aufmerksamkeit bei der Anfangsuntersuchung und den motorischen Fähigkeiten beim Post - Test ermittelt. Als Testvariablen dienten der AKT - Gesamtwert, der Gesamtwert und die Subskalen des RMA sowie der Barthel - Index aus der Selbst- und Fremdeinschätzung. Die Ergebnisse sind der Tabelle 4 zu entnehmen. EG (n=8) KG (n=8) AKT - Gesamt Prä AKT - Gesamt Prä RMA Gesamt Post Korrelation p (einseitig) 0,328 n.s. .214 0,654* .039 RMA-Gross function Post Korrelation p (einseitig) 0,146 n.s. .365 0,752* .016 RMA-Bein Post Korrelation p (einseitig) 0,076 n.s. .429 0,581 n.s. .065 RMA-Arm Post Korrelation p (einseitig) 0,403 n.s. .161 0,482 n.s. .113 Barthel - fremd Post Korrelation p (einseitig) 0,490 n.s. .109 0,761* .014 Barthel - selbst Post Korrelation p (einseitig) -0,033 n.s. .469 0,401 n.s. .163 Anmerkung: n.s. nicht signifikant; * p<.05 signifikant, ** p<.01 sehr signifikant; ***p<.001 äußerst signifikant Tab. 4: Ergebnistabelle der Korrelationen: AKT (prä) mit RMA und Barthel (post) Die Ergebnisse zeigen, daß es entgegen der Annahme in der EG überhaupt keine signifikanten Zusammenhänge zwischen der Aufmerksamkeitsleistung und den motorischen Fähigkeiten gibt. Anders als erwartet, treten jedoch in der KG drei signifikante Korrelationen auf. Je höher die Aufmerksamkeit zu Beginn der Untersuchung, desto größer ist die Unabhängigkeit in der Fremdbeurteilung und desto besser ist insgesamt die motorische Leistung sowie die Mobilität nach der Therapiephase. ERGEBNISSE 93 Die gefundenen signifikanten Korrelationen von Aufmerksamkeit und Motorik bei der KG lassen noch keinen Rückschluß auf die Wirkungsweise der Behandlung zu. Um zu klären, ob schon zu Beginn der Untersuchung diese Korrelationen vorhanden waren und somit gar nicht im Zusammenhang mit der Behandlung stehen, wurden zusätzlich noch Korrelationen zwischen dem AKT - Wert und den motorisch - funktionellen Testergebnissen aus der Anfangsuntersuchung berechnet. Die Tabelle 5 gibt einen Überblick über die Ergebnisse. EG (n=8) KG (n=8) AKT - Gesamt Prä AKT - Gesamt Prä RMA Gesamt Prä Korrelation p (einseitig) 0,385 n.s. .173 0,664* .036 RMA-Gross function Prä Korrelation 0,190 n.s. p (einseitig) .326 0,757* .015 RMA-Bein Prä Korrelation p (einseitig) 0,408 n.s. .158 0,781* .011 RMA-Arm Prä Korrelation p (einseitig) 0,370 n.s. .183 0,481 n.s. .114 Barthel - fremd Prä Korrelation p (einseitig) 0,260 n.s. .267 0,817** .007 Barthel - selbst Prä Korrelation p (einseitig) -0,061 n.s. .443 -,073 n.s. .432 Tab. 5: Ergebnistabelle der Korrelationen: AKT (prä) mit RMA und Barthel (prä) Ein Vergleich mit der Tab. 4 macht deutlich, daß alle dort dokumentierten signifikanten Korrelationen der KG auch hier nachgewiesen werden können. Die Zusammenhänge zwischen der initialen Aufmerksamkeit und den motorischen, funktionellen und alltagsrelevanten Ergebnissen der Abschlußuntersuchung treten also auch schon in der Anfangsuntersuchung bei der Kontrollgruppe in Erscheinung. ERGEBNISSE 94 3.8. Hypothese 8 Die EG zeigt nach der Therapie im Gegensatz zur KG eine Verbesserung der Aufmerksamkeitsleistung. Zur Berechnung von zweifaktoriellen Varianzanalysen mit Meßwiederholung wurden von den möglichen Leistungsmaßen des Alters - Konzentrations - Tests (AKT) der Gesamtwert und die Bearbeitungszeit herangezogen. Diese Auswahl wird von Kessler & Markowitsch (1991) empfohlen, um das Testverhalten ausreichend beschreiben zu können. Zusätzlich wurde für die Rohwerte „Richtige“ (Anzahl der richtigen Items) eine Varianzanalyse gerechnet (s. Anhang K; Tabellen 19, 20, 21 und 22b). Alters-Konzentrations-Test (Gesamtwert) mittlere Gesamtwerte 50 48 EG KG 46 44 42 AKT prä AKT post Abb. 12: Mittlere Gesamtwerte des AKT im Prä - Post -Vergleich Aus der Abbildung 12 wird deutlich, daß sich die Leistung von beiden Behandlungsgruppen bezüglich der Konzentrations- und Aufmerksamkeitsfähigkeit im Vergleich von der Anfangsuntersuchung zum Post - Test verschlechtert hat. Die Varianzanalyse ergibt einen signifikanten Haupteffekt des Faktors Testung (F(1,14) = 5,710; p < .05). Ein weiterer nicht den Annahmen entsprechender Befund ist die nicht signifikante Interaktion Testung * Gruppe (F(1,14) = 1,914 n.s.). Die EG ist in dem Gesamt - Aufmerksamkeitswert im Vergleich zur KG nicht besser geworden, sondern ist im Gegenteil in ihren Leistungen noch stärker abgesunken als die KG. ERGEBNISSE 95 Für die beiden weiteren Leistungsmaße des AKT haben sich keinerlei signifikante Effekte ergeben. Sowohl bei der Bearbeitungszeit als auch bei der Anzahl der Richtigen war der Hauptfaktor Testung (Zeit: F(1,14) = 0,986 n.s.; Richtige: F(1,14) = 2,175 n.s.) und die Interaktion Testung * Gruppe (Zeit: F(1,14) = 0,572 n.s.; Richtige: F(1,14) = 1,827 n.s.) nicht signifikant. Die Betrachtung der Gruppenmittelwerte (s. Abb. 13 ) zeigt jedoch vor allem bei der KG, wenn auch nicht statistisch bedeutsam, eine geringe Zunahme der Bearbeitungsgeschwindigkeit. Ebenfalls nicht statistisch relevant ist die Reduzierung der Anzahl Richtiger im Post - Test (s. Abb. 14). Alters-Konzentrations-Test (Zeit) Mittlere Bearbeitungszeit (Sek.) 200 175 EG KG 150 125 AKT prä AKT post Abb. 13: Mittlere Bearbeitungszeit (in Sek.) des AKT im Prä - Post - Vergleich Alters-Konzentrations-Test (Richtige) Mittlere Anzahl Richtiger 18 17 16 EG KG 15 14 13 AKT prä AKT post Abb. 14: Mittlere Anzahl Richtiger im AKT im Prä - Post - Vergleich ERGEBNISSE 96 3.9. Hypothese 9 Die EG beurteilt die Behandlung mit kognitiv - therapeutischen Übungen positiver als die KG ihre Behandlung nach dem Bobath - Konzept. Zum Vergleich der Gruppenmittelwerte der verschiedenen Skalen des modifizierten Fragebogens zur Beurteilung der Behandlung wurden t - Tests durchgeführt. Weder im Gesamttest, noch in den einzelnen Subskalen zeigten sich signifikante Mittelwertsunterschiede zwischen den beiden Behandlungsgruppen EG und KG (s. Tab. 6 und Abb. 15). Beide Gruppen beurteilten die erhaltene Behandlung in allen Punkten gleich, bzw. nur geringfügig unterschiedlich. Gesamt Rahmenbedingungen der Behandlung Beziehung zum Therapeuten Erfolg der Behandlung EG (n = 9) M SD 3,31 0,185 KG (n = 11) M SD 3,30 0,490 t df *1 p 0,041 n.s. 3,34 0,402 3,21 0,719 0,470 n.s. 18 .644 3,79 0,267 3,61 0,379 1,234 n.s. 18 .233 2,64 0,517 3,02 0,460 -1,710 n.s. 18 .105 13,277 .968 *1: Die unterschiedlichen Freiheitsgrade kommen aufgrund der ungleichen Varianzen (signifikanter Levene -Test) bei einzelnen Variablen zustande. Tab. 6: Ergebnistabelle der t - Tests: Behandlungsbeurteilung der EG und KG FBB (modifiziert) Gesamt Rahmenbedingungen der Behandlung KG EG Beziehung zum Therapeuten Erfolg der Behandlung 2 2,5 3 3,5 4 mittlere Rohwerte Abb. 15: Mittelwerte der Behandlungsbeurteilung beider Behandlungsgruppen ERGEBNISSE 97 3.10. Hypothese 10 Unabhängig von der Behandlungsgruppe sind positivere Beurteilungen der Behandlung mit besseren Ergebnissen in motorisch - funktioneller Hinsicht sowie im ADL - Bereich assoziiert. Aufgrund der überwiegend unreliablen Subskala wurde für die Auswertung lediglich der Gesamtwert des modifizierten FBB herangezogen. Wie aus der Tabelle 7 zu ersehen ist, ergaben sich keine signifikanten Zusammenhänge zwischen der Behandlungsbeurteilung mit den motorischen, funktionellen und alltagsrelevanten Befunden der Post - Testung. Die motorischen Fertigkeiten und das Ausmaß der Unabhängigkeit sind also nicht wie im erwarteten Sinne mit dem Grad der Zufriedenheit bezüglich der erhaltenen Behandlung assoziiert. FBB - Gesamtwert N = 20 RMA Gesamt Post Korrelation p (einseitig) 0,307 n.s. .094 RMA-Gross function Post Korrelation p (einseitig) 0,194 n.s. .206 RMA-Bein Post Korrelation p (einseitig) 0,369 n.s. .054 RMA-Arm Post Korrelation p (einseitig) 0,304 n.s. .096 Barthel - fremd Post Korrelation p (einseitig) 0,157 n.s. .255 Barthel - selbst Post Korrelation p (einseitig) 0,039 n.s. .435 Tab. 7: Zusammenhang zwischen Zufriedenheit und den Ergebnissen im Post - Test ERGEBNISSE 98 4. Hypothesenübergreifende Ergebnisse Ein interessanter, aber über die bestehenden Fragestellungen hinausgehender Befund ergab sich bei der Korrelationsberechnung mit den Werten des FBB. Es konnte ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Gesamtbeurteilung der Behandlung mit dem Ausmaß der Spastizität festgestellt werden. Dabei zeigte sich dieser Zusammenhang sowohl mit den Resultaten des MAS aus der Erstuntersuchung als auch mit den Ergebnissen des MAS aus der Abschlußerhebung (prä: r = -0,563; p = .005; post: r = -0,498; p < .05). Eine positivere Beurteilung der Behandlung ist demnach mit einer niedrigeren Ausprägung der Spastizität assoziiert. Je schlechter jedoch die erhaltene Behandlung beurteilt wird, desto höher liegt das Ausmaß der Spastizität. Da dieser Zusammenhang schon vor Beginn der Therapie zu finden war, ist nicht davon auszugehen, daß eine Zufriedenheit mit der Behandlung zu einem reduzierten Muskeltonus führt. Für die Zusammenhänge liegt eine andere Vermutung viel näher. Da mit zunehmender Spastizität des betroffenen Armes auch eine größere Beeinträchtigung der Armfunktionen verbunden ist, erscheint dies als möglicher Grund für die zunehmende Unzufriedenheit. Das heißt, der FBB würde in diesem Fall nicht die Zufriedenheit mit der Behandlung, sondern die allgemeine Zufriedenheit erfassen. Die Betrachtung der Resultate im Prä - Test (s. Anhang K; Tab. 10) läßt einen weiteren Befund auffallen: Bei einzelnen Variablen treten deutliche Varianzunterschiede zwischen der EG und KG auf. Beispielsweise unterscheiden sich die Varianzen des RMA gesamt und der Subskalen RMA-G und -A in der Anfangsuntersuchung zwischen den beiden Behandlungsgruppen signifikant (gesamt: F = 3,265; p = .10; gross function: F = 7,160; p < .05; Bein: F = 9,753; p < .01). Die EG zeigt in allen drei Skalen größere Schwankungen in den motorischen Fähigkeiten als die KG. In beiden Gruppen finden sich Patienten, die in den drei Skalen Werte im unteren Bereich erzielen. Aber nur in der EG sind auch Patienten, deren motorische Leistungen im oberen Bereich der Skalen liegen. Ursächlich kommen dafür die Auswahlkriterien für die Behandlungsgruppen in Frage. Auch bei der Bewertung der Behandlung treten Varianzunterschiede zwischen den Gruppen auf (vgl. Tab. 6; S. 96). Die Behandlung wird in der KG insgesamt viel unterschiedlicher beurteilt als in der EG. Die Standardabweichung des Gesamtwertes liegt in der KG bei 0,4906 (M = 3,30) und in der EG bei 0,1850 (M = 3,31) und ist im Levene Test signifikant (F = 5,171; p < .05). Alle Patienten der EG bewerten die erhaltene Behandlung mit „gut“, was auf eine gleichbleibend hohe Qualität der Behandlung hinweisen könnte. In der Kontrollgruppe hingegen wird die erhaltene Behandlung zum Teil mit „mäßig“, aber auch mit „sehr gut“ beurteilt. ERGEBNISSE 99 Für die hypothesenbezogene Auswertung wurden die jeweiligen Rohwerte des Alters Konzentrations - Tests herangezogen. Hieraus sind jedoch noch keine Aussagen über die Aufmerksamkeitsleistungen der Patienten im Vergleich zu einer Bezugspopulation möglich. Um die Leistung der Stichprobe als durchschnittlich, unter- oder überdurchschnittlich einordnen zu können, wurden daher die Ergebnisse (Gesamtwert) zusätzlich anhand der berechneten Centil - Werte betrachtet. Normiert an einer Stichprobe von 1008 Patienten (Angaben zur Normierungsstichprobe s. Kapitel VI 1.3.) lagen die mittleren Centil - Werte der Untersuchungsstichprobe für den Gesamtwert im Prä - Test bei C = 6,06 und im Post - Test bei C = 5,44. Fast die Hälfte der Probanden aus der Vergleichsstichprobe haben somit bessere Werte erzielt als die Patienten der Untersuchungsstichprobe im Post - Test. Getrennt nach den Gruppen, zeigte die EG in der Anfangsuntersuchung einen mittleren Centil - Wert von C = 6,5 und die KG von C = 5,63. Für die Abschlußuntersuchung wurde in der EG ein mittlerer Centil - Wert von C = 4,75 und für die KG von C = 6,12 ermittelt. Bei der Varianzanalyse ergab sich für diese Werte ein signifikanter Interaktionseffekt Testung * Gruppe (F (1,14) = 7,177; p < .05). Während sich die Kontrollgruppe in ihren Werten verbessern konnte, kam es bei der Experimentalgruppe zu einer Verschlechterung. Da die Centil - Werte als Leistungsmaß jedoch zu grob erscheinen, fließen diese Ergebnisse nicht mit in die Interpretation ein. DISKUSSION 100 Kapitel VIII: Diskussion 1. Generelle Wirksamkeit der Behandlungskonzepte Die ersten Fragestellungen der vorliegenden Arbeit zielten auf die Überprüfung der generellen Wirksamkeit der kognitiv - therapeutischen Übungen im Vergleich zur Behandlung nach dem Bobath - Konzept. Zunächst sollte geklärt werden, ob im Therapiezeitraum unabhängig von der Behandlungsgruppe überhaupt eine Veränderung bzw. Verbesserung in den betrachteten Variablen stattgefunden hat. Hier konnten die Ergebnisse einen deutlichen Fortschritt der funktionellen Motorik belegen und somit auf einen Therapieeffekt in diesem Bereich hindeuten. Dieser Befund bestätigt vorhandene Ergebnisse von Krause et al. (1998) und Bülau, Fuger und Horn (1994) zur Wirksamkeit von Rehabilitationsmaßnahmen. In beiden Studien wurden Verbesserungen der körperlichen Beeinträchtigungen während einer stationären Rehabilitationsbehandlung mit u.a. ergo- und physiotherapeutischen Anwendungen dokumentiert. Weiterhin konnten in der Untersuchung auch Veränderungen im Bereich der Aktivitäten des täglichen Lebens ermittelt werden. Die Ergebnisse belegen im Vergleich vom Anfangsbefund zur Enduntersuchung einen Zugewinn an Selbständigkeit und Unabhängigkeit. Die Patienten konnten also zumindest einen Teil ihrer freien Lebensgestaltung wiedergewinnen und waren nicht mehr so umfangreich auf fremde Hilfe bei der Bewältigung der Anforderungen des täglichen Lebens angewiesen. Damit unterstützen die Ergebnisse die Befunde aus einer Studie von Harlacher, Pientka und Füsgen (1999), die auch gerade im Bereich der Alltagsaktivitäten bei der von ihnen untersuchten Stichprobe Verbesserungen im Behandlungsverlauf festgestellt hatten. Die Fortschritte bei diesen Aktivitäten wurden sowohl durch die Patienten selbst als auch durch das Pflegepersonal berichtet. Nach der Therapie beurteilten die Patienten das Ausmaß ihrer Unabhängigkeit größer und damit die Hilfsbedürftigkeit niedriger als vorher. Von Seiten des pflegenden Personals wurde dieser Fortschritt ebenso eingeschätzt. Allerdings lag die Fremdbeurteilung der Selbständigkeit unabhängig von Gruppenzugehörigkeit und Testzeitpunkt deutlich unter dem Wert, der anhand der Selbsteinschätzung durch die Patienten ermittelt wurde. Diesem Befund kann eine auf Einschränkung fokussierte Beurteilungsweise seitens des Pflegepersonals zugrunde liegen. Eine weitere Erklärung für diese Unterschiede kann eine mangelnde Krankheitseinsicht der Patienten sein. Hierbei kann es sich um die sog. Anosognosie handeln. Nach Pschyrembel (1994) kommt es vor allem nach einem Schlaganfall zu dieser „Unfähigkeit, eine eigene Erkrankung bzw. Funktionsausfälle zu erkennen“. DISKUSSION 101 Vor allem die Negierung von Funktionsausfällen ist bei vielen Patienten sehr deutlich zum Vorschein getreten. Die Defizite bei der Ausführung verschiedener Alltagsaktivitäten wurden mittels der ADL - Selbstbeurteilungsskala also häufig nicht erfaßt. Um objektive Aussagen über die Auswirkung einer Behandlung auf die Aktivitäten des täglichen Lebens treffen zu können, erscheint es somit sinnvoller, sich auf die Angaben und Einschätzungen der pflegenden oder betreuenden Personen zu stützen. Die Selbsteinschätzung der Items von ADL - Skalen kann jedoch als zusätzliche Quelle weitere wertvolle Informationen liefern. Die Spastizität der Muskulatur der betroffenen Seite hat sich während des Therapieintervalles innerhalb der Gesamtstichprobe nicht verändert. Die Rehabilitationsmaßnahmen scheinen keine anhaltende Auswirkungen auf das Ausmaß der Muskelspannung zu haben. Bei Betrachtung des Gesamtmittelwertes aller Probanden im Prä - Test und der Spannweite der Ratingskala (0 - 5) wird jedoch ersichtlich, daß das Ausmaß der Spastizität generell von Anfang an sehr niedrig lag. Eine zusätzliche Verbesserung in diesem Bereich zu erzielen, ist sehr viel schwieriger, als einen hohen Tonus meßbar zu reduzieren. Daß sich keine deutlicheren Veränderungen des Muskeltonus nachweisen ließen, läßt sich auch durch die mangelnde Sensitivität des Erhebungsinstrumentes (v.a. für den unteren Bereich der Spastizität) erklären. Die Behandlung kann demnach einen Effekt auf den Muskeltonus ausgeübt haben, ohne daß dieser meßbar wurde. Mit den bisher herangezogenen Ergebnissen kann also - abgesehen von einer reinen Spontanremission - die klinische Wirksamkeit der erhaltenen Behandlung für beide Behandlungsgruppen angenommen werden. Mit Ausnahme der Spastizität konnte in allen erfaßten Bereichen eine Veränderung belegt werden, so daß die Hypothese 1 teilweise bestätigt wurde. Mit den ersten Fragestellungen sollte aber vor allem geklärt werden, ob die kognitiv - therapeutischen Übungen einen überlegenen Effekt im Vergleich zur herkömmlichen Behandlung nach Bobath erzielen. Diese Überlegenheit kann anhand der vorliegenden Ergebnisse nicht belegt werden. So zeigte sich bei der Erfassung der motorischen Fähigkeiten mittels des Rivermead Motor Assessment (RMA), daß beide Behandlungsgruppen gleichermaßen ihre Leistungen steigern konnten. Eine deutlichere Verbesserung der Experimentalgruppe wie sie in Hypothese 2 erwartet wurde, kann somit nicht bestätigt werden. Das physiotherapeutische Konzept nach Bobath kann also für die allgemeine Bewegungsanbahnung und verbesserung ebenso gut beitragen, wie das Übungsprogramm von Perfetti. Die zusätzliche Betonung der kognitiven Elemente, wie es für dieses Konzept charakteristisch ist, erzielt keine besseren Behandlungsergebnisse. DISKUSSION 102 Ebenso wie die Bobath - Therapie sind die Übungen von Perfetti zwar geeignet, um physiologische Bewegungsabläufe zu fördern, motorische Fortschritte anzuregen und das gesunde Gang- und Haltungsbild zu unterstützen. Von einem Vorteil bei der motorischen Rehabilitation zugunsten der Perfetti - Methode kann jedoch nicht gesprochen werden. Daher ist anzunehmen, daß andere Mechanismen zur Förderung der motorischen Rehabilitation genauso wichtig sind wie die Betonung der kognitiven Elemente. Mit der Hypothese 3, die sich auf die Therapie von Spastizität bezieht, wurde ein weiterer wesentlicher Bereich in der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten angesprochen. Für Patienten, die nach einem Schlaganfall unter einem spastisch erhöhten Muskeltonus leiden, steht in der Rehabilitation die Normalisierung der Muskelspannung an erster Stelle. Denn nur mit einem normalen Muskeltonus lassen sich physiologische Bewegungen durchführen und die Funktionen von Arm und Bein erfolgversprechend anbahnen. Ein umfassendes, anspruchsvolles Behandlungsprogramm muß auch besonders diesen Aspekt berücksichtigen. Hier war bislang vor allem das Bobath - Konzept zu nennen, welches den normalen Tonus als Grundvoraussetzung für Bewegung annimmt und demzufolge die Hemmung der pathologischen Muskelspannung als wichtiges Therapieziel ansieht. Allerdings konnte die Empirie bisher keine effektive Spastikreduzierung für das Bobath - Programm nachweisen. Zum Beispiel stellten Dickstein et al. (1986) in ihrer Studie fest, daß der Muskeltonus sogar während des Behandlungszeitraumes zunahm. Von einem speziellen Einfluß der Methode nach Bobath auf den Muskeltonus kann demzufolge nicht ausgegangen werden. In der vorliegenden Untersuchung sollte nun der Einfluß der kognitiv - therapeutischen Übungen auf den Muskeltonus überprüft werden. Es wurde eine Überlegenheit dieser Methode bezüglich des spastikreduzierenden Effektes postuliert. Aber auch in diesem Bereich können die Ergebnisse die Annahmen nicht unterstützen. Vielmehr ergibt sich bei der Experimentalgruppe im Laufe der Behandlung eine Erhöhung der Muskelspannung. Im Gegensatz zu der o.g. Studie von Dickstein (1986) konnte allerdings die Kontrollgruppe eine geringe Abnahme der Spastizität erreichen. Obwohl diese Effekte nicht statistisch abgesichert sind, belegen die Daten zumindest einen Gruppenunterschied, der nach der Hypothese 3 nicht zu erwarten war. Da das Ausmaß der Spastizität häufig ein Anzeichen von momentaner Überforderung ist, könnten die Ergebnisse darauf hindeuten, daß die kognitiv - therapeutischen Übungen eine extreme Anstrengung für den Patienten bedeuten, welche langfristig zu einer anhaltenden Tonuserhöhung führen kann. Aber auch der normale Verlauf bei der Entstehung einer spastischen Bewegungsstörung kann eine Ursache für diesen Befund sein. Es ist bekannt, daß nach dem Schlaganfallereignis zunächst eine Phase mit schlaffen Lähmungen eintritt, die dann erst allmählich in ein spastisches Stadium übergeht (Duus, 1995). DISKUSSION 103 Wenn die Beurteilung der Spastizität im Rahmen der Erstuntersuchung zu einem Zeitpunkt stattgefunden hat, in dem noch das schlaffe Stadium vorherrschte, während die Abschlußuntersuchung schon in das spastische Stadium fällt, kann allein diese Tatsache die in der EG dokumentierte Zunahme des Muskeltonus erklären. Um eine Verfälschung der Ergebnisse durch diese Störquelle auszuschließen, müßte in Folgeuntersuchungen darauf geachtet werden, daß die Beurteilung der Spastizität für alle Patienten gleichermaßen entweder im schlaffen oder spastischen Stadium vorgenommen wird. Aus diesen Gründen läßt sich die Tatsache, daß sich nach der Behandlung keine größere Abnahme der Spastizität bei den Patienten aus der Experimentalgruppe feststellen läßt, nicht unbedingt auf eine mangelnde Wirksamkeit der Behandlung zurückführen. Eine weitere Erklärung für den fehlenden Effekt kann sein, daß sich die Wirkung der Behandlung auf den Muskeltonus unmittelbar nach der Therapie zeigt und zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht mehr nachweisbar war. Nicht auszuschließen ist zudem der tonusmodulierende Einfluß der Stimmungslage der Patienten. Außerdem lassen die Ergebnisse nur Aussagen über die Spastizität des betroffenen Armes zu, da mit der verwendeten Skala die untere Extremität nicht erfaßt wurde. Die 3. Hypothese sollte unter diesen Gesichtspunkten deshalb mit einer weiteren Stichprobe erneut getestet werden. Neben den bereits erörterten Bereichen wurde auch für das Untersuchungsfeld der Aktivitäten des täglichen Lebens eine Überlegenheit der Perfetti - Übungsgruppe angenommen. Die Ergebnisse in der Fremdeinschätzung des Barthel - Index liefern hierfür jedoch keine Unterstützung. Beide Behandlungsgruppen konnten während des Untersuchungszeitraumes an Selbständigkeit gewinnen, aber die KG zeigt im Post - Test größere Fortschritte bei der Bewältigung der alltäglichen Aktivitäten. Der signifikante Interaktionseffekt weist auf die Wirksamkeit der Bobath - Behandlung und eine entsprechende Verbesserung hin. Grund für dieses Ergebnis kann das im Bobath - Konzept betonte 24 - Stunden - Management sein, welches besonders die alltäglichen Anforderungen berücksichtigt und trainiert (vgl. Kapitel III 3.2.). Andererseits spricht dieser Befund nicht zwangsläufig - entgegen den Annahmen - für eine Überlegenheit der Vorgehensweise nach Bobath, denn beide Gruppen haben in der Abschlußuntersuchung fast den gleichen Unabhängigkeitswert erreicht. Die stärkere Steigerung in der KG kann folglich auf das in dieser Gruppe niedrigere Anfangsniveau der Selbständigkeit im Prä Test zurückgeführt werden, so daß lediglich während des Trainingszeitraumes der unterschiedliche Stand aufgeholt wurde. DISKUSSION 104 Auch die Ergebnisse in der Selbsteinschätzung belegen keine Überlegenheit einer der beiden Gruppen. Hier zeigt die KG ähnlich große Steigerungen vom Prä- zum Post Test wie die EG. Daß in dem Selbsturteil im Gegensatz zur Fremdeinschätzung kein größerer Fortschritt der KG deutlich wird, kann an dem Aufbau des Barthel - Fragebogens liegen. Aufgrund der Gewichtung bewirkt eine alleinige Verbesserung der Mobilität einen deutlichen Anstieg des Gesamtscores (Harlacher, Pientka, Füsgen, 1999). Vor allem für das Pflegepersonal wird diese Verbesserung des Hilfsbedarfs vermutlich gravierender auffallen und sie wird sich demnach auch in der Bewertung niederschlagen, wobei die Patienten in ihrem Selbsturteil im Bereich Mobilität vielleicht noch keine so deutlichen Fortschritte sehen. Dieser Gedankengang könnte die bei der Fremdeinschätzung aufgetretene Überlegenheit der Behandlung nach Bobath widerlegen. Trotzdem unterstützen die Ergebnisse insgesamt nicht die postulierten Annahmen. Die kognitiv - therapeutischen Übungen konnten sich somit auch im Bereich der Aktivitäten des täglichen Lebens nicht mit besonderer Effektivität auszeichnen. DISKUSSION 105 2. Spezifische Effekte der Behandlungskonzepte In der bisherigen Interpretation der Ergebnisse wurden die erzielten motorischen Leistungen ausschließlich in ihrer Gesamtheit betrachtet und keine Differenzierung zwischen einzelnen Bewegungsmodalitäten vorgenommen. Wirken sich beide Behandlungskonzepte auf Teilaspekte der Motorik jedoch unterschiedlich aus, könnten diese Effektivitätsunterschiede folglich durch das Gesamtergebnis überdeckt worden sein. Aufgrund der Unterschiede in Theorie und Praxis der beiden Therapiekonzepte postulieren die Hypothesen zu den spezifischen Effekten genau diese Unterschiede in der Wirksamkeit. Das Behandlungskonzept nach Perfetti zeichnet sich in der praktischen Anwendung vor allem durch das Bemühen einer Funktionsverbesserung für die obere Extremität aus. Die Unzufriedenheit mit den Behandlungsergebnissen bezüglich der Arm- und Handfunktion hat schließlich auch den Anstoß zur Entwicklung dieses neuen Therapieprogrammes für Schlaganfallpatienten gegeben. Aus diesem Grund wird vermutet, daß sich mittels der kognitiv - therapeutischen Übungen eine Erholung und Reintegration der Arm- und Handfunktion erzielen läßt, die über die mit anderen Methoden erzielten Fortschritte hinausgehen. In der konkreten Untersuchungssituation der vorliegenden Diplomarbeit sollte sich also ein Vorteil für die nach Perfetti behandelten Patienten gegenüber der Bobath - Behandlungsgruppe ergeben. Die Ergebnisse der zur Klärung dieser Fragestellung herangezogenen Rivermead - Arm Skala konnten jedoch in der Praxis einen solchen Vorteil nicht bestätigen. Wie auch für den Gesamtwert des RMA zeigte sich auch in der Subskala „Arm“ ein für beide Gruppen gleichgroßer Effekt im Prä - Post - Vergleich. Offensichtlich läßt sich für die Experimentalgruppe nicht der erwartete größere Nutzen des Übungsprogrammes belegen. Die Vermutung liegt nahe, daß die Behandlung nach Perfetti mit ihrer anderen Herangehensweise bei der Rehabilitation des Armes und der Hand lediglich einen anderen Weg wählt, aber damit keine qualitativ besseren Resultate im oberen Funktionsbereich erzielen kann. Die Nutzung taktiler Informationen und Wahrnehmung scheint also nicht die gewünschten und erwarteten Behandlungserfolge zu erbringen. Es bleibt allerdings zu berücksichtigen, daß die Patienten in der EG mit grundsätzlich schlechteren Funktionen des Armes und der Hand in die Untersuchung gestartet sind als die Patienten der KG. Diese Tatsache läßt sich eventuell mit den Auswahlkriterien bei der Zuweisung in die Behandlungsgruppen erklären. Vor allem Patienten mit armbetonter Hemiparese wurden der EG zugewiesen, so daß in dieser Gruppe die Beeinträchtigung der Funktionen der oberen Extremität besonders stark ausgeprägt sind. DISKUSSION 106 Diese Annahme deckt sich auch mit dem Befund bezüglich der Spastizität des betroffenen Armes, denn diese lag insgesamt bei den Patienten der EG höher als in der KG. Die Erfolgsaussichten, bei einer schwer funktionsgestörten und spastischen Hand willkürliche Motorik anzubahnen, sind schlechter einzuschätzen, als bei einer Hand mit verbleibenden Restfunktionen. Aufgrund der vorgenommenen Patientenselektion kann demzufolge nicht sicher davon ausgegangen werden, daß die kognitiv - therapeutischen Übungen keinen Vorteil bei der Rehabilitation der hemiparetischen Hand haben. Für die Behandlung nach dem Bobath - Konzept wird eine bessere Wirksamkeit bezüglich der allgemeinen Mobilität und der Rumpffunktionen angenommen. Die Ergebnisse der RMA - Subskala „gross function“, die die globalen Funktionsfähigkeiten wie Gehen, Transfer etc. erfaßt, weisen tatsächlich auf einen größeren Fortschritt bei der Kontrollgruppe hin, aber der Effekt hat knapp das Signifikanzniveau verfehlt. Außerdem findet man auch in diesem Bereich bei der Kontrollgruppe ein niedrigeres Anfangsniveau und ebenfalls die Werte aus dem Post - Test erreichen nicht das Funktionsniveau der EG. Es erscheint plausibel, daß sich die Behandlung bei immobilisierten Patienten zunächst auf die Schulung des Transfers und des Gehens konzentriert, womit sich auch der deutliche Effekt bei der KG erklären läßt. Ein bereits mobilisierter Patient wird dagegen schon eher mit der Schulung komplexer Funktionsmuster konfrontiert, zu deren Bewältigung ein viel längerer Zeitraum notwendig ist. Dies könnte ein Grund sein, weshalb die Patienten aus der EG keine so deutlichen Fortschritte nach der Therapiezeit aufweisen. Die Ergebnisse der RMA - Subskala „Bein“, mit der die Bein- und Rumpfkontrolle erfaßt wird, erbringen ebenfalls keine Hinweise auf die bessere Eignung der Bobath - Methode für diesen Funktionsbereich. Genau wie die Patienten aus der Perfetti - Gruppe, ergeben sich zwar Steigerungen in der Bewegungskontrolle, aber diese liegen nicht in einem signifikant höheren Rahmen. Von einem Vorteil der nach Bobath behandelten Patienten bezüglich der allgemeinen Mobilität und Rumpffunktionen (Hypothese 6) kann somit nicht ausgegangen werden. DISKUSSION 107 3. Der Aspekt der Aufmerksamkeit Mit der Diplomarbeit sollte weiterhin der bei den kognitiv - therapeutischen Übungen im Vordergrund stehende Aspekt der Aufmerksamkeit untersucht werden. Die Aufmerksamkeit wird von Perfetti als unabdingbare Voraussetzung für das Lernen angesehen, wobei der Lernprozeß als wichtiger Inhalt der Rehabilitation verstanden wird. Auf der hervorgehobenen Bedeutung der Aufmerksamkeit für die motorische Rehabilitation beruht die Hypothese 7. Wenn für das Wiedererlernen und die Organisation von Bewegungen die aktive Aufmerksamkeit erforderlich ist, dann müßte eine geringe Aufmerksamkeitsleistung die Wiederherstellung von komplexen Lokomotionsmustern verhindern oder zumindest erschweren. Wohingegen eine hohe Fähigkeit zu aufmerksamer, konzentrierter Leistung das Erlernen einer hohen Bewegungsqualität ermöglichen sollte. In der durchgeführten Untersuchung wurde folglich erwartet, daß sich dieser Zusammenhang von Aufmerksamkeit und motorisch - funktioneller Fähigkeit in einer positiven Korrelation zwischen den beiden Variablen ausdrückt. Allerdings sollte dieser Zusammenhang auf die Experimentalgruppe beschränkt bleiben, da in der Behandlung nach dem Bobath - Konzept der Aufmerksamkeit keine besondere Bedeutung zukommt. Die Ergebnisse der Korrelationsberechnungen konnten die Erwartung der Hypothese 7 nicht bestätigen. Während in der Experimentalgruppe keine der angenommenen Zusammenhänge nachgewiesen werden konnten, traten entgegen der Erwartung bei der Kontrollgruppe signifikante Korrelationen auf. Hier zeigten sich bei einem hohen initialen Aufmerksamkeitswert im Alters - Konzentrations - Test ebenfalls hohe Werte im Bereich der Motorik (insbesondere der allgemeinen Mobilität) und der Fremdbeurteilung der Selbständigkeit - und zwar sowohl in der Erstuntersuchung als auch in der Abschlußtestung. Aus diesem Befund kann der Hinweis abgeleitet werden, daß die Wirksamkeit der Behandlung nach Perfetti nicht durch die Aufmerksamkeitsleistung zu Beginn der Therapie systematisch beeinflußt wird. Die Ergebnisse dürfen aber auch nicht zu einer kausalen Interpretation verleiten, indem eine gute Aufmerksamkeit in Verbindung mit der Behandlung nach Bobath für einen guten Bewegungsstatus zum Abschluß der Therapie verantwortlich gemacht wird. Der Zusammenhang kann eher in dem Sinn verstanden werden, daß (unabhängig von der Behandlungsgruppe) kognitive Prozesse wichtige Aufgaben bei der Rehabilitation erfüllen. Diese Vermutung entspricht der intuitiven Annahme, wonach geistig agile Patienten eine bessere Prognose bzgl. der körperlichen Regeneration haben. DISKUSSION 108 Eine positive Folgerung aus den Ergebnissen betrifft den Anwendungsbereich der kognitiv - therapeutischen Übungen. Die Wirkungsweise des Konzeptes scheint nicht auf ein bestimmtes Maß an Aufmerksamkeit oder Konzentrationsfähigkeit angewiesen zu sein. Die kognitive Leistungsfähigkeit im Sinne von Aufmerksamkeit kann daher nicht als Kriterium herangezogen werden, um eine Patientenauswahl zu treffen, für die dieses Behandlungsprogramm geeignet wäre. Das Therapieverfahren bleibt somit für viele Schlaganfallpatienten offen und ist nicht einer engen Patientenauswahl vorbehalten. Zusätzlich sollte ermittelt werden, ob mit den Übungen nach Perfetti gleichzeitig ein implizites Aufmerksamkeitstraining in der EG stattfindet. Da für die Patienten dieser Gruppe im Post - Test eine Verschlechterung der Leistungen im Aufmerksamkeitsbereich festgestellt wurde, kann nicht von einem zusätzlichen Training dieser kognitiven Funktion durch das erhaltene Behandlungsprogramm ausgegangen werden. Die Abnahme der Aufmerksamkeit und Konzentration zeigte sich bei der EG in zwei der erhobenen Leistungsmaßen. Neben dem Gesamtwert (als Maß für die zerebrale Leistungsfähigkeit) sank auch die Anzahl der richtig gelösten Items. Lediglich die Bearbeitungszeit konnte im zweiten Test auf dem Niveau des Prä - Testes gehalten werden. Für die KG sahen die Ergebnisse für die ersten beiden Leistungsmaße ähnlich aus. Allerdings lassen sich hier die verschlechterten Resultate im Gesamtwert und der Trefferanzahl durch die reduzierte Bearbeitungszeit erklären. Die Patienten brauchten für die Bearbeitung des Tests im Rahmen der Abschlußuntersuchung durchschnittlich 60 Sekunden weniger Zeit als in der ersten Testung. Eine erhöhte Fehlerzahl und ungenaueres Arbeiten können deshalb als logische Folge angesehen werden. Diese Erklärung kann für die EG nicht herangezogen werden, so daß hier tatsächlich eine Verschlechterung der Leistungen angenommen werden muß. Insgesamt legen die Ergebnisse nah, die Aufmerksamkeit nicht als Mediator (Moderatorvariable) für die motorische Verbesserung bei der Behandlung mit kognitiv - therapeutischen Übungen anzusehen. Trotzdem kann nicht mit Gewißheit ausgeschlossen werden, daß die Aufmerksamkeit ein wichtiges Element bzw. eine Voraussetzung bei der Durchführung der Übungen bildet, da sich die Wirkung schließlich auch in Bereichen außerhalb der motorisch - funktionellen Fähigkeiten zeigen kann. Meines Erachtens ist ohnehin für eine erfolgreiche Behandlung unabhängig von ihrer theoretischen Ausrichtung die aufmerksame Mitarbeit des Patienten von entscheidender Bedeutung. DISKUSSION 109 4. Behandlungsbeurteilung / Zufriedenheit Ergänzend zu den bisherigen Fragestellungen sollte mit der Diplomarbeit der Einfluß der Behandlungszufriedenheit der Patienten auf den Erfolg der Behandlung untersucht werden. Vorausgesetzt die Patienten beider Behandlungsgruppen sind mit der erhaltenen Therapieform nicht gleichermaßen zufrieden, könnte sich dieser Unterschied auf den Behandlungserfolg auswirken. Die Ergebnisse des t- Tests zeigten jedoch, daß die KG mit ihrer Behandlung ebenso zufrieden war wie die EG. Die Gesamtbeurteilung in beiden Gruppen kann laut Testmanual des FBB mit der Benotung „gut“ interpretiert werden. Mit Zurückhaltung müssen die Subskalen interpretiert werden, da die Reliabilitäten und Trennschärfen zum Teil nicht ausreichend hoch sind. Dessen ungeachtet zeigen die Ergebnisse beider Behandlungsgruppen für die Subskala „Beziehung zum Therapeuten“ die besten Beurteilungen. Die Patienten zeigten sich u.a. mit dem entgegengebrachten Verständnis „vollständig zufrieden“. Mit den Rahmenbedingungen der Behandlung waren die Patienten beider Gruppen noch „überwiegend zufrieden“. Am schlechtesten wurde der Erfolg der Behandlung beurteilt, wobei hier die größten Unterschiede (nicht signifikant) zwischen den Gruppen auftraten. Demnach sind die Patienten der EG mit dem Behandlungserfolg weniger zufrieden als die Patienten der KG. Diese unterschiedliche Bewertung des Erfolges kann gut mit einigen Ergebnissen der übrigen Testverfahren in Einklang gebracht werden, bei denen die KG größere Fortschritte aufgewiesen hat. Da sich insgesamt die Zufriedenheit in den Behandlungsgruppen nicht unterscheidet, kann sie sich nicht konträr auf die Behandlungserfolge auswirken. Das heißt für die EG und die KG kann eine gleich hohe Motivation erwartet werden. Außerdem ist es fraglich, ob die Zufriedenheit über die Motivation überhaupt Wirkung auf die Behandlungserfolge zeigt, da keine signifikanten Zusammenhänge zwischen den Werten des FBB und des RMA bzw. Barthel - Index gefunden wurden. Zusammenfassend kann aus diesen Ergebnissen die Schlußfolgerung gezogen werden, daß sich in der Praxis keine Einschränkung für die Anwendung der Behandlungskonzepte von Perfetti und Bobath ergibt. Beide Methoden werden von den Patienten gleichermaßen akzeptiert und positiv bewertet, so daß sie von daher als gleichwertig zu erachten sind. DISKUSSION 110 5. Methodische Schwierigkeiten der Untersuchung Es erscheint wichtig zu betonen, daß fehlende Effekte auch allein durch eine Vielzahl an (methodischen) Schwierigkeiten und Problemen bei der Evaluation von physiotherapeutischen Verfahren zustande kommen können. Unterschiedliche Erfahrungen und Fähigkeiten der Therapeuten, Selektionskriterien der Patienten, inadäquate Erhebungsinstrumente und fehlendes Wissen bzgl. der notwendigen Therapiezeit sind beispielsweise Faktoren, die klare Schlußfolgerungen aus den Untersuchungen erschweren (Ashburn, 1993). Die im Rahmen der Diplomarbeit aufgetretenen methodischen Schwierigkeiten und Probleme bei der Durchführung der Untersuchung werden im Folgenden diskutiert. Zunächst ist die Auswahl und Größe der Stichprobe zu erwähnen. Aufgrund der klinischen und verwaltungstechnischen Abläufe in den Städtischen Kliniken Natruper Holz in Osnabrück konnte eine Randomisierung der Probanden nicht gewährleistet werden. Durch die Auswahl nach therapeutischen Gesichtspunkten kann nicht ausgeschlossen werden, daß sich bezüglich der Fähigkeiten und Leistungen heterogene Gruppen gebildet haben. Wie die anfänglichen Werte der Rivermead - Subskala „Arm“ nahelegen, ergaben sich infolge der Auswahlkriterien vor allem im Bereich der Armfunktionen leistungsheterogene Behandlungsgruppen. Wenngleich diese Unterschiede nicht signifikant waren, sollten die Ergebnisse und aufgetretenen Effekte unter Berücksichtigung dieser Sachlage interpretiert werden. Um bei weiteren Untersuchungen diese Einschränkungen zu vermeiden, sollte auf eine Zufallszuweisung der Patienten nicht verzichtet werden. Ein weiterer Punkt, der zu Restriktionen bezüglich der Interpretierbarkeit der Ergebnisse führte, ist die Größe der Gesamtstichprobe. Während des Datenerhebungszeitraumes der Diplomarbeit konnten nur 20 Patienten erfaßt werden, da in der betreffenden Zeit nicht mehr Schlaganfallpatienten in die Geriatrie aufgenommen wurden, die für die Studie in Frage kamen. Nach einem relativ kurzen Behandlungszeitraum von drei bis vier Wochen konnten nur kleine oder mittlere Effekte erwartet werden. Um diese Effekte von geringem Ausmaß statistisch abzusichern, ist die Anzahl der erfaßten Patienten zu niedrig. Bei einer Stichprobe von 10 Probanden je Gruppe muß es sich um einen großen Effekt handeln, damit signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen gefunden werden können. Zur abschließenden Klärung der betreffenden Fragestellungen, ist deshalb eine Replikation der Untersuchung mit größerer Stichprobe und damit größerer Power notwendig. DISKUSSION 111 Mit der Untersuchung sollte ein Abbild der realistischen Therapiesituation erfaßt werden, d.h. so wie sich die Rehabilitation von Schlaganfallpatienten im klinischen Alltag tatsächlich gestaltet, sollte sie auf ihre Effektivität hin untersucht werden. Da aus diesen Gründen die Behandlung nicht speziell auf die Untersuchung ausgerichtet wurde, hatte dies für die Studie nicht ganz unbedenkliche Konsequenzen. Zum Beispiel mußte auf die vollständige Standardisierung der Behandlungsdurchführung verzichtet werden. Die Behandlungszeiten wurden je Patient nicht festgelegt, sondern ergaben sich aus der Planung und den Möglichkeiten der ergotherapeutischen Abteilung. Daher kam es in beiden Behandlungsgruppen zu auffälligen Schwankungen in der Gesamttherapiezeit der einzelnen Patienten. Die von den Therapeuten dokumentierte Behandlungszeit variierte zwischen 8 bis 30 Stunden pro Patient, wobei sich die Mittelwerte und Varianzen in beiden Behandlungsgruppen nicht unterschieden. Aus bisherigen Studien ist bekannt, daß sich die Anwendungshäufigkeit signifikant auf die Verbesserung der körperlichen Beeinträchtigung auswirkt (Krause et al., 1998; Sunderland et al., 1992). Eine mögliche Erklärung für die fehlenden Effekte in der vorliegenden Untersuchung, kann daher die bei einigen Patienten dokumentierte geringe Behandlungszeit sein. Zusätzliche Aussagen über die notwendige Therapiezeit können aufgrund der Schwankungen in der Behandlungszeit nicht getroffen werden. Hier bieten sich weiterführende Untersuchungen zur Dosis-Wirkungs - Relation des Perfetti - Konzeptes an. Die Auswahl der Rivermead Motor Assessment Skala zur Operationalisierung der motorischen Fähigkeiten hat sich für die Stichprobe der Studie nur eingeschränkt bewährt. Um bei geriatrischen akuten Schlaganfallpatienten Fortschritte aufzeigen zu können, erscheint die Skala nicht sensitiv genug. Die Abstufungen im unteren Leistungsbereich sind zur Erfassung geringer Verbesserungen bei allen drei Subskalen zu grob. Außerdem konnten, wie bereits in Kapitel VI 3.3. dargelegt, in den verschiedenen Funktionsbereichen des RMA insgesamt 24-mal cross-over Effekte festgestellt werden. Die hierarchische Anordnung der Items der einzelnen Skalen kann durch die erhaltenen Untersuchungsergebnisse deshalb nicht ausnahmslos bestätigt werden. Die Rohwerte der jeweiligen Skala geben keine Auskunft darüber, welche Aufgaben von den Probanden bewältigt und welche nicht erfolgreich ausgeführt werden konnten. Vor allem der Bereich der Bein- und Rumpffunktionen scheint die Kriterien der Guttman - Skala nicht zu erfüllen. Diese Ergebnisse unterstützen die Befunde von Adams et al. (1997a), denen zufolge die Subskala RMA-B nicht als hierarchische Skala eingesetzt werden sollte (vgl. Kapitel VI 1.1.). DISKUSSION 112 6. Resümee Die Perfetti - Methode kann aufgrund der erhaltenen Ergebnisse ebensowenig wie alternative Verfahren als die optimale Methode zur Rehabilitation von Schlaganfallpatienten angesehen werden. Trotz der Fokussierung anderer Schwerpunkte konnten die kognitiv therapeutischen Übungen keine Vorteile bei der Behandlung akuter Apoplexpatienten hervorbringen. In Übereinstimmung mit den Ergebnissen aus bisherigen Studien zur Evaluation physiotherapeutischer Verfahren, konnte in dieser Untersuchung für keines der betrachteten Behandlungsverfahren (Bobath vs. Perfetti) eine Überlegenheit nachgewiesen werden. Meines Erachtens nach erscheint daher für die Praxis eine Kombination beider Methoden sinnvoll zu sein. Anstatt die Rehabilitation auf ein Konzept zu beschränken, sollte die Vielfalt der Behandlungsmethoden erhalten bleiben und im Einzelfall entschieden werden, mit welcher Behandlung der größtmögliche Nutzen erwartet bzw. erzielt werden kann. So ist es möglich, den individuellen Bedürfnissen der Patienten vielseitig und spezifisch zu begegnen. Solange die Wirksamkeit oder Überlegenheit auch einzelner Teilaspekte - der beiden Therapien noch nicht hinreichend empirisch belegt sind, wird weiterhin der persönliche Erfahrungsschatz der Therapeuten die Entscheidung für die eine oder andere Therapieform beeinflussen und lenken. Obwohl die Ergebnisse keine überlegene Wirksamkeit der kognitiv - therapeutischen Übungen von Perfetti belegen, sollte sich die rehabilitative Therapie in Zukunft vermehrt dem Training kognitiver Fähigkeiten zuwenden. Wie Wade, Wood und Hewer (1985) nämlich nachweisen konnten, führt eine Stimulation im kognitiven Bereich tatsächlich zu einer allgemeinen Verbesserung funktioneller Fähigkeiten. Der fehlende Nachweis von größeren Effekten in der vorliegenden und in bisherigen Studien sollte nicht das Bemühen schmälern, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die zu einer erfolgreichen Rehabilitation führen können. Wie schon Ernst (1990) hervorhebt, ist jeglicher Nutzen und Erfolg einer rehabilitativen Maßnahme von großem Wert für das Individuum, selbst wenn die Effekte statistisch nur sehr gering sind. Für einen Patienten können kleine Unterschiede immerhin zwischen einem Leben zu Hause oder in einer Pflegeeinrichtung entscheiden. Bei allen dargestellten Ergebnissen und Interpretationen ist zu beachten, daß aus der Untersuchung erst dann generelle Schlußfolgerungen gezogen werden können, wenn die Ergebnisse in Studien mit größerem Stichprobenumfang repliziert worden sind. DISKUSSION 113 Ein wichtiger Punkt bei der Betrachtung aller bisherigen Ergebnisse der Evaluationsforschung im Bereich der Physiotherapie soll abschließend noch Erwähnung finden. Trotz der augenscheinlichen Verbesserungen, die mit verschiedenen Behandlungsmethoden bei der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten erzielt werden konnten, darf der Einfluß von Spontanremissionen nicht außer Acht gelassen werden. Bei den meisten Studien zur Untersuchung der Effektivität von Physiotherapie handelt es sich um Vergleichsstudien zwischen verschiedenen Verfahren, da sich aus ethischen Gründen ein Vergleich mit einer unbehandelten Kontrollgruppe verbietet. Daher läßt sich anhand der bisherigen Ergebnisse nicht aussagen, ob die erzielten Fortschritte auf das jeweilige Treatment zurückgeführt werden können oder ob sie lediglich das Resultat des normalen Spontanverlaufes widerspiegeln. Gerade in diesem Zusammenhang erhalten Untersuchungen zur Dosis-Wirkungs - Relation einen wichtigen Stellenwert. Wenn die Fortschritte auf die Behandlung zurückgeführt werden können, dann muß sich bei einer Erhöhung der Anwendungshäufigkeit dieser Therapie auch ein Zuwachs in den Behandlungserfolgen feststellen lassen. Damit sich in Zukunft die Rehabilitation von Schlaganfallpatienten nicht allein auf Wahrscheinlichkeiten verlassen muß, sondern eine Methode mit sicher nachgewiesener Wirksamkeit zur Verfügung steht, sollten weiterführende Studien gerade den Aspekt der Dosis-Wirkung - Relation untersuchen. ZUSAMMENFASSUNG 114 Kapitel IX: Zusammenfassung Gegenstand der vorliegenden Diplomarbeit ist die Rehabilitation von Schlaganfallpatienten. Neben der Darstellung verschiedener ergo- und physiotherapeutischer Behandlungskonzepte zur motorischen Rehabilitation, sollte vor allem das von Prof. Perfetti entwickelte Verfahren der kognitiv - therapeutischen Übungen vorgestellt werden. Die Untersuchung hatte zum Ziel, die Effektivität dieses Verfahrens an einer Stichprobe von Schlaganfallpatienten zu überprüfen. Die Untersuchung wurde als Prä - Posttest - Design ausgelegt und es fand eine Unterteilung in eine Experimental- und Kontrollgruppe statt. Die Experimentalgruppe bekam neben einem Standardbehandlungsprogramm regelmäßige ergotherapeutische Behandlungen nach dem Konzept von Perfetti. Da die Kontrollgruppe nicht unbehandelt bleiben konnte, wurde hier nach dem Bobath - Konzept therapiert. Die Stichprobe umfaßte insgesamt 20 Patienten, die auf den geriatrischen Stationen der Städtischen Kliniken in Osnabrück nach einem Schlaganfall behandelt wurden. Zu Beginn und am Ende der Testphase wurde mit allen Patienten eine umfangreiche Befunderhebung durchgeführt. Die ausgewählte Testbatterie zur Erfassung verschiedener Variablen bestand u.a. aus der Rivermead - Motor - Assessment - Scale (RMA), dem Barthel - Index, dem SDB-ADL Fragebogen, dem Alters - Konzentrations - Test, der modifizierten Spastik - Skala nach Ashworth (MAS) und dem modifizierten Fragebogen zur Beurteilung der Behandlung (FBB). Diese Auswahl ermöglichte die Erfassung der Behandlungszufriedenheit und der Behandlungserfolge für die Bereiche funktionelle Motorik, Spastizität, Aktivitäten des täglichen Lebens und Aufmerksamkeit. Mit der Untersuchung sollten die Fragen geklärt werden, ob das Konzept nach Perfetti eine wirksame Methode bei der Behandlung von Schlaganfallpatienten darstellt und ob dieses Konzept gegenüber herkömmlichen Verfahren bessere Resultate oder spezifische Effekte erzielt. Weiterhin war die Frage von Interesse, ob mit den kognitiv - therapeutischen Übungen ein implizites Aufmerksamkeitstraining durchgeführt wird. Zusätzlich sollte die Untersuchung Aufschluß darüber liefern, wie zufrieden die Patienten mit der Behandlung nach Perfetti sind. Die Ergebnisse lassen die Annahme zu, daß es sich bei dem Konzept nach Perfetti um ein effektives Behandlungsprogramm zur Rehabilitation von Schlaganfallpatienten handelt. Nach der Testphase waren sowohl in motorischer Hinsicht als auch im Bereich der Aktivitäten des täglichen Lebens Fortschritte erzielt worden. Lediglich auf die spastische Komponente des Störungsbildes hatten die Übungen keinen förderlichen Einfluß. ZUSAMMENFASSUNG 115 Ein Vergleich der Ergebnisse beider Behandlungsgruppen konnte jedoch keine dominanten Effekte in den untersuchten Bereichen belegen. Die Patienten, die nach der Bobath - Methode behandelt wurden, zeigten gleichermaßen nach der Therapiezeit Fortschritte in der Motorik und der Selbständigkeit. Auch die vermuteten spezifischen Effekte auf die Arm- und Handfunktion ließen sich für die Perfetti - Gruppe nicht nachweisen. Für den Bereich der Aufmerksamkeit muß anhand der Untersuchungsergebnisse davon ausgegangen werden, daß mit den kognitiv - therapeutischen Übungen kein implizites Aufmerksamkeitstraining verbunden ist. Trotz der Verbesserungen im motorisch - funktionellen Bereich wurden die Aufmerksamkeits- und Konzentrationsleistungen der Patienten dieser Behandlungsgruppe schlechter. Letztendlich konnte auch in der Behandlungszufriedenheit zwischen den beiden Gruppen kein Unterschied festgestellt werden. Nach den Ergebnissen dieser Untersuchung kann das Perfetti - Konzept für die Rehabilitation von Schlaganfallpatienten als grundsätzlich erfolgversprechend angesehen werden. Dennoch konnte dieses Behandlungsverfahren trotz der neuen neurophysiologischen Grundannahmen keine überlegenen oder spezifischen Effekte aufweisen. Dieser Befund scheint zumindest im Vergleich mit der Bobath - Methode die bisherigen Schlußfolgerungen der Evaluationsforschung im Bereich der physiotherapeutischen Verfahren zu unterstützen. Demnach konnte bisher kein Konzept seine überlegene Wirkung in empirischen Untersuchungen demonstrieren. Die Aufgabe zukünftiger Forschung sollte es sein, für alle in der Rehabilitation eingesetzten Behandlungsmethoden sichere Effektivitätsbelege und entsprechende Dosis-Wirkungs- Nachweise zu erbringen. Die Methode von Perfetti als relativ neues Verfahren muß sich ebenso wie die schon lange etablierten Behandlungsmethoden diesbezüglich erst bewähren. Solange empfiehlt sich für die Rehabilitation weiterhin der kombinierte und flexible Einsatz verschiedener Therapieansätze. LITERATURVERZEICHNIS 116 Literaturverzeichnis Adams, S.A.; Ashburn, A.; Pickering, R.M.; Taylor, D. (1997a). The scalability of the Rivermead Motor Assessment in acute stroke patients. Clinical Rehabilitation, 11, 42 51. Adams, S.A.; Pickering, R.M.; Ashburn, A.; Lincoln, N.B. (1997b). The scalability of Rivermead Motor Assessment in nonacute stroke patients. Clinical Rehabilitation, 11, 52 - 59. Affolter, Félicie (1983). Wahrnehmungsstörungen. In Haupt, U.; Jansen, G. (Eds.). Handbuch der Sonderpädagogik, Band 8. Berlin: Carl Marhold Verlagsbuchhandlung. Aho, K.; Harmsen, P. (1980). Cerebrovascular disease in the community: results of a WHO collaborative study. Bulletin of the WHO, 58, 113 - 130. Allison, S.C.; Abraham, L.D.; Petersen, C.L. (1996). Reliability of the Modified Ashworth Scale in the assessment of plantarflexor muscle spasticity in patients with traumatic brain injury. International Journal of Rehabilitation Research, 19, 67 - 78. Arendt, Karin; Auer, Christel (1992/93). Persönliche Mitteilungen der BobathInstruktorinnen während des Grundkurses in der Befunderhebung und Behandlung erwachsener Patienten mit Hemiplegie nach dem Bobath - Konzept. Höxter, Weserberglandklinik. Ashburn, A.; Partridge, C.; De Souza, L. (1993). Physiotherapy in the rehabilitation of stroke: a review. Clinical Rehabilitation, 7, 337 - 345. Barolin, G.S. (1980). Zur Allgemeinbedeutung und Klinik der Schlaganfall- Erkrankung. In Barolin, G.S. (Ed.). Die zentrale Apoplexie. Stuttgart: Enke. Basmajian, J.V.; Gowland, C.A.; Finlayson, A.J.; Hall, A.L.; Swanson, L.R.; Stratford, P.W.; Trotter, J.E.; Brandstater, M.E. (1987). Stroke Treatment: Comparison of Integrated Behavioral- Physical Therapy vs Traditional Physical Therapy Programs. Archives of physical medicine and rehabilitation, 68, 267 - 272. Baumann, U.; Stieglitz R.-D. (1998). Klassifikation. In Baumann, U.; Perrez, M. (Eds.). Lehrbuch Klinische Psychologie - Psychotherapie. Bern, Göttingen, Toronto, Seattle: Huber. Bernspång, B.; Asplund, K.; Eriksson, St.; Fugl-Meyer, A.R. (1987). Motor and perceptual impairments in acute stroke patients: Effects on self - care ability. Stroke, 18, 1081- 1086. Bobath, Berta (1976). Abnorme Haltungsreflexe bei Gehirnschäden. Stuttgart: Georg Thieme. Bobath, Berta (1980). Die Hemiplegie Erwachsener. Befundaufnahme, Beurteilung und Behandlung. Stuttgart: Georg Thieme. LITERATURVERZEICHNIS 117 Bohannon, R.W.; Smith, M.B. (1987). Interrater reliability of a modified Ashworth scale of muscle spasticity. Physical Therapy, 67, 206 - 207. Bortz, J.; Döring, N. (1995). Forschungsmethoden und Evaluation. Springer: Berlin, Heidelberg, New York. Bülau, P.; Fuger, J.; Horn, H. (1994). Validierung der Rehabilitation nach Schlaganfall. Nervenarzt, 65, 836 - 840. Bütefisch, C.; Hummelsheim, H.; Denzler, P.; Mauritz, K.-H. (1995). Repetitive training of isolated movements improves the outcome of motor rehabilitation of the centrally paretic hand. Journal of the Neurological Sciences, 130, 59 - 68. Caprez, Gaudenz (1984). Neuropsychologische Therapie nach Hirnschädigung. Berlin, Heidelberg, New York, Tokio: Springer. Collen, F.M.; Wade, D.T.; Robb, G.F.; Bradshaw, C.M. (1991). The Rivermead Mobility Indec: a further development of the Rivermead Motor Assessment. International Disability Studies, 13, 50 - 54. Collin, C.; Wade, D.T. (1990). Assessing motor impairment after stroke: A pilot reliability study. Journal of Neurology, Neurosurgery and. Psychiatry, 53, 576 - 579. Conradi, M.-L.; Zippel, Ch.; Hauschild, B. (1990). Zu Theorie und Praxis der ergotherapeutischen Behandlung von Apoplexie - Patienten. Geriatrie und Rehabilitation, 3, 125 - 133. Conradi, M.-L.; Conradi, E. (1991). Methodische Vorgabe zur Rehabilitation von Patienten nach zerebrovaskulärem Insult. Krankengymnastik, 43, 805 - 812. Conti, Fabio M. (1995). Die Behandlung erwachsener Hemiplegiker nach der PerfettiMethode. Ergotherapie und Rehabilitation, 1, 22 - 25. Conti, Fabio M. (1999a). Die Therapeutischen Übungen nach Perfetti am Beispiel der Hemiplegie. Unveröffentlichtes Skript zum Einführungskurs. Tschugg. Conti, Fabio M. (1999b). Übungen ersten, zweiten und dritten Grades. Persönliche Mitteilungen im Einführungskurs. Osnabrück. Cotta, H.; Heipertz, W.; Hüter-Becker, A.; Rompe, G. (Eds.) (1988). Krankengymnastik Band 9: Neurologie. Stuttgart: Thieme. Cramon, v. D., Zihl, J. (1988). Neuropsychologische Rehabilitation. Berlin, Heidelberg: Springer. Davidoff, G.N.; Keren, O.; Ring, H.; Solzi, P. (1991). Acute Stroke Patients: Long-Term Effects of Rehabilitation and Maintenance of Gains. Archives of physical medicine and rehabilitation, 72, 869 - 873. LITERATURVERZEICHNIS 118 Davies, Patricia M. (1986). Hemiplegie. Anleitung zu einer umfassenden Behandlung von Patienten mit Hemiplegie. Berlin, Heidelberg, New York, Tokyo: Springer. LITERATURVERZEICHNIS 119 Davies, Patricia M. (1991). Im Mittelpunkt. Selektive Rumpfaktivität in der Behandlung der Hemiplegie. Berlin, Heidelberg, New York, Tokyo: Springer. Denzler, Petra (1994). Kommunikationsstörungen nach Schlaganfall und ihre Rehabilitation. In Mauritz, K.-H. (Ed.). Rehabilitation nach Schlaganfall. Stuttgart: Kohlhammer. Dickstein, R.; Hocherman, Sh.; Pillar, Th.; Shaman, R. (1986). Stroke Rehabilitation. Three Exercise Therapy Approaches. Physical Therapy, 66, 1233 - 1238. Dietz, V. (1990). Spastik: Therapie der Bewegungsstörung? Nervenarzt, 61, 581 - 586. gesteigerten Reflexe oder der Dorsch, F. (Ed.) (1994). Psychologisches Wörterbuch. 12. Auflage. Bern, Göttingen, Toronto, Seattle: Huber. Duus, Peter (1995). Neurologisch - topische Diagnostik. Stuttgart: Thieme. Ernst, Edzard (1990). A review of stroke rehabilitation and pyhsiotherapy. Stroke, 21, 1081 - 1085. Eggers, Ortrud (1990). Ergotherapie bei Hemiplegie. Konzepte zur Behandlung von Funktionsstörungen erwachsener Hemiplegiker. Berlin, Heidelberg: Springer. Feldkamp, Margret (1989). Behandlung und Rehabilitation bei zerebralparetischen Kindern. Erlangen: perimed Fachbuch - Verlagsgesellschaft. Frackowiak, R.S.J.; Weiller, C.; Chollet, F.(1991). The functional anatomy of recovery from brain injury. Ciba Foundation Symposium, 163, Whiley, Chichester, 235 - 249. Gatterer, Gerald (1990). Alters - Konzentrations - Test (AKT). Göttingen: Hogrefe. German Center for Information and Documentation in Psychology (ZPID) (1991). PSYNDEXplus with Testfinder - Tests, Universität Trier. Goldberg, Georg (1997). Neuropsychologie. Grundlagen, Klinik, Rehabilitation. Stuttgart, Jena, Lübeck, Ulm: Fischer. Günther, Verena (1995). Psychologische Rehabilitation bei Schlaganfall - Patienten. Psychologie in der Medizin, 2, 8 - 11. Häussler, B. (1996). Epidemiologie des Schlaganfalls. In Mäurer, H.-Ch.; Diener, H.-Ch. (Eds.). Der Schlaganfall. Stuttgart: Thieme. Häussler, B; Diener, H.-Ch. (1996). Risikofaktoren des Schlaganfalls. In Mäurer, H.-Ch.; Diener, H.-Ch. (Eds.). Der Schlaganfall. Stuttgart: Thieme. Harlacher, R.; Pientka, L.; Füsgen, I. (1999). Geriatrisches Assessment - Beschreibung funktioneller Defizite und Verlaufsbeurteilung beim älteren Schlaganfallpatienten. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie, 32, 200 - 206. LITERATURVERZEICHNIS 120 Hauschild, B. (1988). Möglichkeiten psychologischer Intervention bei Patienten nach apoplektischem Insult. Zeitschrift für Gerontologie, 21, 342 - 245. Heinemann, L.A.J.; Barth, W.; Garbe, E.; Willich, S.N.; Kunze, K.; Forschungsgruppe MONICA Ostdeutschland (1998). Epidemiologische Daten zur Schlaganfallerkrankung. Daten des WHO - MONICA - Projektes in Deutschland. Der Nervenarzt, 69, 1091 1099. Helbig, P.; Polnitzky-Meißner, P.; Krause, M.; Ringleb, P.; Ackl, N.; Reichert, K.; Obhof, W.; Hacke, W. (1997). Rehabilitation nach Schlaganfall I. Eine Studie zur Evaluation von Rehabilitationsmaßnahmen im Rahmen einer Anschlußheilbehandlung bei Schlaganfallpatienten. Neurologische Rehabilitation, 3, 159 - 164. Hesse, Stefan (1994a). Epidemiologie und sozialmedizinische Bedeutung des Schlaganfalls. In Mauritz, K.-H. (Ed.). Rehabilitation nach Schlaganfall. Stuttgart: Kohlhammer. Hesse, Stefan (1994b). Stand und Gang des hemiparetischen Schlaganfallpatienten im Vergleich zum Gesunden. In Mauritz, K.-H. (Ed.). Rehabilitation nach Schlaganfall. Stuttgart: Kohlhammer. Hesse, Stefan (1994c). Assessment, Outcome und prognostische Kriterien von Rehabilitationsverläufen. In Mauritz, K.-H. (Ed.). Rehabilitation nach Schlaganfall. Stuttgart: Kohlhammer. Hummelsheim, H.; Mauritz, K.-H. (1993). Neurophysiologische Grundlagen krankengymnastischer Übungsbehandlung bei Patienten mit zerebralen Hemiparesen. Fortschritte in Neurologie und Psychiatrie, 61, 208 - 216. Hummelsheim, Horst (1994a). Mechanismen der gestörten Motorik. In Mauritz, K.-H. (Ed.). Rehabilitation nach Schlaganfall. Stuttgart: Kohlhammer. Hummelsheim, Horst (1994b). Der zentral paretische Arm. In Mauritz, K.-H. (Ed.). Rehabilitation nach Schlaganfall. Stuttgart: Kohlhammer. Hummelsheim, Horst (1996a).Physikalische Therapie. In Mäurer, H.-Ch.; Diener, H.-Ch. (Eds.). Der Schlaganfall. Stuttgart: Thieme. Hummelsheim, Horst (1996b). Mechanismen der zentral-nervösen Plastizität. In Mäurer, H.-Ch.; Diener, H.-Ch. (Eds.). Der Schlaganfall. Stuttgart: Thieme. Hummelsheim, Horst (1996c). Behandlungsprinzipien sensomotorischer Störungen und ihre neurophysiologischen Grundlagen. In Mäurer, H.-Ch.; Diener, H.-Ch. (Eds.). Der Schlaganfall. Stuttgart: Thieme. Hummelsheim, Horst (1996d). Die Rehabilitation zentraler Lähmungen - eine Standortbestimmung. Aktuelle Neurologie, 23 (1), 7 - 14. ICD - Internationale Klassifikation der Krankheiten (1986). 9. Revision. Köln, Stuttgart, Berlin, Mainz: Kohlhammer. LITERATURVERZEICHNIS 121 Janzik, H.H. (1984). Rehabilitation beim Schlaganfall. Aktuelle Neurologie, 11, 124 128. Johansson, K.; Lindgren, I.; Widner, H.; Wiklund, I. (1993). Can sensory stimulation improve the functional outcome in stroke patients? Neurology, 43 (11), 2189 - 2192. Johnstone, Margaret (1980). Der Schlaganfall- Patient. Grundlagen der Rehabilitation. Stuttgart, New York: Fischer. Kaiser, Peter (1998). Taktile Kommunikation - Neurophysiologische Grundlagen, verhaltensbiologische und kulturelle Rahmenbedingungen. Physikalische Therapie, 5, 295 -298. Kessler, J; Markowisch, H.-J. (1991). Alters - Konzentrations Test (AKT). G. Gatterer. Zeitschrift für Differenzielle und Diagnostische Psychologie, 12 , 73 - 74. Ketz, E.; Blanco, J.; Gonser, A. (1991). Rehabilitation des Hemiplegikers. Schweizerische Rundschau für Medizin, 41, 1113 -1119. Knott, M.; Voss, D.E. (1970). Komplexbewegungen - Bewegungsbahnung nach Dr. Kabat. Stuttgart, New York: Gustav Fischer. Kolb, Bryan; Whishaw, Ian W. (1993). Neuropsychologie. Heidelberg, Berlin, Oxford: Spektrum Akademischer Verlag GmbH. Krause, M.; Polnitzky-Meißner, P.; Helbig, P.; Ringleb, P.; Ackle, N.; Reichert, K.; Obhof, W.; Hacke, W. (1998). Rehabilitation nach Schlaganfall III. Anschlußheilbehandlung aus neurologischer Sicht. Neurologische Rehabilitation, 4, 206 - 211. Lincoln, N.; Leadbitter, D. (1979). Assessment of Motor Function in Stroke Patients. Physiotherapy, 65, 48 - 51. Lincoln, N.; Parry, R.H.; Vass, C.D. (1999). Randomized, controlled trial to evaluate increased intensity of physiotherapy treatment of arm function after stroke. Stroke, 30, 573 - 579. Lord, J.P.; Hall, K. (1986). Neuromuscular Reeducation versus Traditional Programs for Stroke Rehabilitation. Archives of physical medicine and rehabilitation, 67, 88 - 91. Lübbers, T.; Schöttke, H.; Wiedl, K.H.; Ackermann, B. (1993). Erfassung von Alltagsaktivitäten mittels ADL / IADL - Skalen bei Patienten mit unilateralem zerebralem Insult. Forschungsbericht aus dem Fachbereich Psychologie der Universität Osnabrück, Nr. 91. Osnabrück: Selbstverlag der Universität Osnabrück. Lurija, Alexander R. (1992). Das Gehirn in Aktion - Einführung in die Neuropsychologie. Reinbeck: Rowohlt. LITERATURVERZEICHNIS 122 Mai, N.; Schenk, Th.; Heuer, H. (1998). Motorische Störungen: Klassifikation und Diagnostik. In Baumann, U.; Perrez, M. (Eds.). Lehrbuch Klinische Psychologie Psychotherapie. Bern, Göttingen, Toronto, Seattle: Huber. LITERATURVERZEICHNIS 123 Mai, N.; Blaut, M.; Hermsdörfer, J. (1995). Handfunktionen. In Cramon, v. D.; Arnold, U. (Eds.). Neuropsychologische Diagnostik. London: Chapman und Hall. Masur, Harald (1995). Skalen und Scores in der Neurologie. Stuttgart, New York: Thieme. Mattejat, Fritz; Remschmidt, Helmut (1998). Fragebögen zur Beurteilung der Behandlung (FBB). Göttingen: Hogrefe. Mattejat, Fritz; Remschmidt, Helmut (1993). Evaluation von Therapien mit psychisch kranken Kindern und Jugendlichen: Entwicklung und Überprüfung eines Fragebogens zur Beurteilung der Behandlung (FBB). Zeitschrift für klinische Psychologie, 22, 192 233. Mauritz, K.-H. (1994). Plastizität als Grundlage der Funktionswiederherstellung. In Mauritz, K.-H. (Ed.). Rehabilitation nach Schlaganfall. Stuttgart: Kohlhammer. Mauritz, K.-H.; Hömberg, V. (1991). Neurologische Rehabilitation I. Bern, Göttingen, Toronto: Huber. Mawson, Susan J. (1993). Measuring physiotherapy outcome in stroke rehabilitation. Physiotherapy, 79, 762 - 765. Meier-Baumgartner, H.P. (1994a). Das Hemiplegiesyndrom. In Schütz, R.M.; MeierBaumgartner, H.P. (Eds.). Der Schlaganfall - Patient. Bern: Huber. Meier-Baumgartner, H.P. (1994b). Die Rehabilitation nach Schlaganfall. In Schütz, R.M.; Meier-Baumgartner, H.P. (Eds.). Der Schlaganfall - Patient. Bern: Huber. Meier-Baumgartner, H.P. (1985). Aspekte der klinischen Schlaganfallpatienten. Zeitschrift für Gerontologie, 18, 236 - 240. Rehabilitation des Miltner, W.; Forberger, R.; Bauder, H.; Braun, Ch.; Schugens, M.M.; Schönle, P.; Mayer, K. (1994). Hirnelektrische Veränderungen nach mentalem Training der Fein- und Grobmotorik bei Patienten mit zentralen Paresen. ZNS Symposium Forschung und Praxis der neurologischen Rehabilitation, 3, 191 - 211. Minkwitz, Kirsten (1996). Rivermead Motor Assessment (Lincoln u. Leadbitter, 1979). Ergotherapie & Rehabiliation, 5, 440 - 442. Montgomery, J. (1987). Assessment and Treatment of Locomotor Deficits in Stroke. In Duncan, P.W.; Badke, M.B. (Eds.). Stroke rehabilitation. The recovery of motor control. Chicago, London, Baca Raton: Year book medical publishers, Inc.. Mucha, C. (1999). Die Vojta- Therapie. Eine Literaturanalyse zum Wirkungsnachweis. Physikalische Therapie, 8, 481 - 486. Mucha, C.; Scholler, M. (1998). Das Bobath- Konzept. Eine Literaturanalyse zum Wirkungsnachweis. Physikalische Therapie, 11, 660 - 666. LITERATURVERZEICHNIS 124 Müller, C.; Jungo, M.-A.; Lehmann, R.; Leu, P.; Schächtele, B.; Wirz, F. (1995). Prüfverfahren der Handfunktionen. Eine testologisch aufgearbeitete Übersicht für die ergotherapeutische Praxis. Tschugg: Eigenverlag. Nakayama, H.; Jorgensen, H.S.; Raaschou, H.O.; Olsen, T.S. (1994). Compensation in recovery of upper extremity function after stroke: The Copenhagen Stroke Study. Archives of physical medicine and rehabilitation, 75, 852 - 857. Oberleit, Susanne (1996). Kognitiv therapeutische Übungen nach Prof. Perfetti. Krankengymnastik 48, 533 - 549. Oberleit, S.; Wagner, A. (1996). Die Behandlung von Hemiplegiepatienten - Bobath oder Perfetti? Praxis Ergotherapie, 4, 260 - 268. Oberleit, Susanne (1993). Einführung in das Perfettikonzept. Praxis Ergotherapie, 5, 307 - 313. Perfetti, Carlo (1997). Der hemiplegische Patient. Kognitiv - therapeutische Übungen. München: Pflaum. Platz, T.; Denzler, P.; Kaden, D.; Mauritz, K.-H. (1994). Motor learning after recovery from hemiparesis. Neuropsychologia, 10, 1209 - 1223. Poeck, Klaus (1982). Klinische Neuropsychologie. Stuttgart: Thieme. Prosiegel, Mario (1991). Neuropsychologische Störungen und ihre Rehabilitation. München: Pflaum. Pschyrembel (1994). Klinisches Wörterbuch. 257. Auflage. Verlagsgesellschaft mbH. Hamburg: Nikol Radzun, R.; Schroeder, A.(1983). Kritik der krankengymnastischen Methode nach Vojta. In: Feuser, G.; Jantzen, W. Jahrbuch für Psychopathologie und Psychotherapie III. Köln: Pahl-Rugenstein. Rice-Oxley, Margaret; Turner-Stokes, Lynne (1999). Effectiveness of brain injury rehabilitation. Clinical Rehabilitation, 13, 7 - 24. Sackley, C.M.; Lincoln; N.B. (1990). The verbal administration of the gross function scale of the Rivermead Motor Assessment. Clinical Rehabilitation, 4, 301 - 303. Schenk, Th.; Mai, N.; Heuer, H. (1998). Motorische Störungen: Intervention. In Baumann, U.; Perrez, M. (Eds.). Lehrbuch Klinische Psychologie - Psychotherapie. Bern, Göttingen, Toronto, Seattle: Huber. Schlenck, K.-J.; Schupp, 0.W. (1996). Behandlung von Kommunikationsstörungen. In Mäurer, H.-Ch.; Diener, H.-Ch. (Eds.). Der Schlaganfall. Stuttgart: Thieme. LITERATURVERZEICHNIS 125 Schöttke, H.; Lübbers, Th.; Ackermann, B.; Wiedl, K.H. (1995). Kurztraining visuo kognitiver Funktionen und Vorhersage von Beeinträchtigungen des alltäglichen Lebens nach einem Schlaganfall. Zeitschrift für Neuropsychologie, 6, 15 - 28. LITERATURVERZEICHNIS 126 Schütz, R.M. (1994). Der Schlaganfall. In Schütz, R.M.; Meier-Baumgartner, H.P. (Eds.). Der Schlaganfall - Patient. Bern: Huber. Schupp, W. (1996a). Wie geht es weiter? In Mäurer, H.-Ch.; Diener, H.-Ch. (Eds.). Der Schlaganfall. Stuttgart: Thieme. Schupp, W. (1996b). Rehabilitationsziele und organisatorische Abläufe. In Mäurer, H.Ch.; Diener, H.-Ch. (Eds.). Der Schlaganfall. Stuttgart: Thieme. Schweizer, Edith (1998). Vojta- Therapie, Unterschiede zu krankengymnastischen Therapiemethoden. Physikalische Therapie, 2, 74 - 79. anderen Singer, F. (1987). Zur Rehabilitation der zerebralen Apoplexie - Ergebnisse anhand von 156 Patienten. Rehabilitation, 26, 1 - 7. Sloan, R.L.; Sinclair, E.; Thompson, J.; Taylor, S.; Pentland, B. (1992). Inter-rater reliability of the modified Ashworth Scale for spasticity in hemiplegic patients. International Journal of Rehabilitation Research, 15, 158 - 161. Stephan, K.M.; Hömberg, V. (1991). Gangparameter bei hemiparetischen Patienten. In Mauritz, K.-H.; Hömberg, V. (Eds.). Neurologische Rehabilitation I. Bern, Göttingen, Toronto: Huber. Stolz, S.; Schupp, W. (1996). Neuropsychologie. In Mäurer, H.-Ch.; Diener, H.-Ch. (Eds.). Der Schlaganfall. Stuttgart: Thieme. Sunderland, A.; Tinson, D.J.; Bradley, E.L.; Fletcher, D.; Hewer, R.L.; Wade, D.T. (1992). Enhanced physical therapy improves recovery of arm function after stroke. A randomised controlled trial. Journal of Neurology, Neurosurgery and. Psychiatry., 55, 530 - 535. Sunderland, A.; Flechter, D.; Bradley, L.; Tinson, D.; Hewer, R.L.; Wade, D.T. (1994). Enhanced physical therapy for arm function after stroke: a one year follow up study. Journal of Neurology, Neurosurgery and. Psychiatry, 57, 856 - 858. Technow, Ulrich; Bodenburg, Sebastian (1994). Neuropsychologische Rehabilitation. In Schütz, R.M.; Meier-Baumgartner, H.P. (Eds.). Der Schlaganfall - Patient. Bern: Huber. Vojta, Vaclav; Gehrke, Marita (1998). Reflexlokomotionstherapie nach Vojta in der Rehabilitation von Erwachsenen. Neurologie & Rehabiliation, 4 (2), 76 - 79. Wade, D.T. (1992). Measurement in neurological rehabilitation. Oxford, New York, Tokyo: Oxford University press. Wade, D.T.; Langton-Hewer, R.; Wood, V.A.; Skilbeck, C.E.; Ismail, H.M. (1983). The hemiplegic arm after stroke: measurement and recovery. Journal of Neurology, Neurosurgery and Psychiatrie, 46, 521 - 524. LITERATURVERZEICHNIS 127 Wade, D.T.; Wood, V.A.; Langton-Hewer, R. (1985). Recovery after stroke - The first 3 months. Journal of Neurology, Neurosurgery and Psychiatry, 48, 7 - 13. Wagenaar, R.C.; Meijer, O.G.; van Wieringen, P.C.W.; Kuik, D.J.; Hazenberg, G.J.; Lindenboom, J.; Wichers, F.; Rijswijk, H. (1990). The functional recovery of stroke: A comparison between neuro-developmental treatment and the Brunnstrom method. Scand. J. Rehab. Med., 22, 1 - 8. Weiller, C. (1996a). Ätiologie und Pathogenese des Schlaganfalls. In Mäurer, H.-Ch.; Diener, H.-Ch. (Eds.). Der Schlaganfall. Stuttgart: Thieme. Weiller, C. (1996b). Klinik des Schlaganfalls. In Mäurer, H.-Ch.; Diener, H.-Ch. (Eds.). Der Schlaganfall. Stuttgart: Thieme. Westhoff, Karl (1992). Alters - Konzentrations - Test (AKT). Aus der Arbeit des Testkuratoriums. Diagnostica, 38, 273 - 278. Wiesensdanger, M. (1995). Die Doktrin der Hirnlokalisation und ihre Evolution im 20. Jahrhundert. Schweizerische Rundschau für Medizin, 84 (49), 1448 - 1458. Wyller, T.B.; Kirkvold, Marit (1999). How does a cerebral stroke affect quality of life? Towards an adequate theoretical account. Disability and Rehabilitation, 21 (4), 152 161. Zinn, Wilhelm M.; Davies, P.M. (Eds.) (1988). Hemiplegie - Merkblatt: Anleitung zum Erreichen weitgehender Selbständigkeit für Menschen mit Halbseitenlähmung. Bern: Huber. Zinn, Wilhelm M. (1986). Aus dem Vorwort. In: Davies, Patricia M. Hemiplegie. Anleitung zu einer umfassenden Behandlung von Patienten mit Hemiplegie. Berlin, Heidelberg, New York, Tokio: Springer. Zuber, J; Weis, J.; Koch, U. (1998). Psychologische Aspekte der Rehabilitation. In Baumann, U.; Perrez, M. (Eds.). Lehrbuch Klinische Psychologie - Psychotherapie. Bern, Göttingen, Toronto, Seattle: Huber. ANHANG Anhang ANHANG A Rivermead Motor Assessment Name: ______________________________ Datum: ______________________________ Prä: P Post: Items P Score „Gross function“ 1. Freier Sitz an der Bettkante 2. Vom Liegen in sitzende Stellung 3. Vom Sitzen zum Stehen 4. Transfer Rollstuhl - Stuhl über nicht betroffene Seite 5. Transfer Rollstuhl - Stuhl über betroffene Seite 6. 10 m Gehen mit Hilfsmitteln 7. Treppe über ein Stockwerk gehen 8. 10 m Gehen ohne Hilfsmittel 9. 5 m Gehen, einen Beutel aufheben, umdrehen und zurückbringen 10. Außerhalb von Wohnräumen 40 m Gehen 11. 4 Stufen ohne Geländer auf- und abgehen 12. 10 m Rennen 13. Auf dem betroffenen Bein 5mal Hüpfen Total: ANHANG A Items Score Bein und Rumpf 1. Drehen auf die nicht betroffene Seite 2. Drehen auf die betroffene Seite 3. Halbe Brücke 4. Vom Sitz in den Stand 5. Betroffenes Bein anbeugen, über die Bettkante hängen und zurück 6. Im Stand das nicht betroffene Bein auf eine Stufe setzen und zurück 7. Im Stand den nicht betroffenen Fuß 5mal auftippen 8. Im Liegen Dorsalflexion des betroffenen Fußes bei gebeugtem Bein 9. Im Liegen Dorsalflexion des betroffenen Fußes bei gestrecktem Bein 10. Im Stand Kniebeugung des betroffenen Knies in Neutralposition Total: ANHANG A Items Score Arm 1. Im Liegen Protraktion der Schulter mit Arm in Elevation 2. Im Liegen extendierten Arm in Elevation mind. 2 Sekunden halten 3. Flexion und Extension des Armes in Position wie unter 2. 4. Im Sitzen den Ellenbogen an der Seite pro- und supinieren 5. Vorgreifen, einen großen Ball mit beiden Händen fassen, anheben und wieder ablegen 6. 5mal mit Arm vorgreifen, einen Tennisball vom Tisch aufnehmen, zum Oberschenkel führen und wieder auf dem Tisch ablegen 7. Wie Aufgabe 6., nur mit einem Bleistift 8. 5mal ein Blatt Papier vom Tisch aufnehmen und ablegen 9. Therapieknete mit Messer und Gabel schneiden und die Stücke in eine Schüssel neben die rutschfeste Unterlage legen 10. Auf der Stelle stehend einen großen Ball 5mal mit der Handfläche aufprallen lassen 11. 14mal in 10 Sekunden Finger- Daumen- Versuch 12. 20mal in 10 Sekunden Pronation und Supination 13. Im Stand den Arm in 90° Abduktion und die Handfläche an der Wand abstützen, in dieser Position den Körper zur Wand drehen 14. Ein Band um den Kopf legen und hinten knoten 15. 7mal in 15 Sekunden „Backe, backe Kuchen“ Total: ANHANG B Rivermead Motor Assessment - Instruktionen Items Instruktionen „Gross function“ 1. Freier Sitz an der Bettkante Ohne Festhalten. Mit frei hängenden Füßen. 2. Vom Liegen in sitzende Stellung Mit beliebiger Methode an die Bettkante setzen. 3. Vom Sitzen zum Stehen Hände zum Abstützen erlaubt. Das Aufstehen muß innerhalb 15 Sek. erfolgen und Stand für 15 Sek., wenn notwendig mit Hilfsmittel. 4. Transfer Rollstuhl - Stuhl über nicht betroffene Seite Hände können eingesetzt werden. 5. Transfer Rollstuhl - Stuhl über betroffene Seite Hände können eingesetzt werden. 6. 10 m Gehen mit Hilfsmitteln Jegliches Hilfsmittel erlaubt, mit Ausnahme einer Hilfsperson. 7. Treppe über ein Stockwerk gehen Jede beliebige Methode erlaubt. Hilfsmittel und / oder Geländer sind erlaubt. 8. 10 m Gehen ohne Hilfsmittel Keine Hilfsmittel erlaubt (Hilfsperson, Stock, Schiene, Rollator, ...). 9. 5 m Gehen, einen Beutel aufheben, umdrehen und zurückbringen Hilfsmittel außer Hilfsperson beim Gehen erlaubt. Jede beliebige Methode zum Bücken. Jede beliebige Hand zum Aufheben erlaubt. 10. Außerhalb von Wohnräumen 40 m Jegliches Hilfsmittel erlaubt, mit Ausnahme einer Hilfsperson. Gehen 11. 4 Stufen ohne Geländer auf- und abgehen Ein Hilfsmittel, das normalerweise auch benutzt wird, darf eingesetzt werden. Das Geländer darf nicht benutzt werden. (Überprüft die Fähigkeit, Treppen ohne Geländer zu bewältigen). 12. 10 m Rennen Bewegungsmuster muß symmetrisch sein. 13. Auf dem betroffenen Bein 5mal Hüpfen Auf dem Fußballen hüpfen, ohne die Balance zu verlieren. Keine Unterstützung durch die Arme. ANHANG B Bein und Rumpf 1. Drehen auf die nicht betroffene Seite Ausgangsstellung ist die flache Rückenlage mit gestreckten Beinen. Die Hände dürfen nicht eingesetzt werden. 2. Drehen auf die betroffene Seite wie unter 1. 3. Halbe Brücke Betroffenes Bein angebeugt, dann teilbelasten um die Hüfte auf der betroffenen Seite anzuheben. Der Therapeut darf das Bein positionieren, aber der Patient muß es dann auch nach Beendigung der Aufgabe halten. 4. Vom Sitz in den Stand Füße müssen flach auf dem Boden stehen. Das Körpergewicht muß von beiden Füßen getragen werden. Die Arme dürfen nicht eingesetzt werden. 5. Betroffenes Bein anbeugen, über die Bettkante hängen und zurück Zur Unterstützung kann der Fuß auf den Boden o.ä. abgestellt werden, so daß die Hüfte neutral und das Knie 90° flektiert gehalten werden. Während der ganzen Bewegung muß das Knie flektiert bleiben. Außenrotation ist nicht erlaubt. Testet Hüft- und Kniekontrolle. 6. Im Stand das nicht betroffene Bein auf eine Stufe setzen und zurück Ohne Retraktion der Hüfte oder Hyperextension des Knies. Testet die Hüft- und Kniekontrolle während der Gewichtsübernahme auf das betroffene Bein. 7. Im Stand den nicht betroffenen Fuß Ohne Retraktion der Hüfte oder Hyperextension des Knies. Das Gewicht muß auf dem betroffenen Bein belassen werden. Testet Hüft- und 5mal auftippen Kniekontrolle wie 6., jedoch schwieriger. 8. Im Liegen Dorsalflexion des betroffenen Fußes bei gebeugtem Bein Der Therapeut darf das Bein in Beugung (Knie 90°) fixieren. Keine Inversionsbewegung. Mindestens die halbe Bewegung ist erforderlich. 9. Im Liegen Dorsalflexion des betroffenen Fußes bei gestrecktem Bein Wie 8. mit gestrecktem Bein. Keine Inversionsbewegung oder Knieflexion. Der Fuß muß 90° Dorsalflexion erreichen. 10. Im Stand Kniebeugung des betroffenen Knies in Neutralposition Der Therapeut darf das Knie nicht in Flexion positionieren oder unterstützen. Sehr schwierig, testet minimale Funktionsstörungen. ANHANG B Arm 1. Im Liegen Protraktion der Schulter Arm kann unterstützt werden. mit Arm in Elevation 2. Im Liegen extendierten Arm in Elevation mind. 2 Sekunden halten Der Therapeut darf den Arm positionieren. Der Patient muß den Arm halten. Nur leichte Außenrotation, keine Pronation. Der Ellenbogen muß extendiert sein, maximal 30° Flexion erlaubt. 3. Flexion und Extension des Armes in Position wie unter 2. Der Ellenbogen muß mindestens 20° bis zur vollen Extension bewegt werden. Die Hand muß während der Bewegung nicht nach außen zeigen. 4. Im Sitzen den Ellenbogen an der Seite pro- und supinieren ¾ des Bewegungsweges sind ausreichend. Der Ellenbogen darf nicht unterstützt werden und sollte im rechten Winkel gehalten werden. 5. Vorgreifen, einen großen Ball mit beiden Händen fassen, anheben und wieder ablegen Den Ball so positionieren, daß volle Extension des Armes zum Erreichen notwendig ist. Die Schultern müssen protrahiert, Ellenbogen extendiert, Handgelenke neutral oder extendiert und die Finger extendiert sein (während der ganzen Bewegung). Die Handflächen sollen in Kontakt mit dem Ball gebracht werden. 6. 5mal mit Arm vorgreifen, einen Tennisball vom Tisch aufnehmen, zum Oberschenkel führen und wieder auf dem Tisch ablegen Die Schulter muß protrahiert, der Ellenbogen extendiert und das Handgelenk neutral oder extendiert sein (während der ganzen Bewegung). 7. Wie Aufgabe 6., nur mit einem Bleistift Der Patient muß Daumen und Zeigefinger zum Greifen benutzen. 8. 5mal ein Blatt Papier vom Tisch aufnehmen und ablegen Der Patient muß Daumen und Zeigefinger zum Greifen benutzen und er darf das Blatt Papier nicht an die Tischkante ziehen. Armposition wie bei 6. 9. Therapieknete mit Messer und Gabel schneiden und die Stücke in eine Schüssel neben die rutschfeste Unterlage legen - keine weitere Instruktion - 10. Auf der Stelle stehend einen großen Ball 5mal mit der Handfläche aufprallen lassen - keine weitere Instruktion - 11. 14mal in 10 Sekunden FingerDaumen – Versuch Die Bewegung muß in einer festen Reihenfolge durchgeführt werden. Ein Rutschen des Daumens von einem Finger zum anderen ist nicht erlaubt. ANHANG B 12. 20mal in 10 Sekunden Pronation und Supination Der Arm darf nicht am Körper gehalten werden. Handfläche und -rücken müssen jedesmal die Handinnenseite der nicht betroffenen Hand berühren. Jedes Klatschen wird einzeln gezählt. Entspricht Item 4., jedoch unter Berücksichtigung der Geschwindigkeit. Der Körper wird so weit wie möglich in Richtung des Armes gedreht 13. Im Stand den Arm in 90° Abduktion und die Handfläche an der (über 90°). Keine Ellenbogenflexion. Handgelenk muß gestreckt bleiben Wand abstützen, in dieser Position und der volle Kontakt der Handinnenfläche muß beibehalten werden. den Körper zur Wand drehen 14. Ein Band um den Kopf legen und hinten knoten Kopf darf nicht flektiert werden. Die betroffene Hand muß zu mehr als nur zu einer reinen Haltefunktion eingesetzt werden. Überprüft die Handfunktion unter Ausschluß der visuellen Kontrolle. 15. 7mal in 15 Sekunden „Backe, backe Kuchen“ An der Wand zwei Kreuze auf Schulterhöhe markieren. Reihenfolge: in beide Hände klatschen - beide Hände berühren die Kreuze - klatschen eine Hand berührt das gegenüberliegende Kreuz - klatschen - die andere Hand berührt das gegenüberliegende Kreuz - wieder von vorne. Die Reihenfolge muß eingehalten werden, die Handflächen müssen sich jedesmal voll berühren. Jede Sequenz zählt als 1. Drei Probeversuche sind erlaubt. Dieses komplexe Muster beinhaltet Koordination, Geschwindigkeit, Gedächtnis und gute Armfunktionen. ANHANG C Spastik - Skala von Ashworth (modifiziert von Bohannon und Smith) Name: ______________________________ Datum: ______________________________ Grade 0 1 1+ Prä: P Description No increase in muscle tone Slight increase in muscle tone, manifested by a catch and release, or by minimal resistance at the end of the range of motion when the affected part(s) is moved in flexion or extension Slight increase in muscle tone, manifested by a catch, followed by minimal resistance throughout the remainder (less than half) of the range of movement (ROM) 2 More marked increase in muscle tone through most of ROM, but affeted part(s) easily moved 3 Considerable increase in muscle tone, passive movement difficult 4 Affected part(s) rigid in flexion or extension Post: P Score ANHANG D ANHANG E ADL Name: ______________________________ Datum: ______________________________ Prä: P Post: P 1. Können Sie selbständig essen und trinken? JA P Mit Hilfe eines anderen NEIN 2. Können Sie ein Hemd / eine Bluse anziehen? JA P Mit Hilfe eines anderen NEIN 3. Können Sie eine Hose / einen Rock anziehen? JA P Mit Hilfe eines anderen NEIN 4. Können Sie sich die Haare kämmen und die Zähne pflegen? JA Mit Hilfe eines anderen NEIN 5. Können Sie sich selbst waschen? JA P Mit Hilfe eines anderen NEIN 6. Können Sie sich am WC selbst reinigen und die Kleider wieder anziehen? JA P Mit Hilfe eines anderen NEIN 7. Können Sie von einem Sessel aufstehen / sich wieder hinsetzen? JA P Mit Hilfe eines anderen NEIN P P P P P P P P P P P P P P P ANHANG E ANHANG E 8. Können Sie allein das WC benutzen? JA P Mit Hilfe eines anderen NEIN P P 9. Können Sie allein in eine Badewanne hineinund heraussteigen? JA P Mit Hilfe eines anderen NEIN P P 10. Können Sie allein gehen? JA P Mit Hilfe eines anderen NEIN P P 11. Können Sie Treppen steigen? JA P Mit Hilfe eines anderen NEIN P P 12. Wenn Sie in einem Rollstuhl sind (Wenn dies nicht zutrifft: JA ankreuzen), können Sie sich selbst darin fortbewegen? JA P Mit Hilfe eines anderen NEIN P P 13. Können Sie den Harn kontrollieren? JA P Mit Hilfe eines anderen NEIN P P 14. Können Sie den Stuhl kontrollieren? JA P Mit Hilfe eines anderen NEIN P P ANHANG F FBB (modifiziert) Name: ______________________________ Datum: ______________________________ Instruktionen: Überlegen Sie bitte bei den folgenden Feststellungen, inwieweit Sie Ihrer Meinung nach stimmen oder nicht. Denken Sie dabei an den Behandlungszeitraum der letzten vier Wochen, nicht nur an das Ende der Behandlung. Die Feststellung stimmt: - überhaupt nicht / niemals - kaum / selten - teilweise / manchmal - überwiegend / meistens - ganz genau / immer =0 =1 =2 =3 =4 1. Die Behandlung in der Klinik war für mich hilfreich. 0 1 2 3 4 2. Der Therapeut hatte Verständnis für meine Situation. 0 1 2 3 4 3. Die Behandlung ist in allen Punkten optimal verlaufen. 0 1 2 3 4 4. Während der Behandlung hatte ich die Befürchtung, daß meine Probleme noch stärker werden könnten. 0 1 2 3 4 5. Die vielen Übungsstunden waren mir lästig. 0 1 2 3 4 6. Im Alltag komme ich jetzt besser zurecht als vor der Therapie. 0 1 2 3 4 7. Ich hatte Vertrauen zu meinem Therapeuten. 0 1 2 3 4 8. Der Therapeut verstand das Wesentliche von meinen Problemen. 0 1 2 3 4 ANHANG F 9. Der Therapeut hat mich in jeder Hinsicht vollkommen verstanden. 0 1 2 3 4 10. Ich fühlte mich in der Klinik unbehaglich. 0 1 2 3 4 11. Ich konnte mit dem Therapeuten offen über meine Schwierigkeiten reden. 0 1 2 3 4 12. Einige Dinge im Verlauf der Behandlung haben mich nicht vollständig zufriedengestellt. 0 1 2 3 4 13. Die Behandlungen waren mir unangenehm. 0 1 2 3 4 14. Ich habe mich über den Therapeuten geärgert. 0 1 2 3 4 15. Der Therapeut war mir sympathisch. 0 1 2 3 4 16. Während der Behandlung zweifelte ich daran, ob die Behandlung wirklich helfen würden. 0 1 2 3 4 17. Ich machte mir Sorgen, daß meine Probleme nicht vertraulich behandelt würden. 0 1 2 3 4 18. Ich bin mit der Behandlung zufrieden. 0 1 2 3 4 19. Der Therapeut und ich kamen gut miteinander aus. 0 1 2 3 4 20. Meine Probleme haben sich im Verlauf der Behandlung gebessert. 0 1 2 3 4 Die Feststellung stimmt: - überhaupt nicht / niemals - kaum / selten - teilweise / manchmal - überwiegend / meistens =0 =1 =2 =3 ANHANG F - ganz genau / immer =4 ANHANG G Patientendaten Personalien Name / Vorname: ____________________________________________________________ Geschlecht: ____________________________________________________________ Geburtstag: ____________________________________________________________ Wohnort: ____________________________________________________________ Wohnstatus: ____________________________________________________________ Familienstand: ____________________________________________________________ Beruf: ____________________________________________________________ Krankheitsdaten Diagnose: ____________________________________________________________ Lokalisation: ____________________________________________________________ Datum Insult: ____________________________________________________________ Aufnahmedatum: ____________________________________________________________ Station: ____________________________________________________________ CT - Befund: ____________________________________________________________ Nebendiagnosen: ____________________________________________________________ Studiendaten Behandlungsgruppe: ____________________________________________________________ Behandlungsdauer: ____________________________________________________________ Neurologischer Status Aphasie: ____________________________________________________________ Sensorik: ____________________________________________________________ ANHANG G ANHANG H Datenerhebungsprotokoll: Name: _____________________________________ Erhebungsinstrument Durchführungsdatum 1. Patientendaten Prä: P __________ 2. ADL - Skala (Barthel) Prä: P __________ Post: P __________ 3. ADL - Skala (SDB) Prä: P __________ Post: P __________ 4. Rivermead Motor Assessment Prä: P __________ Post: P __________ 5. Spastik - Skala Prä: P __________ Post: P __________ 6. AKT Prä: P __________ Post: P __________ Post: P __________ 7. FBB ANHANG I Protokollbogen für die Behandlung Therapeut/in: Patient Station Behandlungsdaten* * Bitte Behandlungsdaten pro Kästchen folgendermaßen notieren: Tag.Monat/Dauer in Min. (Beispiel: 04.02./30) ANHANG K Ergebnistabellen: Ergebnisse der Chi - Quadrat - Tests (Pearson) Gruppenunterschiede in den soziodemographischen und klinischen Daten Geschlecht / Gruppe χ2 0,202 n.s. df 1 p .653 Diagnose /Gruppe 0,022 n.s. 1 .881 Lokalisation / Gruppe 0,606 n.s. 1 .436 Sprachstörungen / Gruppe 0,673 n.s. 2 .714 Familienstand / Gruppe 0,303 n.s. 1 .582 Wohnstatus / Gruppe 2,155 n.s. 3 .541 Beruf / Gruppe 2,299 n.s. 3 .513 Sensibilität / Gruppe 0,900 n.s. 1 .343 Anmerkung: n.s. nicht signifikant; * p<.05 signifikant, ** p<.01 sehr signifikant; ***p<.001 äußerst signifikant Tab. 8: Ergebnistabelle der χ2 - Tests: Soziodemographische Daten der EG und KG ANHANG K Ergebnisse der t-Tests Gruppenunterschiede in den soziodemographischen und klinischen Daten EG (n = 9) M SD 79,44 4,98 KG (n = 11) M SD 79,91 4,46 t -0,220 n.s. df 18 p .828. Zeitraum zwischen Insult u. Aufnahme (in Tagen) 12,89 8,57 13,64 6,56 -.0,221 n.s. 18 .827 Zeitraum zwischen Aufnahme und Prä Test (in Tagen) 16,11 18,12 21,82 25,02 -0,571 n.s. 18 .575 Lebensalter Tab. 9: Ergebnistabelle der t -Tests: Soziodemographische Daten der EG und KG Gruppenunterschiede im Prä - Test Barthel fremd EG (n = 9) M SD 37,22 28,52 KG (n = 11) M SD 24,55 21,27 t 1,139 n.s. df *1 18 p .269. Barthel selbst 62,22 29,91 55,00 22,36 0,618 n.s. 18 .544 RMA gesamt 12,56 11,44 9,36 7,47 0,721 n.s. 13,271 .484 RMA-G 4,56 4,53 2,18 2,09 1,451 n.s. 10,764 .175 RMA-B 4,56 4,00 3,00 1,79 1,081 n.s. 10,601 .304 RMA-A 3,11 3,82 4,18 4,47 -0,568 n.s. 18 .577 Spastik - Skala 1,56 1,67 1,18 1,66 0,500 n.s. 18 .623 AKT gesamt 49,38 5,21 48,88 4,19 0,212 n.s. 14 .835 AKT Richtige 16,88 2,95 16,13 2,70 0,531 n.s. 14 .604 AKT Zeit 178,5 86,14 190,63 206,30 -0,153 n.s. 9,369 .881 *1: Die unterschiedlichen Freiheitsgrade kommen aufgrund der ungleichen Varianzen (signifikanter Levene -Test) bei einzelnen Variablen zustande. Tab. 10: Ergebnistabelle der t - Tests: Prä - Test - Resultate der EG und KG ANHANG K Ergebnisse der Varianzanalysen (Innersubjekt- und Zwischensubjekteffekte) Barthel - fremd Quelle Testung Testung * Gruppe Fehler Gruppe df 1 1 18 1 F 23,868*** 5,732* p .000 .028 0,185 n.s. .672 Tab. 11: Zweifaktorielle Varianzanalyse mit Meßwiederholung: AV „Barthel - fremd“ Barthel - selbst Quelle Testung Testung * Gruppe Fehler Gruppe df 1 1 18 1 F 4,740* 0,030 n.s. p .043 .866 0,851 n.s. .368 Tab. 12: Zweifaktorielle Varianzanalyse mit Meßwiederholung: AV „Barthel - selbst“ Barthel (fremd /selbst) Quelle Testung Einschätzung Testung * Gruppe Einschätzung * Gruppe Testung * Einschätzung Testung * Gruppe * Einschätzung Fehler Gruppe df 1 1 1 1 1 1 18 1 F 18,013*** 17,700*** 1,049 n.s. 0,057 n.s. 0,307 n.s. 1,865 n.s. p .000 .001 .319 .814 .587 .189 0,602 n.s. .448 Tab. 13: Dreifaktorielle Varianzanalyse mit Meßwiederholung: AV „Barthel - Index“ RMA gesamt Quelle Testung Testung * Gruppe Fehler Gruppe df 1 1 18 1 F 21,673*** 2,408 n.s. p .000 .138 0,233 n.s. .635 Tab. 14: Zweifaktorielle Varianzanalyse mit Meßwiederholung: AV „RMA gesamt“ ANHANG K RMA-Gross function Quelle Testung Testung * Gruppe Fehler Gruppe df 1 1 18 1 F 10,007** 4,379 n.s. p .005 .051 1,103 n.s. .307 Tab. 15: Zweifaktorielle Varianzanalyse mit Meßwiederholung: AV „RMA-G“ RMA-Bein Quelle Testung Testung * Gruppe Fehler Gruppe df 1 1 18 1 F 14,855*** 1,252 n.s. p .001 .278 0,745 n.s. .399 Tab. 16: Zweifaktorielle Varianzanalyse mit Meßwiederholung: AV „RMA-B“ RMA-Arm Quelle Testung Testung * Gruppe Fehler Gruppe df 1 1 18 1 F 6,844* 1,936 n.s. p .017 .181 0,431 n.s. .520 Tab. 17: Zweifaktorielle Varianzanalyse mit Meßwiederholung: AV “RMA-A“ Spastik-Skala Quelle Testung Testung * Gruppe Fehler Gruppe df 1 1 18 1 F 0,10 n.s. 1,004 n.s. p .920 .330 0,786 n.s. .387 Tab. 18: Zweifaktorielle Varianzanalyse mit Meßwiederholung: AV „Spastik-Skala“ ANHANG K AKT gesamt Quelle Testung Testung * Gruppe Fehler Gruppe df 1 1 14 1 F 5,710* 1,914 n.s. p .031 .188 0,240 n.s. .632 Tab. 19: Zweifaktorielle Varianzanalyse mit Meßwiederholung: AV „AKT gesamt“ AKT Zeit Quelle Testung Testung * Gruppe Fehler Gruppe df 1 1 14 1 F 0,986 n.s. 0,572 n.s. p .338 .462 0,050 n.s. .826 Tab. 20: Zweifaktorielle Varianzanalyse mit Meßwiederholung: AV „AKT Zeit“ AKT Richtige Quelle Testung Testung * Gruppe Fehler Gruppe df 1 1 14 1 F 2,175 n.s. 1,827 n.s. p .162 .198 0,108 n.s. .748 Tab. 21: Zweifaktorielle Varianzanalyse mit Meßwiederholung: AV „AKT Richtige“ ANHANG K Deskriptive Statistik Testung Barthel - fremd Prä Post Barthel - selbst Prä Post RMA gesamt Prä Post RMA-G Prä Post RMA-B Prä Post RMA-A Prä Post Gruppe EG KG Gesamt EG KG Gesamt EG KG Gesamt EG KG Gesamt EG KG Gesamt EG KG Gesamt EG KG Gesamt EG KG Gesamt EG KG Gesamt EG KG Gesamt EG KG Gesamt EG KG Gesamt Tab. 22 a: Deskriptive Werte der abhängigen Variablen M 37,22 24,55 30,25 45,00 47,27 46,25 62,22 55,00 58,25 75,00 65,91 70,00 12,56 9,36 10,80 14,56 13,36 13,90 4,56 2,18 3,25 4,89 3,82 4,30 4,56 3,00 3,70 5,56 4,82 5,15 3,11 4,18 3,70 3,33 4,91 4,20 SD 28,52 21,27 24,95 34,55 26,96 29,77 29,91 22,36 25,56 23,45 16,25 19,80 11,44 7,47 9,33 11,89 10,08 10,65 4,53 2,09 3,52 4,62 3,43 3,93 4,00 1,79 3,01 3,75 2,56 3,08 3,82 4,47 4,12 4,24 5,19 4,73 N 9 11 20 9 11 20 9 11 20 9 11 20 9 11 20 9 11 20 9 11 20 9 11 20 9 11 20 9 11 20 9 11 20 9 11 20 ANHANG K Testung Spastik-Skala Prä Post AKT gesamt Prä Post AKT Richtige Prä Post AKT Zeit Prä Post Gruppe EG KG Gesamt EG KG Gesamt EG KG Gesamt EG KG Gesamt EG KG Gesamt EG KG Gesamt EG KG Gesamt EG KG Gesamt Tab. 22 b: Deskriptive Werte der abhängigen Variablen M 1,56 1,18 1,35 1,78 0,91 1,30 49,38 48,88 49,13 43,75 47,38 45,56 16,88 16,13 16,50 14,00 16,00 15,00 178,50 190,63 184,56 170,38 130,50 150,44 SD 1,67 1,66 1,63 1,92 1,38 1,66 5,21 4,19 4,57 9,00 8,52 8,67 2,95 2,70 2,76 5,86 4,93 5,33 86,14 206,30 152,85 141,93 102,16 121,22 N 9 11 20 9 11 20 8 8 16 8 8 16 8 8 16 8 8 16 8 8 16 8 8 16 Erklärung: Ich versichere, daß ich die vorliegende Diplomarbeit „Effektivität von kognitivtherapeutischen Übungen in der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten“ selbständig verfaßt habe und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe. Britta Koors Osnabrück, den 09.06.2000