Technisch versiert und mit einem erstaunlichen Torriecher

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Technisch versiert und mit einem erstaunlichen Torriecher
Technisch versiert und mit einem erstaunlichen Torriecher ausgestattet
Fußball-Landesliga / Umut Gün ist die Lebensversicherung des SV Holzminden - doch nur Spritzen halten ihn fit
VON JASPER DELEKAT
Holzminden. Bilanz: 70 Punkte aus 30 Spielen in der Fußball-Bezirksliga, ungefährdeter
Aufstieg mit neun Punkten Vorsprung vor Verfolger FC Stadthagen. Eigentlich könnte der
SV Holzminden mit breiter
Brust in die kommende Landesliga-Saison gehen. Allerdings
trüben die Abgänge wichtiger
Leistungsträger wie Stammtorwart Sören Eilers (Wechsel in
die 2. Mannschaft) und Abwehrrecke Daniel Obermann
(Ziel Tuspo Weende) allzu positive Saisonerwartungen. Lange
stand auch der Verbleib von SVTorjäger Umut Gün, Torschützenkönig der vergangen Bezirksliga-Spielzeit (26 Tore), in
der Schwebe. Gün erlitt vor ei-
nigen Monaten einen Knorpelschaden.
Die Verantwortlichen des SV
Holzminden zitterten lange um
ihre stürmende Lebensversicherung. Nun können sie vorübergehend beruhigt sein: Gün
wird voraussichtlich in der Lage
sein, die Saison zu bestreiten.
Spritzen ins Knie sollen den
Stürmer fit halten. An der Form
des Angreifers hängt vieles
beim SV Nur wenn Gün zu seiner Topform findet, kann ein
erneuter Direktabstieg (zuletzt
2010/2011) aus der höheren
Klasse vermieden werden.
Im Gespräch mit dem TAH
zeigt Gün eine realistische Haltung: „Der Klassenerhalt wird
nicht leicht", so der Stürmer. Er
schätzt seine Elf deutlich erfahrener ein im Vergleich zur Ab-
stiegsmannschaft 2010/2011.
Allerdings sieht er auch einige
Defizite in der SV-Mannschaft:
„Wir haben große Schwächen
in der Abwehr aufgrund der Abgänge", sagt Gün.
Der 26-Jährige ist in Holzminden geboren, hat türkischstämmige Eltern. In der Jugend
kickte er schon für den SV unter Trainerikone Werner Eckhardt. Aufgrund starker Leistungen und vieler Tore lockte
ihn schließlich die A-Jugendmannschaft des SC Paderborn.
Auch dort machte er auf sich
aufmerksam.
Nach einer guten Partie
sprach Gün ein Berater des 1.
FC Nürnberg an und überredete ihn einen Vertag bei der
zweiten Mannschaft (Oberliga)
zu unterschreiben. „Der Wech-
sel war ziemlich nutzlos. Ich habe mich zu leicht vom Berater
beeindrucken lassen", resümiert
Gün. Auch Geld spielte eine
Rolle.
Beim Oberligateam kam er
kaum zum Zug. Immer wieder
wurden Profis der ersten
Mannschaft wie Stefan Kießling
(6 A-Länderspiele für die DFBElf) oder Ivan Saenko (12 Länderspiele, Russland) abgestellt
und nahmen Gün die Chance
sich zu beweisen. Einige Verletzungen warfen ihn zusätzlich
zurück. Gün steckte nicht auf,
zeigte unbändigen Ehrgeiz in
den Trainingseinheiten. Doch
FCN-Trainer Peter Zeidler
schenkte ihm weiterhin kaum
Einsatzzeit. Dennoch bekam er
mehrfach die Chance bei der
Bundesligaelf des FCN mit zu
trainieren. Dabei lernte er auch
den erfahrenen Bundesligacoach Hans Meyer kennen.
„Meyer redete viel mit mir und
den anderen jungen Spielern.
Wer von den Amateuren jedoch
schlecht im Training spielte, lud
er kein zweites Mal ein", erzählt
Gün von seiner Zeit in Nürnberg.
Nach einem anderthalbjährigen Intermezzo kehrte Gün
schließlich zurück ins Weserbergland. Beim SV Höxter
freute er sich wieder über Tore
und regelmäßige Einsätze.
Schließlich lockte ihn aber wieder der SV Holzminden zurück
in die Heimat. Peter Lobitz,
heute sportlicher Leiter des SV
Holzminden, und der damalige
Trainer Werner Eckhardt waren verantwortlich, dass Gün
sich für eine Rückkehr entschied. Heute ist er für den SV
Holzminden nicht zu ersetzen.
Technisch beschlagen und mit
einem erstaunlichen Torriecher
präsentiert sich der gelernte
Einzelhandelskaufmann.
Mit Trainer Marinko Djak
kam Gün gut zurecht. „Marinko besitzt eine besondere Aura.
Er ist zwar kein Detailfanatiker
wie Eckhardt, aber ebenfalls ein
Hitzkopf. Wer im Training
nicht bei der Sache ist, wird
schnell in die Kabine geschickt", erklärt Gün dem TAH.
Gün präsentiert sich als eher
umgänglicher Typ: „Wenn ich
mal ausgewechselt werde, spiele
ich nicht die Diva." Sollten die
Spritzen helfen, darf sich der
Torjäger auf viele Einsätze freuen.