Christa - Institut Slavistik an der Universität Leipzig

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Christa - Institut Slavistik an der Universität Leipzig
Universität Leipzig
Deutsch-Slavische Namenforschung
-NamenberatungsstelleBeethovenstraße 15, 04107 Leipzig
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Gutachten zu sprachlicher Herkunft
und Verbreitung des Vornamens
Christa
Beim Namen Christa handelt es sich um eine Kurzform des weiblichen Vornamens Christi(a)na,
der wiederum eine weibliche Bildung zum männlichen Vornamen Christian ist. Der Name
Christian geht auf das lateinische christianus und das griechische christianos in der Bedeutung
'Anhänger Christi' zurück, das ursprünglich von Griechen und Römern den Christen beigelegt
wurde. Der Name Christus läßt sich auf das griechische christós 'der Gesalbte' zurückführen.
Später spiegelt sich die bewußte innere Hinwendung zum Christentum in der Wahl des
programatischen Rufnamens Christian 'der Christ' wider. Als Kollektivbezeichnung für die
Anhänger Jesu taucht Christianus laut Apostelgeschichte 11,26 erstmals in Antiochien auf und
wird als Rufname durch Missionierungs- und Reformierungswellen immer wieder neu belebt.
Im 8.-11.Jahrhundert sind die Rufnamen Christian(us) und Christi(a)na unter den Fremdnamen,
also Namen nicht-germanischen Ursprungs, die häufigsten. Im Köln des 12.Jahrhunderts ist
Christina der sechsthäufigste Frauenname. Die Beliebtheit läßt dann nach, steigt aber in der
Reformation wieder stark an, um, auch in Reaktion auf die katholischen Heiligennamen, durch die
Wahl dieses Rufnamens die Menschen bewußt wieder auf die Nachfolge Christi zu verpflichten.
Vor allem bei Protestanten in Norddeutschland war der Name nach der Reformation beliebt. Eine
erneute Belebung erfolgt dann im Pietismus. Im norddeutschen Raum ist der Name seit 1760 als
einer der häufigsten Rufnamen belegt, wohl besonders durch die Leitnamen des dänischen
Königshauses. Im 19. und besonders im 20.Jahrhundert sind die Namen Christian/ Christa/
Christina/ Christiane nicht mehr durch ihre inhaltliche Bedeutung, sondern eher durch ihren
Wohlklang und die Mode sehr beliebt.
Der Kurzname Christa erscheint in deutschsprachigen Quellen erst im 19. Jahrhundert als
eigenständiger Vorname: in Oberwinter zweimal im Zeitraum 1856-1905. Um 1900 ist Christa
meist als Name von Adligen belegt. Bekannte Namensträgerinnen des 20. Jahrhunderts sind z. B.
die Dichterin Christa Reinig (geb. 1926 in Berlin); die Sopranistin (Meta-)Christa Ludwig (geb.
1928 in Berlin) und die Schriftstellerin Christa Wolf (geb. 1929 Landsberg/ Warthe).
Die gesprochene Kose- und Kurzform Christa zum Vollnamen Christi(a)na/ Christi(a)ne ist aber
schon sehr viel früher bekannt und beliebt. Offiziell als eintragungsfähiger Vorname ist Christa u.
a. nach einem Beschluß des preußischen Kammergerichts vom 18.12.1931 über die Akzeptierbarkeit von Kurzformen bekannt und besonders in den 30er und 40er Jahren des 20. Jahrhunderts
beliebt geworden. Nach einer Zählung vom 31.3.1987 gab es allein in Westberlin 9408-mal den
Namen Christa.
© 2006 Gesellschaft für Namenkunde e. V.
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Schon um 300 ist eine Heilige namens Christa bezeugt, die mit Julia, Cama Momna und
Crescentia auf Sizilien gemartert wurde (Namenstag: 4. Juni).
Weitere Heilige und Selige waren Christina, selige Jungfrau in Stommeln bei Köln geboren und
1312 gestorben (Namenstag: 6. November / 22.Juni); Christina, heilige Jungfrau unter Diokletian
in Bolsena gemartert um 300 (Namenstag: 24. Juli); Christina, geboren in St. Trond bei Lüttich,
Schafhirtin, gestorben 1224 (Namenstag: 24. Juli); Christina Ebner, Selige, geboren in Nürnberg,
Dominikanerinnenäbtissin in Engeltal, Diözese Eichstätt, gestorben 1356 (Namenstag: 27.
Dezember) und Christiniana, Märtyrerin unter Maximian in Kleinasien, gestorben um 305
(Namenstag: 26. Juli).
Als Rufname ist der Name Christiana (Christiane) mit den mundartlichen Kurzformen Nane,
Christa, Christel u.ä. im deutschen Sprachraum erstmals im Südwesten im 11.Jahrhundert und in
der Schreibung Cristina schon ab 944 bezeugt. Im 11./ 12.Jahrhundert kommt der Name
C(h)ristina sehr häufig im Rheinland vor. Allein in Köln erscheint er 139-mal im 12. Jahrhundert
und nimmt damit den 2. Platz unter den Fremdnamen ein. Ab 1230 ist der Name auch für
Westfalen bezeugt. So könnte man die Liste für ganz Deutschland noch fortsetzen. Neben den oben
genannten Schreibungen erscheinen im 13.-15. Jahrhundert auch solche Schreibungen und
Lautungen wie z. B. Crystyne, Kerstine, Styne, Stinne, Styna, Stijne, Stinike, Styneke, Crystina,
Cine, Cyne, Czina, Cristein, Cristin, Kirstin, Kirstein, Karstine, Kirstina, Cristina, Stina, Cirstgin,
Kirstgin, Kirstyne, Steina, Kristinke, Christin, Christjane und Chrestiane.
Weitere Namensträgerinnen für Christiana/ Christiane/ Christine/ Christina sind u.a. Christiane
von Goethe geb. Vulpius, geb. 1765 in Weimar; Christiane (Bigler geb.) Hörbiger, Schauspielerin,
geb. 1938 in Wien; Christiane Rücker, Schauspielerin, geb. 1944 Kr. Grünberg/ Schlesien;
Christiane Krüger, Schauspielerin, geb. 1945 in Hamburg; Christine de Pisan, französische
Dichterin (14./ 15.Jahrhundert); Königin Christina von Schweden (17. Jahrhundert); Christine
Nöstlinger, österreichische Schriftstellerin und Christine Brückner, deutsche Schriftstellerin.
Neubildungen mit dem Kurznamen Christa sind z. B. die weiblichen Doppelnamen Christalotte,
Christamaria und Christarose. Die männliche Form Christian ist ab 737 im Südwesten
Deutschlands, ab 865 im Rheinland, in Bayern erstmals 866 und danach erst wieder im 12.
Jahrhundert, ab 1154 in Westfalen, ab 1258 in Wetzlar, im 13.Jahrhundert auch in Rostock, vor
1320 in Breslau usw. bezeugt.
In Schweden haben sich vor allem die Formen Kristina, Kerstin, Kerstina; in Dänemark Kristine,
Kirstine; im skandinavischen Raum Krista, Kristiane, Kristin; im niederdeutschen Raum Karsta (=
Christa), Karstine (= Christine); in Italien und Spanien Cristina, in Frankreich Christine
(gesprochen kristín), Christelle und im englischen Sprachraum Kristy, Kris, Chris u.v.a.m.
durchgesetzt.
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