Katholische Soziallehre Kurze Einführung in die katholische

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Katholische Soziallehre Kurze Einführung in die katholische
Katholische Soziallehre
Kurze Einführung in die katholische Soziallehre
vorgelegt von der Fachgruppe II: das Soziale
Die in der AKSB zusammengeschlossenen Bildungseinrichtungen sehen ihr
Ziel darin, politische und gesellschaftsbezogene Bildung in katholisch-sozialer
Orientierung anzuregen.
Politische Bildung in der AKSB ist daher vor die Aufgabe gestellt, wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Strukturen und Zusammenhänge transparent zu machen, um eine sachgerechte und wertbezogene Urteilsfindung unterstützen und zur Mitgestaltung gesellschaftlicher, politischer und wirtschaftlicher
Entwicklungen motivieren sowie die dafür nötigen Fähigkeiten vermitteln.
In diesem Bemühen stützen wir uns auf die Grundsätze und Prinzipien der Katholischen Soziallehre.
Die katholische Soziallehre umfaßt in einem weiteren Verständnis den gesamten Inhalt dessen, was sich aus der kirchlichen Glaubenstradition an richtungsweisender Orientierung für die Gestaltung einer Gesellschaftsordnung gewinnen lässt.
Drei Prinzipien stehen im Mittelpunkt der katholischen Soziallehre.
Fundamentales Prinzip der katholische Soziallehre ist die „Personalität“. Danach ist jeder Mensch „Bild Gottes“ und besitzt als Person eine unantastbare
Würde und vom Schöpfer verliehene „Grundrechte“. In Abgrenzung von individualistischen oder kollektivistischen Lehren steht der Mensch im ausgewogenen Gleichgewicht von individualitas und socialitas als von Natur aus soziales
Wesen „inmitten der Gesellschaft“ und kann nur zusammen mit anderen gemeinsame Ziele verwirklichen und Kultur aufbauen.
Solidarität geht aus von der wechselseitigen Zuordnung des einzelnen zum
Ganzen und bezeichnet normativ das Einstehen des einzelnen
für das Ganze und des Ganzen für jedes einzelne seiner
Glieder.
Das Prinzip der „Subsidiarität“ wurde in der 1931
erschienenen Sozialenzyklika Pius’ XI Quadragesimo anno zum
ersten Mal präsentiert und besagt, dass Entscheidungen,
soweit es möglich und sachgerecht angebracht ist, nicht zentral,
sondern auf dezentralen, unteren, unmittelbar betroffenen
Ebenen getroffen werden sollen. Es trägt dazu bei, den Mensch
nicht zum Objekt der Hilfe zu degradieren und wird somit
Oswald von Nell- seiner Menschenwürde gerecht. Der Jesuitenpater Oswald
Breuning (1890- von Nell-Breuning (1890-1991) lieferte mit seinen
1991)
Forschungen die wesentlichen Grundlagen für diese
Sozialenzyklika.
Im Gegensatz zum marxistischen Sozialismus verteidigt die Katholische Soziallehre das Privateigentum, fordert aber dessen gerechte Verteilung. Darüber
hinaus bilden der Gemeinwohlgedanke, der gerechte Lohn, menschenwürdige
Arbeitsbedingungen, die gerechte Verteilung von Einkommen und Vermögen
und die soziale Partnerschaft Breuning in den Betrieben Marksteine der katholischen Soziallehre.
Im 20. Jahrhundert kamen neue Problemstellungen hinzu: die pluralistische
Gesellschaft, die Auseinandersetzung mit dem Totalitarismus, der weltanschaulich neutrale Staat, die Menschenrechte und die Bedeutung der Religionsfreiheit, die Demokratie und ihre Voraussetzungen, die Generationensolidarität/gerechtigkeit, die Entwicklungsproblematik, Genderaspekt, Umwelt- und Bioethik.
Die Erkenntnisquellen der katholischen Soziallehre sind die Offenbarung und
vor allem das Naturrecht, das in einer pluralistischen Gesellschaft die gemeinsamen Wertorientierungen und die notwendige Verbindlichkeit auf der Grundlage von Erkenntnissen, die allen Menschen zugänglich und einleuchtend sind,
gewährleistet.
Die Christliche Sozialethik als Wissenschaftsdisziplin an den Theologischen
Fakultäten ist der Soziallehre der Kirche zugeordnet, die außerdem noch die
kirchenamtliche Sozialverkündigung und die der sozialen und gesellschaftlichen
Praxis engagierten Verbänden und Institutionen von Christen und Christinnen
umfaßt (viele dieser Verbände, Gemeinschaften, Institutionen sind im ZdK zusammengeschlossen).
Die kirchenamtliche Sozialverkündigung wird von den Päpsten, Konzilien, Bischofskonferenzen und einzelnen Bischöfen ausgeübt. In Deutschland werden
Dokumente zu gesellschaftlichen Fragen häufig in ökumenischer Zusammenarbeit gemeinsam von der Deutschen Bischofskonferenz und dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland erstellt.
Die Säkularisierungstendenzen im Zeitalter der Aufklärung, die in die Französische Revolution mündeten, einerseits, die aufkommenden liberale und kommunistische Strömungen andererseits, drängten die katholische Kirche ab Ende
des 18. Jahrhunderts in die gesellschaftliche Defensive. Am stärksten wirkte jedoch die Ablösung der feudalen Ordnung durch die Industrielle Revolution und
schnelle Ausprägung der Industriegesellschaft. Die überkommenen politischen
und sozialen Bindungen wurden gesprengt. Die mit der Industrialisierung einhergehende Verelendung der Arbeiter forderte die Kirche heraus, Antworten auf
die sogenannte soziale Frage zu geben. Denn diese war nicht mehr durch karitative Fürsorge zu lösen. Vielmehr kam deutlich ins Bewusstsein, dass die soziale Misere nur durch eine gerechte Wirtschafts- und Sozialordnung zu überwinden ist. Im Zentrum der „sozialen Frage“ standen die gesellschaftlich entwurzelten und weithin rechtlosen Industriearbeiter
und ihre Familien. Die Enzyklika "Rerum Novarum" (Leo XIII,
1891) markiert den Beginn der aktiven Auseinandersetzung der
katholischen Kirche mit den sozialen Folgen der Industrialisierung. Nachfolgende Päpste haben die darin entwickelten
Grundsätze entfaltet und weiterentwickelt.
Papst Leo XIII
(1810-1903)