AKTUELLE ENTWIcKLUNGEN IM APoTHEKENREcHT
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AKTUELLE ENTWIcKLUNGEN IM APoTHEKENREcHT
ZENK DR. DANIEL KAPPES M. JUR. (OXON) Aktuelle Entwicklungen im Apothekenrecht Die deutsche Apothekenlandschaft ist seit dem Markteintritt der in den Niederlanden ansässigen Versandapotheke DocMorris in Deutschland im Jahr 2000 einem stetigen Wandel ausgesetzt. In einer ersten Liberalisierungswelle hat der Gesetzgeber in Reaktion auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 11. Dezember 2003 - C-322/01 - den Versandhandel von apothekenpflichtigen und verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zugelassen und das strenge Mehrbesitzverbot mit der Zulassung von bis zu drei Filialapotheken etwas aufgelockert. Seit der EuGH entgegen der allgemeinen Markterwartung das in Deutschland geltende Fremd- und Mehrbesitzverbot mit Urteil vom 19. Mai 2009 - Az. C-171/07 - grundsätzlich als europarechtskonform angesehen hat, ist die Öffnung des Apothekenmarktes für mehr Wettbewerb stecken geblieben. Gleichwohl hat es in den vergangenen Monaten einige bedeutende Entwicklungen gegeben. So hat der Gesetzgeber durch die 4. Verordnung zur Änderung der Apotheken betriebsordnung (ApBetrO) einige Änderungen vorgenommen. § 17 Abs. 2 a Satz 1 Nr. 7 ApBetrO bestimmt nun, dass eine pharmazeutische Beratung auch mittels Einrichtungen der Telekommunikation „ohne zusätzliche Gebühren“ durchgeführt werden darf. Damit ist klargestellt, dass die Beratung als solche nichts kosten darf. Unklar ist allerdings weiterhin, ob die von vielen Apotheken durchgeführte Praxis erlaubt ist, sog. Service-Dienste gemäß § 3 Nr. 8b Telekommunikationsgesetz (TKG) einzurichten. Hierbei handelt es sich um 0180er-Nummern, die bundesweit zu einem einheitlichen Entgelt zu erreichen sind. Im Gegensatz zu Premium-Diensten, also den sog. 0900er-Nummern, wird das Entgelt bei 0180er-Nummern jedoch für die Telekommunikationsdienstleistung und nicht für den Inhalt des Telefonats bezahlt. Ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 19. Juli 2012 in dem Verfahren I ZR 40/11 legt nahe, dass auch 0180er-Nummern zur telefonischen pharmazeutischen Beratung in der Vergangenheit nicht zulässig waren und zukünftig nicht zulässig sind. Hier bleibt allerdings die Urteilsbegründung abzuwarten, die noch nicht vorliegt. >> zenk NEWS | AUGUST 2012 | www.zenk.com 1 ZENK >> Hochumstritten war in der Vergangenheit die Frage, ob die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) auch für ausländische Apotheken gilt, die im Wege des Versandhandels Arzneimittel nach Deutschland verkaufen. Derzeit beschäftigt sich der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (Gz. GmS-OGB 1/10) mit dieser Frage, weil das Bundessozialgericht (BSG) und der Bundesgerichtshof (BGH) hier konträre Auffassungen vertreten. Der Gesetzgeber wird der ausstehenden Entscheidung des Gemeinsamen Senats voraussichtlich mit der 16. AMG-Novelle zuvorkommen. Denn am 28. Juni 2012 hat der Bundestag beschlossen, die in der AMPreisV geregelte Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel über eine Ergänzung von § 78 Abs. 1 AMG auf den Versandhandel aus dem Ausland zu erweitern. Es wird erwartet, dass der Bundesrat die 16. AMG-Novelle am 21. September 2012 insoweit unverändert verabschiedet. Damit werden Rabatte oder werthaltige Boni und Gutscheine auf verschreibungspflichtige Arzneimittel, die derzeit von einigen ausländischen Versandapotheken gewährt werden, unzulässig. Das Urteil des Gemeinsamen Senats wird dann nur noch rechtshistorischen Wert haben und klären, ob diese Gesetzesänderung eine echte Erweiterung der Preisbindung oder lediglich eine Klarstellung ist. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob die Ausdehnung des Preisrechts auf ausländische Versandapotheken einer verfassungs- und europarechtlichen Klärung standhält. Das Apothekenrecht ist in den vergangenen Monaten in anderen Punkten durch die Rechtsprechung weiter ent wickelt worden. Der BGH hat mit Ur teil vom 12. Januar 2012 - I ZR 211/10 - ein neues Geschäftsmodell für den grenzüberschreitenden Arzneimittelversand für zulässig befunden. Der Entscheidung lag der Fall einer Apotheke in Freilassing zugrunde, die ihren Kunden anbietet, Medikamente bei einer Apotheke in Budapest zu bestellen und zusammen mit einer Rechnung dieser Apotheke bei ihr in Freilassing abzuholen und sich bei dieser Gelegenheit auch pharmazeutisch beraten zu lassen. Hierzu lässt die Freilassinger Apotheke die bestellten Medikamente über einen Großhändler nach Budapest liefern, von wo aus sie wieder zurückgeliefert werden. Nach >> zenk NEWS | AUGUST 2012 | www.zenk.com 2 ZENK >> Ansicht des BGH verstößt diese Form des Arzneimittelvertriebs nicht gegen das Verbringungsverbot des § 73 AMG. Empfänger der Arzneimittel seien nicht die Endverbraucher, sondern die Freilassinger Apotheke, so dass sich die Budapester Apotheke auf § 73 Abs. 1 Nr. 1 AMG als Ausnahme vom Verbringungsverbot berufen könne. Keine Relevanz habe dagegen die Bestimmung des § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG, die unter gewissen Voraussetzungen den Versandhandel aus dem europäischen Ausland als (weitere) Ausnahme vom Verbringungsverbot gestattet. Damit ist ein Vertrieb von Arzneimitteln durch eine ausländische Apotheke auch dann möglich, wenn die ausländische Apotheke die strengen Voraussetzungen von § 73 Abs. 1 Nr. 1a AMG nicht erfüllt. Dieser verlangt unter anderem, dass das nationale Recht der ausländischen Apotheke dem deutschen Apothekenrecht im Hinblick auf die Vorschriften zum Versandhandel entspricht. Diese Entsprechensklausel erfüllt das Apothekenrecht vieler EU-Staaten bisher jedoch nicht. Nach der aktuellen Länderliste des Bundesministeriums für Gesundheit erfüllen lediglich Island, die Niederlande, Schweden, Tschechien und Großbritannien diese Voraussetzung. Damit ist es von Kapitalgesellschaften geführten Apotheken auch aus anderen als den vorgenannten Ländern möglich, Arzneimittel nach Deutschland zu vertreiben, sofern sie eine Kooperationsapotheke in Deutschland finden. Die Entwicklungen im Apothekenrecht bleiben also spannend und dürften auch künftig Anlass zu Änderungen in der Praxis bieten. [DR. DANIEL KAPPES • [email protected]] zenk NEWS | AUGUST 2012 | www.zenk.com 3