gekommen, um zu bleiben

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gekommen, um zu bleiben
Gegner MSV Duisburg
GEKOMMEN, UM ZU BLEIBEN
Nach dem fünften Bundesliga-Aufstieg will der MSV Duisburg, unser Gegner in der
BayArena, nichts dringlicher, als diesmal die Klasse zu halten. „Wir gehen jetzt in die
erste Liga, da gehören wir hin und wollen da auch bleiben“, versprach Walter Hellmich,
der als Bauunternehmer eine Firma mit mehr als tausend Mitarbeitern führt, als die
Rückkehr ins Oberhaus durch ein 3:0 gegen Rot-Weiß Essen geschafft war. Der Vorstandsvorsitzende und Vereinspatron möchte unter allen Umständen eine Wiederholung jener Entwicklung vermeiden, die den traditionsreichen Ruhrgebietsclub vor Jahr
und Tag nach nur einjähriger Verweildauer in der guten Fußball-Stube gleich wieder
ins Unterhaus geführt hatte.
Wie schwer es wird, das Versprechen des Chefs einzulösen, weiß niemand besser
als Rudi Bommer. Der Fußball-Lehrer (417 Bundesliga- und sechs Länderspiele als Profi) kennt die Spielregeln,
aber auch die Tricks der Branche aus
dem Effeff. Im Sommer handelten die
Experten den MSV als Abstiegskan-
didaten Nummer eins. Kein Wunder,
denn die Mannschaft mit dem blauweiß gestreiften Zebra als Vereinsmaskottchen kam erst auf den letzten Drücker als Tabellen-Dritter der 2.
Liga ins Ziel.„Im Fernsehen haben sie
vor der Saison jedes Bundesligateam
einzeln vorgestellt“, erzählt Bommer,
„bloß uns nicht – wir spielen einfach
mit.“ Eine Einschätzung als eine Art
EIN WANDERER ZWISCHEN DEN FUSSBALL-WELTEN: Ailton will sich beim MSV noch mal beweisen.
16 • BayArena MAGAZIN
GENIESST ANERKENNUNG: Trainer Rudi Bommer
Zebrastreifen, über den die Konkurrenz achtlos hinweglatscht. Natürlich
hat sich der Trainer, der im Juni letzten Jahres den Interimscoach Heiko
Scholz, seinen jetzigen Assistenten,
abgelöst hatte, diese Respektlosigkeit
gemerkt und natürlich hat er das mit
dem entsprechenden Kommentar
seinen Jungs beigebracht.
Solcherart zusätzlich motiviert begann der bestens auf die neue
Herausforderung eingestellte Außenseiter die Saison mit einem Paukenschlag. Die Mannschaft gewann
in der Dortmunder „Fußball-Oper“
3:1 gegen die entgeisterte Borussia.
Ein historischer Sieg für Duisburg, der
erste an diesem Ort seit 1972, der den
MSV erstmals seit 1994 auf Rang zwei
katapultierte. Die Namen von gleich
vier Akteuren der gefeierten Elf zierten die „Elf des Tages“ im Fachblatt
„Kicker“.
Als Matchwinner im Mittelpunkt: Manasseh Ishiaku, ein 24-jähriger Nigerianer, der zum Transferpreis von einer
Million Euro vom FC Brügge gekommen war. Der durchschlagskräftige
Stürmer, den sie „Büffel“ nennen und
mit dem großen Antony Yeboah vergleichen, war Bommer beim UEFACup-Spiel der Belgier gegen Leverkusen aufgefallen. Beim BVB bezwang
er Torwart Weidenfeller gleich zweimal und brachte selbst die einheimischen Fans mit seinen eingesprunge-
HAT SICH STARK IN
DEN VORDERGRUND
GESPIELT: Der Nigerianer
Manasseh Ishiaku, den der
MSV aus Brügge verpflichtete, ist mit fünf Treffern
bislang der erfolgreichste
Schütze der Duisburger.
GegnerMSV
Borussia
Dortmund
Gegner
Duisburg
nen Flicflacs und Rückwärtssalti zum
Staunen. „Für einen Fußballer sieht
das sehr gut aus“, lobte Turnweltmeister Fabian Hambüchen.
In Duisburg, wo Fußball traditionell
gearbeitet wird, haben sie in ihrer
schmucken MSV-Arena (31500 überdachte Plätze), ein interessantes,
buntes Ensemble zusammengestellt.
Walter Hellmich, der „Boss“, hat nach
der Versetzung einer nicht unerheblichen Etaterweiterung (auf 35 Millionen Euro) zugestimmt und konnte
kurz vor Ultimo noch einen Bundesliga-Rückkehrer präsentieren, der ihm
und seinem Klub große öffentliche
Aufmerksamkeit garantierte. Vom
MSV DUISBURG
Gegründet:
17.9.1902
Vereinsfarben:
blau-weiß
Mitglieder:
3000
Internet:
www.msv-duisburg.de
Altersschnitt:
26,81 Jahre
Treuester Spieler:
Andreas Voss
(seit 2001 im Verein)
Bester Torschütze:
Ailton (106 Bundesliga-Tore)
Höchster Sieg:
9:0 gegen Tasmania Berlin (26.3.1966)
Höchste Niederlage:
0:7 gegen Hamburger SV (26.9.1981)
18 • BayArena MAGAZIN
Grasshopper-Club Zürich, wohin ihn
sein damaliger Arbeitgeber Roter
Stern Belgrad ausgeliehen hatte, heuerte Ailton, der brasilianische Fußball-Wanderarbeiter, in Duisburg an.
Der ehemalige Torschützenkönig der
Liga, immer noch ein Darling der Medien, versprach gleich Tore am Fließband, wie man das kennt und schätzt
an ihm, brauchte allerdings eine lange Anlaufzeit und traf erst bei seinem
ersten Einsatz in der Stammformation
ausgerechnet gegen seinen früheren
Klub Werder Bremen. Die Ruhrstädter
verloren das Match zwar zu Hause 1:3,
doch ihre Anhänger verabschiedeten
das Team ob des bemerkenswerten
kämpferischen Einsatzes aus der Position des Chancenlosen gleichwohl
mit standing ovations. „Kugelblitz“
Ailton, der sich mit 106 Treffern auf
den zweiten Rang der erfolgreichsten Ausländer (neben Chapuisat und
hinter Elber) schob, dankte den Gäste-Fans, die ihm mit Sprechchören
gehuldigt hatten.
Bommer, laut Hellmich „ein Top-Typ,
der genau zu uns passt“, dessen Vertrag der Chef unlängst bis 2010 verlängerte, hat eine Mannschaft zur
Verfügung, die er als „nicht einfach“
bezeichnet. Einer der eigenwilligsten Typen hat sich verabschiedet.
Der langjährige Torwart Georg Koch
einigte sich vor dem Arbeitsgericht
Duisburg auf eine einvernehmliche
Trennung des Beschäftigungsverhältnisses und veränderte sich nach
Zagreb. Seine Position nimmt nun
Tom Starke ein, der bei Bayer 04 lange eine zuverlässige Nummer zwei
hinter Jörg Butt war und nun ein starker Rückhalt der MSV-Abwehr ist.
Diese hat neuerdings zweifellos an
Belastbarkeit gewonnen durch die
Verpflichtung eines ebenfalls in der
BayArena wohlbekannten Profis.
Roque Junior, der 31-jährige brasilianische Weltmeister von 2002, hat
nach quälend langer Verletzungspause (wegen anhaltender Probleme an
der Achillessehne in der vergangenen
Saison nur ein Spiel für Bayer 04) nun
endlich wieder Fuß gefasst.„Ich hatte
GUTE ALTE BEKANNTE: Torhüter Tom Starke und
Innenverteidiger Roque Junior (links) standen
lange in Diensten von Bayer 04.
in Leverkusen eine unheimlich schöne Zeit“, sagt der dynamische Defensivspieler, „ein Karriereende kam für
mich nie infrage, ich wollte immer die
Rückkehr schaffen. Ich kenne die Liga
und bin zuversichtlich, es zu packen.“
Dagegen ist die unendliche Krankengeschichte von Alexander Meyer
(Knie-OP), der ebenfalls aus Leverkusen kam, noch nicht beendet.
Der Underdog wehrt sich nach Kräften und hält Kontakt nach oben.
Richtig schlechte Noten handelte
man sich nur einmal ein, beim 0:2 in
Rostock.„Unterirdisch“, schimpfte der
enttäuschte Bommer, „das schlechteste Spiel meiner Amtszeit.“ Komplimente gab’s dagegen nach dem mit
einer Energieleistung erzwungenen
2:1 im Kellerduell in Cottbus. Jüngst
beim 0:1 im Wildparkstadion gegen
den Mitaufsteiger KSC kam RastaMann Roque Junior erstmals zum
Einsatz und stemmte sich mit aller
Macht gegen die Niederlage. Danach
folgte das bittere 0:2 daheim gegen
Bochum.
Hinten stehen sie ziemlich fest und sicher. Aber nun passiert vorne zu wenig. Sie arbeiten dran, das kennen sie
ja in der alten Malocher-Stadt Duisburg. Bommers Devise: „Diese Mannschaft gibt nicht auf. Das ist wichtig.“