Umweltrisiken für Kinder
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Umweltrisiken für Kinder
Umweltrisiken für Kinder – reale Gefahren oder unbegründete Ängste? Prof. Dr. Peter Höppe GeoRisikoForschung, Münchener Rückversicherungsgesellschaft Was ist „Risiko“? Risiko ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Exposition gegenüber einer Gefahr zu negativen Auswirkungen führt (aus „Risk“, Ropeik u. Gray, 2002) Was ist weltweit das größere Risiko? 1. Durch einen Hai getötet zu werden 2. Durch eine herabfallende Kokosnuss getötet zu werden Risiko 2 ist um den Faktor 15 größer! "Falling coconuts kill 150 people worldwide each year, 15 times the number of fatalities attributable to sharks," (George Burgess, Director of the University of Florida's International Shark Attack File) Relatives Todes-Risiko pro Reise-km (Quelle: Statistisches Bundesamt 2004) 1 1,00 1 1 1 0 0 0 Flugzeug (privat) PKW Personenzug Reisebus Flugzeug (Linie) Relatives Todes-Risiko pro Reise-km (Quelle: Statistisches Bundesamt 2004) 7 6,53 6 5 4 3 2 1,00 1 0 Flugzeug (privat) PKW Personenzug Reisebus Flugzeug (Linie) Relatives Todes-Risiko pro Reise-km (Quelle: Statistisches Bundesamt 2004) 7 6,53 6 5 4 3 2 1,00 1 0,10 0 Flugzeug (privat) PKW Personenzug Reisebus Flugzeug (Linie) Relatives Todes-Risiko pro Reise-km (Quelle: Statistisches Bundesamt 2004) 7 6,53 6 5 4 3 2 1,00 1 0,10 0,05 Personenzug Reisebus 0 Flugzeug (privat) PKW Flugzeug (Linie) Relatives Todes-Risiko pro Reise-km (Quelle: Statistisches Bundesamt 2004) 7 6,53 6 5 4 3 2 1,00 1 0,10 0,05 0,04 Personenzug Reisebus Flugzeug (Linie) 0 Flugzeug (privat) PKW Gesundheitsrisiko BSE? Neuartige Variante der Creutzfeld Jakob Krankheit Tote durch vCJD in Großbritannien Jahr Tote 1994 0 1995 3 1996 10 1997 10 1998 18 1999 15 2000 28 2001 20 2002 17 2003 18 2004 9 2005 5 2006 (bis 1.9.) 3 Summe 156 Quelle: University of Edinburgh, The UK Creutzfeldt-Jakob Disease Surveillance Unit, 2005 Risikoabschätzung: Erkrankungen beim Menschen durch BSE UK ca. 60.000 entdeckte BSE-Fälle => 156 Fälle vCJD D ca. 250 entdeckte BSE-Fälle => 0,7 Fälle vCJD? Bis heute noch kein Fall dokumentiert Gesundheit, November 2003 Konsequenzen von Fehleinschätzungen: Unbegründete Ängste, erhöhte Gefährdung gegenüber den realen Risiken, Forschungs- und Umweltmittel fließen in falsche Kanäle Forschungsvorhaben „Kind und Umwelt“ Gefördert durch: Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Teilprojekt: Umweltperzeption und reale Risiken Studie von Institut und Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin der LMU (Prof. Dr. Dennis Nowak) gemeinsam mit dem Institut für Soziale Pädiatrie und Jugendmedizin der LMU (Prof. Dr. Rüdiger von Kries) Laufzeit: 2002-2004 Abschlussbericht: Band 12 der Materialien des Bay. Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit Projektleitung: Prof. Dr. Peter Höppe Umweltperzeption und reale Risiken Ziele des Projektes: Vergleich von subjektiv wahrgenommenen und objektiven Umweltrisiken für Kinder Beratung für Umwelt- und Gesundheitspolitik, um unbegründete Umweltängste zu senken und relevante Risiken zu reduzieren Aufbau der Studie Befragung von Eltern bei Einschulungsuntersuchung ihrer Kinder (5 bis 6 Jahre alt) zur Wahrnehmung von Umweltrisiken (Durchführung: Institut für Soziale Pädiatrie und Jugendmedizin, LMU) Bewertung der objektiven Umweltrisiken durch internationale Wissenschaftler aus den Fachgebieten Umweltmedizin und Risikobewertung (Workshop 10.-11. November 2003) Elternbefragung 8506 Fragebögen mit Fragen zu 40 verschiedenen Umweltrisiken Alle Fragen der Art: Wie schätzen Sie das Risiko ein, dass ihr Kind durch XXX geschädigt werden könnte? Antwortskala: 0 = weiß nicht 1 = kein Einfluss 2 = gering 3 = mäßig 4 = stark 5 = lebensbedrohlich Höchste und niedrigste Prozentzahlen der Antwort „Ich weiß nicht“ Höchste: 14,9 % 13,0 % 9,2 % 9,2 % 9,1 % Treibhauseffekt Natürliche Strahlung Schadstoffe in Baumaterialien Strahlung Sendemast Schwermetalle aus Autoabgasen Niedrigste: 3,5 % 3,4 % 2,5 % 2,2 % 1,2 % Lärm UV-Strahlung Unfälle (ohne Verkehrsunfälle) Zeckenbiss Kopfverletzung beim Radfahren ohne Helm Risiko Rang Eltern Kopfverletzung beim Radfahren ohne Helm 1 Zeckenbiss 2 Verletzung bei Verkehrsunfällen 3 Meningitis 4 Kosteneinsparung im Gesundheitswesen 5 Folgeschäden von Kinderkrankheiten 6 Hepatitis 7 UV-Strahlung 8 Ozon 9 Erreger in tierischer Nahrung 10 Risiko Rang Eltern Rang Experten Kopfverletzung beim Radfahren ohne Helm 1 4 Zeckenbiss 2 19 Verletzung bei Verkehrsunfällen 3 1 Meningitis 4 20 Kosteneinsparung im Gesundheitswesen 5 25 Folgeschäden Kinderkrankheiten 6 29 Hepatitis 7 36 UV-Strahlung 8 12 Ozon 9 14 Erreger in tierischer Nahrung 10 23 Risiko Rang Eltern Rang Experten Kopfverletzung beim Radfahren ohne Helm 1 4 Zeckenbiss 2 18 Verletzung bei Verkehrsunfällen 3 1 Meningitis 4 19 Kosteneinsparung im Gesundheitswesen 5 24 Folgeschäden Kinderkrankheiten 6 28 Hepatitis 7 35 UV-Strahlung 8 12 Ozon 9 14 Erreger in tierischer Nahrung 10 22 Unfälle (ohne Verkehrsunfälle) 22 2 Bewegungsmangel 33 3 Passivrauch 11 5 Dieselruß/Partikel 27 6 Allergene 34 7 Unausgewogene Ernährung 24 8 Psychischer Stress 26 9 Kohlenmonoxid 15 10 Umweltrisiko Atemluft Risiko Rang Eltern Ozon 1 Passivrauchen 2 Kohlenmonoxid 3 Schwermetalle aus Autoabgasen 4 Schadstoffe in Bausubstanzen 5 Benzol 6 Schadstoffe aus Einrichtungsgegenständen 7 Lösemittel 8 Dieselruß/Partikel 9 Allergene 10 Umweltrisiko Atemluft Risiko Eltern Experten Ozon 1 6 Passivrauchen 2 1 Kohlenmonoxid 3 4 Schwermetalle aus Autoabgasen 4 10 Schadstoffe in Bausubstanzen 5 8 Benzol 6 5 Schadstoffe aus Einrichtungsgegenständen 7 9 Lösemittel 8 7 Dieselruß/Partikel 9 2 Allergene 10 3 Größte Risiko-Überschätzungen der Eltern im Vergleich zu den Experten (nach Rängen) Risikofaktor Rang-Differenz Hepatitis -29 Strahlung Atomkraft -28 Folgeschäden Kinderkrankheiten -23 Strahlung Sendemast -23 Kosteneinsparung im Gesundheitswesen -20 Verunreinigung pflanzlicher Nahrung -19 Zeckenbiss -17 Meningitis -16 Erreger tierischer Nahrung -13 Schwermetalle aus Autoabgasen -12 Fallbeispiel Mobilfunk Rang Eltern Rang Experten Strahlung Sendemast 14 37 Strahlung Handy 29 34 Strahlungsdosis durch Strahlung von Sendemasten (selbst bei Berücksichtigung der Zeiten) in der Regel erheblich geringer als durch eigenes Handy! Größte Risiko-Unterschätzungen der Eltern im Vergleich zu den Experten (nach Rängen) Risikofaktor Rang-Differenz Bewegungsmangel 30 Allergene 27 Lärm 21 Dieselruß/Partikel 21 Unfälle (ohne Verkehrsunfälle) 20 Treibhauseffekt 20 Psychischer Stress 17 Unausgewogene Ernährung 16 Tollwut 11 Medikamentennebenwirkungen 10 Unfälle in Deutschland Häusliche Unfälle 2 Mio. Kinder (bis 14 Jahre) erleiden in Deutschland jährlich Verletzungen durch Unfälle ca. 1.000 Kinder sterben jährlich bei Unfällen Verkehrsunfälle Ca. 50.000 Kinder unter 15 Jahren werden jährlich bei Verkehrsunfällen verletzt ca. 317 Kinder sterben jährlich bei Verkehrsunfällen Quelle: Statistisches Bundesamt (2000) Lärm 10-20% der Jugendlichen in Deutschland haben bereits einen leichten, aber nachweisbaren Hörverlust Nach einer Untersuchung an 200 Schülern zwischen 13 und 19 Jahren steigt mit zunehmender Diskothekenbesuchshäufigkeit auch der Anteil der Schüler, die an vorübergehenden Ohrgeräuschen (Tinnitus) leiden Quelle: Kindergesundheit und Umwelt, FLUGS-GSF Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit (2004): Umweltrisiko Fettleibigkeit Quelle: e-Journal Medizin Aspekte, Mai 2004 DIE ZEIT, 23.8.2001 Einschätzung der Gesamtsituation Die gesundheitliche Situation der Bevölkerung in Deutschland war nie zuvor auf so hohem Niveau wie heute. Innerhalb eines Jahrhunderts ging die Säuglingssterblichkeit von durchschnittlich 210 pro 1000 Lebendgeborenen auf weniger als 5 pro 1000 zurück. Die Lebenserwartung eines heute geborenen Kindes war noch nie so hoch. Quelle: Kindergesundheit und Umwelt, FLUGS-GSF Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit (2004): Münchener Rück Einschätzung der Gesamtsituation Dennoch gibt es auch heute – zum Teil neue - ernsthafte Gesundheitsprobleme, denen die Bevölkerung in erster Linie in Zusammenhang mit Unfallgefahren, der Ernährung, der Lebensweise und ihrem sozialen Umfeld ausgesetzt sind. (Bundesministerium für Gesundheit, das Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie das Robert Koch-Institut, repräsentative Studie zur Gesundheit von Kindern (20.000 Kinder), 2003) Informationen zu Umweltgefahren: Fachinformationsdienst für Lebenswissenschaften, Umwelt und Gesundheit (FLUGS), GSF-Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit, Neuherberg (http://www.gsf.de/flugs/)