BBnZ Live in Accra, Ghana - Student und Arbeitsmarkt

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BBnZ Live in Accra, Ghana - Student und Arbeitsmarkt
Student und Arbeitsmarkt
Ludwig-Maximilians-Universität München
Abschlussbericht
über das abgeleistete Auslandspraktikum
bei BBnZ Live in Accra, Ghana
vom 26.11.2012 – 08.02.2013
1
Vorbereitung
Die Idee zu einem Auslandspraktikum bekam ich im fünften Semester meines
Bachelorstudiums,
nachdem
ich
im
Oktober
2011
von
einem
privaten
Auslandsaufenthalt in Westafrika zurückkam. Auf dieser Reise trat ich nicht nur auf
außergewöhnliche Weise mit der afrikanischen Kultur und den Menschen in
Berührung, sondern vor allem auch mit der ghanaischen Musikszene, mit der ich
mich
von
diesem
Moment
an
intensiver
beschäftigte.
Aufgrund
meines
kommunikationswissenschaftlichen Studiums und meinem starken Interesse für
Musik und Kultur, entschloss ich mich dazu, mein theoretisches Wissen durch
studienbegleitende Praktikumserfahrung im Musik- und Künstlermanagement zu
bereichern. So konnte ich am effektivsten mein fehlendes Pflichtpraktikum mit
meinen musikalischen Fähigkeiten verknüpfen. Durch intensive Eigenrecherche im
Internet
(Google,
Facebook),
bin
ich
schließlich
auf
das
ghanaische
Musikunternehmen BBnZ Live gestoßen, bei dem ich für 2,5 Monate ein
Auslandspraktikum absolviert habe.
Da mir schnell klar wurde, die richtige Praktikumsstelle gefunden zu haben, bewarb
ich mich per Email mit meinen gesamten Bewerbungsunterlagen inklusive
Lebenslauf und Anschreiben. Nach wenigen Wochen bekam ich schließlich eine
positive Rückmeldung, wodurch ich mich in meinem Vorhaben noch mehr bestärkt
fühlte. Über den Newsletter von Student und Arbeitsmarkt wurde ich dann auf die
Möglichkeit einer Praktikumsunterstützung im Ausland aufmerksam. Ich bewarb
mich für das Stipendium und bekam nach sechs Wochen due Zusage. Da ich durch
frühere Reisen nach Togo und Ghana mit der westafrikanischen Kultur vertraut war,
konnte ich etwas entspannter an die ganze Situation herangehen. So war es für
mich persönlich nicht notwendig, davor einen zusätzlichen Sprachkurs oder ein
interkulturelles Training zu absolvieren. Für Studenten ohne Erfahrung mit
westafrikanischen Ländern, kann ich solche Vorbereitungskurse (z.B. über die
DAAD) und das Studieren des Gastlandes mithilfe von Reiseführern durchaus
empfehlen, um keinen allzu großen Kulturschock zu riskieren. Um einen möglichst
günstigen
Flug
zu
bekommen,
verglich
ich
die
Preise
verschiedener
Fluggesellschaften auf der Webseite fluege.de. Die Hauptstadt Accra ist ein
wachsendes Wirtschaftszentrum, weshalb täglich mehrere Airlines, wie z.B.
Lufthansa, Turkish Airlines, Emirates oder TAP Portugal, den Kotoka International
Airport anfliegen. Mit dem Flug in der Tasche checkte ich meinen Impfpass auf die
Gültigkeit mehrerer lebensnotwendiger Impfungen, die in man bei einem Aufenthalt
in Ghana unbedingt berücksichtigen sollte. Zu den empfohlenen Reiseimpfungen
gehören Hepatitis A und B, Gelbfieber, Meningitis und Typhus (nähere
Informationen dazu findet man auf der Internetseite vom Auswärtigen Amt). Wichtig
ist vor allem auch die Anschaffung einer Malariaprophylaxe in Form von Tabletten,
die man sich vom Tropenarzt verschreiben lassen kann. Die Gefahr an der
gefährlichen Krankheit in Ghana zu erkranken besteht leider das ganze Jahr über,
weshalb eine verantwortungsvolle Einnahme der Tabletten (Malarone, Doxycyclin)
nicht vernachlässigt werden sollte. Teilweise übernehmen sogar die Krankenkassen
die Kosten für die doch sehr teure Malariaprophylaxe; da sollte man sich einfach bei
seiner Krankenkasse informieren. Im gleichen Zug kümmerte ich mich um die
Formalien
für
Student
und
Arbeitsmarkt
und
beantragte
zusätzlich
eine
Auslandskrankenversicherung über die Hallesche, die mich für drei Monate ca. 42 €
kostete.
Des Weiteren benötigte ich für einen Aufenthalt in Ghana ein zweimonatiges
Touristenvisum, welches ich mir per Einschreiben bei der ghanaischen Botschaft in
Berlin besorgte. Da ich ein Expressvisum (ca. 70€) beantragte, hielt ich schon nach
drei Tagen meinen Reisepass samt Visum in der Hand. Die Reise konnte losgehen!
2
Ankunft
Nach einer Reisedauer von 14 Stunden kam ich gegen 21 Uhr erleichtert und
munter in Accra an. Offiziell begann ich mein Praktikum am 26.11.2012, doch auf
Empfehlung meines Praktikumsgebers flog ich schon eine Woche früher hin. Bei der
Suche nach einer Unterkunft kam mir BBnZ Live sehr unterstützend entgegen. Da
bereits mehrere Praktikanten aus dem Ausland bei ihnen arbeiteten, konnten sie
mich schnell an einen Vermieter weiterleiten, der ein Zimmer für mich freihielt.
Ansonsten stellt sich die Suche auf eigene Faust in einem Land wie Ghana als sehr
schwer dar, da man meistens nur Zimmer mit einer Zweijahresmiete findet, die im
Voraus zu bezahlen ist. Ich wohnte weniger als 15 Minuten von meinem Arbeitsplatz
entfernt, was mich angesichts der morgendlichen Stauverhältnisse in der Hauptstadt
sehr erfreute. Ich nutzte die freie Woche, um mich in Ruhe auf mein Praktikum
vorzubereiten, meine Wohnumgebung zu erkunden und um mein Zimmer
einzurichten. Da nur eine Matratze und ein kleiner Kleiderschrank vorhanden waren,
besorgte ich mir wegen der Hitze noch einen Stehventilator (ca. 28 €). Die
Wohngemeinschaft verfügte über ein eigenes Bad und eine eigene Toilette, was in
Accra durchaus keine Selbstverständlichkeit ist. Rund 70 % der Einwohner Accras
besitzen keine eigene Sanitäranlage im Haus, weshalb das Thema Hygiene ein
großes Problem darstellt. Trotz der bescheidenen Verhältnisse war ich aber mit
meiner Wohnsituation zufrieden, zumal ich wusste, dass mich in Accra kein großer
Luxus erwarten würde. Umgerechnet hat mich das Zimmer ca. 100 € im Monat
gekostet (1 Euro = 2,5 Cedi), was für ghanaische Verhältnisse sehr teuer ist, aber
für deutsche Verhältnisse eben ein Schnäppchen.
Meine Erwartungen an das Auslandspraktikum waren so groß wie vielfältig. Ich
erhoffte mir einen umfassenden Einblick in den Berufsalltag einer professionellen
ghanaischen Musikfirma zu bekommen und dementsprechend meine Fertigkeiten
im Musikmanagement zu erweitern. Ein weiteres Anliegen bestand darin, mit
kreativen Menschen zu arbeiten, Ideen auszutauschen, Kontakte zu knüpfen und
durch ungewohnte Stresssituationen in einem fremden Land persönlich zu wachsen.
Alle meine Erwartungen wurden in einem solchen Maß erfüllt, wie ich es selbst nicht
erwartet hätte. Ich konnte mich auf selbstständige Weise in das Team einfügen,
eigene Ideen vorstellen und diese kreativ umsetzen. Das ganze Arbeitsklima war
sehr professionell und mit meinen offenen und freundlichen Arbeitskollegen fühlte
ich mich keine Sekunde fehl am Platz. Ich musste teilweise über mich
hinauswachsen, was mein Selbstbewusstsein und praktisches Know-How gestärkt
hat.
3
Beschreibung des Praktikumsanbieters
Hinter dem Firmenkürzel BBnZ Live verbirgt sich eine
westafrikanische Plattenfirma, Künstleragentur und das
Managementdepartement vieler lokaler Musiker und
Künstler in der Hauptstadt Ghanas, das im Jahr 2010 von
vier Unternehmern in Accra gegründet wurde. Das
Abbildung 1: Logo von BBnZ Live
Firmenprofil von BBnZ Live umfasst eine weite Bandbreite von musik- und
medienbezogenen Arbeitsfeldern, wie z.B. der Musikproduktion, Eventorganisation,
dem Visual Marketing und Markenmanagement. Neben der Vermarktung ihrer
hauseigenen Musiker und Produzenten, kümmert sich BBnZ Live auch um das
sogenannte Branding externer Firmen oder unabhängiger Künstler, die ihre Dienste
für werberelevante Maßnahmen in Anspruch nehmen. Aufgrund ihrer Diversität im
Unterhaltungs- und Mediensektor, lässt sich BBnZ live insgesamt als MultimediaUnternehmen
zusammenfassen,
welches
momentan
sechs
verschiedene
(Bekleidungs-)Marken, zwei Studios und drei Musiker zu ihrem Portfolio zählt. BBnZ
Live ist für seine vielfach ausgezeichneten Musiker bekannt, wie z.B. E.L. (Elorm
Adablah), der unter anderem den „Ghana Movie Award 2010“, den „Hip-Hop Song
of the Year Award 2011“ und „Producer of the Year 2011“, gewonnen hat. Erst im
Juni 2012 ging der talentierte Produzent und Rapper E.L. in Großbritannien auf
Tournee, um sein neu erschienenes Album „Something Else“ zu promoten.
Besonders im Bereich der Organisation und des Marketings lokaler Events hat sich
BBnZ Live schnell einen Namen in und um Ghana gemacht. So gehören
Unternehmen wie „Samsung“, „Virgin Nigeria“ und das Handelsministerium zum
breiten Klientel der Musikfirma. Momentan bereitet dich BBnZ Live auf das Music
Festival „Safe Sex in Africa Concert“ vor, das 2013 in Ghana stattfinden wird. Es
handelt sich bei BBnZ Live um ein dienstleistungsorientiertes Unternehmen, das mit
seiner Professionalität und seinem rapiden wirtschaftlichen Wachstum besticht und
sich binnen drei Jahren zu einem vielversprechenden Musikunternehmen in
Westafrika etabliert hat.
4
Überblick über das Praktikum
Meine Aufgaben bei BBnZ Live umfassten
schwerpunktmäßig
Tätigkeiten
im
Bereich
Werbung,
Kommunikationsmarketing,
Künstlermanagement und kreative Arbeit. Da es
insgesamt neun verschiedene Arbeitsbereiche
bei BBnZ Live gibt, durfte ich zu Beginn meines
Praktikums
in
fast
alle
Felder
hinein
schnuppern, um nicht nur einen besseren
Überblick über das Gesamtkonzept der Firma
zu
Abbildung 2: Ich in voller Aktion bei einem
Fotoshooting
bekommen,
entsprechend
sondern
meiner
um
mir
selbst
Interessen
und
Fähigkeiten
Trotz
die
meiner
Arbeitsfelder
konkreten
auszusuchen.
Bewerbung
für
Marketing und Werbung, wurde mir nicht die
Möglichkeit verwehrt, in andere Arbeitsfelder zu
blicken. Eine Unternehmensphilosophie von
BBnZ Live besteht darin, seine eigenen Talente
überall
da
einzubringen,
wo
gerade
die
Nachfrage an neuem Input besteht. So arbeiten
die vielen Angestellten nicht zwingend in nur
einem
ihnen
zugeteilten
Bereich,
sondern
überwiegend in Arbeits- und Projektgruppen, die Abbildung 3: Sänger Anajo Black trägt
sich von Projekt zu Projekt unterscheiden meine Kreationen (Hose und Schuhe)
können. Somit überschneiden sich die Arbeitsinhalte oft, weshalb ich während
meines Aufenthaltes des Öfteren zu hoher Flexibilität und Querdenken gefordert
war. Dabei kommt es auch vor, dass z.B. die Musiker hauptsächlich mit der
Musikproduktion beschäftigt sind, und dementsprechend kaum oder keine anderen
Aufgaben übernehmen.
Da ich unter anderem auch einen Einblick in die professionelle Musikproduktion
bekommen wollte, bekam ich an zwei unterschiedlichen Tagen jeweils eine kleine
Einführung
in
die
wichtigsten
Computerprogramme,
was
sehr
viel
toningenieurtechnisches Wissen verlangt.
Besonders die kreative Atmosphäre der
Graphik und Modedesigner, als auch die
Marketingabteilung
hinterließen
bei
mir
einen bleibenden Eindruck. So entschloss
ich mich schließlich dazu, mein Praktikum
bei
Abbildung 4: Anajo Black bei einem
professionellen Fotoshooting mit meinen
Kreationen
BBnZ
Live
überwiegend
auf
die
Bereiche Creative Work, Branding und
Advertising auszurichten, da sich alle drei
Felder in Bezug auf die Vermarktung eines
Künstlers sehr gut kombinieren ließen. Besonders der Aspekt der Kreativität und
Ideenkonzeption und -umsetzung wurde bei BBnZ Live sehr groß geschrieben,
weshalb ich mich bei meinen Arbeitsgruppen sehr aufgehoben fühlte.
Während die Chefs überwiegend außerhalb der Büros und Studios arbeiten, da sie
viel auf Geschäftsreisen sind und nur hin und wieder vor Ort sind, verteilen sich die
18 Mitarbeiter auf ein Großbüro und zwei lokale Studios, die in zwei Vierteln in
Accra angesiedelt sind. Meine Arbeitszeiten waren montags bis freitags von 09:00
bis 18:00, was im Unterhaltungs- und Mediensektor nicht immer so eingehalten
werden kann. „Entertainment is
not a 9-5 job. It’s a job for
EVERYDAY“, wurde mir immer
wieder
von
meinen
Arbeitskollegen vermittelt. Für
Fotoshootings oder Videodrehs
musste
ich
auch
mal
am
Samstag oder Sonntag arbeiten,
was allerding kein Problem für
Abbildung 5: Mit meinem Lieblingskünstler E.L. an meinem
letzten Arbeitstag
mich darstellte. Und oft kam ich
erst um 19:00 Uhr aus dem
Büro, wenn z.B. ein Videokonzept fertiggeschrieben werden musste.
Da die Hierarchien bei BBnZ Live allgemein flach sind, gibt es keinen bestimmten
„Leader“, der nur für ein Projekt verantwortlich ist. Vielmehr wechseln sich die
Mitarbeiterrollen untereinander ab, je nachdem ob ein Marketingkonzept oder ein
neues Graphik-Logo erstellt werden muss. Generell ist es so, dass fast alle
Arbeitsgruppen indirekt miteinander kommunizieren oder der Rat eines anderen
Kollegen eingeholt werden muss.
Mit
meinen
pflegte
Arbeitskollegen
ich
zwar
eine
freundschaftliche, aber auf den
Arbeitsalltag
begrenzte
Beziehung. Da die meisten in
entfernteren
war
es
Vierteln
kaum
wohnten,
möglich,
sich
außerhalb der Arbeitszeiten zu
treffen.
Das
war
aber
kein
Abbildung 6: Licht und Kamera auf Edna gerichtet
Problem für mich, denn ich hatte
bereits ein paar gute Freunde aus früheren Aufenthalten, mit denen ich mich am
Wochenende traf, um am Strand spazieren oder ins Silverbird-Kino in der AccraMall zu gehen. Auch in meiner zentrumsnahen Wohnsiedlung konnte ich
Freundschaften schließen, da eigentlich die meisten Menschen in Ghana sehr offenund warmherzig sind und immer mit dir ins Gespräch kommen wollen. Außer dem
manchmal
schwer
afrikanischen/jamaikanischem
Sprachprobleme.
verständlichen
Slang,
hatte
„Pidgen-English“,
ich
sonst
keine
einem
weiteren
Prinzipiell war es nicht üblich, dass alle Mitarbeiter zusammen Mittagessen und das
auch nicht zu einer festen Pausenzeit. Nach getaner Arbeit konnte jeder essen
wann er wollte, also auch z.B. um 10 Uhr in der Früh. In der näheren Umgebung zur
Praktikumsstelle gab es nicht viele
Essensmöglichkeiten, weshalb ich
eigentlich jeden Tag in derselben
Stammküche
essen
ging.
Zur
Auswahl
standen
traditionelle
Gerichte,
wie
der
z.B.
etwas
schärfere „Jollof Rice“ mit Salat
oder „Banku“, ein teigähnliches
Abbildung 7: Rapper Manifest zu Besuch im Studio
Gericht mit Fisch, das mit der
Hand gegessen wird. Ich mochte
das ghanaische Essen sehr, auch wenn ich mich manchmal nach etwas
Abwechslung sehnte. Für Ausländer durfte die ghanaische Essenskultur vielleicht zu
scharf sein; Abhilfe verschaffen da die Supermärkte mit europäischem Sortiment,
die allerdings überdurchschnittlich teuer sind.
Die Studios von BBnZ Live
dienten
nicht
nur
als
Aufnahmeräume für
die
Musikproduktion, sondern
auch für die Produktion
von
Radio-
Mobilfunkwerbung.
und
Die
größten Mobilfunkfirmen in
Ghana, wie MTN oder
Tigo, schickten oft ihre
trainierten Sprecher zu uns
Abbildung 8: Ich am Verfassen eines Textes
um dort aufzunehmen. Dies wird als weitere Möglichkeit genutzt, um lukrative
Einnahmen zu erzielen und um das Studio wirtschaftlich „am Leben“ zu erhalten.
Somit stand während meines Aufenthaltes regelmäßig eine abwechselnde
Gefolgschaft an Studiosängern, Radio- und Mobilfunkarbeitern und anderen
Künstlern in den Räumlichkeiten von BBnZ Live.
Da ich mich zur Weihnachts- und Neujahrszeit in Ghana aufhielt, nutzte ich die
einwöchige Pause, um einen kleinen Abstecher in ein Dorf außerhalb Accras zu
machen. In der kleinen Stadt Akim Oda, die sich in der Central Region Ghanas
befindet, besuchte ich die Familie eines Freundes und erlebte am eigenen Leibe,
was „Back to the roots“ wirklich bedeutete. So musste ich fünf Tage ohne Strom und
fließendem Wasser auskommen. Aber dafür konnte ich mich voll und ganz auf die
Ruhe der Natur einlassen und mich mit vielen und interessanten Menschen
unterhalten. Nach der ein-wöchigen Weihnachts- und Neujahrspause ging der
Arbeitsalltag bei BBnZ Live wie gewohnt am 02. Januar 2013 weiter. Wie in
Deutschland dauern die Weihnachtsferien nämlich nur für Schüler und Studenten
bis zum 07.Januar an.
5
Details zum Praktikum
Den Großteil meines 10-wöchigen Praktikums verbrachte ich in dem lokalen
Musikstudio
„Mixdown“, welches aus einem Aufnahmestudio und zwei großen
Büroräumen
bestand.
Die
Sekretärin öffnete bereits gegen
08:30 Uhr die Pforte, bevor ich
um 09:00 Uhr meinen gewohnten
Arbeitsplatz einnahm. Zur Routine
des
morgigen
Arbeitsalltages
gehörte z.B. die Analyse von
neuen Musikvideos afrikanischer
Musiker,
Abbildung 9: Ich mit C-Reals Album bei der Kundenakquise
weshalb
Flachbildfernseher
ein
in
großer
unserem
Büro hing. Dadurch blieb das
Team nicht nur auf dem Laufenden über das Musikgeschehen in Westafrika,
sondern entwickelte auf dieser Basis auch eigene Konzepte für neue Musikvideos
ihrer
eigenen
Künstler.
Einer
meiner Aufgaben im A&R-Team
(Artist and Repertoire), war das
schriftliche
Verfassen
von
Konzepten für Musikvideos für den
Newcomer-Sänger
Gemeinsam
mit
Anajo
zwei
Black.
anderen
Mitarbeitern überlegten wir uns
insgesamt drei Videokonzepte, die
jeweils
eine
aufstrebenden
Single
Künstlers
des Abbildung 10: Mein Marketingkollege handelt einen
visuell Vertriebsvertrag aus
repräsentierten. Da es sich bei Anajo Black um einen noch jungen und unbekannten
Solosänger in Ghana handelt, kümmert sich das A&R-Team hauptsächlich um die
Entwicklung und Ausarbeitung eines Künstlerprofils. Neben der Produktion von
Liedern, die Anajo Black größtenteils abgeschlossen hat, bedarf es auch einem
Identitätsbranding bezüglich seiner äußeren Erscheinungsweise. Hier wurde ich voll
und ganz in die Modearbeitsgruppe involviert. Als Ergebnis kreierte ich (m)eine
eigene
Modelinie
mit
afrikanischen Stoffen, die ich
individuell auf den Künstler
zuschnitt.
Durch
die
hilfreichen Hinweise meiner
Kollegen, wusste ich recht
schnell,
wo
ich
die
notwendigen Materialien und
Stoffe
für
Kleidungsstücke
Abbildung 11: Beim Schneiden von Aufnahmematerial
die
herbekam,
und wie ich die Skizzen von
einem Schneider umsetzen ließ. Ich wurde sofort als eigenständige Mitarbeiterin in
sämtliche Prozesse eingegliedert. So musste ich mich selbst um die Recherche
lokaler Schneider kümmern und diese kontaktieren. Da allen Mitarbeitern meine
Idee gut gefiel, machte ich mich auch selbst an die Gestaltung eines Logos, mit dem
die Klamotten versehen werden sollten. Nachdem die ersten Prototypen angefertigt
wurden, wurde ein Photoshooting für Anajo Black organisiert, bei dem er unter
anderem meine Kreation trug. Alleine diese Erfahrung zeigt sehr deutlich, wie
praktisch und kreativ mein Praktikum ausgerichtet war, und dass BBnZ Live sehr
viel Wert auf Eigeninitiative und -verantwortung legte.
Neben der kreativen Arbeit im Modebereich und der Ausarbeitung von
Videokonzepten, nahm ich auch an zwei Videodrehs teil. Eines der Videos wurde
sogar vor Ort im Mixdown Studio gedreht, wobei wir nur die überdachte Vorhalle mit
einer grünen Stoffleinwand bekleideten. Diese Technik wird in der Videoproduktion
dann
angewandt,
wenn
nachträglich
in
der
Bearbeitungsphase
(Editing)
computergenerierte Elemente in das gewonnene Videomaterial eingefügt werden.
Der zweite Videodreh wurde von einem unabhängigen Künstler bei BBNZ Live in
Auftrag gegeben, weshalb ich mit drei meiner Arbeitskollegen zu einem Schauplatz
in Accra anreisen musste. Da wir auch meine eigene Spiegelreflexkamera für den
Dreh benutzten, konnte ich die Arbeit hinter der Kamera am eigenen Leib erfahren,
wodurch mir natürlich sehr viele wertvolle Tipps mitgegeben wurden.
In der Marketingabteilung durfte ich einem Arbeitskollegen bei der Organisation
einer Flughafen-Promotionaktion behilflich sein, die im Zuge der AlbumErstveröffentlichung vom lokalen Rapper C-Real stattfand. Ich wurde mit der
Recherche für Abflugzeiten am Flughafen, mit der Erstellung eines Zeitplans und
des
notwendigen
Promotionsteams
Auch
beauftragt.
bei
der
praktischen
Umsetzung
war
ich
dabei,
sodass wir am 31. Januar 2013
das
neue
Album
inklusive
anderer Give-Aways am Kotoka
International Flughafen in Accra
an
abfliegende
verteilten.
Abbildung 12: Zu Besuch in der Talentschmiede Ghallywood
Passagiere
Zudem
durfte
ich
meinen Marketingkollegen bei
einem
seiner
Meetings
mit
anderen Business Partnern begleiten. Hier ging es hauptsächlich um die Distribution
und den kommerziellen Vertrieb des neuen Albums, was in Ghana meistens mit
Hilfe unabhängiger, mittelständischer Elektronikgeschäften erfolgt. Da diese die
CD’s in größeren Mengen abkaufen und sie in ihren Läden ausstellen, wird
gleichzeitig Werbung für den Künstler gemacht.
Ein weiterer wichtiger Bereich des Kommunikationsmarketings stellte in meinem
Praktikum die Verbreitung von Medieninhalten auf Social Media Plattformen, wie
Facebook und Twitter dar. Da
BBnZ
Live
auf
beiden
Kommunikationskanälen über
Profile verfügt, die regelmäßig
gepflegt und upgedatet werden
müssen, wurde auch ich damit
beauftragt,
relevante
Neuigkeiten
rum
um
ihre
Künstler aufzubereiten. Neben
dem
Verfassen
von Abbildung 13: C-Real Interview
Kurzmeldungen, z.B. über die
Veröffentlichungen des neuen Musikvideos vom Künstler E.L. oder der ersten Single
von Anajo Black, ging es auch um das Hochladen von Bildern aus den
Studioräumlichkeiten. Damit wird der direkte Kontakt zu den Fans aufrechterhalten,
die wesentlich am Erfolg der lokalen Musiker beteiligt sind. Darüber hinaus wurde
mir ans Herz gelegt, meine Modekreationen mithilfe des Social Webs zu
kommunizieren. Da ich alles mit meiner Kamera festhielt, unterstützte mich ein
Mitarbeiter aus der Graphik-Gruppe bei der Bearbeitung der Bilder und der
Erstellung des Logos. So schlugen wir zwei Fliegen mit einer Klappe, da ich mithilfe
des Künstlers Anajo Black
auch
meine
eigenen
Designs vermarktete.
An
meinem
letzten
Arbeitstag hatte ich noch
die Gelegenheit, bei der
Aufnahme eines Interviews
für den Rapper C-Real zu
assistieren, welches für die
Ausstrahlung auf einem
Abbildung 14: Am Set von Ednas Videodreh
ghanaischen Fernsehsender gedacht war. Fast das gesamte Team im MixdownStudio war daran beteiligt; wir arrangierten die Lichtverhältnisse und bereiteten die
Interviewfragen vor, die ich sogar laut vorlesen durfte. Einen besseren Abschied
hätte ich mir nicht vorstellen können, denn zu diesem Anlass waren auch viele
Mitarbeiter aus den anderen Büros von BBnZ Live anwesend, darunter auch mein
Lieblingskünstler E.L.; sie „schickten“ mich motivierter denn je wieder nach Hause.
Neben
all
diesen
geschilderten
Aufgaben,
hatte
ich
während
meines
Auslandspraktikums über BBNZ Live auch die Möglichkeit viele aufregende
Veranstaltungen in Accra zu besuchen. So besuchte ich die Abschlussfeier der
Studenten der Filmakademie „Ghallywood“, auf der ich neue Kontakte mit
Filmemachern knüpfen konnte, oder das Musikkonzert „Loud in GH“ mit zahlreichen
Lokalmusikern.
6
Fazit/Bewertung
Obwohl Ghana immer noch ein Dritte Welt Land ist, hat mich das professionelle und
offene Arbeitsklima in Accra sehr positiv überrascht. Zwar herrschten bei BBnZ Live
keine starren und routinierten Abläufe, wie man sie von einem deutschen
Unternehmen vielleicht erwarten würde. Dennoch wurden alle Konzepte immer zum
veranschlagten Termin fertig gestellt, was auf die tolle Dynamik und Kreativlust der
Mitarbeiter zurückzuführen ist. Somit war jeder Tag bei BBnZ Live einzigartig und
immer wieder lehrreich für mich. Dass ich als Praktikantin wie eine vollwertige
Mitarbeiterin behandelt wurde, beweist z.B. das Vertrauen der Firma mir gegenüber
hinsichtlich der Erstellung der Modelinie. Da ich das Team mit meiner Idee
überzeugen konnte, ließen sie mir freien Lauf und unterstützen mich dabei vor allem
mental. Einen größeren Spielraum für Eigeninitiative und Tatendrang hätte ich mir
nicht wünschen können. Natürlich entstand dadurch bei mir der innerliche
Verpflichtungsdruck, eine gute Arbeit abzuliefern. Durch die gesunde Mischung aus
Zeitdruck und Selbstbestimmtheit ging ich noch viel motivierter und selbstsicher an
die Aufgaben heran. Und dass ich zusätzlich neue Fähigkeiten in den Bereichen der
Fotografie und der Videoproduktion erlernen konnte, macht das Praktikum
insgesamt zu einer sehr wertvollen persönlichen Erfahrung, die ich nicht missen
möchte. Sehr eindrucksvoll gestaltet sich auch die ghanaische Musikszene, die
momentan noch überschaubar ist. Ohne mein Praktikum wäre ich niemals mit so
vielen Musikern in Kontakt gekommen, die in Ghana teilweise ein sehr hohes
Ansehen genießen. Die meisten bekannten Künstler kennen sich persönlich bzw.
haben schon oft kollaboriert. Ich genoss dieses musikalische Umfeld sehr, dass es
mich auch stark zu eigenen Liedern inspirierte.
Tatsächlich
hatte
ich
die
Gelegenheit,
mein
theoretisches
(kommunikationswissenschaftliches) Wissen in viele verschiedene medienrelevante
Bereiche einzubauen, was ich in dieser Dimension überhaupt nicht erwartet hätte.
Das Praktikum bei BBnZ Live hat mich definitiv in meiner Entscheidung bestärkt, ein
Masterstudium
im
Fach
Kultur-
und
Musikmanagement
zum kommenden
Wintersemester aufzunehmen. Die Arbeit mit talentierten Künstlern, sowohl in
Deutschland als auch in Afrika, ist zu meinem festen Berufsziel geworden. Ich hoffe
so bald wie möglich wieder nach Westafrika gehen zu können, um mein
musikalisches Wissen in diesem Tätigkeitsfeld weiter auszubauen und eventuell
deutsche und afrikanische Musiker zusammenzubringen. Das bunte Leben in
Ghana hat mir, trotz der ärmlichen Verhältnisse, sehr viel Freude bereitet. Meine
Sozialkompetenzen und der Umgang mit Menschen aus einer anderen Kultur sind
um ein weiteres Level gestiegen; ich schätze viel mehr die einfachen Dinge und
versuche seitdem eine positivere Grundhaltung einzunehmen.
Das
Praktikum
bei
BBnZ
Live
kann
ich
jedem
abenteuerlustigen
und
musikinteressierten Studenten empfehlen. Man sollte aufjedenfall ein offenes und
neugieriges Wesen mitbringen, und viel Eigeninitiative. Ghana ist immer noch ein
unterentwickeltes Land, weshalb man sich über die schlechte Infrastruktur, die
Armut und die Umweltverschmutzung bewusst sein sollte. Aber mit viel
Durchhaltevermögen kommt jeder zum Ziel. Momentan stellt BBnZ Live keine neuen
Praktikanten aus dem Ausland ein, da sich die Firma in einer „Umbauphase“
befindet. Interessierte Studenten sollten aber trotzdem immer wieder einen Blick auf
ihre Webseite (www.bbnz-live.com) werfen, um auf dem Laufenden zu bleiben.
Zum Abschluss möchte ich mich nochmal recht herzlich für die tolle Betreuung von
Student und Arbeitsmarkt und speziell bei Herrn Johannes Hoch bedanken. Ohne
die finanzielle Unterstützung hätte ich mein Auslandspraktikum in dieser Form nicht
bestreiten können. Ich bin froh, diesen Schritt gewagt zu haben, und hoffe andere
Studenten dazu zu motivieren. Entsprechend eines berühmten ghanaischen
Sprichworts, kann ich allen Studierenden nur ans Herz legen: „Always forward,
never backward!“