Gepflegtes Lümmeln im Skateboard-Sessel
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Gepflegtes Lümmeln im Skateboard-Sessel
24 STUTTGART STUTTGARTER ZEITUNG Nr. 62 | Samstag, 15. März 2014 Gepflegtes Lümmeln im Skateboard-Sessel Vegetarischer Tag in Stuttgart Einige Restaurants und Kantinen bieten an Donnerstagen vermehrt fleischlose Gerichte. Kampagne Auf der Blickfang zeigen Designer, wie sich alltägliche Gegenstände sinnvoll zweckentfremden lassen. Von Sybille Neth Messe ls 32. Stadt in Deutschland hat nun Stuttgart seinen Veggiday (zu Deutsch: vegetarischen Tag). Seit einem Jahr arbeitet der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Kreisverband Stuttgart zusammen mit dem Verein Slow Food Stuttgart und dem Vegetarierbund Deutschland an der Umsetzung. In Zukunft sollen Restaurants und Kantinen jeweils am Donnerstag vermehrt vegetarische oder vegane Gerichte anbieten. Gut zehn Einrichtungen, unter anderem das Café Stella, das Mata Hari und die Seniorenzentren Fasanenhof und Salzäcker, sind schon dabei. „Wir versuchen damit die Menschen für eine nachhaltige Ernährung zu sensibilisieren“, sagt Clarissa Seitz, die Kreisvorsitzende des BUND. Es gehe beim Veggiday um Klima, Umwelt, Tierschutz, Gesundheit – nicht zuletzt aber auch um Genuss. „Die Menschen können ganz neue Gerichte entdecken, auch alte Gemüsesorten“, sagt Alexander Lorenz von Slow Food Stuttgart, „viele werden merken, dass Fleisch viel langweiliger ist als Gemüse.“ Der Veggiday sei kein Verzicht, sondern eine Bereicherung. Und: an den Donnerstagen wird es weiterhin Fleisch geben, nur eben eine größere Auswahl an fleischlosen Gerichten. In anderen Städten, so erzählt Silke Bott vom Vegetarierbund Deutschland, habe man die Erfahrung gemacht, dass in den Kantinen am Veggiday bis zu 80 Prozent der Belegschaft die vegetarische Alternative wählen. Alexander Lorenz fügt hinzu: „Wenn Fleisch das kosten würde, was es kosten sollte, hätte sich die Entscheidung auch an anderen Tagen erledigt.“ Die teilnehmenden Restaurants erkennt man an entsprechenden Plakaten in der Tür. ijs A L Haus und Grund Kritik am Ausbau der Radwege Der Eigentümerverein Haus und Grund sieht den Ausbau der Radwege kritisch. Das ist eines der Ergebnisse des Jahres-Pressegesprächs des Vereins am Freitag. „Haus und Grund Stuttgart begrüßt grundsätzlich den Ausbau des Radverkehrs, sieht die Verengung von Hauptverkehrsadern durch Radwege jedoch kritisch“, heißt es in der dazugehörigen Mitteilung. „Am deutlichsten wird das Problem in der Waiblinger und der Nürnberger Straße in Bad Cannstatt“, erklärt der Vereinsvorsitzende Klaus Lang. Der faktische Rückbau von Hauptverkehrsachsen durch Radstreifen führe verstärkt zu Ausweichverkehr in die anliegenden Wohngebiete, so der ehemalige Bürgermeister. Als Lösung schlägt Lang vor, die Radfahrer auf Nebenstraßen zu leiten. Der Grund, aus dem sich der Eigentümerverein mit dem Radverkehr auseinandersetzt, erklärt Haus und Grund so: Hohe Wohnqualität zeichne sich nicht zuletzt durch Verkehrsberuhigung und ausreichend Parkmöglichkeiten in den Wohnstraßen aus, heißt es in der Mitteilung. In diesem Zusammenhang sieht der Verein die vom Verkehrsministerium erarbeitete Novellierung der Landesbauordnung mit dem Ziel, für jede Neubauwohnung künftig zusätzlich zum Pkw-Parkraum zwei Fahrradstellplätze zu schaffen, kritisch. „Diese Vorstellung ist vornehmlich grüner Ideologie geschuldet und hat mit der Realität nichts gemein“, erklärt Lang. hah Wohnungsbau Rat gründet eigenen Unterausschuss Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung am Donnerstag der Gründung des Unterausschusses Wohnungsbau zugestimmt. Der Grund: wegen der momentan angespannten Lage auf dem Stuttgarter Immobilienmarkt soll das Stadtparlament in die Entscheidungsprozesse zum Thema Wohnungsbau frühzeitig eingebunden werden. Nach Aussage der Verwaltung ist das ein Teil des Papiers „Wohnen in Stuttgart“, das Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) im vergangenen Herbst präsentiert hat. „Bei den Beratungen des Konzepts in den Ausschüssen für Wirtschaft und Wohnen sowie Umwelt und Technik am 14. Februar haben alle Fraktionen die Bildung des Unterausschusses befürwortet“, heißt es in der aktuellen Beschlussvorlage. Das Gremium ist ein Unterausschuss der beiden Gemeinderatsausschüsse und ist mit elf Ratsmitgliedern besetzt. Bemerkenswert ist die prominente Besetzung des Unterausschusses. Sämtliche Parteien entsenden zumindest einen ihrer Fraktionsvorsitzenden in das Gremium. hah ässig auf dem Skateboard lümmeln – denn sechs Jahre nach Gründung ihres Laund das im durchaus gepflegten bels sind sie mit ihren „Hemden für Helden Wohnzimmer. Das macht Florian und Heldinnen“ so weit, dass sie davon leBürkle möglich. Recycling und Zweckent- ben können. Auf der Blickfang zeigen sie als fremdung werden großgeschrieben auf der Neuheit Sonnenbrillen aus Bambusholz. 22. Blickfang-Messe in der Liederhalle. Geschafft hat es dank seiner Präsenz auf Bürkle hat in seinem Loungesessel gleich den verschiedenen Blickfang-Messen auch beides vereint. Der Stuttgarter reiht Skate- der Küchendesigner Kilian Schindler. Vor boards aneinander, polstert sie und über- zwei Jahren stellte er noch den Prototyp spannt alles mit Leder: Fertig ist der seiner Modulküchenmöbel auf Rollen vor Loungesessel. An das Ausgangsmaterial er- und fand so einen Produzenten. innern nur die gebogenen Seitenteile von Bei der diesjährigen Messe rückt die KüSitzfläche und Rückenlehne. che erstmals als Schwerpunkt in den Fokus, Bürkle ist einer der fünf „Locals“ bei betont Projektleiterin Barbara Leippold. der Messe, die von der Wirtschaftsförde- Küche und Kochen zeigen sich auf einer rung Region Stuttgart unterstützt werden gesonderten Ausstellungsfläche: von der und hier die Chance haben, ihre innovati- Möblierung über eine atemberaubende, ven Ideen dem Publikum vorzustellen. So fünf Meter lange Grillstation mit Spüle und wie Hannah Steinmetz, Philip Andris und Anrichtefläche aus Edelstahl bis zum GeFelix Fuchs. Alle drei studieren an der schirrhandtuch mit dem aufgedruckten Kunstakademie IndustriedeBekenntnis: „Ich wasch’ eh sign und zeigen unter anderm „Wir wollen Dinge lieber ab.“ Daneben Geschirr Spieltische aus Beton. Auch zeigen, die bei der mit humorigem Schriftzug Alexander Klein und Peng- Produktion und für wie „Alles in Butter“ auf der hao Shan studieren an der Dose für eben diese. Auch das Akademie und präsentieren die Umwelt etwas Essen kommt nicht zu kurz. Tische mit zierlichen Beinen verbessern.“ Aus Mössingen bei Tübingen aus Metallstreben. kommen die Lieferanten itaJennifer Reaves, Ebenfalls puristisch sind Blickfang-Geschäftsführerin lienischer Feinkost, und aus die Lampen des QuereinsteiHamburg ist Simone Becker gers Robert Manner. „Ich bin eigentlich In- mit ihren dekorativ in Milchflaschen gedustrieelektroniker“, sagt er. „Aber ein biss- schichteten Backmischungen zum Beispiel chen hat das ja immer noch damit zu tun.“ für Apfel-Cranberry-Kekse angereist. Zum Design kam er durch Zufall, und jetzt Vor zwei Jahren hat sich die Messe bis in zeigt er bunte, pulverbeschichtete Lampen- den Beethovensaal ausgedehnt. „Wir haben schirme, die dem Licht der Glühbirne fast uns damit um 50 Prozent vergrößert“, nichts in den Weg stellen, weil sie nur aus rechnet Jennifer Reaves vor, und die Modeeinem Gerippe bestehen. Ebenfalls aus designerin Anja Milli Monka aus München Stuttgart kommt der mit vielen Preisen aus- lobt das Stuttgarter Publikum. „Hier gibt es gezeichnete Pino, alias Helge Ulrich. Er prä- keine gestressten Schnäppchenjäger mit sentiert biologisch abbaubares Geschirr aus Rollkoffer, sondern hierher kommen wirkBambus. Das darf zwar in die Spülmaschine, lich interessierte Besucher“, sagt sie. nicht aber in die Mikrowelle – und wenn der Benutzer Lust auf Neues hat, kann das BamSCHÖNES SEHEN UND KAUFEN busgeschirr auf den Kompost. Die Modedesigner, die wieder stark ver- Messe Auf der Verkaufsmesse Blickfang in der treten sind, achten auf Umweltverträglich- Liederhalle zeigen 220 Designer ihre Produkte keit und faire Produktionsbedingungen. aus den Bereichen Mode, Schmuck, Möbel und „Wir wollen hier nicht irgendetwas zeigen, Accessoires sowie Lampen und Küche. Dazu sondern Dinge, die bei der Produktion und findet ein Rahmenprogramm mit Vorträgen für die Umwelt etwas verbessern“, charak- über Design, Architektur und Trendforschung terisiert Blickfang-Geschäftsführerin Jen- statt, zudem gibt’s Kinderbetreuung sowie nifer Reaves das Ziel, das hinter dem schö- einen Ausstellungskatalog. Die Messe ist am nen Schein der Ausstellungsstücke steckt. Samstag, 15. März, 10–20 Uhr und am Sonntag, Die fügt an: „Diese Nischenprodukte brau- 16. März, 11–19 Uhr geöffnet. Die Tageskarte chen eine Messe wie die Blickfang, um ihr kostet 12 Euro (ermäßigt 8 Euro). sne Publikum zu erreichen.“ Die Brüder Ramon und Raphael Büsser // Weitere Informationen im Internet unter aus St. Gallen haben es schon geschafft, http://www.blickfang.com Hans Christian Andersen inspirierte die Modemacherin Anja Milli Monka. Aus der Schweiz kommen Sonnenbrillen aus Bambus, und Buchstaben werden als „Letters Stools“ zur Sitzgelegenheit. Mancher Stand besticht schon durch originelle Präsentation. Fotos: Michael Steinert Junge Detektive jagen Verbrecher in der Stadt Im Rathaus haben am Freitag die Kinderkrimiwochen begonnen – natürlich mit einem Mord. Von Frank Feil Jugendarbeit as Foyer des Stuttgarter Rathauses hat sich am Freitag für kurze Zeit in den Schauplatz eines Verbrechens verwandelt: blutige Handabdrücke an einer Säule, mit Zahlen gekennzeichnete Beweisstücke, die mit Klebeband markierte Silhouette eines menschlichen Körpers auf dem Boden. Es war sofort klar, dass hier jemand umgebracht worden ist. Vier Etagen darüber betrat eine geheimnisvolle Gestalt mit Deerstalker-Hut, Inverness-Mantel und Pfeife den Raum: „Ich bin der berühmteste Detektiv der Welt, und ich fühle mich für euch Kinder verantwortlich“, erklärte ein ernst dreinblickender Sherlock Holmes den rund 20 Schülern einer vierten Klasse, die ausgerechnet an diesem Tag zu Gast im Rathaus waren. D Krimi-Quiz-Rallye im gesamten Gebäude eigene Ermittlungen anstellen – inklusive persönlichem Detektivausweis. „In den vergangenen Jahren haben wir in den Sommerferien regelmäßig Detektivwochen angeboten und dabei festgestellt, dass Veranstaltungen, bei denen es um das Lösen von Kriminalfällen geht, bei Kindern überaus beliebt sind“, sagte Heike Simmerlein vom Jugendamt Stuttgart. „Aus diesem Grund haben wir uns dazu entschlossen, die Kinderkrimiwochen zu organisieren und dabei darauf geachtet, dass alle Themenfelder abgedeckt sind.“ Noch bis zum 23. März können Kinder und Jugendliche in Stuttgart an mehr als 50 Veranstaltungen teilnehmen. Das Angebot reicht von der Krimi-Tour „Der seltsame Tote von Gablenberg“ über ein Kinderkino mit „Emil und die Detektive“ bis hin zu DetektivWorkshops und einer Giftexkursion in die Wilhelma. „Darüber hinaus gibt es noch verschiedene Lesungen, da sich Krimiromane besonders gut zur Leseförderung eignen. Die Kinder haben Spaß beim Lesen, da sie parallel einen Fall lösen können – und das auch im Team mit anderen Jungdetektiven“, so Simmerlein weiter. Die meisten Veranstaltungen der Kinderkrimiwochen sind für die Teilnehmer kostenlos. Lediglich bei aufwendigeren Programmpunkten wie der Giftexkursion in die Wilhelma oder der Krimi-Tour über die Gänsheide werden Teilnahmegebühren zwischen zwei und zehn Euro erhoben. Dabei jagen die Kinder allerdings nicht nur fiktive Verbrecher, sondern erfahren nebenbei auch noch einiges über Stuttgarts Stadtgeschichte und die Sehenswürdigkei- ten. Für Jungautoren, die ihren ersten eigenen Krimi verfassen möchten, lohnt sich indes ein Besuch in den Schreibwerkstätten: Im Rahmen eines Schreibwettbewerbs werden dort die drei besten selbst geschriebenen Werke ausgezeichnet. Die Preisverleihung findet am Sonntag, 23. März, statt. Förmlich überrannt „Die Idee zu dieser zehntägigen Veranstaltungsreihe tragen wir schon seit zwei Jahren in uns. Es ist eine tolle Aktion, bei der den Kindern nicht nur etwas geboten wird, sondern bei der sie sich auch aktiv beteiligen können“, sagte Sieghard Kelle, Geschäftsführer der Stuttgarter JugendhausGesellschaft. „Wir haben die Kinderkrimiwochen so angelegt, dass sie ab jetzt jedes Jahr stattfinden werden und keine einmalige Aktion bleiben. Die Zahl der Anmeldungen gibt uns schon jetzt recht. Wir wurden förmlich überrannt.“ Die Bürgermeisterin als Detektivin KINDERKRIMIWOCHEN Am Ende ist am Freitagmorgen dann aber keinem der Schüler etwas zugestoßen, und auch der Tatort im Rathausfoyer war lediglich Teil der Auftaktveranstaltung zu den ersten Stuttgarter Kinderkrimiwochen. Für Kinder verantwortlich ist der berühmte Detektiv von Berufs wegen aber tatsächlich: In Wahrheit stand da nämlich nicht Doyles Romanfigur aus der 221B Baker Street vor der Schulklasse, sondern Isabel Fezer, Bürgermeisterin für Soziales, Jugend und Gesundheit. Begleitet von der Wortkünstlerin Laurence Schneider las Fezer den Kindern aus einem ihrer Lieblingskrimis vor. Die anwesenden Schüler im Alter zwischen neun und zehn Jahren konnten währenddessen ihr Können als Detektive unter Beweis stellen und mithelfen, den Täter im Buch zu überführen. Nach der Lesung durften sich die Besucher dann als Autoren betätigen und in der „Rathaus-Krimiwerkstatt“ Kurzgeschichten schreiben oder aber im Rahmen der Programmhöhepunkte Nicht verpassen sollten geneigte Jungdetektive den Workshop „Detektiv-Training im Team“ am 17. März. Für Krimifans ebenfalls spannend sind der HörspielWorkshop beim SWR am 19. März und tags darauf die Lesung mit TKKG-Autorin Corinna Harder. Am 21. März können sich Interessierte in der Wilhelma auf die Spuren des Gifts begeben und im Anschluss Tobie Lolness bei Lesenacht in der Kinderbibliothek lauschen. Zum Abschluss können die Kinder am 23. März in erlerntes Wissen im Rahmen der DetektivRallye in der Staatsgalerie unter Beweis stellen oder den Mitmachkrimi „Lupe raus, Spürnase an!“ besuchen. Bürgermeisterin Isabel Fezer als Sherlock Holmes bittet Viertklässler um Mithilfe bei der Lösung eines schwierigen Falles. Foto: Achim Zweygarth Teilnahme Die Anmeldung zu den Kinderkrimiwochen erfolgt telefonisch oder per E-Mail an [email protected]. Das Programmheft mit allen Veranstaltungsorten, Altersempfehlungen, Preisen und Telefonnummern kann kostenlos unter www.kinderkrimiwochen.de heruntergeladen werden. ffl