Drucksache 6/1262

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Drucksache 6/1262
LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN
6. Wahlperiode
Drucksache 6/1262
16.10.2012
BESCHLUSSEMPFEHLUNG und BERICHT
des Wahlprüfungsausschusses (3. Ausschuss)
zu den gegen die Gültigkeit der Wahl zum 6. Landtag
Mecklenburg-Vorpommern eingegangenen Wahleinsprüchen
A. Problem
Gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern in Verbindung mit § 36 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Wahlen im Land MecklenburgVorpommern (Landes- und Kommunalwahlgesetz - LKWG M-V) ist die Wahlprüfung Aufgabe des Landtages. Er entscheidet über die Einsprüche gegen die Wahl nach Vorprüfung
durch einen hierfür bestellten Ausschuss. Wahlprüfungsausschuss ist gemäß § 37 Abs. 1
Satz 1 des Landes- und Kommunalwahlgesetzes der Rechtsausschuss des Landtages, der dem
Landtag Beschlussempfehlungen über die Einsprüche zur Gültigkeit der Wahl zum Landtag
Mecklenburg-Vorpommern zur Beratung und Entscheidung vorlegt (§ 38 Satz 1
LKWG M-V). Insgesamt waren zwei Wahleinsprüche eingegangen, über die zu entscheiden
ist.
B. Lösung
Zurückweisung der Wahleinsprüche ohne mündliche Verhandlung wegen Unzulässigkeit
bzw. offensichtlicher Unbegründetheit (§§ 37 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 Satz 1, 40 LKWG M-V).
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Offensichtlich unbegründet sind Einsprüche,
a) die einen Sachverhalt vortragen, der einen Fehler bei der Vorbereitung und Durchführung
der Wahl nicht erkennen lässt;
b) die die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen behaupten; im Rahmen des Wahlprüfungsverfahrens im Landtag Mecklenburg-Vorpommern kann eine derartige Feststellung nicht
erfolgen;
c) die mangels ausreichender Angabe von Tatsachen nicht erkennen lassen, auf welchen Tatbestand der Einspruch gestützt wird (BVerfGE 40, 11, 30);
d) die sich auf nachprüfbare Mängel bei der Vorbereitung oder Durchführung der Wahl
stützen, wobei diese Mängel jedoch angesichts des Stimmenverhältnisses keinen Einfluss
auf die Mandatsverteilung haben können (BVerfGE 4, 370, 372 f.).
Einstimmigkeit zu den Anlagen 1 und 2
C. Alternativen
Keine hinsichtlich der Ergebnisse der Entscheidungen.
Der Wahlprüfungsausschuss ist entsprechend seinem Selbstverständnis und der ständigen
Praxis allen behaupteten Wahlfehlern nachgegangen, auch wenn sie keinen Einfluss auf die
Mandatsverteilung im Landtag Mecklenburg-Vorpommern hatten. Diese Art der Behandlung
soll dafür Sorge tragen, dass sich festgestellte Wahlfehler bei künftigen Wahlen möglichst
nicht wiederholen.
D. Kosten
Keine.
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Beschlussempfehlung
Der Landtag möge beschließen,
die aus den Anlagen 1 und 2 ersichtlichen Beschlussempfehlungen zu Wahleinsprüchen anzunehmen.
Schwerin, den 19. September 2012
Der Wahlprüfungsausschuss
Detlef Müller
Vorsitzender und Berichterstatter
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Anlage 1
Beschlussempfehlung
zu dem Wahleinspruch
des Herrn A. A.1, 19258 Boizenburg
- Az.: WP 1/2011 -
gegen die Gültigkeit der Wahl zum 6. Landtag Mecklenburg-Vorpommern
am 4. September 2011
hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner 23. Sitzung am 19. September 2012 beschlossen,
dem Landtag folgenden Beschluss zu empfehlen:
Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.
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Die Initialen sind zum Schutz der Persönlichkeitsrechte des Einspruchsführers anonymisiert.
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I) Tatbestand
Am 12. September 2011 hat die Landeswahlleiterin das endgültige Ergebnis der Wahl zum
6. Landtag vom 4. September 2011 ohne den Wahlkreis 33 - Rügen I bekanntgegeben und im
Amtsblatt für Mecklenburg-Vorpommern 38/2011 (S. 568) veröffentlicht. Das endgültige
Ergebnis der Wahl zum 6. Landtag vom 4. September 2011 einschließlich Wahlkreis 33 Rügen I hat die Landeswahlleiterin am 21. September 2011 bekanntgegeben und im Amtsblatt für Mecklenburg-Vorpommern 39/2011 (S. 587) veröffentlicht.
Mit am 20. September 2011 bei der Landeswahlleiterin eingegangenem Schreiben vom
12. September 2011 wandte sich der Einspruchsführer gegen die Gültigkeit der Landtagswahl
vom 4. September 2011. Der Einspruchsführer schrieb wörtlich: „lege ich Widerspruch in
Bezug auf die Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern 2011 ein“ und wies darauf hin,
dass eine dezidierte Begründung nach der öffentlichen Sitzung des Landeswahlausschusses
am 21. September 2011 erfolge.
Eine Begründung des Schreibens vom 12. September 2011 ist bis heute nicht erfolgt.
Der Wahlprüfungsausschuss hat dem Einspruchsführer zuletzt mit Schreiben vom 27. Juli
2012 die Gelegenheit gegeben, zu seinem Ergebnis der Vorprüfung Stellung zu nehmen. Er
hat den Einspruchsführer darauf hingewiesen, dass der Einspruch nicht fristgemäß begründet
worden sei und daher keinen Erfolg haben könne. Eine Stellungnahme ist innerhalb der dem
Einspruchsführer bis zum 28. August 2012 eingeräumten Frist nicht erfolgt.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Akten
Bezug genommen.
Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und Rechtslage und nach Ablauf der
dem Einspruchsführer gewährten Frist zur Stellungnahme einstimmig beschlossen, dem
Landtag die Zurückweisung des Wahleinspruches zu empfehlen.
II) Entscheidungsgründe
Der Einspruch ist unzulässig und unbegründet.
Der Einspruch ist unzulässig. Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 LKWG M-V können alle Wahlberechtigen des Wahlgebiets gegen die Gültigkeit der Wahl innerhalb von zwei Wochen nach
Bekanntgabe des Wahlergebnisses Einspruch erheben. Nach § 35 Abs. 2 LKWG M-V ist der
Einspruch schriftlich oder zur Niederschrift unter Angabe der Gründe bei der Wahlleitung zu
erheben. Dabei bezieht sich das Fristerfordernis aus § 35 Abs. 1 LKWG M-V auch auf die
Einspruchsbegründung (vgl. OVG Rh.-Pf., Urt. v. 4. 6. 1991, 7 A 12657/90, Rn. 34). Das
Gebot, den Wahleinspruch innerhalb der Einspruchsfrist substantiiert zu begründen, entspricht
der ständigen Rechtsprechung. Es findet seine prinzipielle Rechtfertigung in dem Interesse an
der raschen und verbindlichen Klärung der ordnungsgemäßen Zusammensetzung des Parlaments (BVerfG, Urt. v. 12.12.1991, 2 BvR 562/91, Rn. 39).
Die Voraussetzungen des § 35 Abs. 2 LKWG M-V sind nicht erfüllt. Der Einspruchsführer
begründete den Einspruch nicht innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses am 12. September 2011.
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Der Einspruch ist damit zugleich unbegründet, denn eine Begründung des Einspruchs erfolgte
nicht.
Ein Termin zur mündlichen Verhandlung war vor der Schlussentscheidung des Wahlprüfungsausschusses gemäß § 37 Abs. 1 Satz 3 LKWG M-V in Verbindung mit § 37 Abs. 3
Satz 1 LKWG M-V nicht anzuberaumen, da hiervon eine weitere Förderung des Verfahren
nicht zu erwarten war. Auch hierzu hat der Wahlprüfungsausschuss einstimmig Beschluss
gefasst.
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Anlage 2
Beschlussempfehlung
zu dem Wahleinspruch
des Herrn Z.Z. 2, 14480 Potsdam
- Az.: WP 2/2011 -
gegen die Gültigkeit der Wahl zum 6. Landtag Mecklenburg-Vorpommern
am 4. September 2011
hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner 23. Sitzung am 19. September 2012 beschlossen,
dem Landtag folgenden Beschluss zu empfehlen:
Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.
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Die Initialen sind zum Schutz der Persönlichkeitsrechte des Einspruchsführers anonymisiert.
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I)
Tatbestand
Am 12. September 2011 hat die Landeswahlleiterin das endgültige Ergebnis der Wahl zum 6.
Landtag vom 4. September 2011 ohne den Wahlkreis 33 - Rügen I bekanntgegeben und im
Amtsblatt für Mecklenburg-Vorpommern 38/2011 (S. 568) veröffentlicht. Das endgültige
Ergebnis der Wahl zum 6. Landtag vom 4. September 2011 einschließlich Wahlkreis 33 Rügen I hat die Landeswahlleiterin am 21. September 2011 bekanntgegeben und im Amtsblatt für Mecklenburg-Vorpommern 39/2011 (S. 587) veröffentlicht.
Im Amtsblatt Mecklenburg-Vorpommern Nr. 30/2011 (S. 388 ff.) vom 25. Juli 2011 sind die
vom Landeswahlausschuss zugelassenen Landeslisten abgedruckt.
Mit drei Schreiben vom 5. September 2011 legte der Einspruchsführer Einspruch gegen die
Gültigkeit der Landtagswahl ein. Die Schreiben gingen am 7. September 2011 - noch vor
Bekanntgabe des endgültigen Wahlergebnisses und der Konstituierung des Landtages der
6. Wahlperiode - beim Landtag ein und wurden zuständigkeitshalber der Landeswahlleiterin
Mecklenburg-Vorpommern zugeleitet. Dort gingen sie am 22. September 2011 ein.
Der Einspruchsführer trägt in seinem ersten Schreiben im Wesentlichen vor, dass auf Wahlplakaten Personen abgebildet gewesen wären, die gar nicht wählbar gewesen seien. Hierdurch
sei die Wählbarkeit der auf den Plakaten abgebildeten Personen suggeriert worden. Dies stelle
ein Verstoß gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden dar und sei daher
sitten- und rechtswidrig. In einem zweiten Schreiben rügt er, dass die Wahlbeteiligung zu
niedrig gewesen sei, um ein gültiges repräsentatives Ergebnis abzubilden. Auch dies sei
sitten- und rechtswidrig. In seinem dritten Schreiben trägt der Einspruchsführer vor, dass
Mandatsträger in den Landtag Mecklenburg-Vorpommern gewählt würden, obwohl diese
bereits Mandate in kommunalen Volksvertretungen wie beispielsweise in Gemeindeversammlungen oder Kreistagen übernommen hätten. Das gleichzeitige Ausführen und Übernehmen von Mandaten auf verschiedenen politischen Ebenen sei sitten- und rechtswidrig.
Der Einspruchsführer ist, wie aus dem Melderegister hervorgeht, seit dem 1. August 2011 in
Potsdam gemeldet. Hierbei handelt es sich um die einzige Wohnung des Einspruchsführers.
Er ist aus Zossen zugezogen, wo er bis zum 1. August 2011 gemeldet war.
Der Wahlprüfungsausschuss hat dem Einspruchsführer zuletzt mit Schreiben vom
27. Juli 2012 die Gelegenheit gegeben, zu dem Ergebnis der Vorprüfung Stellung zu nehmen.
Er hat den Einspruchsführer darauf hingewiesen, dass er bei der Wahl zum 6. Landtag Mecklenburg-Vorpommern nicht wahlberechtigt gewesen sei und ihm daher kein Einspruchsrecht
zustehe. Darüber hinaus sei der Einspruch teilweise unsubstantiiert und zudem offensichtlich
unbegründet, da der Vortrag keinen Sachverhalt begründe, der einen Wahlfehler darstelle.
Eine Stellungnahme vonseiten des Einspruchsführers ist nicht erfolgt.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Akten
Bezug genommen.
Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und Rechtslage und nach Ablauf der
dem Einspruchsführer gewährten Frist zur Stellungnahme einstimmig beschlossen, dem
Landtag die Zurückweisung des Wahleinspruchs zu empfehlen.
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II) Entscheidungsgründe
Der Einspruch ist unzulässig und wäre - die Zulässigkeit unterstellt - offensichtlich unbegründet.
Der Einspruchsführer ist nicht berechtigt, einen Einspruch gegen die Wahl zum Landtag
Mecklenburg-Vorpommern vom 4. September 2011 zu erheben, da er im Hinblick auf die
Wahl zum 6. Landtag Mecklenburg-Vorpommern am 4. September 2011 nicht wahlberechtigt
war.
Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 LKWG M-V kann jeder Wahlberechtigte des Wahlgebietes innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses gegen die Gültigkeit der Wahl
Einspruch erheben. Wahlberechtigte sind gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 LKWG M-V nur diejenigen,
die nach dem Melderegister seit mindestens 37 Tagen in Mecklenburg-Vorpommern ihre
alleinige Wohnung oder Hauptwohnung haben. Der Einspruchsführer verfügt laut Melderegister weder über eine alleinige Wohnung noch über eine Hauptwohnung in MecklenburgVorpommern, sondern ist wohnhaft in Potsdam (zuvor Zossen), Brandenburg.
Vorliegend ist außerdem zweifelhaft, ob der Einspruch fristgemäß im Sinne von § 35 Abs. 1
Satz 1 LKWG M-V eingelegt wurde, da der Einspruch vor der öffentlichen Bekanntmachung
des endgültigen Wahlergebnisses im Amtsblatt für Mecklenburg-Vorpommern und bei einer
unzuständigen Stelle erhoben wurde. Die Klärung dieser Frage kann dahingestellt bleiben, da
der Einspruch bereits mangels Einspruchsberechtigung unzulässig ist.
Ungeachtet dessen wäre der Einspruch auch offensichtlich unbegründet. Der Vortrag des Einspruchsführers lässt einen Fehler bei der Anwendung der für die Wahl geltenden Vorschriften
und Rechtsgrundsätze nicht erkennen. Es sind insbesondere keine Fehler bei der Vorbereitung
oder Durchführung der Wahl ersichtlich.
Ein Termin zur mündlichen Verhandlung war vor der Schlussentscheidung des Wahlprüfungsausschusses gemäß § 37 Abs. 1 Satz 3 LKWG M-V in Verbindung mit § 37 Abs. 3
Satz 1 LKWG M-V nicht anzuberaumen, da hiervon eine weitere Förderung des Verfahren
nicht zu erwarten war. Auch hierzu hat der Wahlprüfungsausschuss einstimmig Beschluss
gefasst.
A.)
Soweit der Einspruchsführer vorträgt, auf Wahlplakaten abgebildete, nicht wählbare Personen
suggerierten deren Wählbarkeit, ist der Vortrag bereits nicht hinreichend substantiiert. Nach §
35 Abs. 2 LKWG M-V ist der Einspruch unter Angabe der Gründe bei der Wahlleitung zu
erheben. Nach ständiger Rechtsprechung muss die Begründung konkrete Tatsachen enthalten
(BVerfG, Urt. v. 12.12.1991, 2 BvR 562/91, Rn. 11 ff.; BVerwG, Beschluss v. 7. 11. 1975,
VII B 134.75, Rn. 4; VGH B.-W., Urt. v. 27. 2. 1996, 1 S 2570/95; OVG Rh.-Pf., Urt. v. 4. 6.
1991, 7 A 12657/90, Rn. 34). Die Konkretisierung des Vorbringens bezieht sich dabei sowohl
auf tatsächliche als auch rechtliche Aspekte (ThürOVG, Urt. v. 20.6.1996, 2 KO 229/96, Rn.
100; VG Weimar, Urt. v. 25.1.2006, 6 K 20/05, BeckRS 2006, 23456).
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Nur soweit die dem Einspruch zugrundeliegenden Gründe hinreichend konkret vorgebracht
sind, erfolgt eine Erforschung des Sachverhalts durch die Wahlprüfungsorgane von Amts
wegen (BVerfG, Beschluss v. 3. 6. 1975, 2 BvC 1/74, Rn. 68; OVG NRW, Beschluss
v. 15.05.1997, 1 A 5987/94.PVL, Rn. 8). Das Substantiierungsgebot soll sicherstellen, dass
die sich aus dem endgültigen Wahlergebnis ergebende Zusammensetzung des Parlaments
nicht vorschnell in Frage gestellt wird (BVerfG, Urt. v. 12.12.1991, 2 BvR 562/91, Rn. 39).
Aus diesem Grund sind Einsprüche gegen die Wahl, die über nicht belegte Vermutungen oder
die bloße Andeutung der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hinausgehen und keinen konkreten, der Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag enthalten, als unsubstantiiert zurückzuweisen (BVerfG, Urt. v. 12.12.1991, 2 BvR 562/91, Rn. 39; OVG Rh.-Pf., Urt. v. 4. 6.
1991, 7 A 12657/90, Rn. 36; ThürOVG, Urt. v. 20.6.1996, 2 KO 229/96, Rn. 100; VG
Weimar, Urt. v. 25.1.2006, 6 K 20/05, BeckRS 2006, 23456).
Die im Tatbestand wiedergegebene Einspruchsbegründung des Einspruchsführers geht über
bloße, nicht belegte Vermutungen nicht hinaus. Aus dem Vorbringen wird nicht deutlich, von
wem die angesprochenen Plakate stammten – es ist demnach durchaus möglich, dass es sich
um Wahlplakate handelte, die von einer nicht in den Landtag eingezogenen Partei stammten
und somit kein Mandatsbezug besteht. Des Weiteren enthält der Vortrag keine Auskunft darüber, was auf den Plakaten konkret abgebildet war. Zudem bleibt unklar, inwieweit hieraus
ein Wahlfehler erwachsen soll. Vielmehr deutet der Einspruchsführer nur die Möglichkeit
eines Wahlfehlers an.
Im Übrigen - die hinreichende Substantiiertheit des Vortrages unterstellt - wäre der Einspruch
offensichtlich unbegründet.
Ein Wahlfehler liegt nicht vor. Ein Wahlfehler wird gemäß § 40 Abs. 1 und Abs. 2 LKWG
M-V angenommen, wenn eine gewählte Person nicht wählbar oder nicht zur Wahl hätte
zugelassen werden dürfen oder ein Wahlfehler festgestellt wird, der das Wahlergebnis oder
die Verteilung der Sitze beeinflusst haben könnte. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
Nach § 28 Abs. 1 LKWG M-V ist jede Beeinflussung der Wahlberechtigten während der
Wahlzeit in und an dem Gebäude, in dem sich der Wahlraum befindet, sowie unmittelbar vor
dem Zugang zum Gebäude unzulässig. Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 LKWG M-V
sind nach dem Vortrag des Einspruchsführers nicht gegeben. Darüber hinaus existieren im
LKWG M-V keine weiteren Normen, die sich mit Wahlwerbung befassen.
Aus dem Grundsatz der Freiheit der Wahl gemäß § 2 Abs. 1 LKWG M-V (Art. 3 Abs. 3
Landesverfassung Mecklenburg-Vorpommern; Art. 38 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz) folgt
jedoch, dass jeder Wähler vor Beeinflussungen geschützt werden soll, die geeignet sind, seine
Entscheidungsfreiheit trotz bestehenden Wahlgeheimnisses ernstlich zu beeinträchtigen
(BVerfG, Urt. v. 10.4.1984, 2 BvC 2/98, Rn. 32). Dem Wähler soll es möglich sein in einem
freien, offenen Prozess der Meinungsbildung eine Entscheidung treffen zu können (BVerfG,
Urt. v. 10.4.1984, 2 BvC 2/98, Rn. 32).
Wahlplakate, die andere Personen als die Wählbaren abbilden, stellen keinen Eingriff in die
Entschließungsfreiheit der Wähler dar. Wahlplakate dienen der Werbung für die Abgabe einer
Stimme an eine bestimmte Partei. Wahlwerbung wird in allen ihren Erscheinungsformen für
das Funktionieren einer Wahl als grundsätzlich unerlässlich angesehen (Schreiber, Handbuch
des Wahlrechts zum Deutschen Bundestag, Kommentar zum Bundeswahlgesetz, 6. Aufl.
1998, § 1 Rn. 15).
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Dabei setzt der Gesetzgeber voraus, dass der Wähler reif genug ist, selbst massive und sogar
rechtswidrige Einflüsse zu durchschauen und darauf in seiner Wahlentscheidung sachgerecht
zu reagieren (HbgVerf, Urt. v. 26.11.1998, NVwZ-RR 1999, S. 355).
Es ist üblich, dass auf Wahlplakaten nicht nur wählbare Personen abgebildet sind. So finden
sich auf Wahlplakaten neben den Kandidaten häufig weitere Personen.
Im Übrigen enthält Wahlwerbung keine verbindliche Aussage über die Wählbarkeit der abgebildeten Personen. Wählbare Personen werden ausschließlich durch den zuständigen Wahlausschuss gemäß § 20 LKWG M-V zugelassen. Die verbindliche Wahlliste, bestehend aus
den gemäß § 20 LKWG M-V zugelassenen Personen, macht die Wahlleitung gemäß
§ 21 LKWG M-V vor dem Wahltag im Amtsblatt öffentlich bekannt. Der Wähler kann sich
im Amtsblatt über die wählbaren Personen informieren. Im Rahmen der Landtagswahl vom
4. September 2011 konnten sich die Wähler seit dem 25. Juli 2011 im Amtsblatt Mecklenburg-Vorpommern Nr. 30/2011 (S. 388 ff.) über die aufgestellten Kandidaten informieren.
B.)
Auch soweit der Einspruchsführer vorträgt, dass die Wahlbeteiligung zu niedrig gewesen sei,
um ein gültiges, repräsentatives Ergebnis darzustellen, liegt ein Wahlfehler nicht vor. Eine
geringe Wahlbeteiligung stellt keinen Wahlfehler dar.
Im derzeitigen Landesrecht für Mecklenburg-Vorpommern existiert keine Regelung, wonach
die Gültigkeit einer Landtagswahl an eine Mindestwahlbeteiligung gebunden ist. Die demokratische Legitimation einer Wahl ist bereits aus der für alle Wahlbeteiligten bestehenden
Möglichkeit zur Teilnahme an den Wahlen herzuleiten (vgl. Kadel, JR 1988, 54 ff.). Darüber
hinaus besteht keine Wahlpflicht. Es steht jedem Wahlberechtigten frei, an Wahlen teilzunehmen oder von seinem Wahlrecht keinen Gebrauch zu machen.
C.)
Soweit der Einspruchsführer vorträgt, dass eine rechts- und sittenwidrige Mandatskumulation
vorliege, ist dieser Vortrag ebenfalls nicht hinreichend substantiiert. Der Vortrag des Einspruchsführers geht über bloße Vermutungen nicht hinaus und deutet nur die Möglichkeit
eines Wahlfehlers an.
Der Einspruchsführer trägt ganz allgemein und auf keinen konkreten Fall bezogen vor, dass
Mandatsträger in den Landtag gewählt würden, obwohl sie bereits Mandate in kommunalen
Volksvertretungen innehätten. Der Einspruchsführer lässt damit offen, auf welche Personen er
sich bezieht, um was für einen Sachverhalt es sich dabei konkret handelt und warum er diese
Mandatskumulation für rechts- und sittenwidrig hält.
Im Übrigen wäre der Einspruch - die Substantiiertheit unterstellt - offensichtlich unbegründet.
Ein Wahlfehler liegt nicht vor.
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Die Mitgliedschaft im Landtag Mecklenburg-Vorpommern ist mit der Mitgliedschaft in einer
kommunalen Vertretung vereinbar. § 25 Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommern
regelt die Unvereinbarkeit von Amt und Mandat für die Gemeindevertretung. Es handelt sich
hierbei um eine Vorschrift zur Inkompatibilität zwischen dem Innehaben bzw. Ausüben eines
parlamentarischen Mandats mit bestimmten Ämtern und Tätigkeiten (vgl. Tebben, in:
Litten/Wallerath, Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Art. 22 Rn. 6). Durch
solche Inkompatibilitätsvorschriften sollen unter anderem Entscheidungskonflikten abgewehrt
werden (vgl. BVerfG, Urt. v. 21.01.1975, 2 BvR 193/74, Rn. 46).
§ 25 Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommern enthält allerdings keine Regelung zur
Unvereinbarkeit von einem Landtagsmandat und einer Mitgliedschaft in einer kommunalen
Vertretung. Aus der Tatsache, dass die Vorschrift im Übrigen detaillierte Angaben zur
Inkompatibilität aufweist, ist im Umkehrschluss zu schließen, dass Amt und Mandat im
vorliegenden Fall vereinbar sind. Eine sich gegebenenfalls ergebende Problematik der gleichzeitigen, gewissenhaften Ausübung beider Mandate berührt die staatsrechtliche Kompatibilität nicht (vgl. Schreiber, Handbuch des Wahlrechts zum Deutschen Bundestag, Kommentar
zum Bundeswahlgesetz, 6. Aufl. 1998, § 46 Rn. 2a).
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