StyleCouncil: TV Fashion
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StyleCouncil: TV Fashion Aus: www.parkavenue.de, 2008 – 2009 / Copyright: Alke von Kruszynski Was die Menschen in dem Land, wo es offensichtlich besonders viel zu klagen gibt, von Anwälten halten, ist ein Witz. Und der geht so: „Stellen Sie sich vor, sie stranden auf einer einsamen Insel und treffen dort Adolf Hitler, Attila, den Hunnen, und einen Anwalt. Sie haben eine Pistole und zwei Kugeln. Was machen Sie?“ – „Zweimal auf den Anwalt schießen.“ Diese Art Humor skizzierte bislang das Bild der Anwälte in den USA. Abschaum, dem man sich ähnlich freudig näherte wie einem Rudel Ratten in Ruanda. Jetzt polieren Fernseh-Juristen wie Alan Shore und Denny Crane in „Boston Legal“, James Woods als „Shark“ oder die geölte Paragrafenclique von „Justice“ am Image dieses Berufsstandes. Dazu möchte man geradezu rückschließen: „Je teurer der Anzug, desto schäbiger die Moral“,. Aber dafür ist hier nicht der passende Ort. An dieser Stelle ist vielmehr folgende Prognose von Belang: Noch eine Saison Anwaltserien, und knallenge Business-Kostüme sind das hippste Ding diesseits von Gallianos Kreativschmiede. Und so imageschädigend, wie Galliano derzeit persönlich aus dem durch-und-durch-manipulierten Gesichte schaut, könnten sie außerdem der Look mit der größeren Chance auf Nachahmer sein. Als bekennender TV-Serien-Junkie verbiege ich mich an den einschlägigen TVAbenden in TV-Yoga-Asanas auf meinem TV-Divan. Und goutiere die verirrten Delikatesshappen im feuilletonistisch hinlänglich bejammerten TV-Menü, jene seltenen Serien-Highlights, die der offenkundigen Quotenblindheit sämtlicher Programmdirektoren nicht zum Opfer gefallen sind. Im Zuge dieses Flimmerstudiums habe ich die fummelhaftige „Sex and the City“-Weiblichkeit ebenso auf unsere Modemärkte zukommen sehen wie die Beckenknochen von Mittvierzigern, die aus denselben engen Hüfthosen herausragen, wie sie „Desperate Housewive“ Terri Hatcher trägt oder die halb verhungerte Ellen Pompeo als Ärztin Meredith in „Grey’s Anatomy“. Der Unterschied: die Real-Life-Kopisten sehen nicht immer so schlank darin aus, wie man es sich wünschen würde. Diese Nebenwirkung könnte für den wahrscheinlich nächsten TV-Mode-Trend auszuschließen sein. Denn in Business-Kostümen, wie sie in den Anwaltserien durch Gerichtssäle und Kanzleiflure hüftenschwingend präsentiert werden, kann jede Frau umwerfend aussehen. So kann bei der blonden Staatsanwältin Jessica Devlin alias Jeri Ryan nicht wirklich von einer Hollywood-Traumfigur die Rede sein. Ryan, 40, kauft BHs in Größe D und trägt unter den knallengen Bleistift-Röcken ihrer Business-Outfits erkennbar po- und oberschenkelstraffende Unterwäsche. Zwischen ihrem üppigen Oben und Unten liegt allerdings eine sehr attraktive Taillenkurve, die von den Übergängen zwischen Rock und Jacke respektive weiße Bluse und Rock effektiv zur Geltung gebracht wird. Zwischen einer anorektischen Ally McBeal und Candice Bergen als Shirley Schmidt in „Boston Legal“ bietet dieser plötzlich zu neuem Leben erwachende Look also Möglichkeiten für Frauen jeden Alters und jeder Figur-Ausprägung. Nun hatte ich zwar vor noch fünf Jahren engste Freunde gebeten, mich ohne Zögern zu erschießen, falls man mich jemals im Business-Kostüm erwischen sollte. Aber wie es scheint, ist jetzt der Moment gekommen, an dem ich diesbezüglich einen RückrufRundruf starten sollte. Als ich neulich mich in der Exklusiv-Abteilung von P&C wiederfand, wo ich eine weiße Bluse von van Laack probierte, meinte ich schon das Entsichern einer Schusswaffe zu vernehmen. Zum Glück passte mir diese Bluse ebenso wenig wie alle in den vergangenen 25 Jahren versuchsweise angezogenen Blusen – ich bin eine glatte 34 mit Brustumfang 36! Das bekommt kein Konfektionär so hin, dass die Blusenmitte nicht spannt, vulgär aufspringt oder sonstwie schlecht geschnitten aussieht. Zum Glück, sagt mein ohnehin kurz bemessenes Leben. Zurück zur TV-Mode. Ich vertrete inzwischen die These, dass man die ProgrammVorlieben eines Menschen, vorausgesetzt, er besitzt (noch) einen Fernseher, an seiner Garderobe erkennt. Bei Thomas Gottschalk könnte ich nach ein wenig Übung den Saal-Wettkandidat geben und notorische Naturdoku-Fans zielgenau unterscheiden von Big-Brother-Adepten. Zuschauer nächtlicher Discount-Erotik auf DSL trennen von braven Verfolgern allen Beckmann-und-Kerner-Geschehens. Könnte mit dem Finger auf die kleingeistige Möchtegern-Wisser zeigen, die sich bei Jauch so lange durchwursteln, bis sie ihr neues Auto zusammengeraten haben. Und sowieso jene fürchterlich armen Gestalten entlarven, die Tine Wittler für Deutschlands größte Einrichterin halten. Mit ein wenig Aufwand könnte ich mir bei einer durchschnittlichen GottschalkEinschaltquote also gleich Hunderttausende neue Feinde machen. Denen ich allerdings rate, gut Abstand zu halten. Erstens blende ich sie ab demnächst mit meinen neuen ultrascharfen Business-Outfits, Und falls das nicht zieht – schüttele ich ein paar ganz böse Anwälte aus der Manschette.