Erwerb von „reading literacy" als Sicherung von Basiskompetenz für

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Erwerb von „reading literacy" als Sicherung von Basiskompetenz für
Erwerb von „reading literacy" als Sicherung von Basiskompetenz für alle Prof. Dr. Wolfgang Schneider Institut für Psychologie Universität Würzburg These 1 Erwerb von „reading literaicy" als Sicherung von BasiskonijX'tenz für alle Der Schulbeginn ist nicht die „Stunde Nu Ii" für
den Schriftsprach-Erwerb: Relevante
Vorläuferfertigkeiten der Lesekompetenz
(phonologische Informationsverarbeitung.
Buchstabenwissen} werden schon im
Kindergartenalter erworben und lassen sich
auch gezielt fördern.
Wolfgang Schneider
Institut für Psychologie Universität Würzburg Komponenten der phonologischen Informationsverarbeitung Bestimmung von „reading literacy"
In der angelsächsischen „literacy"-Tradition wird mit „reading
literacy" die Fähigkeit bezeichnet, Lesen in unterschiedlichen,
für die Lebensbewältigung praktisch bedeutsamen Kontexten
einsetzen zu können.
Lesekompetenz im Sinne von IGLU und PISA bezieht sich
allgemein auf die erfolgreiche aktive Auseinandersetzung mit
Texten unterschiedlicher Art (Textverstehen als Konstruktions­
leistung). Aussagen des Texts werden aktiv mit dem Vor- Weltund Sprachwissen des Lesers verknüpft.
°
Phonologische Bewusstheit (Erkennen von Reimen,
Wörtern in Sätzen, Silben in Wörtern, Lauten in
Silben)
* Kapazität des sprachlichen Arbeitsgedächtnisse
(Wortspanne, Satzspanne)
• Geschwindigkeit der sprachlichen Informations­
verarbeitung (Schnelles Benennen der Farben
unfarbiger oder falschfarbiger Objekte, „confrontation
naming")
Aufbau des Würzburger Trainmqsproqramms (Hören - Lauschen - Lernen I) Förderung der phonologischen
Bewusstheit im Anfangsunterricht
Küspert & Schneider, 2003 Zeitpunkt
der
Einführung
Trainingseinfteit
_ I ; Lauschspiele,
Lauschspiele , Flüsterspiele
Flüsterspiel e ._
._,,
1. Wflfibe
II:: Reimspiele
II
Reimspiel e
2. Woche
3. Woche
,
III: Satz und Wort
IV: Silben
5. Woche
Inhalte
Geräusche erkennen (eenau zuhören)
[
„Leichter lesen und schreiben lernen mit der H e x e S u s i "
(Forster & Martschinke, 2001)
|
Reime nachsprechen
Reimwörter finden
Zerlegen von Sätzen in Wörter
Verbinden von Wörtern (z. B. Schnee-Mann)
|
Übungsbereiche:
Silbenklatschen, ­ tanzen
Zerlegen von Wörtern in Silben (Analyse)
'
Zusammenfügen von Silben zu
(
Wörtern (Synthese)
V: Anlaute
7. Woche
Schulung der akust. Wahrnehmung
Aufgaben zur Silbe
Silbensegmentierung u, -Synthese
Aufgaben zu Phonemen
Anlaute, Inlaute und Endlaute
Aufgaben zum schnellen Lesen
Schnelles Erfassen häufiger Wörter
Identifikation/Manipulation des ersten
Lautes im Wort (R-EIS)
!
11 .Woche
Aufgabenschwerpunkte:
Lausch- und Reimaufgaben
j VI: Phoneme
Zerlegen von Wörtern in Laute (Analyse)
Zusammenfügen von Lauten zu
Wörtern (Svnthese)
Buchstaben-Laut-Training
(Plume & Schneider, 2004)
Einübung von 12 Buchstaben: Entwicklungsmodell des Lesens
Stufenmodell d e r L e s e - E n t w i c k l u n g (vgl. Günther (1986):
A, E, M, I, O, R, U, S, L, B, T, N Es werden vier qualitative Stufen unterschieden:
-
präliteral-symbolische Stufe (z.B. Symbole erkennen)
-
Logographemische Stufe (z.B. Wörter an Einzelmerkmalen
erkennen)
verknüpft, z. B. Arztbesuch
-
Alphabetische Stufe (Einsicht in Buchstaben-Laut-ZuordnungsRegeln)
Buchstaben-Bild-Geschichten
-
Orthographische Stufe (Kenntnis orthographischer Besonder­
heiten)
Buchstaben-Laut-Geschichten
Ein Laut oder ein Geräusch aus der Umgebung wird mit dem korrespondierenden Symbol
z.B. Mond
Affe
M
A
Beispiele für erfolgreiche Förderansätze „Wir werden Textdetektive'" (Gold & Souvigmer, 2004) Das Programm baut auf strategieorientierten amerikanischen Lesetrainings auf, die vermitteln wollen, dass Textdetektive wie andere Detektive auch systematisch und mit besonderen Hilfsmitteln (Strategien) an ein Problem (den Text) herangehen müssen, um Erfolg zu haben. Das Training umfasstdrei inhaltliche Bereiche: - Motivationale Selbstregulation (Festlegen der eigenen Ziele; Illustration
des Werts der Anstrengung für Erfolg)
- Vermittlung von metakognitiven Lesestrategien
- Kognitive Selbstregulation (Entwicklung eines Leseplans)
Das Training wurde inzwischen in ca. 100 Schulklassen (5. Klassenstufe)
durchgeführt. Positive Effekte waren noch nach einem Jahr nachweisbar.
Fazit
(1) Vorschulische Fördermaßnahmen insbesondere im Bereich der phonologischen Bewusstheit ermöglichen eine bessere Ausgangsbasis für den Anfangsunterricht, speziell auch für sog. „Risikokinder". (2)
Der Lesemotivation und ihrer Förderung kommt im Verlauf der
Grundschulzeit besondere Bedeutung zu. Als wichtige Voraussetzungen
erscheinen die Entwicklung eines positiven Lese-Selbstkonzepts von
Anfang an (häufiges Lob), Bereitstellung anregender Textmaterialien,
Unterstützung des Freizeitlesens („Ganzbuchiesens" durch Lehrkräfte und
Eltern (etwa durch Einführung eines „Lese-Passes").
Es existieren sinnvolle und erfolgreiche Fördermaßnahmen, die ab dem
Ende der Grundschulzeit einsetzbar sind .
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