„Unterwegs nach Cold Mountain“ – eine Odyssee aus
Transcription
„Unterwegs nach Cold Mountain“ – eine Odyssee aus
„Unterwegs nach Cold Mountain“ – eine Odyssee aus Irrwegen Die Plakate können protzen: Für 7 Oscars ist „Unterwegs nach Cold Mountain“ nominiert. Ein genauerer Blick auf die Kategorien allerdings, könnte nicht schaden – bester Film, beste Regie und bestes Drehbuch fallen nämlich nicht darunter. Nun mag man über die Acadamy denken, was man will; über Anthony Minghellas neuen Film, aber, sagt das doch eine Menge. Nach seinem mit 9 Oscars prämierten Erfolgsfilm „Der Englische Patient“ und „Der talentierte Mr. Ripley“ von 1999, servieren uns Minghella und seine schwergewichtigen Produzentenbrüder Weinstein nun ein pompöses Bürgerkriegsepos à la „Vom Winde verweht“ – nur in der light-Version. Der Film erzählt die Geschichte zweier von Sehnsucht getriebener Menschen zur Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs: Jude Law als der Konföderiertensoldat Inman und Nicole Kidman als seine Geliebte Ada, die auf ihn in der Heimat wartet, in einer Ortschaft, die sich „Cold Mountain“ nennt. Als Inman im Kampf schwer verletzt wird und langsam wieder genest, fasst er den Entschluss, von der Armee zu fliehen und, nur mit einem Foto von Ada und drei ihrer Briefe bei sich, zu Fuß die Odyssee nach Cold Mountain anzutreten. Es soll eine schwere Reise werden: Immer auf der Lauer vor den Nordstaatlern, sind ihm nun zusätzlich die Südstaatler auf den Fersen, auf der Suche nach Fahnenflüchtigen. Aber auch für Ada ist diese Zeit kein Zuckerschlecken – nach dem Tod ihres Vaters, gespielt von Donald Sutherland, ist die intellektuelle Aristokratin auf der Farm in Sachen Handwerksarbeit hoffnungslos überfordert – das Anwesen verwahrlost zunehmend, Ada droht, völlig in der Mittellosigkeit zu versumpfen. Zum Glück aber, taucht die burschikose Ruby auf, die sich gegen Obdach bereit erklärt, die Farm wieder auf Vordermann zu bringen und Ada das nötige Handwerkszeug beibringt – im Gegenzug dazu, weist Ada Ruby in die Wonnen der Literatur und Musik ein. Und immerzu nagt die Ungewissheit an ihr, wie es mit Inman steht, denn Kontakt gibt es keinen, zwischen den beiden. Interessant dabei ist, dass die beiden kein wirkliches Liebespaar sind, als der Krieg sie trennt, sondern, dass es nur einen einzigen Kuss gegeben hat, nur ein paar Augenblicke vor Inmans Abschied – vielleicht ist gerade deshalb ihre Sehnsucht so gewaltig; eine ungewisse Zukunft wurde ihnen genommen, und durch eine andere ungewisse Zukunft finsterer Art ersetzt. Das Budget von ganzen 84 Mio. Dollar merkt man dem Filmepos in positiver Hinsicht an: Der Kameramann John Seale beschert uns wundervolle Landschaftsaufnahmen, die Kostüme und Requisiten sind Hollywood-standard, also tadellos, und für die Musik scheint ein Oscar auch nicht fern – das alles hilft aber nicht über die horrenden Mängel in der Geschichte und der Inszenierung hinweg. Minghellas Film würde vielleicht ganz gut in 90 Minuten erzählt, zweieinhalb Stunden aber, die einem wie fünf vorkommen, geben der Geschichte den Rest. Vor allem der Heimweg von Jude Law ist trotz zahlreicher actionlastiger Ereignisse schlichtweg langweilig. Da hilft es auch nicht, wenn hinter jeder Ecke ein Filmstar lauert, um auch in der kleinste Nebenrolle mit Starpower protzen zu können. Das spricht jedenfalls nicht für die Geschichte, sondern ist eher ein gescheiterter Rettungsversuch der Produzenten. Auch die beiden Hauptdarsteller versuchen vergeblich, die laue Story zu retten, machen alles aber noch schlimmer. Nicole Kidman scheitert mit theatralischen Übertreibungen und Jude Law wirkt vor allem in der ersten Hälfte des Films, als hätte sich eine Überdosis Botox in sein Gesicht verirrt. Einzig Renée Zellweger kann in ihrer Rolle als Ruby voll und ganz überzeugen und ist zu Recht mit dem Oscar für die beste weibliche Nebenrolle nominiert. Die platte Holzhammer Symbolik an manchen Stellen des Films – z.B. die weiße Taube nach einer Schlachtszene, die frei gelassen wird –, sowie ein Konglomerat verschiedenster Versatzstücke zerstören jegliche filmische Konsistenz – am Rande der Lächerlichkeit taumelt der Film, als Ada sich über einen Brunnen beugt und einem Spiegel ihre Zukunft sieht, die sich später bewahrheiten soll. Mit „Unterwegs nach Cold Mountain“ wagt sich Anthony Minghella mit prätentiösem Pomp an die großen Epen wie „Barry Lyndon“ oder „Vom Winde verweht“ heran – eingefleischte Fans des klassischen amerikanischen Melodrams könnten ihre Freude an diesem überlangem Film haben. Ansonsten hat der „Cold Mountain“ zwar von allem etwas, aber nichts wirklich gutes.