Trusts in der Vermögensverwaltung 2007

Transcription

Trusts in der Vermögensverwaltung 2007
Trusts in der Vermögensverwaltung –
Analyse der Branche in der Schweiz
Oliver Wünsch, Hans Geiger, Rudolf Volkart∗
Swiss Banking Institute
Januar 2008
Zusammenfassung
Eine vorteilhafte steuerliche Behandlung von Trusts würde die Attraktivität schweizerischer Vermögensverwaltungsdienstleistungen steigern.
Die Entwicklung des Trustgeschäfts
ist nicht nur für die begrenzte Anzahl von Anbietern und Mitarbeitenden von Bedeutung, welche direkt mit
der Gründung und Verwaltung von
Trusts befasst sind. Vielmehr sind alle Anbieter der Wertschöpfungskette
«Vermögensverwaltung» und damit die
Wettbewerbsposition des Finanzplatzes
Schweiz betroffen. Ziel muss es sein, das
Trustgeschäft in der Schweiz zu stärken. Zukünftige Regulierungsvorhaben,
sei es auf rechtlicher oder fiskalischer
Ebene, müssen daher mit Augenmass
erfolgen. Insbesondere sind die Internationalität und Mobilität des internationalen Vermögensverwaltungs- und
Trustgeschäfts zu berücksichtigen. Während sich Klienten und deren Vermögen negativen Rahmenbedingungen mit
vertretbarem Aufwand entziehen können, haben die meisten Anbieter in der
Schweiz und deren Mitarbeiter diese
Möglichkeit nicht.
Der im angelsächsischen Raum verbreitete Trust existiert im Rechtssystem der Schweiz und anderen Staaten Kontinentaleuropas nicht. Trotzdem
sind Trusts auch für Schweizer Banken
und deren Kunden in der internationalen Vermögensverwaltung wirtschaftliche Realität. Gerade für wohlhabende
Privatkunden stellen Trusts einen essentiellen Bestandteil des Vermögensverwaltungskonzepts dar.
Die Bedeutung von Trusts nimmt
zu. Für Vermögensverwaltungsanbieter in der Schweiz wird es immer
wichtiger, optimale Trustdienstleistungen offerieren zu können, um ihre internationale Marktposition zu behaupten und auszubauen. Damit einher gehen beträchtliche Wachstumschancen
am Standort Schweiz, die jedoch nur
unter vorteilhaften rechtlichen und fiskalischen Rahmenbedingungen realisiert werden können. Mit dem Beitritt
zum «Haager Trust-Übereinkommen»
(HTÜ) wurde die Rechtssicherheit von
Trusts in der Schweiz verbessert. Handlungsbedarf besteht hingegen weiterhin bei den fiskalischen Aspekten.
∗ Swiss Banking Institute, Universität Zürich, Plattenstrasse 14, 8032 Zürich; Tel: 044 634 50 69. EMail:
wuensch[at]isb.unizh.ch. Die Autoren danken Frau Laila Grasso, Herrn Andreas Luginbühl und Herrn
Daniel Rohner für die Unterstützung bei der Durchführung der Umfrage.
1
Inhaltsverzeichnis
1
Einführung
3
2
Trusts in der Vermögensverwaltung
2.1 Ursprung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Einsatzgebiete . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Trusts als Vermögensverwaltungsvehikel
2.4 Dienstleister . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.5 Situation in der Schweiz . . . . . . . . . .
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Ziel der Studie
11
4
Vorgehensweise und Methoden
4.1 Fragebogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Versand und Adressaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3 Rücklauf und Struktur der Teilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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5
Resultate und Kommentare
5.1 Angebot von Trustdienstleistungen und Tätigkeiten . .
5.2 Entwicklung der Bedeutung von Trusts . . . . . . . . .
5.3 Einflussfaktoren für die zukünftige Entwicklung . . . .
5.3.1 Rechtssicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.3.2 Steuerliche Rahmenbedingungen . . . . . . . . .
5.3.3 Erfahrung als Wettbewerbsfaktor . . . . . . . . .
5.4 Eignung von Trusts als Vermögensverwaltungsvehikel
5.5 Personalbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Schätzung des Marktvolumens
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Zusammenfassung
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Abbildungsverzeichnis
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Teilnehmer und Rücklauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Anbieter von Trustdienstleistungen nach Teilnehmergruppe . . . . . . .
Aktivitäten der Anbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
14
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1
Einführung
Viele Finanzdienstleistungen wie Investmentfonds, für Verbriefungen eingerichtete
Spezialgesellschaften oder auch die Vermögensverwaltung für wohlhabende Privatpersonen aus dem Ausland bzw. aus dem internationalen Umfeld beinhalten einen oder
mehrere Trusts. Das im «common law» verbreitete Rechtsinstitut des Trusts existiert
im Schweizer Recht wie auch den anderen sich am römischen Recht orientierenden
Rechtskreisen Kontinentaleuropas nicht. Trotzdem sind Trusts auch für Schweizer Banken und deren Kunden in der internationalen Vermögensverwaltung wirtschaftliche
Realität. Durch die bisher nicht erfolgte formale Anerkennung von Trusts in der schweizerischen Gesetzgebung entstand Rechtsunsicherheit bei der Behandlung des Trustvermögens sowie der involvierten Parteien. Dieser Rechtsunsicherheit wurde mit Beitritt
der Schweiz zum «Haager Trust-Übereinkommen» (HTÜ) entgegengetreten. Das Übereinkommen regelt die Anerkennung von Trusts und das anzuwendende Recht auf international einheitlicher Ebene und schafft damit eine gewisse Rechtssicherheit auch
in den das HTÜ ratifizierenden Staaten, deren Rechtssystem den Trust eigentlich nicht
kennt. Trotzdem sind noch Fragen offen, insbesondere im fiskalischen Bereich. Auch
dort besteht Anpassungsbedarf, da, analog zur Situation im Zivilrecht, auch das Steuerrecht den Trust und die ihm zu Grunde liegenden Prinzipien nicht direkt kennt.
Mit dem Kreisschreiben «Besteuerung von Trusts»1 stellt die Schweizerische Steuerkonferenz Regeln für die Besteuerung von Truststrukturen und der involvierten Parteien auf. Das Kreisschreiben wurde erst nach der im Rahmen dieser Studie geführten
Umfrage publiziert. Die Auswirkungen der neuen Regeln auf die Branche können daher nicht Bestandteil des aktuell vorliegenden Berichtes sein, zumal die Regelungen
des Kreisschreibens für die kantonalen Steuerbehörden nicht bindend sind. Den Kantonen steht frei, an ihrer bestehenden Praxis festzuhalten oder Regeln ausserhalb des
vom Kreisschreiben vorgeschlagenen Rahmenwerks anzuwenden.
Dass auch Vermögensverwalter in der Schweiz Trusts in ihrer Produktpalette führen, ist bekannt. Sehr wenig Wissen besteht jedoch hinsichtlich der Bedeutung dieses
Vehikels für das grenzüberschreitende Vermögensverwaltungsgeschäft in der Schweiz.
Gerade in der Diskussion über die Anpassung der Rahmenbedingungen ist dies von
Nachteil.
1 Schweizerische
Steuerkonferenz, Kreisschreiben Nr. 30 «Besteuerung von Trusts» vom 22. August
2007.
3
Die Vereinigung der Verwaltungs- und Handelsbanken (VHV) beauftragte das Institut für schweizerisches Bankwesen (ISB) der Universität Zürich, die Trustbranche
in der Schweiz, d.h. alle Anbieter, die in diesem Feld aktiv sind, zu untersuchen. Der
vorliegende Abschlussbericht stellt die Ergebnisse der Studie dar.
2
Trusts in der Vermögensverwaltung
2.1
Ursprung
Im Gegensatz zu Derivaten, Fondsgesellschaften oder Investmentzertifikaten sind
Trusts keine Erfindung der Finanzbranche. Der Trust als solches ist ein Rechtsinstitut,
welches im Mittelalter im Bereich des «common law» in Grossbritannien entwickelt
wurde und heute in fast allen angelsächsischen Ländern existiert. Auch Länder ausserhalb des angelsächsischen Rechtskreises, wie z.B. Japan aber auch Liechtenstein, haben
den Trust in ihr Rechtssystem aufgenommen und anerkennen ihn.
Dem Trust liegen drei Konzepte zugrunde, die dem schweizerischen Recht fremd
sind. Zuerst ist der Trust zwar ein Sondervermögen, besitzt aber im Gegensatz zu einer Stiftung keine eigene Rechtspersönlichkeit. Gegründet wird der Trust durch den
«Settlor», der einen Teil seines Eigentums aufgibt und «Trustees» (Treuhänder) zur Verwaltung dieses Vermögens abstellt. Dies wird durch die Gründungsurkunde des Trusts
(«Trust Deed») dokumentiert.
Zweitens wird zwischen rechtlichem und treuhänderischem Eigentum unterschieden. Rechtlich sind die Trustees Eigentümer des Trust-Vermögens. Die absoluten Verfügungsrechte dieses Eigentümers werden jedoch durch die Massgabe eingeschränkt,
das Vermögen im Interesse der «Beneficiaries» (wirtschaftlich Begünstigte),2 zu verwalten. Solange er diese Schranken beachtet, hat der Trustee einen grossen Handlungsspielraum. Dieser kann z.B. die Festlegung der Anlagestrategie umfassen, aber auch
die Auswahl der Beneficiaries, d.h. der Personen oder Institutionen, die in den Genuss
des Trustvermögens kommen. Der Trustee haftet gegenüber den Beneficiaries für die
Beachtung derer Interessen, steht aber gleichwohl nicht in einem Auftragsverhältnis zu
ihnen.
Während die Trustees eines Trusts bei dessen Gründung festgelegt werden, ist dies
2 Die
Übersetzungen «Treuhänder» und «wirtschaftlich Begünstigter» sind ungenau und reflektieren
die Situation nur teilweise. Aus diesem Grund werden hier die englischen Begriffe verwendet.
4
für die Beneficiaries nicht notwendigerweise gegeben. Die Trustees haben in einem solchen Fall die Aufgabe, im Rahmen der Vorgaben des Deeds selber zu bestimmen, wer
Beneficiary des Trusts ist.
Durch die Massgabe, das Trustvermögen im Interesse und zum Nutzen anderer zu
verwalten, unterscheidet sich das Eigentum, welches der Trustee am Trustvermögen
hält, von seinem übrigen Eigentum. Der Trust und der Auftrag, den der Trustee hat,
wirken wie ein Zaun, was z.B. die Zugriffsmöglichkeiten von Gläubigern des Trustees
einschränkt.
Die Eigenschaften des Trusts, d.h. die Balance zwischen Rechten und Pflichten des
Settlors, der Trustees und der Beneficiaries werden im Trust Deed als zentralem Dokument festgelegt. Der Trust Deed bestimmt jedoch nicht nur das Verhältnis der Beteiligten untereinander. Die konkrete Ausgestaltung des Trusts ist auch massgeblich für die
Behandlung des Trusts durch z.B. Gerichte und Steuerbehörden. Im Laufe der Jahre haben sich verschiedene «Standardtypen» von Trusts herausgebildet. Als wichtigste Unterscheidungskriterien gelten die Widerruflichkeit sowie die Stellung der Trustees bei
der Bestimmung der Begünstigten. Etwas vereinfachend kann gesagt werden, dass ein
Trust umso mehr als eigenständiges Gebilde anerkannt wird, je weniger Mitspracherecht dem Settlor nach der Gründung verbleibt und je mehr Kompetenzen die Trustees
bei Verwaltung und Verwendung des Vermögens erhalten.
2.2
Einsatzgebiete
Die Einsatzgebiete von Trusts sind äusserst vielfältig. Abstrakt betrachtet kann ein Trust
immer dann von Vorteil sein, wenn
• eine Person das Eigentum an Vermögenswerten aufgeben will oder muss,
• gleichzeitig jedoch sicherstellen möchte, dass das Vermögen für einen bestimmten
Zweck eingesetzt (z.B. Wohltätigkeit) bzw. der Nutzen aus den Vermögenswerten
einem gewissen Personenkreis (inkl. u.U. sich selbst) zufallen soll,
• ohne dass dieser Personenkreis das Eigentum am Vermögen und damit zu viel
Einfluss erhält.
Für den Bereich der privaten Vermögensverwaltung werden diese Anforderungen
hauptsächlich im Bereich der Nachlass- und Nachfolgeplanung sowie der Steueroptimierung gestellt. Zur Illustration seien folgende Fälle angeführt:
5
• Ein vermögender Unternehmer mit fünf Nachkommen überträgt die Anteile der
Unternehmung auf einen Trust, als dessen Begünstigte er seine Kinder einsetzt.
Er verhindert damit, dass im Nachlassfall sein Anteil aufgesplittet und die Existenz der Unternehmung gefährdet wird. Trotzdem sind seine Nachkommen am
finanziellen Erfolg der Unternehmung beteiligt, da der Trust Kapitalgewinne und
Dividenden an sie ausschütten kann.
• Wurde das Vermögen in einen Trust eingebracht, fällt beim Eintritt des Nachlassfalls jedoch oftmals (d.h. je nach Regelung in der lokalen Gesetzgebung) keine
Erbschaftssteuer an.3 Dies, weil das nun im Trust liegende Vermögen nicht vererbt wird. Die Nachkommen erhalten nicht die Anteile an der Unternehmung,
sondern nur einen möglichen Anspruch auf z.B. Dividenden oder Kapitalgewinne. Die Übertragung des Anspruchs ist steuerlich nicht relevant. Auch bleibt so
die Stabilität des Aktionariats erhalten. Man vermeidet, dass die Anteile der Unternehmung auf verschiedene Personen aufgeteilt werden und zersplittern.
• Das Steuerdomizil des Trusts ist losgelöst von der physischen Lage des Trustvermögens, den persönlichen Steuerdomizilen des Gründers, der Trustees und der
Beneficiaries. Diese können daher unter Umständen ihren Wohnsitz wechseln,
ohne im Zusammenhang mit dem Trustvermögen mit steuerlichen Konsequenzen des Ortswechsels konfrontiert zu werden.
Hier gereicht weiterhin zum Vorteil, dass als Trustees in o.g. Fällen oftmals neutrale Berater eingesetzt werden. Diese sind nicht selbstbegünstigt, haben Erfahrung im
Umgang mit Vermögensverwaltern und treffen dadurch objektivere und professionellere Entscheide im Sinne des Settlors als jemand, der selber Nutzen aus dem Vermögen
ziehen möchte und dessen Interessen mit denen des Settlors oder den anderen Beneficiaries kollidieren. Der Settlor kann so für die Umsetzung seiner Vorstellungen sorgen,
auch wenn er durch die Übertragung des Vermögens in den Trust das Eigentum und oft
auch alle Ansprüche und Verfügungsrechte daran verliert. Der Einfluss des Settlors behält über den die Trustees bindenden Trust Deed selbst dann Bestand, wenn der Settlor
nicht mehr lebt oder sich anderweitig zurückzieht.
3 Im
Zeitpunkt der Einbringung fallen allenfalls Schenkungssteuern an.
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2.3
Trusts als Vermögensverwaltungsvehikel
Der Trust an sich stellt lediglich ein Sondervermögen dar. Alleine kann ein Trust alle
Anforderungen eines Vermögensverwaltungskunden (z.B. Erzielung einer angemessenen Anlagerendite) nicht erfüllen. Aus Klientensicht geht die Einrichtung eines Trusts
zwingend mit der Inanspruchnahme von anderen Dienstleistungen der Vermögensverwaltung einher. Konkret werden benötigt:
• Finanzplanung unter Berücksichtigung der persönlichen Situation und Anforderungen des Kunden sowie der steuerlichen Rahmenbedingungen,
• Asset Management (Erstellung und Durchführung von Anlagestrategien, Treffen
konkreter Anlageentscheidungen, etc.),
• Handelsdienstleistungen sowie Depot- und Kontoführung,
• Kundenberatung und -betreuung in allen vom Klienten gewünschten Aspekten.
Die genannten Dienstleistungen unterscheiden sich von den Produkten, die bei der
Vermögensverwaltung ohne Trusts zum Einsatz kommen, kaum. Unter Einsatz eines
Trusts – oder ähnlicher internationalen Strukturen – können jedoch zusätzlich die einer
Truststruktur inhärenten Vorteile realisiert werden.
Zu unterscheiden ist die Situation vor und nach der Gründung des Trusts. Vor Erstellung des Trusts ist das Vermögen im Eigentum des zukünftigen Settlors. Da sich
in der Regel nur grössere Vermögen zur Verwaltung mittels eines Trusts eignen, wird
der Eigentümer in den meisten Fällen schon Vermögensverwaltungsdienstleistungen
beziehen. Die Einbringung des Vermögens in einen Trust stellt aus diesem Blickwinkel
nur eine Optimierung der bereits bestehenden Vermögensverwaltung dar, auch wenn,
formell gesehen, nach Errichtung des Trusts ein Grossteil der Dienstleistungen nicht
mehr für den Settlor, sondern für den Trust erbracht wird.
Betrachtet man also die gesamte Wertschöpfungskette der Vermögensverwaltung,
so sind Trusts zwar nur ein Bestandteil dieser Kette. Das Kettenglied wird dann essentiell, wenn eine Anforderung des Kunden durch eine Truststruktur am besten erfüllt werden kann. Kann ein Vermögensverwalter trustbezogene Dienstleistungen nicht zu wettbewerbsfähigen Bedingungen anbieten, so gerät er bei den Kunden ins Hintertreffen,
bei denen die Vermögensverwaltung über Trusts wichtige Anforderungen des Kunden
7
abdeckt. Ihm entgeht somit nicht nur das Trustgeschäft, sondern letztlich alle davon abhängigen Aufträge wie z.B. die Vermögensverwaltung und das Börsengeschäft. Auch
bei der Akquise von neuen Aufträgen ist er im Vergleich zu Konkurrenten, welche eine
umfangreichere und angepasstere Vermögensverwaltungsdienstleistung anbieten können, im Nachteil.
Die Möglichkeit, angepasste und auf die Bedürfnisse des Kunden optimal abgestimmte Strukturierungslösungen anzubieten, stärkt nicht nur den Kundennutzen, sondern auch die Kundenbindung. Somit profitieren Kunden und Anbieter.
Zusammengefasst kann gesagt werden:
1. Erstklassige Vermögensverwaltungsangebote sind Voraussetzung für erfolgreiche Trustdienstleistungen.
2. Trustdienstleistungen sind bei bestimmten Kundenprofilen ein notwendiger Bestandteil des Vermögensverwaltungskonzepts.
3. Anbieter von Vermögensverwaltungsdienstleistungen für solche Klienten können nur dann erfolgreich am internationalen Markt bestehen, wenn sie Trusts als
Instrument der Vermögensstrukturierung zu vorteilhaften Bedingungen offerieren können.
2.4
Dienstleister
Auch wenn Trusts nur ein Bestandteil der Wertschöpfungskette «Vermögensverwaltung» darstellen, so muss diese Kette nicht unbedingt von einem einzigen Anbieter
abgedeckt werden. Vielmehr ist es möglich, dass mehrere Anbieter die einzelnen Elemente unter sich aufteilen. Als Beispiel kann hier das Modell des unabhängigen Vermögensverwalters betrachtet werden: Dieser erbringt Beratungsdienstleistungen, während die Ausführung und Konto- bzw. Depotführung einer Bank obliegt. Im Trustgeschäft ist eine solche Aufteilung ebenfalls häufig anzutreffen. Die grosse Komplexität
erfordert Wissen und Erfahrung im internationalen Zivil- und Steuerrecht nicht nur
auf allgemeiner Ebene, sondern auch im Kontext der individuellen Bedürfnisse des
Kunden. Für mittlere und kleinere Anbieter ist eine Strategie, alle Eventualitäten abzudecken, aus wirtschaftlicher Sicht nicht sinnvoll. Zudem unterstehen einige Elemente
der Wertschöpfungskette (z.B. Börsenhandel, Depotführung) einer Bewilligungspflicht,
andere (z.B. Beratung) haben keine diesbezüglichen Voraussetzungen. Da Fragen der
8
Vermögensstrukturierung häufig den Charakter von Rechts- und Steuerberatung haben, wollen Banken und Vermögensverwalter nicht selten diese Dienstleistung auch
aus geschäftspolitischen Gründen nicht anbieten, sondern greifen ihrerseits auf Spezialisten zurück.
Der Vermögensverwaltungstrust ist somit kein abgeschlossenes Produkt eines einzelnen Finanzdienstleisters, sondern das Resultat des Zusammenwirkens von Banken,
Vermögensverwaltern, Steuer- und Rechtsexperten, welche sich an unterschiedlichen
Stufen der Wertschöpfungskette beteiligen.
Trotzdem stehen die Anbieter in einer Beziehung zueinander. Der Kunde wird in
der Regel Vermögensverwalter, Depotbank, Steuerberater, Treuhänder, etc. nicht unabhängig voneinander auswählen. Oft hat er bereits eine Geschäftsbeziehung mit einem
dieser Anbieter, der seinerseits Spezialisten empfiehlt bzw. direkt beauftragt. Diesem
«Erstkontakt», der meist auch von einer «emotionalen» Komponente begleitet wird,
kommt damit eine Schlüsselrolle zu. Meist fällt diese Rolle dem Vermögensverwalter
als primärer Vertrauensperson zu. Dies ist umso wichtiger, als dem Kunden meist das
notwendige Fachwissen fehlt.
Bei sehr vermögenden Privatkunden ist die Verbindung zwischen Trustdienstleister
und Vermögensverwalter weniger stark fixiert. Dort ist ein Trust häufig keine Optimierungsmöglichkeit eines bestehenden Vermögensverwaltungsauftrages, er existiert bereits vor Abschluss des Mandates. Das Vermögensvolumen sowie die Anforderungen
der Kunden nach professioneller Unterstützung in finanziellen und nicht-finanziellen
Belangen rechtfertigen bei solchen Kunden oft den Einsatz von Family Offices und Trust
Companies. Diese nehmen ihrerseits Dienstleistungen von Banken, Effektenhändlern,
Vermögensverwaltern, Juristen und anderen Spezialisten in Anspruch. Die Selektion
der Anbieter erfolgt durch Fachleute, welche die leistungsmässig beste Offerte auswählen. Ein Anbieter, der hier keine optimale Lösung vorweisen kann, kommt bei der
Auftragsvergabe erst gar nicht zum Zuge. Ausserdem werden die Vermögensstrukturen so angelegt, dass ein Wechsel von Banken, Asset Managern und auch der Trustees
selber vergleichsweise einfach vonstatten gehen kann. Erscheint bei der regelmässig
erfolgenden Standortbestimmung ein Anbieterwechsel vorteilhaft, so wird dieser auch
vorgenommen. Das erhöht zwar den Druck auf die Beteiligten. Es stellt aber gleichzeitig eine Chance dar, besteht doch die Möglichkeit, über Qualität und Leistung Geschäft
zu übernehmen und dadurch zu wachsen. Indem Anbieter selber als (Co-)Trustees ei-
9
nes bereits bestehenden Trusts agieren, eröffnet sich ihnen nicht nur der Zugang zu
neuen Opportunitäten, sondern auch die Möglichkeit, massgeschneiderte Leistungen
erbringen zu können.
2.5
Situation in der Schweiz
Die vom römischen Recht beeinflussten Rechtskreise, wie z.B. auch die Schweiz, kennen den Trust und die im zu Grunde liegenden Konzepte nicht. Eigentum ist dort ein
abstraktes, absolutes und unteilbares Recht an einer Sache: Der Eigentümer hat jedmögliche Verfügungsmacht über sein Eigentum. Auch kann im rechtlichen Sinne das
Eigentum einer Person, so z.B. des Trustees, nicht aufgeteilt werden. Das Konzept eines
Sondervermögens, welches zwar im Eigentum des Trustees ist, aber in bestimmten Fällen auch nicht, ist hier nicht bekannt. Die Zaunwirkung, welche eines der Hauptmotive
zur Erstellung eines Trusts darstellt, entfaltet in einem Rechtskreis, der die Konzepte
des Trusts nicht kennt, keine Wirkung. Es entsteht eine Rechtsunsicherheit.
Trotzdem werden für die oben beschriebenen Einsatzgebiete Trusts auch von
Schweizer Vermögensverwaltern angeboten. Da die Kunden und ihr Vermögen häufig
einen internationalen Hintergrund haben, sind auch die Vermögensstrukturen grenzüberschreitend. Vermögensvehikel und -strukturen werden in die Länder gelegt, welche die vorteilhaftesten Rahmenbedingungen bieten. Dies erfolgt unter Beachtung des
rechtlichen und steuerlichen Umfelds sowie der Situation und den Anforderungen des
Kunden. Landesgrenzen haben sekundäre Bedeutung.
Die Behandlung von Trusts in der Schweiz ist aber nicht irrelevant. In dem Moment,
wo Teile des Trustvermögens in der Schweiz oder in Schweizer Wertschriften gehalten
werden oder Dienstleister mit Schweizer Hintergrund als Asset Manager oder Trustees
agieren, ist unter Umständen Schweizer Recht massgeblich. Dies betrifft z.B. die steuerliche Behandlung des Trustvermögens, aber auch allfällige andere Rechtsstreitigkeiten.
Genau wie politische Sicherheit und eine stabile Währung die Schweiz in den vergangenen Jahren zu einem der grössten Finanzplätze gemacht haben, ist Rechtssicherheit ebenso ein wichtiger Standortfaktor für die Vermögensverwaltung. Im Bereich der
Trusts war diese Rechtssicherheit bis vor kurzem nicht immer gegeben. Mittlerweile
hat sich die Situation durch die Ratifizierung der Haager Trustübereinkunft verbessert.
Durch den Beitritt und die damit einhergehenden Anpassungen des schweizerischen
Rechts werden Trusts im schweizerischen Zivilrecht anerkannt, auch wenn, wie bis an10
hin, keine Trusts nach schweizerischem Recht gegründet werden können. Offen bleibt
jedoch die steuerliche Behandlung, welche in der Haager Übereinkunft bewusst ausgeklammert wird. Sie verbleibt im Regelungsbereich der Mitgliedsstaaten. Der stark internationale Charakter von Truststrukturen wirft komplexe steuerliche Fragestellungen
auf, die in der Schweiz individuell und kantonal unterschiedlich entschieden werden.
Hier besteht ebenfalls eine Unsicherheit, die zumindest gemildert werden kann, indem
man zum Voraus ein «Ruling» der Steuerbehörden einholt.
Die Kantone haben dies erkannt und bemühen sich auf Ebene der schweizerischen
Steuerkonferenz (SSK) um eine abschliessende und einheitliche Regelung für die steuerliche Behandlung von Truststrukturen. Zwar wurde im Herbst 2007 der Entwurf
eines Kreisschreibens veröffentlicht, der einige der offenen Punkte klarstellt. Jedoch
bleibt die Situation gerade für in der Schweiz aktive Trustees teilweise noch immer
unklar, zumal eine Unterscheidung zwischen inländischen und ausländischen Trusts
erfolgen soll, welche die erstgenannten, verglichen mit ausländischen Truststrukturen,
deutlich schlechter behandelt. Es ist daher davon auszugehen, dass das Thema früher
oder später wieder aufgegriffen wird und sich die steuerlichen Rahmenbedingungen
des Trustgeschäfts ändern können.
3
Ziel der Studie
Änderungen der steuerlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen werden Einfluss
auf die Einsatzmöglichkeiten von Trusts in der Vermögensverwaltung haben. Sie nehmen damit, direkt und indirekt, auch Einfluss auf die Dienstleistungspalette und die
Wettbewerbsposition von Vermögensverwaltungsanbietern in der Schweiz. Bevor die
Auswirkungen einer allfälligen Änderung der Rahmenbedingungen der Vermögensverwaltung mit Trusts diskutiert werden können, muss zuerst die Bedeutung dieses Geschäfts ermittelt werden. Hierzu existierten bis anhin keine Daten. Zwar weiss
man, dass Trustdienstleistungen zum Produktportfolio von Vermögensverwaltern in
der Schweiz gehören. Über den Umfang ist jedoch nichts bekannt. Ziel der Studie ist
daher die Ermittlung der Bedeutung von Trusts in der privaten Vermögensverwaltung.
Beantwortet werden sollen folgende Fragen:
• Welche Bedeutung haben Trusts im schweizerischen Vermögensverwaltungsgeschäft?
11
• Welche Faktoren bestimmen die zukünftige Entwicklung?
4
Vorgehensweise und Methoden
Um möglichst viele potentielle Anbieter ansprechen zu können, wurde die Studie als
fragebogenbasierte Umfrage ausgeführt.
4.1
Fragebogen
Der Fragebogen behandelt folgende Aspekte:
1. Angebot von Trust-Dienstleistungen,
2. Einschätzung zur vergangenen und zukünftigen Bedeutung von Trusts in der
privaten Vermögensverwaltung auf internationaler und schweizerischer Ebene
sowie für den Befragten,
3. Details zu den trustbezogenen Tätigkeiten des Befragten,
4. positive und negative Faktoren, welche die zukünftige Entwicklung von Trusts
für Anbieter in der Schweiz beeinflussen,
5. Auswirkung des Beitritts zur Haager Übereinkunft,
6. kundenbezogene Voraussetzungen für den Einsatz von Trusts,
7. Personalbestand des Befragten, sowohl gesamthaft als auch spezifisch für Trustdienstleistungen,
8. Kontaktinformationen des Befragten.
Die Fragen wurden in zwei Blöcke aufgeteilt. Der erste Block behandelt, ob der
Befragte in Trustdienstleistungen involviert ist und wie er die bisherige und zukünftige
Entwicklung von Trusts in der privaten Vermögensverwaltung einschätzt. Er richtet
sich an alle Befragten. Demgegenüber thematisiert der zweite Block die Tätigkeiten des
Befragten im Bereich Trusts und setzt fachspezifisches Wissen voraus. Er richtet sich
daher nur an die Umfrageteilnehmer, welche im Trustgeschäft tätig sind. Die Angabe
der Kontaktinformationen war optional, um auch jenen Adressaten eine Teilnahme zu
ermöglichen, die ihre Identität nicht angeben wollen.
12
Die gesamte Studie wurde von einer Expertengruppe begleitet, deren Mitglieder
über langjährige Erfahrung in der Vermögensverwaltung und im Trustgeschäft verfügen. Der Inhalt des Fragebogens wurde zusammen mit der Expertengruppe erarbeitet.
Dieses Verfahren unterstellt den Fragebogen einer Qualitätssicherung. So wird garantiert, dass er alle relevanten Themen abdeckt, und die Fragen von den Teilnehmern
beantwortet werden können.
4.2
Versand und Adressaten
Die Studie wurde als schriftliche Umfrage durchgeführt. Es wurden alle Branchengruppen angesprochen, welche nach Meinung der Autoren in der privaten Vermögensverwaltung mittels Trusts tätig sind. Dies sind:
• Banken,
• Trust-Dienstleister,
• unabhängige Vermögensverwalter,
• Anwälte.
Alleine aus Volumengründen war die Adressierung aller Mitglieder der genannten
Branchen nicht möglich. Es wurde daher eine repräsentative Auswahl getroffen.
• Banken: Alle Mitgliedsbanken der Vereinigung der Verwaltungs- und Handelsbanken (VHV), alle Banquiers Privés, alle Auslandsbanken.
• Trust-Dienstleister: Alle Mitglieder der Swiss Association of Trust Companies
(SATC).
• Unabhängige Vermögensverwalter: Zufallsstichprobe aus deutsch- und westschweizerischen unabhängigen Vermögensverwaltern.
• Eine per Zufall ermittelte Stichprobe aus allen beim Schweizerischen Anwaltsverband registrierten Anwälten aus der gesamten Schweiz, die im Bereich des
Steuer-, Nachlass- und Privatrechts tätig sind.
Die Adressaten erhielten den Fragebogen mit einem Begleitbrief im Zeitraum von
Juni bis August 2007 per Post zugeschickt. Die Mitgliedsbanken der VHV sowie des
13
Abbildung 1: Teilnehmer und Rücklauf
Kategorie
Anzahl Adressaten
Anzahl Teilnehmer
Rücklaufquote
Banken VHV
30
15
50 %
Banquiers Privés
13
11
85 %
Auslandsbanken
143
37
26 %
Trust Companies
18
5
28 %
Anwälte
298
41
14 %
UVV
218
23
11 %
TOTAL
720
132
18 %
Auslandsbankenverbandes wurden vom jeweiligen Verbandssekretariat über das Studienprojekt informiert und zur Teilnahme aufgefordert.
4.3
Rücklauf und Struktur der Teilnehmer
Von 720 eingeladenen Banken, Anwälten, unabhängigen Vermögensverwaltern und
Trust Companies nahmen 132 Befragte an der Umfrage teil. Dies entspricht einer Rücklaufquote von 18% und damit den Erfahrungen aus früheren Umfragen. Die vergleichsweise geringe Rücklaufquote bei Anwälten und unabhängigen Vermögensverwaltern
kann damit erklärt werden, dass auch solche Adressaten angeschrieben wurden, die
keinen Bezug zur Trustdienstleistungen haben. Der Bereitschaft zur Teilnahme ist bei
dieser Gruppe jedoch erfahrungsgemäss gering, da das Interesse an der Thematik fehlt.
Tabelle 1 stellt die Anzahl Adressaten sowie den Rücklauf dar.
Von der Möglichkeit einer anonymen Teilnahme machten 70 Befragte Gebrauch,
dies entspricht einem Anteil von 53%.
5
5.1
Resultate und Kommentare
Angebot von Trustdienstleistungen und Tätigkeiten
Die Umfrageteilnehmer wurden zuerst gefragt, ob sie im Trustgeschäft tätig sind. Dies
war nötig, da die Geschäftstätigkeit einer Bank, eines Anwaltes oder eines Vermögensverwalters nicht zwingend das Angebot von Trustdienstleistungen umfasst. Die Antworten geben Aufschluss über die Bedeutung und Verbreitung von Trustdienstleistun-
14
Abbildung 2: Anbieter von Trustdienstleistungen nach Teilnehmergruppe
Teilnehmergruppe
Aktiv im Trustgeschäft (in %)
Banken VHV
67
Banquiers Privés
91
Auslandsbanken
62
Banken gesamthaft
68
Trust Companies (SATC)
100
Anwälte
29
UVV
52
gen im Vermögensverwaltungsgeschäft in der Schweiz. Gefragt wurde explizit nach
«trustbezogenen Dienstleistungen» im «Vermögensverwaltungsgeschäft für Private».
So werden Trusts, welche für institutionelle Anlagezwecke (z.B. Pensionskassen) oder
bei Erstellung anderer Finanzinstrumente (z.B. Verbriefungen) explizit ausgeschlossen.
Die Frage nach «trustbezogenen Dienstleitungen» wurde absichtlich offen angelegt:
Die «Wertschöpfungskette» Trust ist, wie oben beschrieben, auf verschiedene Anbieter
aufgeteilt. Nur grosse Marktteilnehmer können die vollständige Fertigungstiefe anbieten. Es stellt sich daher die Frage, welche Anbieter in den verschiedenen Teilen der
Wertschöpfungskette aktiv sind. Im Rahmen dieser Untersuchung wird unterschieden
zwischen folgenden Gruppen:
1. Kundenberater – umfangreiche Beratungsdienstleistungen für vermögende Privatkunden
2. Finanzplaner – Erstellung von Vermögensverwaltungsstrukturen wie Trusts, Stiftungen oder Testamenten unter Berücksichtigung der individuellen Kundenbedürfnisse
3. Asset Manager – Entwicklung und Umsetzung von konkreten Anlagestrategien
4. Steuerberater
5. Trustees – Vermögensverwaltung im Sinne des Trust Deeds
Tabelle 3 zeigt, welche Aktivitäten die befragten Teilnehmergruppen ausüben.
15
Abbildung 3: Aktivitäten der Anbieter
Anteil der als ...
Teilnehmergruppe
Kunden-
Finanz-
Asset
Steuer-
berater
planer
Manager
berater
Trustees
... tätigen Umfrageteilnehmer in %
Banken VHV
77
77
77
15
46
Banquiers Privés
75
75
50
50
50
Auslandsbanken
72
35
61
35
24
Trust Companies (SATC)
67
33
33
67
0
Anwälte
87
70
70
26
35
UVV
63
86
43
43
29
5.2
Entwicklung der Bedeutung von Trusts
Die Vermögensverwaltung mit Trusts gewinnt weltweit an Fahrt. Gesamthaft betrachtet sehen die Teilnehmer der Umfrage einen leichten Bedeutungszuwachs von Trusts in
der Vermögensverwaltung für Private innerhalb der letzten fünf Jahre. Gleiches gilt für
die zukünftige Entwicklung in den nächsten fünf Jahren, dies sowohl in der Schweiz als
auch im Ausland. Daraus lässt sich schliessen, dass die Teilnehmer keine Beschleunigung oder Verlangsamung des Trustgeschäfts erkennen. Ebenso weichen die Einschätzung der zukünftigen Entwicklung weltweit und jene in der Schweiz nicht voneinander
ab, was darauf hinweist, dass die Befragten zur Zeit keine von den aktuellen schweizerischen Rahmenbedingungen ausgehende Vor- oder Nachteile sehen.
Unterscheidet man zwischen den einzelnen Teilnehmergruppen, so ergeben sich
folgende Differenzen:
• Die in der SATC organisierten Trust Companies sehen die zukünftige Entwicklung als deutlich positiver als die Grundgesamtheit.
• Die unabhängigen Vermögensverwalter beurteilen die Veränderung in den nächsten fünf Jahren pessimistischer als die Grundgesamtheit.
• Gleiches gilt für die zukünftige Bedeutung von Trusts für die unabhängigen Vermögensverwalter. In diesem Teil der Finanzbranche ist und bleibt das Interesse
oder der Bedarf, Trusts als Verwaltungsvehikel anzubieten, klein. Das mangelnde
16
Interesse zeigt auch die geringe Beteiligung der unabhängigen Vermögensverwalter an der Umfrage.
5.3
Einflussfaktoren für die zukünftige Entwicklung
Sowohl die Eignung von Trusts für Vermögensverwaltungszwecke als auch die Wettbewerbsfähigkeit der Anbieter ist abhängig von Rahmenbedingungen. Diese sind im
Fluss. Wie bereits oben beschrieben wurde, hat sich im Jahr 2007 das rechtliche Umfeld mit dem Beitritt der Schweiz zur Haager Übereinkunft verbessert, während die
steuerlichen Aspekte noch nicht vollständig geklärt sind. Die Änderung der Rahmenbedingungen hat jedoch nicht notwendigerweise Einfluss auf die Attraktivität des Vermögensverwaltungsgeschäfts mit Trusts für Kunden und Anbieter. Die Umfrageteilnehmer wurden daher gefragt, welche Faktoren die Entwicklung der Bedeutung von
Trusts für das schweizerische Vermögensverwaltungsgeschäft positiv und negativ beeinflussen.
5.3.1
Rechtssicherheit
Der Beitritt zur Haager Übereinkunft und die damit einhergehende Verbesserung der
Rechtssicherheit sehen 68% der Befragten als sehr wichtig für die zukünftige positive
Entwicklung des Trustgeschäfts in der Schweiz an. Der Entschluss, der Übereinkunft
beizutreten, hat nach Meinung von 93% der Befragten das Trustgeschäft in der Schweiz
gestärkt. Die einzelnen Gruppen antworteten hier einheitlich.
Rechtssicherheit kann jedoch nicht alleine durch gesetzgeberische Massnahmen
herbeigeführt werden. Massgeblich ist auch die Rechtsanwendung durch die Gerichte. Diese stützen sich auf die geltenden Gesetze, aber auch auf stetige Rechtsprechung.
Bedingt durch die neue rechtliche Situation fehlt zur Zeit eine solche, insbesondere auf
ober- und bundesgerichtlicher Ebene. Die Befragten bestätigen, dass sich die Rechtssicherheit zuerst entwickeln muss. Sie gehen davon aus, dass sich in den nächsten fünf
Jahren eine Urteilspraxis herausbilden wird, welche die Behandlung von Trusts durch
schweizerische Gerichte klärt. Die volle Wirkung des Haager Abkommens wird von
zwei Dritteln der Befragten als eher langfristig eingeschätzt.
17
5.3.2
Steuerliche Rahmenbedingungen
Den Einfluss der steuerlichen Behandlung von Truststrukturen sehen die Umfrageteilnehmer als ebenfalls wichtigen Faktor. 92% der Befragten erkennen eine positive Wirkung einer Verbesserung der steuerlichen Aspekte auf die Attraktivität des Trustgeschäfts. 85% der Teilnehmer stellen fest, dass sich eine Verschlechterung der Fiskalsituation nachteilig auf die schweizerische Marktposition auswirken würde. Dies zeigt,
dass das Trustgeschäft sehr sensitiv auf die Veränderung der steuerlichen Rahmenbedinungen reagiert. Die Steuerfrage ist daher von zentraler Bedeutung für die Attraktivität
des Trustgeschäfts für schweizerische Anbieter. Aus den Antworten kann weiter geschlossen werden, dass die aktuell bestehende steuerliche Situation das schweizerische
Trustgeschäft stärkt. Eine Verschlechterung der fiskalischen Rahmenbedingungen stellt
jedoch eine Gefahr für die Attraktivität von schweizerischen Trustdienstleistungen dar.
Nicht nur die schweizerische Steuersituation ist massgebend für die Attraktivität
von Trusts. Da eines der Hauptmotive für die Erstellung von Trusts die steuerliche
Behandlung von Privatvermögen ist (insbesondere im Erb- und Übertragungsfalle),
spielt auch die steuerliche Situation der Kunden eine gewichtige Rolle. 92% der Befragten bestätigen dies. 80% weisen jedoch darauf hin, dass sie zukünftig einen negativen
Einfluss ausländischer Fiskalinitiativen auf das schweizerische Trustgeschäft sehen. Es
muss davon ausgegangen werden, dass dieser Einfluss die Attraktivität des schweizerischen Vermögensverwaltungsgeschäfts generell betrifft. Die Hälfte der Befragten
identifizieren auch den Trend zum «Onshoring», d.h. die Verwaltung des Vermögens
im Domizilland des Kunden, als negativen Faktor.
5.3.3
Erfahrung als Wettbewerbsfaktor
Bedingt durch die Komplexität des Trustgeschäfts, der Kundenanforderungen sowie
der rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen setzt ein erfolgreiches Anbieten dieser Dienstleistung grosses Wissen und Erfahrung voraus. Das Know-how der
Anbieter ist als Wettbewerbsfaktor anzusehen und muss langfristig aufgebaut und gepflegt werden. Die antwortenden Banken sehen hier den Finanzplatz Schweiz äusserst
gut positioniert: 70% der Befragten geben an, dass sie das vorhandene Know-how der
Anbieter in der Schweiz im Bereich Vermögensverwaltungsstrukturen (d.h. Trusts, Stiftungen, Testamente, etc.) als sehr vorteilhaft für die zukünftige Entwicklung des Geschäftsfeldes werten. Anwälte und unabhängige Vermögensverwalter schätzen diesen
18
Aspekt, im Vergleich zu den Banken, als nicht so positiv ein und sehen einen gewissen
Nachholbedarf.
Die divergierende Meinung von Banken und Trust Companies einerseits und Anwälten sowie unabhängigen Vermögensverwaltern anderseits kann durch Skaleneffekte erklärt werden: Der Aufbau von grossem Know-how sowie die Beschäftigung von im
Trustgeschäft spezialisierten und erfahrenen Mitarbeitern rentiert erst ab einem grösseren Geschäftsumfang, den kleinere, nicht spezialisierte Anbieter nicht aufweisen. Banken werden diese Bedingung schon allein aus Volumengründen erfüllen, während sich
Trust Companies auf dieses Spezialgebiet fokussieren.
5.4
Eignung von Trusts als Vermögensverwaltungsvehikel
Auch wenn Truststrukturen standardisiert und «ab der Stange» zu erhalten sind, geht
der Errichtung von Trusts immer eine umfassende Analyse der Kundenbedürfnisse
und eine individuelle Strukturierung des zu verwaltenden Vermögens voraus. Trusts
an sich generieren keine Rendite. Somit kann Investmentperformance kein Motiv zur
Einrichtung eines Trusts sein. Es stellt sich die Frage, für welche Kunden sich ein Trust
eignet, d.h. welche Anforderungen und Bedürfnisse von einer Truststruktur erfüllt werden können.
Befragt nach den positiven und negativen Indikationen für die Einrichtung eines
Trusts in der privaten Vermögensverwaltung geben die Teilnehmer das Kundenvermögen als entscheidenden Faktor an: Eine Truststruktur ist nur dann sinnvoll, wenn der
Kunde sehr vermögend ist. Gemäss übereinstimmender Aussagen sollten Truststrukturen nur dann in Betracht gezogen werden, wenn das so zu verwaltende Vermögen
einen Wert von mehr als SFr. 5 Mio. übersteigt.
Als weitere wichtige Punkte werden die internationale Verteilung des Vermögens
sowie der Familie des Kunden angeführt. Grund hierfür ist, dass der Trust seine rechtlichen und steuerlichen Vorteile nur in internationalen Strukturen entfalten kann. Wird
erkannt, dass eine Internationalisierung des Vermögens ohne plausiblen wirtschaftlichen Grund erfolgte, schauen Gerichte und Steuerbehörden in der Regel «durch den
Trust hindurch», d.h. entscheiden, als ob der Trust nicht vorhanden wäre.
Die Teilnehmer geben entsprechend an, dass sich Trusts für schweizerische Kunden mit grösstenteils lokalem Vermögen und Hintergrund nicht als Vermögensverwaltungsvehikel eignen. Aus Sicht der Vermögensverwalter in der Schweiz sind Trusts
19
daher hauptsächlich im Offshore-Geschäft von Bedeutung.
Als wichtigstes ökonomisches Motiv zum Einsatz von Trusts sehen die Befragten
die Nachfolgeregelung. Ausserhalb dem Gebiet der Vermögensübertragung im Rahmen der Nachfolge- bzw. Nachlassplanung sehen die Umfrageteilnehmer wenig Potential zur fiskalischen Optimierung durch Trusts. Diese eignen sich nicht als Steuersparmodelle für Gewinn- und Einkommenssteuern.
5.5
Personalbestand
Zur Abschätzung der wirtschaftlichen Bedeutung von Trustdienstleistungen für die
Umfrageteilnehmer wurde mit der Umfrage der Personalbestand erhoben. Dies erfolgte jeweils auf der Ebene der gesamten Unternehmung und für den Bereich der trustbezogenen Tätigkeiten. Auf den Personalbestand wurde abgestellt, da dieser vergleichsweise einfach zu ermitteln ist. Kennzahlen wie z.B. das in Trusts verwaltete Vermögen
oder Informationen über die dem Trustgeschäft zuzurechnenden Erträge sind wegen
Abgrenzungsproblemen schwer zu ermitteln und werden aus Vertraulichkeitsgründen
kaum zur Verfügung gestellt.
Die Antworten zeigen, dass unabhängig von der Gesamtgrösse des Anbieters nur
sehr wenige Mitarbeiter in der Schweiz direkt mit Trustdienstleistungen befasst sind.
Die teilnehmenden Banken beschäftigen in der Schweiz in diesem Bereich durchschnittlich acht Mitarbeiter. Die unabhängigen Vermögensverwalter gaben an, weniger als
fünf Mitarbeiter im Bereich der Trustdienstleistungen einzusetzen. Differenzierter stellt
sich die Situation bei den Anwälten dar: Während die meisten Umfrageteilnehmer
ebenfalls weniger als fünf Mitarbeiter für Trustdienstleistungen einsetzen, beschäftigen
fünf der befragten Kanzleien bis zu 50 Mitarbeiter in diesem Gebiet.
Weiter wurde nach der Zahl der Mitarbeiter gefragt, welche sich in ausländischen
Niederlassungen oder Tochtergesellschaften mit Trustdienstleistungen befassen. Hier
geben alle Umfrageteilnehmer, die Dependancen im Ausland halten, übereinstimmend
an, dass mehr Mitarbeiter im Ausland im Bereich des Trustgeschäfts tätig sind als in
der Schweiz. Dies gilt auch für schweizerische Anbieter. Ein Teil der Wertschöpfung,
die schweizerische Anbieter direkt über das Angebot von Trustdienstleistungen generieren, entsteht also im Ausland. Nimmt man an, dass die Wertschöpfung pro Mitarbeiter unabhängig von seinem Beschäftigungsort ist, beträgt der ausländische Anteil etwa
30%.
20
6
Schätzung des Marktvolumens
Die Höhe der über Trusts verwalteten Vermögen ist kaum zu ermitteln. Zum einen bestehen Abgrenzungsprobleme: Vermögensbestände können oft nicht den Trusts direkt
zugerechnet werden, da sie nicht vom Trust, sondern von zum Trust gehörenden Investitionsvehikeln, meist in der Rechtsform einer Gesellschaft, gehalten werden. Auch
eine Unterscheidung zwischen Trusts der privaten Vermögensverwaltung und den z.B.
in der vorliegenden Betrachtung nicht relevanten Trusts aus Pensionskassen ist schwierig. Als weiteres Problem kommt hinzu, dass die Daten, insbesondere die Vermögensbestände aufgeteilt nach Anlegergruppen (Domizil, Rechtsform, etc.), im benötigten
Detailgrad nicht publiziert werden und auch aus Vertraulichkeitsgründen nicht zu erhalten sind.
Möglich ist jedoch eine Schätzung des Marktvolumens, d.h. des Volumens, welches
potenziell für eine Verwaltung über Trusts in Frage kommt. Weltweit werden heute SFr.
94’918 Mrd. Privatvermögen verwaltet.4 Davon entfallen etwa 20% auf Kunden, welche
mehr aus USD 5 Mio. Vermögen besitzen. Genau diese Kundengruppe ist es, für die das
Einrichten eines Trusts Vorteile bringen kann. Eine Beschränkung auf Vermögen über
USD 5 Mio. greift jedoch zu kurz. Da Trusts oft zur Nachlassplanung eingesetzt werden, sollte berücksichtigt werden, dass sich das Vermögen von noch lebenden Privatpersonen vergrössern kann. Somit sind für Kunden, welche zum heutigen Zeitpunkt
weniger Vermögen als die genannten USD 5 Mio. besitzen, Trusts allenfalls später von
Interesse. Gemäss übereinstimmenden Aussagen von Interviewpartnern sollten daher
alle Kunden mit einem Vermögen von mehr als USD 1 Mio. als potenzielle Trustkunden angesehen werden.5 Dies ergibt eine Marktgrösse von SFr. 33’111 Mrd., was einem
Anteil von 35% des weltweiten Vermögensverwaltungsmarktes entspricht.
In der Schweiz werden zur Zeit SFr. 3’640 Mrd. Privatvermögen verwaltet.6 Davon
entfallen etwa 39% auf schweizerische, 61% auf ausländische Kunden. Geht man davon aus, dass der Anteil der Vermögensverwaltungsklienten mit einem Vermögen von
mehr als USD 1 Mio. in der Schweiz etwa gleich gross ist wie weltweit, so entspricht
4 The
Boston Consulting Group, Global Wealth 2005, S. 11.
ist zu berücksichtigen, dass für Trusts nicht nur «bankable assets» von Interesse sind, sondern
5 Auch
jede Art von Vermögen.
6 Schätzungen der Autoren basierend auf Schweizerische Nationalbank, Statistisches Monatsheft Oktober 2007, S. 42.
21
dies einem Gesamtvolumen von SFr. 497 Mrd. Für ausländische Kunden wird dieser
Anteil als deutlich grösser angenommen (70%), was einem Volumen von SFr. 1’551
Mrd. entspricht. Somit verwalten die Banken in der Schweiz SFr. 2’048 Mrd. welches
potenziell für die Verwaltung über Vermögensverwaltungstrusts in Frage kommt. Dies
entspricht einem Anteil von 56% am gesamthaft bei Banken in der Schweiz gehaltenen
Privatvermögen.
7
Zusammenfassung
Trotz des Umstandes, dass es keine schweizerischen Trusts gibt und auch ausländische
Trusts bis vor einigen Wochen rechtlich nicht anerkannt waren, sind etwa zwei Drittel
der Vermögensverwaltungsdienstleister in der Schweiz bereits im Trustgeschäft aktiv.
Obwohl oder vielleicht gerade weil Trusts in der Vermögensverwaltung ein komplexes
Geschäftsfeld darstellen, wird es nicht nur von grossen Markteilnehmern besetzt. Die
Umfrage zeigt, dass kleine und mittlere Banken, spezialisierte Trust Companies, aber
auch Anwaltskanzleien und unabhängige Vermögensverwalter Trusts für ihre Kunden
gründen und verwalten. Namentlich die letztgenannten können dem Klienten nicht
alle notwendigen Dienstleistungen der Wertschöpfungskette «Vermögensverwaltung»
anbieten. Hierfür müssen mehrere Akteure des Finanzplatzes zusammenarbeiten. Diese Akteure finden sich nicht spontan für ein konkretes Geschäft, vielmehr bestehen
langjährige Verbindungen zwischen den einzelnen Anbietern. Aus Sicht des Finanzplatzes ist es unerheblich, ob die Wertschöpfungskette zwischen mehreren Anbietern
untergliedert wird. Netzwerkeffekte sorgen dafür, dass die Aufteilung innerhalb des Finanzplatzes erfolgt, solange Angebot und Leistung international konkurrenzfähig sind.
Durch vorteilhafte Rahmenbedingungen kann der Finanzplatz Schweiz Family Offices,
Trust Companies und deren verwaltetes Vermögen anziehen. Davon profitieren alle
Anbieter. Ein florierendes Trustgeschäft stärkt so den Vermögensverwaltungsstandort
Schweiz als Ganzes.
Die Bedeutung von Trusts nimmt zu. Damit einher gehen beträchtliche Wachstumschancen. Für Vermögensverwaltungsanbieter in der Schweiz wird es immer wichtiger, optimale Trustdienstleistungen offerieren zu können, um ihre internationale
Marktposition zu behaupten und zu verbessern. Aktuell ist die Branche in der Schweiz
gut positioniert. Die Rahmenbedingungen haben sich in der letzten Zeit verbessert.
22
Mit dem Beitritt zur Haager Übereinkunft wurde die Rechtssicherheit von Trusts in der
Schweiz gestärkt, auch wenn die vollen Auswirkungen erst in einigen Jahren, nach
Etablierung einer Rechtspraxis in der Anwendung der neuen Bestimmungen, beurteilt werden können. Handlungsbedarf besteht jedoch weiterhin bei den Fiskalthemen.
Die Vorhaben der Schweizerischen Steuerkonferenz, schweizweit einheitliche Regeln
zu schaffen, sind zwar mit Publikation des Kreisschreibens vorläufig abgeschlossen.
Von einer einheitlichen Regelung kann aber insofern nicht die Rede sein, als dass inländische und ausländische Strukturen unterschiedlich behandelt werden. Somit bleibt
die steuerliche Behandlung je nach Steuerart und Domizil der an der Truststruktur Beteiligten unterschiedlich.
Eine Schlechterstellung von Trusts im schweizerischen Vermögensverwaltungsgeschäft betrifft über die Hälfte des bestehenden Marktvolumens. Weiterhin besteht die
Gefahr, dass schweizerische Anbieter für ein Drittel des weltweiten Vermögensverwaltungsvolumens keine optimalen Strukturierungslösungen mehr anbieten können. Ähnlich sieht die Situation in der Schweiz aus. Durch die im Kreisschreiben vorgenommene
Diskriminierung von inländischen Trusts scheidet dieser für ein Drittel des von schweizerischen Kunden bei Banken in der Schweiz gehaltenen Vermögens als Struktur aus.
Da die Klienten, für welche Trusts in Frage kommen, sowohl hinsichtlich des
Domizils als auch der Vermögensverteilung international orientiert sind, hätte eine
Schlechterstellung von Trusts bzw. Trustanbietern in der Schweiz mittelfristig negative Auswirkungen auf das gesamte hiesige Vermögensverwaltungsgeschäft: Bereits
bestehende Trusts würden ihre Vermögenswerte in Länder verschieben, die bessere
Rahmenbedingungen bieten. Gleiches gilt für Kunden, für die ein Trust vorteilhaft
wäre, aber noch nicht gegründet wurde. Problematisch ist dies, da das Angebot von
Trusts bei den angesprochenen Kunden ein essentieller Bestandteil der Vermögensverwaltungsstrategie ist. In diesem Fall ist nicht nur das direkt mit der Gründung oder
Verwaltung des Trusts verbundene Geschäft betroffen, denn ein Trust bezieht grundsätzlich die gleichen Leistungen wie ein gewöhnlicher Vermögensverwaltungskunde.
Somit besteht die Gefahr, dass Beratung, Asset Management, Depotführung und die
Ausführung von Börsenorders, die damit einhergehenden Erträge sowie die verbundenen Arbeitsplätze ebenfalls verloren gehen.
Eine Verschlechterung der Rahmenbedingungen beträfe daher nicht nur die begrenzte Anzahl von Anbietern und Mitarbeitenden, welche direkt mit der Gründung
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und Verwaltung von Trusts befasst sind. Zu befürchten ist, dass das gesamte Anbieternetzwerk die negativen Auswirkungen zu spüren bekäme und die Attraktivität des Private Banking Finanzplatzes Schweiz leiden würde. Zukünftige Regulierungsvorhaben,
sei es auf rechtlicher oder fiskalischer Ebene, müssen daher mit Augenmass erfolgen.
Insbesondere ist die Internationalität und Mobilität des Trustgeschäfts zu berücksichtigen. Während sich die internationalen Klienten und Vermögen negativen Rahmenbedingungen mit vertretbarem Aufwand entziehen können, haben die meisten Anbieter
in der Schweiz und deren Mitarbeiter diese Möglichkeit nicht. Aus Sicht des Fiskus
scheint eine grosszügige und international attraktive Politik vorteilhaft, weil sich nach
einheitlicher Meinung der Befragten der Trust für rein schweizerische Kunden kaum
eignet. Die «Kannibalisierungsgefahr» ist somit minim.
Mit der Unterzeichnung der Haager Übereinkunft wurde international signalisiert,
dass die Schweiz für die Vermögensverwaltung durch Trusts ein attraktiver Standort ist. Es gilt nun, die sich eröffnenden Wachstumschancen zu realisieren. Doch nur
durch eine konsequente Verbesserung der Rahmenbedingungen kann dieses Potential
genutzt und die Wettbewerbsposition des Finanzplatzes Schweiz und seiner Anbieter
gestärkt werden.
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