Zutritt zum Bestandobjekt

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Zutritt zum Bestandobjekt
NEUES MIET- UND
W O H N R E C H T
FEBRUAR 2015
02
www.immolex.at
33 – 64
Rsp-Nr
13 – 21
Mietrecht
Zutritt zum Bestandobjekt –
Betretungsrecht des Vermieters
Exekutionsrecht
Das Überbot nach der EO-Novelle 2014
Abgabenrecht
BMF-Information zur Novelle
des Grunderwerbsteuergesetzes 2014
Forum Immobilientreuhänder
Zu den Änderungsrechten
der Wohnungseigentümer
FORUM IMMOBILIENTREUHÄNDER
Zu den Änderungsrechten der Wohnungseigentümer
§ 16 Abs 2 WEG
Wohnungseigentumsobjekt;
bauliche Änderung;
Widmungsänderung;
Beeinträchtigung
schutzwürdiger
Interessen;
Verkehrsübung;
wichtiges Interesse;
Genehmigungsbedürftigkeit;
Genehmigungsfähigkeit
CHRISTOPH KOTHBAUER
Kaum ein WE-rechtlicher Themenbereich erhitzt die
Gemüter stärker und beschäftigt die Gerichte mehr
als jener der Änderungsrechte der WEer. Nach § 16
Abs 2 WEG ist der WEer zu (baulichen wie widmungstechnischen) Änderungen an seinem WE-Objekt auf
seine Kosten grundsätzlich berechtigt. Die Änderung
darf aber weder eine Schädigung des Hauses noch
eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen
der anderen WEer (insb keine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses oder eine Sicherheitsgefahr) zur Folge haben (Z 1 leg cit). Eine Änderung, die
auch allgemeine Teile der Liegenschaft in Anspruch
nimmt, muss überdies entweder der Verkehrsübung
entsprechen oder einem wichtigen Interesse des änderungswilligen WEers dienen (Z 2 leg cit). Bei Inanspruchnahme der WE- oder Zubehörobjekte anderer
WEer darf es außerdem zu keiner wesentlichen und
dauernden Beeinträchtigung kommen und hat eine Interessenabwägung stattzufinden (Z 3 leg cit).
Erweist sich eine Änderung als genehmigungsbedürftig, weil das Vorliegen einer der genannten Voraussetzungen zweifelhaft ist, so bedarf sie der Zustimmung aller WEer (vgl § 828 Abs 1 ABGB), die aber
keinen Formvorschriften unterliegt und daher auch
stillschweigend erteilt werden kann.1) Eine fehlende
Zustimmung kann auf Antrag durch einen Beschluss
des Außerstreitrichters ersetzt werden (§ 52 Abs 1
Z 2 WEG), der somit über die Genehmigungsfähigkeit
einer genehmigungsbedürftigen Maßnahme zu entscheiden hat. Wird eine Änderung vorgenommen, für
die weder die Zustimmung aller übrigen WEer noch
ein (diese Zustimmung ersetzender) Beschluss des Außerstreitrichters vorliegt, so liegt eine eigenmächtige
Änderung vor, gegen die sich die übrigen WEer im
streitigen Rechtsweg zur Wehr setzen können.
Genehmigungsbedürftigkeit
Schon die Möglichkeit einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Miteigentümer verpflichtet
den änderungswilligen WEer, die Zustimmung aller anderen Miteigentümer oder die Genehmigung des Außerstreitrichters einzuholen. Nicht genehmigungsbedürftig
sind grundsätzlich nur bagatellhafte Umgestaltungen,2)
worunter schon geringfügige Nutzungen gemeinschaftlicher Teile nicht mehr subsumiert werden können.3)
Wenn im Zuge der WE-Begründung bei geschäftlich genutzten WE-Objekten begrifflich zwischen den
Widmungen „Geschäftslokal“, „Büro“ und „Arztpraxis“ unterschieden wurde, so ist ein Wechsel zwischen
diesen spezifischen Widmungen selbstverständlich genehmigungsbedürftig.4) Bei einer unspezifischen Widmung eines WE-Objekts als Geschäftslokal bedarf hingegen die Umwandlung des Gegenstands und der
Betriebsform eines dort geführten Unternehmens nur
dann der Genehmigung, wenn dabei die Grenzen des
Verkehrsüblichen überschritten werden, was in Gestalt
eines „Vorher-Nachher-Vergleichs“ zu prüfen ist.5)
Als genehmigungsbedürftige Maßnahmen wurden
in der jüngeren Rsp etwa der Austausch einer zweiflügeligen Holzwohnungseingangstür durch eine niedri64
immolex 2015
gere und schmälere einflügelige Sicherheitstür,6) die
touristische Nutzung einer Wohnung7) und die Montage eines Klimageräts an einer Fassade8) qualifiziert.
Nicht genehmigungsbedürftig ist für den OGH9) hingegen die Gestaltung eines (wenngleich nur im Wege
einer Benützungsvereinbarung zugewiesenen) Gartens, wenn sie nur innerhalb des Zwecks „Gartenbenützung“ bleibt. Dabei wurden selbst bauliche Ausgestaltungen einem WEer zugestanden, sofern sie sich
auf rein oberflächliche Maßnahmen beschränken.
Genehmigungsfähigkeit
Entscheidungen des Außerstreitgerichts über die Genehmigungsfähigkeit einer Maßnahme sind naturgemäß einzelfallbezogen, sodass sie vom OGH regelmäßig inhaltlich nicht aufgegriffen werden und sich aus ihnen kaum Aussagen mit Allgemeingültigkeitsanspruch
ableiten lassen. Immerhin legen sie aber das Verständnis
der Rsp darüber offen, wo unter Abwägung der beteiligten Interessen die Grenze zwischen dem Recht des einen WEers auf bestmögliche Entfaltung und dem
Schutz der anderen WEer vor beeinträchtigenden Änderungen verläuft. Für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 16 Abs 2 Z 2 WEG kommt es etwa besonders
darauf an, ob die beabsichtigte Änderung dazu dient,
dem WEer eine dem heute üblichen Standard entsprechende Nutzung seines Objekts zu ermöglichen.10) Je
geringer die Inanspruchnahme allgemeiner Teile ist,
umso geringere Anforderungen sind an die Wichtigkeit
seines Interesses zu stellen.11)
Beispiele für genehmigungsfähige Maßnahmen sind
aus der jüngeren Rsp die Anbringung einer SicherheitsGittertüre vor einer Wohnungseingangstüre sowie das
Aufstellen von Blumenkisten samt Halterungen auf
den äußeren, zu einem Innenhof ausgerichteten Fensterbrettern einer Wohnung,12) die Errichtung eines
funkbetriebenen elektrischen Garagentors auf zwei
Stellplätzen bei bereits ortsnahe erfolgtem Fahrzeugdiebstahl13) und die Zusammenlegung zweier übereinander liegender Geschäftslokale samt Einbau einer Hebebühne zum Warentransport und einer Treppe.14)
FH-Doz. Mag. Christoph Kothbauer ist leitender Jurist der online hausverwaltung & immobilientreuhand gmbh in Wien.
1) Zuletzt 5 Ob 100/14 p immolex-LS 2014/70 (stillschweigende Duldung der Nutzung einer Wohnung als Kinderarztpraxis).
2) Zuletzt 5 Ob 204/13 f immolex 2014/40 (Hagen).
3) 5 Ob 25/13 g immolex 2013/99 (Prader).
4) 5 Ob 210/13 p (Verwendung eines als Büro gewidmeten Objekts als
Arztpraxis).
5) Zuletzt 5 Ob 149/14 v mwN.
6) 5 Ob 73/14 t immolex-LS 2014/71; in diesem Heft, S 57 mit Glosse
von Klein.
7) 5 Ob 59/14 h.
8) 5 Ob 204/13 f immolex 2014/40 (Hagen).
9) 5 Ob 25/13 g immolex 2013/99 (Prader).
10) RIS-Justiz RS0083341 (T 18).
11) Zuletzt 5 Ob 150/14 s.
12) 5 Ob 86/14 d.
13) 5 Ob 150/14 s.
14) 5 Ob 154/13 b immolex-LS 2013/88.

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