Zeig mir deine Fugen und ich sag dir, wer du bist

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Zeig mir deine Fugen und ich sag dir, wer du bist
Knauf Fugentechnik
Ausgabe 07/02
Zeig mir deine Fugen
und ich sag dir, wer du bist
Es geschieht tagtäglich auf zahlreichen Baustellen. Der Maler hat
verspachtelte Trockenbauflächen mit einem Anstrich oder einem
Wandbelag versehen und es zeichnen sich die Fugen ab. Maler,
Architekt oder Bauherr beanstanden die Oberflächenqualität und
als Schuldiger ist sofort der Trockenbauer bzw. der Spachtler
ausgemacht. Nur so einfach ist die Sache meistens nicht.
Natürlich werden gerade die für die Endqualität der TrockenbauFläche entscheidenden Spachtelarbeiten sehr gerne und sehr
häufig an Sub- oder Sub-Sub-Unternehmen weitergegeben. Spachtelarbeiten sind zeitaufwändig und somit kostenintensiv. Die
Versuchung ist daher groß, hier Kosten einzusparen. Ob der Weg
über wenig qualifizierte Verarbeiter, die zu Dumping-Preisen
antreten, hierfür der Richtige ist, darf angezweifelt werden.
Aber oft, eigentlich meistens, ist dies nicht das Problem für den
späteren Ärger bzw. sind diese Niedrigstpreise die Konsequenz
aus einem grundsätzlichen Problem. Welche Spachtelqualität ist
für welche Oberflächenbehandlung geeignet. Inwieweit müssen
gestalterische Anforderungen des Planers und objektspezifische
Gegebenheiten, wie natürliche und künstliche Lichteinflüsse
berücksichtigt werden. Die Kombination all dieser Einflüsse
ergibt mitunter sehr komplexe Anwendungssituationen.
Die aktuelle Architektur bevorzugt neben Stahl, Beton, glatten
Natursteinflächen, sehr viel Glas in Fassaden und glatte Flächen
für Wände und Decken. Transparenz ist das Schlagwort. Es wird
nicht gespart bei aufwändigen Konstruktionen, bei hochwertigen
Fassadenverkleidungen, bei Natursteinbodenbelägen und großen
Fensterflächen. Die vermeintlich simplen Trockenbau- und auch
Putzflächen sollen sich aber möglichst wenig als Kostenfaktor
darstellen. Es wird so billig wie möglich ausgeschrieben.
Hinterher sollen diese Flächen aber z.B. mit einem hochwertigen
mattglänzenden (weißen) Anstrich oder gar einer Lackierung
versehen werden, um dem gestalterischen Anspruch gerecht zu
werden. Dass dies nicht funktioniert, nicht funktionieren kann,
zeigt täglich die Praxis.
Ein entscheidendes Problem dabei ist, dass die für solche
Ansprüche notwendigen Oberflächen und Ebenheitsqualitäten
nicht z.B. über eine DIN-Norm geregelt sind. Um der DIN 18202
zu genügen, müsste man eigentlich fast gar nicht spachteln.
Bisher gab nur das Merkblatt Nr. 2 des Bundesverbandes der
Gips- und Gipsplattenindustrie Hinweise und Hilfestellungen zu
Oberflächenqualitäten bei Spachtelarbeiten. Es gab die Standardverspachtelung, deren Oberflächenqualität ausreichen soll
für normale Dispersionsfarbenanstriche mit der Lammfellrolle
oder für Tapeten der Qualität einer Raufasertapete.
Alle höheren Anforderungen verlangen die so genannte
Sonderverspachtelung, die aber gezielt ausgeschrieben und
gesondert vergütet werden muss. Dies wird aus mehreren
Gründen aber selten gemacht. Zum Einen versucht der Planer
eher die Kosten zu minimieren, zum Zweiten weiß er oft zum
Zeitpunkt der Erstellung der Trockenbauflächen noch gar nicht,
welche Beschichtung aufgebracht werden soll und zum Dritten
fehlt sehr häufig die Sensibilisierung und die notwendige
Fachkenntnis über die Abhängigkeit von Oberflächenqualitäten
gespachtelter Trockenbauflächen vom Anspruch der nachfolgenden Beschichtung.
Eine Verbesserung dieser Situation sollte die noch in der
Beratung befindliche europäische Norm "Design and application of Gypsum plasterboards" (CEN/TC 241-WG 4) bringen, die
drei verschiedene Oberflächen-Qualitätsstufen von Spachtelfugen festlegen sollte. Mittlerweile wurde in diesem europäischen
Normengremium beschlossen, diesen Abschnitt über Oberflächenqualitäten nicht über die E-Norm, sondern "nur" über
eine europäische Richtlinie zu regeln. Da auch deren Erscheinung noch nicht absehbar ist, hat der Bundesverband der
Gips- und Gipsplattenindustrie in Zusammenarbeit mit Verarbeiterverbänden das Merkblatt Nr. 2 überarbeitet, um mehr
Sicherheit in diese Thematik zu bringen. Diese Neuauflage wird
in Kürze erscheinen.
Vor allem die Forderungen im Kapitel "Ausschreibung" des
Merkblattes beschreiben den Anspruch:
–
Entsprechend den Ausführungsstufen sind die gewünschte
Verspachtelung bzw. der angestrebte Zustand der Ober-
flächengüte, erforderlichenfalls auch die Art der Ausführung, festzulegen und vertraglich zu vereinbaren.
–
Sind im Leistungsverzeichnis keine Angaben über die
Verspachtelung enthalten, so gilt stets die Qualitätsstufe 2
(Standardverspachtelung) als vereinbart ..........
–
Die immer wieder in Ausschreibungen anzutreffenden Begriffe "malerfertig", "streichfertig" oder "oberflächenfertig" o.ä. sind in diesem Zusammenhang absolut ungeeignet, um die zu erbringende Leistung zu beschreiben. Es
widerspricht dem Prinzip der VOB/A (§ 9 Beschreibung der
Leistung, Allgemeines [14] bzw. Ö-Norm B2260-2 [14]),
wonach die Beschreibung der Leistung eindeutig und
erschöpfend zu erfolgen hat.
Was heißt das zusammengefasst? Der Planer muss in der
Ausschreibung eindeutig und erschöpfend die geforderte Oberflächenqualität angeben und beschreiben, am besten noch
unter Angabe der gewünschten Endbehandlung. Daraufhin
kann der Spachtler gemäß diesen Anforderungen spezifisch
seine Leistung anbieten. Seine abgegebene Leistung kann dann
aber auch analog diesen Anforderungen entsprechend bewertet
werden.
Das neue Merkblatt Nr. 2 beschreibt vier Oberflächenqualitätsstufen, Q1, Q2, Q3 und Q4. Das Merkblatt weist darauf hin,
dass als Maßstab für die Oberflächenqualität neben der
Ebenheit vor allem optische Merkmale z.B. Markierungen der
Kartonoberfläche und Fugenabzeichnungen herangezogen werden. Daraus ergibt sich auch die Forderung für die Planung, die
zur Verwendung kommenden Baustoffe, deren Maßtoleranzen
und die handwerklichen Ausführungsmöglichkeiten zu berücksichtigen. Beanstandungen von Oberflächenqualitäten ergeben
sich sehr häufig infolge spezieller Lichtsituationen auf der
Fläche. Auf diese Problematik weist das Merkblatt besonders
hin. "Werden bei der Beurteilung der gespachtelten Oberflächen spezielle Lichtverhältnisse - z.B. Streiflicht als natürliches Licht oder künstliche Beleuchtung - bei der Abnahme mit
herangezogen, ist vom Auftraggeber dafür zu sorgen, dass
bereits während der Ausführung der Spachtelarbeiten vergleichbare Lichtverhältnisse vorhanden sind. Da die Lichtverhältnisse in der Regel nicht konstant sind, kann eine eindeutige Beurteilung der Trockenbauarbeit nur für eine vor
Ausführung der Spachtelarbeiten definierte Lichtsituation vorgenommen werden. Die Lichtsituation ist dementsprechend
vertraglich zu vereinbaren."
Die einzelnen Qualitätsstufen werden im neuen Merkblatt Nr. 2
ausführlich beschrieben. Im Folgenden sollen diese vier
Qualitätsstufen in verkürzter Form vorgestellt werden.
Q1
- Qualitätsstufe 1 definiert die Oberflächenqualität
von Fugen, an die keine optischen (dekorativen)
Anforderungen gestellt werden. Eine Grundverspachtelung ist
ausreichend und umfasst das Füllen der Stoßfugen der
Gipsplatten und das Überziehen der sichtbaren Teile der
Befestigungsmittel. Überstehendes Spachtelmaterial ist abzustoßen, werkzeugbedingte Markierungen, Riefen und Grate
sind zulässig. Diese Qualitätsstufe findet Anwendung bei der
Verspachtelung der unteren Plattenlage bei mehrlagigen
Beplankungen wie auch bei Flächen, die mit Bekleidungen und
Belägen aus Fliesen und Platten oder auch dickeren
Putzbeschichtungen versehen werden sollen. Was bedeutet das
in der Praxis? Ein oder maximal zwei Arbeitsgänge mit Uniflott
bei Gipsplatten mit HRAK-Kante oder mit Fugenfüller Leicht
und Fugendeckstreifen bei Platten mit AK-Kante. Unter Fliesen
finden nur imprägnierte GKBI-Platten, "grüne Platten",
Anwendung, d.h. hier sollte mit Uniflott imprägniert, "grüner
Uniflott", verspachtelt werden.
Q2
- Qualitätsstufe 2 entspricht der bisherigen Standardverspachtelung und genügt den üblichen Anfor-
derungen an Wand- und Deckenflächen. Ziel der Verspachtelung ist es, den Fugenbereich durch stufenlose Übergänge der
Plattenoberfläche anzugleichen. Gleiches gilt für Befestigungsmittel, Innen- und Außenecken sowie Anschlüsse. Die Verspachtelung nach Qualitätsstufe 2 umfasst die Grundverspachtelung
(Q1) und das Nachspachteln (Feinspachteln, Finish) bis zum
Erreichen eines stufenlosen Übergangs zur Plattenoberfläche.
Dabei dürfen keine Bearbeitungsabdrücke oder Spachtelgrade
sichtbar bleiben. Falls erforderlich sind die verspachtelten
Bereiche zu schleifen. Diese Oberfläche kann z.B. geeignet
sein für mittel- und grobstrukturierte Wandbekleidungen (z.B.
Raufasertapeten), matte füllende Anstriche (z.B. Dispersionsanstriche), die manuell mit Lammfell oder Strukturrolle aufgetragen werden und für Oberputze mit Größkorn über 1 mm.
Bei dieser Oberflächenqualität sind z.B. streiflichtbedingte
Abzeichnungen nicht auszuschließen! Auch hier ist die Praxis
mit qualitativ hochwertigen Produkten einfach. Zwei bis drei
saubere Arbeitsgänge mit Uniflott bei HRAK-Platten, drei
Arbeitsgänge mit Fugenfüller Leicht bei AK-Platten und jeweils
die Übergänge sauber verschliffen, liefern das gewünschte
Ergebnis. Leichter und qualitativ noch besser wird die
Fugenqualität erreicht, wenn als letzter Arbeitsgang Knauf
Finish pastös ca. 30 cm breit aufgezogen wird. Die Geschmeidigkeit und Feinheit dieses verarbeitungsfertigen Spachtels
und die leichte Schleifbarkeit sind Garant für das gute
Ergebnis.
Q3
- Qualitätsstufe 3 stellt erhöhte Anforderungen an
die gespachtelte Oberfläche, d.h. es sind zusätzli-
che über Grund- und Standardverspachtelung hinausgehende
Maßnahmen erforderlich. Qualitätsstufe 3 umfasst die Standardverspachtelung (Q2) und ein breiteres Ausspachteln der
Fugen sowie ein scharfes Abziehen der restlichen Kartonoberfläche zum Porenverschluss mit Spachtelmaterial. Im Bedarfsfall sind die gespachtelten Flächen zu schleifen. Solche Oberflächen können beispielsweise geeignet sein für feinstrukturierte Wandbekleidungen, matte nicht strukturierte Anstriche/Beschichtungen und Oberputze mit Größkorn < 1 mm.
Ganz wichtig: auch bei der Sonderverspachtelung Q3 sind bei
Streiflicht sichtbar werdende Abzeichnungen nicht völlig auszuschließen und nach VOB/C, DIN 18350, Nr. 3.1.2 [7] zulässig. Grad und Umfang solcher Abzeichnungen sind jedoch
gegenüber der Standardverspachtelung geringer. Q3 verlangt
also einen sehr hohen Anspruch, der allein durch breites
Ausspachteln oder vollflächiges scharfes Abziehen trotzdem oft
nicht erfüllt werden kann. Knauf bietet hier ein komplettes
Spachtelsystem an. Ausgehend von einer Fuge der Qualitätsstufe Q2, z.B. Uniflott plus Finish pastös, optimal verschliffen, wird anschließend mit Knauf Spezialgrund vollflächig
grundiert. Bei dieser Systemkomponente handelt es sich um
einen hochwertigen mineralisch gefüllten, weiß pigmentierten
Voranstrich. Er füllt Schleifspuren, vereinheitlicht farblich die
Oberfläche (bei künstlich erzeugtem Streiflicht werden noch vorhandene Unebenheiten erkennbar) und er sperrt gegen das
Verdünnungsmittel Wasser der nachfolgenden Beschichtungen
ab. Notwendige Korrekturen können mit Finish pastös ausgeführt werden. Diese Bereiche müssen erneut mit Spezialgrund
grundiert werden. Nach dessen vollständiger Austrocknung kann
die Endbeschichtung z.B. mit Farbe erfolgen. Oft ist es das
"gewusst wie" und das richtige Material, das dem Verarbeiter,
gepaart mit seinem handwerklichen Können, die Möglichkeiten
gibt, die Qualitätsanforderungen zu erfüllen.
Q4
- Qualitätsstufe 4 ist durch eine Vollflächenspachtelung oder ein Abstucken der gesamten Oberfläche
darstellbar, um höchste Anforderungen an die gespachtelte
Oberfläche zu erfüllen. Im Unterschied zur Sonderverspachtelung (Q3) wird dabei die gesamte Plattenoberfläche mit
einer durchgehenden Spachtel/Putzschicht abgedeckt. Qualitätsstufe 4 umfasst also die Standardverspachtelung (Q2)
und ein breites Ausspachteln der Fuge sowie ein vollflächiges
Überziehen und Glätten der gesamten Oberfläche mit einem
dafür geeigneten Material (Schichtdicke bis etwa 3 mm).
Solche Oberflächen können geeignet sein für glatte oder
strukturierte Wandbekleidungen mit Glanz, Lasuren oder Anstriche/Beschichtungen bis zu mittlerem Glanz oder
Stuccolustro oder andere hochwertige Glätttechniken. Diese
Oberflächenbehandlung minimiert die Möglichkeit von
Abzeichnungen der Plattenoberfläche und Fugen. Unerwünschte
Effekte durch Lichteinwirkungen (z.B. Streiflicht) werden weitgehend vermieden.
Man könnte von keinem Knauf-System sprechen, wenn es für
diese höchstwertige Anforderung kein geeignetes Material
gäbe. Es gibt sogar zwei, mit unterschiedlichen Charakteristika.
Zum Einen die neu entwickelte verarbeitungsfertige Gipsspachtelmasse Readygips. Wenn man mit diesem Material nicht
schon die Fuge (mit Fugendeckstreifen) verspachtelt hat, kann
man den geschmeidigen, trocknungsschwundarmen Spachtel
auf einer nach Q2 verspachtelten Fläche idealerweise für den
vollflächigen Überzug verwenden. Leichtes Nachschleifen und
Sie haben einen Traumuntergrund für nachfolgende Oberflächenbeschichtungen.
Alternativ dazu, man könnte fast sagen, wenn das noch nicht
reicht, empfiehlt sich ein vollflächiger Auftrag der Gipsspachtelmasse Knauf Multi-Finish. Dieses Material eröffnet alle
denkbaren Möglichkeiten. Neben der leichten Verarbeitbarkeit
liefert es Oberflächenqualitäten bis hin zum matten Glanz
durch abstucken.
Solche Oberflächen sind so gut, dass man sie auch als hochwertige Endoberfläche nutzen kann. Geschützt mit dem Wachs
Knauf Edel-Finish ist edles, modernes Ambiente gestaltbar.
Wenn das noch nicht reicht, kann man Multi-Finish einfärben
und z.B. in Spachtel- oder Wischtechnik vollendete Flächen
schaffen.
Die technischen Hinweise und Richtlinien und auch die geeigneten Produkte sind vorhanden. Wenn nun auch noch die
Planer ihre gestalterischen Anforderungen in Einklang mit den
notwendigen Qualitätsvoraussetzungen der Fugenverspachtelung in Einklang bringen und qualifizierte Fachkräfte für die
praktische Umsetzung sorgen und aufwandsbezogen bezahlt
werden, sollte das sensible Thema Fugenverspachtelung zunehmend an Brisanz verlieren, zu Aller Vorteil.
Knauf Direkt
Techn. Auskunft-Service:
Tel. 0 18 05/31-1000, Fax 0 18 05/31-4000,
E-Mail: [email protected]
Knauf im Internet: www.knauf.de
Knauf Zentrale, Pf 10, 97343 Iphofen,
Tel.: 0 93 23/31-0, Fax: 0 93 23/31-277
So/dtsch/D/07.02/FB/D

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