Allgemein: Mein Auslandssemester in Paris, an der Sorbonne IV, hat

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Allgemein: Mein Auslandssemester in Paris, an der Sorbonne IV, hat
Allgemein:
Mein Auslandssemester in Paris, an der Sorbonne IV, hat mir in jeder Hinsicht vieles
gelehrt, neue Freundschaften ermöglicht und meine Organisationsfähigkeit optimiert.
Ich hatte die Möglichkeit Paris zu erkunden, in einer Großstadt zu leben und vor
allem in einer Kultur persönlich Fuß zu fassen, die mir meine französische Mutter
über Jahre versucht hat näher zu bringen. In meinem Fall konnte ich nun das ausleben,
was einer meiner größten Träume war. Auch war der Universitätsaufenthalt eine
enorme Bereicherung was die Lehrweise, Grammatik und vor allem die französische
Literatur anbelangt.
Ankunft/Immatrikulationsverfahren:
Ich bin Anfang September, pünktlich zu dem Zeitraum für Erasmusstudenten, in Paris
eingetroffen. In den ersten Tagen gab es von dem Erasmuskomitee der
Gasthochschule verschiedene Einladungen für erste Kennenlerntreffen, die über
Facebook vermittelt wurden. Durch Freunde aus Deutschland bekam ich mit, dass es
solche Internetgruppen in den meisten Universitäten gibt und habe selbst nach diesen
gesucht. Leider kam keine Mail der Gasthochschule selbst, die auf ein solches
Programm hinwies. Ich habe an einigen dieser Treffen teilgenommen, um in Paris
Anschluss zu finden. Wie sich herausstellte, waren diese Treffen enorm wichtig für
meinen weiteren sozialen Werdegang, da ich durch diese, viele meiner besten Freunde
kennengelernt habe und wir uns gegenseitig in verschiedensten Situationen
unterstützen konnten. Eine Woche vor dem Semesterstart, gab es ein offizielles
Treffen für Erasmusstudierende, das alle Formalien des Semesters abdecken sollte.
Dieses fand im beeindruckenden Amphitheater „Richelieu“ statt und sollte uns einen
Überblick über das Semester geben. Leider war dies sehr unverständlich und wurde
sehr oberflächlich behandelt, sodass am Ende der Informationsveranstaltung viele
offene und unbeantwortete Fragen bei den meisten Auslandsstudenten auftraten. Um
unsere Dokumente wie unsere Studentenkarte abzuholen, die man braucht, um in das
Gebäude der Sorbonne reinkommen zu können, mussten wir uns in einer Reihe, nach
Namen sortiert, anstellen. Dies hat ca. 2 Stunden in Anspruch genommen, sodass
viele Studenten versucht haben, diese am Folgetag abzuholen, um nicht anstehen zu
müssen. Generell war und ist alles Bürokratische in Frankreich besonders
umständlich, aufwendig und erfordert sehr viel Zeit. So waren kurzerhand gut 2-3
Wochen mit der Organisation der Kurse, Handy- und Internetverträgen, Strom etc.
gefüllt.
Betreuung während des Semesters:
Die Betreuung an der Gasthochschule ließ meiner Meinung nach, zu wünschen übrig.
Jeder Student war auf sich allein gestellt, um zutreffende Kurse zu finden, auch wenn
seitens der Erasmusstudenten große Probleme auftraten. Ich habe drei Wochen damit
verbracht, Kurse zu wechseln, neu zu suchen oder gar wegfallen zu lassen. Außerdem
ist das Kursangebot im Internet sehr unübersichtlich und kaum mit Details und
Beschreibungen versehen. Es hieß immer wieder, dass uns Erasmusstudenten kein
Kurs verweigert werden dürfe, doch das war im Realfall nicht zutreffend. Ich habe im
Endeffekt nicht zutreffende Kurse besucht, was das Niveau, den Inhalt und die Zeiten
anbelangt.
Andererseits kann ich von Glück sprechen, dass mir meine französischen
Kommilitoninnen viel bei der Kurswahl weitergeholfen und mich im Lernstoff
unterstützt haben. Insgesamt hatte ich mit der Betreuung, die für uns zuständig sein
sollte, recht wenig zu tun, da diese oftmals weniger die Kursangebote kannte, als man
selbst. Da meine französischen Kommilitonen das System kannten, wussten sie wie
mir weiterzuhelfen war. Bei Erasmustreffen, die vom Erasmuskomitee der
Gasthochhochschule angeboten wurden, waren Studenten, die uns ihre Hilfe bei der
Kurswahl anboten. Ich habe einem dieser Studenten meines Fachbereichs zwei Mal
geschrieben, doch es kam nie eine Antwort zurück. Über die Kurswahl hinaus, kamen
keine Angebote, die einem in der Betreuung innerhalb des Semesters weitergeholfen
hätten.
Studieren an der Sorbonne IV:
Das Studiensystem an der Sorbonne IV, wie an den meisten anderen französischen
Universitäten, weicht stark von den deutschen Lehrwesen ab. Hier wurde alles
mündlich vermittelt und auch gab es selten Fachliteratur zum Nachlesen. Alles wird
während den Vorlesungen mitgeschrieben und die meisten Inhalte oder Präsentationen
wurden nicht ins Internet hochgeladen. Auch waren die Relationen von einer
Vorlesung und einem Tutorium sehr anders: beispielsweise dauert im Normalfall eine
Vorlesung sechzig Minuten, der entsprechende Kurs dazu, zwei bis drei Stunden.
Richtige Übungen (Tutorien) wurden selten angeboten. So ist zu erahnen, dass es
notwendig war bei keinem Kurs zu fehlen und wenn dies doch der Fall sein sollte,
war dieser schnellstmöglich durch die Mitschriften seiner Kommilitonen nachzuholen.
Es geht von sich, dass dies einen erheblichen Aufwand mit sich bringt, vor allem was
das Sprechverständnis und die Schnelligkeit des Schreibens anbelangt. Auch war es
üblich, dass mindestens drei Mal im Semester Prüfungen innerhalb des Faches
abzulegen waren, die entweder aus einer Art Mini-Hausarbeit bestanden (Devoir
Maison) oder direkt im Kurs selbst geschrieben wurden (Devoir sur table). Das hat
seine Vor- und Nachteile: Zum einen ist es für Erasmusstudenten möglich sich diese
zusammenaddiert als Prüfungsendergebnis anrechnen zu lassen und früher (vor den
Weihnachtsferien) zurückzukehren. Außerdem ermöglicht es den Studenten
kontinuierlich den Lehrstoff durchzuarbeiten, ohne am Ende des Semesters den
ganzen Aufwand auf einem Mal zu haben. Es ist jedoch fach-abhängig, ob diese
Teilnoten zu einer Semesterendnote führen. Andererseits war das System auch
belastend, da es zu einem kontinuierlichen Stress führt.
Zum Inhalt lässt sich sagen, dass vor allem die Reproduktion von Lernstoffen im
Vordergrund steht. Im seltensten Fall wird nach einer Reflexion des Inhalts gefragt,
die eigene Meinung verschiedener Herangehensweisen wird ebenfalls nicht
hinterfragt.
Ich studiere im Hauptfach Kommunikationswissenschaften, im Nebenfach
Französisch; Mein Hauptfach war sehr schwierig in Paris unterzubringen, da ganz
anders geforscht wird als in Deutschland. An der Sorbonne waren die meisten
Medienkurse sehr Literatur-behaftet, sodass diese besser in Literaturkursen in
Deutschland aufgehoben wären. Ob im Literatur-Fachbereich oder anderer
Fachbereichen, die Analyse von Texten wurde vorgegeben.
Paris / Frankreich:
Leben in Paris, heißt überleben. Mit 12,3 Millionen Einwohnern (Paris mit
Umgebung), ist Paris die zweitgrößte europäische Metropole nach London, was sich
auch in Schwierigkeit eine Unterkunft zu finden widerspiegelt. Es ist jedem Studentin,
der nach Paris gehen will zu raten, sich FRÜHZEITIG um eine Wohnung zu
kümmern. Es ist wohl möglich sich um eine Studentenwohnung im
Studentenwohnheim zu bemühen, doch die Wahrscheinlichkeit diese zu bekommen
ist sehr gering. Oft ist zu empfehlen sich für Wohngemeinschaften zu bewerben oder
gar in kirchlichen Einrichtungen zu schauen, da diese meist günstiger sind als
normale Wohnungen. Auch sind die Mietpreise nicht das einzige, was in Paris
überdurchschnittlich teuer ist: Verpflegung und Ausgänge in Bars oder Restaurants
erfordern ebenfalls einen tiefen Griff ins Portemonnaie. Anders ist es bei kulturellen
Ausflügen: die meisten Museen sind beispielsweise für Personen unter 25 mit
europäischer Staatsbürgerschaft kostenfrei.
Auch bietet die Stadt Paris sehr viel Unterhaltung und Lebensqualität. Es gibt kaum
einen Tag, an dem man nicht von einem kulturellen Ereignis mitbekommt, denn schon
allein wenn man durch die Straßen Paris schlendert, gibt es zahlreiche Möglichkeiten
kostengünstig auszugehen. Und wenn diese doch verfehlt werden, gibt es viele
Attraktionen, die immer einen Blick wert sind. Zu diesen zählt beispielsweise der
Louvre, Sacrecoeur, Montparnasse, Val de Grâce, musée d´Orsay, Opéra, das
Innenleben von Lafayette und vieles mehr.
Generell ist Paris mit deutschen Großstädten zu vergleichen, was Klima, Kultur und
Gesellschaft anbelangt. Die Menschen sind meistens freundlich, aufgeschlossen und
hilfsbereit. Was das Klischee des Nicht-englisch Sprechens angeht, kann ich sagen,
dass die junge Generation sehr bemüht ist auf Englisch weiterzuhelfen.
Es gibt jedoch kleine, aber feine Unterschiede, auf die man als Ausländer achten
sollte:
Man sollte keinem Bekannten die Hand reichen oder bei der Begrüßung umarmen. Es
gilt weiterhin „ faire la bise“. Auch sollten die Metroregeln eingehalten werden, um
nicht schief angeschaut zu werden: Es sollte nicht gegessen, laut geredet oder sitzen
geblieben werden, wenn es voll wird. Was generell zu den Stoßzeiten äußerst
unangenehm werden kann.
Sprache:
Da meine Mutter Französin ist, sind mein Bruder und ich zweisprachig aufgewachsen.
Ich hatte daher recht wenig Kommunikations- und Verständnisprobleme im
französischsprachigen Bereich und habe andere Kommunikationsprobleme selten
oder gar nicht mitbekommen. Wenn ich doch eine solche Situation bei anderen
beobachten konnte, die versucht haben sich auf Englisch zu verständigen, sind mir
manche Eigenarten der Franzosen aufgefallen: Wie bereits erwähnt, hat der Großteil
der jungen Generation keine großen Schwierigkeiten auf Englisch zu antworten. Der
Akzent beim Englischsprechen ist sehr markant, doch verständlich. Ältere
Generationen hingegen antworten erst gar nicht und gehen schnell weiter.
In der Universität kann man von Glück sprechen, wenn einem auf Englisch
geantwortet wird. Ich konnte jedoch nie beobachten, dass eine Konversation auf
Englisch geführt wurde; ob es in der Administration sei oder anderen Instanzen, die
zur Bewältigung von Problemen dienen. Generell wurden natürlich alle Vorlesungen
auf Französisch gehalten, die Literatur wich nicht von der französischen ab und auch
standen besonders französische Theorien im Vordergrund.
Wohnen & soziale Kontakte:
In Paris wohnte ich in einer sehr zentral-gelegenen Wohnung (5. Arrondissement).
Dort hatte ich ca. 20 Quadratmeter zur Verfügung, die einem sehr groß vorkamen.
Dies hatte als Grund, dass sie sehr gut geschnitten und mein Sofa ein ausklappbares
Bett war. Ich hatte alles was ich brauchte: eine große Küche, ein sauberes
Badezimmer und ein schönes Wohn-/Schlafzimmer. Die Wohnung bekam ich über
Freunde meiner Eltern, die die Wohnung an Studenten vermieteten. Ich kann von
Glück sprechen, dass die Wohnung zu meinem Einzug frei geworden ist, da der
Wohnungsmarkt in Paris sehr schlecht ist. Wohnungen sind teuer und klein, wie ich
auch an den Wohnungen meiner Freundinnen feststellen konnte. Obwohl ich die
Wohnung über Freunde bekam, war sie sehr teuer (ca. 750 Euro warm). Auch konnte
ich in zehn Gehminuten zum Hauptgebäude der Sorbonne gelangen. Anders war es,
wenn ich zu einem anderen Gebäude der Sorbonne musste, welches in meinem Fall
meist „Malherbes“ im Norden von Paris war, da die Universität keine Campus-Uni ist.
Insgesamt konnte ich alle Sehenswürdigkeiten im Zentrum Paris gut zu Fuß erreichen.
Auch waren die Universitätswohnheime nicht weit von meiner Wohnung entfernt,
sodass mich oft viele Freunde besuchen kamen.
Wie bereits erwähnt, war es in Paris sehr einfach soziale Kontakte zu knüpfen, da alle
recht aufgeschlossen und freundlich waren. Insgesamt habe ich aber meistens nur mit
meinen französischen Freundinnen Ausflüge unternommen, da wir alle Kurse
gemeinsam belegten und ein eingespieltes Team waren. Auch kann ich jedem
Auslandsstudenten raten, so viel wie möglich mit den einheimischen Studenten zu
unternehmen, wenn dies möglich ist. Diese kennen sich in der Stadt am besten aus,
haben wiederum andere Kontakte und wer gäbe die französische Kultur näher, als
Franzosen selbst?
Zurückblickend war Paris für mich die beste Wahl, die ich innerhalb meines
Studiengangs treffen konnte. Das Leben, welches man hier führen kann, ist durch
nichts zu ersetzen: die Bekanntschaften aus aller Welt, das kulturelle Angebot, das
Großsstadt- und Universitätsleben.
Ich hätte es mir in keiner Stadt schöner ausmalen können: die Zeit, die ich hier
verbringen dufte, war eine der spannungsreichsten und erfolgreichsten für meine
Persönlichkeit und meinen späteren Werdegang.