Auf der Suche nach einem authentischen Bild der Frau aus Nazareth

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Auf der Suche nach einem authentischen Bild der Frau aus Nazareth
www.donbosco.at
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Auf der Suche nach einem authentischen Bild der Frau aus Nazareth (2)
Sr. Ulrike Weiß FMA, Baumkirchen
Im ÖKUM 2010, Heft 4 (S. 9-11) schrieb Sr.
Ulrike Weiß grundsätzliches zur biblischen
Gestalt Maria, der Mutter Jesu: Maria in
der Bibel und in der Theologie, über das
Marienbild im Wechsel der Zeiten und
gab Anregungen für die unterrichtliche
Praxis zum Thema „Maria“ in der 2. Klasse
Volksschule.
Sie ging aus von der Beobachtung, dass die meisten
Schwierigkeiten mit der Gestalt Marias vor allem erwachsene
Christinnen und Christen von heute haben. Und den
Schülerinnen und Schüler von heute ist ein Marienbild, das aus
übertriebenen Frömmigkeitsformen herrührt, ebenso fremd
wie dogmatische Glaubenssätze über Maria. Gerade darin
besteht die Chance der heutigen Zeit: Jungen Menschen fällt es
leichter, einen Zugang zu einem unverfälschten Marienbild zu
finden, das dem der Bibel entspricht. (JS)
Die zweite Grunderfahrung des Feierns wird im gegenseitigen
„Füllen eines Kruges“ nachempfunden. Durch das Leeren und
Füllen der Krüge wird das Empfangen und Geben eingeübt.
Das Empfangen entspricht dem Kind besonders, weil es
der Grund seines Lebens ist, es wird ihm alle unbewusste
Sehnsucht erfüllt, indem es empfängt.
Der Krug wird mit allen Sinnen wahrgenommen und
im leibhaften Umgang als ein Gefäß erfasst, das etwas
Wesentliches unseres Lebens zum Ausdruck bringt. Auf
diese Weise kann das symbolische Schauen und Denken des
Kindes angeregt und gestärkt werden.
Anregungen für die unterrichtliche Praxis zum Thema
„Maria“
Mit solchem elementaren Tun und Nachvollziehen von
Grunderfahrungen des Lebens wird die Begegnung mit Jesus
und Maria auf der Hochzeit zu Kana vorbereitet. Es werden
bereits wesentliche Grundhaltungen Marias eingeübt. So
wird der Raum bereitet, um für Gottes Wort offen zu werden,
das Wirken Jesu zu schauen und über das Wunderbare des
Heils, das er schenken will, zu staunen.4
Die zwei ausgewählten Bibeltexte („Magnifikat“ und
„Hochzeit zu Kana“) entsprechen nicht den gewohnten
traditionellen Zugängen zu Maria im Religionsunterricht.
Sie bringen jedoch das biblische Bild der „Schwester im
Glauben“ in besonderer Weise zum Ausdruck.
Die Arbeit mit dem „Magnifikat“ wurde in ÖKUM 2010/Heft 4
am Beispiel vom Schulbuch „Du machst mein Leben schön.
Religion 2“ für die Volksschule aufgezeigt. Die biblische
Erzählung von der „Hochzeit zu Kana“ wird aufgrund der
„sinnorientierten ganzheitlichen Pädagogik“ nach Franz
Kett1 erarbeitet.
Die biblische Erzählung der Hochzeit zu Kana (Joh 2,1-12)
Eine Annäherung an Maria nach dem religionspädagogischen
Ansatz von Franz Kett
Hinführung der Kinder zur Erzählung der Hochzeit zu Kana2
In zwei kleinen Einheiten werden Grunderfahrungen
des Feierns „erinnert“. Im Symbol des Blumenkranzes
verdichten sich Erfahrungen, die Kinder für ihr Leben
suchen und brauchen: Einheit, Geborgenheit, Frieden,
Freude, Verbundenheit von Hand zu Hand. Er ist Zeichen der
Lebensbejahung und der Freude am aufblühenden Leben. Auf
vielfältige Weise wird mit den Kindern die Einheit „Wir binden
einen Blumenkranz“ gestaltet: Mit ihren Händen können sie
gestalten, mit Gesten Blumen darstellen, sich im Kreis zu einem
Kranz verbinden, mit einfachen Liedversen die Erfahrung
ausdrücken und vertiefen, eine brennende Kerze kann an
die verbindende Mitte, die Gegenwart Jesu erinnern, u. a. m.
Wichtig ist, dass Bedingungen geschaffen werden, in denen
die Kinder ganzheitlich die Erfahrung von Einheit und Freude
nachvollziehen können.3
1 Franz Kett aus Gröbenzell (D) ist Gründer und Schriftleiter der Zeitschrift „Religionspädagogische
Praxis“, Landshut.
2 Vgl. Kett, F.: Die Hochzeit zu Kana. S. 14-23.
3 Vgl. Kett, F.: Wir binden einen Blumenkranz. S. 3ff.
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Für den, der in einer offenen Haltung da ist, der achtsam
wartet, der bereit ist, zu empfangen - für den wird das
gewöhnliche Wasser kostbar. Dieser Mensch lernt staunen
und ‚Unfassbares’ aufzunehmen, auch wenn er es nicht ganz
‘fassen’ kann.
Der Anlass des Festes, um das es uns geht, ist eine Hochzeit.
Zwei Menschen feiern ihr Ja zu dem anderen. Auch dieser
Verbindung entsprechen die ‚marianischen’ Grundhaltungen
des Empfangens und Gebens (Symbol Krug), nicht des
gewaltsamen Eroberns und Besitzens. Das hochzeitliche Ja ist
das dankbare Empfangen des kostbaren anderen Menschen,
der dem einen entspricht. So wird das Leben beider zur
Einheit (Symbol Blumenkranz) abgerundet.
Die Kinder sind nun für die biblische Erzählung der Hochzeit
von Kana vorbereitet. Sie werden auch das Besondere, das
den Rahmen einer normalen Hochzeit übersteigt, hören.
Gedanken zur biblischen Erzählung von der Hochzeit zu
Kana
Dass Maria, die Mutter Jesu, bei der Hochzeit dabei ist, wird
ausdrücklich zuerst gesagt. Hinzugefügt wird noch, dass
auch Jesus und seine Jünger eingeladen waren. Von diesen
genannten Personen her wird die Hochzeit interessant. Das
Brautpaar selbst hat keinen Namen.
Nun geschieht etwas, das nicht vorkommen darf, der Wein
geht aus. Doch Maria nimmt es rechtzeitig wahr, bevor eine
Panik ausbricht, und sagt es Jesus: „Sie haben keinen Wein
mehr“ (Joh 2,3b). In diesem schlichten Aussprechen dieser
Notsituation, das nicht Betteln oder Zagen ist, zeigt sich das
feste Vertrauen Marias auf Jesus.
Die Antwort Jesu: „Was ist mir und dir, Frau?“ (vgl. Joh 2,4) ist
schwer zu übersetzen. Sie kann aber eher als ein Verstehen
Jesu aufgefasst werden, und weniger als eine Zurückweisung
4 Vgl. Kett, F.: Wir füllen einander die Krüge. S. 10
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der Mutter: Ich habe verstanden. Was ist deine Aufgabe,
was ist meine? Meine Stunde ist noch nicht gekommen
(vgl. Joh 2,4b). Maria versteht die Antwort Jesu als Auftrag,
der darin besteht, sich für seine Stunde bereitzuhalten. Sie
überlässt Jesus die Stunde und ist dennoch voll Erwartung
und Bereitschaft. Sie bereitet sich und die anderen auf seine
Stunde vor.
Daher sagt sie zu den Dienern: „Was er euch sagt, das tut!“
(Joh 2,5b)
Als Jesus dann die Diener auffordert, die Krüge mit Wasser zu
füllen, gehorchen sie, vorbereitet durch Maria. Sie tun damit
ihre alltägliche Arbeit und schleppen an die 600 Liter Wasser.
Im vertrauenden Handeln schöpfen sie dann das Wasser,
und bringen es dem Speisemeister. Dieser kostet es, und das
Wasser ist in Wein verwandelt.
Bedenken mit dem Hinweis auf den Heiligen Geist.
Welch ein Trost, wenn ich mir die Botschaft des Engels zu
Herzen nehme.
Welch ein Trost, wenn ich mich von den Zusagen Gottes
beflügeln lasse.
Welch ein Trost, wenn ich geschehen lassen kann, was Gott
mit mir vorhat.“
(Paul Weismantel)
Zu dem Vertrauen Marias kommt das nicht weiter fragende,
hörende Handeln, das sich auf das Wort Jesu einlässt im
treuen Erfüllen eines alltäglichen Dienstes. Damit wird der
Raum geschaffen, in dem Jesus den Anfang machen und
seine Herrlichkeit offenbaren kann.
Die Kinder begegnen in dieser Erzählung Jesus und Maria auf
einem Hochzeitsfest, einem Fest der Freude. Sie erleben die
undramatische, aber wirksame Sorge und den vertrauenden
Glauben Marias.5
Maria im Bild entdecken
In den Religionsbüchern der Volks- und Hauptschule
begegnen wir immer wieder Bildern von Maria. Hier wird
(nach dem Weihnachtsbild in ÖKUM 2010/Heft 4 - Red.) ein
weiteres Marienbild aus dem Schulbuch Religion 2 für die
Volksschule vorgestellt.
Das Verkündigungsbild von R. H. Eisenmenger ist eine in
der Kunst einmalige Darstellung. Maria - in einem für sie
ungewohnten leuchtend roten Mantel - wird von dem vom
Himmel kommenden Engel, der ihr die frohe Botschaft bringt,
zärtlich umfasst. Die beiden Gestalten leiten zusammen mit
dem Spiel der Hände den Blick des Betrachters auf die beiden
Gesichter und weiter auf Mund und Ohr, die das Zentrum des
Geschehens sind.“
Auch wir sind aufgerufen, hörend das Wort Gottes
anzunehmen, und es in unsere Umgebung hinein lebendig
werden zu lassen.
„Unzählige Bilder in der Kunst haben sich von diesem
geheimnisvollen Geschehen der Verkündigung (Lk 1,2628) anregen lassen und das Gespräch zwischen dem Engel
und Maria auf ihre je eigene Weise phantasievoll ausgemalt.
Die Bilder wollen uns nur helfen, das Unvorstellbare und
Unerklärbare glauben zu können. Sie wollen dem Geheimnis
der Verkündigung und Menschwerdung im Herzen Raum
geben. Gläubige Menschen betrachten betend im „Engel des
Herrn“ und im Rosenkranz das Gespräch Marias mit dem
Engel. Gabriel als der Einfall Gottes im Leben Marias bringt
ihr die Zusage ihrer Berufung, weil Gott es so will, und sie
dafür empfänglich ist. Gabriel als die große Liebeserklärung
Gottes an Maria überwindet ihr Erschrecken und ihre
Religion 2, S. 31: Rudolf Hermann Eisenmenger,
Maria Verkündigung, Österreichische Galerie, Belvedere Wien.
Arbeit zum Bild:
Mit den Kindern im Bild von Eisenmenger die Zärtlichkeit, die
Behutsamkeit der Berührung entdecken. Das Leise in diesem
Bild herausfinden: Gott will berühren. Gott ist ganz leise (vgl.
Elija, 1 Kön 19,12f ). Die Mitte des Bildes suchen lassen und
entdecken: Sie ist dort, wo Himmel und Erde sich berühren,
dort, wo Irdisches sich von Himmlischem berühren lässt, wo
die Botschaft des Engels gehört wird. Den Gruß des Engels an
Maria in die heutige Sprache übersetzen. Etwa: Hallo Maria!
Gott mag dich! Du bist ganz geborgen in seiner Hand. Er segnet
dich. Du bist ein Schatz. In dir wächst ein kostbarer Schatz …
Buchtipp
God for You(th). Das Benediktbeurer Liederbuch. Hrsg.
v. der Deutsche Provinz der Salesianer Don Boscos. Don
Bosco Verlag. ISBN 978-3-7698-1789-8. € 16,90
560 Neue Geistliche Lieder – auch mehrstimmig – von
Studierenden aus Benediktbeuern, dem Zentrum der
Jugendpastoral in Deutschland, getestet und zusammengestellt und für Gottesdienst, internationale Begegnung
oder Gruppenstunde aufbereitet. (BS)
5 Vgl. Kett: Die Hochzeit zu Kana. 14ff. Hier finden sich auch Anregungen für die praktische Arbeit
mit Kindern.
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