Baba Jaga

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Baba Jaga
Baba Jaga
Baba Jaga fliegt auf ihrem Mörser. Iwan Bilibin, 1899
Baba Jaga (russisch Ба́ ба-Яга́ ), regional auch Baba Roga, Baba Zima und Ježibaba ist eine bekannte Figur aus
der slawischen Mythologie, die vor allem in Ländern mit Hütte auf Hühnerbeinen. Iwan Bilibin, 1899
mehrheitlich slawischer Bevölkerung eine sehr populäre
Märchengestalt ist.
• Jaga baba (slowenisch)
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• Ježibaba (tschechisch und slowakisch)
Herkunft der Bezeichnung
• Язі-Баба (ukrainisch)
• Baba Zima (serbokroatisch)
Das Wort Baba bezeichnet in den meisten slawischen
Sprachen eine alte Frau (oft abwertend) oder einfach eine
Großmutter. Jaga ist auch eine polnische Abkürzung des
weiblichen Vornamens Jadwiga. Roga heißt so viel wie
die Gehörnte. Zima meint die Kalte bzw. Kaltherzige.
• Baba Roga (serbokroatisch)
• Баба Рога (mazedonisch)
Kursiv: Sprachen mit mehreren Bezeichnungen
1.1
Bezeichnungen in den einzelnen slawischen Sprachen
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Deutung
• Baba Jaga (polnisch, tschechisch, slowakisch,
Bei oberflächlicher Betrachtung ähnelt die Baba Jaga der
serbokroatisch)
westeuropäischen Hexe, wie der in Hänsel und Gretel.
• Баба-Яга (ukrainisch, russisch, bulgarisch, Über die Deutung der Baba Jaga gibt es zahlreiche Speweißrussisch)
kulationen insbesondere von esoterischer Seite, die in ihr
• Баба Јага (serbokroatisch, mazedonisch)
eine Muttergöttin erkennen will.
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IM MÄRCHEN
wie ihr eigenartiges Haus auf Hühnerbeinen weisen darauf hin, dass sie früher eine slawische Totengöttin war,
die die Toten in die Nachwelt begleitet hat.
3 Im Märchen
Samisches Lagerhaus, Stockholm, Schweden, als Vorbild der
„hühnerbeinigen“ Hütte.
Nicholas Roerich, "Изба смерти" (“Hütte des Todes”, Zeichnung, 1905), eine künstlerische Darstellung der Bestattungsriten
der frühen Slawen
Die Baba Jaga ist der ebenfalls slawischen Waldfrau ähnlich, allerdings ist die Waldfrau meist jung und schön.
Wie die Waldfrau gilt sie als unberechenbar und sehr gefährlich. Die Baba Jaga könnte eine alte und von der Einsamkeit und Zauberei verrückt gewordene Waldfrau sein.
In manchen ost- und südostslawischen Märchen gibt sich
die Waldfrau als unglückliche Tochter namens Marinuschka (Marina) der Baba Jaga aus.
Baba Jaga gilt auch als das dritte Mitglied einer dreifaltigen Göttin, bestehend aus der Jungfrau, der Mutter und
dem alten Weib. Sie ist für den Tod und die Wiedergeburt zuständig. In manchen Erzählungen lebt sie mit zwei
Schwestern zusammen, die den gleichen Namen tragen.
Gemeinsam bilden sie also die komplette Göttin: Jungfrau, Mutter und altes Weib. Stirbt eine der Schwestern
durch das Schwert oder durch Feuer, so besprenkeln die
anderen beiden sie mit dem „Wasser des Todes“. Dadurch
heilen ihre Wunden und sie steht von den Toten wieder
auf. Baba Jaga wird deshalb auch oft als Hüterin der Wasser des Lebens und des Todes bezeichnet.
Das moderne Sichtbild (nach der Christianisierung der
Slawen) bezieht sich mehr auf den europäischen Begriff
„Hexe“ (Krautfrau, Heilerin mit Zauberkräften). In dieser Sichtweise taucht sie auch in den meisten von den
Sammlern im 19. Jahrhundert festgehaltenen Märchen
auf, als durchweg bösartige Gestalt.
In alten Märchen lebt die Baba Jaga sesshaft (etwa in
einem Tal oder in einem Waldabschnitt) und kann ihre Unterkunft nicht verlassen, weil ihre Zauberkraft mit
dem Ort verbunden ist. In späteren vorchristlichen Märchen bewegt sie sich sehr schnell zu Fuß und ist nur an
bestimmte natürliche Landesgrenzen gebunden (Flüsse,
Berge, Wälder, Täler). In Märchen nach der Christianisierung bekam die Baba Jaga einen Besen, eine schwarze
Katze und steht – wie die Hexen – im Bunde mit dem
Teufel. Das Christentum begann im Mittelalter die heidnischen Sagen, unter anderem die Sagengestalt Baba Jaga, abzuwerten. So wird aus der machtvollen, klugen alten
Frau eine böse, unheimliche Frau, die mit dem Teufel im
Bunde steht. Teilweise wird sie sogar als die Großmutter
des Teufels bezeichnet.
In den variantenreichen Geschichten erscheint Baba Jaga
einerseits als eine magere und hässliche alte Hexe mit eisernen Zähnen, die im Wald lebt. Sie isst Menschen und
dekoriert ihren Gartenzaun mit deren Schädeln. Andererseits tritt sie auch als helfende Gestalt auf, die gute Ratschläge erteilt oder kostbare Geschenke macht. Sie wohnt
in einer Hütte, die auf Hühnerbeinen steht. Manchmal
heißt es sogar, dass sie damit die sterbenden Menschen
verfolgt und schließlich zu sich holt. Oft wird das Häuschen auf Hühnerbeinen als Hütte ohne Eingang beschrieben. Es dreht sich nur bei einem bestimmten Wort um
und hat dann eine Eingangstür. In anderen Geschichten
reitet sie auf einem eisernen Ofen, der auf Hühnerbeinen läuft. Sie kann auch in einem Mörser fliegen, den sie
mit dem Mörserstößel lenkt, und sie verwischt ihre Fußspuren mit einem Besen. Häufig gilt sie als Mutter von
Koschtschei dem Unsterblichen.
Der Beiname Baba Jagas, Kostjanaja Noga (d. h. „Knochenbein“), ihr Gebrauch des Besens und des Mörsers so- In
späteren
ukrainischen,
weißrussischen
und
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ostpolnischen Märchen tritt die Baba Jaga als gestaltänderndes, weibliches Wesen auf, das dem Teufel
als Untertan bzw. Seelenfänger dient. Dabei spielt der
Kampf zwischen den treuen Christen (meist männlich)
und der hinterlistigen Hexe (Vedjma; Wiedźma), die
versucht, in der Gestalt einer hilflosen Frau auf den
Rücken des Protagonisten zu springen, um ihn dann
zu Tode zu hetzen (buchstäblich zu reiten) oder ihn
mit Hilfe von Illusionen vom Glauben abzubringen, die
zentrale Rolle in den Sagen über die Baba Jaga. Auch in
alten slowenischen Sagen, z. B. aus Windisch-Bleiberg
in den Karawanken, spielt die Barba eine Rolle als
Unruhestifterin und Zauberin, die aber auch in sonst
ausweglosen Situationen helfen kann.
In modernen Märchen und Erzählungen lebt Baba Jaga
als normale Frau (meistens als Schwiegermutter, Großmutter, Mutter oder die Frau des Dorfältesten) unter den
Menschen und wird nur nachts bzw. bei Vollmond als böse offenbar.
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In der Musik
schaftlichen Forschungsinstitut für Magie und Zauberei“ in dem phantastischen Roman Der Montag fängt
am Samstag an der Brüder Strugazki. Die Märchen um
Baba Jaga finden im Barrayar-Zyklus der amerikanischen Science-Fiction-Autorin Lois McMaster Bujold
als Lokalkolorit des hauptsächlich von russischstämmigen Siedlern kolonisierten Planeten Barrayar Erwähnung.
In der modernen Kinderliteratur taucht die Baba Jaga in den „Abenteuern des starken Wanja“ von Otfried
Preußler und den Kurzgeschichten „Taschi“ der australischen Autoren Anna und Barbara Fienberg auf, in letzteren als menschenfressende Hexe. Auch in der FantasyGeschichte „Im Land der Tajumeeren“ der deutschen Autorin Nina Blazon spielt sie eine Hauptrolle, allerdings als
verschroben mürrische Alte mit gutem Herz. Auch in Kai
Meyers Roman „Der Schattenesser” tritt sie als bösartige, den Menschen für ihre Zwecke manipulierende und
menschenfressende Hexe auf. In den Hellboy-Comics des
amerikanischen Zeichners und Autors Mike Mignola ist
sie eine der Gegenspielerinnen des Protagonisten.
6 Im Theater
Der russische Komponist Modest Mussorgski hat den
Flug der Baba Jaga auf dem Mörser in seinem berühmten Klavierzyklus Bilder einer Ausstellung verewigt. Als
Vorlage dienten ihm Bilder des Malers Viktor Hartmann
(1834–1873). Die britische Rockband Emerson, Lake
and Palmer hat in ihrem Live-Album Pictures at an Exhibition Mussorgskis Klavierzyklus neu interpretiert und
The Curse of Baba Yaga hinzugefügt. Anatoli Ljadow
portraitierte die Baba Jaga in einer sehr kurzen, aber
äußerst effektvollen symphonischen Dichtung, op. 56.
Baba Jaga erfreut sich in Europa recht großer Bekanntheit. So wurde das Märchen als Abenteuer im Zauberwald, in dem die Hexe den Antagonisten spielt, bereits
1964 verfilmt. Eine weitere Adaption des Märchens wurde für das Theater geschrieben, indem Rainer König die
Hauptrolle der Hexe spielt. Inzwischen gibt es vier weitere Fortsetzungen des Stückes, eine fünfte wird im September 2014 uraufgeführt.[2]
Pjotr Iljitsch Tschaikowski nannte ein Stück in seinem
Kinderalbum für Klavier ebenfalls “Baba Jaga”.[1]
7 Literatur
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In der Literatur
• Nikolai W. Nowikow, Baba-Jaga. In: Enzyklopädie
des Märchens 1 (1977), S. 1121–1123
• Elizabeth Warner, Russian Myths. London 2002,
ISBN 0-7141-2743-4 Rezension
• Andreas Johns, Baba Yaga: The Ambiguous Mother
and Witch of the Russian Folktale. Peter Lang, New
York 2004, ISBN 0-8204-6769-3 (nicht eingesehen)
8 Weblinks
Commons: Baba Jaga – Sammlung von Bildern,
Videos und Audiodateien
Baba Jaga aus dem Märchen über drei Zarenjungfern und über
Ivaschka, den Pfaffensohn. Iwan Bilibin, 1911
Baba Jaga und ihre Hütte gehören zum „Naturwissen-
• Russian Fairy Tales
• Polnische Märchen und Legenden
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Einzelnachweise
[1] Peter Iljitsch Tschaikowsky – Kinderalbum op. 39 für
Klavier. universaledition.com. Abgerufen am 11. Mai
2011.
[2] Geschichte:
geschichte
www.http://hexe-babajaga.de/?p=
EINZELNACHWEISE
5
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10.1
Text- und Bildquellen, Autoren und Lizenzen
Text
• Baba Jaga Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Baba%20Jaga?oldid=134009627 Autoren: Jed, Aka, WolfgangRieger, Arved, Elya, Asthma, Zwobot, Markus Schweiß, Schuetzm, Mira, Akeuk, Zebbo, Mike Krüger, Ashnak, Piolinfax, Chigliak, Aineias, Feinschreiber, RalfG.,
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Bilder
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