Europa Projekte via Internet - Donau-Online

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Europa Projekte via Internet - Donau-Online
Susanne Meir
Europäische Begegnungen via Internet – Wege der virtuellen
Zusammenarbeit von Schulklassen
1. Vorbemerkungen
Die Begegnung und der innereuropäische Austausch von Schulklassen gewinnen in Schule
und Unterricht eine immer stärkere Bedeutung. Über den Kontakt mit Schülerinnen und
Schülern anderer Länder kann die Bearbeitung europäischer Themen mit Leben gefüllt
werden. Die Vielfalt Europas wird im länderübergreifenden Austausch für Schülerinnen und
Schüler konkret, besser fassbar und begreifbar. Virtuelle Lernumgebungen oder Social
Communities bieten dabei vielseitige Gelegenheiten, die multinationale Zusammenarbeit von
europäischen Schulklassen beziehungsweise den Aufbau von Schulpartnerschaften zu
unterstützen. So halten beispielsweise die Plattformen Moodle oder eTwinning neben Foren
und Chat-Räumen interessante Angebote zur Gestaltung und Aufbereitung von (Unterrichts)Inhalten bereit und erleichtern damit die Umsetzung eines „europäischen Dialogs“ im
Klassenzimmer. Nicht zu vergessen sind Social Communities wie zum Beispiel Facebook,
die den Austausch ergänzen und erweitern können. Im Folgenden wird die Organisation und
Ausgestaltung länderübergreifender Begegnungen anhand multinationaler Projekte
vorgestellt und durch Hinweise für die Umsetzung gelingender Kooperationen in virtuellen
Lernumgebungen ergänzt.
2. Länderübergreifende Internetprojekte als Wege der Begegnung
Seit 2002 organisiert die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (LpB) in
Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg und
dem Europa Zentrum Baden-Württemberg länderübergreifende Projekte für Schulklassen
(vgl. Tabelle 1). Im Vordergrund der innereuropäischen Begegnung der Schulklassen stehen
sowohl der Austausch der Schülerinnen und Schüler zu europäischen Themen als auch die
Stärkung der länderübergreifenden Zusammenarbeit der Lehrkräfte sowie der Auf- und
Ausbau von Schulpartnerschaften. Bei der Organisation der Projekte liegt ein deutlicher
Schwerpunkt auf der Zusammenarbeit baden-württembergischer Schulen mit Schulklassen
aus Mittel- und Osteuropa, um damit den Blick der deutschen Schülerinnen und Schüler für
Mittel- und Osteuropa zu öffnen sowie den Unterricht der deutschen Sprache in eben diesen
Ländern zu unterstützen. Die Osterweiterung der Europäischen Union (EU) war Gegenstand
des ersten Projekts im Jahr 2002 mit Schulklassen aus Baden-Württemberg, Polen,
Tschechien und Ungarn. Über den Austausch im Internet hatten die Schülerinnen und
Schüler die Gelegenheit, die Erweiterung aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten
und in Chats und Foren kontrovers zu diskutieren. Nach dem Erfolg dieser ersten virtuell
organisierten Begegnung schlossen sich in den folgenden Jahren weitere Projekte an.
Tabelle 1: Multinationale Projekte
2002
2003
2004
2005
2007
2008/2009
2011
Europ@ Online – Die Zukunft Europas
Länderübergreifendes Projekt mit Bürgerinnen, Bürgern, Schulklassen und
Studierenden aus Polen, Ungarn, Tschechien und Baden-Württemberg
Europa im Aufbruch – Die Europäische Union vor der Osterweiterung
Länderübergreifende Lehrerfortbildung mit Lehrerinnen und Lehrern aus Polen,
Tschechien, Ungarn, Slowenien, Slowakei, Rumänien und Baden-Württemberg
Die Zukunft Europas
Länderübergreifendes Rollenspiel mit Schulklassen aus der Slowakei , Polen,
Tschechien und Baden-Württemberg
Gemeinsame Werte für ein gemeinsames Europa
Länderübergreifendes Rollenspiel mit Schulklassen aus Baden-Württemberg,
Polen, Ungarn, Slowakei, Tschechien
Brauchen wir eine europäische Verfassung?
Avons-nous besoin d`une constitution pour l`Europe? Binationales
Internetprojekt mit 17 Schulklassen aus Baden-Württemberg und Frankreich
Europa begegnen – Europa wählen
Länderübergreifendes Projekt im Vorfeld der Europawahlen 2009 mit 43
Schulklassen aus Baden-Württemberg, Frankreich, Tschechien, Polen, Ungarn,
der Slowakei, Bulgarien und Rumänien
Don@u Online
Länderübergreifendes Projekt im Rahmen der Donauraumstrategie mit 43
Schulklassen aus Deutschland, Österreich, Slowakei, Tschechien, Ungar n,
Kroatien, Serbien, Slowenien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien und
Rumänien
3. Das Projekt Don@u Online als Beispiel einer länderübergreifenden Zusammenarbeit
Don@u Online wurde als länderübergreifendes Projekt mit 43 Schulklassen aus elf
Donauanrainerstaaten 2011 im Rahmen der Donauraumstrategie der Europäischen Union
durchgeführt. Im Vordergrund des Projekts standen die Begegnung und der Austausch der
Schulklassen, die Förderung der länderübergreifenden Kooperation der Lehrkräfte im
Donauraum sowie der Aufbau von Schulpartnerschaften. Das Projekt startete mit einer
Einführungsveranstaltung für die beteiligten Lehrkräfte in Donaueschingen und wurde daran
anschließend durch die trinationale virtuelle Zusammenarbeit der Schulklassen von Oktober
bis Dezember 2011 fortgesetzt und mit Donau-Camps für die Schüler in Sofia (Bulgarien),
Baja (Ungarn) und Ulm im Sommer 2012 abgeschlossen.
3.1 Ablauf und Umsetzung des Donau-Projekts
Die Struktur des Projekts orientierte sich analog zu den Schwerpunkten des Projekts an der
Förderung der trinationalen Begegnung sowie Zusammenarbeit der Schulklassen und Lehrkräfte.
Thematisch stand der Donauraum im Mittelpunkt. Vor diesem Hintergrund wurden
Themenbausteine zur Energiegewinnung, zu Umwelt, Wirtschaft, Geschichte und Gesellschaft
im Donauraum erstellt und mit didaktischen Materialien ergänzt. Bei der Planung und
Organisation wurde der Fokus zunächst auf die thematische Einführung der Lehrkräfte gelegt,
die als zentrale Akteure die Begegnung der Schulklassen und Gestaltung des Unterrichts zu
realisieren hatten. Vergangene Projekte hatten immer wieder gezeigt, dass eine persönliche
Begegnung der Lehrkräfte die spätere Kooperation der Schulklassen erheblich unterstützt. Aus
diesem Grund fand auch bei diesem Projekt die inhaltliche und medientechnische Einführung der
Lehrkräfte im Rahmen einer mehrtägigen Auftaktveranstaltung in Donaueschingen statt. Ziel
dieser Veranstaltung war es, am Ursprung der Donau den Lehrkräften die Gelegenheit zu geben,
in direktem Kontakt mit den Lehrerinnen und Lehrern der Partnerklassen den Ablauf und die
Umsetzung der Zusammenarbeit in der virtuellen Lernumgebung kennen zu lernen.
Bereits in dieser Phase des Projekts wurden Teams von Schulklassen gebildet, die dann zum
Beispiel unter dem Namen „Donau Ducks“ oder „Donau-Bojen“ zusammen mit den Tutoren die
Umsetzung konkretisierten. Im Anschluss an das Treffen begann die Zusammenarbeit der
Schulklassen. Drei Schulklassen, jeweils eine aus Baden-Württemberg sowie zwei aus mittelund osteuropäischen Staaten arbeiteten mit tutorieller Unterstützung trinational über einen
Zeitraum von fünf bis sechs Wochen zusammen. Jedem Klassenteam stand ein Kursraum mit
Themenbausteinen und Kommunikationsräumen – aufbauend auf Foren und Chats in der
Lernumgebung Moodle – zur Verfügung. Die Begegnung der Schulklassen wurde durch einen
Facebook-Auftritt ergänzt.
3.2 Ein vielseitiger Einblick in das Leben an der Donau – die Zusammenarbeit der
Schulklassen
Wie sieht das Leben in Varazdin, Pécs, Banja Luka, Timisora und weiteren Städten entlang
der Donau aus? Was wird dort gegessen, welche Musik hören die Jugendlichen dort, wie
verbringen sie ihre Freizeit? Auf diese Fragen gingen die Jugendlichen beim Kennenlernen
ein. Fotos aus den beteiligten Städten und Ländern, Rezepte der regionalen Küche,
Musikvideos – verlinkt über Youtube – machten in den Foren die Runde und vermittelten
einen Einblick in das Leben der Schülerinnen und Schüler der beteiligten Partnerschulen.
Eine Ente namens „Donau Duck“ reiste zum Beispiel von Donaueschingen nach Banja Luka
und schickte eindrucksvolle Bilder von ihrer Reise an die involvierten Schulklassen. Jede
Schulklasse war für eine Etappe der Reise der Ente verantwortlich.
Einen noch tieferen Eindruck in das Leben der Donauländer vermittelten die Präsentationen,
die die Schülerinnen und Schüler zu ausgewählten Themen per Video oder als Animationen
erstellten. Das thematische Spektrum umfasste landeskundliche Präsentationen zu den
einzelnen Anrainerstaaten, Darstellungen zu Sagen und Märchen, Festen und Brauchtum,
Musik und Kunst, Sprache, Kulinarischem und Sport.
Ein weiterer Höhepunkt der Begegnung war der direkte und unmittelbare Austausch mit
einem Mitglied des Europäischen Parlaments. Bei einem Chat mit der Europaabgeordneten
Heide Rühle (Bündnis 90/Die Grünen) wirkten Schulklassen aus der Slowakei, Ungarn,
Rumänien und Baden-Württemberg mit.
4. Hinweise zur Planung und Umsetzung einer länderübergreifenden virtuellen
Begegnung
Um den länderübergreifenden Austausch von Schulklassen effizient in Schule und Unterricht
umsetzen zu können, ist es notwendig, zunächst eine gemeinsame Planung der Organisation
und der Umsetzung der verschiedenen Etappen zu entwickeln. Dazu gehören zunächst der
Aufbau einer funktionierenden Kommunikation der Lehrkräfte untereinander, die Festlegung
der Inhalte und Ziele der beabsichtigten Kooperation, die Entwicklung der Ablaufstruktur
sowie die Erstellung eines verbindlichen „Fahrplans“. Es ist unabdingbar, die Phase des
Kennenlernens, die Gestaltung des Einstiegs in die thematische Zusammenarbeit und die
Höhepunkte der Begegnung sowie den Ausklang festzulegen. In der Regel steht für die
Durchführung der eigentlichen Zusammenarbeit der Schulklassen nicht viel Zeit zur
Verfügung; es sei denn, es besteht die Möglichkeit, die Kooperation fächerübergreifend zum
Beispiel in Kombination mit einer Fremdsprache umzusetzen. Die Projekte der
Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (LpB) dauern in der Regel vier
bis fünf Wochen und sind während der Durchführung eng an die Ablaufsstruktur gebunden.
Diese gemeinsam und einvernehmlich erarbeitete Ablaufsstruktur ist ein zentrales Element
der Zusammenarbeit. Anhand der verschiedenen Etappen können die Lehrerinnen und Lehrer
gezielt den Unterricht in der Klasse mit der Kommunikation und Kooperation der jeweiligen
Partnerklasse steuern und gewährleisten. Bei jeder Etappe ist es wichtig, die Schülerinnen
und Schüler aktiv in die Umsetzung einzubeziehen und sie bereits bei der Auswahl der
Themen, der Gestaltung des Kennenlernens und Planung der Zusammenarbeit mit ins Boot
zu nehmen.
4.1 Organisation der Zusammenarbeit der Lehrkräfte
Ideal ist es, wenn die beteiligten Lehrkräfte die Umsetzung der virtuellen Begegnung bei
einem Präsenztreffen vorab planen und organisieren. Das persönliche Kennenlernen im
Vorfeld erleichtert die praktische Umsetzung, da Absprachen und offene Fragen bezüglich
der Arbeit in und mit der Lernumgebung im persönlichen Gespräch besser geklärt werden
können. Ist ein persönliches Treffen nicht möglich, kann die Planung auch über das Internet
realisiert werden. Idealerweise wird hierfür die Lernumgebung genutzt, die für die
Zusammenarbeit der Schulklassen in Anspruch genommen wird. Es ist wichtig, dass sich die
Lehrerinnen und Lehrer in der Lernumgebung gut auskennen, da nur so die Kommunikation
und Kooperation der Schulklassen effizient umgesetzt werden kann.
4.2 Einrichtung der Lernumgebung als Basis der Zusammenarbeit der Schulklassen
Aufbauend auf den Zielen und Themen, die bei der projektorientierten Zusammenarbeit im
Vordergrund stehen, wird der virtuelle Raum der Begegnung in der Lernumgebung
eingerichtet. In der Regel werden themenorientierte Informationen und Materialien zur
Verfügung gestellt und durch Kommunikations- und Kooperationsangebote ergänzt. Für die
Kommunikation und Kooperation haben sich Foren und Chat-Räume bewährt. Während die
Foren eine stabile, nicht zeitgleiche Begegnung und Zusammenarbeit ermöglichen, geben die
Chats Raum für den spontanen und unmittelbaren Austausch der Schülerinnen und Schüler
untereinander sowie für die Befragung von Experten.
4.3 Zusammenarbeit der Schulklassen
Die Themen und die Etappen der Zusammenarbeit werden idealerweise bereits im Vorfeld
geklärt. Damit die Kooperation produktiv und effizient verläuft, ist es notwendig, sie im
Vorfeld klar zu strukturieren. Die Kommunikation mit der Partnerklasse bzw. den
Partnerklassen in den Foren kann nicht mit einer Laisser-faire-Haltung moderiert werden.
Das Verfassen der Beiträge gehört mit zu den Aufgaben der Schülerinnen und Schüler. Daher
sollte festgelegt werden, dass die Schülerinnen und Schüler auf jeden Fall Beiträge in das
Forum zu stellen haben. Denn nichts schadet einer Kooperation mehr als ein Forum, in dem
nur eine Klasse kommuniziert und vergeblich auf Antworten wartet. Neben dem
strukturierten Austausch in den Foren geben die Chats den Schülerinnen und Schülern Raum
für spontane Begegnungen. Chats gehören zum Alltag von Kindern und Jugendlichen. Soll
ein Chat gezielt als Medium für den Austausch mit einem Experten bzw. einer Expertin
genutzt werden, so ist es sinnvoll, die Umsetzung und Moderation des Chats in die Hände
der Schüler zu legen und klare Rollen sowie Aufgaben zu verteilen. Auf diese Weise kann
der Chat produktiv bei der Bearbeitung eines Themas eingesetzt werden.
4.4 Hindernisse der Zusammenarbeit
Bei länderübergreifenden Kooperationen – gerade auch im Bereich der politischen Bildung –
gilt es zu beachten, dass es das Fach Gemeinschaftskunde in den mittel- und osteuropäischen
Staaten in aller Regel nicht gibt. Das bedeutet, dass bei der Bearbeitung politischer Themen
eine große Heterogenität überbrückt werden muss. Das hat zur Folge, dass die
Kommunikation und der Austausch zu einzelnen Themen zunächst auf einem einfachen
Niveau aufgebaut wird, die Vertiefung der thematischen Arbeit jedoch lokal in der Klasse
umgesetzt werden muss. Auf diese Weise kann die Zusammenarbeit über einfache
Aufgabenfelder – wie zum Beispiel die gemeinsame Durchführung einer Befragung –
organisiert werden. Die Vertiefung der Thematik, zu der die Befragung durchgeführt wird,
wird danach vor Ort in der Klasse umgesetzt.
Virtuelle Lernumgebungen für die Umsetzung der länderübergreifenden
Zusammenarbeit
Die Lernumgebung Moodle
Die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (LpB) organisiert die
Projekte für Schulklassen mit der Lernumgebung Moodle. Moodle wird als zentrale
Lernumgebung an den Schulen Baden-Württembergs eingesetzt und steht so jeder Schule zur
Verfügung. Die Lernumgebung ermöglicht es Lehrkräften, auf einfache Weise einen
Kursraum für die Begegnung der Lehrkräfte sowie die Kommunikation und den Austausch
der Schülerinnen und Schüler einzurichten. Für die Nutzung der Lernumgebung Moodle
stehen Anleitungen für Lehrkräfte und Lernvideos im Internet zur Verfügung. Im Rahmen
der Lehrerfortbildung werden darüber hinaus zahlreiche Einführungskurse und Schulungen
angeboten.
Weitere Informationen zur Nutzung von Moodle im Unterricht: www.lehrerfortbildungbw.de
eTwinning
Auf der einfach zu bedienenden Internetplattform eTwinning können Lehrkräfte
Partnerschulen und gemeinsame Unterrichtsprojekte auswählen. Jede Partnerschaft erhält
einen eigenen geschützten „virtuellen Klassenraum“. Dort können die Schulklassen
beispielsweise per E-Mail, Chat, Blog und Dateiaustausch zusammenarbeiten. Die
Arbeitsergebnisse werden auf einer gemeinsamen Webseite präsentiert. Beim Start von
Schulpartnerschaften werden die Lehrkräfte durch individuelle Beratung, Fortbildung sowie
Unterrichtsmaterialien unterstützt.
Weitere Informationen zu eTwinning: www. eTwinning.net.
Social Media als Gelegenheit zur Ergänzung der Zusammenarbeit
Social Communities (z.B. Facebook) sowie Foto und Videoportale (z.B. Flickr oder
Youtube) und Weblogs (z.B. Wordpress) sind nur einige der zahlreichen Social MediaAngebote, die interessante Möglichkeiten für die Kommunikation und die Kooperation von
Schulklassen bieten. Während der gemeinsame interne Austausch am besten über eine
geschlossene Umgebung organisiert wird, kann die Sammlung von Dokumenten, wie zum
Beispiel Themenarbeiten der Schüler und Präsentation des Projekts, über unterschiedliche
Angebote aus dem Social Media-Bereich erfolgen.
Weitere Informationen zu den Projekten der Landeszentrale:
www.elearning-politik.de/internetprojekte_schulkassen.html