Aus Schaden wird man Klug
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Aus Schaden wird man Klug
Oktober 2009 „Aus Schaden wird man klug“ Ein 8h-Schichtsystem muss her, parallel zum bestehenden 12-Stunden-Schichtmodell! Inzwischen arbeiten wir fast 4 Jahre in der 12h-Schicht und immer mehr Kolleginnen und Kollegen erkranken unter diesen Arbeitsbedingungen. Eine echte Verbesserung tut Not! Selbst die Betriebsratsmehrheit (EFA,UZD,WFE), die als 12h-Schicht Befürworter deren Einführung zugestimmt hatte, spricht sich nun für ein weiteres Schichtmodell - mit kürzerer täglicher Arbeitszeit - aus. Bei der letzten Befragung des Betriebsrates (Herbst 2008) votierten 37% für ein AchtStundenschichtmodell! Warum brauchen wir eine Alternative zum bestehenden 12h Schichtmodell: • Es gibt inzwischen eine wachsende Anzahl KollegInnen, die bereits so kaputt gespielt sind, dass sie in diesem Schichtsystem nicht mehr arbeiten können. • Immer mehr KollegInnen merken, dass ihre Kräfte nach vier Jahren Zwölf - Stundenschicht soweit verbraucht sind, dass sie bald zur oben aufgeführten Gruppe zählen werden! • Es gibt immer mehr KollegInnen, die aus weiteren familiären, gesundheitlichen, gesellschaftlichen und persönlichen Gründen zurück in ein AchtStunden - Schichtmodell möchten. • Es gibt ein Votum von zwei Befragungen aus der Produktion, woraus die Forderung/der Bedarf nach einem Acht-Stunden - Schichtmodell als Alternative hervorgeht. Wir IG Metaller waren und sind noch nie Befürworter der 12 Stundenschicht gewesen. Inzwischen werden unsere Befürchtungen über die Folgen solcher 12h – Schichtsysteme mehr und mehr Realität! Entgegen immer wieder kehrender Gerüchte sei hier gesagt: Wir IG Metaller lehnen ein zurück zum alten Schichtmodell mit 6 Nachtschichten am Stück ab. Aus arbeitsmedizinischer Sicht sind wir für ein Modell, das „vorwärts rollierend” ist ( Früh -Spät- Nacht) und mit wenigen Nachtschichttagen in Folge. „Arbeitnehmer, die extreme Schichten leisten, können ihre Gesundheit gefährden. Sie werden müder und unaufmerksamer und tragen ein höheres Risiko für eine Herzerkrankung, Diabetes und andere Stoffwechselstörungen. Zu diesem Ergebnis kommen Studien der Cardiff University und der University of Surrey.“ „Gesundheitsbelastungen am Arbeitsplatz nehmen zu. Vor allem psychische Belastungen wie Terminhetze, Arbeitsintensität und Verantwortungsdruck in den Betrieben sind in den letzten fünf Jahren in rund 90 Prozent aller Betriebe gewachsen. Doch dagegen unternommen wird in den Betrieben zu wenig - in erstaunlich vielen Betrieben noch nicht einmal das gesetzlich Vorgeschriebene. Dies ist das zentrale Ergebnis einer aktuellen repräsentativen Befragung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung bei mehreren tausend Betriebs- und Personalräten in allen Branchen Deutschlands. Die Befragung galt der faktischen Gesundheitsbelastung und der betriebenen Belastungsprävention am Arbeitsplatz.“ Beides stammt aus: Medizinauskunft, Berliner Ärzte-Verlag GmbH, Medizinauskunft.de Eine Tatsache bleibt egal, welches Schichtsystem: Schichtarbeit ist immer eine Belastung für den Körper. In vielen Firmen gibt es heutzutage nicht nur ein Schichtmodell sondern eine Vielzahl von Modellen. Damit wird den Anforderungen des Unternehmens und den unterschiedlichen Bedürfnissen der Mitarbeiter Rechnung getragen. Organisatorisch ist es z.B. denkbar, verschiedene Teams innerhalb von Abteilungen in unterschiedlichen Schichtmodellen arbeiten zu lassen. Mit einer vorausschauenden Planung ist dies machbar. Für uns liegen die Vorteile von mehreren parallelen Schichtmodellen auf der Hand: • bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf • Verbesserung der Gesundheitsverträglichkeit • die Möglichkeit für eine älter werdende Belegschaft bzw. auch bei Veränderungen im persönlichen Umfeld, weiter in Schicht zu arbeiten. Auch wenn es scheint, dass dies alles nur sogenannte „weiche“ Faktoren sind, so sind diese keinesfalls unwichtig. Hier braucht man kaum zu erwähnen, dass die Arbeitszeitgestaltung einen entscheidenden Einfluss auf die Zufriedenheit und somit auch die Motivation der betroffenen KollegInnen und letztendlich auch auf den Krankenstand hat. Damit ergeben sich mittel- und langfristig auch für das Unternehmen nicht zu vernachlässigende Kosteneinsparungen und der Erhalt von wichtigem know how. Im Folgenden wollen wir Euch nur eine kleine Auswahl möglicher Alternativen parallel zur 12 Stundenschicht vorstellen. Bitte versteht sie als VORSCHLÄGE , die wir mit EUCH diskutieren möchten. Alle unsere Berechnungen stützen sich auf die Regelungen im alten Schichtsystem: 8,3 Arbeitsstunden pro Arbeitstag, 36 Stunden pro Woche. Modell 6/4 – 2 Früh/ 2Spät/ 2 Nacht Das bekannteste ist unser früheres Modell mit 6 Tagen Schicht und 4 Tagen Frei. Hier ein Vorschlag mit 2 Tagen Früh- /2 Tagen Spät- und 2 Tagen Nachtschicht, wie gehabt mit 30 Tagen Urlaub und ca.7 Zusatzschichten im Jahr bei 36-Stunden-Woche. A M D M D F Sa F F S S N N F F S S N N F F S S N N F F S S N N F F S S B C D N N E S S N So M D N M D F Sa So M D F F S S N N F F S S N N F F S S N N F F S S N N F F S S N M D F N Sa So M D M D F F F S S N N F F S F N Sa So S N N F S S F F M D F F F S N S N F N Wochenendoptimiertes System mit ebenfalls 5 Schichtgruppen 5 Tage Schicht (2 Früh-, 1 Spät- und 2 Nachtschichten)/ 4 Tage frei 5 Tage Schicht (1 Früh-, 2 Spät- und 2 Nachtschichten)/ 3 Tage frei 6 Tage Schicht (2 Früh-, 2 Spät- und 2 Nachtschichten)/ 3 Tage frei 5 Tage Schicht (2 Früh-, 2 Spät- und 1 Nachtschichten)/ 4 Tage frei M D M D F A B F S F S S N N N C D N N F E Sa F F F S S S N So F S N M D M D F Sa So S N S N N F F S N F S N S N N F F M F F F S S S N D F S N M D F Sa So M D F S F S S N S N N N F N N S N F F F F F S S S N Merkmale: ca.7 Zusatzschichten, 30 Tage Urlaubsanspruch Kombiniertes Modell mit Frei- bzw. Zusatzschichten M 5/4 6/3 6/3 5/4 5/4 D A M D F Sa So F F S S N N N B F F S S C S S N N D N N E M F F F D M D F Sa So M D F F S S N N N F F S S F S S N N N N F S S S N N M F F F D F Sa So M D M D F F S S N N N F F S S F S S N N N N F S S S N N F F F F S S N Merkmale: Schicht B/C: 6-3-Rhythmus, generiert ca.17 Freischichten/Jahr. Schicht A/D/E: 5-4-Grundsystem mit bis zu zwei Zusatzschichten pro Monat, um die notwendigen 226 Arbeitstage im Jahr zu erreichen. In diesen 3 Schichtgruppen wäre auch weiterhin die Möglichkeit von Teilzeit gegeben. Je nach Teilzeitquote verringert sich der Urlaubsanspruch von 30 Tagen (Vollzeit) und es können sich Freischichten oder eine geringere Anzahl von Zusatzschichten ergeben. Grundsätzliches Wird die zugrunde gelegte tägliche Arbeitszeit von 8,3h verringert, so erhöht sich die notwendige Anzahl an Zusatzschichten bzw. verringert sich die Anzahl der Freischichten entsprechend. Gleichzeitig erhöht sich der Urlaubsanspruch, da mehr Arbeitstage im Jahr zur Erreichung der vertraglichen Arbeitszeit notwendig sind. Bei allen möglichen Modellen ist nicht entscheidend, ob Zusatzschichten oder Freischichten zu planen sind. Wichtig ist, wie die Planung erfolgt - dass das notwendige Personal richtig berechnet und ausreichend geplant wird. Uns nützt kein Schichtmodell mit vielen Freischichten, wenn diese nicht auch im laufenden Jahr genommen werden können. Modelle mit notwendigen Zusatzschichten funktionieren auf Dauer auch nur, wenn diese für jeden planbar sind. Weitere -über die vertragliche Wochenarbeitszeit hinausgehende Zusatzschichten, sind nur auf freiwilliger Basis und mit der Möglichkeit zum zeitnahem Abbau zu planen. Geht nicht - gibt’s nicht Man wundert sich seit Jahren, dass der Krankenstand nicht wirklich sinkt. Wir wundern uns nicht! Apelle, mehr für die Gesundheit zu tun, Kurse zu belegen, sich gesünder zu ernähren, helfen hier nicht weiter. Die Arbeitsbedingungen müssen verbessert werden! Wir brauchen mehr Personal und Acht-Stunden – Schichtmodelle für alle KollegInnen, die diese aus familiären, gesundheitlichen und persönlichen Gründen benötigen. Dann wird sich auch der Krankenstand verringern und die Zufriedenheit der KollegInnen wieder zunehmen. Wie ihr Euch denken könnt, wartet unsere Betriebsleitung nicht darauf, uns ein entlastendes, alternatives 8h-Schichtmodell, zu „schenken“! Wir IG Metall Betriebsräte werden Euch aktuell über den Stand der Verhandlungen informieren und die Ergebnisse vor einem eventuellen Abschluß mit Euch beraten. Dass eine gut organisierte Belegschaft es immer leichter hat, etwas Positives zu erreichen, dürfte inzwischen bekannt sein! Vor einigen Monaten haben uns die KollegInnen von Schäfer IT in Dresden gezeigt, wie das erfolgreich funktioniert. Sie haben sich organisiert und gemeinsam die Schließung verhindert. Alle Arbeitsplätze wurden vom neuen Eigentümer übernommen! Anders lief es bei Qimonda. Der niedrige Organisationsgrad, der tiefsitzende Glaube in die Firmenpolitik, eine antigewerkschaftliche Betriebsratsmehrheit sowie das schwache Selbstbewußtsein in die eigene Stärke führten dazu, dass mehr als 3000 Arbeitsplätze bei Qimonda Dresden fast kampflos vernichtet wurden. Lasst uns von beiden Erfahrungen lernen! Der Mensch hat dreierlei Wege, um klug zu handeln, erstens durch Nachdenken, das ist das edelste, zweitens durch Nachahmen, das ist das leichteste, und drittens durch Erfahrung, das ist das Bitterste! (Konfuzius) Impressum: v.i.S.d.P:Willi Eisele, 1.Bevollmächtigter der IG-Metall Dresden Schützenplatz 14,01067 Dresden Tel.0351-8633-224, Fax 0351-8633-284