Josef Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff

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Josef Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Josef Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Von Gerhard Ball
Josef Freiherr von Eichendorff wurde am 10. März 1788 in Lubowitz bei Ratibor in Oberschlesien
geboren. Er starb am 26. November 1857 in Neisse, Oberschlesien.
Bis heute ist er wohl der deutsche Dichter, dessen Lieder und Gedichte am meisten von Schülern gelernt oder von Chören gesungen werden, ohne daß viele oft wissen, wer diese Verse geschmiedet hat,
oder daß die Wurzeln Eichendorffs in Schlesien liegen.
Denkt man an seine vielen Lieder und Gedichte, so ist eine der bekanntesten Fundgruben sein Roman
„Aus dem Leben eines Taugenichts“, aus welchem ich den Beginn zitieren möchte.
Das Rad an meines Vaters Mühle brauste und rauschte schon wieder recht lustig, der Schnee tröpfelte
emsig vom Dache, die Sperlinge zwitscherten und tummelten sich dazwischen; ich saß auf der Türschwelle und wischte mir den Schlaf aus den Augen; mir war so recht wohl in dem warmen Sonnenscheine. Da trat der Vater aus dem Hause; er hatte schon seit Tagesanbruch in der Mühle rumort und
die Schlafmütze schief auf dem Kopfe, der sagte zu mir: „Du Taugenichts! Da sonnst du dich schon
wieder und dehnst und reckst dir die Knochen müde und läßt mich alle Arbeit allein tun. Ich kann dich
hier nicht länger füttern. Der Frühling ist vor der Tür, geh auch einmal hinaus in die Welt und erwirb
dir selber dein Brot.“ – „Nun“, sagte ich, „wenn ich ein Taugenichts bin, so ist’s gut, so will ich in die
Welt gehn und mein Glück machen.“ Und eigentlich war mir das recht lieb, denn es war mir kurz vorher selber eingefallen, auf Reisen zu gehn, da ich die Goldammer, welche im Herbst und Winter immer
betrübt an unserm Fenster sang: „Bauer, miet mich, Bauer, miet mich!“ nun in der schönen Frühlingszeit wieder ganz stolz und lustig vom Baume rufen hörte: „Bauer, behalt deinen Dienst!“
Ich ging also in das Haus hinein und holte meine Geige, die ich recht artig spielte, von der Wand,
mein Vater gab mir noch einige Groschen Geld mit auf den Weg, und so schlenderte ich durch das
lange Dorf hinaus. Ich hatte recht meine heimliche Freude, als ich da alle meine alten Bekannten und
Kameraden rechts und links, wie gestern und vorgestern und immerdar, zur Arbeit hinausziehen, graben und pflügen sah, während ich so in die freie Welt hinausstrich. Ich rief den armen Leuten nach
allen Seiten recht stolz und zufrieden Adjes zu, aber es kümmerte sich eben keiner sehr darum. Mir
war es wie in ewiger Sonntag im Gemüte. Und als ich endlich ins freie Feld hinauskam, da nahm ich
meine liebe Geige vor und spielte und sang, auf der Landstraße fortgehend:
Wem Gott will rechte Gunst erweisen,
Den schickt er in die weite Welt,
Dem will er seine Wunder weisen
In Berg und Wald und Strom und Feld.
Dieses Gedicht wurde einst von Friedrich Theodor Fröhlich vertont. Unter Studenten und Studentenchören sind folgende Lieder bekannt – auch wir haben sie gesungen:
„Nach Süden nun sich lenken“, vertont von Paul Zoll
„In einem kühlen Grunde“, vertont von Friedrich Silcher
„Fliegt der erste Morgenstrahl“, vertont von Jürgen Bendig
„O du stille Zeit“, vertont von Caesar Bresgen
„Abschiedstafel“, vertont von Felix Mendelsohn-Bartholdy
„Der Jäger Abschied“, ebenso von Felix Mendelsohn-Bartholdy
„Tafellied (Viel Essen macht viel breiter)“, vertont von Eduard Schön – Engelsberg.
Viele bekannte Komponisten haben sich seiner Gedichte angenommen, sie vertont und bekannt gemacht.
Hugo Wolf vertonte u.a.: “Lieber alles”, “Der Glücksritter”, “Heimweh”, “In der Fremde (Da fahr’ ich
still im Wagen, Ich geh’ durch die dunklen Gassen, Wolken, waldwärts gegangen)“, „Der verzweifelte
Liebhaber“, „Liebesglück“, „Seemanns Abschied“. (Weiters noch: Der Schreckenberger, Der Scholar,
Das Ständchen, Nachtzauber, Die Zigeunerin, Der Musikant, Nachruf, Rückkehr, Waldmädchen, Die
Kleine, Verschwiegene Liebe, Der Soldat [Ist auch schmuck nicht mein Rößlein, Wagen mußt du und
flüchtig erbeuten], Der Freund, Erwartung, Unfall, Die Nacht).
Robert Schumann vertonte u.a.: „Intermezzo“, „Waldesgespräch“, „Die Stille“, „Mondnacht“, „Schöne
Fremde“, „Auf einer Burg“, „Frühlingsnacht“. (Weiters noch: In der Fremde, Wehmut, Zwielicht, Im
Walde, Heimweh, Nachtzauber).
Felix Mendelsohn-Bartholdy vertonte u.a.: „Das Waldschloß“, „Pagenlied“, „Nachtlied“, „Wanderlied“.
Robert Franz vertonte: „Gute Nacht“, „Jagdlied“.
Von Alexander Zemlinsky stammt: „Vor der Stadt“.
Aribert Reimann vertonte: „Wir ziehen treulich auf die Wacht“, „Die Vöglein, die so fröhlich sangen“,
„Vor dem Schloß in den Bäumen“, „Hörst du die Gründe rufen“, „Hier steh ich wie auf treuer Wacht“.
Erich Wolfgang Korngold vertonte: „Nachtwanderer“.
Hans Pfitzner vertonte: „Im Herbst“, „Lockung“, „Zum Abschied meiner Tochter“.
Viele Gedichte wurden von Othmar Schoeck vertont: „Nachruf“, „Waldeinsamkeit“, „Kurze Fahrt“,
„Winternacht“, „Der verspätete Wanderer“, „An die Lützowschen Jäger“, „Auf dem Rhein“. (Weiters
noch: Wandern, Sterbeglocken, Ergebung, Nachklang, Nacht, Lockung).
Hans Gebhard vertonte: „Alte Wunder wieder scheinen“, „Nacht ist wie ein stilles Meer“, „Schließ ich
nun auch Herz und Mund“, „Übern Garten, durch die Lüfte“.
Von Stephan Baekers stammen: „Der Morgen“, „Anklänge I, II“, „Frühlingsgruß“, „Abendlandschaft“,
„Elfe“.
Auch einen weiblichen Komponisten, Fanny Hensel-Mendelssohn, haben Eichendorffs Lieder zur Vertonung angeregt: „Hörst du nicht die Bäume rauschen“, „Schweigt der Menschen laute Lust“, „Schöne
Fremde“, „O Herbst“.
Wir sehen, die Liste der Vertonungen ist lang und manche Gedichte wurden von mehreren Komponisten vertont. Eichendorff war ein sprudelnder Quell, an dem sich große Tondichter gelabt haben!

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