EXPERTEN-MEETING Mammographie

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EXPERTEN-MEETING Mammographie
Prof. Dr. A. Siebenhofer-Kroitzsch
EXPERTEN-MEETING
Mammographie-Screening
Prof. Andrea Siebenhofer-Kroitzsch
Dr. Christoph Fischer
Workshop II – 03. Februar 2014
Chron. KH und Versorgungsforschung – Siebenhofer-Kroitzsch
Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Fallbericht:
 Eine 53-jährige Frau kommt an einem Mittwochabend in
die AM-Praxis. Sie war erstmals beim MammographieScreening und hat erfahren, dass ihr Befund auffällig ist.
Ein verlängertes Wochenende steht bevor!
Sie ist in großer Sorge und möchte von Ihnen wissen,
was nun zu tun ist?
Chron. KH und Versorgungsforschung – Siebenhofer-Kroitzsch
Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Zum Glück gibt es Materialien für Patientinnen …
Chron. KH und Versorgungsforschung – Siebenhofer-Kroitzsch
Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
… und für Ärztinnen und Ärzte + alles aus 2014!
Chron. KH und Versorgungsforschung – Siebenhofer-Kroitzsch
Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Und dort sind solche Informationen zu finden:
TGAM Kurzinfo; 2014 und ÖGAM – Info für HÄ; 2014
Chron. KH und Versorgungsforschung – Siebenhofer-Kroitzsch
Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Wie kommt man zu diesen Zahlen und
wie sind sie zu verstehen?
Bei einmaligem Screening
Daten aus 1,18 Millionen Mammographien aus 8 Zentren,
auf 1.000 Frauen umgerechnet:
MUG, EBM Review Center (2013) Mammographie basierte Brustkrebsfrüherkennung – Kennzahlen für eine informierte Entscheidung.http://www.frueh-erkennen.at/Fachinformationen.html
Chron. KH und Versorgungsforschung – Siebenhofer-Kroitzsch
Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Beurteilung diagnostischer Verfahren
Brustkrebs
vorhanden
nicht
vorhanden
Mammographie
TestErgebnis
Richtig pos.
positiv
A
Falsch neg.
negativ
Falsch pos.
B
A+B
Richtig neg.
C
D
C+D
A+C
B+D
A+B+C+D
Chron. KH und Versorgungsforschung – Siebenhofer-Kroitzsch
Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Beurteilung diagnostischer Verfahren
Brustkrebs
vorhanden
0 % falsch positives
Ergebnis = 100 %
nicht
Spezifität
vorhanden
Mammographie
TestErgebnis
Richtig pos.
positiv
100
Falsch neg.
negativ
0% falsch negatives
Ergebnis = 100 %
Sensitivität
0
Falsch pos.
0
Richtig neg.
99.900
A+B
100
C+D
99.900
A+B+C+D
100
99.900
(100.000)
Chron. KH und Versorgungsforschung – Siebenhofer-Kroitzsch
Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Theoretisches Beispiel:
1.000 Untersuchungen
100 mit auffälligem
Befund
900 mit
unauffälligem
Befund
890 gesund
10 krank
50 krank
50 gesund
100 werden als krank getestet, aber nur 50 sind es
tatsächlich = positiver Vorhersagewert
50/100 = 50 %
=
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Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Theoretisches Beispiel (nach Gigerenzer,
natürliche Häufigkeiten):
1.000 Untersuchungen
60 krank
50 positiv
10 negativ
940 gesund
50 positiv
890 negativ
100 werden als krank getestet, aber nur 50 sind es tatsächlich.
Positive Vorhersagewert ist __% =          
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Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Mit Hilfe der Zahlen vom EbM Review Center
Graz
 Nun bitten wir die TeilnehmerInnen, den positiven
Vorhersagewert für unsere Patientin zu errechnen:
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Unsere 53-jährige Frau:
1.000 Frauen
____ Frauen mit
unauffälligem Befund
___ Frauen ohne ___ Frauen mit
BK
BK
_____Frauen mit
auffälligem Befund
___ Frauen mit
BK
___ Frauen ohne
BK
____werden krank getestet, aber nur ____ sind es tatsächlich.
Positiver Vorhersagewert ist __% = 
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Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Unsere 53-jährige Frau (nach Gigerenzer.
natürliche Häufigkeiten):
1.000 Frauen
____ Frauen mit BK
___ Frauen mit
BK
___ Frauen
negativ getestet
____ gesunde
Frauen
___ Frauen mit
positivem Bef.
___ Frauen ohne
BK
____werden krank getestet, aber nur ____ sind es tatsächlich.
Positiver Vorhersagewert ist __% = 
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Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Unsere 53-jährige Frau:
MUG, EBM Review Center (2013) Mammographie basierte Brustkrebsfrüherkennung – Kennzahlen für eine informierte Entscheidung.http://www.frueh-erkennen.at/Fachinformationen.html
Chron. KH und Versorgungsforschung – Siebenhofer-Kroitzsch
Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Generelles zum Mammographie-Screening?
Ja/nein?
Was fragen sich die Frauen?
 Werde ich dadurch länger leben?
 Wie hoch ist mein Risiko an Brustkrebs zu
versterben?
 Was ist der Schaden?
 …
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Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Was ist Screening? – In aller Kürze
 Untersuchung von großen Bevölkerungsgruppen, um
Krankheiten in frühem Stadium aufzuspüren
 Grundannahme:
- Für die interessierende Erkrankung existiert eine Therapie, die
umso effektiver und/oder weniger aufwändig ist, je früher sie im
Krankheitsprozess angewandt wird.
- Es existiert ein Test mit hoher Diagnosesicherheit.
 Frühzeitige Diagnose + frühzeitige Therapie 
verbessertes Outcome
 Wie kann man den Erfolg von Screeningmaßnahmen
untersuchen?
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Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Prüfung der Kausalität → randomisierte
kontrollierte klinische Studie
Screening A
Bestimmte
Frauen
Zeitverlauf
Kein Screening B
E1 ?
Ergebnisse
E2 ?
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Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Prüfung der Kausalität → randomisierte
kontrollierte klinische Studie
Screening A
E ?
Systematische, transparente Zusammenfassung der
vorhandenen RCTs = systematische Reviews.
1
Personen-
Ergebnisse
Zeitverlauf
Quantitative
Zusammenfassung
gruppe
der Ergebnisse der einzelner Studien
zu einem globalen Ergebnis = Meta-Analyse
Kein Screening B
E2 ?
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Bei 50–59-Jährigen (11,4 Jahre Beobachtung)
Brustkrebssterblichkeit
Screening
kein Screening
91462
438
 Frauen mit Screening:
83088
507
438/91462
4,8 Frauen/1.000
 Frauen ohne Screening: 507/83088
6,1 Frauen/1.000
Canadian Task Force 2011
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4 Arbeitsgruppen werden gebildet:
Um in 10 Minuten für jeweils das Outcome:
−
−
−
−
Brustkrebssterblichkeit
Mast- und Lumpektomie
Radiotherapie
Gesamtsterblichkeit
die Anzahl der betroffenen Frauen mit und ohne Teilnahme
am Screening über ~13 Jahre zu berechnen.
Nachfolgend bitten wir Sie, die Ergebnisse in die Faktenbox
am vorbereiteten Flipchart einzutragen.
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Zur nochmaligen Erklärung bei Bedarf:
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Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Die selbe Patientin…
… liest die Broschüre der TGAM durch und findet den
Begriff Überdiagnose und folgende Informationen:
In der Literatur werden für die Überdiagnosen Zahlen mit einer
Schwankungsbreite von 1 bis 30 % der im Screening diagnostizierten
Brustkrebsfälle angegeben.
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Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Screeningprogramme – Overdiagnosis bias
 Detektiert Pseudoerkrankungen = Tumore, die ohne
Screening nicht klinisch auffällig (symptomatisch)
geworden wären (bevor der Patient an einer anderen
Erkrankung verstorben wäre – Pat. stirbt mit, nicht an
der Erkrankung)
 Systematische Überschätzung der (tumorbezogenen)
Überlebenszeit (überproportional mehr gutartige
Erkrankungen in der Screening-Gruppe)
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Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Beurteilung des Nutzens, siehe „Überlebensrate“
Chron. KH und Versorgungsforschung – Siebenhofer-Kroitzsch
Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Beurteilung des Nutzens
Essermann et al. JAMA 2009; 302 (15):1685-1692
Chron. KH und Versorgungsforschung – Siebenhofer-Kroitzsch
Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Was steckt dahinter:
 Rote Linie: gescreente Frauen
 Blaue Linie: ungescreente Frauen
Marmot et al, British Journal of Cancer (2013) 108, 2205–2240
Chron. KH und Versorgungsforschung – Siebenhofer-Kroitzsch
Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Frauen > 40 Jahre
23
4
112
102
94
Bleyer, NEJMed. 367;2012
Chron. KH und Versorgungsforschung – Siebenhofer-Kroitzsch
Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Ein ambitionierter Hausarzt …
 … überlegt sich, ob er mit einem Tastbefund gute
Vorarbeit leisten kann?
 2 große populationsbasierte Studien untersuchten
388.535 Frauen aus Russland und Shanghai, wobei
sich die eine Gruppe regelmäßig die Brust abtasten
sollte und die andere Gruppe nicht.
Kösters JP, Cochrane Database of Systematic Reviews 2003 (last search 2007)
Chron. KH und Versorgungsforschung – Siebenhofer-Kroitzsch
Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Selbstabtastung (SA) - Brustkrebssterblichkeit
SA
keine SA
bevorzugt Abstastung
bevorzugt keine Abtastung
Kösters JP, Cochrane Database of Systematic Reviews 2003 (last search 2007)
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Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Selbstabtastung (SA) – Biopsie – benignes
Ergebnis
SA
keine SA
Diese Untersuchung wird als ScreeningMaßnahme nicht empfohlen.
bevorzugt Abstastung
bevorzugt keine Abtastung
Kösters JP, Cochrane Database of Systematic Reviews 2003 (last search 2007)