Die einstige Pracht auf der „Weltstraße der Pelze“

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Die einstige Pracht auf der „Weltstraße der Pelze“
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LEIPZIG
Die einstige Pracht auf der
„Weltstraße der Pelze“
Am LeserteLefon
Von
Victoria Graul
Waffen, Flüchtlinge
und Drogen
H
ans Hennig (68) aus Stötteritz ist verärgert. Wie gestern in der LVZ berichtet, zeigt sich Israel entsetzt über die Einigung im Atomstreit zwischen der internationalen Gemeinschaft und dem Iran.
„Dieses historische Ereignis ist richtig.
Nun liegt es an Israel, ebenfalls seine
Atomwaffen bei der internationalen
Atomenergiebehörde unter Kontrolle zu
stellen“, so der Rentner.
Klaus Paetzsch (62) aus Mockau
sträubten sich die Nackenhaare, als er in
der gestrigen Ausgabe las, dass Sachsen
mehr als 1000 Flüchtlingskinder aufnehmen muss. „Wie wird das finanziert?
Durch das Land oder die Kommunen?“,
fragte Paetzsch und fügte hinzu: „Falls
die Kommunen Geld bereitstellen müssen, fehlte mir das Verständnis. Unseren
Jugendämtern fehlen bereits jetzt die
Mittel für die Sozialbetreuung.“
Detlef Krüger (57) aus Sellerhausen
und Lothar Müller (60) aus Connewitz gehören zu den emsigen Anrufern, die gern
nachhaken. Krüger sieht Handlungsbedarf beim Thema Drogen. „Seitdem die
Junkies im Leipziger Osten aus den zu
sanierenden Häusern vertrieben werden,
gehen sie in die Parks und auf die
Spielplätze. Warum schafft Leipzig keine
Drogenkonsumräume, die es in zahlreichen anderen Städten schon längst
gibt?“, fragte er. Müller hingegen
beschäftigt die Verkehrssituation in
Leipzig. Die Polizeikontrollen in der Karli
– vor allem die von Radfahrern – machen
ihn sprachlos. „Das ist ein Kampf gegen
Windmühlen“, schimpfte er. „An die
Verkehrsregeln hält sich in Leipzig
sowieso keiner mehr. Warum sollten es
Radfahrer tun?“
Heute von 11–13 Uhr am Lesertelefon
Ulrich Milde: 2181-1224
Ausbau B 181 – Forum
in Rückmarsdorf
Der Bürgerverein Rückmarsdorf lädt für
heute Abend 18 Uhr zu einem Bürgerforum in die Caféteria des Autohauses Saxe,
Sandberg 59, ein. Wie Vereinschef Roland
Benz mitteilte, soll es um die am 27. Juli
beginnenden Bauarbeiten an der B 181/
Merseburger Straße und die Folgen für
die Anrainer an der Umleitungsstrecke
gehen. „Sechs Wochen lang rollt die
Blechlawine durch Wohngebiete in Rückmarsdorf und Burghausen“, moniert Benz.
Dieser Umstand werfe viele Fragen auf.
Heute hoffen Benz & Co. auf Antworten
aus dem Rathaus.
dom
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DONNERSTAG, 16. JULI 2015 | NR. 163
Historikerin Doris Mundus schreibt Buch über Rauchwaren und Leipzig / Fotos von Rainer Dorndeck
Von MatHiaS orbeck
Viele sehen Pelze heute eher zwiespältig.
Vor allem Tierschützer. Leipzig ist jedoch
mit dem Handel mit Rauchwaren reich
geworden. Der Brühl, der einst „Weltstraße der Pelze“ genannt wurde, galt regelrecht als Synonym der Branche. Davon ist
heute kaum noch etwas zu spüren. Das im
Sax-Verlag erschienene Buch von Doris
Mundus „Pelze aus Leipzig – Pelze vom
Brühl“ arbeitet diese Geschichte nun eindrucksvoll auf. Im Bildband sind Fotos
von Rainer Dorndeck (1941–2011) zu sehen, der für führende DDR-Modezeitschriften Models ins rechts Licht rückte.
Seine Bilder, die gleichzeitig den Verfall
der Stadt in den 1970er- und 1980er-Jahren dokumentieren, sind derzeit auch in
einer Ausstellung im Ariowitsch-Haus in
der Hinrichsenstraße zu bewundern. Der
Pelzhandel zählt zu den ältesten Wirtschaftszweigen Leipzigs. An Brühl und
Gerberstraße – bedingt durch die Nähe
zur Parthe – siedelte sich die Branche
einst an.
Im 16. Jahrhundert handelten bedeutende Leipziger Kaufleute mit Rauchwaren. Sie holten Zobel- und Nerzfelle aus
Moskau, um sie in Leipzig zu veredeln.
Das wiederum zog russische und polnische Händler an, die ihre Waren auf
„grauen Elefanten“ transportierten – so
hießen die mit schweren Fellen beladenen Planwagen im Volksmund. Eine
Kürschner-Innung existiert bereits seit
1423. Um 1800 kamen schon weit über
1000 Pelzhändler nach Leipzig. „Besonders gute Geschäfte machten sie zur
Ostermesse, da die Winterfelle natürlich
die begehrtesten waren“, erklärt Autorin Doris Mundus. In Leipzig waren auch
amerikanische Felle zu haben, die über
London, Amsterdam oder Paris an die
Pleiße geholt wurden. „In der Mitte des
19. Jahrhunderts wurde in Leipzig etwa
ein Drittel der ‚Pelz-Welternte‘ umgeschlagen. Die Qualität der in Leipzig zugerichteten Felle war unübertroffen“, so
Mundus. Während die Messe sich ab
1895 zur Mustermesse entwickelte, war
dieser für andere Wirtschaftszweige unabdingbare Wandel so nicht möglich. Jedes Fell ist ein Unikat. „Die Käufer wollten die Ware sehen und anfassen“, so
die Autorin.
Sie mussten also weiterhin mit all ihren Waren reisen und machten so den
Weg für die weitere Entwicklung des
Brühls frei, der sich bis zum Ersten Weltkrieg zum Viertel mit moderneren und
repräsentativen Geschäftsräumen entwickelte, die riesige Lager- und Sortierräume benötigten. Seit bei der Weltausstellung 1900 in Paris ganze Kleidungsstücke aus Pelz gezeigt wurden, entwickelten sich diese vollends zum Luxusartikel.
Die Nachfrage stieg – vor allem in der
Mittelschicht, die in Pelzen ein Statussymbol sah. Das Dritte Reich beschleunigte dann allerdings den Niedergang
der Branche, der durch Weltwirtschaftskrise bereits begonnen hatte – die meisten Pelzhändler waren Juden, die durch
die Nationalsozialisten vertrieben, in die
Lager verschleppt und ermordet worden
waren. Der Bombenkrieg tat sein Übri-
Gehackte Facebook-Accounts, fingierte
Paypal-Profile und Smartphone-Fernzugriffe werden auch in Leipzig immer
mehr zum Problem. Die Polizei hat in den
vergangenen zwölf Monaten insgesamt
56 Fälle dokumentiert, bei denen Unbekannte von Usern Passwörter in sozialen
Netzwerken geknackt, Profile übernommen und dann mit Hilfe von gefälschten
Anfragen an PayPal und andere Dienste
Geld von Konten abgebucht haben.
Zuletzt musste ein 23-jähriger Messestädter am vergangenen Montag feststellen, dass er keinen Zugriff mehr auf Facebook-Profil und Google-Konto hat, dass
sogar durch den Android-Gerätemanager
per Fernzugriff sein Smartphone gesperrt
wurde. Die Ermittler gehen davon aus,
dass der junge Mann für Facebook, Google und Android-Appstore jeweils dieselben Passwörter verwendet und die Räuber somit leichtes Spiel hatten.
Noch größerer Schaden entstand den
Freunden des 23-Jährigen, die unvorsichtig auf fingierte Anfragen durch das gehackte Profils ihres Kumpels reagierten.
Sie gaben den Räubern dabei bereitwillig
ihre Handynummern heraus. Anschließend wurden damit Profile beim OnlineBezahldienst PayPal angelegt, erklärte
Polizeisprecherin Katharina Geyer gestern auf Nachfrage der LVZ.
Eine 32-jährige Geschädigte bestätigte
offenbar sogar eine folgende PayPal-SMS
an ihr Telefon und musste später feststellen, dass damit 200 Euro vom Konto abgebucht worden waren. „Darüber hinaus
gibt es auch Fälle, bei denen schädliche
Apps auf den Smartphones installiert wurden“, so Geyer weiter. Wie dies den Tätern gelungen sein könnte, werde derzeit
noch von den Ermittlern geprüft.
Die Polizeisprecherin wies gestern darauf hin, dass ein kurzes Innehalten und
Nachdenken häufig vor größerem Schaden im Internet bewahren könne. Zudem
sei es dringend ratsam, für verschiedene
Dienste im Netz auch verschiedene Passwörter, bestenfalls sogar mehrere E-MailAdressen zu verwenden.
Doris Mundus mit
ihrem im Sax-Verlag
erschienenen Buch.
Herausgeber ist die
Projektgruppe Pelze
vom Brühl. Enthalten sind eindrucksvolle Fotos von
Rainer Dorndeck,
die in den 1970er bis
1990er Jahren
entstanden.
Fotos: Rainer Dorndeck
(Sax-Verlag)/
André Kempner
ges – am 4. Dezember 1943 brannte der
Brühl nach britischen Angriffen fast vollständig nieder. Die DDR versuchte, den
Pelzhandel und das Kürschnerhandwerk
wiederaufzubauen. Von ehemals 794
Rauchwarenhändlern gab es noch 170,
die sich größtenteils in der Nikolaistraße
niedergelassen hatten. Das deutsche
Zentrum der Pelzindustrie entstand ab
1950 aber in Frankfurt/Main. In Leipzig
legte die Branche dennoch einen durchaus beachtlichen Neuanfang hin. Seit
1960 gab’s wieder die Internationalen
Rauchwarenauktionen. Ausgangs der
Achtziger waren etwa 8000 Menschen in
der Rauchwarenindustrie in Leipzig und
Umgebung beschäftigt. Hinzu kamen
106 private Kürschnermeister, die in einer Produktionsgenossenschaft vereint
waren. Ihre Konfektion war begehrt,
wurde auf internationalen Messen ausgezeichnet und sorgte so für die begehrten Devisen. Dorndeck lieferte mit seinen noch heute sehenswerten Modefotos
für das lesenswerte Buch (Gestaltung:
Ute Holstein) die bildlichen Dokumente.
Das Buch kostet 19,80 Euro.
z ISBN
978-3-86729-146-0
lung und ließ sich von einer Angestellten
noch mehrere Schachteln Zigaretten einpacken. Anschließend griff er sich weitere
Getränke und Süßigkeiten und verlangte
die Tüte von der 27-jährigen Frau. Statt
zu bezahlen, zog der Mann eine schmutzige Spritze aus der Tasche und bedrohte
die Angestellte damit. Diese gab daraufhin die Tüte heraus. Als ein Zeuge einschreiten wollte, suchte der Täter das
Weite und flüchtete in ein angrenzendes
Gewerbegebiet. Seine Beute im Wert von
etwa 160 Euro ließ er auf dem Parkplatz
eines Supermarktes zurück.
Gegen 21.30 Uhr versuchte es derselbe
Mann in Paunsdorf offenbar erneut. Auch
hier ging es dem Täter um alkoholische
Getränke und Zigaretten. Eine 19-jährige
Angestellte weigerte sich zunächst. Als
der Unbekannte erneut mit einer verschmutzten Spritze hinter den Verkaufstresen trat, händigte sie ihm jedoch die
Waren aus. Es entstand ein Schaden in
Höhe von etwa 120 Euro.
Die zwei Tankstellenmitarbeiterinnen
beschreiben den Mann als etwa 1,80 bis
1,90 Meter groß und schlank. Auffällig
war eine schwarze Tätowierung am Hals
– ein Adler als Wappen sowie die Buchstaben K und P. Im linken Ohr trug er einen roten Tunnel. Er trug einen langen,
schwarzen Pferdeschwanz, ansonsten
war der Schädel kahl. Bekleidet war er
mit einer dunkelblauen Arbeitshose, einer schwarzen Jacke, einem schwarzen
Rucksack. Alter: 25 bis 45 Jahre.
joka
Erich Zeigner – heute vor 70 Jahren wurde er OBM
Sozialdemokrat kämpfte nach dem Krieg bis zur völligen Erschöpfung für seine Stadt
Von Steffen Held
Schon die amerikanische Militärkommandantur in Leipzig wollte den promovierten
Juristen und sozialdemokratischen Widerständler Erich Zeigner im April 1945 als
Oberbürgermeister einsetzen. Doch Zeigner lehnte ab, bemühte sich aber um eine
leitende Position in der Stadtverwaltung.
In der Anstellung als Rechtsberater im
Kulturamt sah der Bildungsbürger mit
ausgeprägten geisteswissenschaftlichen
und künstlerischen Interessen einen wichtigen Aufgabenbereich, um die faschistischen Deformierungen zu beseitigen.
Nachdem am 2. Juli 1945 sowjetische
Truppen eingerückt waren, nahm Zeigner ein erneutes Angebot an und wurde
vom Militärkommandanten N. I. Trufanow am 16. Juli 1945 an die Spitze der
Stadtverwaltung gestellt. Für Zeigner
sprachen sein Wirken als sächsischer
Justizminister und Ministerpräsident in
der Weimarer Republik und die damalige Beteiligung der KPD an der Landesregierung.
Facebook und PayPal
sind betroffen
Von MattHiaS PuPPe
Unbekannter überfällt zwei Tankstellen an einem Abend
Bei zwei Tankstellenüberfällen am Dienstagabend im Leipziger Osten sind die Angestellten jeweils mit dem Schrecken davongekommen. Da sich Beschreibungen
und Vorgehen ähneln, geht die Polizei
von einem Täter aus. In beiden Fällen ermittelt die Polizei wegen räuberischer Erpressung.
Im ersten Fall betrat ein unbekannter
Mann gegen 19.30 Uhr eine Tankstelle in
der Braunstraße in Schönefeld-Ost. Er
nahm mehrere Flaschen Bier aus der Küh-
56 Fälle: Räuber
in Sozialen
Netzwerken
Erich Zeigner nach
dem Krieg.
Foto: Deutsche Fotothek
Unter den komplizierten Nachkriegsbedingungen, den großen Schwierigkeiten bei der Normalisierung des Alltagslebens und beim Wiederaufbau leistete
Zeigner ein übergroßes, seine körperlichen Kräfte verzehrendes Arbeitspensum. Er engagierte sich für eine schnelle
Wiedereröffnung der Hochschule für
Musik und der Universität (erfolgte am
5. Februar 1946). Zur Förderung der
Alma mater war er an der Gründung
des Kommunalwissenschaftlichen Instituts an der Juristenfakultät beteiligt, das
von der Stadt finanziert wurde. Die neugebildete Gesellschaftswissenschaftliche
Fakultät ernannte Zeigner im Mai 1947
zum Honorarprofessor für Verwaltungslehre. Auch um die Ankurbelung der
Wirtschaft war Zeigner bemüht. Mit den
Einflussmöglichkeiten der Stadt betrieb
er die Wiederbelebung der Messe und
warb in den westlichen Besatzungszonen
für eine Beteiligung an der ersten Nachkriegsmesse im Mai 1946.
Im Frühjahr 1946 erhielt Zeigner, der
ein ausgezeichneter Redner war, nach
mühevollen Gesprächen mit der Sowjetischen Militäradministration in BerlinKarlshorst die Zusage zum Erscheinen der
„Leipziger Zeitung“. Über seine Verhandlungsstrategie sagte er gegenüber einem
Vertrauten: „Es kommt nur darauf an, wer
die besseren Nerven hat. Ich bin ent-
schlossen, die besseren Nerven zu behalten.“
Parteipolitisch betrieb der Sozialdemokrat Zeigner eine Vereinigung seiner Partei mit der KPD. Aber nach dem Vollzug
musste er sich eingestehen, dass die SED
rücksichtslos die kommunale Selbstverwaltung, für die er einstand, unterhöhlte.
Allmählich geriet er in einen zunehmenden, sein Denken und Handeln beeinflussenden Gewissenskonflikt. Schließlich
wollten ihn SED-Funktionäre aus dem
Amt drängen. Im Januar 1949 beschloss
das SED-Zentralkomitee, den Leipziger
Oberbürgermeister auf den Posten des
sächsischen Landtagspräsidenten – seit
1946 war Zeigner auch Landtagsabgeordneter – abzuschieben.
Die permanente Arbeitsüberlastung
und die politischen Intrigen schwächten
seine Gesundheit. Zeigner, ein Mensch
mit Charisma, erkrankte schwer. Am
5. April 1949 starb er im Alter von 63 Jahren. Er wurde nach einer Trauerfeier in
der Kongresshalle auf dem Südfriedhof
im Familiengrab beigesetzt.
der Leipziger Polizei zur
➦ Empfehlungen
Internet-Sicherheit unter www.lvz.de.
Leserbriefe
Wie läuft das mit
den Pflegediensten?
Zum Beitrag „Leipzig schafft kostenfreies
Parken in der City ab“ vom 26. Juni:
Als Anbieter von Pflegedienstleistungen
habe ich in dem Artikel zwar viel über
Besucher und Händler gelesen, die zirka
1900 wohnberechtigten Einwohner aber
spielten in dem Beitrag keine Rolle. Ich
glaube mich zu erinnern, dass Oberbürgermeister Burkhard Jung in einer Bürgersprechstunden verkündet hat, dass
es ein großes Anliegen der Stadtverwaltung sei, die Bewohner in ihren bekannten Wohnquartieren zu halten. 32 Prozent der Wohnberechtigten im Zentrum
sind 65 und älter. Es ist davon auszugehen, dass ein nicht unerheblicher Anteil
dieser Bewohner einmal Hilfe durch ambulante Pflegedienste in Anspruch nehmen wird. Nur wo dürfen deren Mitarbeiter ihre Fahrzeuge abstellen? In den
separat gekennzeichneten Ladezonen
für Lieferanten? Oder erwartet die Stadtverwaltung die Bezahlung von zurzeit
0,70 Euro pro halbe Stunde Parkgebühr?
Das wären pro Monat für einen Einsatz
21 Euro. Viele Kunden werden von uns
zweimal pro Tag angefahren. Die Pflege- oder Krankenkassen bezahlen diese
Parkgebühren nicht. Erlässt nun die
Stadtverwaltung diese Gebühr oder
müssen wir den älteren Bewohnern des
Stadtzentrums empfehlen, sich eine
neue Bleibe zu suchen?
Andreas Märten, 04105 Leipzig
Wo sind die Leipziger
Öl- und Gasvorkommen?
Zum Beitrag „Grüne: Leipzig soll
frackingfreie Stadt sein“ vom 3. Juli:
Fracking ist ein Verfahren, mit dem die
Ausbeute von Erdöl- und Erdgaslagerstätten erhöht werden kann. Die Meinungen zu dessen Einsatz sind geteilt –
dumm nur, dass es in Leipzig und in der
weiteren Umgebung kein einziges Erdöl-Erdgas-Vorkommen gibt – und in den
nächsten Jahrmillionen wohl auch nicht
geben wird. Eine Nachfrage zum Beispiel bei einem Geowissenschaftler – davon gibt es in Leipzig eine ganze Menge
– hätte genügt, um diesen Sachverhalt in
weniger als einer Minute zu klären.
So läuft es, wenn man statt eines
sachlichen Faktenchecks Prinzipienreiterei betreibt. Man kann darüber lachen
– man kann sich aber auch Gedanken
darüber machen, was die Ursachen für
die gelegentliche Politikverdrossenheit
in unserem Land sind.
Diethard Fricke, per E-Mail
Leserbriefe zum Lokalteil an:
[email protected]

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