Medienrecht - Universität Koblenz · Landau

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Medienrecht - Universität Koblenz · Landau
Medienrecht
WS 2012/2013
Prof. Dr. Tobias Keber
+49 711 8923 2718
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https://twitter.com/datenreiserecht
Gliederung
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1. Kapitel: Einführung
2. Kapitel: Presserecht
3. Kapitel: Urheberrecht
4. Kapitel: Telemedienrecht
5. Kapitel: Domainrecht
6. Kapitel: Europäisches und
Internationales Medienrecht
14.12.2012
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2
Literatur und Links
I. Literatur
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1. Rechtstexte
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Fechner/Mayer (Hrsg.), Medienrecht,
Vorschriftensammlung, 8. Auflage
(2012)

Wolfgang Schulz (Hrsg.):
Gesetzessammlung Information, Kommunikation,
Medien (pdf-file, 1,8 MB)
13. Auflage, August 2012
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Landesmediengesetz Rheinland Pfalz
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 4
I. Literatur
2. Lehrbücher und Handbücher
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Dörr/Schwartmann, Medienrecht, 4. Auflage 2012
Fechner, Medienrecht, 13. Auflage 2012
Fink/Cole/Keber, Europäisches und Internationales
Medienrecht, 2. Auflage im Erscheinen
Dörr/Kreile/Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, Recht
der elektronischen Massenmedien, 2. Auflage 2010
Spindler/Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen
Medien, 2. Auflage 2011
Schiwy/Schütz/Dörr (Hrsg.), Medienrecht, Lexikon für
Praxis und Wissenschaft, 5. Auflage 2011
Schwartmann (Hrsg.), Praxishandbuch Medien-, ITund Urheberrecht, 2. Auflage 2011
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 5
I. Literatur
3. Zeitschriften
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14.12.2012
Medien & Recht International, MR-Int
MultiMedia und Recht, MMR
Computer und Recht, CR
Kommunikation und Recht, K&R
Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, GRUR
Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht,
Internationaler Teil, GRUR Int
Internet-Zeitschrift für Rechtsinformatik und
Informationsrecht, JurPC
Medien Internet und Recht, MIR
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6
I. Literatur
4. Online Angebote
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www.presserecht.de
www.urheberrecht.org
www.telemedicus.info
www.gesetze-im-internet.de
www.emr-sb.de
www.mainzer-medieninstitut.de
Telemedicus
Beck-Blog Multimediarecht
International Telecommunication Union ITU
Internet Corporation for Assigned Names and Numbers
ICANN
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 7
1. Kapitel
Einführung
Medienrecht – was ist das?
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Quelle: FR-Online
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9
Medienrecht – was ist das?
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 10
Medienrecht – was ist das?
14.12.2012
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11
Medienrecht – was ist das?
Quelle: Heise
14.12.2012
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12
Medienrecht – was ist das?
14.12.2012
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13
Medienrecht – was ist das?
Lies: Techdirt
14.12.2012
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14
Medienrecht - Überblick
Recht
Zivilrecht
14.12.2012
Öffentliches
Recht
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Strafrecht
15
Medienrecht - Überblick
Öffentliches Recht
• Verfassungsrechtliche Grundlagen der
Rundfunk-, Presse- und Filmfreiheit; in
öffentlich-rechtlichen Spezialgesetzen näher
ausgestaltet
• Medienregulierung als wichtige
ordnungsrechtliche Funktion
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 16
Medienrecht - Überblick
Strafrecht
• Delikte mittels oder durch
informationstechnische Systeme:
•
•
•
•
•
Datum: 14.12.2012
Verbreiten von Propagandamitteln
verfassungswidriger Organisationen, § 86 StGB
Volksverhetzung gemäß § 130 StGB
Verbreitung pornographischer Schriften §§ 184 ff.
StGB
Ehrverletzungsdelikte gemäß §§ 185 ff. StGB.
Computerkriminalität: Bsp.: § 202a StGB (Hacking)
und Computerbetrug nach § 263a StGB
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Folie Nr. 17
Medienrecht - Überblick
Zivilrecht
•
•
•
•
Spezialgesetzlich: Urheberrechtsgesetz
Im BGB spezielle und allgemeine Vorschriften mit
medienrechtlicher Relevanz
Fernabsatz, §§ 312b-312f BGB
allgemeines Persönlichkeitsrecht als sonstiges Recht
i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB:
• Persönlichkeitsrechtsverletzungen bei Prominenten
durch Medienberichterstattung
• (P) „Schmerzensgeld“? Wenn ja, wie hoch?
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 18
Grundgesetz
Völkerrecht
(Transformation gem. Art. 59 II GG),
Bundesgesetze
Europarecht
Anwendungsvorrang (kein Geltungsvorrang)
Rechtsverordnungen des
Bundes
Landesverfassungen
Landesgesetze
Rechtsverordnungen der Länder, Satzungen
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19
Medienrecht - Überblick
Völkerrechtlich:
•
•
•
•
•
Übereinkommen über das grenzüberschreitende
Fernsehen
Datenschutzabkommen des Europarats
Meinungsäußerungsfreiheit des Art. 10 EMRK
Internationale Organisationen: WTO, WIPO, ITU
(P) Internet Governance
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 20
Medienrecht - Überblick
Unionsrechtlich:
•
Primärrecht
•
Dienstleistungsfreiheit, Art. 56 AEUV
• Bsp.: staatliches Glücksspielmonopol rechtmäßig?
•
Beihilfenkontrolle, Art. 107 AEUV
• Bsp.: Rundfunkfinanzierung durch Gebühren rechtmäßig?
•
Sekundärrecht
•
•
•
•
•
Datum: 14.12.2012
Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste
E-Commerce-Richtlinie 2000
Multimedia-Richtlinie 2001
TelekommunikationsRiLi-Paket 2002 (Reform 2009, bis
Mitte 2011 umzusetzen)
VorratsdatenspeicherungsRiLi
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Folie Nr. 21
Medienrecht - Überblick
Medienrecht im Mehrebenensystem
•
Zusammenspiel Völkerrecht, Europarecht, nationales
Recht am Beispiel des „neuen“ Rechts der Öffentlichen
Zugänglichmachung
•
14.12.2012
Lies: 19 a UrhG, Artikel 3 MultimediaRiLi, Artikel 8 WIPO
Copyright Treaty (WCT)
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22
UrhG


§ 19a Recht der öffentlichen Zugänglichmachung
Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist
das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos
der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu
machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von
Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.
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23
RICHTLINIE 2001/29/EG


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Artikel 3
Recht der öffentlichen Wiedergabe von Werken und
Recht der öffentlichen Zugänglichmachung sonstiger
Schutzgegenstände
(1) Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass den
Urhebern das ausschließliche Recht zusteht, die
drahtgebundene oder drahtlose öffentliche
Wiedergabe ihrer Werke einschließlich der
öffentlichen Zugänglichmachung der Werke in der
Weise, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von
Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind, zu
erlauben oder zu verbieten.
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24
WIPO Copyright Treaty
14.12.2012
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25
2. Kapitel
Presserecht
Übersicht
•
•
•
•
•
•
•
Historische Entwicklung des Presserechts
Der Begriff Presse
Rechtsquellen des Presserechts
Die Pressefreiheit im Gefüge des Artikel 5 GG
Presseordnungsrecht
Privilegien und Pflichten der Presse
Recht der Gegendarstellung und Haftung der Presse für
rechtswidrige Veröffentlichungen
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 27
Historische Entwicklung des
Presserechts
•
•
•
•
Um 1450 erfindet Johannes Gutenberg den Buchdruck
mit beweglichen Lettern
Berthold von Henneberg (Erzbischof v. Mainz) bedient
sich um 1485 (erstmals) der Vorzensur (nihil obstat,
imprimatur)
1644 England:Areopagitica. A Speech of Mr. John
Milton for the Liberty of Unlicens´d Printing.
Deutsche Bundesakte (1815) Art. XVIII:” Die
Bundesversammlung wird sich bei ihrer ersten
Zusammenkunft mit Abfassung gleichförmiger
Verfügungen über die Pressefreiheit und die
Sicherstellung der Rechte der Schriftsteller und
Verleger gegen den Nachdruck beschäftigen.
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 28
Artikel 118 WRV (1919)
Jeder Deutsche hat das Recht, innerhalb der Schranken der
allgemeinen Gesetze seine Meinung durch Wort, Schrift,
Druck, Bild oder in sonstiger Weise frei zu äußern. An
diesem Rechte darf ihn kein Arbeits- oder
Anstellungsverhältnis hindern, und niemand darf ihn
benachteiligen, wenn er von diesem Rechte Gebrauch
macht.
Eine Zensur findet nicht statt, doch können für Lichtspiele
durch Gesetz abweichende Bestimmungen getroffen
werden. Auch sind zur Bekämpfung der Schund- und
Schmutzliteratur sowie zum Schutze der Jugend bei
öffentlichen Schaustellungen und Darbietungen
gesetzliche Maßnahmen zulässig.
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29
Schriftleitergesetz 1933
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30
Artikel 5 Grundgesetz
(1)Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort,
Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten
und sich aus allgemein zugänglichen Quellen
ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit
und die Freiheit der Berichterstattung durch
Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine
Zensur findet nicht statt.
(2)Diese Rechte finden ihre Schranken in den
Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den
gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der
Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
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31
Rechtsquellen des Presserechts
• Verfassungsrechtliche Grundlage:
• Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG
• Presserecht im engeren Sinne
• Presse-bzw. Mediengesetze der Länder
• Presserecht im weiteren Sinne:
• Strafrecht, Prozessrecht, Urheberrecht,
Arbeitsrecht, Wettbewerbs-und
Kartellrecht etc.
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 32
Exkurs: Allgemeine
Grundrechtsdogmatik
Das Schrankenmodell der Freiheitsrechte:
Drei Prüfungsschritte:
−Schutzbereich des Grundrechts
−Eingriff in den Schutzbereich
−Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 33
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 34
Exkurs: Allgemeine
Grundrechtsdogmatik
Grundrechtsberechtigung:
•
•
•
Jedermannrechte
Deutschengrundrechte
Grundrechtsschutz juristischer Personen
•
Art. 19 Abs. 3 GG
Grundrechtsverpflichtete:
•
•
Art. 1 Abs. 3 GG: alle Träger öffentlicher Gewalt
Keine unmittelbare Grundrechtsbindung Privater
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 35
Exkurs: Allgemeine
Grundrechtsdogmatik
Schutzbereich eines Grundrechts
•Persönlich
•
•
•
Wer wird geschützt?
Jedermanns-oder Deutschenrecht?
Juristische Personen?
•Sachlich
•
Welches Verhalten wird geschützt?
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 36
Exkurs: Allgemeine
Grundrechtsdogmatik
Eingriffe in den Schutzbereich
•
Finaler Eingriff: gezielte rechtsförmige
Freiheitsbeschränkung
•
•
Bsp.: gesetzliches Verbot
Sonstige (faktische oder mittelbare) Eingriffe:
•
Datum: 14.12.2012
Bsp.: Genehmigungen von emittierenden Anlagen,
Staatliche Warnungen im Gesundheitsschutz oder vor
Sekten
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Folie Nr. 37
Exkurs: Allgemeine
Grundrechtsdogmatik
Rechtfertigung I

Gesetzliche Grundlage des Eingriffs



Formelle Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes:



aufgrund (einfachen oder qualifizierten)
Gesetzesvorbehalts
aufgrund verfassungsimmanenter Beschränkung
Gesetzgebungskompetenz
Gesetzgebungsverfahren
materielle Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes,
insbesondere Verhältnismäßigkeit
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 38
Exkurs: Allgemeine
Grundrechtsdogmatik
Rechtfertigung II
• Verhältnismäßigkeitsprüfung
•
•
•
•
Datum: 14.12.2012
Legitimer Zweck
Geeignetheit
Erforderlichkeit
Angemessenheit
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Folie Nr. 39
Pressefreiheit und Art. 5 GG
Standort der Pressefreiheit in Art. 5 GG
•
Kommunikationsfreiheiten
•
•
•
•
•
−Meinungsfreiheit
−Informationsfreiheit
−Pressefreiheit
−Freiheit von Rundfunk und Film
Freiheiten des Art. 5 Abs. 3 GG
•
•
Datum: 14.12.2012
−Kunstfreiheit
−Freiheit der Wissenschaft, Forschung und Lehre
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Folie Nr. 40
Pressefreiheit und Art. 5 GG
Pressefreiheit aus Art. 5 GG:
•
•
Rechtscharakter
Individuelle und institutionelle Pressefreiheit
•
Der Einzelne darf seine Tätigkeit ohne staatliche
Beeinflussung ausüben
• Abwehrrechtliche Komponente, insoweit Gleichlauf mit
Meinungsfreiheit
•
Freie Presse steht als Institut unter staatlichem
Schutz
• Objektivrechtliche Dimension, insoweit Abweichung von
Meinungsfreiheit
• Presse = Vermittler Volk - Staat
• Öffentliche Aufgabe, Kontrollfunktion
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 41
Pressefreiheit und Art. 5 GG
Pressefreiheit aus Art. 5 GG:
•
Schutzbereich
•
Sachlich – was ist geschützt?
• Begriff
• Wertgebundener Pressebegriff – nur solche Veröffentlichungen,
die öffentlicher Aufgabe gerecht werden? (-) Arg.: systemwidrig –
in dubio pro libertate
• Periodisch erscheinende Druckwerke + Bücher
• Erzeugnisse der Buchdruckerpresse, alle zur Verbreitung
geeigneten u. bestimmten Vervielfältigungen (z.B. Plakate)
sowie alle Informationsträger (z.B. Videobänder, CD), die nicht
unter den Film- und Rundfunkbegriff fallen
• Weit und entwicklungsoffen
• Vs: körperliches Trägermedium
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 42
Pressefreiheit und Art. 5 GG
Pressefreiheit aus Art. 5 GG:
• Schutzbereich
•
Sachlich – was ist geschützt?
• Geschützte Tätigkeit
• Tätigkeiten von der Beschaffung der Information bis zur
Verbreitung einer Nachricht
• Redaktionsgeheimnis + Informantenschutz
• Tatsacheninformationen + Meinungsäußerungen
• (P) erfundenes Interview (Soraya) und falsche Zitate
(Böll)
• Wertung auf Schutzbereichs- oder Rechtfertigungsebene?
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 43
Pressefreiheit und Art. 5 GG
Pressefreiheit aus Art. 5 GG:
•
Schutzbereich
•
Persönlich – wer ist geschützt?
• Alle Personen, die produktiv, vermittelnd oder rezeptiv
an der geistig-inhaltlichen Kommunikation durch die
Presse teilnehmen
• Herausgeber, Redakteure, Korrespondenten, freie
Mitarbeiter, Verleger, der einzelne Journalist
• Auch Minderjährige (z. B. als Redakteure einer
Schülerzeitung)
• Auch Juristische Personen des Privatrechts (Art. 19
Abs. 3 GG)
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 44
Pressefreiheit und Art. 5 GG
Exkurs: Verortung von www.spiegel.de und www.zdf.de
in Artikel 5 Abs. 1 GG
•
Problem: Begriff „Presse“ setzt nach
tradiertem Konzept Element der
Verkörperung voraus
• t.v.A.:Entwicklungsoffenheit ist wesentliches Kriterium.
Presse ist im Gegensatz zu Rundfunk und Film neutral
hinsichtlich des Vebreitungswegs. RF: E-Presse=Presse
• A.A.: E-Presse als Annex zum Stammbereich. RF:
spiegel.de= Presse, zdf.de = Rundfunk
• A.A.: Verbreitungsweg ist entscheidend. Bei E-Presse
keine Verkörperung - wie Rundfunk (unter Benutzung
elektrischer Schwingungen) RF: E-Presse=Rundfunk
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 45
Pressefreiheit und Art. 5 GG
Exkurs II: Übungsfrage
Während
einer
Verhandlung
in
einem
Strafverfahren
gegen
einen
Prominenten
verbietet der vorsitzende Richter einem
Journalisten (J) im Zuschauerraum, aus der
laufenden Gerichtsverhandlung heraus mittels
seines I-Phones zu „twittern“.
Zu Recht?
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 46
Pressefreiheit und Art. 5 GG
§ 169 GVG
Die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht
einschließlich der Verkündung der Urteile und
Beschlüsse ist öffentlich. Ton- und FernsehRundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen
zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder
Veröffentlichung ihres Inhalts sind unzulässig.
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 47
Pressefreiheit und Art. 5 GG
Grammatikalische Auslegung
•
•
F1: Twitter = (verfassungs- oder einfachgesetzlich) Rundfunk?
F2: kommt es darauf an?
Historische Auslegung
•
Ohne Aussage: Bei Erlass der Vorschrift im Jahr 1964 war eine
entsprechende Berichterstattung durch den Wortjournalismus nicht
möglich
Teleologische Auslegung
•
§ 169 S. 2 GVG schützt
•
•
•
•
•
das Persönlichkeitsrecht der am Verfahren Beteiligten
ihren Anspruch auf ein faires Verfahren
die Funktionstüchtigkeit der Rechtspflege, insbesondere die ungestörte
Wahrheits- und Rechtsfindung
Lies: BVerfG, 1 BvR 2623/95 vom 24.1.2001 (n-tv)
Lies: Twittern im Gerichtssaal
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 48
Pressefreiheit und Art. 5 GG
Eingriffe in die Pressefreiheit
•
Final:
•
Verbot der Berufsausübung als Redakteur, Beschlagnahme
von Zeitungen, Durchsuchung von Redaktionsräumen,
Einführung eines staatlichen Genehmigungsverfahrens
•
Mittelbar
•
Beispiel: Das Innenministerium des Landes NRW gibt jährlich
Verfassungsschutzberichte zur Information der Öffentlichkeit
heraus. Seit 1994 wird darin regelmäßig und ausführlich
unter der Rubrik Rechtsextremismus u. a. über die
Wochenzeitung „Junge Freiheit“ berichtet. So heißt es etwa,
der
Verfassungsschutz
habe
„zahlreiche
tatsächliche
Anhaltspunkte für den Verdacht rechtsextremistischer
Bestrebungen.“
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 49
Fall: „Junge Freiheit“
Eingriff?
•
•
•
VG Düsseldorf: (-) Arg: Die Veröffentlichung der
Verfassungsschutzberichte hindern den Verleger nicht, die Zeitung
herzustellen, zu verbreiten und über den Inhalt der Beiträge zu
bestimmen. Demnach: Kein Eingriff in die Pressefreiheit.
BVerfGE 113, 63: auch mittelbare Einwirkungen können einen
Eingriff darstellen, wenn sie nach Zielrichtung und Wirkung einem
Eingriff gleichkommen.
Der Verfassungsschutzbericht hat den Charakter einer Warnung und
ist in der Lage, potentielle Inserenten sowie Leser vom Erwerb der
Zeitung abzuhalten.
Die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht ist ein
(mittelbarer) Eingriff in die Pressefreiheit!
Lies:BVerfG, 1 BvR 1072/01 vom 24.5.2005
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 50
Pressefreiheit und Art. 5 GG
• Schranken
•
Art. 5 Abs. 2 GG
•
„Allgemeine Gesetze“ BVerfG: „Alle Gesetze, „die nicht eine Meinung
als solche verbieten, die sich nicht gegen die Äußerung der Meinung als solche richten
[Sonderrechtslehre], sondern dem Schutz eines schlechthin ohne Rücksicht auf eine
bestimmte Meinung zu schützenden Rechtsguts dienen [Abwägungslehre].“
• Lies BVerfG, Beschluss v. 04.11.2009 – 1 BvR 2150/08
(Wunsiedel)
•
•
Datum: 14.12.2012
Gesetzliche Bestimmungen zum Schutz der Jugend
• Bsp.: Jugendmedienschutz, JugendmedienschutzStaatsvertrag (JMStV)
Recht der persönlichen Ehre
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 51
Pressefreiheit und Art. 5 GG
•
Schranken-Schranken
• (Vor-)Zensurverbots (Art. 5 Abs. 1, Satz 3 GG)
• Wechselwirkungslehre
•
Datum: 14.12.2012
die allgemeinen Gesetze müssen in ihrer das
Grundrecht beschränkenden Wirkung ihrerseits im
Lichte der Bedeutung dieses Grundrechts gesehen
und so interpretiert werden, daß der besondere
Wertgehalt dieses Rechts, der in der freiheitlichen
Demokratie zu einer grundsätzlichen Vermutung für
die Freiheit der Rede in allen Bereichen, namentlich
aber im öffentlichen Leben, führen muß, auf jeden
Fall gewahrt bleibt. (BVerfGE 7, 198 – Lüth)
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 52
Pressefreiheit und Art. 5 GG
Exkurs: Das Bundesverfassungsgericht
•
•
•
•
•
•
•
•
Verfassungsorgan
Sitz: Schloßbezirk 3, 76131 Karlsruhe
Wahl der Richter (jeweils die Hälfte der Richter in einem
Senat) durch Bundestag und Bundesrat)
Verfahren kostenlos (aber Mißbrauchsgebühr!)
Grds. kein Anwaltszwang (nur bei mündlicher Verhandlung)
Keine Tatsacheninstanz
Nur Verletzung spezifischen Verfassungsrechts
Erfolgsquote VB: 2,5%
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 53
Übungsfall „Spiegel“
In Ausgabe 41/1962 der Zeitschrift Der Spiegel berichtete dieser unter dem Titel
"Bedingt abwehrbereit" über die schlechte Lage der Bundeswehr. Es wurde mit
Hinweis auf Ergebnisse einer NATO-Untersuchung berichtet, dass die
Bundesrepublik Deutschland gegenüber dem Warschauer Pakt nicht abwehrfähig
sei und dass ein Angriff nur mit Hilfe westlicher Atomraketen abgewehrt werden
könne. Nach Ansicht des Bundesverteidigungsministeriums basierte dieser Artikel
auf streng geheimen internen Dokumenten. Am 26. Oktober wurde die Redaktion
des Spiegels durch die Polizei durchsucht. Der Durchsuchungsbefehl hatte u.a.
folgenden Wortlaut: "In dem Ermittlungsverfahren gegen den Verlagsleiter Rudolf
Augstein wegen Verdachts des Landesverrats wird auf Antrag des
Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof die Durchsuchung der Person, der
Wohnung und der sonstigen Räume des Beschuldigten sowie sämtlicher
Geschäftsräume in Hamburg und Bonn und seines Archivs und die Beschlagnahme
der bei dieser Durchsuchung vorgefundenen Beweismittel und Gegenstände, die
der Einziehung unterliegen, angeordnet. Die Durchsuchung ist auch zur Nachtzeit
zulässig - §§ 94, 98, 102, 104, 105, 168a StPO -. Der Beschuldigte ist eines
Verbrechens nach § 100 Abs. 1 StGB dringend verdächtig. (…) Die angeordnete
Durchsuchung ist erforderlich, da zu vermuten ist, daß sie zur Auffindung von
Beweismitteln führen wird, die für die Untersuchung von Bedeutung sind (…)."
Der Verlag rügt eine Verletzung des Artikel 5 GG. Zu Recht?
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 54
Quelle: SPIEGEL 41/1962
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 55
Lösung Fall Spiegel
Verletzung des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG?
Schutzbereich
•
•
Persönlich: jedermann, auch jur. Personen (+)
Sachlich: alle Tätigkeiten von Informationsbeschaffung
bis Verbreitung hier: Redaktionsschutz
Eingriff:
•
Durchsuchung (+)
Schranke:
•
Strafrechtliche Bestimmungen zum Landesverrat und
Vorgaben der StPO = allgemeine Gesetze? (+)
Schranken Schranken:
•
Datum: 14.12.2012
Vorschriften im Allgemeinen und im konkreten Fall
verfassungskonform angewandt?
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Folie Nr. 56
Lösung Fall Spiegel
•
Urteil im Fall Spiegel
•
•
•
Ähnlich: Fall Cicero
•
•
4 Richter des Bundesverfassungsgerichts erkannten einen
Verstoß, 4 nicht.
Die Verfassungsbeschwerde hatte demnach keinen Erfolg.
Das Magazin Cicero veröffentlichte in seiner Ausgabe vom April 2005 einen Artikel mit dem
Titel „Der gefährlichste Mann der Welt“, welcher sich mit dem Terroristen Abu Musab azZarqawi beschäftigte. In dem Artikel wurde ausführlich aus einem streng geheimen
Auswertungsbericht des Bundeskriminalamtes (BKA) zitiert. Die Staatsanwaltschaft Potsdam
leitete ein Ermittlungsverfahren gegen den verantwortlichen Journalisten sowie gegen den
Chefredakteur wegen Beihilfe zur Verletzung des Dienstgeheimnisses gemäß §§ 353 b, 27
StGB ein. Im Rahmen des dieses Ermittlungsverfahrens beantragte die Staatsanwaltschaft
eine Durchsuchungsanordnung der Redaktionsräume des Cicero sowie der Wohn-,
Geschäfts- und Nebenräume des verantwortlichen Journalisten.
Urteil im Fall Cicero
•
Datum: 14.12.2012
Hier aber im Ergebnis eindeutiger Verstoß (Entscheidung
7:1)
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 57
WikiLeaks = Presse?
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 58
Cable 09Berlin 1433
„Confidential
Section 01 oft 03
Berlin 001433 –
Subject: National
Security Advisor
Heusgen on (…)
Nukes“
14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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59
Source:
Cable 09Berlin 1433
(…)
TACTICAL NUCLEAR WEAPONS ¶8. (C) In response to Gordon's
question about how the government planned to take forward the
commitment in the coalition agreement to seek the removal of all
remaining nuclear weapons from Germany, Heusgen distanced the
Chancellery from the proposal, claiming that this had been forced upon
them by FM Westerwelle. Heusgen said that from his perspective, it
made no sense to unilaterally withdraw "the 20" tactical nuclear
weapons still in Germany while Russia maintains "thousands" of them. It
would only be worth it if both sides drew down. Gordon noted that it
was important to think through all the potential consequences of the
German proposal before going forward. For example, a withdrawal of
nuclear weapons from Germany and perhaps from Belgium and the
Netherlands could make it very difficult politically for Turkey to maintain
its own stockpile, even though it was still convinced of the need to do
so.
14.12.2012
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60
Das Allgemeine
Persönlichkeitsrecht als
Schranke der Medienfreiheit

Datum: 14.12.2012
Quelle: Zensur-archiv.de
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Folie Nr. 61

14.12.2012
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Quelle: rp-online
62
Art. 2 I i.V.m. 1 I GG:
Allgemeines
Persönlichkeitsrecht (APR)
•
•
Abgrenzung von der Allgemeinen Handlungsfreiheit, Art. 2
Abs. 1 GG
Gewährleistung des Schutzes der Privatsphäre
• Angelegenheiten, die typischerweise als privat eingestuft
werden - räumlich und thematisch bestimmter Bereich,
der grundsätzlich frei von unerwünschter Einsichtnahme
bleiben soll
• Sphärentheorie (Intim, Privat, Sozialsphäre)
•
Recht auf informationelle Selbstbestimmung
•
•
Datenschutz (BDSG)
Recht am eigenen Wort
•
geschriebenes Wort: Tagebücher;
•
•
gesprochenes Wort: heimliche Tonbandaufnahmen (§ 201 StGB)
•
Datum: 14.12.2012
(P) Beweisverwertungsverbote im Prozess? Dazu: BVerfGE 80, 367 ff.
(P) Beweisverwertungsverbote im Prozess? Dazu: BVerfGE 34, 238 ff.
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Folie Nr. 63
APR
•
Recht am eigenen Namen
•
•
Recht am eigenen Bild
•
•
Anspruch auf Namensnennung § 13 UrhG
Einwilligung § 22 KUG
Neue „Spielart“: Recht auf Gewährleistung der
Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer
Systeme – „IT-Grundrecht“
•
„Online Durchsuchung“
•
Vgl. dazu nachfolgender Exkurs. Hintergrund: Gesetz zur Änderung des
Gesetzes über den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen (VSG NRW)
In § 5 Nr. 11 wurde eine Vorschrift eingefügt, die dem nordrheinwestfälischen Landesamt für Verfassungsschutz zum Schutz der
freiheitlich demokratischen Grundordnung den heimlichen Zugriff auf
informationstechnische Systeme erlaubt.
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 64
IT Grundrecht
EXKURS zum „IT-Grundrecht“ BVerfG 1 BvR 370/07 vom 27.2.2008
„Geschützt vom Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität
informationstechnischer Systeme ist zunächst das Interesse des Nutzers, dass die
von einem vom Schutzbereich erfassten informationstechnischen System
erzeugten, verarbeiteten und gespeicherten Daten vertraulich bleiben. (…) Das
allgemeine Persönlichkeitsrecht in der hier behandelten Ausprägung schützt
insbesondere vor einem heimlichen Zugriff, durch den die auf dem System
vorhandenen Daten ganz oder zu wesentlichen Teilen ausgespäht werden können.
Der Grundrechtsschutz umfasst sowohl die im Arbeitsspeicher gehaltenen als auch
die temporär oder dauerhaft auf den Speichermedien des Systems abgelegten
Daten. Das Grundrecht schützt auch vor Datenerhebungen mit Mitteln, die zwar
technisch von den Datenverarbeitungsvorgängen des betroffenen
informationstechnischen Systems unabhängig sind, aber diese
Datenverarbeitungsvorgänge zum Gegenstand haben. So liegt es etwa bei einem
Einsatz von sogenannten Hardware-Keyloggern oder bei einer Messung der
elektromagnetischen Abstrahlung von Bildschirm oder Tastatur. (..) Das
Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität
informationstechnischer Systeme ist nicht schrankenlos. Eingriffe können sowohl
zu präventiven Zwecken als auch zur Strafverfolgung gerechtfertigt sein. Der
Einzelne muss dabei nur solche Beschränkungen seines Rechts hinnehmen, die auf
einer verfassungsmäßigen gesetzlichen Grundlage beruhen.“
14.12.2012
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65
Übungsfall „Fixe Feder GmbH“
Die Fixe Feder GmbH hält unter www.kritisch-und-das-zu-recht.de die „N. Zeitung
online“ zum Abruf bereit, auf der tagesaktuell journalistisch-redaktionell
aufbereitete Artikel erscheinen. Einer dieser Artikel beschäftigt sich in der Ausgabe
vom 12.06.2009 mit einem anhängigen Rechtsstreit um das Buch „der Bankier“,
das einer der für die fixe Feder tätigen Jounalisten verfasst hat und das kritisch
über Leben und Wirken des Chefs einer der größten Privatbank Europas berichtet.
Der Bericht steht vor folgendem Hintergrund: Bankhaus und Erben des
verstorbenen Bankiers haben einstweilige Verfügungen gegen die Veröffentlichung
des Buches erwirkt. Mit der Prozessvertretung der Bank und der Erben war (Star)Anwalt Emsig betraut worden. Da der Artikel vom 12.06.2009 bebildert werden
sollte, hat der verantwortliche Redakteur zuvor schriftlich in der Kanzlei des Emsig
angefragt, ob ein auf der Kanzleihomepage vorhandenes Foto für die
Veröffentlichung verwendet werden dürfe. In der für die N.Zeitung online ebenso
typisch wie speziellen Art hieß es in der Anfrage des Redakteurs:
•
„Noch eine Frage: Da ich in der nächsten N.-Ausgabe einen Artikel über Ihren
hübschen Gerichtstermin veröffentlichen werde, wäre ich Ihnen dankbar, wenn
Sie mir erlauben würden, das Foto von Ihrer Website (…) dafür zu verwenden.
Teilen Sie mir doch bitte auch gleich mit, an welcher Stelle Sie zu sehen sind.
Dann wissen unsere LeserInnen auch, wie Sie und Ihre Kollegen sich öffentlich
präsentieren…“
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 66
Übungsfall „Fixe Feder GmbH“
Emsig antwortete per E-Mail, dass er der Nutzung von Bildnissen seiner Person
widerspreche und drohte mit rechtlichen Schritten. Er formulierte:
•
„…ich widerspreche ausdrücklich jedweder Nutzung von Bildnissen meiner Person. Sollten
Sie hiergegen verstoßen, werde ich eigenständige rechtliche Schritte einleiten. Ich weise
darauf hin, dass ich unlängst auch anderen Medienunternehmern die Veröffentlichung von
Bildnissen meinerseits verboten habe.“
In dem Artikel vom 12.06.2009 wird über den Verlauf der mündlichen Verhandlung
in dem Rechtsstreit berichtet, wobei das Auftreten des Emsig, aber auch seine
äußere Erscheinung abfällig kommentiert werden. Dem Text ist darüber hinaus
eine Anmerkung der Redaktion beigefügt, in der mitgeteilt wird, dass Emsig auf
Anfrage „ein eindrucksvolles Homepage-Foto seiner Kanzlei“ nicht habe freigeben
wollen. Zudem wird der Inhalt der E-Mail Emsigs wörtlich wiedergegeben. Emsig
nimmt die Fixe Feder hierauf erfolgreich vor dem örtlich zuständigen Landgericht
auf Unterlassung wörtlicher Zitate aus anwaltlichen Schreiben in Anspruch. Das LG
bejahte einen Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1 und Abs. 2 in Verbindung
mit § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB und seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, denn
Emsig werde durch die öffentliche Wiedergabe seiner Worte vorgeführt. Ein
Interesse der Öffentlichkeit, den genauen Wortlaut seiner E-Mail zu erfahren,
bestehe dagegen nicht. Rechtsmittel der Fixen Feder haben allesamt keinen Erfolg.
Das Unternehmen fragt sich, ob ein Verfahren gegen diesen „herben Schlag der
Justiz gegen die Pressefreiheit“ vor dem Bundesverfassungsgericht Erfolg hätte.
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 67
Lösung
(P):Schutzbereich
•
Abgrenzung Meinungs- / Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 /
Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG)
•
Wenn Pressefreiheit gegenüber Meinungsfreiheit spezieller ist ,
muss zunächst Pressefreiheit untersucht werden
• Persönlicher Schutzbereich der Pressefreiheit
• Alle im Pressewesen tätigen Personen und Unternehmen, bsp.
Verleger, Herausgeber, Redakteur und Journalist
• Sachlicher Schutzbereich der Pressefreiheit
• Begriff der Presse umfasst alle zur Verbreitung geeigneten und
bestimmten Druckerzeugnisse. Erfasst sind sowohl periodisch
erscheinende als auch einmalig gedruckte Publikationen.
• (P) kann Begrifflichkeit der Landespressegesetze, die weiterem
Konzept folgt (auch Ton- und Bildträger) fruchtbar gemacht
werden? i.E. (-)
• Hier: kein gedrucktes Erzeugnis – Schutzbereich daher sachlich
nicht eröffnet
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 68
Lösung II
Schutzbereich der Meinungsfreiheit
•
Persönlich
• Jede Person, die die geschützte Tätigkeit ausübt, auch jur.
Pers. des Privatrechts
•
Sachlich
• Begriff der Meinung ist grds. weit zu verstehen. Erfasst sind
Werturteile und Tatsachenbehauptungen, sofern sie zur
Bildung von Meinungen beitragen können.
• Nicht geschützt sind falsche Tatsachenbehauptungen
sowie falsche Zitate (dazu BVerfG, Böll). Vorliegend
wurde richtig zitiert
• (P) ist Zitat Tatsachenbehauptung oder Werturteil?
• Hier: Tatsachenbehauptung mit Meinungsbildungsrelevanz.
Die Wiedergabe der ablehnenden Antwort war geeignet, zu
einer Bewertung des Klägers beizutragen.
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 69
Lösung III
•
Eingriff (+)
•
(P) Drittwirkung
Schranken
•
„Allgemeine Gesetze“, Artikel 5 Absatz 2
•
•
•
Datum: 14.12.2012
T.v.A.: Nach der Sonderrechtslehre sind „allgemeine Gesetze“ nur
diejenigen Vorschriften, die sich nicht gegen eine bestimmte Meinung als
solche richten.
T.v.A.: Die Abwägungslehre versteht unter diesem Begriff alle Gesetze,
die deshalb Vorrang vor Art. 5 I 1 GG haben, weil das von ihnen
geschützte Gut wichtiger ist als die Meinungsäußerung.
Rechtsprechung: Das BVerfG hat im Lüth-Urteil beide Lehren kombiniert
(sog. „Kombinationsformel“) und versteht seither in std. Rspr. unter
„allgemeinen Gesetzen“ solche Gesetze, die nicht eine Meinung als solche
verbieten, sondern vielmehr dem Schutze eines schlechthin zu
schützenden Rechtsguts dienen, das gegenüber der Betätigung der
Meinungsäußerung im konkreten Fall den Vorrang hat.
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Folie Nr. 70
Lösung IV
•
Allgemeines Gesetz
•
Im vorliegenden Fall §§ 823, 1004 BGB i.V.m. dem
allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1
i.V.m. 1 Abs. 1 GG) des Emsig.
Schranken-Schranken
•
Verhältnismäßigkeitsprüfung
(Wechselwirkungslehre)
•
Datum: 14.12.2012
Die allgemeinen Gesetze sind ihrerseits im Lichte
der besonderen Bedeutung des Art. 5 I 1 GG für
den Prozess der öffentlichen Meinungsbildung und
der freiheitlichen Demokratie auszulegen.
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Folie Nr. 71
Lösung V
Bei der Abwägung ist zunächst zu berücksichtigen, in welcher
Sphäre das APR Emsigs betroffen ist
•
•
•
Intim, Privat, Sozialsphäre
•
Hier: Sozialsphäre
Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG
gewährt nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts seinem Träger jedenfalls keinen
Anspruch darauf, öffentlich nur so dargestellt zu werden, wie es ihm
selbst genehm ist
Unzulässige Prangerwirkung ?
•
Datum: 14.12.2012
Nach Rspr. der Zivilgerichte soll sie vorliegen, wenn ein - nach
Auffassung des Äußernden - beanstandungswürdiges Verhalten
aus der Sozialsphäre einer breiteren Öffentlichkeit bekannt
gemacht wird und sich dies schwerwiegend auf Ansehen und
Persönlichkeitsentfaltung des Betroffenen auswirkt.
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Folie Nr. 72
Lösung VI





Prangerwirkung?: (+/-) Kann sich die Mitteilung, dass sich
jemand in scharfer Form gegen die Veröffentlichung des eigenen
Bildes verwahrt, abträglich auf seine Ehre oder sein Ansehen
auswirken?
Wie weit besteht ein öffentliches Informationsinteresse an der
streitgegenständlichen Äußerung?
BVerfG: die Meinungsfreiheit steht nicht unter dem Vorbehalt
des öffentlichen Interesses – sie verstärkt die Meinungsfreiheit,
ist aber nicht Voraussetzung für ihre Ausübung
Ergebnis: je nach Abwägungsergebnis. Das BVerfG hat die
angegriffenen zivilgerichtlichen Entscheidungen aufgehoben und
die Sache zurückverwiesen.
BVerfG, 1 BvR 2477/08 vom 18.2.2010
14.12.2012
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73
Übungsfall „Caroline“
Die E GmbH & Co KG (E) verlegt die Zeitschrift „Frau im Spiegel“. In dieser
Zeitschrift werden im Rahmen verschiedener Beiträge Fotos veröffentlicht,
auf denen Prinzessin Caroline von Monaco (C) in verschiedenen
Lebenssituationen abgebildet ist. In der Ausgabe Nr. 9/03 berichtet die
Zeitschrift über einen Winterurlaub der (C) in St. Moritz unter Beifügung von
Bildern, die die (C) und ihren Ehemann, Prinz Ernst August von Hannover,
auf öffentlicher Straße in St. Moritz unter vielen Menschen zeigen (Bildserie
1). In Ausgabe Nr. 13/03 ist eine Bilderserie abgedruckt (Bildserie 2), zu der
ein Bericht gehört, der titelt: „In Prinzessin Carolines Bett schlafen - kein
unerfüllbarer Wunsch! Caroline und Ernst August vermieten ihre TraumVilla“. Gezeigt werden mehrere Aufnahmen von dem Ferienanwesen Ernst
Augusts in Kenia und ein Lichtbild, das Caroline und ihren Ehemann während
eines Aufenthalts in Kenia auf einer öffentlichen Straße zeigt. In dem
Begleittext wird (sachlich zutreffend) ausgeführt, die Ferienvilla werde in
Zeiten der Abwesenheit der Eheleute an Interessenten vermietet. In einer
deutlich hervorgehobenen Unterzeile heißt es: „Auch die Reichen und
Schönen sind sparsam. Viele vermieten ihre Villen an zahlende Gäste“.
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 74
Übungsfall „Caroline“

Schließlich erscheint in Ausgabe Nr. 15/03 eine weitere Serie von
„Urlaubsfotos (Bildserie 3), auf denen die Prinzessin in einer Großaufnahme
zusammen mit ihrer Tochter (4 Jahre) in einem Paddelboot zu sehen ist.
Diese Bilderserie entstand im Rahmen eines Sommerurlaubs der
Fürstenfamilie in Frankreich. Der seitliche Begleittext zu dem Bild lautet: "Es
ist ein heißer Tag in diesem Sommer. Prinzessin Caroline paddelt mit ihrer
jüngsten Tochter auf der Sorgues“. Der (C) gehen diese Bilderserien allesamt
entschieden zu weit. Sie verklagt die (E) daher auf Unterlassung, die
entsprechenden Bildserien (1-3) erneut zu veröffentlichen. Leider bleiben ihre
entsprechenden Klagen vor den Zivilgerichten in allen Instanzen ohne Erfolg.
Das Urteil des BGH, das der (C) ordnungsgemäß zugestellt wird, enthält u.a.
die folgenden Erwägungen:
14.12.2012
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75
Übungsfall „Caroline“
„Vorliegend scheitert ein Unterlassungsanspruch im Hinblick auf alle Bildserien
schon daran, dass (C) an einem öffentlichen Ort aufgenommen worden ist, der
jedermann zugänglich ist. Soweit man aus seinem privaten Bereich heraustritt und
sich bewusst in die Öffentlichkeit begibt, muss man, wenn man wie die Klägerin
eine Person von hohem Bekanntheitsgrad ist, die Anfertigung entsprechender
Lichtbilder von sich selbst und seinen Kindern hinnehmen. Ein
Unterlassungsanspruch der (C) scheitert mit Blick auf Bildserie (2) auch und vor
allem deshalb, weil nicht nur eine Szene des Urlaubs dargestellt wird, sondern
über veränderte Verhaltensweisen einer kleinen Schicht wohlsituierter Prominenter
berichtet wird. Da diese Personen Leitbild- und Kontrastfunktionen für große Teile
der Bevölkerung haben, kann die Berichterstattung Anlass für eine die
Allgemeinheit interessierende Sachdebatte sein. Diese Debatte mitzugestalten ist
Aufgabe der Presse als Medium und Faktor öffentlicher Meinungsbildung. Der
Schutz der Privatsphäre der Klägerin muss vorliegend zurückstehen. Diesem
Ergebnis steht der von Klägerseite zitierte Urteilsspruch des Europäischen
Gerichtshofs für Menschenrechte nicht entgegen. Dieser bindet unmittelbar nur die
Bundesrepublik Deutschland, nicht aber deren Organe und namentlich nicht die
Gerichte.“ Caroline hat nun endgültig den Glauben an die ordentliche
Gerichtsbarkeit verloren und sieht einen letzten Hoffnungsschimmer in Karlsruhe.
Sie beauftragt mit der Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen die Kanzlei
Prince & Partner in Hamburg. Mit Erfolg?
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 76
Auszug aus dem
Kunsturhebergesetz
§§ 22, 23 Kunsturhebergesetz (KUG) lauten:
§ 22 .
Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur
Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der
Abgebildete dafür, dass er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. Nach dem
Tode des Abgebildeten bedarf es bis zum Ablaufe von 10 Jahren der Einwilligung
der Angehörigen des Abgebildeten. (…)
§ 23 .
(1) Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau
gestellt werden:
1. Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte;
2. Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen
Örtlichkeit erscheinen;
3. Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die
dargestellten Personen teilgenommen haben;
(…)
(2) Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung,
durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben
ist, seiner Angehörigen verletzt wird.
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
[email protected]
Folie Nr. 77
Übungsfall „Caroline“
Frühere Rechtsprechung:
•
•
•
Foto einer absoluten Person der Zeitgeschichte =
Bildnis der Zeitgeschichte
Absolute Personen der Zeitgeschichte = Person, die für
sich genommen und ereignisunabhängig
Aufmerksamkeit findet
RF: Veröffentlichung kann nur durch ein berechtigtes
Interesse nach §23 II KUG verhindert werden
•
Datum: 14.12.2012
(+) bei Abbildung gemeinsam mit den Kindern oder in Situation
örtlicher Abgeschiedenheit
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 78
Rechtsprechung des EGMR :
Abwägung zwischen Art. 8 EMRK (Schutz des Privatlebens) und Art.
10 EMRK (Meinungsfreiheit)
•
•
•
•
•
•
•
Figur der absoluten Person der Zeitgeschichte ist zu starr und
unbestimmt für einen wirksamen Schutz des Privatlebens i.S.d. Art.
8 EMRK
Der EGMR unterscheidet zwischen
1. Politikern ("politicians/personnes politiques") Schutz -2. sonstigen im öffentlichen Leben oder im Blickpunkt der
Öffentlichkeit stehenden Personen ("public figures/personnes
publiques") Schutz -+
3. gewöhnlichen Privatperson ("ordinary person/personne ordinaire")
Schutz ++
Soweit 2 und 3 betroffen, bei der Abwägung entscheidend:
„public watchdog“ Funktion der Presse wird nur ausgelöst, wenn
Beitrag zu einer Debatte von allgemeinem Interesse besteht
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 79
Reaktion der dt.
Rechtsprechung:
•
•
•
•
•
Aufgabe der Figur der absoluten Person der Zeitgeschichte
Ob ein Bildnis der Zeitgeschichte (§23 I Nr. 1) vorliegt,
bestimmt sich nach dem Informationswert im konkreten Fall
Flexibler als EGMR: auch unterhaltende Beiträge können
einen Informationswert begründen
Presse muss Informationswert im Gerichtsprozess darlegen
Anhaltspunkte für die Abwägung:
•
•
•
•
Bekanntheitsgrad der Person
Zusammenhang mit einer Wortberichterstattung
Vorverhalten der fotografierten Person
Umstände der Anfertigung des Fotos
Für den Fall bedeutet das:
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 80
Bildserie 1: St. Moritz
Bildserie 1 wurde an einem öffentlichen Ort in St. Moritz
aufgenommen. Dem Sachverhalt ist nicht zu entnehmen, ob die
Aufnahme heimlich angefertigt wurde.
Hinterfragenswert bleibt, ob die Berichterstattung zu einer Debatte
von allgemeinem Interesse beiträgt, der über die Befriedigung
bloßer Neugier hinausgeht.
Hier hat das Bild selbst (Caroline + Ehemann auf einer Straße in St.
Moritz) keinen erkennbaren Informationsgehalt. Die
Wortberichterstattung bezieht sich nur auf den Skiurlaub. Ein
Anknüpfungspunkt zu einer öffentlichen Funktion Carolines oder
derjenigen eines ihrer Familienangehörigen lässt sich nicht
herstellen. Es überwiegt kein berücksichtigungswertes
Informationsinteresse der Öffentlichkeit, das eine
Bildveröffentlichung entgegen dem Willen des Abgebildeten
erlaubte.
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 81
Bildserie 2: Traumvilla
Hierzu das BVerfG:
„Werden der Leserschaft im Gewand eines unterhaltenden Beitrags in
dieser
Weise
auch
Informationen
über
veränderte
Verhaltensweisen
einer
kleinen
Schicht
wohlsituierter
Prominenter gegeben, die in anderen Kontexten und mit
eigenem Zutun im Zentrum öffentlicher Aufmerksamkeit stehen
und in der Folge Leitbild- oder Kontrastfunktionen für große
Teile der Bevölkerung haben, so vermag dies in einer
demokratischen Gesellschaft Anlass für eine die Allgemeinheit
interessierende Sachdebatte zu geben und es grundsätzlich
auch zu rechtfertigen, die in dem Beitrag behandelten
prominenten Vermieter des Anwesens im Bild darzustellen.“
BVerfG, Entscheidung vom 28.02.2008, 1 BvR 1602/07 vom
26.2.2008, Absatz-Nr. 105.
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 82
Bildserie 3: Kinder
Dazu das BVerfG (bereits vor und unabhängig von der Entscheidung
des EGMR)
„Für die kindliche Persönlichkeitsentwicklung sind in erster Linie die
Eltern verantwortlich. Soweit die Erziehung von ungestörten
Beziehungen zu den Kindern abhängt, wirkt sich der besondere
Grundrechtsschutz der Kinder nicht lediglich reflexartig zugunsten des
Vaters und der Mutter aus (vgl. auch BVerfGE 76, 1 [44 ff.]; 80, 81 [91
f.]). Vielmehr fällt auch die spezifisch elterliche Hinwendung zu den
Kindern grundsätzlich in den Schutzbereich von Art. 2 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Der Schutzgehalt des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts erfährt dann eine Verstärkung durch Art. 6 Abs. 1
und 2 GG, der den Staat verpflichtet, die Lebensbedingungen des Kindes
zu sichern, die für sein gesundes Aufwachsen erforderlich sind und zu
denen insbesondere die elterliche Fürsorge gehört (vgl. BVerfGE 56, 363
[384]; 57, 361 [382 f.]; 80, 81 [90 ff.]).“
BVerfGE 101, 361, Ziffer 84.
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 83
Übungsfall Haschpflanze
Übungsfall nach BVerfG, Beschluss v. 09.03.2010, Az. 1 BvR 1891/05,
B. betreibt eine Internetseite, die mehrere nichtkommerzielle
Unterseiten enthält. Darunter befindet sich eine Seite mit dem Titel
„Gefunden. Aus der Wunderwelt des Rechts. Juristische Nachrichten für
kritische Leute.“ Wegen einer dort verbreiteten Meldung über ein
Ermittlungsverfahren gegen den Sohn der damaligen Generalsekretärin
der F. Partei, Frau P., nahm dieser (X.) den B. auf Unterlassung in
Anspruch. Dem lag im Einzelnen folgender Sachverhalt zugrunde:
Im August 2003 suchten zwei Journalisten der Zeitschrift „Stern“ die P.
in ihrem privaten Wohnhaus auf, um eine so genannte „Homestory“ zu
erstellen. Bei diesem Besuch war auch der damals 18 Jahre alte X.
anwesend; dieser war selbst in der Jugendorganisation der F. engagiert
und kandidierte im April 2004 für ein kommunales Mandat in seinem
Heimatort. Die Journalisten bemerkten auf dem Verandatisch im Haus
der Politikerin einen Blumentopf mit einer Hanfpflanze. Hierauf
angesprochen äußerte Frau P., es handele sich um „die grüne Aufzucht
meines Sohnes“.
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 84
Übungsfall Haschpflanze
Am 23. Oktober 2003 erschien die Homestory im „Stern“. Darin
wurde auch - unter Nennung des X - über die Hanfpflanze berichtet.
Am Folgetag veröffentlichte die „Bild-Zeitung“ einen Artikel mit der
Schlagzeile: „Huch! Im Wohnzimmer von P. wächst Hasch“. Aufgrund
dieser Berichte leitete die Staatsanwaltschaft H. gegen X ein
Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen
das Betäubungsmittelgesetz ein und veranlasste eine Durchsuchung
im Haus der Familie P. Nach Abschluss der Durchsuchung
veröffentlichte die Staatsanwaltschaft unter der Überschrift
„Haschpflanze im Hause P.“ eine Pressemitteilung über das
Ermittlungsverfahren gegen den Kläger. Darin wurde auch mitgeteilt,
dass bei der Durchsuchung keine Hinweise auf weitere illegale
Pflanzen vorgefunden worden seien. Zeitgleich veröffentlichte die F.
eine Pressemitteilung, in der der Bericht der Bild-Zeitung als
unzutreffend zurückgewiesen wird; richtig sei, dass der 18-jährige
Sohn der Generalsekretärin „verschiedene Samenkörner (…)
eingepflanzt habe“, von denen sich einer zu einer Hanfpflanze
entwickelt habe.
14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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85
Übungsfall Haschpflanze
In den folgenden Tagen berichteten zahlreiche inländische
und
ausländische Medien, darunter auch
Nachrichtenportale im Internet,
über den Vorfall.
B veröffentlichte am 30. Oktober 2003 auszugsweise eine Meldung aus
den „t-online Nachrichten“, die ihrerseits auf den Meldungen der
Presseagenturen beruhte. Die Nachricht auf der Website des B lautete:
„Polizei sucht Hasch im Hause P. F.-Generalsekretärin P. hat Ärger mit
der Justiz: Im Blumentopf ihres 18-jährigen Sohnes X. wächst eine
Hanf-Pflanze. Auf Anordnung der Staatsanwaltschaft wurden Räume der
Familie in H. durchsucht. Gegen X. wurde ein Ermittlungsverfahren
wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz eingeleitet. ...“
Hierauf verklagte X den B instanzgerichtlich erfolgreich auf
Unterlassung, § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 BGB. Mit Erfolg?
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 86
Presseordnungsrecht




Für den Pressebereich gilt der Grundsatz der
Länderkompetenz!
Landespresse- bzw. Landesmediengesetze
(Rheinland Pfalz, Saarland) der Länder
Übersicht unter www.presserecht.de
Fechner: Mustergesetz mit anschließender
Synopse
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 87
LMG Übersicht
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 88
Kernbestimmungen des
Presseordnungsrechts
•
•
•
•
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•
Presse ist zulassungsfrei, § 4 Abs. 2 LMG (§ 2
MusterG)
Impressumspflicht, § 9 Abs. 1, 2 LMG (§ 7
MusterG)
Transparenzgebot, § 9 Abs. 4 LMG (§ 11
MusterG)
Trennungsgrundsatz, § 13 LMG (§ 9 MusterG)
Pflichtexemplar, § 14 LMG (§ 12 MusterG)
Gerichtsberichterstattung, § 169 GVG
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Folie Nr. 89
Kernbestimmungen des
Presseordnungsrechts
§4 Abs. 2 LMG
Die Tätigkeit der Medien […] ist vorbehaltlich der nachfolgenden Bestimmungen und im
Rahmen der Gesetze zulassungs-und anmeldefrei.
§9 LMG
(1)Auf jedem in Rheinland-Pfalz erscheinenden Druckwerk (§ 3 LMG) müssen Name oder
Firma und Anschrift derjenigen Personen genannt sein, die das Werk gedruckt und
verlegt haben, beim Selbstverlag derjenigen Personen, die das Werk verfasst
haben oder herausgeben.
(2)Auf den periodischen Druckwerken (§ 3 Abs., 2 Nr. 2 LMG) sind ferner Name und
Anschrift der redaktionell verantwortlichen Person anzugeben. Sind mehrere für
die Redaktion verantwortlich, so muss das Impressum Name und Anschrift aller
redaktionell verantwortlichen Personen angeben; hierbei ist kenntlich zu machen,
wer für welchen Teil oder sachlichen Bereich des Druckwerks verantwortlich ist.
Für den Anzeigenteil ist eine verantwortliche Person zu benennen; für diese gelten
die Vorschriften über die redaktionell verantwortliche Person entsprechend.
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Folie Nr. 90
§9 LMG
(4) Wer ein periodisches Druckwerk verlegt, muss in der ersten
Nummer eines jeden Kalenderhalbjahres im Druckwerk offen
legen, wer an der Finanzierung des Unternehmens wirtschaftlich
beteiligt ist; bei Tageszeitungen ist bei Veränderungen der
wirtschaftlichen Beteiligung dies zusätzlich in der nachfolgenden
ersten Nummer jedes Kalendervierteljahres offen zu legen.
Wirtschaftlich beteiligt im Sinne des Satzes 1 ist, wer mit mehr
als 5 v. H. am Kapital beteiligt ist oder über mehr als 5 v. H. der
Stimmrechte verfügt. Für die nach Satz 1 offen zu legenden
Angaben ist die Wiedergabe der aus dem Handelsregister und
aus den zum Handelsregister eingereichten Schriftstücken zu
entnehmenden Beteiligungsverhältnisse ausreichend.
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Folie Nr. 91
§ 13 LMG
Hat diejenige Person, die ein periodisches
Druckwerk verlegt oder für den Anzeigenteil
verantwortlich ist, für eine Veröffentlichung ein
Entgelt erhalten, gefordert oder sich
versprechen lassen, so ist diese
Veröffentlichung, soweit sie nicht schon durch
Anordnung und Gestaltung allgemein als
Anzeige zu erkennen ist, deutlich mit dem Wort
"Anzeige" zu bezeichnen.
Dazu folgende Beispiele (Quelle: Presserat.de)
Aktueller Fall: Presserat und Bravo
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Folie Nr. 92
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Folie Nr. 93
§14 LMG
(1 ) Von jedem Druckwerk, das in Rheinland-Pfalz verlegt
wird, ist ohne Rücksicht auf die Art des Textträgers und
das Vervielfältigungsverfahren von der Person, die das
Druckwerk verlegt, unaufgefordert unmittelbar nach
Beginn der Verbreitung unentgeltlich und auf eigene
Kosten ein Stück (Pflichtexemplar) in marktüblicher Form
an die von dem für das wissenschaftliche
Bibliothekswesen zuständigen Ministerium bezeichnete
Stelle abzuliefern. Satz 1 gilt nicht für 1. Druckwerke, die
in einer geringeren Auflage als zehn Exemplare
erscheinen, sofern es sich nicht um Druckwerke handelt,
die einzeln auf Anforderung verlegt werden,[…]
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Folie Nr. 94
Privilegien und Pflichten
der Presse
•
Privilegien
•
•
•
•
•
Informationsanspruch, § 6 LMG
Datenschutzrechtliches Medienprivileg, § 12 LMG
Spezielle Verjährungsregeln, kurz! § 37 LMG
Zeugnisverweigerungsrecht, § 53 StPO
Pflichten
•
Publizistische Sorgfaltspflichten
• Presserat und Pressekodex
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Folie Nr. 95
Privilegien und Pflichten
der Presse

§6 LMG
(1) Die Behörden sind verpflichtet, den Medien die der Erfüllung ihrer
öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen.
(2) Auskünfte können verweigert werden, soweit 1. hierdurch die
sachgemäße Durchführung eines schwebenden Verfahrens vereitelt,
erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnte,2. Vorschriften
über die Geheimhaltung entgegenstehen,3. ein überwiegendes
öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde
oder4. ihr Umfang das zumutbare Maß überschreitet.
(3) Allgemeine Anordnungen, die einer Behörde Auskünfte an Medien
verbieten, sind unzulässig.
(4) Bei der Erteilung von Auskünften an Medien ist der Grundsatz der
Gleichbehandlung zu beachten.
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Folie Nr. 96
Privilegien und Pflichten
der Presse
§ 12 - Datenschutz
(1) Soweit Unternehmen oder Hilfsunternehmen der Presse oder
vergleichbare Anbieter von Telemedien personenbezogene
Daten ausschließlich zu eigenen journalistisch-redaktionellen
oder literarischen Zwecken erheben, verarbeiten oder nutzen,
gelten von den Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes nur
die Bestimmungen über das Datengeheimnis, die technischen
und organisatorischen Maßnahmen, die Verhaltensregeln zur
Förderung der Durchführung datenschutzrechtlicher Regelungen
sowie den Schadensersatz mit der Maßgabe, dass nur für
Schäden gehaftet wird, die durch eine Verletzung des
Datengeheimnisses oder durch unzureichende technische oder
organisatorische Maßnahmen eintreten.
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Folie Nr. 97
Privilegien und Pflichten
der Presse
§ 37 LMG
(1)Die Verfolgung von Straftaten nach diesem Gesetz
oder von Straftaten, die mittels eines Druckwerkes
oder durch die Verbreitung von Sendungen oder
Angeboten strafbaren Inhalts begangen werden,
verjährt bei Verbrechen in einem Jahr, bei Vergehen
in sechs Monaten. […](3)Die Verjährung beginnt mit
der Veröffentlichung oder Verbreitung.
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Folie Nr. 98
Privilegien und Pflichten
der Presse
§53 StPO
(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind ferner berechtigt
5. Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung
von Druckwerken [...] berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt
haben.
Die in Satz 1 Nr. 5 genannten Personen dürfen das Zeugnis
verweigern über die Person des Verfassers oder Einsenders von
Beiträgen und Unterlagen oder des sonstigen Informanten sowie
über die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten
Mitteilungen, über deren Inhalt sowie über den Inhalt selbst
erarbeiteter Materialien und den Gegenstand berufsbezogener
Wahrnehmungen. Dies gilt nur, soweit es sich um Beiträge,
Unterlagen, Mitteilungen und Materialien für den redaktionellen
Teil oder redaktionell aufbereitete Informations-und
Kommunikationsdienste handelt.
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Folie Nr. 99
Pressekodex
Der Presserat hat die publizistischen Grundsätze in einem
Pressekodex zusammengefasst. Darin finden sich Regeln
für die tägliche Arbeit der Journalisten, die die Wahrung
der journalistischen Berufsethik sicherstellen, so z.B.:







Die Wahrung der Menschenwürde
Gründliche und faire Recherche
Klare Trennung von redaktionellem Text und Anzeigen
Vermeidung unangemessen sensationeller Darstellung von
Gewalt u. Brutalität
Ergänzt werden die Grundsätze durch zusätzliche Richtlinien,
die aufgrund aktueller Entwicklungen und Ereignisse ständig
fortgeschrieben werden.
Wichtig in der Praxis: Ziffern 2, 8, 11
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Folie Nr. 100
Presserat
Freiwillige Selbstkontrolle der Printmedien
Lobbyarbeit für die Pressefreiheit in Deutschland
Bearbeiten von Beschwerden aus der Leserschaft
Organisation ergibt sich aus Satzung





Trägerverein mit folgenden Mitgliedern: Bundesverband
Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), Verband Deutscher
Zeitschriftenverleger (VDZ), der Deutsche JournalistenVerband (DJV) und die Deutsche Journalistinnen- und
Journalisten-Union (dju) in ver.di
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Folie Nr. 101
Beschwerdeverfahren

Maßgeblich: Beschwerdeordnung

§ 1 – Beschwerdeberechtigung

(1) Jeder ist berechtigt, sich beim Deutschen Presserat
allgemein über Veröffentlichungen oder Vorgänge in der
deutschen Presse zu beschweren. Beschwerde kann zudem
einreichen, wer der Ansicht ist, dass die Verarbeitung von
personenbezogenen Daten zu journalistischredaktionellen
Zwecken im Rahmen der Recherche oder Veröffentlichung
das Recht auf Datenschutz verletzt.
(2) Der Deutsche Presserat kann auch von sich aus ein
Beschwerdeverfahren einleiten.


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Folie Nr. 102
Presserat

1.
2.
3.
4.
Der Presserat besitzt vier
Sanktionsmöglichkeiten:
die öffentliche Rüge (mit Abdruckverpflichtung)
die nicht-öffentliche Rüge (auf Abdruck wird
verzichtet, z.B. aus Gründen des Opferschutzes)
die Missbilligung
den Hinweis
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103
Presserat
Quelle:
Presserat
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Folie Nr. 104
Presserat
14.12.2012
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105
Presserat

BILD-Online (BK1-447/09) Ziffern 8+11+9
TITANIC-Online (BK1-451/09) Ziffer 1
BILD-Online (0017/10/1) Ziffer 8
TV14 (BK2-409/09) Ziffer 7
GESUNDE MEDIZIN (BK2-414/09) Ziffer 7
EXPRESS-Online (BK2-442/09) Ziffern 8+ 11
GONG (BK2-464/09) Ziffer 7
KÖLNER EXPRESS (0037/10/2) Ziffern 1+2+9
BAD SODENER ZEITUNG (BK1-390 + 391/09) - nicht-öffentlich - Ziffern
2+8+9
B.Z.-Online (BK2-431 + 432/09) - nicht-öffentlich - Ziffern 8+13
MITTELBAYERISCHE ZEITUNG (BA2-19-09) - nicht öffentlich - Ziffer 8
RHEINISCHE POST (0208/10/1) Ziffer 7
VOGTLAND-ANZEIGER (0224/10/1) Ziffern 2 +9
SINDELFINGER ZEITUNG (0272/10/1) Ziffer 7
DIE AKTUELLE (BK2-441/09) Ziffern 8 +2
(…)
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106
Presserat
Quelle:
Presserat
14.12.2012
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107
Fall „sensationelles Motiv“
Drei Regionalzeitungen berichten über den Unfall am Kraftwerk
Neurath in Grevenbroich. Beim Einsturz eines mehr als 100
Meter hohen Gerüstes kommen fünf Menschen ums Leben,
mehrere werden schwer verletzt. Allen Beiträgen beigestellt ist
das Foto eines toten Arbeiters, der in einem Sicherheitsgurt
hängt. Die Fotos sind jedoch nicht identisch, es wurden jeweils
unterschiedliche Bildausschnitte gewählt. Bei Zeitung A (Fulda)
ist neben dem Toten ein Retter zu sehen, der versucht, den
Arbeiter zu bergen. Bei Zeitung B (Wiesbaden) ist der Tote
herangezoomt. Zeitung C (Köln) zeigt den Arbeiter ebenfalls
seitlich von hinten. Insgesamt sechs Beschwerdeführer sind der
Ansicht, dass der Abdruck des jeweiligen Bildes gegen den
Pressekodex verstößt, da die Abbildung des toten Arbeiters
unangemessen sensationell sei. Es handele sich „um einen
sterbenden und in höchsten Maße körperlich und seelisch
leidenden Menschen“.
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Folie Nr. 108
Fall „sensationelles Motiv“
Der Chefredakteur der Zeitung A (Fulda) sieht in der
Wiedergabe des Bildes keinen grundsätzlichen Verstoß gegen
die Ziffer 1 des Pressekodex, da die Darstellung so
zurückhaltend erfolgt, dass das Opfer nicht einmal im Ansatz
erkennbar oder identifizierbar sei. Wegen der „besonderen
dramatischen Umstände“ des Unglücks sei eine diskrete
Illustration zu dokumentarischen Zwecken erlaubt.
Der Chefredakteur der Zeitung B (Wiesbaden) sieht eine
Verletzung des
Pressekodex
nicht
gegeben,
„da die
Dokumentationsabsicht im Vordergrund stand und das Foto im
Inneren des Blattes erschienen sei.
Die Verlagsleitung der Zeitung C (Köln) räumt ein, mit Abdruck
des Bildes „eine am Ende wohl eher falsche Entscheidung
getroffen zu haben“. Die Zeitung bedauert die Veröffentlichung
und entschuldigt sich einen Tag später auch bei ihren Lesern.
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Folie Nr. 109
Fall „sensationelles Motiv“
Entscheidung Presserat:
Nach Ansicht des Beschwerdeausschusses sind alle drei Beschwerden
begründet aufgrund eines Verstoßes gegen die Richtlinie 11.3 sowie
Ziffer 1 des Pressekodex. Die exponierte Darstellung eines einzelnen
Opfers in allen Zeitungen wird als unangemessen sensationell beurteilt.
Die Berichterstattung über das Unglück wird sicherlich vom öffentlichen
Informationsinteresse gedeckt, eine Dokumentation der dramatischen
Umstände wäre allerdings zurückhaltender möglich gewesen. Einen
sterbenden Menschen in einer solch qualvollen Pose zu zeigen
widerspricht dem Pressekodex.
Zeitung A (Fulda) erhält einen Hinweis, da die Redaktion das Opfer nicht
bewusst herausgestellt hat, vielmehr die dramatische Rettungsaktion
auf dem Gerüst dokumentiert hat. Zeitung B (Wiesbaden) erhält eine
Missbilligung, da sie den Toten auch noch herangezoomt hatte. Bei
Zeitung C wird auf eine Maßnahme verzichtet, da sich die Redaktion am
folgenden Tag bei ihren Lesern entschuldigt hat.

Praxisleitfaden zu Ziffer 7 Pressekodex
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 110
Ziffer 10 Pressekodex?
(…) Nicht Jesus oder der
christliche Glaube (werden)
hier verhöhnt, sondern das
Verhalten christlicher
Würdenträger kritisiert, die
sich ihren Schutzbefohlenen
gegenüber falsch verhalten
(haben)….
Bildquelle:
Titanic
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 111
Gegendarstellungsrecht
• Übersicht:
•
Ansprüche gegen die Presse bei potentiell
rechtswidriger Wort- und Bildberichterstattung
•
•
•
•
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Gegendarstellung
Unterlassung
Berichtigung
• Widerruf und Richtigstellung
Schadensersatz
• Vermögensschaden und Geldentschädigung
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112
Gegendarstellungsrecht
§ 11 LMG Rheinland-Pfalz
(1) Die redaktionell verantwortliche Person und die Person, die
ein periodisches Druckwerk verlegt, sowie
Rundfunkveranstalter sind verpflichtet, unverzüglich eine
Gegendarstellung der Person oder Stelle, die durch eine in
dem Druckwerk oder der Rundfunksendung aufgestellte
Tatsachenbehauptung betroffen ist, ohne Kosten für die
Betroffenen zum Abdruck zu bringen, zu verbreiten oder
in das Angebot ohne Abrufentgelt aufzunehmen. Für die
Wiedergabe einer Gegendarstellung zu einer im Anzeigenoder Werbeteil verbreiteten Tatsachenbehauptung sind
die üblichen Entgelte zu entrichten.
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113
Gegendarstellungsrecht
Anspruchsverpflichtet:
•
Verantwortlicher Redakteur: siehe Impressum
•
•
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Nicht: Verfasser einer Meldung, Herausgeber, nicht
zwingend der Chefredakteur
Verleger = derjenige, der die Vervielfältigung und
Verbreitung im eigenen Namen durchführt, gleichgültig
ob auf eigene oder fremde Rechnung.
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114
Gegendarstellungsrecht
Anspruchsberechtigt:
„Person“ = Natürliche und juristische Personen
„Stelle“= Behörden, Körperschaften, Verbände,
aber auch Regierungen, Bürgerinitiativen,
nichtrechtsfähige Vereine und Gesellschaften
Betroffenheit= Individuelle, unmittelbare oder
mittelbare Berührung der eigenen
Interessensphäre



•
14.12.2012
Beispiele:
•
Theaterintendant bei Berichten über Zustände im Theater,
•
Eltern bei Veröffentlichung über das minderjährige Kind im
Haushalt
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Gegendarstellungsrecht
Anspruchsvoraussetzungen
•
Periodische Druckwerke
•
•
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Druckwerke, die in ständiger Folge und im
Abstand von nicht mehr als 6 Monaten erscheinen
(vgl. §3 Abs. 2 Nr. 2 LMG)
Tatsachenbehauptungen
•
Wesentliches Kriterium als Abgrenzung zur Meinung:
Beweiszugänglichkeit!
•
Die Abgrenzung von Meinungen/Tatsachen kann im
Einzelfall sehr problematisch sein und ist daher ein
hoher Unsicherheitsfaktor bei der Durchsetzung des
Gegendarstellungsanspruchs!
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Gegendarstellungsrecht
Anspruchsvoraussetzungen
(P): mehrdeutige Aussagen
•
•
•
In einer Zeitschrift wird 2004 über die Verurteilung einer Frau zur Rückzahlung
von 35,7 Mio. € berichtet, die zu Unrecht Leistungen für angeblich im 2. Weltkrieg
verloren gegangenes Aktienvermögen, u.a. von Daimler-Benz-Aktien, erlangt
hatte.
In dem streitgegenständlichen Artikel heißt es:
„Immer wenn im Hause B. das Geld knapp wurde, fanden sich auf wundersame
Weise neue Belege für stattliche Wertpapierdepots. Einmal steckten solche Papiere
in einer vergessenen Stahlkassette, ein anderes Mal in einem sperrigen
Schiffskoffer im Keller, wo sich zwischen abgetragenen Kleidungsstücken Hinweise
auf unbekannte Aktien unter anderem der IG Farben und der Automobilkonzerne
Ford und Daimler-Benz fanden.“
Die ordentlichen Gerichte sprachen ihr einen Gegendarstellungsanspruch zu: Sie
durfte entgegnen, dass die Daimler-Benz-Aktien, um deren Entschädigung
gestritten worden war, nicht in einem Schiffskoffer, sondern in Akten des
Lastenausgleichsamts aufgefunden worden waren. Der Artikel erwecke
möglicherweise einen abweichenden Eindruck. Zu Recht?
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Gegendarstellungsrecht
(P): Mehrdeutigkeit einer Aussage
Das BVerfG verneint im Ergebnis einen Gegendarstellungsanspruch
und führt aus:
„Die Pflicht zum Abdruck einer Gegendarstellung greift in den Schutzbereich der Pressefreiheit
ein“. (…)
„Das Grundrecht der Pressefreiheit findet seine Schranken gemäß Art. 5 Abs. 2 GG in den
allgemeinen Gesetzen. Hierzu zählt auch die Vorschrift des § 11 HbgPrG
(entspricht § 11 LMG).
Auslegung und Anwendung dieser Regelung ist Sache der
Zivilgerichte. Diese haben hierbei jedoch
die wertsetzende Bedeutung der von der
Entscheidung berührten Grundrechte zu berücksichtigen.“
BVerfG gelangt dann im Lichte des:
•
Selbstbestimmungsrechts der Presse
•
Möglichen Einschüchterungseffekts
zur Kernaussage des Urteils für das Gegendarstellungsrecht:
•
Die (einen Gegendarstellungsanspruch auslösende) Interpretation muss sich
dem Leser als unabweisliche Schlussfolgerung aufdrängen!
Hier (-), d.h. Gegendarstellungsanspruch (-)
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118
Gegendarstellungsrecht
§ 11 LMG
(3) Eine Verpflichtung zur Aufnahme der Gegendarstellung gemäß Absatz 1
besteht nicht, wenn
1. die betroffene Person oder Stelle kein berechtigtes Interesse an der
Gegendarstellung hat,
2. der Umfang der Gegendarstellung unangemessen über den der
beanstandeten Tatsachenbehauptung hinausgeht,
3. die Gegendarstellung sich nicht auf tatsächliche Angaben beschränkt
oder einen strafbaren Inhalt hat,
4. die Gegendarstellung nicht unverzüglich, spätestens innerhalb von
drei Monaten nach der Aufstellung der Tatsachenbehauptung, der nach
Absatz 1 Satz 1 verpflichteten Person schriftlich und von der betroffenen
Person oder ihrer gesetzlichen Vertreterin oder ihrem gesetzlichen
Vertreter unterzeichnet zugeht oder
5. es sich um eine Anzeige in einem periodischen Druckwerk handelt,
die ausschließlich dem geschäftlichen Verkehr dient.
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119
Gegendarstellungsrecht
Ausschlussgründe des Gegendarstellungsanspruchs:
Fehlen eines berechtigten Interesses
•
Bei Belanglosigkeit (obj. Durchschnittsleser)
•Bsp.: Bericht über einen Dachstuhlbrand, dessen Höhe mit 25 m statt 20 m angegeben
wurde.
•
•
Unverständlichkeit einer Gegendarstellung
Irreführung durch Gegendarstellung
•
•
berechtigtes Interesse soll auch fehlen bei offensichtlicher
Unwahrheit der Gegendarstellung!
•
•
14.12.2012
Bsp.: Zeitung berichtet über Verurteilung wegen einer bestimmten Tat. Ist der Täter
stattdessen richtigerweise wegen einer anderen Tat verurteilt worden, muss dies auch
in der Gegendarstellung mitgeteilt werden.
Aber: sehr enges Konzept, da Gegendarstellungsrecht vom Prinzip der
Wahrheitsunabhängigkeit getragen wird!
Die Unwahrheit muss für den unbefangenen Durchschnittsleser auf der Hand
liegen!
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120
Gegendarstellungsrecht
Die Welt 2001: „Gregor Gysi, ein registrierter Stasi-Spitzel“
Frage: Hat Gregor Gysi einen Anspruch auf eine Gegendarstellung mit gegenteiligem
Inhalt?
TB zunächst (+), inbesondere liegt eine Tatsachenbehauptung vor
•
Möglicher Ausschlussgrund: Fehlen eines berechtigten Interesses
•Ein berechtigtes Interesse könnte entfallen, wenn die Gegendarstellung unwahr
wäre
•Grundsatz: Bei der Gegendarstellung gilt das Prinzip der
Wahrheitsunabhängigkeit
Das bedeutet: weder muss Gysi beweisen, dass die Behauptung des
Spiegels unwahr ist, noch muss er beweisen, dass seine
Gegendarstellung wahr ist
•Ausnahme: Das berechtigte Interesse fehlt bei offensichtlicher Unwahrheit der
Gegendarstellung
Für die Offensichtlichkeit gelten strenge Maßstäbe: Die Unwahrheit muss
für den unbefangenen Durchschnittsleser auf der Hand liegen und
gerichtsbekannt sein.
•
Offensichtlichkeit (-), d.h. Gegendarstellungsanspruch (+).
Vgl. dazu BVerfG, 1 BvQ 35/01
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 121
Gegendarstellungsrecht
Weitere Ausschlussgründe
Unangemessen großer Umfang der Gegendarstellung
•
• Es darf soviel Raum in Anspruch genommen werden wie für
eine klare, konzentrierte Darstellung notwendig ist.
• Jedenfalls zulässiges Minimum ist der Umfang der
beanstandeten Erstmitteilung.
Keine Gegendarstellung bei Anzeigen, die
ausschließlich dem geschäftlichen Verkehr dienen.
•
• Grund: Dort steht nicht der Informationszweck, sondern die
Selbstdarstellung im Vordergrund.Außerdem: Keine Zeitung
wird (kostenpflichtige) Gegeninserate ohne zwingenden Grund
verweigern.
•Keine Gegendarstellung bei amtlichen oder „harmlosen“
Schriften, vgl. §1
Abs. 4 LMG
•Keine Gegendarstellung zur Gegendarstellung!
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122
Gegendarstellungsrecht
Weitere Ausschlussgründe
•
•
14.12.2012
Keine ausreichende Entgegnungserklärung
(§ 11 Abs. 3 Nr. 4 LMG)
• schriftliche Fixierung und Unterzeichnung der
Gegendarstellung
• Unterzeichnung muss von der betroffenen Person
selbst oder ihrem gesetzlichemVertreter
vorgenommen werden. Keine Unterzeichnung durch
bevollmächtigten RA – höchstpersönlicher
Charakter der Gegendarstellung
Frist
• „unverzüglich“ = ohne schuldhaftes Zögern
•
Faustregel: zwei Wochen
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123
Gegendarstellungsrecht
Inhalt und Form der Gegendarstellung
§ 11 LMG
(2) Die Gegendarstellung hat ohne Einschaltungen und Weglassungen in
gleicher Aufmachung wie die Tatsachenbehauptung zu erfolgen. Bei
Druckwerken muss sie in der nach Empfang der Einsendung
nächstfolgenden für den Druck nicht abgeschlossenen Nummer in dem
gleichen Teil des Druckwerks und mit gleicher Schrift wie der
beanstandete Text abgedruckt werden; sie darf nicht in der Form eines
Leserbriefs erscheinen. Eine Erwiderung muss sich auf tatsächliche
Angaben beschränken; dies gilt bei periodischen Druckwerken nur,
sofern die Erwiderung in derselben Folge oder Nummer erfolgt.
Verbreitet ein Unternehmen der in § 3 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b oder c
genannten Art eine Gegendarstellung, so ist die Gegendarstellung
gleichfalls unverzüglich so weit zu veröffentlichen, wie die behauptete
Tatsache übernommen wurde.
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Folie Nr. 124
Gegendarstellungsrecht
Gegendarstellung Beispiele
Quelle: BildBlog.de
Stefan Raabs Mettbrötchen
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Folie Nr. 125
Fotomontage
Quelle: Aufrecht.de
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 126
Fotomontage
Gegendarstellung
Auf der Titelseite von der "neuen Woche" Nr. 42 vom 15.
Oktober 2010 ist ein Foto abgebildet, welches mich und meine
Frau vor grünen Blättern zeigt.
Hierzu stelle ich fest:
Das Foto ist eine ohne mein Einverständnis hergestellte
Fotomontage. Ein Einzelfoto von mir und ein Einzelfoto von
meiner Frau wurden auf einen Hintergrund mit grünen Blättern
gesetzt.
Potsdam, 28. Oktober 2010-11-29
G. Jauch
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 127
Fotomontage
Fotomontage gegendarstellungsfähig?
LG Offenburg:
Gegendarstellungsfähige Tatsachenbehauptungen beziehen sich
grundsätzlich auf die sachliche Aussage eines Textes oder eines
Bildes, soweit es sich um Tatsachen handelt, nicht aber auf die
Art ihrer Herstellung. Im vorliegenden Fall könnte diese
möglicherweise heißen: "Ehepaar [...] steht vor grünen
Blättern", nicht aber "Ich bin eine echte Fotoaufnahme und
keine Montage". Demgemäß könnte die Gegendarstellung
allenfalls dahingehen, dass der Verfügungskläger nicht mit
seiner Frau vor grünen Weinblättern stand, nicht aber, dass es
sich um eine aus Einzelfotos hergestellt Fotomontage handelt.
Eine entsprechende Anpassung des Textes ist dem Gericht
allerdings nach dem von ihm vertretenen Grundsatz "ganz oder
gar nicht" nicht möglich.
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 128
Redaktionsschwanz
Redaktionsschwanz
Änderungen des § 1 SPresseG 1994 („Lex Lafontaine“)
Die Gegendarstellung muß in der nach Empfang der Einsendung nächstfolgenden, für
den Druck nicht abgeschlossenen Nummer an gleichwertiger, der Seite der
Erstmitteilung entsprechender Stelle, mit gleicher Schrift und gleicher Aufmachung
(bisher: in dem gleichen Teil des Druckwerks und mit gleicher Schrift wie der
beanstandete Text) ohne Einschaltungen und Weglassungen abgedruckt werden
(Streichung von: ;sie darf nicht in der Form eines Leserbriefes erscheinen). Sie soll
bei Verwendung grafischer oder fotografischer Mittel, die in einem Zusammenhang
mit dem beanstandeten Text stehen, bei einem berechtigten Interesse der
betroffenen Person oder Stelle mit gleichwertigen grafischen oder fotografischen
Bestandteilen erfolgen. Der Abdruck ist kostenfrei. Zusätze zur Gegendarstellung
sind nicht statthaft.
•
•
Änderungen 2000: Redaktionsschwanz
auch im Saarland wieder möglich
Anforderungen
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 129
Gegendarstellungsanspruch
•
Merke zum Gegendarstellungsanspruch:
•
•
Die Gegendarstellung richtet sich gegen
TATSACHENBEHAUPTUNGEN
Prinzip der Wahrheitunabhängigkeit!
•
•
Die h.M. in der Rechtsprechung wendet im
Gegendarstellungsverfahren das so genannte "Alles
oder- nichts-Prinzip" an.
•
14.12.2012
In dem Verfügungsverfahren findet weder eine Prüfung der
beanstandeten Behauptung auf ihre Richtigkeit noch auf die
Behauptung der Richtigkeit der Behauptungen in der
Gegendarstellung statt.
Dies bedeutet, dass wenn nach Auffassung des Gerichts eine
einzelne Formulierung unzulässig ist, dies dazu führen kann,
dass der Anspruch auf Gegendarstellung insgesamt
zurückgewiesen wird.
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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130
Unterlassungsanspruch
Unterlassungsanspruch, analog §1004 BGB.
•
•
Ziel: Abwehr künftiger Störungen!
Voraussetzungen des Anspruchs:
•
Geschütztes Rechtsgut
• Rechtsgüter d. § 823 Abs. 1 BGB
• Individualinteressen, die durch Schutzgesetze i.S. d. § 823 Abs. 2 BGB
geschützt sind (Bsp. UWG)
•
Drohender rechtswidriger Eingriff
• Die Äußerung erwiesenermaßen unwahrer Tatsachen ist rechtswidrig.
• Meinungsäußerungen sind nur dann rechtswidrig, wenn die Grenze zur
Schmähkritik überschritten ist!
•
Begehungsgefahr
•
•
•
14.12.2012
Wiederholungsgefahr (Unterlassungsanspruch nach Veröffentlichung)
Erstbegehungsgefahr (Vorbeugender Unterlassungsanspruch
Verschuldensunabhängige Haftung!
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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131
Unterlassungsanspruch
Wiederholungsgefahr
•
•
Ein begangener rechtswidriger Eingriff begründet grds. die
Vermutung, dass auch in Zukunft gleichartige rechtswidrige Eingriffe
bevorstehen
Keine Wiederholungsgefahr besteht, wenn eine strafbewehrte
Unterlassungserklärung abgegeben wird
Erstbegehungsgefahr
•
Der Betroffene muss konkrete Umstände nachweisen, die eine
Erstbegehungsgefahr belegen!
•
Bei Film-und Bildaufnahmen hängt es davon ab, ob der
redaktionelle Rahmen und die Rechtswidrigkeit des Einsatzes
schon konkret bewertet werden kann. (in der Regel nicht!)
•
Bsp. für Erstbegehungsgefahr: Jemand berühmt sich eines
Rechts, eine bestimmte Veröffentlichung vornehmen zu dürfen.
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 132
Unterlassungsanspruch
Umfang des Unterlassungsanspruchs:
•
•
Grundsätzlich: Kein Gesamtverbot eines Beitrages,
rechtswidrige Inhalte müssen herausgestellt werden.
Bestimmtheitserfordernis ist zu beachten!
•
Unterlassung „sinngemäßer Äußerung“ ist zulässig, nicht dagegen das
Verbot, „den Eindruck zu erwecken,…“ oder das Begehren, alle Bildnisse
„aus dem privaten Alltag“ zu unterlassen.
Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs
•
Nicht zuletzt um Kosten i.S. des § 93 ZPO (sofortiges
Anerkenntnis) zu vermeiden, bedarf es zunächst einer
außergerichtlichen Abmahnung mit folgendem Inhalt:
•
•
•
•
Datum: 14.12.2012
Benennung der konkreten Verletzungshandlung
Forderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung
Fristsetzung zur Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung
Androhung gerichtlicher Schritte bei fruchtlosem Ablauf der gesetzten
Frist
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Folie Nr. 133
Unterlassungsanspruch
Beispiel Abmahnungsschreiben
"Veröffentlichung in der Y-Zeitung vom 14.05.2008, Seite 51
"Die Machenschaften des Dr. Schmidt"
Sehr geehrte Damen und Herren,
unter Vollmachtsvorlage (im Original) zeige ich an, dass ich die rechtlichen
Interessen von Dr. Schmidt vertrete.
Der oben genannte Artikel enthält die unrichtige Behauptung, dass Herr Dr.
Schmidt im Rahmen seiner Amtsgeschäfte Bestechungsgelder
angenommen habe. Durch diese unrichtige Behauptung werden die
Persönlichkeitsrechte meines Mandanten verletzt. Zur Beseitigung der
Wiederholungsgefahr fordere ich Sie daher namens und in Vollmacht
meines Mandanten auf, beigefügte Unterlassungserklärung bis
spätestens zum 28.05.2008, 24.00 Uhr hier eingehend, abzugeben.
Nach fruchtlosem Ablauf der vorgenannten Frist werde ich meinem
Mandanten empfehlen, seine Ansprüche gerichtlich durchzusetzen."
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 134
Unterlassungsanspruch



Beispiel Unterlassungserklärung
1. Die Y-Zeitung GmbH vertreten durch (...) verpflichtet sich gegenüber Herrn Dr.
Schmitt, wohnhaft (…), es bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung
unter Ausschluss der Einrede des Fortsetzungszusammenhangs fälligen
Vertragsstrafe von EUR 5.100,00 zu unterlassen, zu behaupten, Herr Dr. Schmidt
habe im Rahmen seiner Amtsgeschäfte Bestechungsgelder angenommen.
2. Die Y-Zeitung GmbH erkennt den Schadenersatzanspruch gegenüber Herrn Dr.
Schmitt aus den Verletzungshandlungen grundsätzlich an.
3. Die Y-Zeitung GmbH verpflichtet sich gegenüber Herrn Dr. Schmitt, innerhalb
einer Woche nach Abgabe der Unterlassungserklärung Auskunft über die Auflage
der Y-Zeitung sowie darüber zu erteilen, wie viele Zugriffe das Online-Angebot
unter (…) am Tag (…) hatte.
4. Die Y-Zeitung GmbH verpflichtet sich zur Übernahme der Kosten, die durch die
Einschaltung der Rechtsanwaltskanzlei Dussel&Partner in dieser Sache entstanden
sind auf Basis eines Streitwerts von EUR 15.000,00.
Ort, Datum, Unterschrift
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 135
Unterlassungsanspruch
Modifizierte Unterlassungserklärung
•
•
•
•
Eine abgeänderte Unterlassungserklärung hat Vorteile, birgt aber auch Risiken:
Einerseits soll die vorgegebene, im Zweifel zu weit gehende Formulierung des
Abmahnenden korrigiert werden (Umfang der zu unterlassenden Handlung, Höhe
der Vertragsstrafe)
Wird zu viel herausgestrichen, beseitigt die Unterlassungserklärung die
Wiederholungsgefahr nicht. Ergebnis: der Abmahnende reicht Klage ein, es
entstehen höhere Kosten.
„Hamburger Brauch“ = Formulierung der Unterlassungserklärung wie folgt: (…) es
zukünftig bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung von dem
Unterlassungsgläubiger zu bestimmenden, im Streitfalle durch das zuständige
Gericht zu überprüfenden, angemessenen Vertragsstrafe zu unterlassen (…)
Die Formulierung"...unter Ausschluss der Einrede des
Fortsetzungszusammenhangs..." sollte man streichen. Das Fehlen des
Fortsetzungszusammenhangs ist für die Beseitigung der Wiederholungsgefahr
nicht schädlich. Fortsetzungszusammenhang = Zusammenfassung mehrerer
einzelner Verstöße zu einem einzigen Verstoß.
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 136
Berichtigungsanspruch
•Ziel: Beseitigung einer fortdauernden Rechtsbeeinträchtigung durch eine
Veröffentlichung
•
Voraussetzungen des Berichtigungsanspruchs aus §1004 BGB analog:
•
Rechtsgutbeeinträchtigung durch unwahre Tatsachenbehauptung
•
Die Beweislast für die Unwahrheit der angegriffenenTatsachenbehauptung
liegt beim Anspruchsteller.
•
Fortdauer der Beeinträchtigung
•
BGH in Caroline von Monaco I: Auch nach einem Zeitraum von zwei
Jahren kann bei einer auflagenstarken Zeitschrift noch eine verletzende
Wirkung vorhanden sein.
•
Rechtswidrigkeit
•
•
•
•
Verlangt wird nicht, dass der Störer rechtswidrig gehandelt hat; entscheidend ist, dass der
Störzustand rechtswidrig ist. Beispiel: trotz erfolgter Wahrheitsprüfung kommt die
Unwahrheit einer Meldung erst später ans Licht
Dann: Richtigstellung
Rechtsschutzinteresse
•
Bsp. (-) bei freiwilliger redaktioneller Richtigstellung, bei einer
Berichtigung von Nebensächlichkeiten
Nicht: Verschulden
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 137
Berichtigungsanspruch
Arten der Berichtigung
•
Widerruf
•
•
Der in Anspruch Genommene erklärt, dass er die unwahre Äußerung "widerruft" oder
dass die Äußerung "unwahr" ist.
Richtigstellung
•
Eine Richtigstellung erfolgt dann, wenn die beanstandete Behauptung zwar nicht in vollem
Umfang zu widerrufen aber zumindest einzuschränken ist. Möglich auch: Ergänzung
Form der Berichtigung
•
Wie bei Gegendarstellungsanspruch.
Anspruchsverpflichteter
•
Derjenige, der die zu berichtigende Behauptung aufgestellt hat, ist auch zu
ihrer Berichtigung verpflichtet. Soweit Behauptung nur (ohne sich zu Eigen
machen) verbreitet wird, kann nur Distanzierung verlangt werden.
Durchsetzung des Berichtigungsanspruchs
•
Der Berichtigungsanspruch kann – im Gegensatz zu Unterlassungsanspruch
und Gegendarstellung – nur im Wege der Hauptsacheklage durchgesetzt
werden.
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 138
Berichtigungsanspruch
Beispiel für eine Widerrufserklärung:
Widerruf
In den Lübecker Nachrichten vom 23. Januar 1996 erschien
unter der Überschrift „Die Lübecker Brandkatastrophe und
die Wahrheit“ ein Kommentar von A. H. mit der
Überschrift „Verfluchte Stadt?“. Dieser Kommentar
enthält eine falsche Tatsachenbehauptung:Falsch ist, dass
für den Bürgermeister der Hansestadt Lübeck, Herrn
Michael Bouteiller, schon wenige Stunden nach dem
Brand festgestanden hat, dass dies ein Anschlag
Rechtsradikaler gewesen ist. Die Lübecker Nachrichten
widerrufen hiermit diese Falschmeldung.Die Redaktion
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 139
Schadensersatzanspruch
•
•
•
Ziel: Ausgleich von Vermögensnachteilen
Rechtsgrundlage: §§ 823, 824, 826 BGB
Anspruchsvoraussetzungen:
•
Rechtswidrige Verletzung geschützter Interessen
• Rechtswidriger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht, Recht am
Unternehmen (§823 Abs. 1 BGB) z. B. durch Schmähkritik
•
Verschulden
• § 276 BGB, Vorsatz und Fahrlässigkeit
•
Vermögensschaden
• Verglichen wird die aktuelle Vermögenslage durch das
Schadensereignis mit der hypothetischen Vermögenslage, die ohne das
Ereignis vorläge - Materielle Schäden! Auch: entgangener Gewinn, §
252 BGB
•
Kausalität
• Das Verhalten des Schädigers muss ursächlich sein für einen
Schadenseintritt
• Die Verletzung muss ursächlich sein für die gesamte Schadenshöhe!
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 140
Anspruch auf
Geldentschädigung
Bei schweren Persönlichkeitsrechtsverletzungen hat der Verletzte neben den
Ansprüchen auf Gegendarstellung, Unterlassung, Berichtigung und
Schadenersatz einen Anspruch auf Geldentschädigung, § 823 BGB i. V.
m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG.
Voraussetzung der Geldentschädigung
•
Schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung
•
•
•
•
•
•
Verletzung der Intimsphäre
Verletzung der Privatsphäre
Erfundene Interviews und Zitate
Schmähkritik
Persönlichkeitsrechtsverletzung durch Einsatz in der Werbung (Herrenreiter-Fall)
Beeinträchtigung kann nicht in anderer Weise befriedigt werden.
•
•
Datum: 14.12.2012
Berichtigung kann dazu führen, dass ein Geldentschädigungsanspruch ausscheidet.
Höhe des Anspruchs: kann nach § 287 Abs. 1 ZPO vom Gericht "nach freier
Überzeugung" bestimmt werden. Bei Verletzung Recht am eigenen Bild denkbar:
Lizenzanalogie
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Folie Nr. 141
Definition Schmähkritik
•
•
•
Eine Meinungsäußerung ist als Schmähkritik anzusehen, wenn sie –
jenseits auch polemischer oder überspitzter Kritik- ausschließlich in
der Herabsetzung einer Person besteht.
Es genügt aber nicht allein die Herabsetzung. Die Kritik muss auch
überzogen und ausfallend sein, so dass die Auseinandersetzung mit
der Person oder Sache nicht mehr im Vordergrund steht, sondern
lediglich die Diffamierung.
Beispiele aus der Rechtsprechung:
-
Heinrich Böll sei ein „steindummer, kenntnisloser und talentfreier“ Autor,
„einer der verlogensten, ja korruptesten“ und ein „zum Teil
pathologischer, zum Teil ganz harmloser Knallkopf“ gewesen, bei seinen
Werken handele es sich „häufig um wiederwärtigen Dreck“.
-
-
Die Kritik an Gerichten eines Restaurants, die wie folgt formuliert
war:„Gerichte, wie eine Portion Pinscherkot in die Teller hinein
geschissen“, die „zum Kotzen“ seien und die Bedienung „radikal vor sich
hindämmernd und vor dem Herzinfarkt stehend“ wäre, so dass die
Zustände im Lokal ein„heilloses Chaos“ wären.
-
Datum: 14.12.2012
BVerfG ( 1. Kammer des Ersten Senats ), Beschluß vom 25-02-1993 - 1 BvR 151/93
OLG Frankfurt, Beschluß vom 24-11-1989 - 6 W 122/89
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Folie Nr. 142
Lisa
Beispiel für Geldentschädigung wegen schwerer
Verletzung des Persönlichkeitsrechts:
•
•
Stefan Raab und „Lisa L.“ (1:10)
Das OLG Hamm sprach Lisa L. 70.000 €
Geldentschädigung zu
•
(…) Es ist als besonders schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts
anzusehen, wenn eine Minderjährige in einer Fernsehsendung (hier: "TVTotal") als für das Pornogeschäft geeignet angesehen wird.
(…) Der Umstand, dass die Klägerin an einem Schönheitswettbewerb
teilgenommen hat, einem anderen Fernsehsender in diesem
Zusammenhang ein Kurzinterview gegeben und sich damit selbst in
gewisser Weise medial präsentiert hat, ist nicht als freiwillige
Interessenexponierung zu bewerten.
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 143
3. Kapitel
Urheberrecht
Übersicht
•
•
•
•
•
•
Urheberrecht im System des geistigen
Eigentums(schutzes)
Urheberrechtlich geschützte Werke
Rechte des Urhebers
Schranken
Rechtsdurchsetzung
Sonderfragen im Kontext „neuer“ Medien
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 145
Grundlagen
Urheberrecht ist ein historisch junges Konzept:



Rechtlicher Schutz in der griechischen noch in der römischen
Antike (-).
„Abschreiben“ ist lediglich gesellschaftlich verpönt.
Mittelalter: Bücherfluch

Datum: 14.12.2012
Um 1220 Eike von Repgow im Sachsenspiegel :
"Allen, die unrecht verfahren und sündigen mit diesem Buch,
denen sende ich diesen Fluch und denen, die Falsches hinzu
erdichten: Der Aussatz soll sie dann vernichten [...]. Wer dem
Teufel ohne Ende will zugehören, der sende ihm diese Urkunde
und fahre zu der Hölle Grunde.“ (Hochdeutsche Übersetzung)
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Folie Nr. 146
Grundlagen
Entstehung von Urheberrechtsgesetzen
1710 England Statute of Anne den Urhebern wird das ausschließliche Vermarktungsrecht zugebilligt,
das Verlegern abgetreten werden kann. Werk muß im Register der Buchhändlergilde eingetragen
und mit einem Copyright-Vermerk versehen sein
1791 und 1793 Einführung des Propriété littéraire et artistique in Frankreich
1795 Einführung des Copyright- Regelung nach englischen Vorbild in den USA
1785 Immanuel Kants Schrift "Von der Unrechtmäßigkeit des Büchernachdrucks" unterstreicht erstmals
das persönlichkeitsrechtliche Verständnis des Urheberrechts.
1837 Preußen führt einen Urheberrechtsschutz ein
1857 Einführung eines allgemeinen Urheberrechtsschutzes durch den Norddeutschen Bund; die
Regelung wird 1871 vom Deutschen Reich übernommen
1907 Veröffentlichung des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und
der Photographie (Kunsturheberrechtsgesetz – KUG, KunstUrhG)
1933 bis 1945 galten die Urheber in Deutschland als „Treuhänder des Werks“ für die
Volksgemeinschaft.
1965 Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz – UrhG) in
Deutschland
1994 Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS)
durch die Welthandelsorganisation WTO
1996 WIPO-Urheberrechtsvertrag (WTC) und WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger (WPPT)
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 147
Grundlagen
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 148
Quelle: DPMA
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 149
Patent

PatG

§1
Patente werden für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt, sofern
sie neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich
anwendbar sind.

Patente werden vom DPMA erteilt
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 150
GebrauchsmusterG

GebrauchsmusterG

§1
Als Gebrauchsmuster werden Erfindungen geschützt, die neu sind,
auf einem erfinderischen Schritt beruhen und gewerblich anwendbar
sind.
Unterschiede zum Patent:




Gebrauchsmuster ist ungeprüftes Schutzrecht. Im
Eintragungsverfahren werden Neuheit, erfinderischer Schritt
und gewerbliche Anwendbarkeit nicht geprüft.
Verfahren deshalb schneller
„Lebensdauer“. Patent zwanzig Jahre, Gebrauchsmuster
maximal zehn Jahre
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 151
Geschmacksmuster
GeschmacksmusterG
§ 1 Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Gesetzes 1. ist ein Muster die zweidimensionale oder dreidimensionale
Erscheinungsform eines ganzen Erzeugnisses oder eines Teils davon, die sich
insbesondere aus den Merkmalen der Linien, Konturen, Farben, der Gestalt,
Oberflächenstruktur oder der Werkstoffe des Erzeugnisses selbst oder seiner
Verzierung ergibt;
(…)
§ 2 Geschmacksmusterschutz
(1) Als Geschmacksmuster wird ein Muster geschützt, das neu ist und Eigenart hat.
(2) Ein Muster gilt als neu, wenn vor dem Anmeldetag kein identisches Muster offenbart
worden ist. Muster gelten als identisch, wenn sich ihre Merkmale nur in
unwesentlichen Einzelheiten unterscheiden.
(3) Ein Muster hat Eigenart, wenn sich der Gesamteindruck, den es beim informierten
Benutzer hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes
Muster bei diesem Benutzer hervorruft, das vor dem Anmeldetag offenbart worden
ist. Bei der Beurteilung der Eigenart wird der Grad der Gestaltungsfreiheit des
Entwerfers bei der Entwicklung des Musters berücksichtigt.
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 152
UrhG
•
Urheberrecht
•
•
•
•
•
UrhG 1966
Novelle I: Erster Korb 2003 (Umsetzung RiLi 2001/29 –
Verbot Umgehung Kopierschutz)
Novelle II: Zweiter Korb seit 1.1. 2008 in Kraft (Privatkopie
und offensichtlich rechtswidrig hergestellte Vorlage)
Seit 1.9.2008 Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung
von Rechten des geistigen Eigentums
Gegenwärtig: Verhandlungen um Novelle III (Dritter Korb)
•
•
•
Urheberrechtswahrnehmungsgesetz (UrhWG)
•
•
„Kulturflatrate“?
Provider und Urheberrechtsverstöße - Warnhinweismodell?
Wahrnehmung der relevanten Rechte aus UrhG durch
Verwertungsgesellschaften
Gesetz über das Verlagsrecht (VerlG)
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 153
Geschützte Werke
§ 2 Geschützte Werke
(1) Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst
gehören insbesondere:

1. Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme;
2. Werke der Musik;
3. pantomimische Werke einschließlich der Werke der Tanzkunst;
4. Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der
angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke;
5. Lichtbildwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Lichtbildwerke
geschaffen werden;
6. Filmwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Filmwerke geschaffen
werden;
7. Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen,
Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen.
(2) Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nur persönliche geistige
Schöpfungen.
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 154
Geschützte Werke
§ 4 Sammelwerke und Datenbankwerke
(1) Sammlungen von Werken, Daten oder anderen unabhängigen
Elementen, die aufgrund der Auswahl oder Anordnung der
Elemente eine persönliche geistige Schöpfung sind
(Sammelwerke), werden, unbeschadet eines an den einzelnen
Elementen gegebenenfalls bestehenden Urheberrechts oder
verwandten Schutzrechts, wie selbständige Werke geschützt.
(2) Datenbankwerk im Sinne dieses Gesetzes ist ein Sammelwerk,
dessen Elemente systematisch oder methodisch angeordnet und
einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise
zugänglich sind. Ein zur Schaffung des Datenbankwerkes oder
zur Ermöglichung des Zugangs zu dessen Elementen
verwendetes Computerprogramm (§ 69a) ist nicht Bestandteil
des Datenbankwerkes.
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 155
UrhG Kernbestimmungen
•
Gegenstand des Urheberrechts
•
•
•
Urheberpersönlichkeitsrecht
•
•
§§ 15 -23 UrhG Verwertung in körperlicher / nicht-körperlicher
Form
„Schutzbereichskorrektur“ in § 24 UrhG
•
•
Besondere Beziehung Urheber – Werk, §§ 12-14 UrhG
Verwertungsrechte
•
•
Texte, Bilder, Musik, Filme, Videos, § 2 UrhG
Verwandte Schutzrechte / Leistungsschutzrechte, §§ 72 ff. UrhG
(P) was bedeutet Schaffung in freier Benutzung?
Nutzungsrechte, §§ 31 ff. UrhG
•
Datum: 14.12.2012
Ausschnitt eines Verwertungsrechts, vielfach zeitlich, räumlich
oder inhaltlich beschränkt
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Folie Nr. 156
UrhG Kernbestimmungen
• Schranken des Urheberrechts
•
§§ 44 a bis 63 UrhG ermöglichen teilweise
unentgeltliche Nutzung, teilweise erhält der
Urheber einen Anspruch auf angemessene
Vergütung
• Verletzungshandlungen und
Rechtsfolgen
•
•
Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche, §§ 97 ff.
Auskunftsanspruch, § 101 UrhG
• Straf- und Bußgeldvorschriften, §§
106 ff.
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 157
Das Werk
Werk = persönliche geistige Schöpfung, § 2 Abs. 2
UrhG
•
Datum: 14.12.2012
Rspr.: menschliche Schöpfung, die einen geistigen
Gehalt, eine diesen repräsentierende sinnlich
wahrnehmbare Formgestaltung und einen hinreichenden
Grad an schöpferischer Eigentümlichkeit aufweist.
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Folie Nr. 158
Das Werk
Wassily Kandinsky, Komposition IV (1911)
14.12.2012
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159
Das Werk
Congo, 1957
14.12.2012
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160
Das Werk
(P) Vor allem: hinreichender Grad an schöpferischer
Eigentümlichkeit?
•
individuelle geistige Leistung
•
BGH, Hundefigur Bill
•
Gestaltungshöhe
•
•
Je nach Werkart unterschiedlich!
Unbedeutend für den Werkbegriff:
Herstellungsaufwand, Umfang des Werkes, Zweck,
Rechtswidrigkeit der Werkinhalte
•
Anwaltschriftsatz als „Werk“?
•
•
Vertragsformular als „Werk“?
•
14.12.2012
BGH, Urteil vom 17. 4. 1986 - I ZR 213/ 83
OLG Brandenburg, Urteil v. 16.03.2010, Az. 6 U 50/09
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161
Das Werk
Sonder(P) urheberrechtlicher Schutz für Showformate?
•
•
Format = Gesamtheit aller charakteristischen Merkmale, die
geeignet sind, auch Folgen einer Show ungeachtet ihres
jeweils unterschiedlichen Inhalts als Grundstruktur zu prägen
und damit zugleich dem Publikum zu ermöglichen, sie ohne
weiteres als Teil einer Sendereihe zu erkennen.
Beachte: Eine konkrete fertige Sendung aus einer
Spielshowreihe oder einzelne Bestandteile (Titelmusik) =
Werk. Beim Formatschutz geht es um die Frage, ob die
immer wiederkehrenden Gestaltungselemente einer
Showserie als Konzept für die noch herzustellenden Folgen
urheberrechtlich geschützt sind. Gestaltungselemente bei
Spielshow z.B. Spielregeln, Titel, Bühnenbild, Art und Weise
der Moderation
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 162
Das Werk
BGH: Format einer Show ist kein Werk im Sinne
des § 2 UrhG!
Argumentation:
•
Ein Werk im Sinne des § 2 UrhG und damit Gegenstand
des Urheberrechtsschutzes kann nur sein das Ergebnis
der schöpferischen Formung eines bestimmten Stoffs.
Daran fehlt es bei einer vom Inhalt losgelösten bloßen
Anleitung zur Formgestaltung gleichartiger anderer
Stoffe, mag diese auch ein individuell erarbeitetes, ins
einzelne gehendes und eigenartiges Leistungsergebnis
sein
BGH, Kinderquatsch mit Michael
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 163
Das Werk
Unterschied zu urheberrechtlichem Schutz von Fernsehserien, denen Fabel zu
Grunde liegt?
Fabel (die vom Urheber erfundenen Charaktere mit ihrer Lebensgeschichte,
ihren Eigenschaften, ihrem Verhältnis untereinander und das
Handlungsgefüge) ist schutzfähig!
•
Dazu: BGH Laras Tochter
BGH in Kinderquatsch:
Fernsehserien sind durch ihren fiktiven Inhalt gekennzeichnet. Sie erzählen
typischerweise in einzelnen Folgen eine sich fortlaufend entwickelnde Handlung,
die maßgeblich von dem Beziehungsgeflecht der auftretenden Personen und dem
Milieu, dem diese zugeordnet werden, geprägt ist. Bei der Frage, ob derartige
Fernsehserien urheberrechtlich gegen Nachahmungen geschützt sind, geht es
regelmäßig darum, ob für Elemente der Serie - wie insbesondere die Fabel urheberrechtlicher Werkschutz geltend gemacht werden kann.
Fernsehshowformate entwerfen dagegen im allgemeinen keine fiktive Welt, aus
der heraus die einzelnen Sendungen als Folgen geschaffen werden. Nicht derartige
inhaltliche Elemente verbinden die Sendungen einer entsprechenden
Fernsehshowreihe, sondern das übereinstimmende Format.
•
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 164
Urheberpersönlichkeitsrecht
§ 12 Veröffentlichungsrecht
(1) Der Urheber hat das Recht zu bestimmen, ob und wie sein Werk zu
veröffentlichen ist.
(2) Dem Urheber ist es vorbehalten, den Inhalt seines Werkes öffentlich
mitzuteilen oder zu beschreiben, solange weder das Werk noch der
wesentliche Inhalt oder eine Beschreibung des Werkes mit seiner
Zustimmung veröffentlicht ist.
§ 13 Anerkennung der Urheberschaft
Der Urheber hat das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft am Werk.
Er kann bestimmen, ob das Werk mit einer Urheberbezeichnung zu
versehen und welche Bezeichnung zu verwenden ist.
§ 14 Entstellung des Werkes
Der Urheber hat das Recht, eine Entstellung oder eine andere
Beeinträchtigung seines Werkes zu verbieten, die geeignet ist, seine
berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen am Werk zu
gefährden.
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 165
Urheberpersönlichkeitsrecht
Ellis K. ist Autorin der Pumuckl-Geschichten. Barbara von J. hat
als Zeichnerin die ursprüngliche Pumuckl-Figur entworfen. In
einem Vertrag hat J. 1977 allerdings der Verwertung der
Zeichnungen in Büchern und Filmen zugestimmt und auf ihr
Recht auf Namensnennung verzichtet. Nachdem die PumucklBücher und –Filme große Bekanntheit erlangt haben, möchte sie
nun als Urheberin genannt werden. Zudem veranstaltet sie
gemeinsam mit einem Radiosender einen Wettbewerb, in dem
Kinder aufgefordert werden, eine Freundin für Pumuckl zu
zeichnen. Dagegen wendet sich die K. J. schreibe unerlaubt die
von Ihr (K) verfasste Geschichte fort. Zudem widerspreche der
Wettbewerb dem literarischen Charakter der Pumuckl-Figur. Als
Nachfahre der Klabauter könne Pumuckl weder sterben noch
heiraten und treibe grundsäztlich keine Späße sexuellen Inhalts.
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 166
Urheberpersönlichkeitsrecht
1. Wurde K´s Werk entstellt?
LG München: Nein. Pumuckl darf Freundin haben!
2. Muß J´s Name genannt werden?
OLG München: Ja. Anspruch auf Namensnennung der J (+)
14.12.2012
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167
Verwertungs- und
Nutzungsrechte
Verwertungsrechte §§ 15-23 UrhG
Regeln die Befugnisse des Urhebers im Zusammenhang mit der
wirtschaftlichen Verwertung.
•
In der Praxis wichtiger: die von den Verwertungsrechten abgeleiteten
(abgespaltenen) Nutzungsrechte.
•
Die Verwertungsrechte bleiben beim Urheber, die Nutzungsrechte
daran können Lizenznehmern eingeräumt werden.
•
„Neues“ Verwertungsrecht, § 19 a UrhG
•
Verwetungspraxis:
•
•
•
Große Bedeutung von Verwertungsgesellschaften
Durch Wahrnehmungsvertrag zwischen Verwertungsgesellschaft und Urheber wird die
Wahrnehmung der relevanten Rechte treuhänderisch auf die Verwertungsgesellschaft
übertragen. Urheber räumt Gesellschaft die exklusiven Nutzungsrechte ein, damit
Gesellschaft ihrerseits Dritten einfache Nutzungsrechte (Sublizenzen) einräumen
kann. Näheres im UrhWG
Einräumung der Nutzungsrechte durch § 31 ff. UrhG
•
Datum: 14.12.2012
Einfache und ausschließliche Nutzungsrechte
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Folie Nr. 168
Unfreie Bearbeitung und
freie Benutzung
§ 23 Bearbeitungen und Umgestaltungen
Bearbeitungen oder andere Umgestaltungen des Werkes dürfen nur mit
Einwilligung des Urhebers des bearbeiteten oder umgestalteten Werkes
veröffentlicht oder verwertet werden. Handelt es sich um eine
Verfilmung des Werkes, um die Ausführung von Plänen und Entwürfen
eines Werkes der bildenden Künste, um den Nachbau eines Werkes der
Baukunst oder um die Bearbeitung oder Umgestaltung eines
Datenbankwerkes, so bedarf bereits das Herstellen der Bearbeitung oder
Umgestaltung der Einwilligung des Urhebers.
§ 24 Freie Benutzung
(1) Ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines
anderen geschaffen worden ist, darf ohne Zustimmung des Urhebers
des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden.
(2) Absatz 1 gilt nicht für die Benutzung eines Werkes der Musik, durch
welche eine Melodie erkennbar dem Werk entnommen und einem neuen
Werk zugrunde gelegt wird.
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 169
Unfreie Bearbeitung und
freie Nutzung
•
„Schutzbereichskorrektur“ in § 24 UrhG
•
(P) was bedeutet Schaffung in freier Benutzung?
• VS: ausreichender künstlerischer Abstand
• BGH (-), wenn die Gesichtszüge und die typischen
Merkmale einer urheberrechtlich geschützten
Comicfigur (Asterix) in einen neuen Comic
übernommen werden, in dem die Figur lediglich in
einen neuen Zusammenhang (z. B. Neuzeit statt
Antike) gesetzt wird
• Denkbar dagegen: nur gweisse Merkmale der
Figuren (Figur 1 klein + clever, Figur 2 stark +
einfältig) dürfen frei übernommen werden
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 170
Schranken
•
Schranken des Urheberrechts
•
•
•
§§ 44 a bis 63 UrhG ermöglichen teilweise unentgeltliche
Nutzung, teilweise erhält der Urheber einen Anspruch auf
angemessene Vergütung
Grds. enge Auslegung der Schrankenbestimmungen!
Schranken des Urheberrechts
•
Bsp: § 51 UrhG Zitat (VS: bestimmter Zweck)
• Fremde Sendungsausschnitte in TV Total zulässig ?
• BGH: nein! Weder § 24 noch §§ 50, 51 Nr. 2 einschlägig.
• § 50 UrhG: Tagesereignis?
• § 51 Nr. 2: Voraussetzung für die Zulässigkeit des Zitats ist, dass
es als Belegstelle oder Erörterungsgrundlage für selbstständige
Ausführungen dient und eine innere Verbindung zu den eigenen
Gedanken hergestellt wird
• Raab muss zahlen!
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 171
Schranken
§ 53 Vervielfältigungen zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch
(1) Zulässig sind einzelne Vervielfältigungen eines Werkes durch eine
natürliche Person zum privaten Gebrauch auf beliebigen Trägern, sofern
sie weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen, soweit
nicht zur Vervielfältigung eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte
oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet wird. Der zur
Vervielfältigung Befugte darf die Vervielfältigungsstücke auch durch
einen anderen herstellen lassen, sofern dies unentgeltlich geschieht oder
es sich um Vervielfältigungen auf Papier oder einem ähnlichen Träger
mittels beliebiger photomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren
mit ähnlicher Wirkung handelt.
•
§ 53 UrhG Privatkopie
• Kopie nichtgeschützter CD für Familienangehörige (+)
• In keinem Fall darf Kopierschutz umgangen werden!
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 172
Verletzungshandlungen und
Ansprüche
§ 97 UrhG Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz
(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem
Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann
von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung,
bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch
genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung
besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig
droht.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist
dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden
Schadens verpflichtet.
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 173
Zivilrechtliche Ansprüche
§§ 97 ff. UrhG
Eingriff in ein geschütztes Recht
Rechtswidrigkeit
Besondere Voraussetzungen:
Anspruch auf
Beseitigung
Verhältnismäßigk
eit der
Beseitigung nach
Art und Umfang
Anspruch auf
Unterlassung
Wiederholungsge
fahr
Verschulden
Schaden
Bsp.: Beseitigung der
Entstellung eines
Werkes; Nachholen
der Anerkennung der
Urheberschaft
Datum: 14.12.2012
Anspruch auf
Schadensersatz
Kausalität
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Folie Nr. 174
Übungsfall
Übungsfall
Die Klägerin ist die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst. Sie nimmt aufgrund eines
Wahrnehmungsvertrags mit den Erben des Malers und Bildhauers Ludwig Gies die Rechte
an der Adlerfigur - dem sogenannten Gies-Adler - wahr, die Gies 1953 geschaffen hat.
Die nachstehend abgebildete Gips-Wiedergabe dieses Adlers hing von 1955 bis zu
dessen Neubau an der Stirnseite des Plenarsaals des
Deutschen Bundestags in Bonn:
Die Beklagte gibt das Wochenmagazin „Focus“ heraus. Sie veröffentlichte in Heft 13 des
Jahres 1999 unter der Überschrift „Der ‚unseriöse’ Staat“ einen Beitrag über einen
angeblichen Mißbrauch des Steuerrechts, das vom Gesetzgeber immer häufiger dazu
benutzt werde, „hastig Haushaltslöcher zu stopfen“. Diesem Artikel war die - nachfolgend
in schwarzweiß und verkleinert wiedergegebene - farbige Darstellung eines Bundesadlers
vorangestellt:
Die Klägerin nimmt die Beklagte deswegen auf Unterlassung in Anspruch.
14.12.2012
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175
Übungsfall
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 176
Übungsfall
Gies Adler = Werk?
•
§ 2 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2 UrhG (+)
Gies Adler = amtliches Werk?
•
§ 5 Abs. 2 UrhG (-)
§ 23 Satz 1 UrhG oder § 24 Abs. 1 UrhG?
•
Wenn § 23 Satz 1 UrhG, dann
•
•
•
Datum: 14.12.2012
§ 50 UrhG?
§ 51 Nr. 1 UrhG?
§ 59 Abs. 1 UrhG?
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Folie Nr. 177
Unfreie Bearbeitung und
freie Nutzung
OLG Köln: Unfreie Bearbeitung!
Focus-Adler wirkt zwar etwas weniger rundlich.
Die wesentlichen Züge und die Silhouette ist aber weitgehend
übernommen.
•
Die Übernahme der Silhouette ist auch nicht zwingend, nur weil
ein Adler abgebildet wird; dies ließe sich auch in anderer Weise
darstellen.
§ 50 UrhG (-), da Gies-Adler nicht im Rahmen der Berichterstattung
über Tagesereignisse (im Original) gezeigt, sondern seine
Bearbeitung als optischer Aufmacher für einen politischen Artikel
eingesetzt worden ist.
Zitatrecht des § 51 UrhG (-) Gies-Adler wird durch die angegriffene
Darstellung nicht zitiert, sondern verfremdet wiedergegeben.
§ 59 Abs. 1 UrhG (-) Adler hat sich nicht auf öffentlichen Wegen,
Straßen oder Plätzen, sondern innerhalb des früheren Gebäudes des
Deutschen Bundestages befunden.
•
•
•
•
•
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 178
Unfreie Bearbeitung und freie Nutzung
•
BGH: Freie Nutzung!
•
•
•
•
Datum: 14.12.2012
Nicht nur die vordergründige Übernahme ist
maßgeblich, sondern auch eine etwaige
antithematische Auseinandersetzung ist zu
berücksichtigen!
Karikaturistische Darstellung
Entscheidend ist die Verwandlung des würdigen,
eher etwas träge, stets aber gutmütig wirkenden
Gies-Adlers, der im Volksmund als „fette Henne“
bezeichnet wird, in einen gierigen, bösartigen
Raubvogel, der trotz der gewollten
Übereinstimmungen mit dem Original wenig gemein
hat.
deutlicher innerer Abstand zu Original (+)
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Folie Nr. 179
Urheberrecht und neuen Medien
Werke im Bereich des Internets

Webpage / Weblog: Schutz einzelner Elemente (Sprach- /
Musikwerk) oder der Gesamtpage nach § 2 UrhG

VS: Individualität (keine Alltagserzeugnisse) +

gestalterische Mindesthöhe (§ 2 Abs. 2 UrhG)

Facebook, StudiVZ oder Xing




Linksammlung kann Datenbank § 87 a UrhG sein (LG Köln
bei 251 Links)
Schutzfähigkeit virtueller Güter? Kölner Dom in Second Life –


Portal (+)
User-Präsenz wohl eher (-)
LG Köln: § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG (-)
Offline / Online Computerspiele: h.M. = Filmerk, § 2 Abs. I
Nr. 6 UrhG

Datum: 14.12.2012
Erschaffener Charakter (Avatar) - § 2 Abs. I Nr. 4 UrhG?
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Folie Nr. 180
Urheberrecht und neue Medien
Weitere typische Problemkonstellationen im
Bereich des Internet
•
(P) Copy and Paste bei Ebay
•
•
•
Keine Verwendung fremder Lichtbilder!
Kopieren der Produktbeschreibung – schöpferische
Mindesthöhe?
(P) Filesharing
•
Seit 2. Korb keine Berufung auf Privatkopie bei Nutzung
eines p2p Netzwerks!
• 19a UrhG!
•
(P) Kino.to
•
Datum: 14.12.2012
§ 53 UrhG oder § 44 a UrhG?
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Folie Nr. 181
Urheberrecht und neue Medien
Kino.to
•
•
•
•
•
Filwerke = § 2 I Nr.6 UrhG
Vervielfältigung i.S. d. § 16 UrhG durch
anschauen des Streams? (+) Arg: „gleichviel
ob vorübergehend oder dauerhaft“
Lizenz? (-)
§ 53 I 1 UrhG?
§ 44 a UrhG?
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 182
Urheberrecht und neue Medien
§ 53 Vervielfältigungen zum privaten und sonstigen eigenen
Gebrauch
(1) Zulässig sind einzelne Vervielfältigungen eines Werkes durch eine
natürliche Person zum privaten Gebrauch auf beliebigen
Trägern, sofern sie weder unmittelbar noch mittelbar
Erwerbszwecken dienen, soweit nicht zur Vervielfältigung eine
offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich
gemachte Vorlage verwendet wird. Der zur Vervielfältigung
Befugte darf die Vervielfältigungsstücke auch durch einen
anderen herstellen lassen, sofern dies unentgeltlich geschieht
oder es sich um Vervielfältigungen auf Papier oder einem
ähnlichen Träger mittels beliebiger photomechanischer
Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung
handelt.
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 183
Urheberrecht und neue Medien


1.
2.
§ 44a
Vorübergehende Vervielfältigungshandlungen
Zulässig sind vorübergehende
Vervielfältigungshandlungen, die flüchtig oder begleitend
sind und einen integralen und wesentlichen Teil eines
technischen Verfahrens darstellen und deren alleiniger
Zweck es ist,
eine Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch
einen Vermittler oder
eine rechtmäßige Nutzung eines Werkes oder sonstigen
Schutzgegenstands zu ermöglichen, und die keine
eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben.
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 184
Urheberrecht und neue Medien
§ 53 I 1 UrhG
(P) Rechtswidrigkeit der Vorlage
19a UrhG (+), daher § 53 I 1 UrhG i.E. (-)
(P) Offensichtlichkeit der Rechtswidrigkeit
keine oder ungewöhnlich niedrige Preise
•
•
•
Datum: 14.12.2012
Schlechte Qualität,
fehlender Hinweis auf Lizenzierung
Prominenz der Werke
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Folie Nr. 185
Urheberrecht und neue Medien
§ § 44 a Nr. 1 UrhG privilegiert ausschließlich den Vermittler.
§ 44a Nr. 2 UrhG
•
erlaubt erlaubnisfreie Vervielfältigung, wenn ihr alleiniger Zweck eine
rechtmäßige Nutzung ist. Rechtmäßig ist Nutzung, wenn sie vom
jeweiligen Rechteinhaber erlaubt ist oder wenn sie im Rahmen
gesetzlicher Schrankenbestimmungen zulässig und auch sonst nicht
durch Gesetze beschränkt ist
•
Sinn der Vorschrift: Wenn eine bestimmte Werknutzung erlaubt ist,
dann soll diese Erlaubnis nicht deswegen ins Leere laufen, weil bei
der erlaubten Nutzung technische Hilfsspeicherungen erforderlich
sind.
§ 44a Nr. 2 UrhG daher (-)
•
Beachte: Abweichung vom analogen Verwertungsumfeld: Rezeption
einer rechtswidrig vervielfältigten Vorlage (Anhören unerlaubt
vervielfältigte Audio-CD, Lesen kopiertes Buch) war bisher nicht
unerlaubt.
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 186
Urheberrecht 2.0
Ausgangspunkt:
•
Internet als natürlicher Feind des Urheberrechtss?
•
Datum: 14.12.2012
Vint Cerf: „Die Copyright-Problematik entsteht doch
dadurch, dass das Netz durch Kopieren funktioniert. Ein
Browser kopiert eine Datei von einem Webserver und
interpretiert sie dann für die Darstellung im World Wide
Web. Copyright hat historisch immer so funktioniert, dass
der Vertrieb von Werken in physischer Form wie Bücher,
CDs, DVDs, Magazine, Zeitungen, Videokassetten oder
LPs kontrolliert wurde. Digitale Informationen können
nun mal leicht kopiert und verteilt werden. Dadurch
entsteht ein Problem mit dem herkömmlichen
Urheberrecht.“
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Folie Nr. 187
Urheberrecht 2.0
Lösungsansatz 1:

Three Strikes and you are out!

Ansatz: neue Sanktionsmechanismen für Urheberrecht 1.0

Frankreich: « Lex Olivenne »



Schaffung einer Überwachungsbehörde für Verbreitung und Schutz der
Urheberrechte im Internet (HADOPI)
Zeitweise Zugangssperre nach dreimaliger Urheberrechtsverletzung
Entscheidung des Conseil Constitutionnel vom 10. Juni 2009


Datum: 14.12.2012
Lex Olivenne verletzt Artikel 11 der Menschen- und Bürgerrechtserklärung
von 1789 (Meinungsfreiheit)
Fehlen richterlicher Überprüfung der behördlichen Entscheidung
rechtswidrig!
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Folie Nr. 188
Urheberrecht 2.0
Three Strikes Ansatz auch in Deutschland?
•
•
•
Verfassungsrechtlich zulässig?
•
Artikel 14 GG (Rechteinhaber)
•
Artikel 12 GG (Provider)
•
Artikel 5 GG (User)
Bei der Meinungs- und Informationsfreiheit der User ist die
konstitutive Bedeutung dieses Rechts für die Demokratie zu
berücksichtigen!
Praktische Probleme des Three-Strikes Ansatzes
•
•
•
•
Datum: 14.12.2012
„Sippenhaft“ in der WG?
Baseballregel als Vorbild für quasistrafrechtlichen
Sanktionsmechanismus?
Wer entscheidet, ob Rechtsverletzung vorliegt?
Triple-Play?
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Folie Nr. 189
Urheberrecht 2.0
Lösungsansatz 2:
• Schaffung eines „Urheberrechts 2.0“
• „Kulturflatrate“ - Einstieg in den Kultur-Sozialismus?
•
•
(P) 1: rechtlich zulässig?
•
•
•
•
Kulturflatrate = Legalisierung der nichtkommerziellen Weitergabe und
Vervielfältigung von digitalen, urheberrechtlich geschützten Werken über das
Internet bei Ausgleich durch pauschales Entgelt zur Entschädigung der
Rechteinhaber
T.v.A.: ja. (EMR Gutchten im Auftrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
A.A.: nein. (BMJ)
Verfassungsrechtliche und internationale Vorgaben (P) Artikel 5 Absatz 5 RiLi 2001/29
(Drei Stufen Test)
(P) 2: konkrete Ausgestaltung?
•
•
•
•
Datum: 14.12.2012
(P)
(P)
(P)
(P)
wer erhebt Entgelt
wie errechnet sich das Entgelt und wie hoch ist es?
Manipulation des Verteilschlüssels
Gebührenpflicht für Nichtdownloader?
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Folie Nr. 190
4. Kapitel
Telemedienrecht
Telemedienrecht
•
•
•
•
•
Rechtsrahmen
Abgrenzungsfragen
Allgemeine Bestimmungen für Telemedien
Pflichten der Anbieter von Telemedien mit
journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten
Sonderfragen: Haftung für Links, Recht der
Suchmaschinen, Haftung für Foreneinträge etc.
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 192
Überblick
•
Telemedien – was ist das?
• eine Vielzahl von unterschiedlichen
Erscheinungsformen elektronisch gespeicherter und
verbreiteter Inhalte
• Typischerweise Kombination verschiedener Elemente
der klassischen Medien
• zum individuellen Austausch
• zur massenmedialen Verbreitung
• Hervorzuheben: zeitungs- oder zeitschriftenähnliche
Angebote (z.T. bezeichnet als „elektronische Presse“)
• Abgrenzung zum Rundfunk erweist sich als schwierig
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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193
Rechtsrahmen
Unionsrechtliche Vorgaben:
•
E-Commerce-Richtlinie
•
•
Insb. „Haftungsfilter“, Art. 12 ff.
AVMD-Richtlinie
•
„Fernsehähnliche Telemedien“
Einfachgesetzliche Ebene
•
•
Telemediengesetz (1.3.2007)
Rundfunkstaatsvertrag §§ 54 ff.
•
Datum: 14.12.2012
Z.Zt. i.d.F. d. Vierzehnten RÄStV
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Folie Nr. 194
Rechtsrahmen
TMG
§ 1 Anwendungsbereich
(1) Dieses Gesetz gilt für alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste,
soweit sie nicht Telekommunikationsdienste nach § 3 Nr. 24 des
Telekommunikationsgesetzes, die ganz in der Übertragung von Signalen über
Telekommunikationsnetze bestehen, telekommunikationsgestützte Dienste nach §
3 Nr. 25 des Telekommunikationsgesetzes oder Rundfunk nach § 2 des
Rundfunkstaatsvertrages sind (Telemedien). Dieses Gesetz gilt für alle Anbieter
einschließlich der öffentlichen Stellen unabhängig davon, ob für die Nutzung ein
Entgelt erhoben wird.
(2) Dieses Gesetz gilt nicht für den Bereich der Besteuerung.
(3) Das Telekommunikationsgesetz und die Pressegesetze bleiben unberührt.
(4) Die an die Inhalte von Telemedien zu richtenden besonderen Anforderungen ergeben
sich aus dem Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien
(Rundfunkstaatsvertrag).
Datum: 14.12.2012
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195
Rechtsrahmen







RStV § 2 Begriffsbestimmungen
(1) Rundfunk ist ein linearer Informations- und Kommunikationsdienst; er ist die
für die Allgemeinheit und zum zeitgleichen Empfang bestimmte Veranstaltung und
Verbreitung von Angeboten in Bewegtbild oder Ton entlang eines Sendeplans
unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen. Der Begriff schließt
Angebote ein, die verschlüsselt verbreitet werden oder gegen besonderes Entgelt
empfangbar sind. Telemedien sind alle elektronischen Informations- und
Kommunikationsdienste, soweit sie nicht Telekommunikationsdienste nach § 3 Nr.
24 des Telekommunikationsgesetzes sind, die ganz in der Übertragung von
Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen oder
telekommunikationsgestützte Dienste nach § 3 Nr. 25 des
Telekommunikationsgesetzes oder Rundfunk nach Satz 1 und 2 sind.
(3) Kein Rundfunk sind Angebote, die
1. jedenfalls weniger als 500 potenziellen Nutzern zum zeitgleichen Empfang
angeboten werden,
2. zur unmittelbaren Wiedergabe aus Speichern von Empfangsgeräten bestimmt
sind,
3. ausschließlich persönlichen oder familiären Zwecken dienen,
4. nicht journalistisch-redaktionell gestaltet sind oder
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 196
Rechtsrahmen
RStV
§ 54 Allgemeine Bestimmungen
(1) Telemedien sind im Rahmen der Gesetze zulassungs- und anmeldefrei.
Für die Angebote gilt die verfassungsmäßige Ordnung. Die Vorschriften
der allgemeinen Gesetze und die gesetzlichen Bestimmungen zum
Schutz der persönlichen Ehre sind einzuhalten.
(2) Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten, in
denen insbesondere vollständig oder teilweise Inhalte periodischer
Druckerzeugnisse in Text oder Bild wiedergegeben werden, haben den
anerkannten journalistischen Grundsätzen zu entsprechen. Nachrichten
sind vom Anbieter vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen
gebotenen Sorgfalt auf Inhalt, Herkunft und Wahrheit zu prüfen.
(3) Bei der Wiedergabe von Meinungsumfragen, die von Anbietern von
Telemedien durchgeführt werden, ist ausdrücklich anzugeben, ob sie
repräsentativ sind.
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 197
Rechtsrahmen
RStV
§ 58 Werbung, Sponsoring, fernsehähnliche Telemedien, Gewinnspiele
(1) Werbung muss als solche klar erkennbar und vom übrigen Inhalt der
Angebote eindeutig getrennt
sein. In der Werbung dürfen keine unterschwelligen Techniken eingesetzt
werden.
(2) Für Sponsoring bei Fernsehtext gilt § 8 entsprechend.
(3) Für Telemedien mit Inhalten, die nach Form und Inhalt fernsehähnlich
sind und die von einem Anbieter zum individuellen Abruf zu einem vom
Nutzer gewählten Zeitpunkt und aus einem vom Anbieter festgelegten
Inhaltekatalog bereitgestellt werden (audiovisuelle Mediendienste auf
Abruf), gelten § 1 Abs. 3 sowie die §§ 7 und 8 entsprechend. Für
Angebote nach § 2 Abs. 3 Nummer 5 gelten zusätzlich die §§ 4 bis 6, 7a
und 45 entsprechend.
(4) Für Gewinnspiele in vergleichbaren Telemedien (Telemedien, die an die
Allgemeinheit gerichtet sind) gilt § 8a entsprechend.
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 198
Telemedien - Erscheinungsformen
„Einfache“ Telemedien
§ 1 TMG
Geschäftsmäßig angebotene Telemedien
§ 5 TMG
Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten
§ 54 Abs. 2 RStV
•
inhaltliche, sprachliche, grafische oder akustische Bearbeitung eines Anegbots
ist zur Einwirkung auf die öffentliche Meinungsbildung bestimmt
Telemedien mit Inhalten, die nach Form und Inhalt fernsehähnlich
§ 58 Abs. 3 RStV
•
Hintergrund: AVMD RiLi
Dienste sind auf das gleiche Publikum wie Fersehsendungen ausgerichtet
Telemedien, die an die Allgemeinheit gerichtet sind
§ 58 Abs. 4 RStV
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 199
Telemedien mit journalistischredaktionell gestalteten Angeboten
•
Weitergehende Pflichten der Anbieter von
Telemedien mit journalistisch-redaktionell
gestalteten Angeboten
•
Einhaltung journalistischer Grundsätze in
Mediendiensten, § 54 Abs. 2 Satz 1 RStV
•
•
Gegendarstellung, § 56 Abs. 1 Satz 1 RStV
•
•
Erkenntnisquelle auch Pressekodex und Richtlinien des
Presserats
Orientiert sich an presserechtlichen
Gegendarstellungsregeln
Trennungsgebot, § 58 Abs. 1 Satz 1 RStV
•
Datum: 14.12.2012
Großzügigere Maßstäbe wegen Gewöhnung der Nutzer an
Werbung im Internet ?
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Diensteanbieter
§ 2 Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Gesetzes 1. ist Diensteanbieter jede natürliche oder
juristische Person, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung
bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt; bei audiovisuellen
Mediendiensten auf Abruf ist Diensteanbieter jede natürliche oder
juristische Person, die die Auswahl und Gestaltung der angebotenen
Inhalte wirksam kontrolliert,
2. ist niedergelassener Diensteanbieter jeder Anbieter, der mittels einer
festen Einrichtung auf unbestimmte Zeit Telemedien geschäftsmäßig
anbietet oder erbringt; der Standort der technischen Einrichtung allein
begründet keine Niederlassung des Anbieters,
3. ist Nutzer jede natürliche oder juristische Person, die Telemedien nutzt,
insbesondere um Informationen zu erlangen oder zugänglich zu
machen,
4. sind Verteildienste Telemedien, die im Wege einer Übertragung von Daten
ohne individuelle Anforderung gleichzeitig für eine unbegrenzte Anzahl
von Nutzern erbracht werden,
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 201
Allgemeine Bestimmungen für
Telemedien
Diensteanbieter, § 2 TMG
•
•
•
Für Diensteanbietereigenschaft ist keine gerwerbliche
Ausrichtung erforderlich
Bereithaltung muss nicht einmal auf Dauer angelegt
sein.
Eigene Telemedien = Content Provider
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•
•
auch private Homepages oder Inhalt auf YouTube!
Diensteanbieter, die fremde Telemedien zur Nutzung
bereit halten = Host Provider
Zugangsvermittler i.S.d. § 2 Nr. 1, 1. Hs. = Access
Provider
Datum: 14.12.2012
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202
Herkunftslandprinzip
Herkunftslandprinzip, § 3 TMG
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•
•
In Deutschland niedergelassene Diensteanbieter und
ihre Telemedien unterliegen den Anforderungen des
deutschen Rechts auch dann, wenn die Telemedien in
einem anderen Mitgliedstaat der EU angeboten oder
erbracht werden.
Gilt nicht für die in § 3 Abs. 3 und 4 genannten
Bereiche
Einzelfallausnahmen § 3 Abs. 5
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 203
§ 5 TMG
§ 5 Allgemeine Informationspflichten
(1) Diensteanbieter haben für geschäftsmäßige, in der Regel gegen Entgelt angebotene
Telemedien folgende Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und
ständig verfügbar zu halten: 1. den Namen und die Anschrift, unter der sie
niedergelassen sind, bei juristischen Personen zusätzlich die Rechtsform, den
Vertretungsberechtigten und, sofern Angaben über das Kapital der Gesellschaft
gemacht werden, das Stamm- oder Grundkapital sowie, wenn nicht alle in Geld zu
leistenden Einlagen eingezahlt sind, der Gesamtbetrag der ausstehenden Einlagen,
2. Angaben, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare
Kommunikation mit ihnen ermöglichen, einschließlich der Adresse der
elektronischen Post,
3. soweit der Dienst im Rahmen einer Tätigkeit angeboten oder erbracht wird, die der
behördlichen Zulassung bedarf, Angaben zur zuständigen Aufsichtsbehörde,
4. das Handelsregister, Vereinsregister, Partnerschaftsregister oder
Genossenschaftsregister, in das sie eingetragen sind, und die entsprechende
Registernummer,
5. (…)
(2) Weitergehende Informationspflichten nach anderen Rechtsvorschriften bleiben
unberührt.
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Folie Nr. 204
„Einfaches“ Impressum –
fast richtig
!
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 205
Informationspflichten
Verpflichtung zur Anbieterkennzeichnung, § 5
•
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•
Informationspflichten für geschäftsmäßige, in der Regel
gegen Entgelt angebotene Telemedien
Entgelt: Bezug zu einer Wirtschaftstätigkeit
Leicht erkennbar: einfach und effektiv optisch wahrnehmbar
Unmittelbar: „one click“
Informationspflichten bei kommerzieller Kommunikation, § 6
•
Zweck auch hier: Transparenz
Besondere Informationspflichten nach § 55 Abs. 2 RStV
•
Angaben nach §§ 5, 6 TMG +Benennung eines inhaltlich
Verantwortlichen!
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 206
„Qualifiziertes“ Impressum
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 207
Content Provider
§ 7 Allgemeine Grundsätze
(1) Diensteanbieter sind für eigene Informationen, die sie zur
Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen
verantwortlich.
(2) Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 sind nicht
verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder
gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach
Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige
Tätigkeit hinweisen. Verpflichtungen zur Entfernung oder
Sperrung der Nutzung von Informationen nach den
allgemeinen Gesetzen bleiben auch im Falle der
Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§
8 bis 10 unberührt. Das Fernmeldegeheimnis nach § 88
des Telekommunikationsgesetzes ist zu wahren.
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 208
Access Provider
§ 8 Durchleitung von Informationen
(1) Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie in einem
Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur
Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich, sofern sie 1. die Übermittlung
nicht veranlasst,
2. den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und
3. die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben.
Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Diensteanbieter absichtlich mit
einem Nutzer seines Dienstes zusammenarbeitet, um rechtswidrige
Handlungen zu begehen.
(2) Die Übermittlung von Informationen nach Absatz 1 und die Vermittlung
des Zugangs zu ihnen umfasst auch die automatische kurzzeitige
Zwischenspeicherung dieser Informationen, soweit dies nur zur
Durchführung der Übermittlung im Kommunikationsnetz geschieht und
die Informationen nicht länger gespeichert werden, als für die
Übermittlung üblicherweise erforderlich ist.
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 209
Host Provider
§ 10 Speicherung von Informationen
Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie für
einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern
1. sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung
oder der Information haben und ihnen im Falle von
Schadensersatzansprüchen auch keine Tatsachen oder
Umstände bekannt sind, aus denen die rechtswidrige
Handlung oder die Information offensichtlich wird, oder
2. sie unverzüglich tätig geworden sind, um die
Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu
sperren, sobald sie diese Kenntnis erlangt haben.
Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Nutzer dem
Diensteanbieter untersteht oder von ihm beaufsichtigt
wird.
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 210
Haftungsfilter
•
Der Content-Provider, § 7 Abs. 1 TMG stellt eigene Inhalte zum
Abruf im Internet bereit und haftet nach allgemeinen
Grundsätzen.
•
Der Access-Provider, § 8 TMG vermittelt mit Hilfe seiner
technischen Infrastruktur den Zugang zu fremden Inhalten und
ist für fremde Informationen nicht verantwortlich.
•
Der Host-Provider, § 10 TMG stellt eine bestimmte Infrastruktur
zur Verfügung (z.B. Webspace), auf die er faktisch einwirken
kann. Speichert er dort strafbare Inhalte für einen Nutzer, die
öffentlich abrufbar sind, so trifft ihn zunächst gem. § 10 TMG
keine Verantwortung und er ist auch nicht verpflichtet, den
Datenbestand auf seinen Servern auf unzulässige Inhalte zu
kontrollieren. Verantwortlich wird er in dem Moment, in dem er
positive Kenntnis von den rechtswidrigen Inhalten erlangt und
diese nicht unverzüglich sperrt, § 10 Nr. 1, 2 TMG.
Datum: 14.12.2012
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211
Sonderfragen des
Telemedienrechts
•
Die Legende vom Disclaimer (1)
•
•
Auf Webpages findet sich bisweilen der
Hinweis:
„ mit Urteil vom 12. Mai 1998 hat das
Landgericht Hamburg entschieden, dass man
durch die Ausbringung eines Links die Inhalte
der verlinkten Seite gegebenenfalls mit zu
verantworten hat. Dies kann nur dadurch
verhindert werden, dass man sich
ausdrücklich von diesen Inhalten distanziert.
Daher distanziere ich mich ausdrücklich von
Inhalten der Internetseite Dritter ….. „
Datum: 14.12.2012
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212
Sonderfragen des
Telemedienrechts
Die Legende vom Disclaimer (2)
Sachverhalt: A beleidigt auf seiner Webpage den B. C verweist auf seiner
Webpage auf die Seite des A und macht deutlich, gleicher Auffassung zu sein.
•
Entscheidung:
• LG Hamburg ( 312 O 85/98 ): „ kann das Verbreiten einer von einem Dritten über einen
anderen aufgestellten herabsetzenden Tatsachenbehauptung dann eine
Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellen, wann derjenige, der die Behauptung wiedergibt,
sich nicht ausreichend von ihr distanziert. Eine solche ausreichende Distanzierung hat der
Beklagte jedenfalls nicht dadurch vorgenommen, dass er auf die eigene Verantwortung des
jeweiligen Autors verweist. Dies ist keine Distanzierung sondern vielmehr eine nicht
verantwortete Weitergabe und damit eine eigene Verbreitung. (…) Der Beklagte hat
vielmehr hier eine Zusammenschau ehrverletzender Artikel über den Kläger erstellt. (…)
•
Haftung bei über Link zu Eigen gemachten Inhalt (+), da nur elegantere Art der
Beleidigung. Dies kann man auch durch Disclaimer nicht „umschiffen“
•
Das Gericht hat einen pauschalen Haftungsausschluss in diesem Fall gerade nicht für
ausreichend erklärt
•
Fazit für rechtliche Bewertung von Disclaimern - LG Hamburg wurde missverstanden!
•
Distanzierung ist erforderlich – aber nicht durch (pauschalen) Disclaimer!
Datum: 14.12.2012
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213
Haftung für Links
Ausgangsfrage: Link im System der Haftungsfilter?
•
•
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H.M. Haftungsfilter greifen nicht!
Argumentation: in E-Commerce RiLi, die mit TDG und TMG
umgesetzt wurde, wurde nur „Überprüfungsauftrag“ an
Kommission erteilt, Links sollten gerade nicht geregelt
werden.
Grundsätzlich gilt nach h.M. daher folgendes:
•
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•
•
•
Haftung für Links jedenfalls dann, wenn sich der Linksetzer Information zu
Eigen macht. Als taugliche Indizien können gelten
die Art und Weise der Datenübernahme
die Art der konkreten Darstellung des Links
der Zweck des Links
die konkrete Präsentation der fremden Inhalte durch den Übernehmenden, wie
sie sich aus der Gesamtbetrachtung der Website des Anbieters für den
objektiven Betrachter ergibt.
Datum: 14.12.2012
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214
Haftung für Links
BGH: „marions-kochbuch“ Sachverhalt:
•
Bei chefkoch.de können Nutzer eigene Rezepte im Netz veröffentlichen und diese auch mit
Fotos versehen. Vor Veröffentlichung werden diese Rezepte von einer Redaktion geprüft und
aufbereitet.
Mehrfach hatten Nutzer bei chefkoch.de Rezept-Fotos eingestellt, deren Nutzungsrechte bei
den Betreibern der Konkurrenz-Webseite marions-kochbuch.de lag. Die Betreiber klagten
daher gegen die Verantwortlichen von chefkoch.de und verlangten Unterlassung und
Schadensersatz.
Entscheidung:
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chefkoch.de hat sich (rechstwidrigen) Inhalt der User zu Eigen gemacht – daher
Unterlassung + Schadensersatz! Ob sich Webseitenbetreiber Inhalte zu eigen macht, ist
Frage des Einzelfalls und kommt auf konkrete Darstellung an. BGH versetzt sich in die Lage
eines durchschnittlichen Internetbenutzers und beurteilt danach, ob zumindest der Eindruck
entsteht, dass sich der Plattformbetreiber mit den Inhalten identifiziert. Indizien:
Die Inhalte werden vor der Veröffentlichung redaktionell geprüft.
Auf der Webseite wird darauf hingewiesen, dass die Inhalte vorab von der Redaktion
bearbeitet werden können.
Die Fotos werden mit dem eigenen Logo als Wasserzeichen versehen.
Die Betreiber der Plattform lassen sich ein sehr weit reichendes Nutzungsrecht an den Fotos
der User einräumen.
Die Rezepte der Nutzer stellen den „redaktionellen Kerngehalt” der Webseite dar.
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 215
Haftung für Links
(P) Hyperlinks und verfassungsfeindliche Kennzeichen – hierzu OLG Stuttgart,
Urteil vom 24.4.2006, AZ.: 1 Ss 449/05
Sachverhalt:
A ist Verfechter einer uneingeschränkten Informationsfreiheit im Internet. Sperrungen ins Netz
gestellter Informationen lehnt er ab, weil die Meinungsfreiheit eine ungehinderte Information
aus allen Quellen voraussetze. Er verfügt über eine eigene ins Internet gestellte Homepage. Dort
ist eine über 100 Seiten starke Dokumentation über geplante und erlassene Sperrungen von
Internetseiten zugänglich, die unter anderem die Sperrverfügungen des Regierungspräsidiums
Düsseldorf, ergangene Widerspruchsbescheide, eine Materialiensammlung aus juristischen
Kommentaren sowie Reaktionen der Öffentlichkeit und der Medien enthält. Mit ihr will der
Angeklagte die Bevölkerung über die Einschränkungen der Internetnutzbarkeit aufgrund der
Sperrverfügungen aufklären.
Im Rahmen dieser Dokumentation setzte er zu zwei aus den USA stammenden - gesperrten Webseiten Hyperlinks, sodass sie durch bloßes Anklicken für jeden Internetnutzer erreichbar
waren. Auf diesen Webseiten und ihren - über weitere Links erreichbare - Unterseiten werden
Kennzeichen der NSDAP und ihrer Nebenorganisationen gezeigt, der Holocaust und die Existenz
von Vernichtungslagern geleugnet und eine weitere Judenvernichtung propagiert. Dem
Angeklagten waren die Inhalte bekannt, er billigte sie jedoch nicht. Die Dokumentation enthielt
nicht nur seine ablehnenden Kommentare, etwa dass rassistisches Gedankengut das Gehirn
zerfresse, sondern auch Literaturhinweise, die eine argumentative Auseinandersetzung mit
Rechtsradikalen ermöglichten.
Hat A sich strafbar gemacht?
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 216
Haftung für Links


1.
2.

1.
§ 130
Volksverhetzung
(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,
zum Haß gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt oder zu Gewalt- oder
Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert oder
die Menschenwürde anderer dadurch angreift, daß er Teile der Bevölkerung beschimpft,
böswillig verächtlich macht oder verleumdet, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten
bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
Schriften (§ 11 Abs. 3), die zum Haß gegen Teile der Bevölkerung oder gegen eine
nationale, rassische, religiöse oder durch ihr Volkstum bestimmte Gruppe aufstacheln, zu
Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordern oder die Menschenwürde anderer
dadurch angreifen, daß Teile der Bevölkerung oder eine vorbezeichnete Gruppe
beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden,
a) verbreitet,
b) öffentlich ausstellt, anschlägt, vorführt oder sonst zugänglich macht


(…)
(6) In den Fällen des Absatzes 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, und in den Fällen der
Absätze 3 und 4 gilt § 86 Abs. 3 entsprechend.
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 217
Haftung für Links
§ 86
Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen
(1) Wer Propagandamittel
 (…)
 4.
(…) die nach ihrem Inhalt dazu bestimmt sind, Bestrebungen einer ehemaligen
nationalsozialistischen Organisation fortzusetzen,
im Inland verbreitet oder zur Verbreitung im Inland oder Ausland herstellt, vorrätig hält,
einführt oder ausführt oder in Datenspeichern öffentlich zugänglich macht, wird
mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Propagandamittel im Sinne des Absatzes 1 sind nur solche Schriften (§ 11 Abs. 3),
deren Inhalt gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den
Gedanken der Völkerverständigung gerichtet ist.
(3) Absatz 1 gilt nicht, wenn das Propagandamittel oder die Handlung der
staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der
Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung
über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken
dient.
(4) Ist die Schuld gering, so kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift
absehen.
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 218
Haftung für Links
Entscheidunng des OLG Stuttgart (Leitsätze)
1. Das Setzen von Hyperlinks zu nach § 86a StGB strafbaren Internetinhalten
begründet
grundsätzlich eine strafrechtliche Verantwortlichkeit. Die unmittelbare
Verlinkung stellt dabei regelmäßig ein täterschaftliches „Zugänglichmachen"
dar.
2. Eine Strafbarkeit wegen Setzens von Hyperlinks ist in den Fällen der §§ 86, 86a,
130 StGB ausnahmsweise dann nicht gegeben, wenn die Verbreitung der
staatsbürgerlichen Aufklärung oder ähnlichen Zwecken im Sinne des § 86
Abs. 3 StGB dient. Ob dies vorliegt, bestimmt sich nicht nur nach dem
subjektiven Willen des Linksetzenden, sondern auch danach, ob der objektive
Inhalt seines Angebotes erkennbar davon geprägt ist, dem entsprechenden
Zweck zu dienen. Von Bedeutung sind insoweit der Kontext, die
Begleitumstände sowie der Gesamtzusammenhang, in dem sich die
gesetzten Links befinden.
3. Eine Einschränkung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit aufgrund der
Haftungsprivilegierungen nach §§ 8 ff. TDG / §§ 6 ff. MDStV kommt bei
Hyperlinks nicht in Betracht.
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 219
Haftung für Links
Fall „Any DVD“ OLG München 29 U 5696/07 (23.10.2008)
Sachverhalt: Am 19. Januar 2005 veröffentlicht der IT-Nachrichtendienst h. auf seiner
Onlinepräsenz folgenden Artikel:
AnyDVD überwindet Kopierschutz von DVDs
Der in Antigua ansässige Hersteller S. hat ein Update für seinen
Kopierschutzknacker AnyDVD veröffentlicht, das nicht nur den CSS-Schutz von
DVDs entfernt, sondern auch drei weitere Kopiersperren aushebelt. [...] So rühmt
sich S. , mit AnyDVD 4.5.5.1 Sonys DVD-Kopiersperre ARccOS aushebeln zu
können zu können [...]. Wir knacken den Kopierschutz schneller, als ihn die
Filmindustrie unter die Leute bringen kann, freut sich S. -Chef B. geradezu
schelmisch über die wenig effektiven Schutzverfahren. Auch der nach ähnlichem
Prinzip funktionierende koreanische DVD-Kopierschutz Settec- Alpha-DVD soll von
AnyDVD bereits überwunden werden. Gleiches gilt für den bereits seit Frühjahr
2004 unter anderem bei den DVDs der Augsburger Puppenkiste genutzten DVD
Kopierschutz, der als Puppenlock oder Puppetlock bekannt geworden ist. Vielleicht
sieht die Filmindustrie ja dadurch ein, wie sinnlos so ein Kopierschutz eigentlich
ist. Er ist kostspielig und führt oft zu Kompatibilitätsproblemen beim Kunden,
kommentiert B. weiter. Eines erwähnt B. jedoch nicht: (…) es ist in vielen Ländern
so auch in Deutschland und Österreich inzwischen verboten, den Kopierschutz
auszuhebeln.
Datum: 14.12.2012
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220
Haftung für Links
Sachverhalt Any DVD (2)
•
Die unterstrichenen Worte waren dabei als Link ausgestaltet; der Link
bei dem Wort S. in der ersten Zeile des Artikels führte zum
Internetauftritt von S. unter der Domain www.s. .com. Von dort wurde
der als deutschsprachig erkannte Besucher automatisch auf den
deutschsprachigen Auftritt von S. unter www.s. .com/de weitergeleitet,
der neben Angaben zu den weiteren S. -Produkten CloneCD und
CloneDVD auch einen Downloadlink zur Software AnyDVD enthielt.
•
Die Klägerinnen (Inhaber von Rechten an Bild- und Tonträgern) fordern
die Beklagte (h. online) mit Schreiben vom 28. Januar 2005 auf, die
rechtswidrige Verbreitung des Programms AnyDVD zu unterlassen. Die
Beklagte veröffentlicht noch am selben Tag in h. online einen Beitrag
über die Abmahnung, in dem ein Link auf den Beitrag vom 19. Januar
2005 gesetzt wurde, der seinerseits weiterhin den Link auf den
Internetauftritt von S. enthielt.
•
Wie ist die Rechtslage?
Datum: 14.12.2012
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221
Haftung für Links
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 222
Haftung für Links
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 223
Haftung für Links
§ 95a Schutz technischer Maßnahmen
(1) Wirksame technische Maßnahmen zum Schutz eines nach diesem Gesetz geschützten
Werkes oder eines anderen nach diesem Gesetz geschützten Schutzgegenstandes
dürfen ohne Zustimmung des Rechtsinhabers nicht umgangen werden, soweit dem
Handelnden bekannt ist oder den Umständen nach bekannt sein muss, dass die
Umgehung erfolgt, um den Zugang zu einem solchen Werk oder Schutzgegenstand
oder deren Nutzung zu ermöglichen.
(…)
(3) Verboten sind die Herstellung, die Einfuhr, die Verbreitung, der Verkauf, die
Vermietung, die Werbung im Hinblick auf Verkauf oder Vermietung und der
gewerblichen Zwecken dienende Besitz von Vorrichtungen, Erzeugnissen oder
Bestandteilen sowie die Erbringung von Dienstleistungen, die
1. Gegenstand einer Verkaufsförderung, Werbung oder Vermarktung mit dem Ziel der
Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen sind oder
2. abgesehen von der Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen nur einen
begrenzten wirtschaftlichen Zweck oder Nutzen haben oder
3. hauptsächlich entworfen, hergestellt, angepasst oder erbracht werden, um die
Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen zu ermöglichen oder zu erleichtern.
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Folie Nr. 224
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 225
Haftung für Links
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Folie Nr. 226
Sonderfragen des Telemedienrechts –
Haftung für Links
Fall Any DVD Lösung
•
Das OLG München führt in seiner Entscheidung vom 23.10.2008 auch
aus:
•
Bemerkenswert auch ein weiterer Leitsatz des Urteils:
•
•
•
•
Der Eingriff in die Medienfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG), der darin liegt, dass einem IT
Nachrichtendienst die Setzung eines Hyperlinks verboten wird, kann durch § 95a Abs. 3
UrhG und die Grundsätze der Teilnehmerhaftung gerechtfertigt sein, wenn von dem
Internetauftritt, auf den verlinkt wird, die Gefahr gewerbsmäßiger Verletzung
urheberrechtlicher Schutzrechte in erheblichem Umfang ausgeht und dem Nachrichtendienst
die Rechtswidrigkeit dieses Internetauftritts bei der Linksetzung bekannt war.
Die Beschränkung der Zulässigkeit digitaler Privatkopien durch das Verbot der Umgehung
wirksamer technischer Schutzmaßnahmen (vgl. § 95a UrhG) stellt keine Verletzung des
Eigentumsgrundrechts des Besitzers einer Kopievorlage dar, sondern lediglich eine
wirksame Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG.
Ausführliche Dokumentation des Falles mit allen Entscheidungen
BGH hat OLG aufgehoben, Urteil vom 14.10.2010, Aktenzeichen: I ZR
191/08, Urteil mit Gründen bis dato nicht veröffentlicht
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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227
Sonderfragen des Telemedienrechts –
Haftungsfilter und Unterlassungsansprüche
Haftungsfilter und Unterlassungsansprüche
•
•
•
•
Unstreitig: Haftungsfilter schließen die strafrechtliche
Verantwortlichkeit und zivilrechtliche
Schadensersatzansprüche aus.
(P) Unterlassungsansprüche
BGH: verschuldensunabhängige Beseitigungs- und
Unterlassungsansprüche gegen Access- und
Hostprovider trotz Haftungsfilter möglich.
Argument: § 7 Abs. 2 S. 2 TMG: „Verpflichtungen zur
Entfernung oder Sperrung der Nutzung von
Informationen nach den allgemeinen Gesetzen bleiben
auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des
Diensteanbieters nach den §§ 8 bis 10 unberührt.“
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 228
Sonderfragen des Telemedienrechts –
Haftungsfilter und Unterlassungsansprüche
BGH: Unterlassungsansprüche gegen Störer möglich.
•
Störer = derjenige, der ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, in
irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung
eines geschützten Rechtsguts beiträgt.
•
Zur Vermeidung des Ausuferns dieser Störerhaftung verlangt der BGH dann
zusätzlich eine Verletzung von zumutbaren Prüfpflichten.
Zumutbarkeit und Umfang der Prüfpflichten sollen dabei variieren und sich
nach den konkreten Umständen richten. Berücksichtigt werden u.a.
•
die Funktion und Aufgabenstellung des als Störer
Inanspruchgenommenen,
•
die Eigenverantwortung des unmittelbar handelnden Dritten sowie,
•
ob Rechtsverstöße durch technische Maßnahmen wirksam verhindert
werden können.
Diesem Ansatz folgend hat sich mit Blick auf unterschiedliche Dienste (bspw.
Foren, Blogs, Versteigerungsportale, Videoseiten) eine höchst facettenreiche
instanz- und höchstgerichtliche Rechtsprechung herausgebildet.
(P) was bleibt von dem in § 7 Abs. 2 S. 1 TMG geregelten Grundsatz übrig?
•
•
•
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 229
Case Study: „Rapidshare“
Der Dienst „Rapidshare“ermöglicht es Nutzern, auf seinen Servern in
einem einfachen automatisierten Vorgang Daten (etwa Fotos und
Dokumente, aber auch Filme und Musiktitel) speichern zu können. Der
Diensteanbieter teilt dem Nutzer daraufhin die genaue Adresse (URL)
der Datei in Form eines Download-Links mit, mit dessen Hilfe sie
abgerufen und anderweitig heruntergeladen werden kann, und
ermöglicht ihm, den Download-Link zu verteilen, d.h. Dritten
mitzuteilen. Ein Verzeichnis der auf ihrem Server gespeicherten Inhalte
bietet Rapidshare nicht an, allerdings existieren im Internet Seiten,
welche die Download-Links zugänglich und den Inhalt der betreffenden
Dateien über Suchfunktionen identifizierbar machen (Link-Resourcen).
Schätzungen zufloge sind 5 % bis 6 % der bei Rapidshare insgesamt
ingestellten 28 Mio. Dateien, also 1,4 Mio. bis 1,68 Mio. Dateien, illegal
öffentlich zugänglich gemacht. Muss Rapidshare den Dienst einstellen?
Rechtsprechungsübersicht
Revision bei BGH unter AZ.: I ZR 177/09
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 230
Suchmaschinen
Suchmaschinen
Bei Suchmaschinen gelten grundsätzlich die gleichen Prinzipien wie
bei manuell gesetzten Links. Wie dort und mit entsprechender
Argumentation verneint die h.M. auch für Suchmaschinen eine
direkte oder analoge Anwendung der Haftungsprivilegierungen
des TMG.
Auch hinsichtlich der Haftung von Suchmaschinenbetreibern findet
sich eine äußerst facettenreiche Rechtsprechung.
•
Vor allem eine (Mit-)haftung der Suchmaschinenbetreiber
bezüglich des Keyword-Advertisings,
•
für automatisch generierte Miniaturansichten von Bildern
indexierter Seiten (Thumbnails) und
•
für Persönlichkeitsrechtsverletzungen auf im Suchergebnis
erscheinende Webseiten, werden diskutiert.
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 231
Haftung und Foren
Haftung von Forenbetreibern
Heftig umstritten ist die Frage, ob und inwieweit neben dem Autor eines
Beitrages in einem Internetforum auch der Forumsbetreiber selbst auf
Unterlassung in Anspruch genommen werden kann.
LG Hamburg 2005 Forenbetreiber sind verpflichtet, Beiträge Dritter vor
Veröffentlichung zu überprüfen.
Hanseatische Oberlandesgericht 2006: abgestufte Prüfungspflicht
•
Bei Abwägung der widerstreitenden Grundrechte der
Meinungsäußerungsfreiheit einerseits und dem Persönlichkeitsrecht
beziehungsweise dem Schutz des Eigentums andererseits ist eine spezielle
Überprüfungspflicht des Betreibers dann angemessen, wenn dieser entweder
durch sein eigenes Verhalten vorhersehbar rechtswidrige Beiträge Dritter
provoziert hat oder wenn ihm bereits mindestens eine
Rechtsverletzungshandlung von einigem Gewicht im Rahmen des Forums
benannt worden ist und sich damit die Gefahr weiterer
Rechtsverletzungshandlungen durch einzelne Nutzer bereits konkretisiert hat.
Datum: 14.12.2012
Prof. Dr. Tobias Keber *Medienrecht*
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Folie Nr. 232
Haftung und W-Lan
Haftung für unverschlüsselte W-Lan Netzwerke
Der BGH hat nun in seiner Entscheidung vom 12.5.2010 klargestellt, dass
eine Störerhaftung besteht, wenn Prüfungspflichten verletzt werden,
was in diesem Kontext das Ergreifen der gebotenen
Sicherungsmaßnahmen bedeutet.
Geboten ist die jeweils zum Zeitpunkt des Routerkaufs für den privaten
Bereich marktübliche Sicherung.
Die Übernahme der (eine Verschlüsselung vorgebenden) Werkseinstellungen
mit Standardpasswort genügt diesen Sicherungspflichten, die zeitlich
mit Inbetriebnahme des Routers entstehen, nicht.
Der BGH hat in seiner Entscheidung ferner darauf hingewiesen, dass zwar
eine Haftung auf Unterlassung (die auch das Einstehenmüssen für die in
diesem Kontext entstandenen Abmahnkosten bedingt), jedoch keine
Haftung auf Schadensersatz bestehe.
Datum: 14.12.2012
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Folie Nr. 233
5. Kapitel
Domainrecht
Nationales Domainnamenrecht
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•
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Frage, wem ein bestimmter Name also eine
elektronische Adresse im Internet „gehört “
Domain als Wirtschaftsgut (Wert z.T. in
Millionenhöhe).
Adressvergabe erfolgt grundsätzlich nach
Prioritätsprinzip
Wer hat das Recht an „shell.de“, „epson.de“?
Relevant sind Namensrechte, Markenrechte
sowie das Wettbewerbsrecht
Datum: 14.12.2012
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235
Das Domainnamensystem
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Internet wäre ohne Domainnamensystem nur schwer nutzbar.
Jedem Rechner im weltweiten Netz ist eine bestimmte IPAdresse zugeordnet.
IP = Zahlencode, der aus vier Zahlenblöcken mit jeweils Zahlen
zwischen 0 und 255 besteht. So ist es möglich, jedem Computer
eine eindeutige Adresse zuzuweisen und ihn im Internet
identifizierbar werden zu lassen.
Problem: Zwölfstellige Zahlencodes sind schwer zu memorieren.
Lösung: Domain-Namen-System (DNS).
In eindeutige Beziehung gesetzt werden der Name einer
Domain, d.h. ein logisch abgegrenzter Bereich des Internets
(Beispiel: www.uni-mainz.de) und eine IP (Beispiel:
123.254.126.23).
Datum: 14.12.2012
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236
Top Level Domains
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Domain ist hierarchisch aufgebaut und wird von rechts nach links
gelesen.
Die höchste Stufe steht am Ende der Domain, im Beispiel „.de“. Unter
dieser Top-Level Domain (TLD) ist die Second-Level Domain (uni-mainz)
angesiedelt. Es gibt zwei Typen von Top-Level Domains.
Ländercodes, Country Code TLD’s, (ccTLD), sind einem Staat
zugeordnet
Generic Top Level Domains werden nach inhaltlichen Kriterien vergeben.
„.org“ für Organisationen, „.edu“ für Bildungseinrichtungen, „.com“ für
kommerzielle Aktivitäten
Die Verwaltung der Top-Level Domains erfolgt durch die ICANN, sowohl
mit Blick auf die Country Code TLD’s, als auch mit Blick auf die
generischen TLD’s.
Die Second-Level Domain unterhalb von Länderkennungen vergeben
nationale Registrierungsstellen.
Second-Level Domains unter generischen TLD’s werden von einer
Vielzahl durch die ICANN akkreditierter Registrare verwaltet.
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237
DENIC
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•
•
Das Deutsche Network Information Center (DENIC) ist
eine eingetragene Genossenschaft mit Sitz in Frankfurt
am Main und wurde im Dezember 1996 gegründet.
Ihre Mitglieder sind Unternehmen (ISP‘s, InternetService-Provider), die für ihre Kunden Domains verwalten
und damit insgesamt den Betrieb der Registrierungsstelle
für die deutsche Top-Level Domain .de stellen.
DENIC prüft nicht, wie weit Antragsteller berechtigt ist;
die Verantwortung für etwaige Rechtsverletzungen liegt
allein beim jeweiligen Domaininhaber (§ 2 Abs. 2 der
DENIC Domainbedingungen).
http://www.denic.de/de/bedingungen
Datum: 14.12.2012
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238
Namens- und Markenrechte
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•
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•
•
Ausgangssituation: Domainrecht existiert nicht in
geschriebener Form – letztlich also: Case law.
• Vorzügliche Recherchedatenbank bei Bettinger
Domain - Namen können nach dem Namensrecht des §
12 BGB und den Vorschriften des Markengesetzes (z.B.
§§ 4, 14; 5, 15 MarkenG) geschützt sein.
Wenn und soweit ein Unternehmen sich auf
Markenrechte beziehen kann, scheidet ein Rückgriff auf
§ 12 BGB im Regelfall aus (vgl. BGH, vossius.de).
Fälle Heidelberg und Vallendar
Fall Shell
Datum: 14.12.2012
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239
„ambiente.de“
Stellung der DENIC in Domainstreitigkeiten
Sachverhalt: die Messe Frankfurt AG, die unter der Bezeichnung
"Ambiente„ eine Messe für Tischkultur, Küche, Wohn- und
Lichtkonzepte veranstaltet und Inhaberin der Marke "Messe
Frankfurt Ambiente" ist, klagt gegen einen Privatmann, der sich
den Domain-Namen "ambiente.de" hatte registrieren lassen.
Der Privatmann hatte sich zwar damit einverstanden erklärt,
den Domain-Namen nicht mehr zu benutzen, weigerte sich aber
den Domainnamen löschen zu lassen. Darauf verklagte die
Messe Frankfurt die DENIC auf Löschung der Registrierung und
Umschreibung der Domain. Es sei nichts dagegen einzuwenden,
dass DENIC den Domain-Namen "ambiente.de" registriert habe.
Nachdem die DENIC inzwischen aber von den bestehenden
älteren Rechten an der Bezeichnung "ambiente" wisse, sei sie
verpflichtet, die ursprüngliche Registrierung aufzuheben und
den Domain-Namen nunmehr für die Klägerin zu registrieren.
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240
„ambiente.de“ (2)
Entscheidung BGH: die DENIC, die die Aufgabe der
Registrierung und Verwaltung von vielen
Millionen Domain-Namen mit verhältnismäßig
geringem Aufwand erledigt, trifft grundsätzlich
keine Verpflichtung, bei der Registrierung zu
prüfen, ob an der einzutragenden Bezeichnung
Rechte Dritter bestehen. Aber auch wenn sie
auf ein angeblich besseres Recht hingewiesen
wird, kann die DENIC den Anspruchsteller im
allgemeinen auf den Inhaber des beanstandeten
Domain-Namens verweisen, mit dem – notfalls
gerichtlich – zu klären ist, wer die besseren
Rechte an der Bezeichnung hat.
Datum: 14.12.2012
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241
6. Kapitel
Europäisches und
Internationales Medienrecht
Grundprinzipien



Fall Töben
Frederick T ist australischer Staatsbürger deutscher Abstammung. Er
gründet mit Gleichgesinnten das „Adelaide Institute“ und bekleidet dort
die Funktion des Direktors. Im Rahmen der „Forschungen“ dieses
„Instituts“ befasst er sich mit dem Holocaust. Im März 1999
veröffentlicht er auf der Website des Instituts drei englischsprachige
Artikel, in denen er feststellt, dass die Zahl der in Auschwitz ermordeten
Juden weitaus niedriger gewesen sei als die bisher angenommenen 4
Millionen. Des Weiteren leugnet er die Existenz von Massengaskammern
und stellt fest, die Deutschen könnten daher ohne den „aufgezwungenen
Schuldkomplex“ leben. Die Website, auf der die Artikel in englischer
Sprache kommuniziert werden, ist auf einem Server in Australien
gespeichert. Sie ist nicht passwortgeschützt und jedem Internetnutzer
zugänglich. Kurz nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland
wird T festgenommen und ein Verfahren gegen ihn wegen
Volksverhetzung, § 130 StGB eröffnet.
Zu Recht?
14.12.2012
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243
Grundprinzipien
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StGB - Auszug
§3
Geltung für Inlandstaten
Das deutsche Strafrecht gilt für Taten, die im Inland begangen werden.
§4
Geltung für Taten auf deutschen Schiffen und Luftfahrzeugen
Das deutsche Strafrecht gilt, unabhängig vom Recht des Tatorts, für Taten, die auf einem Schiff
oder in einem Luftfahrzeug begangen werden, das berechtigt ist, die Bundesflagge oder das
Staatszugehörigkeitszeichen der Bundesrepublik Deutschland zu führen.
§5
Auslandstaten gegen inländische Rechtsgüter
Das deutsche Strafrecht gilt, unabhängig vom Recht des Tatorts, für folgende Taten, die im
Ausland begangen werden:
(…)
2. Hochverrat (§§ 81 bis 83);
3. Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates
a) in den Fällen der §§ 89, 90a Abs. 1 und des § 90b, wenn der Täter Deutscher ist und seine
Lebensgrundlage im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes hat,
(…)
6. Verschleppung und politische Verdächtigung (§§ 234a, 241a), wenn die Tat sich gegen einen
Deutschen richtet, der im Inland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat;
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244
Grundprinzipien







§6
Auslandstaten gegen international geschützte Rechtsgüter
Das deutsche Strafrecht gilt weiter, unabhängig vom Recht des Tatorts,
für folgende Taten, die im Ausland begangen werden:
(…)
2. Kernenergie-, Sprengstoff- und Strahlungsverbrechen in den Fällen
der §§ 307 und 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 2 und des § 310;
3. Angriffe auf den Luft- und Seeverkehr (§ 316c);
§9
Ort der Tat
(1) Eine Tat ist an jedem Ort begangen, an dem der Täter gehandelt hat
oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an dem der
zum Tatbestand gehörende Erfolg eingetreten ist oder nach der
Vorstellung des Täters eintreten sollte.
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245
Grundprinzipien
„so tritt ein zum
Tatbestand
gehörender Erfolg
(§ 9
Abs. 1 3.
Alternative StGB)
im Inland ein,
wenn diese
Äußerungen
konkret zur
Friedensstörung
im Inland
geeignet sind.“
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246
Grundprinzipien

Der genuine Link im Cyberspace

Konzeption in Deutschland


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Erforderlich ist ein genuine Link
(P) Sachverhalte im Internet
 Strafrecht (Fall Töben): Lösung des BGH über Schutzprinzip, auf die
Frage der Interaktivität der Webpage kam es nicht an
 Markenrecht (Fall Hotel Maritime.dk) BGH: wirtschaftlich relevanter
Inlandsbezug erforderlich
 Wettbewerbsrecht: BGH: bestimmungsgemäßer Abruf erforderlich
(Arzneimittelwerbung im Internet)
 Urheberrecht: keine höchstrichterliche Entscheidung. OLG Köln:
 Webpage muss in Deutschland abrufbar sein und an Inländer
gerichtet sein, wozu
entweder die Sprache der Webseite, die Lieferung nach
Deutschland oder die Zahlungsweise Hinweise liefern
können.
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Grundprinzipien

Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet 1
Übungsfall: Der in Deutschland wohnhafte Kläger wurde 1993 zusammen mit
seinem Bruder wegen Mordes an Walter Sedlmayr zu lebenslanger
Freiheitsstrafe verurteilt und im Januar 2008 auf Bewährung entlassen. Die
Beklagte ist ein in Österreich niedergelassenes Unternehmen und betreibt unter
der Adresse www.rainbow.at ein Internetportal, dass sich an Schwule,
Bisexuelle und Transgender richtet. Auf diesem Internetportal hielt sie bis zum
18. Juni 2007 auf den für Altmeldungen vorgesehenen Seiten eine auf den 23.
August 1999 datierte Meldung zum Abruf bereit, wonach unter Namensnennung
des Klägers sowie seines Bruders und der Umstände der Tat mitgeteilt wurde,
dass diese vor dem Bundesverfassungsgericht Beschwerde gegen ihr Urteil
eingelegt hätten. Nachdem die Beklagte zur Unterlassung und zur Abgabe einer
Unterlassungsverpflichtungserklärung aufgefordert wurde, entfernte sie die
streitrelevante Meldung am 18. Juni 2007 von ihrem Portal, ohne jedoch eine
Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben. Die daraufhin erhobene Klage
auf Unterlassung hatte in den ersten beiden Instanzen vor dem Landgericht
Hamburg und dem Oberlandesgericht Hamburg Erfolg. Die Beklagte rügt im
Rahmen des Revisionsverfahrens die internationale Zuständigkeit der deutschen
Gerichte.
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248
Grundprinzipien

Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die
Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in
Zivil- und Handelssachen (EuGVVO, „Brüssel I):
Artikel 5




Eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats
hat, kann in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden:
(…)
3. wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer
unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer
solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem
Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder
einzutreten droht
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249
Grundprinzipien
Persönlichkeitsrechtsverletzungen im
Internet








Die Entscheidungen des BGH VI ZR 217/08 und VI ZR 23/09
Vorlagebeschluss vom 10. November 2009, Az. VI ZR 217/08, ZUM-RD 2010, 249,
(Volltext bei Beck Online)
(…) 1. setzt die Zuständigkeit der Gerichte eines Mitgliedstaats, in dem der Betreiber der Website nicht
niedergelassen ist, voraus, dass ein über die technisch mögliche Abrufbarkeit hinausgehender besonderer
Bezug der angegriffenen Inhalte oder der Website zum Gerichtsstaat (Inlandsbezug) besteht?
2. Wenn ein solcher besonderer Inlandsbezug erforderlich ist:
Nach welchen Kriterien bestimmt sich dieser Bezug?
Kommt es darauf an, ob sich die angegriffene Website gemäß der Bestimmung des Betreibers
zielgerichtet (auch) an die Internet-Nutzer im Gerichtsstaat richtet oder genügt es, dass die auf der
Website abrufbaren Informationen objektiv einen Bezug zum Gerichtsstaat in dem Sinne aufweisen, dass
eine Kollision der widerstreitenden Interessen – Interesse des Klägers an der Achtung seines
Persönlichkeitsrechts und Interesse des Betreibers an der Gestaltung seiner Website und an der
Berichterstattung – nach den Umständen des konkreten Falls, insbesondere aufgrund des Inhalts der
beanstandeten Website, im Gerichtsstaat tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann?
Kommt es für die Feststellung des besonderen Inlandsbezugs maßgeblich auf die Anzahl der Abrufe der
beanstandeten Website vom Gerichtsstaat aus an?
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250
Medienfreiheiten und
Europarat

Fall: Vereinigung Bildender Künstler v. Austria

Die Vereinigung Bildender Künstler Wiener veranstaltet 1998 eine Ausstellung
zum Thema „Das Jahrhundert künstlerischer Freiheit“. Unter den ausgestellten
Werken befindet sich auch ein Gemälde mit dem Titel „Apokalypse“, das der
österreichische Maler Otto Mühl angefertigt hat. Das Bild zeigt verschiedene
Personen des öffentlichen Lebens wie Mutter Theresa, Kardinal Hermann Groer
oder den damaligen Obmann der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) Jörg
Haider in sexuellen Stellungen. Den gemalten nackten Körpern sind
Vergrößerungen von aus Zeitungen ausgeschnittenen Fotos angefügt. Die Augen
mancher der gezeigten Personen sind durch schwarze Balken verdeckt. Zu den auf
diese Weise dargestellten Personen zählt auch Walter Meischberger, der bis 1995
Generalsekretär der FPÖ und bis April 1999 Nationalratsabgeordneter war. Am
12.6.1998 wird ein Teil des Gemäldes in der öffentlich zugänglichen Ausstellung
von einem Besucher mit roter Farbe übergossen. Dadurch werden der gemalte
Körper und ein Teil des Gesichts von Herrn Meischberger mit Farbe überdeckt und
somit unkenntlich gemacht. Mehrere österreichische Zeitungen berichten über den
Vorfall und veröffentlichen Fotos des Gemäldes.
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251
Medienfreiheiten und
Europarat

Am 22.6.1998 beantragt Herr Meischberger gestützt auf § 78
UrhG ein Verbot der Ausstellung und Veröffentlichung des Werks
sowie eine Entschädigung in der Höhe von ATS 20.000,– (€
1.453,–). In zweiter Instanz wird im Februar 2000 entschieden,
dass die Ausstellung des Gemäldes zu unterbleiben hat. Die
Vereinigung wird ferner zur Zahlung der beantragten
Entschädigung sowie der Verfahrenskosten verurteilt. Das OLG
stellt fest, dass das Foto des Klägers nur teilweise mit Farbe
überdeckt sei und er nach wie vor erkennbar sei. Das Gemälde
falle nicht in den Anwendungsbereich des Art. 10 EMRK, da es
nicht darauf abziele, in Form eines Gleichnisses oder
übertriebener Kritik eine grundlegende Botschaft zu vermitteln.
Die Revision der Bf. wird vom OGH am 18.7.2000
zurückgewiesen, da keine erhebliche Rechtsfrage vorliege.
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Medienfreiheiten und
Europarat
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253
Medienfreiheiten und
Europarat
•
•
•
•
Ausstellungsverbot = Eingriff
Legitimes Ziel: Schutz der Rechte anderer (+)
„Prescribed by law“(+) 78 UrhG
Notwendigkeit (-)



•
Privatleben Meischbergers betroffen? (-) Politician
Meischberger durch rote Farbe verdeckt
Ausstellungsverbot weder zeitlich noch räumlich
beschränkt
Verletzung Art. 10 EMRK (+)
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Medienfreiheiten und
Europarat
Europarat und Cybercrime
Cybercrime Convention
Inkrafttreten : 1. Juli 2004.
z.Zt. 30 Mitgliedstaaten (offenes Abkommen, auch USA)
Ratifikationsstand
CCC = erste internationale Vereinbarung über mittels Internet oder sonstiger
Computernetze begangene Straftaten
Hauptzweck ist Verfolgung einer gemeinsamen Strafrechtspolitik zum Schutz der
Gesellschaft vor Straftaten per Computer (sog. cybercrimes)
Vorgaben zum materiellen Recht sowie verfahrensrechtliche Bestimmungen





14.12.2012
Materielle Vorgaben
Straftaten gegen die Vertraulichkeit, Unversehrtheit und Verfügbarkeit von
Computerdaten und –systemen (Artt. 2-6 CCC)
Tatbestände der Computerdatenfälschung („Computer-related Forgery“,
Artikel 7 CCC) und des Computerbetrugs („Computer-related fraud“, Art. 8
CCC)
Vorgaben zu Straftaten mit Bezug zur Kinderpornographie („Offences related
to child pornography“, Art. 9 CCC )
Straftaten im Zusammenhang mit der Verletzung von Urheber- und ähnlichen
Schutzrechten („Offences related to Copyright and related rights“, Art. 10
CCC
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255
Medienfreiheiten und
Europarat

Verfahrensvorschriften

Ermächtigungen zur Sicherung von gespeicherten Computerdaten
(„Expedited preservation of stored computer data“, Art. 16 CCC) und zur
umgehenden Sicherung und Teilweitergabe von Verkehrsdaten
(„Expedited preservation and partial disclosure of traffic data“, Art. 17
CCC

Art. 18 Vorgaben für die Anordnung der Herausgabe von Daten, etwa den
Bestandsdaten, die sich im Besitz eines Diensteanbieters befinden
(„Production order“).

Durchsuchung und Beschlagnahme gespeicherter Computerdaten
(„Search and seizure of computer data“, Art. 19 CCC).

Vorgaben für die Erhebung von Computerdaten in Echtzeit betrifft
Verkehrsdaten („Real time collection of traffic data“, Art. 20 CCC) und
Inhaltsdaten („Interception of content Data“, Artikel 21 CCC).
Ergänzend zur CCC

„Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über Computerkriminalität betreffend
die Kriminalisierung mittels Computersystemen begangener Handlungen
rassistischer und fremdenfeindlicher Art“
(Inkrafttreten 1. März 2006)
14.12.2012
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256
Medienfreiheiten und
Europarat






CCC wichtige Vorschriften (1)
Artikel 2 – Rechtswidriger Zugang
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und
anderen Maßnahmen, um den unbefugten Zugang zu einem
Computersystem als Ganzem oder zu einem Teil davon, wenn
vorsätzlich begangen, nach ihrem innerstaatlichen Recht als Straftat
zu umschreiben. Eine Vertragspartei kann als Voraussetzung
vorsehen, dass die Straftat unter Verletzung von
Sicherheitsmaßnahmen, in der Absicht, Computerdaten zu erlangen,
in anderer unredlicher Absicht oder in Zusammenhang mit einem
Computersystem, das mit einem anderen Computersystem
verbunden ist, begangen worden sein muss.
(…)
Artikel 5 – Eingriff in ein System
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und
anderen Maßnahmen, um die unbefugte schwere Behinderung des
Betriebs eines Computersystems durch Eingeben, Übermitteln,
Beschädigen, Löschen, Beeinträchtigen, Verändern oder
Unterdrücken von Computerdaten, wenn vorsätzlich begangen,
nach ihrem innerstaatlichen Recht als Straftat zu umschreiben.
14.12.2012
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Medienfreiheiten und
Europarat










CCC wichtige Vorschriften (2)
Artikel 6 – Missbrauch von Vorrichtungen
1 Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Maßnahmen, um
folgende Handlungen, wenn vorsätzlich und unbefugt begangen, nach ihrem innerstaatlichen
Recht als Straftaten zu umschreiben:
a das Herstellen, Verkaufen, Beschaffen zwecks Gebrauchs, Einführen, Verbreiten oder
anderweitige Verfügbarmachen
i einer Vorrichtung einschließlich eines Computerprogramms, die in erster Linie dafür
ausgelegt oder hergerichtet worden ist, eine nach den Artikeln 2 bis 5 umschriebene Straftat zu
begehen;
ii eines Computerpassworts, eines Zugangscodes oder ähnlicher Daten, die den Zugang zu
einem Computersystem als Ganzem oder zu einem Teil davon ermöglichen,
mit dem Vorsatz, sie zur Begehung einer nach den Artikeln 2 bis 5 umschriebenen Straftat zu
verwenden, und
b den Besitz eines unter Buchstabe a Ziffer i oder ii bezeichneten Mittels mit dem Vorsatz, es
zur Begehung einer nach den Artikeln 2 bis 5 umschriebenen Straftat zu verwenden. Eine
Vertragspartei kann als gesetzliche Voraussetzung vorsehen, dass die strafrechtliche
Verantwortlichkeit erst mit Besitz einer bestimmten Anzahl dieser Mittel eintritt.
2 Dieser Artikel darf nicht so ausgelegt werden, als begründe er die strafrechtliche
Verantwortlichkeit in Fällen, in denen das Herstellen, Verkaufen, Beschaffen zwecks Gebrauchs,
Einführen, Verbreiten oder anderweitige Verfügbarmachen oder der Besitz nach Absatz 1 nicht
zum Zweck der Begehung einer nach den Artikeln 2 bis 5 umschriebenen Straftat, sondern
beispielsweise zum genehmigten Testen oder zum Schutz eines Computersystems erfolgt.
3 Jede Vertragspartei kann sich das Recht vorbehalten, Absatz 1 nicht anzuwenden, sofern der
Vorbehalt nicht das Verkaufen, Verbreiten oder anderweitige Verfügbarmachen der in Absatz 1
Buchstabe a Ziffer ii bezeichneten Mittel betrifft.
14.12.2012
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258
Medienfreiheiten und
Europarat



Partielle Umsetzung CCC und Rahmenbeschluss durch 41. StrÄndG
Wesentliche Veränderungen durch das 41. StrÄndG:

Bereits unbefugter Zugang zu besonders gesicherten Daten unter
Überwindung von Sicherheitsvorkehrungen strafbar (§ 202a StGB).
Vorher: Verschaffen von Daten notwendig

Strafbarkeit bestimmter Vorbereitungshandlungen zu
Computerstraftaten. Bsp. Herstellen, Überlassen, Verbreiten oder
Verschaffen von „Hacker-Tools“, die nach Art und Weise ihres
Aufbaus darauf angelegt sind, illegalen Zwecken zu dienen (§ 202c
StGB).

Auch private Datenverarbeitungen sind nun vor Computersabotage
(§ 303b StGB) strafrechtlich geschützt. Störungen durch unbefugtes
Eingeben und Übermitteln von Computerdaten „DoS-Attacken“
strafbar.
41. Strafrechtsänderungsgesetz v. 7.8.2007
14.12.2012
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259
Medienfreiheiten und
Europarat
41. Strafrechtsänderungsgesetz
§ 202a StGB (alte Fassung von 1986):
Wer unbefugt Daten, die nicht für ihn bestimmt und die gegen
unberechtigten Zugang besonders gesichert sind, sich oder
einem anderen verschafft...



Wann sind Daten verschafft?




wenn heruntergeladen?
Kenntnis der Verzeichnisstruktur reicht (weiter Verschaffensbegriff)
Keine Strafbarkeit d. White Hacking
§ 202a StGB (Neufassung 41. StrRÄndG August 2007)
Wer unbefugt sich oder einem anderen Zugang zu Daten, die
nicht für ihn bestimmt und die gegen unberechtigten Zugang
besonders gesichert sind unter Überwindung der
Zugangssicherung verschafft...




14.12.2012
White Hacking strafbar, soweit Zugangssicherung überwunden wird
(+) bei Firewall
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260
Medienfreiheiten und
Europarat

202c StGB und Dual Use (BVerfG). BVerfG: 202c ist verfassungskonform.

„1. a) Tatobjekt des § 202c Abs. 1 Nr. 2 StGB kann nur ein Programm sein, dessen Zweck die
Begehung einer Straftat nach § 202a StGB (Ausspähen von Daten) oder § 202b StGB (Abfangen
von Daten) ist. Danach muss das Programm mit der Absicht entwickelt oder modifiziert worden
sein, es zur Begehung der genannten Straftaten einzusetzen. Diese Absicht muss sich ferner
objektiv manifestiert haben.
aa) Schon nach dem Wortlaut nicht ausreichend wäre, dass ein Programm - wie das für so
genannte dual use tools gilt - für die Begehung der genannten Computerstraftaten lediglich
geeignet oder auch besonders geeignet ist. Der allgemeine Sprachgebrauch versteht unter
„Zweck“ „etwas, was jemand mit einer Handlung beabsichtigt, zu bewirken, zu erreichen sucht;
Beweggrund und Ziel einer Handlung“ (…) Mit dieser finalen Dimension unterscheidet sich der
Begriff des Zwecks deutlich von dem der Eignung; systematische und entstehungsgeschichtliche
Erwägungen bestätigen diesen Befund. (…)
bb) Schon die Entstehungsgeschichte der Vorschrift spricht (…) deutlich dafür, die Absichten des
Entwicklers des jeweiligen Programms als maßgeblich für dessen Zweckbestimmung zu erachten
(…) Art. 6 Abs. 1 Buchstabe a Nr. i des Übereinkommens des Europarats, auf den § 202c Abs. 1
Nr. 2 zurückgeht, bezieht sich ausdrücklich auf eine „Vorrichtung einschließlich eines
Computerprogramms, die in erster Linie dafür ausgelegt oder hergerichtet worden ist, eine nach
den Artikeln 2 bis 5 umschriebene Straftat zu begehen“ (im englischen Originaltext: „designed
or adapted primarily for the purpose of committing any of the offences established in accordance
with Articles 2 through 5“). Hier wird der Entstehungsvorgang des Programms in seiner
konkreten Gestalt in den Blick genommen.


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261
Internationaler Datenschutz
Überblick:
Regelungen auf der Ebene des Europarechts im weiteren und im
engeren Sinne
Datenschutzübereinkommen Europarat
Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft
Datenschutzübereinkommen des Europarats
40 Mitgliedstaaten
Staaten verpflichten sich, datenschutzrechtliche Mindestvorgaben
einzuhalten, Art. 4 DatenschutzÜ .
Personenbezogene Daten müssen für den Verarbeitungszweck
relevant sein, Art. 5 DatenschutzÜ.
Sensible Daten dürfen nur verarbeitet werden, wenn das
innerstaatliche Recht einen geeigneten Schutz gewährleistet, Art. 6
DatenschutzÜ.
Auskunftsrecht, Artikel 8 DatenschutzÜ.
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262
EU vs. Europarat
• Kurzer Exkurs: Europäische Union
und Europarat sind unterschiedliche
internationale Organisationen! Die
Mitgliedschaft ist nicht identisch!
• Vgl. dazu die folgenden Schaubilder.
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263
EU
Quelle:
Bayerische
Zeitschrift für
Politik und
Geschichte
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264
Europarat
Quelle:Centre
d'Information
sur les
Institutions
Européennes
(CIIE)
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265
EU vs. Europarat
•
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EU: aus 27 europäischen Staaten bestehender Staatenverbund.
Kern: Europäischer Binnenmarkt
Seit dem Vertrag von Lissabon besitzt die Europäische Union eigene
Rechtspersönlichkeit
Zwei Grundverträge: Vertrag über die Europäische Union (EU-Vertrag)
und Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUVertrag).
Das System beinhaltet sowohl supranationale (überstaatliche) als auch
intergouvernementale (zwischenstaatliche) Elemente.
Im Europäischen Rat und im nach Fachressorts tagenden Rat der
Europäischen Union (Ministerrat) sind die nationalen Regierungen
vertreten
Das Europäische Parlament wirkt bei der Rechtsetzung der EU mit.
Die Europäische Kommission ist Exekutivorgan
Der Gerichtshof der Europäischen Union ist Rechtsprechungsinstanz
(Sitz Luxemburg)
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266
Europarat
Europarat
 Gründung 1949, Sitz in Straßburg
 47 Mitgliedstaaten
 Abgrenzung zu Europäischem Rat (Art. 15 EUV, ex Art
4 EU) und dem Rat (237 AEUV, ex Art. 204 EGV) als
Institutionen des Unionsrechts.
 Gründungsdokument Satzung
 Organe




14.12.2012
Ministerausschuss (Außenminister der Mitgliedstaaten)
Parlamentarische Versammlung (Vertreter werden von
nationalen Parlamenten gewählt)
Erarbeitung vr. Verträge bsp. CCC
Wichtigstes Dokument des Europarats: EMRK
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267
Europäische
Datenschutzrichtlinie




Europäische Datenschutzrichtlinie
(Richtlinie 95/46/EG)
Grundprinzipien zum Teil deckungsgleich mit
Datenschutzübereinkommen
Teilweise strenger: Bei dem Grundsatz der Zweckbindung
geht die Datenschutzrichtlinie über das
Datenschutzabkommen des Europarats hinaus, denn die
Zweckbindung muss nach Art. 6 Abs. 1 b) der Richtlinie
schon bei der Datenerhebung vorliegen und nicht erst bei
Speicherung, wie es bei Art. 5 b) des
Datenschutzabkommens der Fall ist.
Zentrale Schaltstelle der Datenschutzrichtlinie: Art. 7,
Verbot mit Erlaubnisvorbehalt
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268
Europäische
Datenschutzrichtlinie
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



Europäische Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation
(Richtlinie 2002/58/EG)
Cookies:
Die Datenschutzrichtlinie eKom sieht in Art. 5 Abs. 3 vor, dass die
Benutzung elektronischer Kommunikationsnetze für die Speicherung von
Informationen oder den Zugriff auf Informationen, die im Endgerät eines
Nutzers gespeichert sind nur unter der Bedingung gestattet ist, dass der
Nutzer klare und umfassende Informationen insbesondere über die
Zwecke der Verarbeitung erhält und durch den Verantwortlichen auf das
Recht hingewiesen wird, diese Verarbeitung zu verweigern.
Spam:
Nach Art. 13 Abs. 1 RiLi 2002/58/EG darf die Verwendung von
automatischen Anrufmaschinen, Faxgeräten oder elektronischer Post für
die Zwecke der Direktwerbung gegenüber natürlichen Personen nur bei
vorheriger Einwilligung der Teilnehmer gestattet werden. Zweck der
Vorschrift ist es, dass natürliche Personen als Teilnehmer eines
elektronischen Kommunikationssystems vor einer Verletzung ihrer
Privatsphäre durch unerbetene Nachrichten für Zwecke der
Direktwerbung geschützt werden.
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269
Europäische
Datenschutzrichtlinie
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Fall Lindqvist (1)
Frau Lindqvist ist als Katechetin in der Kirchengemeinde Alseda
(Schweden) tätig. Nach dem Besuch eines Informatikkurses, in dessen
Rahmen sie u. a. eine Startseite im Internet einzurichten hatte, erstellt
sie Ende 1998 zu Hause auf ihrem eigenen Computer Internetseiten, um
den Konfirmanden ihrer Gemeinde den Zugang zu
„ausbildungsrelevanten Informationen“ zu erleichtern. Auf ihren Antrag
stellt der Administrator der Website der Kirche von Schweden eine
Verbindung zwischen den Seiten der Kirche und ihrer Website her. Die
fraglichen Internetseiten enthalten Informationen über Frau Lindqvist
und achtzehn ihrer Arbeitskollegen der Gemeinde. Dabei wird der
vollständige Name genannt. Außerdem beschreibt sie in leicht humoriger
Weise die Tätigkeiten und Freizeitbeschäftigungen ihrer Kollegen. Bei
einigen von ihnen bezeichnet sie die Familienverhältnisse, nennt die
Telefonnummer oder erteilt weitere Informationen. Bei einer Kollegin
weist sie darauf hin, dass sich diese am Fuß verletzt habe und dass sie
daher partiell krankgeschrieben sei. Frau Lindqvist hat weder ihre
Kollegen vom Bestehen dieser Internetseiten unterrichtet noch deren
Einwilligung eingeholt. Ihr Vorgehen hat sie auch nicht der
Datainspektion (öffentliche Einrichtung zum Schutz von auf
elektronischem Wege übermittelten Daten) gemeldet. Als sie erfährt,
dass die fraglichen Seiten von einigen ihrer Kollegen missbilligt werden,
entfernt sie die Seiten unverzüglich.
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270
Europäische
Datenschutzrichtlinie
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Fall Lindqvist (2)
Die Staatsanwaltschaft leitet hierauf gegen Frau Lindqvist
Strafverfolgungsmaßnahmen wegen Verstoßes gegen das schwedische Gesetz
über personenbezogene Daten ein, das die Richtlinie 95/46 umsetzt. Die
Staatsanwaltschaft trägt vor, Frau Lindquist habe - personenbezogene Daten in
einem automatisierten Verfahren verarbeitet, ohne dies zuvor der Datainspektion
schriftlich gemeldet zu haben, - sensible personenbezogene Daten ohne
Genehmigung verarbeitet, - ohne Genehmigung personenbezogene Daten in ein
Drittland übermittelt. Frau Lindquist wird sodann erstinstanzlich zur Zahlung einer
Geldstrafe verurteilt. Gegen diese Entscheidung legt sie Berufung ein. Das
Berufungsgericht hat Zweifel hinsichtlich der Auslegung der Richtlinie 95/46, setzt
das Verfahren aus und legt dem EuGH unter anderem folgende Fragen vor:
1. Fällt die Nennung einer Person (mit Namen oder mit Namen und
Telefonnummer) auf einer Webpage in den Anwendungsbereich der Richtlinie
95/46?
2. Gehört die Angabe auf einer Internetseite, dass ein namentlich genannter
Arbeitskollege sich den Fuß verletzt hat und partiell krankgeschrieben ist, zu den
personenbezogenen Daten über die Gesundheit, die nach Artikel 8 Absatz 1 nicht
verarbeitet werden dürfen?
3. Liegt eine Übermittlung von Daten in Drittstaaten im Sinne der Richtlinie
95/46 vor, wenn jemand personenbezogene Daten auf einer Internetseite, die auf
einem Server in seinem Heimatstaat gespeichert ist, veröffentlicht, wodurch diese
Daten Personen in Drittländern zugänglich werden?
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271
Europäische
Datenschutzrichtlinie
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Richtlinie 95/46/EG - Auszug
Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
a) "personenbezogene Daten" alle Informationen über eine bestimmte
oder bestimmbare natürliche Person ("betroffene Person"); als
bestimmbar wird eine Person angesehen, die direkt oder indirekt
identifiziert werden kann, insbesondere durch Zuordnung zu einer
Kennummer oder zu einem oder mehreren spezifischen Elementen, die
Ausdruck ihrer physischen, physiologischen, psychischen,
wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität sind;
(…)
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272
Europäische
Datenschutzrichtlinie
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Artikel 3
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
Anwendungsbereich
(1) Diese Richtlinie gilt für die ganz oder teilweise automatisierte
Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nicht automatisierte
Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einer Datei gespeichert sind
oder gespeichert werden sollen.
(2) Diese Richtlinie findet keine Anwendung auf die Verarbeitung
personenbezogener Daten,
- die für die Ausübung von Tätigkeiten erfolgt, die nicht in den
Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts fallen, beispielsweise
Tätigkeiten gemäß den Titeln V und VI des Vertrags über die Europäische
Union, und auf keinen Fall auf Verarbeitungen betreffend die öffentliche
Sicherheit, die Landesverteidigung, die Sicherheit des Staates (einschließlich
seines wirtschaftlichen Wohls, wenn die Verarbeitung die Sicherheit des
Staates berührt) und die Tätigkeiten des Staates im strafrechtlichen Bereich;
- die von einer natürlichen Person zur Ausübung ausschließlich persönlicher
oder familiärer Tätigkeiten vorgenommen wird.

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273
Europäische
Datenschutzrichtlinie
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Artikel 8
Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten
(1) Die Mitgliedstaaten untersagen die Verarbeitung personenbezogener Daten, aus
denen die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder
philosophische Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen, sowie
von Daten über Gesundheit oder Sexualleben.
(2) Absatz 1 findet in folgenden Fällen keine Anwendung:
a) Die betroffene Person hat ausdrücklich in die Verarbeitung der genannten Daten
eingewilligt, es sei denn, nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats kann das Verbot
nach Absatz 1 durch die Einwilligung der betroffenen Person nicht aufgehoben werden;
oder
b) die Verarbeitung ist erforderlich, um den Rechten und Pflichten des für die
Verarbeitung Verantwortlichen auf dem Gebiet des Arbeitsrechts Rechnung zu tragen,
sofern dies aufgrund von einzelstaatlichem Recht, das angemessene Garantien vorsieht,
zulässig ist;
oder
c) die Verarbeitung ist zum Schutz lebenswichtiger Interessen der betroffenen Person
oder eines Dritten erforderlich, sofern die Person aus physischen oder rechtlichen
Gründen außerstande ist, ihre Einwilligung zu geben
(…)
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274
Europäische
Datenschutzrichtlinie
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Artikel 25
Grundsätze
(1) Die Mitgliedstaaten sehen vor, daß die Übermittlung personenbezogener Daten, die
Gegenstand einer Verarbeitung sind oder nach der Übermittlung verarbeitet werden
sollen, in ein Drittland vorbehaltlich der Beachtung der aufgrund der anderen
Bestimmungen dieser Richtlinie erlassenen einzelstaatlichen Vorschriften zulässig ist,
wenn dieses Drittland ein angemessenes Schutzniveau gewährleistet.
(2) Die Angemessenheit des Schutzniveaus, das ein Drittland bietet, wird unter
Berücksichtigung aller Umstände beurteilt, die bei einer Datenübermittlung oder einer
Kategorie von Datenübermittlungen eine Rolle spielen; insbesondere werden die Art der
Daten, die Zweckbestimmung sowie die Dauer der geplanten Verarbeitung, das
Herkunfts- und das Endbestimmungsland, die in dem betreffenden Drittland geltenden
allgemeinen oder sektoriellen Rechtsnormen sowie die dort geltenden Standesregeln und
Sicherheitsmaßnahmen berücksichtigt.
(3) Die Mitgliedstaaten und die Kommission unterrichten einander über die Fälle, in
denen ihres Erachtens ein Drittland kein angemessenes Schutzniveau im Sinne des
Absatzes 2 gewährleistet.
(4) Stellt die Kommission nach dem Verfahren des Artikels 31 Absatz 2 fest, daß ein
Drittland kein angemessenes Schutzniveau im Sinne des Absatzes 2 des vorliegenden
Artikels aufweist, so treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, damit
keine gleichartige Datenübermittlung in das Drittland erfolgt.
(…)
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CYBERWAR
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Exkurs: CYBERWAR / Information Warfare
(P) Informationsoperationen und ihre Verortung im Völkerrecht




14.12.2012
Vgl. zu den Geschehnissen in Georgien Report des Cyber
Defence Center
Stuxnet
 Stuxnet zielt darauf ab, die Siemens-Steuersoftware WinCC und PCS 7
zu manipulieren. WinCC - eine Abkürzung für Windows Control Center visualisiert in Raffinerien, Kraftwerken oder Fabriken Prozesse, PCS 7
überwacht und steuert die automatisierten Betriebsabläufe.
Deutschland:
 Unter der Federführung des Bundesamtes für Sicherheit in der
Informationstechnik (BSI) hat am 1. April 2011 das Nationale CyberAbwehrzentrum mit zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den
Räumlichkeiten des BSI in Bonn seine Arbeit aufgenommen.
Weiterführend via AG Friedensforschung und Study4Cyberwar
sowie NATO Cooperative Cyber Defence Centre of Excellence
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276
CYBERWAR
Iran: „USA, Israel
und Siemens
haben Stuxnet
programmiert, um
iranisches
Atomprogramm
zu schädigen.“
Quelle: Symantec
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Quelle: Cyber Defence
Center Report
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CYBERWAR
Quelle: Cyber Defence
Center Report
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CYBERWAR
Quelle: Cyber Defence
Center Report
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CYBERWAR
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
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
Information Warfare und Internationales Recht
Artikel 2 UN Charta
4. Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen
Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die
politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst
mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung
oder Anwendung von Gewalt.
Artikel 39 UN Charta
Der Sicherheitsrat stellt fest, ob eine Bedrohung oder ein Bruch
des Friedens oder eine Angriffshandlung vorliegt; er gibt
Empfehlungen ab oder beschließt, welche Maßnahmen auf
Grund der Artikel 41 und 42 zu treffen sind, um den Weltfrieden
und die internationale Sicherheit zu wahren oder
wiederherzustellen.

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282
CYBERWAR
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
Artikel 51 UN Charta
Diese Charta beeinträchtigt im Falle eines bewaffneten Angriffs
gegen ein Mitglied der Vereinten Nationen keineswegs das
naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven
Selbstverteidigung, bis der Sicherheitsrat die zur Wahrung des
Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderlichen
Maßnahmen getroffen hat. Maßnahmen, die ein Mitglied in
Ausübung dieses Selbstverteidigungsrechts trifft, sind dem
Sicherheitsrat sofort anzuzeigen; sie berühren in keiner Weise
dessen auf dieser Charta beruhende Befugnis und Pflicht,
jederzeit die Maßnahmen zu treffen, die er zur Wahrung oder
Wiederherstellung des Weltfriedens und der internationalen
Sicherheit für erforderlich hält.
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283
CYBERWAR
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Definition of Aggression (GA Res 3314)
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284
Internet und Domainnamen

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

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Übersicht
Historische Entwicklung: vom ARPANET zum
Internet
Physikalische und logische Struktur des Internets
Internet Governance im weiteren und im engeren
Sinne
ICANN und Streitigkeiten um Domainnamen
Streitigkeiten um .eu Domains
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Internet und Domainnamen
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
„Internet“ = weltweites, dezentrales Netzwerk voneinander
unabhängiger Netzwerke.
Definition (nach U.S. Federal Networking Council)
"Internet" refers to the global information system that --
(i) is logically linked together by a globally unique address space
based on the Internet Protocol (IP) or its subsequent
extensions/follow-ons;
(ii) is able to support communications using the Transmission Control
Protocol/Internet Protocol (TCP/IP) suite or its subsequent
extensions/follow-ons, and/or other IP-compatible protocols; and
(iii) provides, uses or makes accessible, either publicly or privately,
high level services layered on the communications and related
infrastructure described herein."
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286
ARPANET
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•
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Internet geht historisch auf das ARPANET zurück.
ARPANET = Projekt der
Advanced Research Projects Agency (ARPA).
ARPA (1958) sollte im Dienste der Landesverteidigung
den technologischen Vorsprung der Vereinigten
Staaten durch Förderung geeigneter Projekte sichern.
Problem: Möglichkeit, im Falle eines nuklearen
Angriffs die Kommunikation aufrecht zu erhalten.
Lösung: Kommunikationsnetz
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287
Internet und Domainnamen
P 1: wie kommunizieren Computer untereinander?


1965: erstes wide area network



Circuit switching vs. packet switching


14.12.2012
Ein TX-2 am Massachusetts Institute of Technology MIT und ein Q-32 der
System Development Corporation (SDC) in Santa Monica werden über
eine fest zugeordnete Telefonleitung mittels Akkustikkopplern verbunden.
Der Test zeigt zwar, dass Daten über Telefonleitungen übertragen werden
können, macht aber auch deutlich, dass Bandbreite so nicht effizient
genutzt wird. Leonard Kleinrock , Paul Baran (USA) und Donald Davies
(UK) weisen nach, dass Packet Switching das geeignetere Verfahren ist.
Die Leitungsvermittlung (circuit switching, CS)
zwischen Sender und Empfänger wird physikalische Leitung geschaltet.
Zum Verbindungsaufbau wird fester Leitungsweg gesucht. Die Verbindung
steht nach dem Verbindungsaufbau mit ihrer vollen
Übertragungsbandbreite bis zum Verbindungsabbau zur ausschließlich für
die Kommunikation zwischen den beteiligten Partnern zur Verfügung.
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288
Internet und Domainnamen


14.12.2012
Packet Switching: die zu übertragende
Information wird in einzelne Pakete aufgeteilt.
Jedes einzelne Paket trägt neben dem zu
übertragenden Informationsfragment die
komplette Absender- und Empfängeradresse
sowie weitere Informationen (Anzahl der Pakete,
Nummer innerhalb der Paketsequenz). So
können die Pakete unabhängig voneinander im
Netzwerk übertragen werden.
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289
Talked to SRI
•
Am 29.10.1969 gelingt die die erste packet-switching basierte
Übertragung einer Nachricht zwischen Hosts der University of
California (L.A.) und dem Standford Research Institute. Nach
und nach werden weitere Endpunkte (nodes) hinzugefügt und zu
einer Netzstruktur ausgebaut. Das so begründete ARPANET
operierte auf Grundlage des Network Control Protocols (NCP).
14.12.2012
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290
Internet und Domainnamen


In der Folgezeit entstehen voneinander unabhängige
Netzwerke.
P2: gemeinsamer Kommunikationsstandard
zwischen den Einzelnetzen erforderlich

Lösung: einheitliches Datenformat und eine einheitliche
Methode der Verbindungsherstellung.


14.12.2012
1974 entwickeln Vint Cerf und Bob Kahn das
Transmission Control/Internet Protocol TCP/IP
RFC 791, RFC 793
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291
Internet und Domainnamen
Physische und Logische Struktur des Internets

•
Physisch:


•
Logische Struktur:


14.12.2012
Einzelrechner und seine Verbindung zu Peripherie sowie anderen
Rechnern, Local Area Network, Metropolitan Area Network, Wide
Area Network
Hochleistungsverbindungen zwischen Subnetzen (Glasfaser).
Verbindung der Einzelrechner über Schmalband und
Breitbandverbindungen
Protokolle = Kommunikationsregeln. Protokolle abreiten auf
verschiedenen Ebenen.
Einteilung dieser Ebenen nach Open Systems Interconnections
Modell (OSI) der International Standars Organization (ISO) oder
nach dem Modell des Department oft Defense (DoD)
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292
Internet und Domainnamen




Landläufig werden das World Wide Web (WWW) und das
Internet gleichgesetzt.
Das WWW ist allerdings nur einer von verschiedenen Diensten,
die das Internet stellt.
Neben dem WWW, das auf ein 1990 abgeschlossenes
Forschungsprojekt bei der European Organization for Nuclear
Research (CERN) zurückgeht, stellt das Internet auch die
Infrastruktur für weitere Dienste etwa

E-Mail,

den File Transfer Protocol-Service

Internet Relay Chats (IRC),

Instant Messaging

Internet-Telefonie
Zum Teil verschmelzen die Dienste heute mit dem WWW, so
etwa, wenn E-Mails über ein Webmail System, also über den
Webbrowser gelesen werden.
14.12.2012
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293
Internet und Domainnamen
•
Internet Governance im engeren Sinne
•
Jon Postel, (Vater des DNS Systems) gründete zunächst die
Internet Assigned Numbers Authority (IANA), die eng mit dem
US Verteidigungsministerium zusammen arbeitete.
Die am Information Sciences Institute der University of
Southern California angesiedelte IANA war für die technische
Seite des Internetzugangs zuständig. Sie vergab die IPAdressen und verwaltete die Root-Server.
1997 wurde unter Leitung des US Wirtschaftsministeriums ein
Plan zur Gründung einer neuen gemeinnützigen Organisation
entwickelt, die 1998 zur Gründung der Internet Corporation for
Assigned Names and Numbers (ICANN) führte.
Die Beziehungen zwischen dem US Wirtschaftsministerium und
der ICANN wurden über ein Memorandum of Understandigs
MOU gesteuert.
•
•
•
14.12.2012
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294
Internet und Domainnamen
•
•
•
•
•
ICANN Glossary
Verzeichnis aller Country Code TLD´s
Verzeichnis generischer TLD´s
Liste akkreditierter Registrare
Whois Anfrage

bsp.: uni-mainz.de - denic


http://www.denic.de/de/whois/index.jsp
Neue Entwicklungen:


14.12.2012
Internationalized Domain Names (IDNs)
New gTLD Program
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Internet und Domainnamen
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•
•
•
•
•
Organisationsstruktur der ICANN ergibt sich aus ihrer Satzung, den
Bylaws for the Internet Corporation for Assigned Names and Numbers
(Bylaws).
Die wesentlichen Entschlüsse durch das Board of Directors gefasst.
21 Direktoren, wobei stimmberechtigte (15) von nicht
stimmberechtigten (6) Direktoren zu unterscheiden sind.
Die entscheidungsbefugten Direktoren wählen aus ihrer Mitte einen
ebenfalls stimmberechtigten Präsidenten (Chief Executive Officer, CEO).
Drei ICANN-Unterorganisationen bestimmen insgesamt 6
stimmberechtigte Direktoren (Article VI der ICANN Bylaws): jeweils zwei
Direktoren werden von der „Adress Supporting Organization“ (ASO, ihre
Aufgabe ist die Verwaltung des IPAdressenraums), der „Generic Names
Supporting Organization“ (GNSO, zuständig für generische TLD‘s) und
der „Country Code Names Supporting Organization“ (CCNSO zuständig
für ccTLD’s), bestimmt.
Die verbleibenden 8 Direktoren werden durch das „ICANN Nominating
Committee“ bestimmt, das seinerseits aus 18 Mitgliedern besteht
(Article VII der ICANN Bylaws). Von diesen 18 Mitgliedern werden aber
nur fünf direkt von den Internet-Benutzern (Usern) gewählt.
http://www.icann.org/en/structure/
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296
Internet und Domainnamen
Bylaws
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297
Internet und Domainnamen
Department of
Commerce (DoC)
Registry (Central directory,
authoritative master
database)
.de : DeNIC
.com: VeriSign
I
n
f
o
s
ICANN
Registrant
14.12.2012
Registration
Agreement
(mit UDRP)
Registrar
Bsp. 1 & 1
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298
Internet und Domainnamen

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•
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Streitschlichtung
Streitschlichtungsprovider für Verfahren nach
der UDRP
Ablauf des Verfahren
Model Complaint
Model Response
Kosten
Entscheidungen
14.12.2012
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299
Internet und Domainnamen


Registrar Accreditation Agreement (RAA).
RAA Section 3.8: Domain-Name Dispute Resolution.

RAA Section 3.7.7.11:
During the
Term of this Agreement, Registrar shall have in place a policy and
procedures for resolution of disputes concerning Registered Names.
Until different policies and procedures are established by ICANN under
Section 4, Registrar shall comply with the Uniform Domain Name
Dispute Resolution Policy identified on ICANN's website
(icann.org/general/consensuspolicies.htm).
The Registered Name Holder shall agree
that its registration of the Registered Name shall be subject to
suspension, cancellation, or transfer pursuant to any ICANN adopted
specification or policy, or pursuant to any registrar or registry procedure
not inconsistent with an ICANN adopted specification or policy, (1) to
correct mistakes by Registrar or the Registry Operator in registering the
name or (2) for the resolution of disputes concerning the Registered
Name.”
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300
Internet und Domainnamen
Bsp: Ziffer 3.6 Domain Name Registration
Agreement der Domain People, Inc.


14.12.2012
“Domain Disputes. You agree that if your Registration is challenged
by a third party, you shall be subject to the provisions specified in
the applicable Domain dispute policy, including the policies attached
in the Exhibits to this Agreement. If DomainPeople is notified that a
complaint or legal action has been filed with a judicial or
administrative body regarding your Domain and/or your use of the
DNR Services, you agree not to make any changes to your Domain
record without DomainPeoples prior written approval. You further
agree that DomainPeople may, at its sole discretion, place a hold on
your Domain, otherwise prevent you from making any changes to
the Registration, or transfer control over your Domain to the
applicable Registry until (i) DomainPeople is directed to do so by the
judicial or administrative body, or (ii) the dispute has been settled
between you and the disputing party and DomainPeople received
satisfactory documentation evidencing the settlement. ”
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301
Internet und Domainnamen






Artikel 4 UDRP
a. Applicable Disputes. You are required to submit to a
mandatory administrative proceeding in the event that a
third party (a "complainant") asserts to the applicable
Provider, in compliance with the Rules of Procedure, that
(i) your domain name is identical or confusingly similar to
a trademark or service mark in which the complainant has
rights; and
(ii) you have no rights or legitimate interests in respect of
the domain name; and
(iii) your domain name has been registered and is being
used in bad faith.
In the administrative proceeding, the complainant must
prove that each of these three elements are present.
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302
Internet und Domainnamen






Artikel 4 UDRP
b. Evidence of Registration and Use in Bad Faith. For the purposes of Paragraph 4(a)(iii),
the following circumstances, in particular but without limitation, if found by the Panel to
be present, shall be evidence of the registration and use of a domain name in bad faith:
(i) circumstances indicating that you have registered or you have acquired the domain
name primarily for the purpose of selling, renting, or otherwise transferring the domain
name registration to the complainant who is the owner of the trademark or service mark
or to a competitor of that complainant, for valuable consideration in excess of your
documented out-of-pocket costs directly related to the domain name; or
(ii) you have registered the domain name in order to prevent the owner of the trademark
or service mark from reflecting the mark in a corresponding domain name, provided that
you have engaged in a pattern of such conduct; or
(iii) you have registered the domain name primarily for the purpose of disrupting the
business of a competitor; or
(iv) by using the domain name, you have intentionally attempted to attract, for
commercial gain, Internet users to your web site or other on-line location, by creating a
likelihood of confusion with the complainant's mark as to the source, sponsorship,
affiliation, or endorsement of your web site or location or of a product or service on your
web site or location.
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303
Internet und Domainnamen





Artikel 4 UDRP „legitimate interest“
c. How to Demonstrate Your Rights to and Legitimate Interests in the Domain
Name in Responding to a Complaint. When you receive a complaint, you should
refer to Paragraph 5 of the Rules of Procedure in determining how your response
should be prepared. Any of the following circumstances, in particular but without
limitation, if found by the Panel to be proved based on its evaluation of all
evidence presented, shall demonstrate your rights or legitimate interests to the
domain name for purposes of Paragraph 4(a)(ii):
(i) before any notice to you of the dispute, your use of, or demonstrable
preparations to use, the domain name or a name corresponding to the domain
name in connection with a bona fide offering of goods or services; or
(ii) you (as an individual, business, or other organization) have been commonly
known by the domain name, even if you have acquired no trademark or service
mark rights; or
(iii) you are making a legitimate noncommercial or fair use of the domain name,
without intent for commercial gain to misleadingly divert consumers or to tarnish
the trademark or service mark at issue.
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304
Internet und Domainnamen

Keyfacts UDRP
•
Tatbestandsmerkmale der UDRP werden durch die Panels autonom
ausgelegt, d.h. die Rechtsprechung nationaler Rechtsordnungen oder
vergleichbarer Panel-Entscheidungen entfalten keine Bindungswirkung.
Aus Gründen der Gleichbehandlung der Parteien und im Interesse einer
vorhersehbaren Entscheidungspraxis orientieren sich die Panels dennoch
an der vorausgegangenen Entscheidungspraxis anderer
Schiedskommissionen. Auch Judikatur nationaler Rechtsordnungen
kann eine Rolle spielen:
•
insbesondere Panels mit US-amerikanischer Beteiligung verweisen häufig auf
das zum Anticybersquatting Consumer Protection Act (ACPA) vom 29.11.1999
ergangene Fallrecht, da dessen Intention und Regeln mit der UDRP weitgehend
übereinstimmt.
•
•
•
Kommentierung einzelner Elemente der UDRP:
Overview of WIPO Panel Views on Selected UDRP Questions
("WIPO Overview 2.0")
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305
Internet und Domainnamen

„Trademark or servicemark“
•
Paragraf 4 a) i) UDRP erfasst nicht nur eingetragene Marken, sondern
auch unregistrierte common law trademarks im Sinne des
angloamerikanischen Markenrechts,was unter bestimmten Vorzeichen
auch die Bezeichnungen öffentlicher Einrichtungen und den Namen
prominenter Personen erfasst.
WIPO Case No D2000-1838 „celinedion.com“. Dort heißt es: „While
the complainants in this case have not yet registered Celine Dion´s
name as a trade mark, it is clear that her fame as a performing artist
establishes the kind of reputation which can warrant protection against
passing off. There is much in the course of the response which shows
acceptance of the view that the complainant has, in her career, attained
the status of a celebrity.”
Nach h.m. reicht es für das Betreiben eines UDRP Verfahrens aus, dass
ein Lizenznehmer sich auf Markenrechte beruft

•
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306
Internet und Domainnamen

„Identical or confusingly similar“
•
Identität- keine „milimetergenaue“ Übereinstimmung. So wurde in der
Entscheidung Fiat Auto S.p.A. v. Italienska bil, die Identität zwischen dem
zusammenhängend geschriebene Domainname „alfaromeo.biz“ und dem aus zwei
Worten bestehenden Marke „ALFA ROMEO“ mit der Begründung bejaht, dass die
Marke in der Schreibweise mit Leerzeichen nicht als Domainnamen eingetragen
werden könne.
WIPO Case No DBIZ2001-00030 „alfaromeo.biz“.
Verwechslungsgefahr (confusing similarity) liegt vor, wenn eine klangliche,
begriffliche oder (schrift-)bildliche Übereinstimmungen besteht, ferner ist
entscheidend die „idea suggested by the trademark and the domain name“.
Auch: Typosquatting
(P) Sucks cases - Im Fall „Walmart“ und „wal-martsucks.com“ wurde confusing
similarity bejaht, in der Konstellation „Wal-Mart“ und „wallmartcanadasucks.com“
dagegen verneint.
WIPO Case No D2000-0662 „wal-martsucks.com“.
WIPO Case No D2000-1104 „wallmartcanadasucks.com“.
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Internet und Domainnamen
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„No rights or legitimate interests“
•
Paragraf 4 a) ii.) UDRP verlangt von dem Beschwerdeführer den Nachweis, dass
der Domaininhaber keine Rechte oder ein berechtigtes Interesse an der Domain
hat (no rights or legitimate interests).
(P) wie beweist man das?
Dazu der “Panel Consensus View”: While the overall burden of proof rests with the
complainant, panels have recognized that this could result in the often impossible
task of proving a negative, requiring information that is often primarily within the
knowledge of the respondent. Therefore a complainant is required to make out a
prima facie case that the respondent lacks rights or legitimate interests. Once such
prima facie case is made, the burden of production shifts to the respondent to
come forward with appropriate allegations or evidence demonstrating rights or
legitimate interests in the domain name. If the respondent fails to come forward
with such appropriate allegations or evidence, a complainant is generally deemed
to have satisfied paragraph 4(a)(ii) of the UDRP [see also paragraph 4.6 below in
relation to respondent default]. If the respondent does come forward with some
allegations or evidence of relevant rights or legitimate interest, the panel then
weighs all the evidence, with the burden of proof always remaining on the
complainant.
•
•
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308
Internet und Domainnamen

„No rights or legitimate interests“
•
(P) Domainregistrierung um Kritik zu äußern = legitimes
Interesse?
•
View 1: The right to criticize does not necessarily extend to registering
and using a domain name that is identical or confusingly similar to the
complainant's trademark (…) it may be understood by Internet users as
impersonating the trademark owner. Where the domain name comprises
the protected trademark plus an additional, typically derogatory term
(e.g., <trademarksucks.tld>), some panels have applied View 2.
View 2: Irrespective of whether the domain name as such connotes
criticism, the respondent has a legitimate interest in using the
trademark as part of the domain name of a criticism site if such use is
fair and noncommercial.
•
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Internet und Domainnamen
View 3 Additional considerations: Some panels have opted to assess (…)
additional considerations, including whether:
(i) the domain name has been registered and is used genuinely for the
purpose of criticizing the mark owner;
(ii) the registrant believes the criticism to be well-founded and lacks intent
for commercial gain;
(iii) it is immediately apparent to Internet users visiting the website at the
domain name that it is not operated by the owner of the mark;
(iv) the respondent has refrained from registering all or most of the obvious
domain names reasonably suitable for the owner of the mark;
(v) where appropriate, a prominent and appropriate link is provided to the
relevant trademark owner's website; and
(vi) where there is a likelihood that email intended for the complainant will
use the domain name in issue, senders are alerted in an appropriate way
that their emails have been misaddressed.

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Internet und Domainnamen

„No rights or legitimate interests“

(P) Fan Sites

View 1: The registrant of an active and noncommercial fan site may
have rights and legitimate interests in the domain name that includes
the complainant's trademark. The site should be actually in use, clearly
distinctive from any official site, and noncommercial in nature.
View 2: A respondent does not have rights or legitimate interests in
expressing its view, even if positive, on an individual or entity by using
an identical or confusingly similar domain name, if the respondent is
intentionally misrepresenting itself as being (or as in some way
associated with) that individual or entity, or seeks to derive commercial
advantage from its registration and use. Also, where the domain name
is identical to the trademark, panels have noted that such respondent
action prevents the trademark holder from exercising its rights to the
trademark and managing its presence on the Internet.

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Internet und Domainnamen

„Bad Faith“
•
Die dritte Voraussetzung für eine stattgebende Entscheidung nach der
UDRP ist, dass die Domain in bösem Glauben (bad faith) registriert
und genutzt wird. Die UDRP gibt (nicht abschließend) Beispiele, wann
böser Glaube im Sinne des Art. 4 a) vorliegt.
So soll dies nach Paragraf 4 b) i.) UDRP der Fall sein, wenn dem
Markeninhaber (Beschwerdeführer) der Domainname zu einem Preis
angeboten wird, der über dem Anschaffungspreis liegt, die Registrierung
vornehmlich in Ausschluss- oder Behinderungsabsicht erfolgt ist (Paragraf 4 b)
ii.) und iii. UDRP) oder der Beschwerdegegner den Domainnamen irreführend
nutzt, indem er Webuser darüber täuscht, dass sich hinter der Website
tatsächlich nicht der Markeninhaber verbirgt (Paragraf 4 b) iv.) UDRP).
•

(P) Passive Holding (domain name is not actively used and the domain
name holder has taken no active steps to sell the domain name or
contact the trademark holder) allein begründet keine Bösgläubigkeit
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Internet und Domainnamen


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Fall Deutsche Welle (1)
Die „mediale Visitenkarte Deutschlands in der Welt“, die deutsche Welle (DW),
möchte ihre journalistischen Angebote im Internet ausbauen. Unter www.dw.com
möchte sie ein neues Onlineportal betreiben, um Menschen im Ausland zu
informieren, den Dialog der Kulturen zu ermöglichen und sich insgesamt für
Völkerverständigung und Toleranz einzusetzen. Der Schriftzug „DW“, in der
Bundesrepublik Deutschland seit 1953 ein Begriff und seit den 80´er Jahren dort
auch markenrechtlich geschützt, soll über das neue Portal nun noch weiter in die
Welt getragen werden. Als der Justitiar der Deutschen Welle G. im Juni 2000 mit
der Verwirklichung des Projekts betraut wird, stellt er zu seinem Entsetzen fest,
dass die Domain www.dw.com bereits vergeben ist. Als Inhaber weist die
Recherchedatenbank die Diamond Ware Limited in Arizona, USA aus. Nach
Eingabe der URL in seinen Webbrowser findet G. die Online-Präsenz des
Softwareunternehmens, das unter der Abkürzung „DW“ bereits seit 1994 Produkte
der Informationstechnologie vertreibt und die Domain im gleichen Jahr bei einem
Registrar in den USA registriert hat. Einen kurzen Augenblick enttäuscht das
Prinzip „first come first serve“ reflektierend, erinnert G. sich seiner juristischen
Brillanz gerade in aussichtslosen Fällen und setzt am 13. Juli 2000 ein Schreiben
an den Chief Executive Officer (CEO) der DiamondWare Limited auf. Er formuliert:
"It has come to our attention that you are in possession of the domain
www.dw.com. As shown in the enclosed certification Deutsche Welle has a
registered trade mark concerning "dw". Therefore you shall transfer this domain
name over to us. Nevertheless we would be very grateful for your co-operation in
resolving this matter and find an amicable solution. I look forward to hearing from
you soon."
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313
Internet und Domainnamen
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

Fall Deutsche Welle (2)
Die Antwort aus Arizona lässt nicht lange auf sich warten. Im Schreiben des CEO
vom 10. August heißt es: "Thank you for your interest in our domain name,
dw.com. We are not currently offering this property for sale on the open market,
however it has recently been attracting enquiries. Therefore, we would consider an
offer above $3,750,000 (three million, seven hundred fifty thousand US Dollars)
from an accredited buyer. I look forward to your reply.„ G. ist schockiert und
verzückt zugleich. Sofort verfasst er in englischer Sprache eine Beschwerdeschrift
an das WIPO Arbitration and Mediation Center. Bestehende Markenrechte listet er
auf, zur Begründung des Anspruchs verweist er auf das Schreiben der Diamond
Ware vom 10. August und das dort unterbreitete Angebot. Die Offerte beweise,
dass die Beschwerdegegnerin kein ernsthaftes Interesse an der Domain haben
könne. Die Höhe des Angebots unterstreiche, dass es hier nur um Profit gehe. G
staunt, als ihm die Erwiderung der Diamond Ware zugestellt wird. Der Deutschen
Welle wird darin vorgeworfen, die Beschwerde „in bad faith and with no reasonable
basis“ zu betreiben. Dies ergebe sich zunächst daraus, dass die Deutsche Welle
keinerlei Rechte in den Vereinigten Staaten nachgewiesen habe und sich ihre
Rechte auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkten. Weiter nutze
die Diamond Ware die Domain und die Abkürzung schon seit 1994 und habe von
der Existenz der Deutschen Welle und ihren Rechten in der Bundesrepublik bis
dato überhaupt nichts gewusst. Von „bösem Glauben“ könne auf ihrer Seite keine
Rede sein. Die Beschwerdeführerin dagegen hätte nach Aufruf der Internetseite
www.dw.com sofort und leicht erkennen können, dass die Diamond Ware die
Domain schon lange betreibt und sicher nicht erworben habe, um sie ein halbes
Jahrzehnt später dem deutschen Auslandsrundfunk zu offerieren.
Hat das Verfahren der Deutschen Welle Aussicht auf Erfolg?
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314
Internet und Domainnamen
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UDRP und Rules – Review Process?
Vgl. Hierzu:
Preliminary Issue Report on the Current State of the
Uniform Dispute Resolution Policy
Webinar on the Current State of the UDRP
14.12.2012
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315
Internet und Domainnamen
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.eu Domains und Verfahren vor dem tschechischen Schiedsgerichtshof
Hintergrund und Vergabeverfahren
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Sunrise I (2005) und II (bis Februar 2006), Landrush (seit April 2006)
Rechtsgrundlagen:
Verordnung 733/2002 („EinführungsVO“) und die Verordnung 874/2004
(„FestlegungsVO)“
ADR Regeln und ergänzende Regeln
Verfahren gegen Register (EURid) und Domaininhaber möglich
Prüfungsmaßstab:
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14.12.2012
Nach Art. 21 Abs. 1 der FestlegungsVO wird ein Domänenname aufgrund eines
außergerichtlichen oder gerichtlichen Verfahrens widerrufen, wenn er mit
einem anderen Namen identisch ist oder diesem verwirrend ähnelt, für den
Rechte bestehen, die nach nationalem und/ oder Gemeinschaftsrecht
anerkannt oder festgelegt sind und wenn der Domänenname von einem
Domäneninhaber registriert wurde, der selbst keinerlei Rechte oder berechtigte
Interessen an diesem Domänennamen geltend machen kann, oder in böser
Absicht registriert oder benutzt wird.
Nach Art. 22 der FestlegungsVO kann ein alternatives
Streitbeilegungsverfahren von jedermann angestrengt werden, der geltend
macht, dass eine Domainregistrierung spekulativ oder missbräuchlich im Sinne
von Art. 21 FestlegungsVO ist oder eine Entscheidung des Registers gegen die
Einführungs- und FestlegungsVO verstößt.
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Internet und Domainnamen
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Artikel 21
Spekulative und missbräuchliche Registrierung
(1) Ein Domänenname wird aufgrund eines außergerichtlichen oder gerichtlichen Verfahrens
widerrufen, wenn er mit einem anderen Namen identisch ist oder diesem verwirrend ähnelt, für
den Rechte bestehen, die nach nationalem und/oder Gemeinschaftsrecht anerkannt oder
festgelegt sind, darunter die in Artikel 10 Absatz 1 genannten Rechte, und wenn dieser
Domänenname
a) von einem Domäneninhaber registriert wurde, der selbst keinerlei Rechte oder berechtigte
Interessen an diesem Domänennamen geltend machen kann, oder
b) in böser Absicht registriert oder benutzt wird.
(2) Ein berechtigtes Interesse im Sinne von Absatz 1 Buchstabe a) liegt vor, wenn
a) der Domäneninhaber vor der Ankündigung eines alternativen Streitbeilegungsverfahrens den
Domänennamen oder einen Namen, der diesem Domänennamen entspricht, im Zusammenhang
mit dem Angebot von Waren oder Dienstleistungen verwendet hat oder nachweislich solche
Vorbereitungen getroffen hat;
b) der Domäneninhaber ein Unternehmen, eine Organisation oder eine natürliche Person ist, die
unter dem Domänennamen allgemein bekannt ist, selbst wenn keine nach nationalem und/oder
Gemeinschaftsrecht anerkannten oder festgelegten Rechte bestehen;
c) der Domäneninhaber den Domänennamen in rechtmäßiger und nichtkommerzieller oder fairer
Weise nutzt, ohne die Verbraucher in die Irre zu führen, noch das Ansehen eines Namens, für
den nach nationalem und/oder Gemeinschaftsrecht anerkannten oder festgelegten Rechte
bestehen, zu beeinträchtigen.
14.12.2012
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317
Internet und Domainnamen
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(3) Bösgläubigkeit im Sinne von Absatz 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn
a) aus den Umständen ersichtlich wird, dass der Domänenname hauptsächlich deshalb
registriert oder erworben wurde, um ihn an den Inhaber eines Namens, für den ein nach
nationalem und/oder Gemeinschaftsrecht anerkanntes oder festgelegtes Recht besteht,
oder an eine öffentliche Einrichtung zu verkaufen, zu vermieten oder anderweitig zu
übertragen;
b) der Domänenname registriert wurde, um zu verhindern, dass der Inhaber eines
solchen Namens, für den ein nach nationalem und/oder Gemeinschaftsrecht anerkanntes
oder festgelegtes Recht besteht, oder eine öffentliche Einrichtung diesen Namen als
entsprechenden Domänennamen verwenden kann, sofern:
i) dem Domäneninhaber eine solche Verhaltensweise nachgewiesen werden kann; oder
ii) der Domänenname mindestens zwei Jahre lang ab der Registrierung nicht in
einschlägiger Weise genutzt wurde; oder
iii) der Inhaber eines Domänennamens, für den ein nach nationalem und/oder
Gemeinschaftsrecht anerkanntes oder festgelegtes Recht besteht, oder der dem Namen
einer öffentlichen Einrichtung entspricht, zu Beginn eines alternativen
Streitbeilegungsverfahrens seine Absicht erklärt hat, diesen Domänennamen in
einschlägiger Weise zu nutzen, dies jedoch innerhalb von sechs Monaten nach dem
Beginn des Streitbeilegungsverfahrens nicht getan hat;
c) der Domänenname hauptsächlich registriert wurde, um die berufliche oder
geschäftliche Tätigkeit eines Wettbewerbers zu stören; oder (…)
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Internet und Domainnamen
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Entscheidung des tschechischen Schiedsgerichts
Bösgläubigkeit (+) unbenannter Fall – Umgehung der Transkriptionsregel in Art.
11 VO 874/2004
Feststellungsklage des Domaininhabers vor ordentlichen Gerichten, dass
Domainname (entgegen Entscheidung des tschechischen Schiedsgerichts) nicht zu
übertragen ist
OGH legt dem EuGH vor
EuGH: 1. Art. 21 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 874/2004 der Kommission vom
28. April 2004 zur Festlegung von allgemeinen Regeln für die Durchführung und
die Funktionen der Domäne oberster Stufe „.eu“ und der allgemeinen Grundregeln
für die Registrierung ist dahin auszulegen, dass Bösgläubigkeit durch andere
Umstände als die in den Buchst. a bis e dieser Bestimmung aufgeführten
nachgewiesen werden kann.
2. Für die Beurteilung der Frage, ob ein bösgläubiges Verhalten im Sinne von Art.
21 Abs. 1 Buchst. b in Verbindung mit Abs. 3 der Verordnung Nr. 874/2004
vorliegt, hat das nationale Gericht alle im Einzelfall erheblichen Faktoren und
insbesondere die Umstände, unter denen die Eintragung der Marke erwirkt wurde,
sowie die Umstände, unter denen der Name der Domäne oberster Stufe „.eu“
registriert wurde, zu berücksichtigen.
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Documents pareils