Das Gute und das Böse im Rotkäppchen der Brüder Grimm. Versuch

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Das Gute und das Böse im Rotkäppchen der Brüder Grimm. Versuch
Wy sza Szkoła J zyków Obcych w Poznaniu
Katedra J zyka Niemieckiego
Sylwia Tomaszewska
Das Gute und das Böse im Rotkäppchen der Brüder Grimm.
Versuch einer Vergleichsanalyse in translatologischer Sicht.
Praca licencjacka
napisana pod kierunkiem
dr Anny Stolarczyk-Gembiak
Pozna 2006
Inhaltsverzeichnis
Vorwort. Ziel und Methode der Arbeit .........................................................................
2
Theoretischer Teil:
1. Übersetzung in der Theorie ......................................................................................
3
1.1 Allgemeine Definitionen ........................................................................................
3
1.2 Die literarische Übersetzung ..................................................................................
4
2. Zwischen Märchen und Sage ................................................................................... 10
3. Zur Biographie der Brüder Grimm ........................................................................... 13
4. Die Volksmärchen von Brüdern Grimm .................................................................. 15
Analytischer Teil:
5. Rotkäppchen im Original und in der Übersetzung. Eine Analyse ............................ 18
5.1 Zusammenfassung des Inhalts ................................................................................ 18
5.2 Das Gute und das Böse im Rotkäppchen ................................................................ 19
5.2.1 Rotkäppchen – Wolf ............................................................................................ 20
5.2.2 Großmutter – Wolf – Rotkäppchen ..................................................................... 26
5.3 Die Rache ............................................................................................................... 31
6. Zusammenfassung .................................................................................................... 35
7. Bibliographie ............................................................................................................ 37
7.1 Primärliteratur......................................................................................................... 37
7.2 Sekundärliteratur..................................................................................................... 37
8. Streszczenie w j zyku polskim ................................................................................. 39
1
Vorwort. Ziel und Methode der Arbeit
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist der Vergleich des Originals und der
Übersetzung des Märchens von Brüdern Grimm Rotkäppchen. Für die Autorin der
Arbeit waren zwei Aspekte wichtig: das Motiv des Guten und des Bösen und die
sprachliche Ebene des Textes.
Das Thema der Arbeit ist eine Vergleichsanalyse in translatologischer Sicht mit
Berücksichtigung des Motivs des Guten und des Bösen. In der Arbeit wurden sowohl
der literaturwissenschaftliche als auch der translatologische Aspekt verbunden.
Die Erklärung des Begriffs „Übersetzung” wurde auf die Theorie der folgenden
Autoren gestützt: Friedmar Apel, Radegundis Stolze, Wolfram Wilss, Jiri Levy, Rolf
Kloepfer, Ralph-Rainer Wuthenow und Maria Krysztofiak.
Die gezielt gewählten Fragmente von Rotkäppchen sollten den Kampf des Guten
mit dem Bösen zeigen. Die Fragmente stellen nicht nur bildlich den Kontrast zwischen
dem Guten und dem Bösen dar, sondern sie sind auch interessant in translatologischer
und literarischer Hinsicht.
Die Analyse sollte die sprachliche Unterschiede zeigen, die beiden Texte
semantisch vergleichen und die Unterschiede in der Darstellung des Motivs des Guten,
des Bösen und der Rache zeigen.
Die theoretische Diskussion und insbesondere der analytische Teil der Arbeit
zeigen, wie kompliziertes Problem die Translatologie ist.
2
1. Übersetzung in der Theorie
1.1 Allgemeine Definitionen
Die
Definition
in
Duden
soll
als
Ausgangspunkt
für
die
weitere
Auseinandersetzung mit dem Begriff der Übersetzung betrachtet werden. Nach diesem
Nachschlagewerk bedeutet die Tätigkeit „übersetzen” Wiedergabe eines Textes in einer
anderen Sprache (schriftlich oder mündlich).1
Eine andere Definition, die sich in Brockhaus Enzyklopädie befindet, lautet:
„Übersetzung ist schriftliche Form der Vermittlung eines Textes durch Wiedergabe in
einer anderen Sprache unter Berücksichtigung bestimmter Äquivalenzforderungen”.2
Nach Brockhaus Enzyklopädie gibt es verschiedene Arten von Übersetzungen. Zu
unterscheiden sind die interlinguale Übersetzung, die intersemiotische und die
intralinguale Übersetzung. Die interlinguale Übersetzung ist Übersetzung von einer
Sprache in eine andere, die intersemiotische Übersetzung ist Übertragung von einem
Zeichensystem in ein anderes, z.B. vom Text ins Bild. Die intralinguale Übersetzung ist
Übertragung von einer Sprachstufe in eine andere, z.B. vom Althochdeutschen ins
Neuhochdeutsche, vom Dialekt in die Standard- oder Hochsprache. Der Begriff
„Übersetzung” umfaßt andererseits die unterschiedlichsten Typen von Übersetzungen.
Als Beispiele können hier Glossen, Interlinearversion, Übertragung (Bearbeitung),
Nachdichtung (Adaption) oder Neuvertextung (Filmsynchronisation) genannt werden.3
Friedmar Apel hebt in seinem kritischen Werk Literarische Übersetzung hervor,
dass der Begriff der Übersetzung in der Allgemeinsprache mehrere Bedeutungen hat. Er
nennt fünf Arten von Übersetzungen. Die Übersetzung kann als das Erklären von dem
Ansprechpartner unverständlicher Äußerungen verstanden werden, also z.B. die
Wiedergabe einer Äußerung, die in einer Fachsprache formuliert wurde, in
Alltagssprache. Die zweite Art der Übersetzung umfaßt solche Begriffe wie
Transkription und Transliteration. Transkription ist die Umsetzung von Lauten in
Schrift und Transliteration ist die Umsetzung von einer Schrift in die andere, z.B. die
Umsetzung in Braille oder Morse-Zeichen. Weiter beschreibt Friedmar Apel die
Übersetzung als die Darstellung eines Textes in einer anderen Form, wobei bestimmte
1
Vgl.: Duden. Deutsches Universalwörterbuch, herausgegeben von der Dudenredaktion, Mannheim
2003, S. 1630.
2
Brockhaus Enzyklopädie in 24 Bänden, 22. Band, Mannheim 19 1993, S. 543.
3
Vgl.: ebenda, S. 543.
5
3
inhaltliche oder formale Merkmale beibehalten werden, z.B. Paraphrasierungen von
Gedichten in Prosa oder Verfilmungen von Texten. Die Übersetzung kann auch (worauf
schon in Brockhaus Enzyklopädie hingewiesen wurde) intralingual oder interlingual
sein. Die erste ist also die Wiedergabe einer Äußerung z.B. einer älteren Sprachstufe in
einer anderen historischen Sprachstufe derselben Sprache. Die zweite ist die
Wiedergabe einer Äußerung, die in einer natürlichen Sprache formuliert wurde, in einer
anderen natürlichen Sprache.
In seinen weiteren Überlegungen weist Friedmar Apel darauf hin, dass sich
innerhalb des Gebiets der eigentlichen Übersetzung noch verschiedene Arten der
Übersetzung abgrenzen lassen. Im Großen und Ganzen werden drei bzw. vier Arten der
Übersetzung unterschieden: Dolmetschen, also die mündliche Übersetzung, technisches,
wissenschaftliches und literarisches Übersetzen.4
Da in dieser Arbeit zwei literarische Texte in translatologischer Sicht analysiert
werden, soll demzufolge auf die Theorie der literarischen Übersetzung Rücksicht
genommen werden.
1.2 Die literarische Übersetzung
Die Definition der Übersetzung bereitete immer Probleme, weil dieser Begriff
sehr unterschiedlich wahrgenommen wird. Mit diesem Problem beschäftigten sich u.a.:
Wolfram Wilss, Jiri Levy, Rolf Klopfer oder Friedmar Apel.
Nach Radegundis Stolze sind bei der literarischen Übersetzung folgende
Aspekte zu berücksichtigen: Zweckfreiheit, Kulturspezifik und subjektive Weltdeutung,
Personalisierung, Fiktionalität, literarische Ästhetik und sprachliche Kreativität,
Offenheit für visionäre Gestaltung und Interpretationsfreiheit.5 Die Autorin schließt
literarische Texte in die Kategorie „Pragmatik” ein. Nach ihr bestimmt die
Zwecksetzung die rhetorische Auswahl der Sprachmittel. Hier ist wichtiger die Frage,
„für wen” eine Übersetzung angefertigt wird und nicht nur „wozu”. Sprechergruppen
und deren Texte befinden sich in sozialen Zusammenhängen, deshalb sind Texte dann
verständlich, wenn sie das Hindurchblicken auf jene Situation ermöglichen. Die
intensionale Analyse von Wortbedeutungen ist immer durch die extensionale Analyse
von Konnotationen des Wortgebrauchs zu ergänzen. Die Sprechergruppenzugehörigkeit
4
5
Vgl.: Apel, Friedmar: Literarische Übersetzung, Stuttgart 1983, S. 1 – 2.
Vgl.: Stolze, Radegundis: Übersetzungstheorien. Eine Einführung, Tübingen 3 2001, S. 243 – 246.
4
eines Textes spiegelt sich in den zu einem sozialen Wortfeld gehörenden Wörtern. Das
kann z.B. die Sprache von Parteien, der Feministinnen oder von Jugendlichen sein.
Dazu kommt auch die Frage der Kulturunterschiede zum Vorschein. Übersetzen beruht
nicht auf dem Vergleich von beiden Kulturen, sondern auf einem Überbrücken
vergleichend
festgestellter
Unterschiede.
Es
gibt
drei
Arten
interkultureller
Unterschiede: reale Inkongruenzen durch unbekannte Kulturspezifika, formale
Inkongruenzen durch kulturspezifische Textbaupläne und semantische Inkongruenzen
durch kulturspezifische Assoziationen bestimmter Wörter. Solche Inkongruenzen
wirken sich meistens gefahrvoll auf bestimmte Textstellen und deshalb muss hier der
Übersetzer mit Kompensationsstrategien reagieren. Kulturunterschiede umfaßen u.a.
Realia, Stereotypen und Idiomatik.6
Wolfram Wilss definiert Übersetzen als „ein Textverarbeitungs- und
Textverbalisierungsprozess, der von einem ausgangssprachlichen Text zu einem
möglichst äquivalenten zielsprachlichen Text hinüberführt und das inhaltliche und
stilistische Verständnis der Vorlage voraussetzt”.7 Nach ihm ist Übersetzen ein in sich
gegliederter Vorgang, der zwei Hauptphasen umfaßt, und zwar: eine Verstehensphase
und eine Rekonstruktionsphase. Die erste Phase beruht darauf, dass der Übersetzer den
Ausgangstext auf seine Sinn- und Stilintention analysiert und in der zweiten Phase
reproduziert der Übersetzer den Text, den er vorher inhaltlich und stilistisch analysiert
hat.
Der
Text
muss
Äquivalenzgesichtspunkte
unter
optimaler
reproduziert
Berücksichtigung
werden.
Hier
spielt
kommunikativer
die
Instanz
des
Verständnisses eine wichtige Rolle. Der Übersetzer muss den ausgangssprachlichen
Text gut verstehen, um ihn korrekt zu interpretieren. Nur dann kann der übersetzte Text
gut vom Empfänger verstanden werden.8
Jiri Levy behauptet, „das Ziel der Übersetzerarbeit ist es, das Originalwerk zu
erhalten, zu erfassen und zu vermitteln”9, es darf jedoch kein neues Werk geschaffen
werden. Jiri Levy versucht die Übersetzung als „Kunstgattung” zu fassen. Der Begriff
der Gattung ist sinnvoll, wenn er je die Dialektik von Form und Inhalt aufweist,
während bei Levy die Mitteilung als Invariante erscheint. Jiri Levy meint, dass das Ziel
der Übersetzung reproduktiv ist. Nach ihm entsteht eine normative Definition der
Übersetzung dann, wenn die Übersetzung als eine Reproduktion wahrgenommen wird
6
Vgl.: ebenda, S.243 – 246.
Wilss, Wolfram: Übersetzungswissenschaft. Probleme und Methoden, Stuttgart 1977, S. 72.
8
Vgl.: ebenda, S. 72.
9
Levy, Jiri: Die literarische Übersetzung: Theorie einer Kunstgattung, Frankfurt/Main 1969, S. 65.
7
5
und das Übersetzen selbst als ein original-schöpferischer Prozess verstanden wird. Die
ideale Übersetzung entspricht der normativen Definition und je schwächer sie ist, desto
weiter liegt sie von dieser Definition entfernt.10 Jiri Levy sieht die literarische
Übersetzung als ein Phänomen, das aus Literatur, Ästhetik, Stilistik, Linguistik,
Rezeption und Kulturgeschichte besteht. Die Übersetzung sollte vor allem glaubwürdig
sein und ihre Hauptfunktion ist die Vertretung des Originals in der Zielkultur. Jiri Levy
teilt die Übersetzungsmethoden in zwei Gruppen: die erste ist Illusionsmethode. Es geht
hier darum, dass der Übersetzer den Wert des Werks behalten soll (also auch historische
und kulturelle Aspekte). Die zweite ist Antiillusionsmethode, also die früher genannten
Aspekte finden hier keinen Platz.11
Rolf Kloepfer ist dagegen der Meinung, dass Übersetzung eine Iterationsform
der Dichtung ist.12 Er beruft sich auf Novalis, der von einem Übersetzer als von einem
Dichter des Dichters spricht. Nach Rolf Kloepfer ist Übersetzung Einheit von
Dichtkunst, Hermeneutik und Poetik. Das soll bedeuten, dass die Übersetzung
dichterische Texte hervorbringt. Diese Texte sollten in sich die Bedingungen ihres
Verständnisses, aber auch dessen prinzipielle Unabgeschlossenheit begreifen.13 Rolf
Kloepfer bezeichnet die literarische Übersetzung als ein hermeneutischer Prozess. Die
Übersetzung sollte die Vermittlung eines bestimmten Inhalts mit Hilfe von neuen
Sprachmitteln sein. Dieser Prozess ist offen, er sollte jedoch zur Wiedergabe der
Gesamtheit führen, die ähnlich dem Original wäre. Rolf Kloepfer sieht im Übersetzer
vor allem einen Schöpfer, dessen Werk eine künstlerische Bedeutung haben sollte. In
der literarischen Übersetzung sollte die Werkidee, die sich im Originaltext befindet, zu
sehen sein.14
Friedmar
Apel
bildet
eine
Arbeitsdefinition
literaturwissenschaftlicher
Übersetzungsforschung, in der die schöpferische Dimension hervorgehoben wird.
„Übersetzung ist eine zugleich verstehende und gestaltende Form der Erfahrung von
Werken einer anderen Sprache”.15 Objekt dieser Erfahrung ist die dialektische Einheit
von Form und Inhalt als Verhältnis des Werks zum Rezeptionshorizont (also z.B. Stand
der Sprache, geschichtliche, soziale und individuelle Situation). Friedmar Apel betont in
dieser Definition besonders Einheit von Form und Inhalt, die auf den Bereich des
10
Vgl.: ebenda, S. 65.
Vgl.: Krysztofiak, Maria: Przekład literacki a translatologia, Pozna 2 1999, S. 18 – 19.
12
Vgl.: Kloepfer, Rolf: Die Theorie der literarischen Übersetzung, München 1967, S. 126.
13
Vgl.: ebenda, S. 126.
14
Vgl.: Krysztofiak, Maria: Przekład..., S. 16 – 18.
15
Apel, Friedmar: Literarische... , S. 8.
11
6
literarischen Textes zu beziehen ist. Relativ oft sind auch Inhalte von wissenschaftlichen
Texten oder Werbetexten an die spezifische Form gebunden. Diese Einheit betrifft also
verschiedene Typen von Texten, wo die Sprache kreativ verwendet wird und die Form
ebenso wichtig wie der Inhalt ist.16
Ralph-Rainer Wuthenow behauptet in seiner Publikation Das fremde Kunstwerk.
Aspekte der literarischen Übersetzung, dass das heutige Verständnis von dem Begriff
der Übersetzung erst in dem 18. Jahrhundert seinen Anfang nimmt.17 Diese Vorstellung
beruht auf zwei Arten der Treue, die realisiert werden sollen. Zuerst soll der fremde
Text mit dem Inhalt und Sinn übertragen werden. Die zweite Treue bezieht sich auf die
Form, die einen weitgehenden Einfluss auf den Inhalt ausübt. Somit soll darauf
hingewiesen werden, dass sowohl Bedeutung als auch Stilwert eines Textes zu erhalten
sind. Das Ziel der Übersetzung beruht darauf, dass der Text wiederhergestellt werden
soll. Nur seine historische Wirkung, die sich nicht wiederholen lässt, kann nicht neu
hergestellt werden. Von der Übersetzung hängt ab, ob das Original erfolgreich bleibt.
Die Wirkung muss nämlich erneuert werden. Die Übersetzung besteht aus Dichtkunst
und Prosa, sie kann nicht als eine einzelne Gattung bezeichnet werden. Sie reproduziert
die Gesamtheit der Literaturen, wozu die Totalität des Inhalts und die traditionellen
Formen beitragen. Die Übersetzung zeigt noch einmal die Welt der Literatur mit
eigenen Mitteln, die sie von der Ausgangssprache übernommen hat. Die Übersetzung
soll sowohl ein neues Werk in der eigenen Literatur, als auch die Wiedergabe des
Ausgangstextes sein. Das fremde Werk soll nicht der Zielkultur angepasst sein, sondern
es soll nicht verändert angenommen werden.
Die Übersetzung kann wiederholt oder korrigiert werden. Jede neue
Übersetzung stellt das Original anders dar und erst ihr Überblick kann das Bild des
Originals zeigen. Eine wichtige Rolle spielt hier die Geschichte und die Zeiten, in denen
die Übersetzungen entstanden sind. Es ist wichtig, welches Werk für welches Publikum
angefertigt wird. Erst das Verstehen und die Interpretation des Textes können
garantieren, dass das Werk von Empfängern verstanden wird. Der Ausgangstext lässt
sich nie ohne Veränderungen übertragen. Die Wörter in verschiedenen Sprachen haben
nie identische Bedeutungen und verursachen verschiedene Vorstellungen. Der Wert
muss also nicht auf Einzelheiten, sondern auf das Ganze gelegt werden. Die
16
Vgl.: ebenda, S. 8 – 9.
Vgl.: Wuthenow, Ralph-Rainer: Das fremde Kunstwerk. Aspekte der literarischen Übersetzung,
Göttingen 1969, S. 176 – 181.
17
7
Übersetzung sollte auf keinen Fall eine Verpflanzung sein. Sie sollte mit dem Original
integriert sein und es wiederspiegeln, aber sie kann keine Paraphrase sein. Das
Originalwerk kann nicht in der Übersetzung im wörtlichen Sinn wiederholt werden. Auf
diese Art und Weise wird die Übersetzung die Bestätigung und nicht der Ersatz des
Originals. Daher kann sie als ein einzelnes Werk funktionieren.18
Die literarische Übersetzung sollte bestimmte Eigenschaften haben. Nach Maria
Krysztofiak sind das: Gleichwertigkeit, Äquivalenz, Korrespondenz, Adäquatheit und
Analogie der Gestaltung.
Gleichwertigkeit bedeutet, dass die Übersetzung den Erwartungen, Bedürfnissen
und Interessen von Empfängern entsprechen sollte. Das heißt, dass die Übersetzung mit
den Erwartungen des Lesers, die doch in der Kultur der Zielsprache entwickelt wurden,
kohärent sein sollte.
Äquivalenz bestimmt, wie nah oder weit die Übersetzung vom Original entfernt
liegt. Das betrifft sowohl den Inhalt und die Form, als auch die gegenseitige Einwirkung
des Originaltextes und der Übersetzung. Äquivalenz bezieht sich auf die einzelnen
Wörter.
Korrespondenz bestimmt das Verhältnis zwischen dem Original und der
Übersetzung, das vor allem in der entsprechenden Wahl und nicht in den weit gehenden
Ähnlichkeiten besteht. Die Wörter und die Sätze müssen ein logisches Bild von
Tatsachen bilden. Erst dann repräsentieren sie die Wirklichkeit.
Adäquatheit bestimmt, wie nah die Übersetzung vom Original liegt. Wenn in der
Übersetzung Form und Inhalt behalten wurden, bedeutet das, dass die Übersetzung dem
Originaltext entspricht. Im Gegensatz zur Äquivalenz bezieht sich die Adäquatheit auf
die Wirkung des ganzen Textes.
In der Übersetzung sollte Analogie der Gestaltung erreicht werden. Solche
Übersetzung entspricht der Ästhetik und Poetik, sowohl im Original, als auch in der
Kultur der Zielsprache. Die ideale literarische Übersetzung bewahrt also nicht nur den
Inhalt, sondern auch die Kunstfertigkeit des Originaltextes. Diese Meisterschaft kann im
Bereich von Lexik, Syntax und Stil zum Ausdruck kommen. Der Übersetzer kann das
mit Rhythmus, Metapher oder Reim erreichen.
Schließlich werden zwei Arten von Übersetzung unterschieden: Übersetzung als
Adaptation und Übersetzung als Transfer.
18
Vgl.: ebenda, S. 176 – 181.
8
In der ersten Übersetzung werden die spezifischen Elemente des Originals durch
die spezifischen Elemente in der Zielkultur ersetzt. Das Ziel ist die Anpassung. Das
verursacht, dass die Übersetzung von Empfängern besser verstanden wird.
In der zweiten Übersetzung werden die spezifischen Elemente behalten. Das
trägt dazu bei, dass ein übersetztes Werk zwar nicht einfach zu verstehen ist, aber die
Zielkultur etwas von anderen, fremden Kulturen übernehmen kann und auf diese Weise
bereichert wird (z.B. auf dem Gebiet der Sprache).19
19
Vgl.: Krysztofiak, Maria: Przekład..., S. 35 – 39.
9
2. Zwischen Märchen und Sage. Versuch einer Begriffsbestimmung
Nach Gero von Wilpert, dem Autor von Sachwörterbuch der Literatur, ist
Märchen
„kürzere
volksläufig-unterhaltende
Prosaerzählung
von
phantastisch-
wunderbaren Begebenheiten und Zuständen aus freier Erfindung ohne zeitlichräumliche Festlegung”.20 Im Märchen werden oft übernatürliche Gewalten dargestellt,
die ins Alltagsleben eingreifen, redende Tiere, Riesen, Zwerge, Drachen, Feen, Hexen,
Zauberer, verwunschene Menschen, die Tier- oder Pflanzengestalt annehmen oder
unglaubwürdige
Erscheinungen,
die
den Naturgesetzen
widersprechen.
Diese
Besonderheiten werden jedoch aus dem Geist des Märchens heraus glaubwürdig, indem
eine gedanklich mitvollzogene Unwahrscheinlichkeit die andere schon wahrscheinlich
macht. Gero von Wilpert weist ausdrücklich darauf hin, dass der ethische Grund eine
denkbar einfache Weltordnung ist: das Gute wird belohnt, das Böse wird bestraft. Die
Quelle des Märchens ist das anonyme Volksmärchen, das aus mündlicher Überlieferung
des Volkes stammt. Es wurde von seiner Erzählweise geprägt, mit Variationen und
Umdichtungen, im Gegensatz zum Kunstmärchen, das als Schöpfung eine
Dichterindividualität, Erzählweise und Motive des Volksmärchens übernimmt und mit
bewußtem Kunstverstand gestaltet. Es zerbricht jedoch dabei teils das unbewußte
Phantasiespiel durch allegorische Verkleidung von Gedanken, Tendenzen und
Meinungen. Das Volksmärchen entstammte ursprünglich dem Orient, aber schon weit
vor den Kreuzzügen gelangte es ins Abendland. In der Antike war es noch keine
selbständige Gattung, sondern Bestandteil anderer epischer Dichtungen. Auch
märchenhafte
Bestandteile
der
germanischen
Vorhandensein der Märchenform schließen.
Heldensage
lassen
auf
frühes
21
Otto Bantel, der Autor der Publikation Grundbegriffe der Literatur, betont
dagegen, dass der Märchenheld mit seiner Welt, die er doch nicht überschaut, einsinnig
ist.22 Diesseits und Jenseits gehen ineinander über. Die Kräfte des Helden übersteigende
Bedrohungen und ungewöhnliche Aufgaben, werden von guten Mächten unterstützt,
gewendet und gelöst. Dabei kommt der Märchenheld zur Lebenserfüllung. Das Märchen
wird flächenhaft mit entschiedenem, geradem Handlungsverlauf erzählt. Die Figuren
20
Wilpert, Gero von: Sachwörterbuch der Literatur, Stuttgart 5 1969, S. 463.
Vgl.: ebenda, S. 463.
22
Vgl.: Bantel, Otto: Grundbegriffe der Literatur, Frankfurt/Main 2 1962, S. 50.
21
10
sind
durch
ihren
Namen
individualisiert,
der
magische
Bedeutung
(z.B.
Rumpelstilzchen) haben kann.
Die Bilder und Vorgänge wurden in einem uns nicht mehr zugänglichen und
verständlichen Kulturzusammenhang formuliert, deshalb ist die Deutung der
Märchensymbole erschwert, z.B. der Froschkönig wird erlöst, indem ihn die vom Ekel
ergriffene Königstochter an die Wand schleudert.
Otto Bantel hebt hervor, dass die in den Märchen dargestellten Ereignisse
zeitlos, individuell und seelisch sind. Auf den religiösen Kern machte schon Wilhelm
Grimm aufmerksam: „Gemeinsam allen Märchen sind die Überreste eines in die
ältesten Zeiten hinausreichenden Glaubens, der sich in bildlicher Auffassung
übersinnlicher Dinge ausspricht”.23
Die polnische Definition des Märchens, die in Słownik szkolny – j zyk polski zu
finden ist, bleibt der deutschen sehr nahe. Sowohl in der mündlichen, als auch in der
schriftlichen Form ist Märchen eine kurze Prosaerzählung.24 Der Märchenheld erlebt oft
außergewöhnliche oder gefährliche Abenteuer. Das Ende des Märchens ist optimistisch,
der Held erreicht Reichtum, Glück, Liebe oder Macht. Er ist meistens eine von
Schicksal oder ungerechten Menschen geschädigte (z.B. Aschenputtel), schwache oder
schutzlose (z.B. Rotkäppchen) Person. Im Märchen spielt die Phantasie eine wichtige
Rolle. Eigentlich immer treten übernatürliche Gestalten in Erscheinung – manchmal
sind das die Helfer des Haupthelden (z.B. der gestiefelte Kater, der goldene Fisch) und
manchmal seine Feinde (z.B. die Hexe im Märchen über Hänsel und Gretel). Außerdem
treten auch magische Gegenstände auf, dank denen der Held den Sieg erringen kann
(z.B. der fliegende Teppich). Der Held besitzt auch ungewöhnliche Fähigkeiten (z.B. er
kann mit Tieren sprechen) und im Allgemeinen positive Charakterzüge, dank denen er
Glück erreicht. Das alles verursacht, dass Märchen einen didaktischen Charakter hat.25
Das Märchen gehört zur literarischen Früherziehung und zur Vorschulerziehung.
Es enthält kognitiv-strukturelle, ethisch-normative, emotionale und poetische Elemente,
die Intelligenz fördern, und entfaltet erzieherische Impulse nach vielen Richtungen hin.
Das Märchen entwickelt die Phantasie und Kreativität, die heutzutage von den Medien
meistens gehemmt werden. Es verdeutlicht die Werte wie: Liebe, Freundschaft,
Geborgenheit, Zuwendung dadurch, dass es die Belohnung des Guten zeigt. Es eröffnet
23
Vgl.: ebenda, S. 50.
Vgl.: Słownik szkolny – j zyk polski, Kraków 2004, S. 45.
25
Vgl.: ebenda, S. 45.
24
11
einen Erlebnis- und Spielraum, der über die Realität hinausgeht. Das Märchen zeigt den
Menschen in Extremsituationen, z.B. in Tod, Gefahr, Bewährungsproben, Verfolgung,
in wunderbarer Errettung. Das Märchen verfeinert den Sinn für Symbole und Bilder, die
metaphorisch verstanden werden. Es bereitet auf das Verstehen von Literatur und Kunst
überhaupt vor. Das ist eine wichtige Fähigkeit auch in der religiösen Erziehung, z.B. für
das Verstehen der Bibel.26
Auf volkstümlicher, anonymer Überlieferung beruht auch Sage. Sie knüpft
jedoch im Gegensatz zum Märchen an einen bestimmten, oft historischen Ort und eine
bestimmte Zeit an. Sie enthält phantastische Ereignisse, die jedoch als Wahrheitsbericht
gemeint sind und den Glauben der Zuhörer ernsthaft voraussetzen. Zur Sagewelt
gehören (wie im Märchen) die Vermenschlichung der Pflanzen und sprechende Tiere,
Zwerge, Riesen u.ä.27
Ein Bestandteil des Märchens ist Motiv. Gero von Wilpert bezeichnet Motiv als
„ein ideeler Beweggrund des Dichters für das Aufgreifen eines bestimmten Stoffes. Der
Gegenstand regt den Dichter zu künstlerischer Gestaltung an”.28 Die zweite Bedeutung
dieses Begriffs lautet: „Strukturelle Einheit als typische bedeutungsvolle Situation, die
allgemeine thematische Vorstellungen umfasst und Einsatzpunkt eigener Erlebniss- und
Erfahrungsgehalte in symbolischer Form werden kann”.29 In Drama und Epik
unterscheidet man nach der Wichtigkeit für den Handlungsverlauf: Zentralmotiv,
Nebenmotiv, Leitmotiv, Füllmotiv, „blindes” Motiv (also für den Handlungsverlauf
irrelevantes Motiv).30
In der Definition von Otto Bantel ist Motiv „eine typische Situation, die immer
wieder auftreten kann”.31 Beispiele für solche Motive sind: die feindlichen Brüder (z.B.
Die Zwillinge von Klinger), die Feindschaft zweier Geschlechter (Romeo und Julia)
oder das Märchenmotiv des Helden aus dem Wald (Siegfried).32
26
Vgl.: Dinges, Ottilie (Hrsg.): Märchen in Erziehung und Unterricht, Kassel 1986, S. 172 – 174.
Vgl.: Wilpert, Gero von: Sachwörterbuch... , S. 668.
28
Ebenda, S. 497 – 498.
29
Ebenda, S. 497 – 498.
30
Vgl.: ebenda, S. 497 – 498.
31
Bantel, Otto: Grundbegriffe..., S. 54.
32
Vgl.: ebenda, S. 54.
27
12
3. Zur Biographie der Brüder Grimm
Jacob Grimm ist am 4. Januar 1785 in Hanau als Juristensohn geboren. Seit 1798
besuchte er Lyzeum in Kassel. Nach dem Tod des Vaters im Jahre 1796 hatte er
schwere Jugend mit Geldsorgen. 1802 studierte er Jura, drei Jahre später war er
Mitarbeiter Savignys in Paris, dann kam er nach Kassel zurück. Im Jahre 1806 war er
Kriegssekretariatsakzessist, aber schon Ende 1806 nahm er Entlassung. 1808 arbeitete
er als Privatbibliothekar des Königs Jerome in Wilhelmshöhe bei Kassel, seit 1809 war
er nebenher Staatsratsauditor. Nach Befreiungskriegen 1814 fungierte er als
Legationssekretär im Hauptquartier der Verbündeten und Paris, bei der Kommission zur
Rückforderung geraubter deutscher Literaturschätze. Ende 1829 bekam er Ruf als
Professor für deutsche Altertumswissenschaft und Bibliothekar nach Göttingen, dort
wurde er Ende 1837 wegen Teilnahme am Protest der „Göttinger Sieben” gegen den
Verfassungsbruch des Königs in Hannover amtsentsetzt und des Landes verwiesen.
1840 wurde er von Friedrich Wilhelm IV. als Mitglied der Akademie der
Wissenschaften und Professor nach Berlin berufen. Seit 1848 war er auch Abgeordneter
im Frankfurter Parlament.
Jacob Grimm gilt als Begründer der modernen Germanistik, wozu seine
Forschungen und Standardwerke über Rechtsaltertümer, Grammatik, Literatur- und
Sprachgeschichte, Altertumskunde, Mythologie, Märchen und Sagen beitrugen. Jacob
Grimm ist auch Schöpfer des Deutschen Wörterbuches. Er wandte die historische
Methode auf Literatur und Sprache an, schuf den Begriff der Volksdichtung aus der
romantischen, heute aufgegebenen Vorstellung eines dichtenden Volksgeistes. Er
erkannte die
Gesetzmäßigkeit des Lautwechsels und prägte eine Fülle von
sprachwissenschaftlichen Begriffen. Er arbeitete gemeinsam mit seinem Bruder
Wilhelm. Jacob Grimm ist am 20. September 1863 in Berlin gestorben.33
Deutsche Grammatik von Jacob Grimm ist für die Entwicklung einer
Wissenschaft der deutschen Sprache und der Literatur von kaum zu überschätzender
Bedeutung. Seit 1816 entstand das Projekt einer Grammatik des Deutschen, die die
Genese der sprachlichen Formen und ihrer Zusammenhänge systematisch darstellen
sollte. Der erste Band beobachtete die Flexion, die Bände 2 und 3 galten der
Wortbildung, Band 4 der Syntax des einfachen Satzes.
33
Vgl.: Wilpert, Gero von: Deutsches Dichterlexikon, Stuttgart 3 1988, S. 279 – 280.
13
Wissenschaftskonzeption von Jacob Grimm war nicht nur auf Sprachgeschichte
beschränkt, sondern besaß auch einen weiten kulturgeschichtlichen Horizont. Die
Hauptfelder seiner Arbeit waren Sprach- , Religions- und Rechtsgeschichte.34
Wilhelm Grimm ist am 24. Februar 1786 in Hanau geboren. Mit seinem Bruder
Jacob verbrachte er seine Jugend in Steinau. Seit 1798 besuchte er Lyzeum in Kassel. In
den Jahren 1803 – 06 studierte er Jura. Seit 1814 bis 1829 war er Bibliothekssekretär in
Kassel. Am 15. Mai 1825 heiratete er Dorothea Wild. Er lebte weiterhin mit seinem
Bruder im gemeinsamen Haushalt. 1830 arbeitete er als Unterbibliothekar in Göttingen.
1837 wurde er, wie sein Bruder, amtsentsetzt. Im Jahre 1841 wurde er Mitglied der
Akademie der Wissenschaften in Berlin. Wilhelm Grimm war geistesverwandter und
vertrauter Mitarbeiter seines Bruders in inniger Arbeits- und Lebensgemeinschaft. Er
war Hauptsammler und eigentlicher Redakteur der Märchen, außerdem Sagenforscher
und Herausgeber von Dichtungen mit wertvollen Einleitungen. Wilhelm Grimm ist am
16. Dezember 1859 in Berlin gestorben.35
Wilhelm Grimm stand in seiner wissenschaftsgeschichtlichen Bedeutung im
Schatten des älteren Bruders. Als Hauptwerk gilt seine rezeptionsgeschichtliche
Sammlung Die deutsche Heldensage. Neben Volkserzählung und Heldensage galt sein
wissenschaftliches Interesse vor allem dem Sprichwort. Dies schlug sich zum einem in
den Märchenredaktionen, zum anderen in seiner Edition mittelhochdeutscher
Spruchsammlung Bescheidenheit nieder.
Jacob und Wilhelm Grimm gehören zu jener Wissenschaftlergeneration der
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, auf die sich eine nachfolgende Deutsche Philologie
als „Gründungsväter” oder „-heroen” in besonderem Maße berief. Durch die
gemeinschaftliche Herausgabe eines wirkungsmächtigen Teils ihres wissenschaftlichen
Werks, insbesondere die Erzählsammlung Kinder- und Hausmärchen sowie das Projekt
eines Deutschen Wörterbuches, sind sie als „Brüder Grimm” im Bewußtsein auch einer
nichtwissenschaftlichen Nachwelt lebendig geblieben.36
34
Vgl.: Deutsche biographische Enzyklopädie in 10 Bänden, 4. Band, herausgegeben von Walther Killy
und Rodolf Vierhaus, München 1996, S. 169 – 170.
35
Vgl.: Wilpert, Gero von: Deutsches..., S. 279 – 280.
36
Vgl.: Deutsche biographische..., S. 169 – 170.
14
4. Die Volksmärchen von Brüdern Grimm
Die Sammlung von Märchen der Brüder Grimm ist das am häufigsten übersetzte
Werk. Die Brüder Grimm sind als die ersten Märchensammler bezeichnet. Kinder- und
Hausmärchen, die 1812 in zwei Teilen erschienen, bestanden aus 86 Märchen. Der
dritte Band aus dem Jahr 1815 umfaßte 72 Märchen. Die ganze Sammlung bestand aus
240 Märchen, die meistens aus Hessen und Nordrhein-Westfallen stammten.37
Die 16 Kasseler Handexemplare der Kinder- und Hausmärchen wurden kürzlich
von
der
Unesco
zum
Weltdokumentenerbe
erklärt.
14
Märchen-
und
2
Kommentarbände aus den Jahren 1812 bis 1857 wurden zum Gegenstand der
Nominierung. In den Erstausgaben sind auch zahlreiche eigenhändige Ergänzungen und
Notizen zu finden. Jacob und Wilhelm Grimm sollten die erste systematische
Zusammenfassung und wissenschaftliche Dokumentation der europäischen und
orientalischen Märchentradition liefern. Die Märchen sind neben der Luther-Bibel das
bekannteste und weltweit am meisten verbreitete Buch der Kulturgeschichte
Deutschlands. Sie wurden bisher in etwa 160 Sprachen übersetzt. Die 16
Handexemplare aus Kassel stellen die bedeutendste Quelle für die Entstehungs- und
Wirkungsgeschichte der Märchen von den Brüdern Grimm dar. Kein anderes von den
Werken der Brüder Grimm erlangte solche Popularität wie Kinder- und Hausmärchen.
Schriftsteller in der ganzen Welt ließen sich von Grimms Märchen faszinieren und auch
viele deutsche Autoren haben den Einfluss der Märchen auf ihr Werk eingestanden.38
Die Themen für ihre Märchen schöpften die Brüder Grimm aus dem Volk. Jacob
Grimm setzte die Grenze zwischen Volks- und Kunstmärchen fest. Er schätzte
Volksmärchen höher, weil es für Volk war. Wilhelm Grimm war für Stil der Märchen
verantwortlich. Die Merkmale dieses Stils sind: volkstümliche Doppelausdrücke (z.B.
im Großen und Ganzen), Diminutivformen (z.B. Brüderchen, Schwesterchen),
Stabreimverbindungen (z.B. Haus und Hof), direkte Rede, Ersatz des Präsens durch
Imperfekt und Sprichwörter.39
Das Märchen Rotkäppchen rekonstruierten die Brüder Grimm auf Grund von
mündlicher Überlieferung aus Kassel. Im Falle dieses Märchens beziehen sich die
Brüder Grimm konsequent auf die mündliche Überlieferung. Diese Tatsache übt
37
Vgl.: Jens, Walter (Hrsg.): Kindlers neues Literaturlexikon, Bd.6, München 1989, S. 914 – 916.
Vgl.: Fachdienst Germanistik, 23. Jahrgang, September 2005, S.1.
39
Vgl.: Jens, Walter (Hrsg.): Kindlers..., S. 914 – 916.
38
15
Einfluss auf die Dynamik der Handlung, weil Gestik und Mimik, die in der
gesprochenen Sprache natürlich sind, im geschriebenen Text entsprechend ausgedrückt
werden müssen.
Rotkäppchen war manchmal in Polen als Czerwona Czapeczka übersetzt, am
häufigsten war das jedoch Czerwony Kapturek.40 Binnen von 200 Jahren erschienen in
Polen sehr viele Ausgaben dieses Märchens, sowohl in Sammlungen, als auch in
einzelnen Ausgaben.
In den Jahren 1800 – 1918 erschienen 8 Ausgaben von Rotkäppchen in
Sammlungen und 7 einzelne Ausgaben des Märchens. Es ist nötig hinzuzufügen, dass
bei den Übersetzungen von Rotkäppchen besonders oft der Name von Artur Oppman
erscheint. Die erste Ausgabe in seiner Übersetzung aus dem Jahr 1900 trägt noch den
Titel Czapeczka czerwona. Die nächste, auch aus dem Jahr 1900: Czerwony Kapturek,
ba
wierszem, was von der Kreativität des Übersetzers bezüglich der Form zeugt. Der
Titel der dritten Ausgabe aus dem Jahr 1905 lautet: Czerwony Kapturek, ba
udramatyzowana przez Artura Oppmana, was bedeutet, dass der Übersetzer wieder eine
interessante Modifikation tat.41
In den Jahren 1919 – 1939 erschienen 10 Ausgaben von Rotkäppchen in
Sammlungen und keine selbständige Ausgabe.42
In den Jahren 1945 – 1990 erschienen 6 Ausgaben des Märchens in
Sammlungen und 3 selbständig. Der Name des Übersetzers, der sich besonders oft
wiederholt, ist Marceli Tarnowski.43
In den Jahren 1991 – 2000 erschienen 21 Ausgaben von Rotkäppchen in
Sammlungen und 4 einzelne Ausgaben. Die Namen von Übersetzern, die sich auch
wiederholen, sind Marceli Tarnowski und Emilia Bielicka. Es ist erwähnungswert, dass
eine der letzten Sammlungen von Hubert Orłowski ausgewählt und bearbeitet wurde
(Ausgabe aus dem Jahr 1994).44
Texte, die als Grundlage der durchgeführten Analyse gedient haben, sind: der
Ausgangstext (Original), also das Märchen Rotkäppchen von Brüdern Grimm, das aus
40
Vgl.: Krysztofiak, Maria: Przekład..., S. 163 – 164.
Vgl.: Połczy ska, Edyta i Załubska, Cecylia: Bibliografia przekładów z literatury niemieckiej na j zyk
polski 1800 – 1990, tom I: 1800 – 1918, Pozna 1995, S. 50 – 53.
42
Vgl.: Połczy ska, Edyta i Załubska, Cecylia: Bibliografia..., tom II: 1919 – 1939, Pozna 1994, S. 41 –
42.
43
Vgl.: Połczy ska, Edyta i Załubska, Cecylia: Bibliografia..., tom III: 1945 – 1990, Pozna 1999,
S. 94 – 95.
44
Vgl.: Połczy ska, Edyta i Załubska, Cecylia: Bibliografia przekładów z literatury niemieckiej na j zyk
polski 1800 – 2000, tom IV: 1991 – 2000, Pozna 2005, S. 85 – 88.
41
16
der Sammlung Kinder- und Hausmärchen stammt, die neunte Ausgabe aus dem Jahr
1984, Leipzig, Seiten: 89 – 92 und der Zieltext, also Czerwony Kapturek aus der
Sammlung Ba nie in der Übersetzung von Karol Barzyk aus dem Jahr 2005, Kraków,
Seiten: 5 – 9.
17
5. Rotkäppchen im Original und in der Übersetzung. Eine
Analyse
5.1 Zusammenfassung des Inhalts
Die Hauptheldin des Märchens Rotkäppchen ist ein kleines Mädchen. Es bekam
von ihrer Großmutter ein rotes Käppchen, das es sehr trug, deshalb hieß es
Rotkäppchen.
Eines Tages schickte die Mutter Rotkäppchen zur kranken Großmutter. Das
Mädchen sollte ihr Kuchen und Wein bringen. Als Rotkäppchen unterwegs war, traf es
im Wald einen Wolf. Der Wolf fragte es, wohin es geht. Als das Mädchen höflich
antwortete, dachte der Wolf, dass es ein ganz schmackhafter Bissen sein könnte. Er
entschloss sich alles zu tun, um Rotkäppchen im Wald aufzuhalten. Er machte das
Mädchen auf schöne Blumen und singende Vögel aufmerksam. Rotkäppchen schlug die
Augen auf und sah, wie schön die Sonne schien. Es dachte, dass es der Großmutter
Freude macht, wenn es ihr einen Blumenstrauß bringt. Das Mädchen lief vom Weg ab,
um die schönsten Blumen zu suchen. Während Rotkäppchen die Blumen sammelte,
entschloss sich der Wolf die Großmutter zu besuchen. Er gab sich für Rotkäppchen aus
und die nichts verdächtigende Großmutter ließ ihn nach innen eintreten. Der Wolf fraß
sofort die alte Frau. Nach einer Weile kam Rotkäppchen. Es wunderte sich, dass die Tür
aufstand. Als es hineinkam, merkte es, dass die Großmutter anders aussah. Das
Mädchen dachte, dass sie große Ohren, Augen und Hände hat. Die Großmutter sah
wirklich wunderlich aus, aber Rotkäppchen erriet nicht, dass sich der Wolf als die
Großmutter verkleidete. Nach ein paar Fragen, warum sie so seltsam aussieht, fraß der
Wolf auch es. Dann schlief er ein. Als der Jäger, der am Haus vorbeiging, das
Schnarchen hörte, entschied er sich einzutreten. Sofort sah er den Wolf und erriet, dass
das Tier die Großmutter fraß. Er schlitzte den Bauch des Wolfes auf und sofort sprang
das erschrockene Rotkäppchen aus und nach einer Weile zeigte sich auch die
Großmutter. Rotkäppchen legte in den Bauch des Tieres schwere Steine ein. Es wollte
sich am Wolf rächen und ihn unschädlich machen. Als der Wolf aufwachte, wollte er
fliehen, aber er konnte nicht und fiel tot. Alles endete gut, der Jäger nahm den Pelz des
Wolfes mit, die Großmutter aß Kuchen und trank Wein von ihrer Enkelin und
Rotkäppchen versprach sich, dass es immer seiner Mutter gehorsam sein wird. Es
18
dachte, dass es nie mehr allein vom Weg ab laufen sollte, weil die Mutter ihm das
verbot.
Rotkäppchen erlebte jedoch noch ein Abenteuer. Als es wieder zur Großmutter
ging, sprach ein anderer Wolf es an. Das Mädchen hörte ihn nicht und ging gerade zur
Großmutter. Als es erzählte, dass es wieder einen Wolf sah, schloßen beide die Haustür.
Nach einer Weile klopfte das Tier. Die Großmutter und ihre Enkelin überlisteten ihn.
Rotkäppchen nahm einen Eimer mit Wasser, in dem Würste gekocht wurden, und trug
ihn in den Trog. Als der Wolf den Geruch von Würsten wahrnahm, rutschte er vom
Dach herab, wo er auf Rotkäppchen wartete, gerade in den Trog und ertrank. Dann
konnte Rotkäppchen nach Hause zurückkommen und seitdem tat niemand ihm Leid an.
5.2 Das Gute und das Böse im Rotkäppchen
Die gezielt gewählten Fragmente von Rotkäppchen sollten den Kampf des Guten
mit dem Bösen zeigen. Die Fragmente stellen nicht nur bildlich den Kontrast zwischen
dem Guten und dem Bösen dar, sondern sie sind auch interessant in translatologischer
und literarischer Hinsicht.
Das Gute ist alles das, was ein Seiendes vervollkommnen kann und daher für es
erstrebenswert ist. Von dem konkreten Gut unterscheidet man die Gutheit oder den
Wert als den inneren Grund des Gutseins. Die Werte bzw. Güter werden nach der
inhaltlichen Eigenart in rein materielle, biologische, psychische und geistige eingeteilt.
In der modernen Wertphilosophie gilt der Wert des Heiligen als höchster Wert.45
Das Böse ruht in der freien Entscheidung des Willens gegen das sittlich Gute
und das Sittengesetz. Es unterscheidet sich nicht nur vom metaphysischen Übel,
sondern auch von den übrigen außerethischen Übeln und Schäden, wie z.B. Krankheit
oder Tod, also von physischen Übeln. Das Böse hat kein formales Sein, das dem Guten
real gegensätzlich wäre. Böse ist die innere, freie, geistige Entscheidung und
Anschauung, dann die Tat und hieraus entspringend die sich verfestigende böse
Gewohnheit und Auffassung.46
Mit den Begriffen von dem Guten und dem Bösen ist die Bezeichnung des
Sittengesetzes verbunden. Das ist ein Gesetz, das sittlich das Gute gebietet und das Böse
verbietet. Dieses Gesetz kann auch als Sittennorm verstanden werden, die das
45
46
Vgl.: Brugger, Walter: Philosophisches Wörterbuch, Freiburg im Breisgau 23 1998, S. 162.
Vgl.: ebenda, S. 51.
19
Moralprinzip heißen. Das Sittengesetz bedeutet das Gessoltsein des Guten, nämlich ein
Gesolltsein, das nicht durch ein staatliches oder kirchliches Gesetz in Erfüllung geht,
sondern unabhängig von aller Willkür aufgrund der „Natur-” oder Seinsordnung
notwendig ist.47
5.2.1 Rotkäppchen – Wolf
Im ersten Fragment wird das erste Treffen von Rotkäppchen mit dem Wolf
dargestellt. Rotkäppchen, das von seiner Mutter zur kranken Großmutter mit Kuchen
und Wein geschickt wurde, trifft im Wald den Wolf. Das Tier beginnt das Mädchen
auszufragen, wohin es geht. Als Rotkäppchen auf alle Fragen des Wolfes höflich
antwortete, dachte das Tier, dass das kleine Mädchen ein schmackhafter Bissen sein
könnte. Der Wolf entschied sich Rotkäppchen auf schöne Blumen aufmerksam zu
machen, um es im Wald aufzuhalten.
„Wie nun Rotkäppchen in den Wald kam, „Jak tylko weszła na le n
cie ynk , od
begegnete ihm der Wolf. Rotkäppchen aber razu spotkała na swej drodze wilka. Nie
wußte nicht, was das für ein böses Tier wiedziała, jakim on jest złym zwierz ciem,
war, und fürchtete sich nicht vor ihm. dlatego nawet si go nie przestraszyła.
<Guten Tag, Rotkäppchen>, sprach er. - Witaj, Czerwony Kapturku! – powitał j
<Schönen Dank, Wolf.> <Wo hinaus so
rado nie wilk.
früh, Rotkäppchen?> <Zur Großmutter.> - Dzie
<Was trägst du unter der Schürze?>
dobry,
wilku!
–
odrzekła
grzecznie dziewczynka.
<Kuchen und Wein: Gestern haben wir - Dok d pod asz tak wcze nie rano?
gebacken, da soll sich die kranke und
– zapytał zaciekawiony wilk.
schwache Großmutter etwas zugut tun und - Do babci!
sich damit stärken.> <Rotkäppchen, wo - A co tam masz w koszyczku? – pytał
wohnt deine Großmutter?> <Noch eine
dalej ciekawski wilk.
gute Viertelstunde weiter im Wald, unter - Kawałek ciasta i butelk wina. Moja
den drei großen Eichbäumen, da steht ihr
mamusia to przygotowała, wi c zanosz
Haus, unten sind die Nußhecken, das wirst
chorej babci, aby si lepiej poczuła.
du ja wissen>, sagte Rotkäppchen. Der - A gdzie mieszka twoja babcia? – wilk
47
Vgl.: ebenda, S. 357.
20
Wolf dachte bei sich: ,Das junge zarte
nie dawał Kapturkowi spokoju.
Ding, das ist ein fetter Bissen, der wird - To jeszcze z pi tna cie minut drogi st d
noch besser schmecken als die Alte: Du
– odpowiadała uprzejmie dziewczynka
mußt es listig anfangen, damit du beide
– jej domek stoi pod trzema du ymi
erschnappst.’ Da ging er ein Weilchen
d bami. Ro nie tam te leszczyna. Na
neben Rotkäppchen her, dann sprach er:
pewno wiesz gdzie to jest, wilku.
<Rotkäppchen, sieh einmal die schönen Wilk
pomy lał
sobie
wtedy:
‘Jakie
Blumen, die ringsumher stehen, warum grzeczne dziecko. A jaki smakowity k sek!
guckst du dich nicht um? Ich glaube, du Ta
malutka
dziewczynka
b dzie
hörst gar nicht, wie die Vöglein so lieblich smaczniejsza ni jaka stara babcia. B d
singen? Du gehst ja für dich hin, als wenn musiał
wymy li
du zur Schule gingst, und ist so lustig podst p, by zje
haußen in dem Wald.>”48
jaki
mistrzowski
je obydwie’.
I ruszył w drog
u boku Kapturka,
zajmuj c go rozmow :
- Popatrz wokoło, Kapturku. Czy
nie
pi kne kwiaty tutaj rosn ? Dlaczego ich
nie zrywasz? Z pewno ci nie słyszysz te
pi knego piewu ptaków, tylko idziesz tak
przed siebie ponuro, jakby szła do szkoły.
Popatrz,
jakie
wszystko
wokoło
jest
radosne!”49
Im ersten Satz wird der Vorname der Hauptheldin in der Übersetzung
weggelassen. Der Vorname des Mädchens wird schon im früheren Satz erwähnt,
deshalb wird er vom Übersetzer nicht mehr wiederholt. In demselben Satz wird auch
Konkretisierung angewandt – „na le n
cie ynk ”, im Original gibt es dagegen „in den
Wald”. In der Übersetzung wird gleichzeitig Diminutivform eingesetzt, wobei es im
Original eine allgemeine Formulierung zu finden ist. „Le na cie ynka” stellt ein
konkretes Bild dar, ein kleines Kind, das häufig der Empfänger vom Märchen ist, kann
sich ein solches Bild leicht vorstellen, während das Wort „Wald” eine sehr allgemeine
Assoziation hervorrufen kann. Im nächsten Satz trifft der Wolf Rotkäppchen, während
in der Übersetzung das Mädchen den Wolf trifft. Im nächsten Satz wird wieder der
48
49
Grimm, Jacob und Wilhelm: Rotkäppchen in: Kinder- und Hausmärchen, Leipzig 9 1984, S.90.
Grimm, Jakub i Wilhelm: Czerwony Kapturek in: Ba nie, Karol Barzyk (tłum.), Kraków 2005, S. 5 – 6.
21
Vorname des Mädchens weggelassen. Dann wird die Tempusform geändert: im
Originaltext gibt es Präteritum, während in der Übersetzung Präsens angewandt wird.
Der Gebrauch des Wortes „był” statt „jest” in der Übersetzung könnte suggerieren, dass
der Wolf nicht mehr böse ist. Um Missverständnis zu vermeiden, entschied sich der
Übersetzer das Wort im Präsens anzuwenden. Für ‘den kleinen Empfänger’ des
Märchens sollte alles verständlich sein. Im Originaltext wird der ganze Satz im
Präteritum geschrieben. Noch in demselben Satz gebrauchte der Übersetzer
Substitution. Das Wort „und” wird durch „dlatego” ersetzt, was eine logische
Kontinuität des Satzes verursacht. Da Rotkäppchen den Wolf nicht kennt, kann es sich
vor ihm nicht fürchten. Der Übersetzer wendet auch Amplifikation an, indem er das
Wort „nawet” hinzufügt, was den Mut des Mädchens verdeutlicht.
Die Begrüßung lautet in der Übersetzung ganz anders. Im Originaltext spricht
der Wolf „Guten Tag”, in der Übersetzung dagegen „Witaj!”, also hier wird Substitution
angewandt. In der Übersetzung ist das ein Ausrufesatz. Der Übersetzer wollte dadurch
wahrscheinlich die Offenheit des Wolfes deutlicher machen. „Witaj” lautet viel
herzlicher als die Wendung „dzie dobry”, die doch ziemlich neutral ist. Auf diese Art
und Weise wollte der Übersetzer die Schlauheit des Tieres darstellen, das das Vertrauen
von Rotkäppchen erwerben will. Diese vom Übersetzer angewandte Substitution ist also
subjektiv. Das kurze Wort „witaj” charakterisiert schon auf gewisse Weise den Wolf.
Dann führt der Übersetzer Amplifikation ein: „powitał j rado nie”. Im Original gibt es
nur die Worte: „sprach er”. Diese Ergänzung sollte auch deutlich darauf hinweisen, dass
der Wolf das Vertrauen des Mädchens gewinnen will, indem er sehr freundlich für es
ist. Gleichzeitig wird hier Konkretisierung angewandt: „er”, in der Übersetzung –
„wilk”. Die Wiederholung des Namens des Tieres sollte den Empfang des Inhalts von
Kindern vereinfachen. Das vielfache Wiederholen derselben Information führt dazu,
dass das Kind den Inhalt gut versteht und den Faden nicht verliert.
„Schönen Dank” – antwortet Rotkäppchen, während es in der Übersetzung
„Dzie dobry!” sagt. Hier wird Substitution eingeführt, die Antwort der Heldin wird
ganz verändert. Die Antwort wird auf diese Weise an die Kulturrealien angepasst. In
Polen antwortet man auf die Begrüßung auch mit der Begrüßung. Der Übersetzer
ergänzte diese Äußerung mit den Worten: „odrzekła grzecznie dziewczynka”
(Amplifikation). Dank dieser Ergänzung wird die Höflichkeit des Mädchens deutlich
gemacht. Nach der Frage fügt der Wolf „Rotkäppchen” hinzu, in der Übersetzung wird
der Vorname weggelassen. Der Übersetzer fügt wieder: „zapytał zaciekawiony wilk”
22
hinzu. Diese Ergänzungen, die sich im Original nicht befinden, sollten die Gefühle und
das Verhalten der Helden ausdrücken. Der Übersetzer beschränkte sich nicht nur auf die
Übersetzung der Dialoge, sondern er stellte auch die Emotionen der Gestalten dar. Auf
diese Art und Weise kann sich der Empfänger die Situation leichter vorstellen. Nach der
Antwort von Rotkäppchen gibt es in der polnischen Version ein Ausrufezeichen, das
auch die Emotionen ausdrücken sollte. In der nächsten Frage wendet der Übersetzer
Substitution an, indem er „was trägst du unter der Schürze?” als „a co tam masz w
koszyczku?” übersetzt. Die Frage wird konkretisiert. Solche Übersetzung ist für das
Kind als Empfänger überzeugend und leichter zum Vorstellen. Das Tragen von etwas
z.B. unter der Schürze, wie im Original das dargestellt wird, kann mit dem Verstecken
assoziiert werden. Der Übersetzer fügt wieder die Worte: „pytał dalej ciekawski wilk”
hinzu. „Kuchen und Wein” – antwortet das Mädchen, in der Übersetzung wird diese
Antwort durch die Wörter: „kawałek” und „butelka” konkretisiert. Im Originaltext gibt
es Doppelpunkt, in der Übersetzung ist das ein ganzer Satz. Das Wort „gestern” wird
weggelassen, dann wird die Antwort von Rotkäppchen konkretisiert: „haben wir
gebacken”, im Polnischen dagegen: „moja mamusia to przygotowała”, wobei
„gebacken” als „przygotowała” übersetzt wird.
Viele Konkretisierungen verursachen, dass der Text in polnischer Sprache für
Kinder leicht zugänglich ist. Außerdem wird der Satz in zwei geteilt, was verursacht,
dass er klar ist. Dann setzt der Übersetzer Amplifikation ein: „wi c zanosz chorej
babci” – diese Information gibt es im Original nicht. Rotkäppchen erklärt weiter: „da
soll sich die kranke und schwache Großmutter etwas zugut tun und sich damit stärken”,
in der Übersetzung wird diese Information generalisiert: „aby si lepiej poczuła”. Das
Wiederholen, dass die Großmutter krank und schwach ist, ist nicht notwendig. Die
Informationen, die Rotkäppchen in der Übersetzung gibt, sind generalisiert, aber
trotzdem konkret. In der nächsten Frage sagt der Wolf zum Mädchen: „Rotkäppchen”,
in der Übersetzung wird der Vorname weggelassen. Die Äußerung in der Übersetzung
beginnt mit Konjunktion „a” und impliziert auf natürliche Weise die Fortsetzung.
„Wilk nie dawał Kapturkowi spokoju” – diese Äußerung ist die nächste
Amplifikation in der polnischen Version, die die Zudringlichkeit des Wolfes zeigen
sollte. Aus dem nächsten Satz werden in der Übersetzung drei gebildet. Der Text wird
strukturell geteilt und dadurch vereinfacht. „Eine gute Viertelstunde weiter im Wald”
wird als „z pi tna cie minut drogi st d” übersetzt. Angenommen, dass Kinder das Wort
„kwadrans” nicht kennen können, wird das Wort „Viertelstunde” als „pi tna cie”
23
übersetzt und entsprechend präzisiert. Der Übersetzer setzt wieder Amplifikation ein:
„odpowiadała uprzejmie dziewczynka”. Dank dieser Ergänzung wird wieder die
Höflichkeit von Rotkäppchen betont. „Unter den drei großen Eichbäumen, da steht ihr
Haus” – „jej domek stoi pod trzema du ymi d bami” – hier wird die Inversion
angewandt. Aus dem nächsten Teil des Satzes: „unten sind die Nußhecken” wird ein
einzelner Satz gebildet: „Ro nie tam te leszczyna”. Im Original wird derselbe Satz
fortgesetzt, in der Übersetzung wird der nächste geformt: „Na pewno wiesz gdzie to
jest, wilku”. Die Worte: „sagte Rotkäppchen” werden in der Übersetzung weggelassen,
weil die Amplifikation schon früher eingesetzt wurde („odpowiadała uprzejmie
dziewczynka”).
Der nächste Satz wird wieder in drei in der Übersetzung geteilt, um das
Verständnis des Textes zu vereinfachen. „Das junge zarte Ding” wird als „jakie
grzeczne dziecko” übersetzt, was vielleicht suggeriert, dass sich das Mädchen leicht
täuschen lässt. Da Rotkäppchen so vertrauensvoll mit dem Wolf spricht, den es doch
nicht kennt, wird es nicht mißtrauisch gegenüber seinen Absichten. Der nächste Teil des
Satzes: „das ist ein fetter Bissen” wird als ein einzelner Ausrufesatz ausgedrückt: „A
jaki smakowity k sek!”, was wieder die Emotionen des Wolfes widerspiegelt. Im
Original setzt der Wolf fort: „der wird noch besser schmecken als die Alte”. In der
Übersetzung sagt der Wolf: „Ta malutka dziewczynka b dzie smaczniejsza ni jaka
stara babcia”, wobei „die Alte” als „jaka
stara babcia” übertragen wird. Die
Formulierung „stara babcia” lautet sicherlich höflicher als das Wort „die Alte”. Im
Originaltext denkt der Wolf in der zweiten Person Singular, in der Übersetzung dagegen
in der ersten Person Singular. Solche Veränderung ist eine Anpassung an die
Kulturrealien. In der polnischen Sprache werden die Gedanken eigentlich immer in der
ersten Person Singular formuliert. Wenn die Form aus dem Original behalten worden
wäre, könnte sie vielleicht für das Kind nicht verständlich sein. Diese Form könnte
suggerieren, dass sich der Wolf an jemanden anderen wendet.
Im nächsten Satz wird das Wort „ein Weilchen” weggelassen, die Worte „dann
sprach er” werden auf folgende Weise ausgedrückt: „zajmuj c go rozmow ”. In den
Worten des Wolfes wird Inversion angewandt, wobei ein Fragesatz im Original in drei
Sätze (ein Aussagesatz und zwei Fragesätze) geteilt wird. „Sieh einmal die schönen
Blumen” – schlägt der Wolf im Originaltext vor, während er in der Übersetzung sagt:
„Popatrz wokoło”. In der Übersetzung weist der Wolf auf kein konkretes Objekt hin, die
Äußerung wird also generalisiert. Das Wort „stehen”, das sich auf die Blumen bezieht,
24
wird als „rosn ” übersetzt, was in der polnischen Sprache in Bezug auf die Blumen oder
überhaupt Pflanzen besser lautet. Die Frage: „Warum guckst du dich nicht um?” wird
als: „Dlaczego ich nie zrywasz?” übersetzt, also das Verb „sich umgucken” fällt aus und
wird durch das Verb „zrywa ” ersetzt. Alle Inhalte werden in der Übersetzung behalten,
der lange Satz wird jedoch geteilt, was dazu führt, dass die Vorschläge des Wolfes in
verschiedener Reihenfolge zum Vorschein kommen. Sowohl im Original als auch in der
Übersetzung schlägt der Wolf dem Mädchen vor, damit es sich umguckt und die
Blumen pflückt. Die Worte: „Ich glaube” werden in der Übersetzung als: „z pewno ci ”
ausgedrückt. In der Übersetzung will der Wolf Rotkäppchen überzeugen, dass er Recht
hat. Er äußert sich mit der großen Sicherheit und damit will er dem Mädchen bewußt
machen, dass es tatsächlich die schöne Natur rund um sich nicht bemerkt. Noch in
demselben Satz wird Diminutivform „die Vöglein” als „ptaki” übersetzt und „lieblich”
als „pi kny”. Der Fragesatz wird in Aussagesatz umgeformt, in der Übersetzung wird er
auch verlängert. Diese Umformung verursacht, dass der Wolf davon überzeugt ist, dass
Rotkäppchen die schöne Welt rund um sich nicht bemerkt. Er will sich nicht mit den
Fragen vergewissern, ob er Recht hat, er zwingt dem Mädchen seine Meinung auf. Die
Sicherheit des Wolfes sollte wahrscheinlich Rotkäppchen bewußt machen, dass es sich
lohnt der Natur Beachtung zu schenken. Die Worte des Wolfes: „in dem Wald” im
letzten Satz werden auch in der Übersetzung weggelassen und der Satz wird in den
Ausrufesatz umgeformt.
Schon auf den ersten Blick sind Unterschiede in der graphischen Struktur des
Textes zu sehen. Im Original ist der Text dicht, in der Übersetzung gibt es zahlreiche
Absätze und die Dialoge sind abgesondert. Lange Sätze, die im Original zu finden sind,
werden in der Übersetzung sehr oft in kürzere Sätze geteilt. Das verursacht, dass der
polnische Text durchsichtiger ist.
Im Vergleich zum Original werden im ersten Fragment des polnischen Textes
häufiger Konkretisierungen und Ausrufesätze angewandt. Die deutschen Sätze sind
meistens sehr lang und eine Information, die sich am Anfang des Satzes befindet, wird
nicht mehr wiederholt. In der Übersetzung werden die langen Sätze oft geteilt und die
Information aus dem früheren Satz wird in dem nächsten wiederholt, damit der Inhalt
als verständlich wirkt. Deshalb werden oft die Namen statt Pronomina gebraucht.
Die Ausrufesätze, die in der Übersetzung sehr oft vorkommen, sind mit den
Emotionen verbunden. Die Gefühle der Helden kommen auch in den Amplifikationen
zum Vorschein. In diesen Ergänzungen befinden sich oft solche Bezeichnungen wie:
25
„zapytał ciekawski wilk” oder: „odpowiedziała uprzejmie dziewczynka”. Diese
Amplifikationen sollten auf gewisse Weise die Helden charakterisieren und bildlich
darstellen.
Das letzte Element, das oft in der Übersetzung erscheint, ist der Gebrauch des
Wortes „und” am Anfang des Satzes, das die logische Kontinuität der Handlung
bewirkt.
Das polnische Fragment des Märchens ist ohne Zweifel durch die Emotionen
ausgezeichnet. Dank den zahlreichen Konkretisierungen und kürzeren als im Original
Sätzen wird im Text das kommunikative Ziel erreicht.
5.2.2 Großmutter – Wolf – Rotkäppchen
Im zweiten Fragment wird das zweite Treffen von Rotkäppchen mit dem Wolf
dargestellt. Der Wolf, der nach dem Haus der Großmutter lief, entschied sich sie zu
fressen. Er gab sich für das Rotkäppchen aus und trat nach innen ein. Sofort fraß er die
alte Frau, verkleidete sich als die Großmutter und legte sich ins Bett. In dieser Zeit
sammelte Rotkäppchen die Blumen für die Großmutter. Als es nach einer Weile kam,
wunderte es sich, dass die Tür aufstand. Rotkäppchen merkte auch, dass die Großmutter
sehr seltsam aussah. Das Mädchen begann zu fragen, warum sie so wunderlich aussieht.
Der Wolf, der sich über die Fragen von Rotkäppchen aufregte, fraß auch es.
„Der Wolf drückte auf die Klinke, die Tür
„Wilk nacisn ł klamk , drzwi uchyliły
sprang auf, und er ging, ohne ein Wort zu si , a on bez słowa powitania wskoczył do
sprechen, gerade zum Bett der Großmutter łó ka babci i po arł j . Potem ubrał jej
und verschluckte sie. Dann tat er ihre koszul
i
zało ył
czepek,
nast pnie
Kleider an, setzte ihre Haube auf, legte sich pozasuwał zasłony i poło ył si na miejscu
babci.
in ihr Bett und zog die Vorhänge vor.
Rotkäppchen aber war nach den Blumen
herumgelaufen,
und
als
es
so
Czerwony Kapturek w tym czasie
viel biegał po lesie i zrywał kwiatki, a gdy
zusammen hatte, dass es keine mehr tragen uzbierał ich ju tyle, e nie mógł wi cej
konnte, fiel ihm die Großmutter wieder ein, ud wign , przypomniał sobie o babci.
und es machte sich auf den Weg zu ihr. Es Dopiero wtedy wyruszył w dalsz drog .
wunderte sich, dass die Türe aufstand, und
Bardzo si zdziwił, gdy ujrzał domek
26
wie es in die Stube trat, so kam es ihm so babci stoj cy otworem. Wszedł do niego i
seltsam darin vor, dass es dachte: ‘Ei, du pomy lał podejrzliwie: ‘Jako tak nieswojo
mein Gott, wie ängstlich wird mir’s heute czuj si dzi w domu babci. A przecie
zumut, und bist sonst so gerne bei der tak lubi
tutaj przebywa ’, po czym
Großmutter!’ Es rief: <Guten Morgen>, zawołał:
bekam aber keine Antwort. Darauf ging es - Dzie dobry!
zum Bett und zog die Vorhänge zurück: Da
Ale odpowied
nie padła. Podeszła
lag die Großmutter und hatte die Haube tief wi c dziewczynka bli ej do łó ka babci,
ins Gesicht gesetzt und sah so wunderlich odsun ła
zasłon ,
aus. <Ei, Großmutter, was hast du für wygl daj c
zobaczyła
babci
z
dziwnie
czepkiem
große Ohren!> <Dass ich dich besser hören naci gni tym mocno na twarz i zapytała:
kann.> <Ei, Großmutter, was hast du für - Och, babciu! Dlaczego masz takie
große Augen!> <Dass ich dich besser
wielkie uszy?
sehen kann.> <Ei, Großmutter, was hast du - Abym ci mogła lepiej słysze – padła
für große Hände!> <Dass ich dich besser
odpowied .
packen kann.> <Aber, Großmutter, was - A dlaczego masz takie wielkie oczy?
hast du für ein entsetzlich großes Maul!>
– pytał dalej Czerwony Kapturek.
<Dass ich dich besser fressen kann.> Kaum - Aby ci lepiej widzie , moje dziecko!
hatte der Wolf das gesagt, so tat er einen - A dlaczego masz takie wielkie dłonie,
Satz aus dem Bette und verschlang das
arme Rotkäppchen.”50
babciu?
- Abym ci mogła mocniej u ciska !
- A dlaczego, babciu, masz takie wielkie
z by?
- Aby ci szybciej zje !
Jak tylko wilk to powiedział, wyskoczył
jednym
susem
z
łó ka
i
połkn ł
Czerwonego Kapturka.”51
Im ersten Satz wird das Verhalten des Wolfes auf folgende Weise beschrieben:
„und er ging, ohne ein Wort zu sprechen, gerade zum Bett der Großmutter und
verschluckte sie.” In der Übersetzung lautet das Fragment: „a on bez słowa powitania
wskoczył do łó ka babci i po arł j .” In der Übersetzung wird betont, dass der Wolf die
50
51
Grimm, Jacob und Wilhelm: Rotkäppchen in: Kinder- und..., S. 90 –91.
Grimm, Jakub i Wilhelm: Czerwony Kapturek in: Ba nie..., S. 7 – 8.
27
Großmutter nicht begrüßte, im Original gibt es nur eine allgemeine Behauptung, dass er
kein Wort sagte. In der Übersetzung scheint die dargestellte Situation dynamischer zu
sein dadurch, dass der Übersetzer das Wort „wskoczył” gebrauchte. Das Wort
„verschluckte” lautet milder als das Verb „po arł” in der Übersetzung, das ohne Zweifel
grauenerregend ist. Im nächsten Satz wird die Inversion angewandt. Im Original gibt es:
„legte sich in ihr Bett und zog die Vorhänge vor”, in der Übersetzung gibt es dagegen:
„nast pnie pozasuwał zasłony i poło ył si na miejscu babci.” Diese Veränderung ergibt
sich vielleicht aus der unlogischen Reihenfolge der Tätigkeiten. Es wird nicht
geschrieben, dass das Bett direkt am Fenster stand, deshalb kann es nicht sicher sein,
dass der Wolf die Vorhänge vorzog, indem er schon im Bett lag. Außerdem wird die
Wendung: „er legte sich in ihr Bett” als: „poło ył si na miejscu babci” übersetzt. Die
Betonung des Wortes wird dadurch erreicht, dass die Bezeichnung „babcia” am Ende
der Phrase steht. Dies trägt dazu bei, dass der Platz konkretisiert wird.
Da der nächste Satz im Original sehr lang ist, wird er in der Übersetzung in
zwei Sätze geteilt. In der Übersetzung wird die Amplifikation angewandt. Der
Übersetzer fügte die Worte: „w tym czasie” und „po lesie” hinzu. Diese Ergänzung
bewirkt, dass der Leser genau weiß, wo sich Rotkäppchen in der Zeit befand, als der
Wolf die Großmutter besuchte. „Es war nach den Blumen herumgelaufen” wird als: „i
zrywał kwiatki” übersetzt, was sicherlich besser in der polnischen Sprache lautet. Dabei
wird in der Übersetzung auch die Diminutivform gebraucht. Im Original gibt es: „fiel
ihm die Großmutter wieder ein”, in der Übersetzung wird dagegen das Wort „wieder”
weggelassen. Der Teil des Satzes: „und es machte sich auf den Weg zu ihr” wird in
einen einzelnen Satz umgeformt: „Dopiero wtedy wyruszył w dalsz drog .”
Der nächste lange Satz wird in mehrere Teile in der Übersetzung geteilt, was
die Wahrnehmung des Textes erleichtert. In diesem Satz wird wieder die Amplifikation
eingesetzt. Der Übersetzer fügte das Wort „bardzo” hinzu, im Original gibt es nur: „es
wunderte sich”, was bewirkt, dass das Erstaunen des Mädchens nicht so groß zu sein
scheint. Die Worte: „dass die Türe aufstand” werden als: „gdy ujrzał domek babci
stoj cy otworem” ausgedrückt. Im Original wird der Satz fortgesetzt: „und wie es in die
Stube trat”, in der Übersetzung beginnt der neue Satz: „Wszedł do niego” ohne
Konkretisierung, dass das die Stube war. Die nächste Formulierung im Originaltext, die
lautet: „so kam es ihm so seltsam darin vor, dass es dachte” wird ganz kurz in der
Übersetzung geäußert: „i pomy lał podejrzliwie”. Der Übersetzer betonte früher nicht,
dass sich Rotkäppchen seltsam im Haus der Großmutter fühlte. Rotkäppchen denkt: „Ei,
28
du mein Gott”, diese Worte werden in der Übersetzung weggelassen. Im Original
drücken sie bestimmt Emotionen aus. Der polnische Text erlitt jedoch durch Weglassen
dieser Worte keinen Verlust, weil er im Allgemeinen stärker mit Emotionen
ausgezeichnet ist, als der Ausgangstext, dadurch, dass viele Amplifikationen und
Ausrufesätze angewandt wurden. Die Gedanken von Rotkäppchen werden in der
Übersetzung in zwei Sätze geteilt, wobei sie in der ersten Person Singular ausgedrückt
werden. Im Original denkt das Mädchen in der zweiten Person Singular. In der
Übersetzung wird die Handlung fortgesetzt: „po czym zawołał”, im Original gibt es nur:
„Es rief”. Der weitere Teil des Satzes lautet: „bekam aber keine Antwort”, in der
Übersetzung dagegen ist das ein einzelner Satz, der als: „Ale odpowied nie padła.”
übersetzt wird. Das Pronomen „es” wird durch das Substantiv „dziewczynka” ersetzt.
Der Text wird dadurch erleichtert und der Faden wird nicht verloren. Die Worte:
„darauf ging es zum Bett” werden als: „podeszła bli ej do łó ka babci” übersetzt. Hier
wandte der Übersetzer die Konkretisierung an. Obwohl es bekannt ist, dass das Bett zur
Großmutter gehört, wird diese Information in der Übersetzung betont. „Die Vorhänge”
im Original werden als „zasłona” übersetzt, also Plural wird durch Singular ersetzt.
Im nächsten Teil des Satzes wird die Inversion eingesetzt. Im Original gibt es
zuerst die Information, dass die Großmutter die Haube tief ins Gesicht gesetzt hat und
sie sieht wunderlich aus, in der Übersetzung dagegen sieht das Mädchen die seltsam
aussehende Großmutter, die die Haube tief ins Gesicht gesetzt hat. Der Satz in der
polnischen Version endet mit den Worten: „i zapytała.” Im Original fehlen die Worte,
also der Übersetzer wandte die Amplifikation an. „Ei, Großmutter” – sagt Rotkäppchen
im Originaltext, in der Übersetzung sagt es: „Och, babciu!” mit dem Ausrufezeichen.
Die Verwendung der Interjektion „och” drückt das Erstaunen von Rotkäppchen und ist
eine Anpassung an die polnische Sprache. Das Ausrufezeichen zeugt von Emotionen,
die das Mädchen erlebt. „Was hast du für große Ohren!” – spricht Rotkäppchen im
Original. In der Übersetzung wird der Satz als ein Fragesatz ausgedrückt: „Dlaczego
masz takie wielkie uszy?” Im Original stellt also Rotkäppchen nur die Tatsache fest, in
der Übersetzung wird durch die Frage das Erstaunen und die Höflichkeit des Mädchens
betont. In der Antwort gibt es keinen Unterschied, nur in der Übersetzung wird die
Amplifikation angewandt: „padła odpowied ”. Rotkäppchen beginnt die nächste
Feststellung auch mit den Worten: „Ei, Großmutter”, in der Übersetzung werden sie
29
weggelassen, ähnlich wie die Worte: „Ei, du mein Gott”.52 Der Ausrufesatz aus dem
Original wird wieder in einen Fragesatz umgeformt. Auch hier wird die Amplifikation
eingesetzt: „pytał dalej Czerwony Kapturek”. Die zweite Antwort der Großmutter
lautet: „Dass ich dich besser sehen kann”, in der Übersetzung gibt es dagegen: „Aby ci
lepiej widzie , moje dziecko!”
Hier wird also die erste Person Singular nicht angewandt und die Antwort wird
auch mit den Worten: „moje dziecko” ergänzt. Die Antwort wird auch in einen
Ausrufesatz umgeformt. Auf diese Weise will der Wolf das Vertrauen des Mädchens
gewinnen, mit solchen Wendungen will er einfach als Großmutter glaubwürdig sein.
Dieselbe Situation wiederholt sich auch bei der nächsten Feststellung von Rotkäppchen.
Die Worte: „Ei, Großmutter” werden weggelassen und der Satz wird in eine Frage
umgeformt. Nächste Worte von Rotkäppchen im Original lauten: „Aber, Großmutter,
was hast du für ein entsetzlich großes Maul!” In der Übersetzung werden sie als: „A
dlaczego, babciu, masz takie wielkie z by?” übersetzt. Das Substantiv „Maul” bezieht
sich auf Tiere. Die Verwendung dieses Wortes im Original kann suggerieren, dass
Rotkäppchen einen Verdacht schöpft. Die genaue Übersetzung des Wortes wäre ein
riesiger Kontrast für das Verhalten des Mädchens, das doch sehr höflich ist und könnte
vulgär lauten. Im Original wird also das Wort „Maul” gebraucht, in der Übersetzung
wird es durch das Wort „z by” ersetzt. Die Frage nach großen Zähnen kann sich auch
daraus ergeben, dass die früheren Antworten des Wolfes keinen Verdacht erregten und
Rotkäppchen naiv weiter fragt. „Dass ich dich besser fressen kann” – lautet die
Antwort. In der Übersetzung werden die Wörter „besser” und „fressen” geändert.
„Besser” wird als „szybciej” und „fressen” als „zje ” übersetzt. Das Verb „fressen”
ebenso wie das Substantiv „das Maul” bezieht sich auf Tiere. In der Übersetzung wollte
der Wolf den Schein zum Ende wahren, außerdem würde die genaue Übersetzung
sicherlich auch vulgär lauten. Da das Märchen einen didaktischen Charakter haben
sollte, wäre die treue Übersetzung solcher Wörter wie „das Maul” oder „fressen” ein
Mißbrauch. Im Originaltext wird im letzten Satz Rotkäppchen als „arm” bezeichnet
(„der Wolf verschlang das arme Rotkäppchen”), in der Übersetzung wird diese
Bezeichnung weggelassen. Vielleicht darf diese Tatsache so interpretiert werden, dass
Rotkäppchen für seine Naivität bezahlen musste.
52
Vgl.: S. 29 der vorliegenden Arbeit.
30
Im
zweiten
Fragment
werden
in
der
Übersetzung
auch
zahlreiche
Amplifikationen und Ausrufesätze angewandt, die dieselbe Funktion erfüllen, wie im
ersten Fragment. Lange Sätze werden auch in kürzere geteilt, und der Gebrauch der
Zahl von Konkretisierungen scheint begründet und nicht überflüßig zu sein. In diesem
Fragment werden zusätzlich Substitutionen oft eingesetzt.
Angenommen, dass das Märchen einen didaktischen Charakter haben sollte,
werden die Wörter, die in der polnischen Version vulgär lauten und mit Gewalt
assoziiert werden können, durch andere Wörter ersetzt.
Das zweite gezielt gewählte Fragment des Märchens erreicht in der
Übersetzung das kommunikative Ziel, ebenso wie das erste. Die Emotionen werden
weiterhin deutlich ausgedrückt und der didaktische Charakter des Märchens wird
bewahrt.
5.3 Die Rache
Das dritte Fragment stellt die Situation dar, wie der Jäger Rotkäppchen und die
Großmutter rettet. Nachdem er den Bauch des Wolfes aufgeschnitten hatte, wurden sie
beide befreit. Rotkäppchen entscheidet sich den Bauch des Wolfes mit Steinen zu
füllen, um das Tier unschädlich zu machen. Das trägt zum Tod des Wolfes zu. Als das
Tier fliehen wollte, fiel es tot, weil die Steine zu schwer waren.
„Wie er ein paar Schnitte getan hatte, da „Gdy
zrobił
dwa
ci cia,
zobaczył
sah er das rote Käppchen leuchten, und Czerwonego Kapturka, wi c ci ł dalej, by
noch ein paar Schnitte, da sprang das dziewczynka mogła wyskoczy z brzucha
Mädchen heraus und rief: <Ach, wie war wilka.
ich erschrocken, wie war’s so dunkel in
- Ale
dem Wolf seinem Leib!> Und dann kam
ciemnego brzucha! – wykrzykn ła po
die alte Großmutter auch noch lebendig
uwolnieniu.
heraus
und
konnte
kaum
atmen. Potem
byłam przestraszona w rodku
wyszła
babcia,
która
ledwo
Rotkäppchen aber holte geschwind große oddychała. Czerwony Kapturek pr dko
Steine, damit füllten sie dem Wolf den pobiegł
Leib, und wie er aufwachte, wollte er wypełnili
po
du e
brzuch
kamienie,
wilka.
którymi
Zwierz,
po
fortspringen, aber die Steine waren so przebudzeniu, chciał natychmiast ucieka ,
31
schwer, dass er gleich niedersank und sich ale kamienie były tak ci kie, e nie zdołał
tot fiel.”53
zrobi
nawet kroku i run ł martwy na
ziemi .”54
Im ersten Satz wird Konkretisierung angewandt. Im Original gibt es: „ein paar
Schnitte”, in der Übersetzung: „dwa ci cia”. Im weiteren Teil des Satzes werden die
Worte: „sah er das rote Käppchen leuchten” als: „zobaczył Czerwonego Kapturka”
übersetzt, das Wort „leuchten” wird also weggelassen und „das rote Käppchen” wird als
„Czerwony Kapturek” also als eine Person betrachtet. Im Original sah der Jäger das rote
Käppchen also ein Ding, das Attribut der Hauptheldin. Die Worte: „und noch ein paar
Schnitte” werden als: „wi c ci ł dalej” übersetzt. Hier setzte der Übersetzer keine
Konkretisierung ein. Im weiteren Teil des Satzes wird dagegen die Konkretisierung
gebraucht. Im Originaltext gibt es: „da sprang das Mädchen heraus und rief”, in der
Übersetzung lautet das Fragment: „by dziewczynka mogła wyskoczy z brzucha wilka”.
Die Tatsache, dass sich Rotkäppchen im Bauch des Wolfes befand, wird hier betont,
obwohl sie bekannt ist. Die Worte: „und rief” werden weggelassen, der Übersetzer
wandte jedoch Amplifikation nach den Worten von Rotkäppchen an und fügte:
„wykrzykn ła po uwolnieniu” hinzu. Der nächste Satz wird um ein paar Elemente
reduziert. Das Wort „und” am Anfang des Satzes wird weggelassen, im Original gibt es:
„die alte Großmutter”, in der Übersetzung wird das Adjektiv weggelassen. Im
Originaltext wird auch betont: „auch noch lebendig”, in der Übersetzung wird diese
Tatsache nicht hervorgehoben. Der Satz wird also stark reduziert und dadurch
vereinfacht. Die weggelassenen Elemente sind nicht nötig zum Verständnis des Satzes.
Der nächste Satz, der im Original sehr lang ist, wird in der Übersetzung in zwei
geteilt. Im ersten Teil des Satzes werden die Worte: „holte geschwind große Steine” als:
„pr dko pobiegł po du e kamienie” übersetzt. Hier wird also Substitution eingesetzt.
Das Wort „holte” wird durch „pobiegł” ersetzt. In der Übersetzung wollte der
Übersetzer wahrscheinlich betonen, dass Rotkäppchen den Wolf schnell unschädlich
machen wollte. Der Satz in der polnischen Version endet mit den Worten: „którymi
wypełnili brzuch wilka”. Im Original gibt es: „damit füllten sie dem Wolf den Leib”
und der Satz wird weiter fortgesetzt: „und wie er aufwachte”. Hier wurde also das
Pronomen gebraucht. In der Übersetzung dagegen beginnt hier der neue Satz: „Zwierz,
53
54
Grimm, Jacob und Wilhelm: Rotkäppchen in: Kinder- und..., S. 91 – 92.
Grimm, Jakub i Wilhelm: Czerwony Kapturek in: Ba nie..., S. 8.
32
po przebudzeniu”, deshalb wandte der Übersetzer die Konkretisierung an. Er gebrauchte
das Wort „zwierz”, um das Verständnis des Textes zu erleichtern. Statt des Pronomens
„er” wurde die Konkretisierung eingesetzt, also das Wort „zwierz”. Die letzten Worte
dieses Satzes: „dass er gleich niedersank und sich tot fiel” werden als: „nie zdołał zrobi
nawet kroku i run ł martwy na ziemi ” übersetzt.
Nach Duden ist die Rache „persönliche, oft von Emotionen geleitete Vergeltung
einer als böse, besonders als persönlich erlittenes Unrecht empfundenen Tat”.55
Die andere Definition, die aus Brockhaus Enzyklopädie stammt, bezeichnet die
Rache als archaische Extremform der Vergeltung, die dem modernen Rechtsempfinden
und ethischem Bewußtsein zuwiderläuft. Dabei wird ein gewaltsamer Ausgleich
zwischen Individuen oder Gruppen herbeigeführt, deren Recht (nach subjektivem
Empfinden) verletzt oder deren Ehrgefühl gedemütigt wurde. Die Rache wird oft unter
Berufung auf eine metaphysisch verstandene Gerechtigkeit oder ein (angeblich)
allgemeingültiges Rechtsempfinden geübt.56
Im dritten Fragment von Rotkäppchen erscheint das Thema der Rache. Die Vergeltung
in der oben genannten Extremform übt der Jäger. Er schneidet den Bauch des Tieres auf
und befreit Rotkäppchen und seine Großmutter, indem er gleichzeitig die Rache am
Wolf übt. Rotkäppchen übt auch die Rache am Wolf. Es füllt den Bauch des Tieres mit
Steinen. Sein Verhalten wird bestimmt von Emotionen geleitet. Zur Rache konnten auch
verletzte Ehrgefühl und Recht des Mädchens beitragen. Rotkäppchen begnügte sich
jedoch mit dieser Rache nicht. Als es später wieder zur Großmutter ging, traf es einen
anderen Wolf. Aus Angst davor, was wieder passieren könnte, entschied es sich
zusammen mit der Großmutter den Wolf zu überlisten. Es nahm einen Eimer mit
Wasser, in dem Würste gekocht wurden und trug ihn in den Trog. Der Wolf rutschte
vom Dach herab, wo er auf Rotkäppchen wartete, gerade in den Trog und ertrank. Das
Mädchen konnte nicht voraussehen, ob der Wolf tatsächlich schlechte Absichten hatte.
Jedoch nach der Erfahrung mit dem ersten Wolf wollte es nicht dazu zulassen, dass sich
die gleiche Situation wiederholt. Die Hauptheldin übt die Rache also zweimal. Zum
ersten Mal für tatsächlich erlittenes Unrecht und zum zweiten Mal „auf Vorrat”.
Die Vergeltung gibt jemandem das, was ihm gemäß seinem Sein, seiner Würde
und seinem Tun gebührt.57 Sie ist ein Verlangen der Gerechtigkeit. Die Vergeltung
55
Duden..., S. 1267.
Vgl.: Brockhaus... in 24 Bänden, 17. Band, S. 707.
57
Vgl.: Brugger, Walter: Philosophisches..., S. 432.
56
33
besteht im gebührenden Lohn und in der gerechten Strafe für gute und böse Taten. Die
Strafe besteht in der Zufügung eines physischen Übels für ein frei gewolltes Übel. Sie
ist die gerechte Vergeltung für das Böse oder die schuldhafte Tat.58
Es ist bemerkenswert, dass das Fragment, das die Rache des Rotkäppchens am
zweiten Wolf darstellt, in polnischen Versionen oft ausgelassen wird. Das Ausmaß der
Rache ist dadurch verringert. Die polnischen Versionen, unter denen viele nur nach den
Motiven von Grimm’s Märchen greifen und als keine direkten Übertragungen gelten
dürfen, sind milder, stellen Rotkäppchen nicht als jemanden dar, der um jeden Preis die
Rache fordert. Der didaktische Charakter des Märchens beschränkt sich nur darauf, um
die Bestrafung nur dieses Helden darzustellen, der es wirklich verdient hat.
58
Vgl.: ebenda, S. 432.
34
6. Zusammenfassung
Die beiden Texte sind in der allgemeinen Konstruktion identisch. Der
kommunikative Effekt in der Übersetzung wurde erreicht und ohne Zweifel ist
festzustellen, dass sie mit dem Original adäquat ist.
Lange Sätze, die mit Vorliebe im Original konstruiert werden, werden in der
Übersetzung sehr oft in kürzere geteilt. Häufiger werden Konkretisierungen angewandt,
was damit verbunden ist, dass z.B. statt Pronomina die Namen gebraucht werden:
„sprach er”
- „powitał j rado nie wilk”
„Darauf ging es zum Bett” - „Podeszła wi c dziewczynka bli ej do łó ka babci”
In der Übersetzung befindet sich auch eine große Zahl von Amplifikationen, die als
Kommentare
fungieren.
Durch
diese
Ergänzungen
werden
oft
die
Helden
charakterisiert, z.B.: „ciekawski wilk”, „odpowiedziała uprzejmie dziewczynka”. Im
Original sind solche Beispiele kaum zu finden.
Angenommen, dass der Empfänger des Märchens ein Kind ist, sollten diese
Maßnahmen das Verständnis des Inhalts vereinfachen und die Übersetzung sollte das
kommunikative Ziel erreichen. Die Namen der Helden werden vielfach genannt, die
Dialoge beschränken sich nicht nur auf den Austausch von Sätzen, sondern sie werden
auch mit Amplifikationen ergänzt, die die Gestalten bildlich darstellen.
In der Übersetzung erscheint auch oft das Wort „und” am Anfang von einigen
Sätzen, das als logische Fortsetzung der Handlung fungiert: „A co tam masz
w koszyczku?”, „A dlaczego masz takie wielkie oczy?”
Die polnische Übersetzung ist zweifellos durch die Emotionen ausgezeichnet,
dadurch, dass sich im Text viele Ausrufesätze befinden. In solchen Sätzen kommen die
Gefühle der Helden zum Vorschein, z.B.: „Witaj, Czerwony Kapturku!”, „Dzie dobry,
wilku!”, „Och, babciu!”
Die polnische Version scheint auch „kinderfreundlicher” zu sein. Solche Wörter,
wie „Maul” oder „fressen” wurden nicht genau übersetzt, weil sie ein großer Kontrast
für das Verhalten von Rotkäppchen sein könnten, das doch sehr höflich ist.
Angenommen, dass das Märchen einen didaktischen Charakter haben sollte, könnten
diese Wörter vulgär lauten und mit Gewalt assoziiert werden. Infolgedessen ist
festzustellen, dass einerseits die Gestalten in der Übersetzung sehr kontrastiv dargestellt
wurden. Rotkäppchen, das im Original das Wort „Maul” gebraucht, sagt es in der
35
Übersetzung nicht mehr. Das Gute bleibt also das Gute. Anderseits wendet der
Übersetzer solche Amplifikationen an, wie: „powitał j rado nie wilk”, was von der
Listigkeit und nicht von der wahren Freundlichkeit des Wolfes zeugt. Er wollte dadurch
das Vertrauen des Mädchens gewinnen.Nur auf den ersten Blick sind also die Helden
eindeutig gut oder böse. Mit dem erzieherischen Aspekt des Märchens ist auch das
Element der Rache verbunden. Das Böse wird bestraft aber Motiv der Vergeltung endet
damit im Original nicht. Rotkäppchen übt die Rache auch am zweiten Wolf, den es
später im Wald trifft, als es wieder zur Großmutter ging. Das Mädchen wurde von
einem anderen Wolf angesprochen, es hörte ihn aber nicht und ging gerade zur
Großmutter. Als es erzählte, dass es wieder einen Wolf sah, schloßen beide die Haustür.
Nach einer Weile klopfte das Tier. Die Großmutter und ihre Enkelin überlisteten ihn.
Rotkäppchen nahm einen Eimer mit Wasser, in dem Würste gekocht wurden und trug
ihn in den Trog. Als der Wolf den Geruch von Würsten wahrnahm, rutschte er vom
Dach herab, wo er auf Rotkäppchen wartete, gerade in den Trog und ertrank. Das
Fragment, das diese Rache darstellt, wird in den polnischen Versionen, die den Kindern
allgemein bekannt und auf Motiven von dem Märchen verfasst sind, meistens
ausgelassen. Die Strafe trifft den Helden, der sie wirklich verdient hat. Die Mehrheit
von polnischen Versionen lehrt keine Rache „auf Vorrat”. In der analysierten
Übersetzung ist jedoch dieses Fragment übersetzt, was ohne Zweifel vom Übersetzer
zeugt, dass er seine Arbeit gründlich und verantwortlich getan hat.
In der allgemeinen Konstruktion sind beide Texte gleich. Die polnische Version
wird jedoch durch Emotionen und die Helden charakterisierende Amplifikationen
ausgezeichnet. Die Übersetzung scheint dadurch leichter zugänglich für Kinder zu sein.
Sie hat ohne Zweifel das kommunikative Ziel erreicht. Obwohl die Übersetzung nicht
immer die Äquivalenz bewahrt, ist sie mit Sicherheit in Hinsicht der Adäquatheit mit
dem Original identisch.59 Das bedeutet, dass der kommunikative Effekt (also der Sinn,
die Wahrnehmung und das Verständnis, wie auch das Künstlerische des Textes)
identisch wie im Original ist und das ist in der literarischen Übersetzung doch am
wichtigsten. Dank den häufigen Bemerkungen, dass der Text für ein Kind verständlich
ist, ist festzustellen, dass die Übersetzung in diesem Fall eine Adaptation ist. Der
Kontrast zwischen dem Guten und dem Bösen wurde auf die gleiche Weise, wie im
Original, dargestellt.
59
Vgl.: Krysztofiak, Maria: Przekład..., S. 35 – 39.
36
7. Bibliographie
7.1 Primärliteratur:
Grimm, Jacob und Wilhelm: Rotkäppchen in: Kinder- und Hausmärchen, Leipzig
9
1984, S. 89 – 92.
Grimm, Jakub i Wilhelm: Czerwony Kapturek in: Ba nie, Karol Barzyk (tłum.), Kraków
2005, S. 5 – 9.
7.2 Sekundärliteratur:
Apel, Friedmar: Literarische Übersetzung, Stuttgart 1983.
Bantel, Otto: Grundbegriffe der Literatur, Frankfurt/Main 2 1962.
Brockhaus Enzyklopädie in 24 Bänden, 17. und 22. Band, Mannheim 19 1993.
Brugger, Walter: Philosophisches Wörterbuch, Freiburg im Breisgau 23 1998.
Deutsche biographische Enzyklopädie in 10 Bänden, 4. Band, Hrsg.: Walther Killy und
Rudolf Vierhaus, München 1996.
Dinges, Ottilie (Hrsg.): Märchen in Erziehung und Unterricht, Kassel 1986.
Duden. Deutsches Universalwörterbuch, Hrsg.: Dudenredaktion, Mannheim 5 2003.
Fachdienst Germanistik, 23. Jahrgang, September 2005.
Jens, Walter (Hrsg.): Kindlers neues Literaturlexikon, 6. Band, München 1989.
Kloepfer, Rolf: Die Theorie der literarischen Übersetzung, München 1967.
37
Krysztofiak, Maria: Przekład literacki a translatologia, Pozna
2
1999.
Levy, Jiri: Die literarische Übersetzung: Theorie einer Kunstgattung, Frankfurt/Main
1969.
Połczy ska, Edyta i Załubska, Cecylia: Bibliografia przekładów z literatury niemieckiej
na j zyk polski 1800 – 1990, tom I: 1800 – 1918, Pozna 1995.
Połczy ska, Edyta i Załubska, Cecylia: Bibliografia przekładów z literatury niemieckiej
na j zyk polski 1800 – 1990, tom II: 1919 – 1939, Pozna 1994.
Połczy ska, Edyta i Załubska, Cecylia: Bibliografia przekładów z literatury niemieckiej
na j zyk polski 1800 – 1990, tom III: 1945 – 1990, Pozna 1999.
Połczy ska, Edyta i Załubska, Cecylia: Bibliografia przekładów z literatury niemieckiej
na j zyk polski 1800 – 2000, tom IV: 1991 – 2000, Pozna 2005.
Stolze, Radegundis: Übersetzungstheorien. Eine Einführung, Tübingen 3 2001.
Wilpert, Gero von: Deutsches Dichterlexikon, Stuttgart 3 1988.
Wilpert, Gero von: Sachwörterbuch der Literatur, Stuttgart 5 1969.
Wilss, Wolfram: Übersetzungswissenschaft. Probleme und Methoden, Stuttgart 1977.
Wuthenow, Ralph-Rainer: Das fremde Kunstwerk. Aspekte der literarischen
Übersetzung, Göttingen 1969.
38
7. Streszczenie w j zyku polskim
Zało eniem przedstawionej w niniejszej pracy drogi badawczej jest porównanie
oryginału i przekładu ba ni braci Grimm pt. Czerwony Kapturek. Dla autorki pracy
istotne były dwa aspekty badawcze. Pierwszy z nich stanowi płaszczyzna j zykowa
tekstu, a drugi motyw dobra i zła, który stał si
głównym wyznacznikiem
do przeprowadzenia analizy w tek cie literackim, jakim jest ba .
W pierwszym rozdziale autorka wychodzi od dwóch ogólnych definicji poj cia
„tłumaczenia” zawartych w słownikach Duden i Brockaus Enzyklopädie. Nast pnie
przechodzi do poj cia „przekładu” i odnosi go do koncepcji przekładu tekstów
literackich według teorii ró nych autorów, takich jak: Friedmar Apel, Radegundis
Stolze, Wolfram Wilss, Jiri Levy, Rolf Kloepfer i Ralph-Rainer Wuthenow.
W nast pnej kolejno ci autorka przytacza wła ciwo ci przekładu, jakie powinien on
posiada
według Marii Krysztofiak. Wyja nione s
zatem poj cia ekwiwalencji,
adekwatno ci, odpowiednio ci i analogii kształtu. W ostatniej cz ci rozdziału
wyja niona zostaje ró nica pomi dzy przekładem jako adaptacj a przekładem jako
transferem.
W drugim rozdziale autorka przechodzi do wyja nienia poj cia ba ni. Punkt
wyj ciowy stanowi tutaj definicje stworzone przez Gero von Wilperta i Otto Bantela,
którzy okre laj
główne cechy charakterystyczne dla tego gatunku. Nast pnie
niemieckie definicje skonfrontowane zostaj z polsk definicj ba ni, by ostatecznie
ukaza zwi zki pomi dzy ba ni i podobnym gatunkiem nosz cym nazw podanie
(Sage). Opisany zostaje równie
dydaktyczny wymiar ba ni i jej oddziaływanie
w wychowaniu dzieci, które s jej głównymi odbiorcami. Ostatni cz
stanowi wyja nienie poj cia, jakim jest „motyw”, nieodł czna cz
rozdziału
ba ni. Wyja nienie
to jest oparte równie na definicjach Gero von Wilperta i Otto Bantela.
Trzeci rozdział pracy stanowi biografia braci Grimm, autorów Czerwonego
Kapturka. Przedstawione s
yciorysy Jakuba jak i Wilhelma Grimmów oraz ich zasługi
w zakresie literatury i j zykoznawstwa.
Czwarty rozdział zawiera informacje na temat wyda
zbiorów ba ni braci
Grimm i ich znaczenia dla literatury i kultury. Scharakteryzowane s cechy stylu ba ni
i funkcjonowanie tego gatunku w ród ludzi współczesnych braciom Grimm. Autorka
przechodzi nast pnie do polskich przekładów Czerwonego Kapturka, które ukazywały
39
si w przeci gu dwustu lat (1800 – 2000) zarówno w wydaniach zbiorowych jak
i samodzielnych. Wymienione zostaj najbardziej popularne nazwiska tłumaczy, którzy
zajmowali si
przekładami tej ba ni, jak i ilo
jej wyda
w poszczególnych
przedziałach czasowych. W ostatniej cz ci rozdziału autorka podaje, jakie teksty
posłu yły jej za podstaw do przeprowadzenia analizy porównawczej w dalszej cz ci
pracy.
Pi ty rozdział rozpoczyna cz
analityczn
pracy. Pierwszy podrozdział
zawiera streszczenie Czerwonego Kapturka na podstawie wersji niemieckiej. Drugi
podrozdział wyja nia zagadnienia dobra i zła, a wi c motywy b d ce kluczowymi dla
rozwa a
w cz ci analitycznej pracy. Autorka przechodzi nast pnie do analizy
wybranych
fragmentów
ba ni,
interesuj cych
pod
wzgl dem
translatologicznym, jak i literackim i maj cych przy tym ukaza
zarówno
kontrast mi dzy
dobrem a złem. Pierwszy fragment dotyczy spotkania Czerwonego Kapturka i wilka
w lesie, drugi ponownego ich spotkania w domku babci i trzeci uwolnienia przez
le niczego babci i wnuczki z brzucha wilka. Autorka po zestawieniu za ka dym razem
obok siebie fragmentu oryginału i przekładu, przechodzi do ich analizy. Na ko cu
ka dego z podrozdziałów autorka podsumowuje swoje spostrze enia. Wnioski,
do jakich dochodzi, to m.in.: cz ste stosowanie przez tłumacza amplifikacji,
konkretyzacji
i zda wykrzyknikowych, które powoduj , e tekst staje si nacechowany emocjonalnie.
Zdania w przekładzie s równie znacznie krótsze ni w oryginale, co sprawia, e tekst
jest przyst pny. Ostatni podrozdział wzbogacony jest dodatkowo o refleksje na temat
zemsty, która jest obecna w ba ni o Czerwonym Kapturku. Jako punkt wyj ciowy
do swoich rozwa a , autorka potraktowała dwie definicje poj cia „zemsta”
ze słowników Duden i Brockhaus Enzyklopädie. Opieraj c si na nich, autorka próbuje
odnie
si do motywu zemsty w ba ni.
Ostatni rozdział pracy stanowi podsumowanie cz ci analitycznej, a wi c jest to
próba odpowiedzenia na pytanie, czy przekład jest to samy z oryginałem pod wzgl dem
konstrukcji i efektu komunikacyjnego, a wi c jego sensu, odbioru i zrozumienia.
W wyniku przeprowadzonej analizy porównawczej nale y stwierdzi ,
e przekład
i oryginał bez w tpienia s ze sob to same.
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