Der zwölfte Mann - DBB Beamtenbund und Tarifunion

Transcription

Der zwölfte Mann - DBB Beamtenbund und Tarifunion
6
dbb magazin
Juni 2006 - 57. Jahrgang
Öffentlicher Dienst und Fußball-WM:
Postvertriebsstück • Deutsche Post AG „Entgelt bezahlt“
Der zwölfte Mann
Seite 4 >
Interview:
Sabine Bätzing,
Drogenbeauftragte
der Bundesregierung
Seite 6 >
Tarifpolitik:
Einigung
in Potsdam
dbb > aktuell
Mit der Tarifeinigung von Potsdam haben die dbb tarifunion
und die Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) nach über drei Monaten Arbeitskampf am 19. Mai 2006 einen tragfähigen Kompromiss gefunden. Neben notwendigen Zugeständnissen, wie
beim Thema Sonderzahlungen, konnten im Gegenzug wichtige
Erfolge erzielt werden, unter anderem bei der linearen Gehaltserhöhung von 2,9 Prozent für 2008, beim Fortbestand der Un-
>
In dieser Ausgabe
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4
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14
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Geschafft: Willi Russ, Frank Stöhr (dbb), Dr. Horst Metz, Hartmut Möllring (TdL) sowie Christian Zahn und Frank Bsirske (ver.di) treten vor die
Presse.
kündbarkeit oder bei der weiterhin niedrigeren Arbeitszeit für
Beschäftigte mit besonders hoher Arbeitsbelastung. Und ein
Weiteres: Der Flächentarifvertrag bleibt erhalten. Für alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes gelten wieder einheitliche Tarifverträge.
Die in Potsdam vereinbarten Regelungen müssen jetzt auch für
die Landesbeamten zum Tragen kommen. Das betrifft insbesondere die Übernahme der Vereinbarung zur Sonderzahlung
und die Anpassung der Arbeitszeit der Beamten an die der Tarifbeschäftigten. Ferner muss auch für Beamte gelten, was in
Sachen Einmalzahlungen und Übertragung der linearen Einkommenserhöhung von 2,9 Prozent für 2008 für die Tarifbeschäftigten vereinbart wurde. Die Potsdamer Beschlüsse weisen einen guten Weg. Die Länderarbeitgeber sind gut beraten,
diesen nun auch für die Beamten zu öffnen.
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>
20
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>
fokus
Report: Berufsgenossenschaftliches
Institut für Arbeitsschutz (BGIA):
Auf Biegen und Brechen
14–17
Mittagsgespräch:
Hans-Jürgen Bieneck, Präsident
der Bundesanstalt für Arbeitsschutz
und Arbeitsmedizin
18–19
Die andere Meinung:
Tarifkonflikt: ... leidet der Dritte
20
dbb akademie
22–23
dbb frauen:
Sitzung der Hauptversammlung
der dbb Bundesfrauenvertretung
24
spezial
26–28
>
dbb jugend:
Kleiderordnung im öffentlichen
Dienst
30–31
>
Europa:
Europas Einigungsprozess
kommt wieder in Gang
32–33
26
>
>
32
>
>
>
47
Interview mit Sabine Bätzing, Drogenbeauftragte der Bundesregierung
4–5
Tarifabschluss mit der TdL
6–8
Föderalismusreform:
Das hat Deutschland nicht verdient!
9
Anhörung zum
Haushaltsbegleitgesetz
10
Pensionsgrenze:
Freiwillige Längerarbeit honorieren
11
dbb Frühjahrssitzung
12
Sonderzahlungen:
Befristung der Halbierung nicht
aufheben
13
Fußball-Weltmeisterschaft 2006:
„Der 12. Mann“: Deutschlands
öffentlicher Dienst
Impressum:
Herausgeber: Bundesleitung des dbb beamtenbund und tarifunion – Friedrichstr. 169/170, 10117 Berlin, (0 30) 40 81-40, Fax (0 30) 40 81-55 98.
Internet: www.dbb.de. E-Mail: [email protected]
Chefredakteur: Dr. Walter Schmitz (sm); Redaktion: Christine Bonath (cri), Jan Brenner (br). Mitarbeiter dieser Ausgabe: Jens Hoffmann (jh), Thomas Herzberg (hz), Cornelia Krüger (cok), Britta Müller (bm), Sibylle Scholz (sch), Dr. Alexander Schrader (as). Redaktionsschluss am 10. jeden Monats.
Namensbeiträge stellen in jedem Falle nur die Meinung des Verfassers dar.
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2/2005). Vertrieb: Heike Lohe, (02 11) 73 57-8 54, Fax (02 11) 73 57-8 91. Anzeigenschluss: 6
Wochen vor Erscheinung. Gedruckt auf Papier aus elementar-chlorfrei gebleichtem Zellstoff.
ISSN 0941-8156
aktuell
>
>
Fußball-Patente:
Wer hat’s erfunden?
Glosse: Alles für die Fans
38
39
finale
Brennpunkt:
Nichtraucherschutz im
öffentlichen Dienst
Senioren
dbb Mitgliedsgewerkschaften
Kulisse: Heiliger Rasen
40–41
43
43–46
47
> dbb magazin | Juni 2006
3
editorial
Landesbeamte
gleichstellen
dbb > aktuell
>
dbb magazin
Bei der Vorstellung des aktuellen Drogen- und Suchtberichtes
Anfang Mai haben Sie die Eindämmung des Suchtverhaltens
in der Bevölkerung als eine der
wichtigsten politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen bezeichnet, mit der unser Land sich auch weiterhin
ernsthaft beschäftigen muss.
Welche Maßnahmen halten Sie
für unbedingt erforderlich, um
der zunehmenden Tabak-, Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit sinnvoll begegnen zu
können?
>
interview
4
Bätzing
Wir brauchen auf jeden Fall ein
ganzes Bündel unterschiedlicher Maßnahmen, um den
Konsum dieser so genannten
„Volksdrogen“ – Tabak, Alkohol,
Medikamente – wirksam einzudämmen. Mit isolierten Maßnahmen kommt man nicht
weit. Auch die Vergangenheit
Sabine
Bätzing,
Drogenbeauftragte
der Bundesregierung
Es liegt noch vieles im Argen...
hat gezeigt, dass ein „policy
mix“, also eine Mischung von
strukturellen, gesetzlichen und
präventiven Maßnahmen am
ehesten zu einer erfolgreichen
Drogen- und Suchtpolitik führt.
Als Beispiel sei hier der Rückgang der Raucherquote bei den
12- bis 17-jährigen Jugendlichen von 28 Prozent im Jahr
2001 auf 20 Prozent im Jahr
2005 genannt. Dieser Erfolg
konnte erreicht werden, weil
die Tabaksteuererhöhung, das
Abgabeverbot von Tabakwaren
an Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren sowie der Verkauf
von Kleinstpackungen, den so
genannten „Kiddy Packs“, von
einer zielgruppengerechten
und breit angelegten Präventionskampagne begleitet wurde. Dazu kam noch die Diskussion um Raucherverbote an
Schulen. Nur so konnten wir eine Trendwende erreichen: Rau-
> dbb magazin | Juni 2006
chen wird zunehmend „uncool“
bei den Kids. Allgemein halte
ich es für entscheidend, dass
sich das Bewusstsein der Menschen im Umgang mit den legalen Suchtstoffen ändert. Rauchen ist das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko, über
110 000 Menschen sterben jedes Jahr in Deutschland an einer tabakbedingten Krankheit.
Das Wissen um die gesundheitlichen Gefahren des Rauchens
muss stärker diskutiert werden.
Das Gleiche gilt für den Alkoholkonsum, der jedes Jahr mindestens 40 000 Menschen das
Leben kostet. Wir müssen diese
Risiken stärker in das öffentliche Bewusstsein bringen. Prävention ist und bleibt der Drehund Angelpunkt einer erfolgreichen Drogen- und Suchtpolitik
und ich habe deshalb hier auch
einen Schwerpunkt meiner Arbeit gelegt.
>
dbb magazin
Sorge bereitet Ihnen auch der
steigende Konsum illegaler
Drogen bei Jugendlichen, wobei
hier insbesondere Cannabis die
Liste anzuführen scheint. Wie
sehen ihre Vorschläge zu einer
verbesserten Aufklärung für
junge Leute aus und welche
Hilfsangebote könnten für
schon Drogensüchtige bereit
gestellt werden?“
>
Bätzing
Wir haben bei den illegalen
Drogen gegenläufige Entwicklungen zu verzeichnen. Während der Konsum von Heroin in
den letzten Jahren nicht weiter
angestiegen ist, ist die Zahl der
Todesfälle infolge des Konsums
von Opiaten kontinuierlich zurückgegangen. Auch die Anzahl
der polizeilich auffälligen Erstkonsumenten von Heroin sinkt.
Allerdings steigt seit circa
zehn Jahren der Cannabiskonsum unter Jugendlichen. Das ist
übrigens eine Entwicklung, die
sich in fast ganz Europa zu beobachten ist. Das Einstiegsalter
beim Cannabiskonsum ist gesunken, es liegt jetzt bei knapp
über 16 Jahren. Über 400 000
Menschen in Deutschland haben ernste gesundheitliche Probleme infolge ihres Cannabiskonsums. Auch hier rege ich
eine Risikodebatte an. Cannabis
ist kein harmloses Küchenkraut,
sondern der Konsum kann mit
ernsthaften gesundheitlichen
Risiken verbunden sein. Das
Bundesministerium für Gesundheit hat eine ganze Reihe
von Projekten auf den Weg gebracht, um die Prävention, aber
auch die Frühintervention bei
Cannabis konsumierenden Jugendlichen zu verbessern. Im
Internet kann man an der indi- >
dbb > aktuell
>
dbb magazin
Stichwort Alkohol- und Medikamente. Im Hinblick auf diese
so genannten „gesellschaftlich
anerkannten“ Rauschmittel
verzeichnet der Drogenbericht
keine Besserung im Konsumentenverhalten: Liegt die Hindernis-Latte für den Erwerb von Alkohol- und Medikamenten bei
uns zu niedrig? Sollten wir uns
an skandinavischen Modellen
orientieren?
>
>
Bätzing
Von einer Übertragung des
„skandinavischen Modells“ auf
deutsche Verhältnisse halte ich
nicht so viel, weil wir einfach eine andere Kultur und Herangehensweise an das Problem haben. Zudem gibt es gerade in
Skandinavien auch das Phänomen des exzessiven Rauschtrinkens. Ich setze mich für einen
verantwortungsvollen Konsum
von Alkohol, aber auch für einen bewussten Gebrauch von
Medikamenten ein. Bei Alkohol
ist natürlich klar, dass der Jugendschutz eingehalten werden muss. Wein und Bier dürfen erst ab 16 Jahren, Spirituosen ab 18 Jahren konsumiert
werden. Da diese Regelungen
bei den Alkopops nicht eingehalten wurden, wie unsere Untersuchungen gezeigt haben,
war es die richtige Entscheidung, eine Sondersteuer einzuführen. Sie hat den gewünschten Erfolg gebracht, der Konsum von Alkopops und Alkohol
insgesamt ist danach bei Minderjährigen erheblich zurückgegangen. Das ist ein Beispiel, wo
gesetzliches Handeln absolut
angezeigt war. Ich appelliere
hier vor allem weiter an die Verantwortung der Erwachsenen:
Info
Sabine Bätzing,
Jahrgang 1975, arbeitete nach
der Ausbildung zur Beamtin im
gehobenen nichttechnischen
Dienst bei der Verbandsgemeindeverwaltung in Altenkirchen (Rheinland-Pfalz) als
Diplom-Verwaltungswirtin (FH)
zunächst in der Sozialverwaltung. Seit 1994 ist sie Mitglied
der SPD, 2004 wurde sie Mitglied im SPD-Landesvorstand Rheinland-Pfalz. Als direkt
gewählte Bundestagsabgeordnete vertritt sie seit 2002
ihren Wahlkreis Neuwied/Altenkirchen. In der 15. Wahlperiode war sie unter anderem Mitglied im Ausschuss für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend, im Unterausschuss
Neue Medien, im Rechtsausschuss sowie stellvertretend
im Ausschuss für Gesundheit und Soziales. Darüber hinaus
war sie Mitglied der Enquête-Kommission „Ethik und Recht
in der modernen Medizin“. Bätzing hat die Gesetzesinitiative zu den „Alcopops“ federführend mit begleitet.
Alle sind aufgefordert, für die
Einhaltung des Jugendschutzes
zu sorgen. Was die Medikamentenabhängigkeit angeht, so ist
auch mehr Sensibilisierung für
dieses Problem betroffen, von
dem schätzungsweise 1,5 bis
1,9 Millionen Menschen in
Deutschland – zu zwei Drittel
Frauen – betroffen sind. Viele
Medikamente sind ja nur mit einem Rezept erhältlich, Ärzte
und Apotheker müssen hier in
vielen Fällen genauer hinsehen,
wem sie wie oft welche Medikamente verschreiben. Ich begrüße es deshalb sehr, dass die
Bundesärztekammer einen Leitfaden herausbringen wird, wie
man in den Praxen mit dem
Problem besser umgehen beziehungsweise es überhaupt erstmal thematisieren kann. Das
Bundesministerium für Gesundheit lässt gerade einen
Sachstand zum Thema Medikamentenabhängigkeit erarbeiten, der uns auch als Grundlage
für eine Kampagne dienen
wird. Ich möchte die verantwortlichen Multiplikatoren –
also Ärzte, Pflegepersonal,
Apotheker – für dieses Thema
sensibilisieren und zur Mitarbeit anregen.
>
dbb magazin
Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz ist eine vernünftige Sache.
Wie weit aber darf der Staat Ihrer Meinung nach in das Privatleben seiner Bürgerinnen und
Bürger eingreifen, wenn es um
das Rauchen in der Öffentlichkeit geht?
>
Bätzing
Seit Oktober 2002 gilt bei uns
die veränderte Arbeitsstättenverordnung, nach der jeder Arbeitnehmer ein Recht auf einen
rauchfreien Arbeitsplatz hat –
ausgenommen sind davon
allerdings die Betriebe mit Publikumsverkehr. Die Verordnung
ist damals aus einer überfraktionellen Initiative hervorgegangen, für weitergehende Regelungen fehlte eine Mehrheit.
Die Verordnung ist trotzdem
ein wichtiger Schritt. Vielerorts
wird sie vorbildlich umgesetzt,
vor allem in einigen Großunternehmen, ich bin mir aber auch
im Klaren darüber, dass andernorts noch vieles im Argen liegt
und viele Arbeitgeber zu wenig
für den Schutz ihrer nichtrauchenden Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter unternehmen. Wir
haben die Verordnung mit einem Modellprojekt unterstützt,
in dessen Rahmen die Unternehmen praktische Tipps zur
Umsetzung des Nichtraucherschutzes erfragen konnten. Das
Projekt wurde gut angenommen. Grundsätzlich bin ich der
Auffassung, dass Orte, wo Menschen sich aufhalten „müssen“
– dazu gehören beispielsweise
der Arbeitsplatz, Krankenhäuser, öffentliche Verkehrsmittel,
aber auch die Schulen – Rauchverbote herrschen sollten. Es ist
in Deutschland allerdings so geregelt, dass die Kompetenzen
hier sehr unterschiedlich gestaltet sind. Für die Rauchverbote in den Schulen sind beispielsweise allein die Länder zuständig, Rauchverbote in den
öffentlichen Verkehrsmitteln
lassen sich am besten über die
Hausordnung regeln – in Berlin
klappt das schon ganz gut. Jeder Bürgermeister in Deutschland hat es in seiner Hand, für
ein rauchfreies Rathaus zu sorgen. Was die Krankenhäuser
angeht, so finde ich, dass diese
als Gesundheitseinrichtungen
in einer besonderen Verantwortung stehen. Wir fördern deshalb gerade ein Modellprojekt
zum Aufbau eines Netzwerkes
rauchfreier Krankenhäuser. Das
Projekt stellt neben Maßnahmen des Nichtraucherschutzes
auch aktive Ausstiegshilfen für
rauchende Krankenhausmitarbeiter und Patienten in den
Vordergrund. Das Projekt ist im
letzten Jahr angelaufen und wir
sind bisher mit der Resonanz
zufrieden. Ich hoffe, dass sich
noch viele Krankenhäuser diesem Netzwerk anschließen
werden.
> dbb magazin | Juni 2006
5
interview
viduellen Ausstiegsberatung
„Quit the Shit“ teilnehmen, die
unter unserem sehr erfolgreichen Jugendportal www.drugcom.de angeboten wird. Daneben erproben wir gerade zusammen mit der Schweiz ein
neues Beratungsmodell unter
dem Titel „Realizeit“. Mit fünf
anderen europäischen Ländern
forschen wir an einer familienorienten Therapie für Cannabiskonsumenten. Und nicht zuletzt haben wir unser Modell
„FreD“ abgeschlossen, das sich
direkt an junge Leute gerichtet
hat, die aufgrund ihres Cannabiskonsum bereits Kontakt mit
der Polizei hatten. Dieses Modellprojekt wurde von vielen
Bundesländern erfolgreich in
die Regelversorgung übernommen.
dbb > aktuell
Tarifabschluss mit der TdL:
Vom Streik
zum Abschluss
Die dbb tarifunion hat sich mit der TdL auf einen Tarifabschluss für die Landesbeschäftigten
geeinigt. Dem jetzt erreichten Ergebnis gingen
heftige Auseinandersetzungen voraus. Verhandlungen seit September 2005, Streik seit Februar
2006 und dann am 18./19. Mai 2006 ein Tarifmarathon über 30 Stunden. Der TVöD für die
Länder (TV-L) war bis zum Ende schwer umkämpft.
tarif
6
„Die Kompromissfähigkeit beider Seiten wurde auf eine
schwere Probe gestellt“, kommentierte folgerichtig der
sichtlich erleichterte Chef der
dbb tarifunion, Frank Stöhr,
das Ergebnis. „Damit ist deutlich geworden, dass unsere Fähigkeit zum Arbeitskampf und
unser Wille zum Kompromiss
all jene unter den Arbeitgebern zurückgedrängt haben,
>
die kein Ergebnis, sondern die
Abschaffung unserer Tarifkultur im Auge hatten. Ich bin
stolz darauf, dass wir den Angriff auf den Flächentarifvertrag abwehren konnten und einen Kompromiss gefunden haben, der die Interessen aller
Beschäftigtengruppen des öffentlichen Dienstes der Länder
berücksichtigt“ so Stöhr weiter
auf der Pressekonferenz zum
Abschluss der Verhandlungen.
Das Ergebnis sieht einige Änderungen zum mit Bund und
Kommunen abgeschlossenen
TVöD vor. Trotzdem finden sich
viele Regelungen im TV-L, die
bereits im letzten Jahr für den
Bereich Bund und Kommunen
vereinbart worden waren.
>
Neue Entgelttabelle
Herzstück der Einigung ist sicherlich die neue Entgelttabelle. Sie gilt ab 1. November
2006 und vereinigt die ehemaligen Tabellen für Arbeiter und
Angestellte. Die Tabelle wird
durchlässiger, die Bezahlung
vor allem für Jüngere attraktiver. Die bisherigen Lebensoder Dienstaltersstufen werden durch sechs Erfahrungsstufen ersetzt. Die vorhandenen Beschäftigten werden betragsmäßig in die neue Tabelle
übergeleitet. Mit dieser Tabelle
ist es gelungen, die bisherige
Bezahlung der Angestellten
aus Grundvergütung, Ortszuschlag und allgemeiner Zulage
bzw. den Monatstabellenlohn
betragsmäßig zu sichern. Zusätzlich zur neuen Tabelle erfolgt zukünftig eine leistungs-
orientierte Bezahlung, beginnend mit einem Prozent ab
2007. Damit werden die Einkommensbedingungen der Beschäftigten im Länderbereich
denen ihrer Kolleginnen und
Kollegen beim Bund und bei
den Kommunen wieder entsprechen. Für die Ärzte wurde
eine gesonderte Tabelle vereinbart.
>
Einmalzahlung und
lineare Anhebung
Daneben erhalten die Landesbeschäftigten im Juli 2006, Januar und September 2007 zunächst jeweils Einmalzahlungen sozial gestaffelt nach Entgeltgruppen, in Höhe von 50
Euro bis hin zu 450 Euro. Im
Jahr 2008 erfolgt darüber hinaus eine lineare Anhebung
des Entgelts um 2,9 Prozent im
Januar für das Tarifgebiet West
beziehungsweise zum Mai für
das Tarifgebiet Ost.
>
Jahressonderzahlung
Wie im TVöD wird Urlaubsgeld
und Weihnachtsgeld durch eine einheitliche Jahressonderzahlung abgelöst. Diese wird
zukünftig dynamisiert und
>
Gelöste Mienen nach der Einigung. Im Bild von links: der Verhandlungsführer der dbb tarifunion, Frank Stöhr, Hartmut Möllring von der Tarifgemeinschaft der Länder und ver.di – Vorsitzender Frank Bsirske auf dem Weg zur Pressekonferenz.
> dbb magazin | Juni 2006
dbb > aktuell
>
Geschafft! Der Abschluss ist perfekt.
ebenfalls sozial gestaffelt. Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis bereits am 30. Juni
2003 bestanden hat, erhalten
in den Entgeltgruppen E 1 bis
E 8 95 Prozent (West) beziehungsweise 71,5 Prozent (Ost),
Beschäftigte in den Entgeltgruppen E 9 bis E 11 80 Prozent (West) oder 60 Prozent
(Ost), in den Entgeltgruppen
E 12 und E 13 50 Prozent
(West) oder 45 Prozent (Ost)
und in den Entgeltgruppen
E 14 und E 15 35 Prozent
(West) beziehungsweise 30
Prozent (Ost) eines des in den
Kalendermonaten Juli, August,
September gezahlten durchschnittlichen monatlichen Entgelts. Im Jahr 2006 wird zusätzlich noch das „alte“ Urlaubsgeld gezahlt. Beschäftigte, die nach dem 30. Juni 2003
eine abweichende arbeitsvertragliche Regelung vereinbart
haben, werden in zwei Schritten bis zum Jahr 2008 an diese
Tabellenwerte herangeführt.
Im Jahr 2006 erhalten sie den
Betrag, der arbeitsvertraglich
vereinbart war, mindestens
den Betrag aus dem Jahr 2005.
>
Arbeitszeit
Einer der bis zum Schluss am
heftigsten umkämpften Streitpunkte war das Thema Ar-
beitszeit. Hier wurde ein zwischen den Bundesländern differenzierendes Ergebnis gefunden: Ausgehend von der tatsächlichen wöchentlichen Arbeitszeit wurde für jedes einzelne Bundesland die Arbeitszeit ab 1. November 2006 neu
vereinbart. Das führt im Ergebnis zu einer Erhöhung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit für Beschäftigte, die
vor April 2004 eingestellt wurden und zu einer Arbeitszeitverkürzung für alle Neubeschäftigten. Einzelne Bereiche
sind von den neuen Arbeitszeitregelungen ausgenommen
und verbleiben bei 38,5 Wochenstunden (West). Dies gilt
für Beschäftigte, die ständig
Wechselschicht- oder Schichtarbeit leisten, Beschäftigte der
Universitätskliniken, Landeskrankenhäuser, sonstiger Krankenhäuser und der psychiatrischen Einrichtungen, Beschäftigte in Straßen- und Autobahnmeistereien, KFZ-Werkstätten, Theater und Bühnen,
Hafenbetrieben, Schleusen
und im Küstenschutz, Beschäftigte in Einrichtungen für
schwerbehinderte Menschen
und in heilpädagogischen Einrichtungen.
Die von der Arbeitgeberseite
gebetsmühlenartig geforderte >
> dbb magazin | Juni 2006
dbb > aktuell
niken verhindert, die ein Abschluss allein mit den Ärzten
mit sich gebracht hätte.
>
>
tarif
8
Potsdam, 19. Mai 2006, 19:30 Uhr: Der Verhandlungsführer der dbb tarifunion, Frank Stöhr, erläutert vor den
Medienvertretern Einzelheiten des Tarifkompromisses.
Verlängerung auf 40 und mehr
Wochenstunden konnte somit
verhindert werden. Die Wochenarbeitszeiten in den einzelnen Bundesländern beträgt damit im Durchschnitt insgesamt
39,22 Stunden. Sie differiert
zwischen 38,7 und 39,7 Stunden in den jeweiligen Bundesländern. Die genaue Feststellung der Arbeitszeit im jeweiligen Bundesland wird noch einer genauen Prüfung unterzogen. Sofern sich die jeweiligen
Arbeitgeber mit der dbb tarifunion auf festestehende Zahlen
geeinigt haben, werden diese
auf der Homepage der dbb tarifunion abrufbar sein.
>
> dbb magazin | Juni 2006
Der neue TV-L sichert Einkommen, Sonderzuwendung und
verhindert zugleich die von
den Arbeitgebern gewünschten Arbeitszeitsprünge auf bis
zu 42 Wochenstunden. Wie bei
jedem Kompromiss mussten
allerdings auch Einbußen hingenommen werden. Allerdings
wird mit dem TV-L im Bereich
des öffentlichen Dienst die Politik der Tarifpartnerschaft bewahrt. Ein Vorteil, der sich in
den nächsten Jahren noch vielfach auszahlen wird.
jh
Tabelle TV-Länder
(Tarifbereich Ost entsprechend jeweiligem Anpassungssatz, zur Zeit 92,5 Prozent)
Entgeltgruppe
Besondere Bereiche
In den Bereichen Unikliniken,
Wissenschaft, Lehrer und Ärzte
wird es gesonderte Regelungen
geben. Das abgeschlossene Eckpunktepapier befriedet damit
auch den Bereich der Unikliniken und Landeskrankenhäuser.
Die gefundene Einigung gilt für
alle dort arbeitenden Beschäftigtengruppen. Damit wurde
zweierlei erreicht. Den berechtigten Anliegen der Ärzte wurde in angemessener Form Rechnung getragen. Gleichzeitig
wurde eine Spaltung der Beschäftigtengruppen in den Kli-
Fazit
1
2
3
4
Grundentgelt
Stufe 1
Entwicklungsstufen
Stufe 2
Stufe 3
Stufe 4
Stufe 5
Stufe 6
nach
1 Jahr
nach
3 Jahren
nach
6 Jahren
nach
10 Jahren
nach
15 Jahren
15
3 384
3 760
3 900
4 400
4 780
14
3 060
3 400
3 600
3 900
4 360
13
2 817
3 130
3 300
3 630
4 090
12
2 520
2 800
3 200
3 550
4 000
11
2 430
2 700
2 900
3 200
3 635
10
2 340
2 600
2 800
3 000
3 380
1/2
9
2 061
2 290
2 410
2 730
2 980
8
1 926
2 140
2 240
2 330
2 430
2 493
7
1 800
2 000
2 130
2 230
2 305
2 375
6
1 764
1 960
2 060
2 155
2 220
2 285
5
1 688
1 875
1 970
2 065
2 135
2 185
4
1 602
1 780
1 900
1 970
2 040
2 081
3
1 575
1 750
1 800
1 880
1 940 3
1 995
4
1 935
2
1 449
1 610
1 660
1 710
1 820
1
je 4 Jahre
1 286
1 310
1 340
1 368
1 440
Endstufe für Arbeiter der LGr 9; Stufe 4 nach 7 Jahren in der Stufe 3
Endstufe Ang Vb BAT ohne Aufstieg und Aufsteiger V b aus V c BAT; Stufe 3 nach 5 Jahren in der Stufe 2,
Stufe 4 nach 9 Jahren in der Stufe 3
Endstufe für Arbeiter der LGr 2 mit Aufstiegen nach LGr 2 a und LGr 3 und Angestellte VGr VIII BAT mit und ohne Anwartschaft auf Aufstieg nach VGr. VII BAT
Endstufe für Angestellte VGr. X BAT mit Aufstiegen nach VGr. IX b BAT, sowie Arbeiter LGr 1 mit Aufstieg nach LGr 1 a
dbb > aktuell
Vor den Negativfolgen der Föderalismusreform für den öffentlichen Dienst hat der dbb in
einer neuen Anzeige gewarnt,
die am 19. Mai 2006 in großen
deutschen Tageszeitungen erschienen ist. Zugleich appelliert
der dbb an die Bundestagsabgeordneten, bei ihrer Entscheidung die schädlichen Auswirkungen der Reform zu bedenken. Die Anzeige wurde in die-
sen Zeitungen veröffentlicht:
Frankfurter Allgemeine Zeitung, Süddeutsche Zeitung,
Welt, Tagesspiegel, General-Anzeiger, Münchner Merkur, Saarbrücker Zeitung, Ostsee-Zeitung, Neue Westfälische. Ferner
ist das Motiv – wie die beiden
vorangegangenen Anzeigen
auch – als Wandzeitung für die
Schwarzen Bretter verteilt worden.
>
Massive Kritik ...
... an den im Zuge der Föderalismusreform geplanten Änderungen des Beamtenrechts haben
auch die am 17. Mai 2006 zu
einer gemeinsamen Anhörung
des Rechtsausschusses des
Bundestages und des Ausschusses für innere Angelegenheiten
des Bundesrates geladenen
Sachverständigen geäußert.
Konferenz zur
Föderalismusreform
Am 22. Juni 2006 werden dbb
und DGB eine gemeinsame Konferenz zum Thema „Föderalismus
im öffentlichen Dienst“ durchführen. Eingeladen sind unter anderem alle Bundestagsabgeordneten, weil der Bundestag es trotz
vielfacher Kritik mehrheitlich abgelehnt hat, die Reform-Konzeption in Anhörungen der Fachausschüsse zur Diskussion zu stellen.
Es bietet sich daher an, einmal
den umgekehrten Weg zu gehen,
um mit den Parlamentariern den
Dialog zu pflegen.Bei der Reform
ist im Bereich des öffentlichen
Dienstrechts eine Verlagerung
von Kernkompetenzen auf die
Länder vorgesehen. Daher wird
diese Thematik im Mittelpunkt
der Konferenz stehen. Unter anderem ist ein Vortrag des „Zeitzeugen“ Hans-Dietrich Genscher
vorgesehen, der von 1969 bis
1974 Bundesinnenminister war
und maßgeblich daran mitgewirkt hat, die Kompetenzen im
öffentlichen Dienstrecht auf die
Bundesebene zu verlagern.
Die Ergänzung des Artikels 33
Abs. 5 Grundgesetz um eine „so
genannte Fortentwicklungsklausel“ wurde als überflüssig oder
sogar schädlich beurteilt, weil
das geltende Recht bereits ausreichend Spielraum für Änderungen und Anpassungen ermöglicht beziehungsweise allenfalls
Vorschub für eine Aufweichung
des besonderen Rechte- und
Pflichtengefüges des Berufsbeamtentums geleistet würde. Auf
ebenso wenig Zustimmung stieß
bei den Experten die geplante
Kompetenzverlagerung des Laufbahn-, Besoldungs- und Versorgungsrechts auf die Länder. Befürchtet wurde insbesondere ein
kaum zu bewältigender Bürokratiezuwachs, wenn künftig in 16
Landesministerien Dienstrechtsabteilungen aufgebaut werden
müssten. Negative Konsequenzen für Mobilität und Flexibilität
der Beamtinnen und Beamten
wären außerdem die Folge unterschiedlicher Länderregelungen
im Besoldungs- und Laufbahnrecht.
> dbb magazin | Juni 2006
9
anzeigenkampagne
Das hat Deutschland
nicht verdient!
>
dbb > aktuell
Stellungnahme und Anhörung:
dbb erreicht Nachbesserungen
zum Haushaltsbegleitgesetz
10
Die von der Bundesregierung geplante erneute
Einkommenskürzung bei den Bundesbeamten
benachteiligt die Beamten gegenüber anderen
Arbeitnehmern und beschädigt „tiefgreifend“
das Vertrauen der Beamten in ihren Dienstherrn. Das hat dbb Chef Peter Heesen in einer
Stellungnahme zum Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes festgestellt, die bei der öffentlichen Anhörung am 4. Mai 2006 in Berlin vorgelegt wurde. Bei der Anhörung selbst konnte
der dbb Bundesvorsitzende Nachbesserungen
erreichen
besoldung
>
Kritische
Stellungnahme
Heesen erinnerte die Koalition
an ihr Ziel „Reformieren, investieren und Zukunft gestalten“.
Dies werde mit der geplanten
Halbierung der bereits verkürzten Sonderzahlung in den Jahren 2006 bis 2010 auf 2,5 Prozent der Jahresbezüge und für
Versorgungsempfänger auf
>
2,085 Prozent der Jahresbezüge „in jeder Hinsicht verfehlt“.
Der erneute überproportionale
Zugriff auf die Sonderzahlung
verstärke den Einkommensverlust der Bundesbeamten und
missachte den Grundsatz der
gleichmäßigen Einkommensentwicklung im öffentlichen
Dienst. Zudem stünde den Besoldungsanpassungen von
Zahlen und Fakten
Die Personalkosten des Bundes sind zwischen 2001 und
2005 von 11,1 auf 10,5 Prozent gesunken. Dies wurde bewirkt durch Arbeitszeitverlängerungen in einem Umfang
von 6,5 Prozent ohne Besoldungsausgleich, die zum Abbau
von Arbeitsplätzen und damit zu einer erheblichen Arbeitsverdichtung führten. Allein dadurch „haben die
Bundesbeamten bereits einen erheblichen Anteil an den
Sparanstrengungen geleistet. Nachdem die Sonderzahlungen ab 2004 auf 60 Prozent (beziehungsweise 50 Prozent
für Versorgungsempfänger) zusammengestrichen wurden,
ist eine erneute Absenkung auf 30 beziehungsweise 25
Prozent nicht vermittelbar. Wenn die Bundesbeamten zu
den von ihnen seit 1993 bereits erbrachten Einsparungen
von sechs Milliarden Euro jetzt zusätzlich noch weitere
500 Millionen Euro aufbringen sollen, ist dies eine überproportionale, ungerechtfertigte Belastung.
> dbb magazin | Juni 2006
Jahr 1993 – unter Berücksichtigung des Zugriffs auf Urlaubsgeld und Sonderzahlung – auf
rund 6 200 Euro verzichten
müssen. Für den Bundeshaushalt bedeute dies seit 1993 eine Einsparung von über sechs
Milliarden Euro. „Wenn nunmehr die Bundesbeamten erneut zu Einsparungen von
mehr als 500 Millionen Euro zu
den gesamten Einsparungen
im Bundeshaushalt herangezogen werden sollen, ist dies
nicht gerechtfertigt und wird
als überproportional abgelehnt. Viele Beamte fragen sich
deshalb, ob der Dienstherr sich
noch an Recht und Gesetz und
die Fürsorgepflicht gebunden
fühlt“, heißt es in der Stellungnahme des dbb.
>
Heesen: „Die geplanten
Kürzungen stehen einer
umfassenden Dienstrechtsreform entgegen
und gefährden diese
erheblich.“
12,8 Prozent für Beamte in den
Jahren 1998 bis 2005 ein Anwachsen des durchschnittlichen Lohn- und Einkommensniveaus in der Bundesrepublik
um 19,5 Prozent gegenüber.
Besonders hart seien von den
Kürzungen der vergangenen
Jahre Beamte der Bundespolizei und Bundeszollverwaltung
betroffen, die ganz überwiegend dem mittleren Dienst angehören. So habe ein 30-jähriger verheirateter Bundesbeamter mit zwei Kindern, der
heute 2 240 Euro monatliche
Dienstbezüge erhält, seit dem
Erfolg bei der
Anhörung
Während der Anhörung am 4.
Mai 2006 gelang es dem dbb
Bundesvorsitzenden Peter
Heesen, Nachbesserungen am
Gesetzentwurf zum Haushaltbegleitgesetz zu erreichen.
Gegenüber der ursprünglichen
Fassung soll der Festbetrag für
Beamte der Besoldungsgruppen A2 bis A8 um ein Viertel
erhöht werden. Dies bedeutet
nicht zuletzt auch eine zumindest grundsätzliche Anerkennung der Notwendigkeit einer
sozialen Komponente. Ferner
setzte sich der dbb Chef mit Erfolg dafür ein, dass die zeitliche Befristung der Absenkung
der jährlichen Sonderzahlung
erhalten bleibt und nicht – wie
im Gesetzentwurf zum Haushaltbegeleitgesetz ursprünglich vorgesehen war – auf Dauer bestehen bleiben soll.
dbb > aktuell
Pensionsgrenze:
Freiwillige Längerarbeit
honorieren
dbb Chef Peter Heesen hat sich dafür ausgesprochen, die Altersbezüge von Beamten zu erhöhen, die freiwillig über die Regelaltersgrenze
hinaus arbeiten. Der Trend zur Frühpensionierung sei rückläufig, sagte Heesen dem Wirtschaftsmagazin „Geldidee“ (Ausgabe Juni 2006)
zur Begründung. „Damit das so bleibt, bin ich
dafür, die Anreize zu verbessern, um die Menschen länger im Arbeitsleben zu halten.“
Heesen wird Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble
vorschlagen, die Altersbezüge derjenigen Beamten
zu erhöhen, die freiwillig
länger im Job bleiben, über
65 oder demnächst vielleicht 67 Jahre hinaus. „Das
wäre ein völlig neuer Ansatz. Unter dem Strich
könnte das sogar beim Sparen helfen“, erläuterte der
dbb Chef.
Mit Blick auf die Diskussion
um die Kosten der Pensionsansprüche erinnerte Heesen daran, dass die Beamten sich
nicht selbst eingestellt haben,
sondern die Politiker dies getan hätten. „Allerdings pochen
wir darauf“, so Heesen weiter,
„dass heute eingehalten wird,
was man den Beamten bei ihrer Einstellung für den Ruhestand versprochen hat. Das ist
ihr gutes Recht.“
>
Ein völlig neuer Ansatz: freiwillig länger im Job – mit höheren Altersbezügen.
Der dbb stehe zu dem Grundsatz, dass bei der Altersversorgung keine Berufsgruppe besser gestellt werden dürfe als
andere. „Inzwischen werden
wir aber sogar schlechter gestellt als andere“, kritisierte
Heesen. Das habe das Bundesverfassungsgericht im vergangenen Jahr bestätigt.
dbb > aktuell
dbb Frühjahrssitzung:
Hamburger Beschlüsse
Der Bundeshauptvorstand des dbb, das zweithöchste Gremium zwischen den Gewerkschaftstagen, ist zu seiner Frühjahrssitzung am
7. und 8. Mai 2006 in Hamburg zusammengekommen. Die Delegierten erörterten aktuelle
gewerkschaftspolitische Fragen und forderten
in einer Entschließung die Sicherung guter Zukunftsperspektiven für den öffentlichen Dienst.
berufspolitik
12
Die Sicherung guter Zukunftsperspektiven für den öffentlichen Dienst sei unerlässlich,
weil insbesondere der Bund
mit der Verlängerung der Wochenarbeitszeit, einer neuerlichen Kürzung des Weihnachtsgeldes, der Streichung
des Urlaubsgeldes und der
Fortsetzung pauschaler Stellenkürzungen „ein negatives
Signal gesetzt“ habe, heißt es
zur Begründung in der Entschließung.
>
Neue Kürzungen
verhindern
Reformen im öffentlichen
Dienst dürften kein Synonym
für eine verdeckte oder offene
Fortsetzung der Kürzungspolitik sein, sondern müssten
allein die Förderung von Qualität, Kreativität und Motivation und eine funktions- und
leistungsgerechte Bezahlung
zum Ziel haben. Darauf zu achten ist auch Aufgabe des dbb.
Deshalb ist es jetzt erforderlich, die bisherigen Sparmaßnahmen erneut zu verhandeln
mit dem Ziel, sie mindestens
auszugleichen, neue Kürzungen dabei zu verhindern und
Zug um Zug Fortschritte für die
Beschäftigten und den Personalnachwuchs durchzusetzen.
Zu den Zielen dieser Nachverhandlungen gehöre, das jetzige Bezahlungsniveau als Mindestvoraussetzung und die
Teilhabe an der allgemeinen
Einkommensentwicklung zu
sichern. Die bereits zugesagten
Einmalzahlungen müssten
endlich realisiert werden. Der
dbb fordert weiter die volle
Anrechnung der bereits vollzogenen Kürzungen der Versorgung bei der weiteren Versorgungsgesetzgebung sowie den
Aufbau eines zweiten Versorgungsfonds aus Mitteln, die
durch Arbeitszeitverlängerungen und durch Versorgungsrücklagen bei Neueinstellungen eingespart werden. Ziel sei
auch eine gesetzlich geregelte
Mitnahmefähigkeit von erworbenen Versorgungsansprüchen, um die Mobilität zwischen öffentlichem Dienst und
Privatwirtschaft zu fördern.
>
Breites
Themenspektrum
Des Weiteren befasste sich
der Bundeshauptvorstand mit
Aspekten der Föderalismusreform und deren negative Auswirkungen für die Bereiche
Dienstrecht, Bildung und Umweltschutz, erörterte unter
anderem neue Formen der
Arbeitsorganisation, um ein
flexibles Zeitmanagement zu
fördern, und lehnte mit Nachdruck den Einsatz der Bundeswehr, etwa bei der Fußballweltmeisterschaft, ab. Zur
Gewährleistung der inneren
Sicherheit müssten stattdessen die erforderlichen Kräfte
bei den Polizeien werden.
Mit Blick auf die familienpolitischen Pläne der Bundesregierung haben die Delegierten
aus den Landesbünden und
Mitgliedsgewerkschaften des
dbb die Einführung eines
Elterngeldes als Lohnersatzleistung begrüßt; positiv bewerteten sie auch die geplante
Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten bei der Einkommenssteuer und sprachen
sich für einen zeitnahem Ausbau der Kinderbetreuung aus.
Dabei wäre ein Anspruch auf
einen Kindergartenplatz für
alle Kinder ein innovativer
Schritt in eine Familienpolitik,
die Männer und Frauen in ihrer
Entscheidung für Kinder maßgeblich unterstützen würde. > dbb magazin | Juni 2006
dbb > aktuell
Befristung nicht
aufgehoben
Als „völlig unbegründet“
hatte dbb Chef Peter Heesen
zwischenzeitliche Überlegungen von Haushaltspolitikern
zurückgewiesen, die von der
Bundesregierung vorgeschlagene Halbierung der Sonderzahlung für Beamte und Pensionäre des Bundes nicht – im
Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes – bis
2010 zu befristen, sondern als
dauerhafte Regelung einzuführen. Diese Maßnahme „stößt
auf den entschiedenen Widerstand des dbb“, schrieb Heesen
am 16. Mai 2006 in einem Brief
an den Vorsitzenden des
Bundestagshaushaltsausschusses, Otto Fricke.
den Gesetzentwurf in seiner
Sitzung vom 19. Mai 2006
schließlich entsprechend
dem Beschluss des Haushaltsausschusses, welcher
eine Beibehaltung der Befris>
Eine solche Entscheidung sei
insbesondere angesichts der
merklichen Verbesserung der
Steuereinnahmen nicht zu
rechtfertigen. Sie konterkariert zugleich die Beteuerungen der Bundesregierung und
der sie tragenden Koalitionsfraktionen, dass ein Wirtschaftsaufschwung bevorsteht, der auch die sozialpolitischen Probleme lösen hilft“,
betont der dbb Bundesvorsitzende. Er appelliere deshalb
eindringlich, es bei der von der
Bundesregierung beabsichtigten Befristung zu belassen.
Diese Intervention war erfolgreich: Der Deutsche
Bundestag verabschiedete
tung der Einsparmaßnahme
und eine Aufstockung des
Festbetrages für die Besoldungsgruppen bis einschließlich A 8 um ein Viertel zum
Inhalt hat.
Bildungsmonitoring
Am 12. Mai 2006 hat in Berlin ein Fachgespräch zur Gesamtstrategie der Kultusministerkonferenz zum Thema Bildungsmonitoring
stattgefunden, an der auch der dbb und seine Bildungsgewerkschaften teilgenommen haben. Ziel ist es, die bildungspolitische
Entwicklung seit dem PISA-Schock zu ordnen und in einen Rahmen zu bringen. Grundlage hierfür werde das so genannte Bildungsmonitoring bilden, durch das eine empirisch gesicherte
Grundlage geschaffen werde, deren Ergebnisse der Bildungspolitik
zur Verfügung gestellt werden sollen. Der dbb, der bereits im Vorfeld des Treffens eine Stellungnahme zum Entwurf einer Gesamtstrategie zum Bildungsmonitoring abgegeben hatte, begrüßte die
Initiative der Kultusministerkonferenz sowie die damit verbundenen Ziele, zur Transparenz der Ergebnisse systematischer Bildungsforschung beizutragen. In der Gründung eines Instituts zur
Qualitätsprüfung im Bildungswesen (IQB) als gemeinsame Einrichtung der Länder sehe der dbb einen ersten wichtigen Schritt
hin zu einer nationalen Bildungsstrategie. In seinen Kritikpunkten
bemängelte der dbb unter anderem die Aussparung der beruflichen Bildung sowie das Fehlen von Maßnahmen zur Verbesserung der Bildungsqualität.
13
kompakt
Sonderzahlungen:
7. Berliner Bundestagslauf
Beim zweiten Schuss
war alles anders...
Als der Startschuss zum 7. Berliner Bundestagslauf fallen sollte, den der dbb
auch in diesem Jahr als Sponsor unterstützt hat, klemmte der Revolverabzug. Die Langstreckenläufer störte die kleine Panne wenig;
sie rannten einfach los und Bundestagsvizepräsidentin Susanne Kastner, im Bild links mit Bundestagspräsident Norbert Lammert,
schoss erst im Nachhinein. 400 Teilnehmer waren diesmal insgesamt aktiv dabei, so viele wie nie zuvor, obgleich auch in diesem Jahr
der Himmel getrübt war und kurz vor dem Start der Kurzstrecke (der Revolver funktionierte inzwischen einwandfrei und knallte
pünktlich los) der große Regen einsetzte. „Am 18. Mai sind doch die Eisheiligen schon vorbei“, wunderte sich der Moderator der Veranstaltung augenzwinkernd. Die dbb Bundesgeschäftsstelle war auch in diesem Jahr mit einem kleinen Laufteam beteiligt. Im rechten
Bild von links: Jens-Ole Gerecke, Andreas Becker und Matthias Warnking,
> dbb magazin | Juni 2006
dbb > fokus
Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitsschutz (BGIA):
Auf Biegen und Brechen
report
14
Gesundheitsgefahren gibt es
viele am Arbeitsplatz; sie zu
erkennen und
auszuschalten
ist das Ziel der
Forscher am Berufsgenossenschaftlichen Institut für Arbeitsschutz
(BGIA) in Sankt
Augustin. Bei ihren Tests auf Biegen und Brechen
gehen sie mit
zum Teil verblüffend einfachen,
wenn auch unkonventionellen
Methoden zu
Werke. Dabei
gibt es manchmal Scherben,
immer aber auch
eine Erkenntnis
mehr.
> dbb magazin | Juni 2006
>
Statistisch gesehen gibt es einmal täglich in Deutschland eine Staubexplosion: Unzählige Einzelversuche
tragen dazu bei, das Explosionsrisiko gerade für die industrielle Produktion einzudämmen.
Für einen Moment taucht ein
greller Blitz den Raum in weißes Licht. Mit einem Knall jagt
eine Druckwelle durch das Labor. Dann ist es still. Hans-Jörg
Teske und Hartmut Beck treten
an den Versuchsschrank und
ziehen einen röhrenförmigen
Behälter heraus. Trotz der
Wucht der Explosion scheint
das Glas unversehrt. An seiner
Innenseite schimmert ein silbrig-bläulicher Niederschlag.
„Aluminiumoxid“, erklärt Teske.
Gerade war der Glasbehälter
noch durchsichtig. Dann hatte
Beck ein halbes Gramm Aluminiumpulver in den Behälter gegeben und durch einen Luftstoß aufgewirbelt. Ein elektrischer Funke brachte das StaubLuft-Gemisch zur Explosion.
Explosionen – was andere zu
Recht fürchten, sind das Tagesgeschäft von Teske und Beck,
beide Forscher am Berufsgenossenschaftlichen Institut für
Arbeitsschutz (BGIA) in Sankt
Augustin. Das Ziel ihrer Arbeit:
Mehr über die Gefährlichkeit
von Staub-Luft-Gemischen zu
erfahren, wie sie zum Beispiel
in der Produktion entstehen.
„Statistisch gesehen gibt es
ein Mal am Tag in Deutschland
eine Staubexplosion“, sagt Ingenieur Beck. „Schwere – Gott
sei Dank – kaum noch.“ Damit
ein Hersteller nicht von den
explosiven Eigenschaften eines
Staubes überrascht wird, testen Beck und Teske, bei welcher Energiezufuhr und welcher Konzentration der Staub
explodiert. „Er kann schon
beim ersten Schuss zünden,
aber so einfach wird es uns
meistens nicht gemacht.“ Oft
sind bis zu 300 Einzelversuche
notwendig, um einen Stoff
wirklich zu kennen.
Sicher ist sicher, weiß der
Volksmund. Doch was heißt
das konkret für Sicherheit und
Gesundheit am Arbeitsplatz?
Woher weiß ein Maschinenhersteller, dass die von ihm
entworfenen Schutzvorkehrungen die Maschine auch tatsächlich sicherer machen? Woher weiß eine Bank, dass die
Büroluft in der 20. Etage keine
Gefahrstoffe enthält? Hier
kommen die Wissenschaftler
am BGIA ins Spiel. In ihrer Arbeit entwickeln sie Messver- >
dbb > fokus
>
Grenzwerte im Visier:
Gefahrstoffanalyse
Ein Plastiktütchen liegt vor Silvia Loosen auf dem Tisch. Darin glänzen zwei Röhrchen.
Während Loosen die Probe beschriftet und in einem Transportbehälter verstaut, überprüft ihre Kollegin Rowena Georg die Daten der Probe am
Computer. Ihre Augen wan>
dern über den Bildschirm und
über die vor ihr liegende Liste.
Nur, wenn die Daten vollständig und korrekt sind, bekommt
die Probe die Freigabe fürs Labor.
Das Ziel dieser Arbeit ist die
Gefahrstoffanalyse. Mit deren
Hilfe wird festgestellt, ob eine
Probe, die der berufsgenossenschaftliche Messdienst in einem Betrieb genommen hat,
Schadstoffe enthält und ob
Grenzwerte überschritten wurden. Der Messdienst ist fleißig:
Im Jahresdurchschnitt wandern an die 33 000 Proben
über die Tische von Georg, Loosen und ihren Kollegen ins Labor.
Zwei Flure von Georg und Loosen entfernt geht unterdessen
Info
Das Berufsgenossenschaftliche Institut
für Arbeitsschutz (BGIA)
Das Berufsgenossenschaftliche Institut für Arbeitsschutz (BGIA) in
Sankt Augustin bei Bonn forscht, prüft und berät auf den Gebieten
chemische, biologische und physikalische Einwirkungen sowie Unfallverhütung, Produktsicherheit und Ergonomie. Zwei Drittel seiner Aktivitäten zielen auf die Vermeidung von Berufskrankheiten
und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren, ein weiteres Drittel ist
der Unfallverhütung gewidmet.
>
Keineswegs vom anderen Stern ist dieser BGIA-Forscher, wenn er auch
ganz in Grün gekleidet ist: Das Austesten von Gefahrstoffen verlangt
aufwändige Schutzkleidung.
ein Mann auf einem Laufband,
dreht und wendet sich, so gut
es die Schläuche eben zulassen, die an seiner gelben
Atemschutzmaske hängen.
Das Laufband wiederum befindet sich in einer Kabine. Auf ihren Stelzen erinnert die Konstruktion ein bisschen an ein
gläsernes Mondlandegerät.
Dicke Luftschläuche führen
hinein, einer davon ragt aus
dem Dach.
Vor der Kabine steht eine
graue Schaltwand. Rote Ziffern
leuchten auf den Displays. Daneben klebt ein Zettel mit der
Aufschrift „Gehen, wenden, nicken, ABC“ – Handlungsanweisungen für die Testperson in
der Kabine.
Mehr als 80 Prozent der Arbeiten am BGIA werden von den gewerblichen Berufsgenossenschaften als Träger der Einrichtung selbst
veranlasst; fast immer ergeben sich die Fragestellungen aus der betrieblichen Arbeitsschutzpraxis. Darüber hinaus wird das Institut
als europäisch anerkannte Prüf- und Zertifizierungsstelle für Hersteller von Maschinen und persönlicher Schutzausrüstung tätig.
Das unmittelbar neben dem Dienstgebäude des Hauptverbandes
der Gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG) gelegene BGIA
hat 225 Beschäftigte, von denen etwa 39 Prozent einen Universitäts- oder Fachhochschulabschluss und rund 44 Prozent eine
technisch-naturwissenschaftliche Fachausbildung haben.
Weitere Informationen im Internet unter: www.bgia.de
Die Anweisungen selbst gibt
Werner Piontkowski. In Jeans
und weißem Kittel sitzt der
Techniker an einem kleinen
Tisch und notiert die Werte,
die auf den Displays erscheinen. Zusammen mit seinen
Kollegen prüft der Techniker
die Verlässlichkeit von Atemschutzmasken, ihre Brandfestigkeit und die Durchlässigkeit
der Filter. Rund 30 verschiedene Modelle zertifiziert das La-
bor im Jahr – das heißt, es bestätigt, dass ein Modell im
Notfall alle Anforderungen erfüllt.
„Heute prüfen wir den Dichtsitz dieser Maske“, erklärt
Piontkowski. Dazu lässt er die
Testperson verschiedene Bewegungen ausführen. „Mittelschwere Arbeit simulieren“
nennt der Techniker das. Durch
die Luftschläuche leitet er salzhaltige Luft in die Kabine. Atmet die Testperson nun ein, so
löst ein Ventil die Entnahme einer Luftprobe auf der Innenseite der Maske aus. Über zwei
Schläuche gelangt die Probe
dann in ein Analysegerät. „Das
zeigt uns, wieviel Salz die
Atemluft des Probanden noch
enthält.“ Und, ob die Maske
dicht genug sitzt, damit im
Ernstfall keine Schadstoffe aus
der Umgebungsluft eindringen
können. Ein einfaches System,
das ohne viel Hightech auskommt.
Ganz aktuell haben es die Arbeitsschutzforscher aus Sankt
Augustin auch eingesetzt, um
die Schutzwirkung so genannter OP-Masken zu untersuchen: Mund und Nase bede- >
> dbb magazin | Juni 2006
15
report
fahren, Prüfmethoden und
Leitlinien, die Herstellern, Arbeitgebern und Berufsgenossenschaften helfen, mögliche
Gefahren am Arbeitsplatz zu
erkennen und zu vermeiden.
Mit beeindruckenden Apparaturen und spielerischer Kreativität rücken die BGIA-Wissenschaftler jedem Arbeitsschutzproblem zu Leibe.
dbb > fokus
ckende Schutzmasken, die vor
allem in Zeiten von Vogelgrippe und SARS vor Infektionen
schützen sollen. Fazit: 13 von
16 geprüften „OP“-Masken fielen durch.
>
Krach machen
zur Lärmminderung
Es ist still. So still, dass man
das eigene Blut in den Ohren
rauschen hört. Das Netz, über
das Besucher in zwei Metern
Mikros, die jedes Geräusch aufzeichnen. „Wir wollen damit
herausfinden, wie viel Lärm
das Gerät macht, wo er herkommt, und wie wir ihn verringern können“, erläutert Maue
den Versuch, als die Maschine
wieder schweigt.
„Nach ersten Messungen hatten wir den Eindruck, die
Hauptquelle für den Schall
sind die Rollen, mit denen die
und verschwindet damit
durch eine der großen Bullaugen-Türen ins Labor. Dort werden die in der Luftprobe enthaltenen Stoffe zunächst aus
der Aktivkohle gelöst. „Das ist
notwendig, um sie später im
Gas-Chromatographen analysieren zu können“, sagt Lichtenstein. Er öffnet eines der
Geräte, die oberflächlich an
einen Drucker erinnern. Innen
ist der Apparat mit Edelstahl
ausgekleidet, in der Mitte
hängt eine Spirale – eine so
genannte Quarzkapillare.
„Das ist mit Sicherheit Styrol.“
Über die Schulter seines Mitarbeiters Rachid Ngazi zeigt Lichtenstein auf den Bildschirm.
Mit einem Kugelschreiber deutet er auf eine der Spitzen, die
das Diagramm entlang der
Zeitskala aufweist. „Peaks“
heißen diese Spitzen. „Mit ein >
report
16
>
Sich drehen und wenden für die Wissenschaft: Beim Test einer Atemschutzmaske wird mittelschwere Arbeit simuliert.
Höhe über dem Boden gehen,
dämpft jeden Schritt bis zur
Lautlosigkeit. Vollschallschluckraum nennt dieser faszinierende Ort sich – und er
kommt ebenfalls ganz ohne
Hightech aus. Von Wänden,
Decke und Boden ragen 1,20
Meter lange, gelbe Schaumstoffkeile in den Raum. Sie
schlucken jedes Geräusch,
noch bevor es zum Echo wird.
So haben die Lärmschutzexperten des BGIA eine verlässliche Grundlage, wenn sie Messgeräte eichen oder Gehörschützer testen.
Leiter der Abteilung Lärmschutz ist Dr. Jürgen Maue.
Nebenan, im Semischallschluckraum, testen der Ingenieur und sein Team gerade die
Lärm-Emissionen einer Baumaschine. Damit rüttelt Maues Assistent, Hermann Becker,
Spezialfliesen in den Estrich.
Der Krach ist ohrenbetäubend.
Um die Maschine stehen fünf
> dbb magazin | Juni 2006
>
Fängt das Objekt Feuer? Von der Brennbarkeit eines Materials kann
im Ernstfall Leben und Gesundheit eines Beschäftigten abhängen.
>
Krach machen in Diensten der Lärmminderung: Im Vollschall-Schutzraum wird der Geräuschpegel einer Baumaschine analysiert.
Maschine die Fliesen rüttelt“,
sagt Maue. Er hebt das Gerät
an und klappert mit den
Rollen. „Wir haben schon versucht, das Rollenlager mit
einer Dämmfolie abzuschirmen“, erklärt der Ingenieur
weiter. „Nun würden wir dasselbe gern noch mit dem Motor tun.“
Zu diesem Zweck hat das
Team einen Karton mit weißem Schaumstoff ausgekleidet. Dieser wird nun über das
Motorgehäuse der Rüttelmaschine gestülpt. Dann kalibriert Maue jedes der Mikros
peinlich genau mit einem
Prüfton, während Becker die
Maschine an die mit Kreide
markierte Startposition
schiebt.
Inzwischen hat die Probe von
Rowena Georg das Analyselabor erreicht. Hier nimmt Dr.
Norbert Lichtenstein die Aktivkohleröhrchen in Empfang
dbb > fokus
bisschen Erfahrung kann man
sagen, hinter welchem Peak
sich welcher Stoff verbirgt.“
Und falls die Erfahrung den
Forschern nicht weiterhilft,
gibt es immer noch eine Datenbank, die aus 30 000 Vergleichsspektren diejenigen
auswählt, die am besten passen. Die Ergebnisse erhält
dann die Berufsgenossenschaft, die daraus ihren Messbericht anfertigt. Zugleich wird
Einen Prototyp haben seine Kollegen in der Prüfhalle des Referates Neue Technologien aufgebaut. Über einem Arbeitstisch
ist eine Kamera installiert. Auf
dem Computer-Monitor nebenan ist der von ihr erfasste Bereich zu sehen, den ein grünes
Gitternetz überzieht. Torsten
Borowski bewegt seine Hand
über den Tisch. Auf dem Monitor erscheint das entsprechende Live-Bild. Dann reicht er mit
Im Schallschluckraum beendet unterdessen Jürgen Maue
das Experiment. Auf sein Zeichen hin stellt Hermann Becker die Rüttelmaschine ab,
und beide fangen an, die Daten der Mikros abzulesen. Der
Versuch, die Lärmemission zu
verringern, war erfolgreich.
Im Schnitt wurde die Lärmemission um acht Dezibel gesenkt. Und dabei haben die
Forscher „nur mal so pro-
Für die Hersteller von Schutzscheiben testet das Referat
Werkstoffe des BGIA daher
neue Materialien und Einsatzmöglichkeiten. Eine Versuchsreihe umfasst oft nur einige
Schüsse pro Tag. Mehr ist auch
nicht möglich, denn ein Test
will vorbereitet sein: „Die Positionierung muss der tatsächlichen Position der Scheibe in
der Maschine exakt entsprechen, damit wir richtige Resul-
>
Kein Raketentriebwerk und keine Wäscheschleuder: In diesem Druckbehälter können Staubexplosionen in Konzentration von 30 bis 1000
Kilogramm gefahrlos gezündet werden.
jede neue Analyse in die Datenbank DOK-MEGA eingespeist, die mit 1,3 Millionen
Datensätzen einen wahren
Schatz an Informationen hütet.
>
Innovationen für die
Arbeitssicherheit
Ihre Arbeit und der enge Kontakt mit der Industrie bringen
die Forscher am BGIA ständig
in Berührung mit Innovationen
im Bereich Arbeitssicherheit.
Ein neuer Trend sind intelligente Schutzeinrichtungen für
Maschinen, die zwischen
Mensch und Werkstück unterscheiden können, teils mit unkonventionellen Ansätzen.
„Wir hatten schon Hersteller,
die mit Geruchserkennung gearbeitet haben“, erzählt Torsten Borowski. Momentan arbeitet der Ingenieur jedoch an
einem System, das Kameras
zur Erkennung von Menschen
in Gefahrbereichen einsetzt.
der Hand in eine rot-umrandete Fläche, das so genannten
Schutzfeld. Das System
schlägt Alarm. „Jetzt hat mich
der Computer als schutzwürdiges Objekt erkannt.“
„Jetzt fangen wir mal an, dem
Sensorsystem Böses zu tun“,
beschreibt der BGIA-Forscher
seine Arbeit und lächelt dabei
betont unschuldig: Die Kamera wird irritiert, zum Beispiel
mit Neonlicht konfrontiert,
mit elektrischen Störungen,
aber auch mit Verschmutzung
und handfester Manipulation.
Immer mit dem Ziel, herauszufinden, welche Fehlerquelle
zum Ausfall des Systems führen kann. Dass die Forscher
die Geräte mit viel Einfallsreichtum traktieren, hat seinen Grund, so Borowski:
„Wenn eine solche Schutzeinrichtung später unbemerkt
ausfällt, wäre das fatal für
den Menschen, der sich darauf verlässt.“
>
Glatter Durchschuss: Die Glasscheiben, die den Bediener einer Werkzeugmaschine vor Verletzungen beschützen sollen, werden durch gezielten
Beschuss auf ihre Funktionstüchtigkeit getestet.
biert“, wie Jürgen Maue es
nennt.
>
Glasbruch mit
Methode
Glas klirrt, Scherben fallen zu
Boden. „Jetzt wissen wir, wo die
Grenze ist.“ Vom Boden hebt
Olaf Mewes einen unscheinbaren, zylinderförmigen Gegenstand auf: das Normgeschoss.
Vor wenigen Augenblicken ist
das 2,5 Kilo schwere Projektil
mit 360 Stundenkilometern
durch die Beschussanlage gerast
und gegen die Scheibe geprallt.
Die Zerstörung hat System: „Wir
möchten herausfinden, ob eine
Sicherheitsscheibe ihren Zweck
auch erfüllt“, sagt Mewes. „In
modernen Werkzeugmaschinen
laufen Prozesse teils mit sehr
hoher Geschwindigkeit ab.
Wenn sich da ein Bruchstück
löst und herausgeschleudert
wird, kann der Mensch, der die
Maschine bedient, erheblich verletzt werden.“
tate bekommen“, erklärt Ingenieur Mewes . Manchmal sind
die Ergebnisse auch echte Überraschungen. „Einmal hatte ein
Hersteller Schrauben für die Befestigung des Rahmens vorgesehen. Als das Normgeschoss gegen die Scheibe prallte, schossen
die Schraubenköpfe durch die
Wucht des Aufpralls davon wie
kleine Gewehrkugeln. Genau in
Richtung des Menschen hinter
der Maschine.“ Der hätte im
wirklichen Leben schwere Kopfverletzungen davongetragen.
Früher waren Ereignisse wie dieses nicht selten. Rund 2 400 Unfälle jährlich verzeichneten die
Berufsgenossenschaften allein
im Bereich Sicherheitsscheiben,
bevor Tests mit der Beschussanlage begannen. Inzwischen ist
die Zahl auf rund 600 gesunken.
„Ein schöner Erfolg“, sagt Mewes
zufrieden. „Dafür lohnen sich ein
paar Scherben allemal.“
Stefan Boltz
> dbb magazin | Juni 2006
report
17
dbb > fokus
Hans-Jürgen Bieneck, Präsident der Bundesanstalt für
Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin:
Reformer ohne Furcht und Adler
Seit Februar 1999 ist Hans-Jürgen Bieneck Präsident der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und
Arbeitsmedizin (BAuA) in Dortmund. In seiner
bislang siebenjährigen Amtszeit hat er sie in einen „nachhaltigen Modernisierungsprozess“
geführt, wie seine Verdienste in milchglasigem
Ministerialdeutsch bewertet werden. Bieneck
selbst ist eher ein Freund einfacherer Worte:
„Mein Ziel ist es, die Dinge voran zu bringen“,
sagte er beim „Mittagsgespräch“ mit Redakteuren des dbb magazins.
mittagsgespräch
18
Irgendwann war es Zeit, den
Vogel abzuschießen: „Wir haben keinen Bundesadler mehr
im Erscheinungsbild“, sagt
Hans-Jürgen Bieneck, als er seine Visitenkarte auf den Tisch
legt. „Und unser neues Logo,
das Sie zum Beispiel im Internet
oder auf unseren Publikationen
finden, ist hier auch noch nicht
drauf. So ist das im öffentlichen
Dienst: Zuerst werden die alten
Sachen aufgebraucht, wenn sie
noch irgendwie gut sind“, fügt
Bieneck hinzu, und sein Mienenspiel gibt Anlass zu der Vermutung, dass d a s nun nichts
ist, was er unter die Kategorie
„Problem“ einordnen würde.
Auch ohne das neue Logo liefert die schlichte Visitenkarte
wichtige Informationen über
den Herrn im dunkelblauen
Anzug: „Dipl.-Ing. Hans-Jürgen
Bieneck, Präsident und Professor der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin“
Seit sieben Jahren ist Bieneck
Chef der BAuA, die im Juli 1996
als Anstalt des öffentlichen
Rechts errichtet und dem
Bundesministerium für Arbeit
und Soziales als Behörde zugeordnet wurde. Und seitdem hat
er in seiner Anstalt einiges be-
> dbb magazin | Juni 2006
wegt. Dazu gehört zum Beispiel
die neue Organisationsstruktur,
mit der er sein Haus Mitte Mai
2001 – gut zwei Jahre nach seinem Amtsantritt – fit für die
Aufgaben der Zukunft machte:
Die unter der Präsidentschaft
Bienecks vollzogene Interpretation eines Organisationserlasses aus dem Bundesarbeitsministerium brachte straffere
Strukturen und den Neuzuschnitt von Aufgaben in weniger Fachbereichen.
>
„Uns geht der ganze
Mensch an.“
Auch die der BAuA als Geburtsmerkmal zugedachte Trennung
von Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wurde aufgehoben,
weil sie den Anforderungen, die
die heutige Arbeitswelt an den
Arbeitsschutz stellt, nicht länger gerecht wird: Die 650 Beschäftigten der Bundesanstalt,
die am Hauptsitz in Dortmund,
in den kleineren Standorten
Berlin und Dresden sowie der
Außenstelle Chemnitz tätig
sind, bedienen sich in ihren Projekten längst einer Methode,
die weithin als „ganzheitlich“
bekannt sein dürfte. „Wir im Arbeitsschutz sind der Meinung,
dass uns der ganze Mensch angeht,“ sagt Bieneck. „Die BAuA
ist auf dem Weg, innovativer
Dienstleister in allen Fragen
und Problemen einer modernen, zumeist hoch technisierten Arbeitswelt zu sein“. Längst
gehe es nicht mehr allein um
die Erarbeitung und Überwachung von Vorschriften, die helfen, die Bevölkerung vor schweren Arbeitsunfällen zu bewahren, beim Umgang mit giftigen
Stoffen bestmöglich zu schützen oder beispielsweise den
Verkauf und Betrieb hoch gefährlicher Elektroprodukte aus
Billigländern wirksam zu unterbinden: „Wir befassen uns heute schon zu 50 Prozent mit Beratungsaufgaben, 25 Prozent
gehören der Forschung und gerade noch 25 Prozent der Wahrnehmung klassischer hoheitlicher Aufgaben im Sinne der
Arbeitsschutzgesetzgebung.
Das ist auch der Grund, weshalb ich den Bundesadler aus
unserem Erscheinungsbild verbannt habe“, erklärt der Präsident.
>
„Ich habe eine gute
Mannschaft.“
Bieneck ist offensichtlich kein
präsidialer Machtmensch, sondern Teamer, dem das Wort anderer, von Ausnahmen abgesehen, „in denen anders kein Konsens möglich ist“, gleich viel
gilt, wie sein eigenes: „Ich bin
ein Ermöglicher, wenn Sie so
wollen“, sagt er. „Ich habe eine
gute Mannschaft und habe
Mitarbeitern, von denen ich
weiß, dass sie es können und
wollen, auch sehr komplexe
Dinge zur selbständigen Bearbeitung anvertraut.“ Seine Aufgabe sei es, die Strategie, die
großen Linien im Blick zu halten. „Ich habe die Geduld, Dinge sich entwickeln zu lassen
und ich habe gelernt, zu akzep-
tieren, dass die eine oder andere Sache ins Ziel mäandert, und
nicht die Fließgeschwindigkeit
eines Wildbachs hat.“
Die Fähigkeit, weit voneinander
liegende Sichtweisen und
Standpunkte gelten zu lassen,
scheint der BAuA-Präsident von
klein auf zu besitzen: In Bienecks Vita tauchen immer wieder interessante Gegensätze
auf. Am 21. Februar 1944 im
Landkreis Goldberg/ Niederschlesien geboren, wuchs Bieneck als Sohn einer Flüchtlingsfamilie in der niedersächsischen Industriestadt Peine auf.
Die bescheidenen Verhältnisse
seiner Kindheit hinderten den
jungen Hans-Jürgen aber keineswegs daran, im Orchester
seines Gymnasiums so gut
Oboe zu spielen, dass er bald
schwankte, ob er Musik studieren solle „oder etwas vernünftiges“. Um die Entscheidung etwas ruhen zu lassen – und das
für welches Studium auch immer notwendige Geld zu verdienen –, ging Bieneck nach
dem Abitur erst einmal als Zeitsoldat zur Bundeswehr. Als er
sie zwei Jahre später verließ,
hatte er seine Entscheidung getroffen: Er wollte Wirtschaftingenieur werden, ein damals relativ neuer Studiengang, den
nur ein paar Universitäten anboten. Studieren wollte er – der
inhaltlichen Gewichtung
wegen – in Berlin, dem WestBerlin der APO-Zeit.
>
Der Saxophonist
und Zeitsoldat
Krasser ging es wohl kaum: Der
„Kulturschock“, der dem 21-jährigen Studenten der Technischen Universität bevor stand,
dürfte erheblich gewesen sein.
Auf der einen Seite: langhaarige Anhänger der „Außerparla- >
dbb > fokus
>
zum Standesamt. „Unverheiratete bekamen im katholischen
Rheinland zu diesen Zeiten keine gemeinsame Wohnung.“
Vom Hauch der neuen Zeit belebt aber war seine erste Anstellung: „Während die meisten
meiner Kommilitonen in die Industrie gingen, habe ich etwas
völlig ungewöhnliches gemacht: Ich ging zu einer Regierungskommission.“ Unter
Bundeskanzler Willy Brandt initiiert, wurden für die „Kommission für wirtschaftlichen und
sozialen Wandel.“, KoWiSoWa,
junge Visionäre rekrutiert, die
hochmotiviert die wirtschaftliche und soziale Entwicklung im
stellungen, für die der moderne
Arbeitsschutz nach Lösungen
sucht, sei es der demographische Wandel oder die Krankenstatistik in den verschiedenen
Berufssparten, steht der humane Umgang mit den Beschäftigten im Mittelpunkt“, sagt Bieneck. Im übrigen sei der Arbeitsschutz immer dicht am technischen Fortschritt dran, der ihm
immer wieder neue Aufgaben
stelle.
>
Karl May als sozialkritischer Helfer
Um die Botschaft des menschlichen Umgangs mit den Beschäftigten, der sich vom mob-
BAuA – Präsident Prof. Hans-Jürgen Bieneck (Mitte) im Gespräch mit dbb magazin Redakteurin
Christine Bonath und Chefredakteur Dr. Walter Schmitz.
gelaunt. „Man war als junger
Mensch damals in einer latenten Protesthaltung.“ Auch
glaubt er, dass der Vietnamkrieg, an dem sich im Berlin der
späten 60er Jahre mancher Protest entzündete, nur das naheliegende Thema war, an dem
sich das Selbstverständnis der
jungen Nachkriegsgeneration
ausbilden konnte.
1971 übersiedelte der frisch diplomierte Wirtschaftingenieur
aus dem wilden West-Berlin
samt Freundin in die stockbiedere Regierungshauptstadt
Bonn – und schritt schon bald
modernen Nachkriegsdeutschland erforschten.
1976 war es damit vorbei: Die
Kommission wurde aufgelöst
und ihre Mitglieder, die sich
furchtlos auch mit den ministerialen Spitzenvertretern angelegt hatten, in verschiedene Ministeien aufgeteilt. Bieneck
steckte man in die Abteilung
Arbeitsschutz des Arbeitsministeriums. Damit wollte er zunächst nicht zu tun haben, gibt
er unumwunden zu. Bis ihm
klar wurde, worum es eigentlich geht: „Wie man es dreht
und wendet: Bei allen Frage-
bingfreien Betriebsklima über
ergonomisch korrekt ausgestattete Arbeitsplätze bis hin zur
Begleitung neuer Arbeitstechniken und -technologien erstreckt, und den die Beschäftigten der BAuA in unzähligen Projekten begleiten, zu unterstützen, scheut BAuA-Präsident
Bieneck kaum ein Angebot zur
Kommunikation: Er spricht
Grußworte und hält viel beachtete Fachvorträge, begrüßt Besucher der von der BAuA initiierten Deutschen Arbeitschutzausstellung (DASA) in Dortmund und zählt zu den Moto-
ren der „Initiative für eine
neue Qualität der Arbeit“
INQA , eines Netzwerkes, in
dem sich Sozialpartner, Sozialversicherungsträger, Behörden
und Institutionen sowie Stiftungen zusammengeschlossen haben, um der modernen
Arbeitswelt ein humaneres
Gesicht zu geben.
2005 hat wurde Bieneck zudem für zwei Jahre zum Präsidenten von PEROSH gewählt,
eines Bündnisses für Arbeitsund Gesundheitsschutz, dem
bisher Institute aus 15 Nationen angehören. „Ich wäre
froh, wenn dieses zarte
Pflänzchen schon etwas kräftiger wäre“, sagt er mit Blick auf
die noch in den Anfängen stehenden Harmonisierungbemühungen europaweiter Arbeitsschutzphilosophien.
Sein Engagement geht soweit,
dass er selbst dann für die Sache des Arbeitsschutzes auftritt, wenn er eigentlich Privatmann sein könnte. Im Januar
hatte die Stadt-und Landesbilbiothek Dortmund den BAuAPräsidenten im Rahmen ihrer
Reihe „Dortmund liest“ eingeladen, vor interessiertem Publikum aus einem Lieblingsbuch vorzulesen. Bieneck kam,
las und schockierte mit der
Schilderung der grässlichen
und menschenfeindlichen Arbeitsbedingungen in einer Fabrik, wie sie im letzten Drittel
des vorvergangenen Jahrhunderts an der Tagesordnung
waren.
„Sie lesen uns Karl Marx vor?“,
soll eine Dame aus dem Kreis
der Zuhörer indigniert gefragt
haben. Darauf Bieneck: „Das
ist von Karl May. Aber der hat
es in seinem Schmugglerroman ,Das Buschgespenst‘, das
im Arme-Leute-Millieu im
sächsischen Erzgebirge spielt,
sehr wohl verstanden, die verheerenden Zustände zu schildern, denen die Fabrikarbeiter
damals schutzlos ausgeliefert
waren.“
cri
> dbb magazin | Juni 2006
19
mittagsgespräch
mentarischen Opposition, APO
genannt, die jegliche Autorität
in Frage stellten und den tausend Jahre alten „Muff“ aus
Professorentalaren und Kleinbürgerköpfen schütteln wollten. Auf der anderen Seite: der
an soldatische Ordnung und
Disziplin gewöhnte Reserveoffizier Bieneck. Doch Bieneck, der
zu seiner Bundeswehrzeit als
Saxophonist einer Band mit
Tanzmusik die niedersächsische
Provinz „beswingt“ und „fast
mehr verdient hatte, als mit
dem Soldat sein“ hatte auch
mit diesem Kontrast kein Problem. „Warum auch“, fragt er
beinahe vierzig Jahre später gut
dbb > fokus
Tarifkonflikt:
. . . leidet
der Dritte
Mit der Allgemeingültigkeit deutschen Spruchguts
ist das so eine Sache. „Wenn zwei sich streiten, freut
sich der Dritte“, lautet eines der gängigsten Sprichwörter. Für Anwälte mag das ja noch weitgehend unwidersprochen gelten, aber für den großen Rest der
Gesellschaft trifft dies selten zu. Für die breite Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger gilt eher die moderne Abwandlung – „dann leidet auch der Dritte“.
die andere
??????????????
meinung
20
Nicht jedes Leiden ist sofort spürbar. So kann Rauchen tödlich sein,
muss es aber nicht. Setzt man
aber die Messlatte der Folgenabschätzung korrekt an, spricht alles
für die Richtigkeit der Warnhinweise auf den Zigarettenpackungen. Tarifauseinandersetzungen
sind Streit. Kommt es gar zum
Streik, eskaliert der Streik zum
Kampf. Dann stehen alle Räder
still – so lange, bis der Bestreikte
freiwillig einlenkt oder durch öffentlichen Druck zum Kompromiss gezwungen wird. Manchmal
genügt allein das Vorzeigen der
gewerkschaftlichen Folterwerkzeuge, um die Gegenseite zum
Einlenken zu bewegen. So lief es
jüngst in der Metall- und Elektroindustrie oder bei der Deutschen
Post AG. Wo die Konjunktur
brummt und die Unternehmen
Ausfälle nicht verkraften können,
ist die Kompromissbereitschaft
stets hoch entwickelt.
Ganz anders ist die Situation im
öffentlichen Dienst. Die Kassen,
egal ob von Kommunen, Ländern
oder Bund, sind schlichtweg leer.
Dafür sind die Beschäftigten zwar
nicht verantwortlich zu machen,
doch ändert dies nichts an der
Feststellung. Wo es aber keinen
Verteilungsspielraum gibt, sind
die Kräfteverhältnisse ungleich
verteilt. Es gelten die Gesetze der
Physik: Wer am kürzeren Hebel
sitzt, muss erheblich mehr Druck
> dbb magazin | Juni 2006
ausüben, bis sich der Partner bewegt. Fehlt dann noch die öffentliche Unterstützung für die gewerkschaftlichen Ziele in einer Tarifauseinandersetzung, wird die
Lage finster.
Der öffentliche Dienst hat es traditionell ohnehin schwerer als andere Tarifbereiche: Kaum ein Tarifbereich vereint so viele Berufsgruppen und unterschiedliche Tätigkeiten. Nirgends ist das Spektrum breiter: von Arbeitern bei
der Müllabfuhr, Sekretärinnen in
den Landesministerien bis hin zu
Vollakademikern in Schulen und
Hochschulen. Die öffentliche
Wahrnehmung des öffentlichen
Dienstes aber ist eine andere: Die
Mitarbeiter werden mehr oder
weniger pauschal als „Beamte“
oder gar als „Staatsdiener“ beschrieben.
Ein pauschaler Trugschluss, der jedoch Folgen hat für die Sympathiewerte bei Tarifauseinandersetzungen. Allenfalls für die Forderungen von Krankenschwestern gibt es ein gewisses Verständnis, aber kaum oder gar
nicht für Justizangestellte oder
Mitarbeiterinnen im Sozialamt.
Ausgerechnet von ihren eigenen
Beschäftigten – denn nichts anderes sind eigentlich die Mitarbeiter
des öffentlichen Dienstes – wissen die Bürger am wenigsten. Gegen Unwissenheit gepaart mit
althergebrachten Vorurteilen
über „Sesselpupser“ und „faule
Säcke“, die ohnehin nur auf Kosten der Allgemeinheit ihre „Privilegien“ genießen, lässt sich leicht
mobilisieren.
Die Gewerkschaften wissen über
die Vorurteile, sonst hätten sie
nicht pfiffige Anzeigen geschaltet,
die auf die tatsächlichen Probleme der Beschäftigten im öffentlichen Dienst aufmerksam machen sollten. Wer lesen wollte,
hat zumindest gelernt, dass es
um weit mehr geht als 18 Minuten. Wer weiterdenkt, bringt die
Nachrichten der letzten Wochen
und Monate zusammen. Er ahnt
zumindest, dass die Mutter aller
aktuellen Schwierigkeiten die Föderalismusreform ist. 16 Landesfürsten kochen ihr eigenes Süppchen. Die Einen erhöhen die Arbeitszeit, die Anderen kürzen das
Weihnachtsgeld, die Dritten machen alles gleichzeitig. Mit solchen Partnern ist schlecht verhandeln. Dass ohne öffentlichen
Dienst kein Staat zu machen ist,
ahnt der Bürger. Dass gute Arbeit
einen gerechten Lohn verdient,
gehört zum Binsenwissen in einem Sozialstaat. Polizisten müssen ihre Wohnung bezahlen können, damit die Ausnüchterungszelle für Trunkenbolde frei ist.
Krankenschwestern finden allen-
falls ein freies Bett, wenn die Ärzte
in der Uni-Klinik streiken. Und
schließlich wird auch von den 4,7
Millionen Beschäftigten im öffentlichen DIenst erwartet, dass sie ihren Konsumbeitrag zur Ankurbelung der Binnenkonjunktur leisten.
Kurzum: Wer nicht bereit ist, seine
Mitarbeiter anständig zu entlohnen, kann über kurz oder lang als
Verlierer dastehen. Wer gute Lehrer haben will, muss im Konkurrenzkampf um die Besten bestehen können. Gleiches gilt für das
kommunale Bauamt, die Steuerfahndung und die Kindertagesstätte. Abwegig, weil kurzsichtig,
ist die Drohung, weitere öffentliche Dienstleistungen in private
Hände zu geben. Vielleicht mag
>
Info
Der Autor (Jahrgang 1949) ist
politischer Korrespondent bei
der Tageszeitung Neue Westfälische, Bielefeld. Gewerkschaftlichen Themen widmet
er seit Jahren seine besondere
Aufmerksamkeit. Seine journalistische Leidenschaft gilt
der Bildungspolitik.
das auf Zeit billiger kommen; langfristig aber werden auch private
Müllarbeiter ihre Arbeitskraft
nicht zu jedem Preis verkaufen.
Das Ergebnis einer korrekten Folgenabschätzung ist eindeutig und
lässt sich am besten mit einem
Bonmot aus dem angelsächsischen Sprachraum ausdrücken:
If you pay peanuts, you get monkeys. Nicht einmal der knickrigste
Kämmerer, der sparsamste Finanzminister und der vorurteilsbeladenste Bürger kann das ernsthaft
wollen. Der Tarifkompromiss trägt
dem Rechnung – in letzter Sekunde.
Bernhard Hänel
dbb > fokus
Erfolgreich arbeiten mit IT:
dbb akademie bietet
zahlreiche IT-Seminare an
„80 Prozent der IT-Anwender nutzen nur 20 Prozent eines Programms.“ „Heutzutage ist ITWeiterbildung doch überflüssig, da fast jeder
einen PC zu Hause hat.“ Unversöhnlich scheinen sich diese beiden Ansichten gegenüber zu
stehen. Einerseits sind aktuelle Anwendungsprogramme für den PC so umfangreich, dass
nur noch Experten alle Funktionen nutzen können, andererseits kann heute fast jeder E-Mails
senden, eine Textverarbeitung nutzen oder im
Internet surfen. Was will man mehr?
>
mitgliederservice
22
Gefordert: Stressfreie
Anwendung
Anwendungsprogramme unter
Windows täuschen durch ihre
Benutzeroberfläche vor, dass sie
einfach zu bedienen sind. Doch
der Teufel steckt oft im Detail.
Wer z. B. unter MS Word Dokumentvorlagen sichern möchte,
mag sich wundern, dass er den
entsprechenden Vorlagenordner
nicht findet, weil er von MS Windows ausgeblendet wird. Erst eine Umstellung des Dateimanagers Explorer schafft hier Abhilfe, wenn die Ordneroptionen
entsprechend angepasst wurden. So gibt es viele kleine Fallen, in die auch der geübte Anwender tappen kann. Viele
Funktionen werden nur einmal
benötigt und daher schnell vergessen. Manchmal ist die Begrifflichkeit der Anwendung
missverständlich und auch die
Macht der Gewohnheit hindert
den Anwender oft am effektiven
Umgang mit einem Programm.
So kann die Arbeit mit einem
Anwendungsprogramm auch in
Stress ausarten.
Hinzu kommen die Gefahren,
die durch das Internet drohen.
Experten betonen es immer
wieder: der einfache Anwender
> dbb magazin | Juni 2006
ist die größte Gefahrenquelle im
Internet, weil er die Attacken
von E-Kriminellen nicht durchschauen kann. Gefälschte Internetseiten verleiten zur Eingabe
von Bankdaten, aktivierte Skripte nötigen den Internetbrowser
dazu, ungewollt Programme zu
übertragen, E-Mail-Anhänge
enthalten Viren, Würmer oder
Trojaner. Die Anwender werden
zum unfreiwilligen Komplizen
von kriminellen Aktivitäten.
>
IT-Seminare sind ein
Muss
IT-Seminare sind daher nach wie
vor unverzichtbar. Sie befähigen
den Anwender, sicher und effektiv, stressfrei und souverän mit
PC-Programmen zu arbeiten.
Das Verständnis der Ordnerstruktur auf den diversen Datenträgern, die Bedeutung von Dateiendungen, der effektive Einsatz von Formatierungen im
Textverarbeitungsprogramm
oder die souveräne Verwaltung
von E-Mails in Ordnern und Archiven, der sichere Umgang mit
dem Internet – all dies erleichtert die Bewältigung der täglichen Arbeitsbelastung.
Die dbb akademie bietet deshalb ein umfangreiches Angebot
an Seminaren zu aktuellen ITThemen. Im IT-Grundseminar
lernen Einsteiger die ersten
Schritte mit dem PC. In Aufbauseminaren können sie ihre
Kenntnisse vertiefen, in Spezialseminaren und Workshops werden gezielt Themen behandelt,
die nur von bestimmten Zielgruppen benötigt werden. Die
Seminare erklären grundlegende Zusammenhänge einzelner
Programmfunktionen, vermitteln in Präsentationsphasen anhand von Beispielen die Vorgehensweise bei der Nutzung bestimmter Funktionen und bieten den Teilnehmenden immer
wieder die Möglichkeit, durch eigenständige Übungen die erworbenen Kenntnisse praktisch
anzuwenden. Skripte dienen dazu, das Seminar selbstständig
nachzubereiten, sie enthalten
Übungsbeispiele und Lösungen,
Anleitungen und Erklärungen.
Unsere IT-Seminare befähigen
die Teilnehmenden, ihr neues
Wissen im beruflichen oder privaten Bereich anzuwenden und
selbstständig neue Lösungen zu
erarbeiten. Unsere Dozenten stehen auch nach den Seminaren
für Rückfragen gerne zur Verfügung. Durch die angenehme Umgebung in unserem Bildungszentrum dbb forum siebengebirge
und den Einsatz professioneller
Dozenten gewährleisten wir eine
entspannte Arbeitsatmosphäre
und den Erfolg unserer Seminare.
Unser zentral gelegener Seminarraum in Berlin ermöglicht den
Teilnehmenden nach dem Seminar eine spannende Entdeckungstour im weltberühmten
Zentrum unserer Bundeshauptstadt.
>
Aktuelle Seminare
zu MS PowerPoint,
MS Access und
OpenOffice
Wer einen Vortrag halten will, erleichtert es seinen Zuhörern,
wenn er die wesentlichen Inhalte
visualisiert. Das Publikum kann
so den Gedankengang des Referenten nachvollziehen und komplexe Zusammenhänge anhand
von grafischen Darstellungen
besser verstehen. Das Programm
MS PowerPoint bietet die Möglichkeit, einen Vortrag durch professionell gestaltete elektroni- >
Thema
Termin
Ort
Preis für dbb
Mitglieder
Übernachtung/
Vollpension
MS PowerPoint
7. – 9. 6. 2006
Königswinter
270 €
ja
MS PowerPoint
12. – 14. 6. 2006
Berlin
170 €
nein
MS Access
12. – 14. 6. 2006
Königswinter
270 €
ja
MS Access
19. – 21. 6. 2006
Berlin
170 €
nein
OpenOffice
22. – 24. 8. 2006
Königswinter
270 €
ja
Anmeldungen unter: dbb akademie Tel.: 02 28/81 93-171 (Frau Herkenhöner) oder unter:
[email protected]
Weitere Informationen finden Sie im Internet unter www.dbbakademie.de
dbb > fokus
Mit dem Datenbankprogramm
MS Access können eigene
Adress- und Kundeninformationen, Bücher- oder CD-Sammlungen effektiv verwaltet werden.
Die in Access gespeicherten Daten können für Serienbriefe, Bestandsverzeichnisse oder statistische Auswertungen verwendet
werden. Datenbanken sind flexibel für eine Vielzahl von Anwendungsfällen.
Das kostenlose Programm
OpenOffice enthält umfangreiche und ausgereifte Komponenten für die Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Präsentationserstellung, Grafikbearbeitung und Datenbankarbeit. Es
entwickelt sich mehr und mehr
zu einer ernstzunehmenden Alternative zu den teuren OfficeProgrammen anderer Anbieter.
>
Arbeitstagung:
Personalentwicklung
und Fortbildungskonzepte
Am 7. September 2006 führt
die dbb akademie auch in diesem Jahr die eintägige Arbeitstagung „Personalentwicklung
und Fortbildungskonzepte“ im
dbb forum berlin durch. Die Referenten und Gesprächspartner
aus Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltungen sowie Verbänden und der Privatwirtschaft sind ausgewiesene Fachleute aus der Praxis. Sie werden
Standpunkte und Arbeitsergebnisse vorstellen und mit den
Teilnehmern über praktische Erfahrungen diskutieren. Aufgrund der positiven Erfahrungen im letzten Jahr bieten wir
bei dieser Tagung erneut so-
Die Welt entdecken ...
... mit der dbb akademie!
Unsere ausführlichen Reiseangebote erhalten Sie in der Reisestelle der dbb akademie
Tel: 02 28/81 93-187/Fax: 02 28/81 93-106,
E-Mail: [email protected]
Internet: www.dbbakademie.de/reisen
wohl vormittags als auch nachmittags Arbeitsgruppen an.
Themen der Veranstaltung sind
zum Beispiel:
Tarifreform für den öffentlichen Dienst
Systematische Leistungsbewertung
Leistungsfeststellung mit Hilfe
von Zielvereinbarungen
Mitarbeitergespräch/Qualifizierungsgespräch/Zielvereinbarung
Leistungsabhängige Entgeltsysteme
Führungskräfteentwicklung/
Supervision
Personalentwicklung für
ältere Beschäftigte
Die Kosten für die eintägige Veranstaltung betragen 75 Euro.
Auskunft erteilt: Brigitte Bojanowsky, Tel. 02 28/81 93-125,
E-Mail: b.bojanowsky @
dbbakademie.de
Ihre Anmeldung nimmt entgegen: Käthe Stelzner,
Tel. 0 30/40 81 – 65 44,
E-Mail: k.stelzner@
dbbakademie.de
23
mitgliederservice
sche Folien zu unterstützen.
Durch den gezielten Einsatz von
Farben, Animationen, Bildern
und Grafiken unterstreicht der
Referent seine Aussagen und Argumente.
> dbb magazin | Juni 2006
dbb > fokus
Sitzung der Hauptversammlung der
dbb bundesfrauenvertretung:
Gender Mainstreaming
für den dbb
In der Zeit vom 28. bis 29. April 2006 hat die
Hauptversammlung der dbb bundesfrauenvertretung in Königswinter ihre Frühjahrstagung
durchgeführt. Die dbb Bundesleitung wurde
durch die stellvertretenden Bundesvorsitzenden
Heinz Ossenkamp und Ilse Schedl vertreten.
frauen
24
Hauptthema war die Strukturund Finanzreform im dbb und in
diesem Zusammenhang besonders die tatsächliche Durchsetzung von Gender Mainstreaming. Der stellvertretende
Bundesvorsitzende Heinz Ossenkamp berichtete über den augenblicklichen Stand der Entwicklungen.
Die Hauptversammlung hat
den Ablauf des 9. dbb bundesfrauenkongresses, der vom 6.
bis 7. Oktober 2006 in Potsdam
stattfinden wird, weiter geplant
und sich über Anträge zum dbb
bundesfrauenkongress 2006
verständigt. Termin für die Delegiertenmeldung war der 22. Mai
2006; Anträge können von den
Mitgliedsgewerkschaften noch
bis zum 30. Juni 2006 eingereicht werden. Später eingehende Anträge gelten als verspätet.
Die Hauptversammlung beschäftigte sich mit dem Thema
der steuerlichen Absetzbarkeit
erwerbsbedingter Kinderbetreuungskosten. Die steuerrechtliche Absetzbarkeit erwerbsbedingter Kinderbetreuungskosten hat sich rückwirkend zum
1. Januar 2006 verändert. Die
dbb bundesfrauenvertretung
hat sich in die politische Diskussion mit konstruktiven Beiträgen eingebracht und durchgehend die Absetzbarkeit als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben vom ersten Euro an gefordert. Am 31. Januar 2006 hatte
> dbb magazin | Juni 2006
sich die Koalition auf folgende
Regelung geeinigt: Doppelverdiener und Alleinerziehende
können Betreuungskosten vom
ersten Euro an zu zwei Dritteln
absetzen, bei einer Absetzungshöchstgrenze von 4 000 Euro. Alleinverdiener können Betreuungskosten für Kinder zwischen
drei und sechs Jahren nach denselben Grundsätzen absetzen.
Der Finanzausschuss des
Bundesrates hatte erwogen,
auch die erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten dem
Sonderausgabenabzug unterwerfen zu wollen (Pläne von
Schleswig-Holstein) und dem
Bundesrat eine entsprechende
Entschließung empfohlen. Dies
wäre aus Sicht der dbb bundesfrauenvertretung ein Rückschritt
gegenüber der Kompromisslösung vom 31. Januar 2006 (Absetzbarkeit erwerbsbedingter
Kinderbetreuungskosten wie
Werbungskosten) gewesen.
Deshalb hat sich die dbb bundesfrauenvertretung in einem
Schreiben an den Präsidenten
des Bundesrates und die Ministerpräsidenten der Länder gewandt, um diesen Rückschritt zu
verhindern. Am 7. April 2006
hat der Bundesrat dem Gesetzentwurf zugestimmt und entsprechend der Empfehlung seines Finanzausschusses eine Entschließung gefasst, die dem
BMF zur Verfügung gestellt
wurde.
>
Nachdenkliche Gesichter bei den beiden stellvertretenden Bundesvorsitzenden Heinz Ossenkamp und Ilse Schedl: Helene Wildfeuer fordert
die Umsetzung von Gender Mainstreaming im dbb.
Die dbb bundesfrauenvertretung setzt sich nach wie vor für
die volle Absetzbarkeit erwerbsbedingter Kinderbetreuungskosten als Werbungskosten beziehungsweise Betriebsausgaben
vom ersten Euro an ein. Dieses
Ziel wird auch mit der neuen
Rechtslage nicht erreicht.
Das Musterverfahren der dbb
bundesfrauenvertretung zur Absetzbarkeit erwerbsbedingter
Kinderbetreuungskosten als
Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben ist vom BFH (Az. VI R
42/03) nach wie vor noch nicht
entschieden worden. Deswegen
empfiehlt die dbb bundesfrauenvertretung auch weiterhin
das Einlegen von Einsprüchen
gegen den Einkommenssteuerbescheid, wenn und soweit Kinderbetreuungskosten nicht als
Werbungskosten anerkannt
werden. Ein Musterwiderspruch
kann unter www.frauen.dbb.de
heruntergeladen werden.
>
Info
9. dbb bundesfrauenkongress
Die dbb bundesfrauenvertretung wird in der Zeit vom 6.
bis 7. Oktober 2006 in Potsdam ihren 9. Bundesfrauenkongress veranstalten. Die öffentliche Auftaktveranstaltung findet am Vormittag des
6. Oktober 2006 statt. Die
Frauenvertretungen der Mitgliedsgewerkschaften und der
Landesbünde des dbb können
Anträge an den dbb Bundesfrauenkongress richten und
dadurch auf die Beschlusslage
der dbb bundesfrauenvertretung Einfluss nehmen. Die
Mitgliedsgewerkschaften und
Landesbünde können stimmberechtigte Delegierte entsenden. Auf Kosten der dbb Mitgliedsverbände können auch
Gastdelegierte entsandt werden. Nähere Informationen erhalten Sie bei der dbb bundesfrauenvertretung.
Ein weiteres Thema war das geplante neue Elterngeld. Voraussichtlich wird ab 2007 das neue
Elterngeld eingeführt, das das
bisherige Erziehungsgeld ersetzen wird. Ein Gesetzentwurf wird
zur Jahresmitte 2006 erwartet.
Das Elterngeld soll voraussichtlich mit Lohnersatzfunktion ausgestattet werden. Im Gespräch
ist bisher eine Höhe von 67 Prozent entsprechend dem Arbeitslosengeld und eine Laufzeit von
zwölf beziehungsweise 14 Monaten. Noch ist völlig unklar, welche Stellen das Elterngeld auszahlen werden – die geplanten
Familienkassen bestehen noch
nicht. Die Hauptversammlung
forderte den Erhalt der dreijährigen Elternzeit und ein lohnersetzendes Elterngeld für alle Berufsgruppen im öffentlichen Dienst.
Allein Erziehende und Geringverdiener dürfen nicht schlechter
gestellt werden als nach den bisherigen Regelungen. Die Elterngelddiskussion steht im unmittelbaren Zusammenhang mit
dem weiteren Ausbau qualifizierter Ganztagsbetreuung für alle
Altersgruppen von Kindern.
Die Hauptversammlung beschäftigte sich auch mit einer Änderung bei den Lohnsteuerklassen
III und V. Derzeit kann von Ehepaaren die Steuerklassenkombination III und V gewählt werden.
Die Bundesregierung beabsichtigt, dies durch ein Anteilsverfahren zu ersetzen, bei dem jeder
Ehegatte von vornherein annähernd die auf seinen Anteil am
gemeinsamen Einkommen entfallenden Steuern bezahlen soll.
Es bestand Einigkeit in der
Hauptversammlung, dass die
gegenwärtige Gesetzeslage insbesondere für Frauen unbefriedigend und Änderungen anzustreben sind.
sch
dbb > spezial
Fußball-Weltmeisterschaft 2006:
„Der 12. Mann“: Deutschl
aktuell
26
Mehr als 1,5 Millionen
Gäste werden im WMSommer nach Deutschland kommen, über drei
Millionen Fußballinteressierte vom 8. Juni bis
9. Juli 2006 die 64 Partien in den Stadien verfolgen. Ein Milliardenpublikum in aller Welt
wird bei den Spielen an
den Fernsehbildschirmen mitfiebern. Vor Ort
berichten rund 15 000
Medienvertreter über
das Turnier. Damit das
Spektakel reibungslos
über die Bühne geht
und zu einem stimmungsvollen Sportfest
unter Freunden wird,
rotiert neben dem austragenden Weltfußballverband auch noch eine
ganz andere Mannschaft seit Monaten:
Deutschlands öffentlicher Dienst. Bei Polizei, Kommunalverwaltungen, Zoll, Verkehrsplanung, im Gesundheitswesen, bei Feuerwehren, Personenverkehr und Entsorgungsbetrieben schmieden
die eigens eingesetzten
WM-Stäbe Einsatzpläne
und Konzepte, spielen
alle nur denkbaren Szenarien durch, die sich
ergeben könnten. Einblicke: Der „12. Mann“
beim Warmlaufen...
> dbb magazin | Juni 2006
Das Grußwort des FIFA-Präsidenten Sepp Blatter zur Fußball-WM 2006 liest sich wie eine Hymne auf den Veranstalter:
„Was die geradezu legendäre
deutsche Arbeitsmoral und das
Organisationstalent angeht,
kann ich nur bestätigen, dass
diese Eigenschaften tatsächlich
vorhanden sind und mehr denn
je gepflegt werden ...“ Eines
stand schon lange vor dem ersten Anpfiff des internationalen
Turniers fest: Ohne die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes
wäre das Mega-Event schlicht
unmöglich. Allerorten, insbesondere in und um Berlin, Dortmund, Frankfurt, Gelsenkirchen,
Hamburg, Hannover, Kaiserslautern, Köln, Leipzig, München,
Nürnberg und Stuttgart organisieren, kalkulieren, simulieren
sie, was das Zeug hält – auf
allen Ebenen.
>
Nationale Schaltzentrale im BMI
Die zentrale Koordinierungsstelle für alle staatlichen Handlungsfelder, quasi das nationale
Superhirn in Sachen WM, sitzt
im Berliner Bundesinnenministerium (BMI). Die hat den Deutschen Fußball-Bund (DFB) bereits bei der WM-Bewerbung intensiv unterstützt und gegenüber dem Weltfußball-Verband
FIFA zahlreiche so genannte Regierungsgarantien abgegeben.
Dazu gehören unter anderem
eine zügige Visaerteilung zur
Einreise und entbürokratisierte
Arbeitsgenehmigungsverfahren
während der WM 2006, erleichterte zoll- und steuerrechtliche
Behandlung für bestimmte Personengruppen und natürlich die
Gewährleistung der Sicherheit
in jeder Hinsicht. Um die Umsetzung der Regierungsgarantien kümmert sich ebenso wie
um Markenschutz, Akkreditierung, Umweltschutz, Protokoll,
Münzen und Briefmarken, Gesundheit, Tourismus, Verbraucherschutz und logistische
Unterstützung der Stab „WM
2006“ im BMI. Chef und Koordinator der Bundesregierung
für die Fußball-WM ist Ex-Fußball-Profi Jürgen Rollmann.
„Wir sind in der 75. Spielminute
und führen 2:0. Beste Chancen
– aber aufhören zu spielen, das
dürfen wir jetzt nicht“ – Rollmanns Art zu umschreiben,
dass die Vorbereitungen „voll
im Plan“ sind.
>
den unterschiedlichste Übungen und Fortbildungen der
Hilfsdienste statt.
>
Polizei: Enorme
Arbeitsbelastung
Eine Beschäftigtengruppe, die
mit die Hauptlast während der
WM tragen wird, sind die Bundes- und Landespolizisten. Jür-
Weltmeisterschaft mit
Sicherheit
Von besonderer Bedeutung ist
das Nationale Sicherheitskonzept, zu dessen Entwicklung
sich die Bundesregierung
gegenüber der FIFA verpflichtet
hat. Es wurde in einem BundLänder-Ausschuss erarbeitet
und umfasst alle notwendigen
Maßnahmen vor, während und
nach den Spielen: Nicht nur die
Abwehr von Gefahren etwa
durch gewalttätige Hooligans,
sondern auch die Bekämpfung
der allgemeinen und organisierten Kriminalität sowie des
Terrorismus stehen im Mittelpunkt. Dem Verkehrsmanagement vor Ort und der Sicherheit des öffentlichen Personenverkehrs kommen im Nationalen Sicherheitskonzept besondere Bedeutung zu. Auch Planungen zur Notfall- und Katastrophenvorsorge und zur Sicherung der eingesetzten Kommunikationstechnik sind Teil des
Konzepts. Die Länder und der
Bund haben sich auf der
Grundlage bestehender Notfall- und Katastrophenvorsorgeplanungen intensiv vorbereitet – im Vorfeld der WM fan-
>
Jürgen Schubert, Inspekteur
der Bereitschaftspolizeien der
Länder, sieht dem Turnier „mit
professioneller Gelassenheit“
entgegen: „Die Polizei in
Deutschland – und im Besonderen die Bereitschaftspolizeien der Länder – sind gut
aufgestellt, um für Sicherheit
und Ordnung zu sorgen.“
gen Schubert, Inspekteur der
Bereitschaftspolizeien der Länder, sieht dem Turnier „mit professioneller Gelassenheit“ entgegen: „Die Polizei in Deutschland – und im Besonderen die
Bereitschaftspolizeien der Länder – sind gut aufgestellt, um
für Sicherheit und Ordnung zu
sorgen.“ Ohne Frage: Die Polizei, nach wie vor betroffen von
einem kontinuierlichen Personalabbau, insbesondere in den
Ländern, wird sich auch wäh- >
dbb > spezial
ands öffentlicher Dienst
>
Wolfgang Speck, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) im
dbb: „Ich weiß, dass wir uns
einen Bärendienst erweisen,
wenn wir trotz weniger Personal unsere Aufgabe gut erledigen. Doch die Kollegen sind
hoch motiviert – unabhängig
von der Politik.“
Auch wenn nicht in allen
Bundesländern Spiele stattfinden, sind doch alle von dem
Turnier betroffen – Stichwort
„Public Viewing“: Alle Begegnungen der Fußballweltmeisterschaft können auch auf öffentlichen Plätzen mit Großbildleinwänden gesehen werden. Bundesweit rechnet man
mit mehr als 400 Public-Viewing-Orten – eine Herausforderung für die Sicherheits- und
Rettungskräfte. Ob sie der gewachsen sind, trainierten die
Einheiten bundesweit bis kurz
vor Beginn der WM immer wieder in konzertierten Übungen.
Eine eingestürzte Großbildleinwand, ein von giftigen Dämpfen vernebelter Bahnhof sowie
ein Großbrand in einer Behindertenwerkstatt waren die drei
gleichzeitigen Schadenslagen
der Aktion „Triangel“ am 11.
März 2006 in Berlin. Der Test
für den Katastrophenschutz
der Hauptstadt, die größte, die
jemals dort stattfand, missglückte teilweise erheblich und
lieferte wichtige Erkenntnisse,
die mit Hochdruck umgesetzt
wurden, um die Koordination
der Einsätze von Polizei, Feuerwehr, Technischem Hilfswerk
(THW), Bundeswehr, medizinischem Personal und Behörden
zu optimieren.
>
Die Bahn kommt –
auch zur WM
Optimierung lautet auch das
Schlagwort in Sachen Verkehrsinfrastruktur: Zur Bereitstel-
lung flächendeckend bester
Mobilitätsvoraussetzungen
hatte sich die Bundesregierung gegenüber der FIFA ebenfalls verpflichtet. Zwar verfügt
Deutschland über ein enges
Netz von Schienen und Straßen sowie über zahlreiche Verkehrsflughäfen, doch um Engpässe zu verhindern, wird für
den WM-Verkehr eine spezielle
Wegeleitung eingerichtet, die
Unternehmen des öffentlichen
Verkehrs werden zusätzliche
Transportkapazitäten bereitstellen. Allen voran die Deutsche Bahn, die bereits 2004
von der FIFA zum nationalen
(Be-)Förderer der WM 2006 ernannt wurde. Als Mobilitätsund Logistikdienstleister wird
die Bahn Offizielle, Spieler und
Betreuer ebenso wie zahlreiche Fußballfans aus aller Welt
ans Ziel bringen. Auch für den
gewaltigen Medientross der
WM kommt die Bahn: 6 000
Medienvertreter erhalten
>
rend der WM als Freund und
Helfer präsentieren und dafür
eine enorme Arbeitsbelastung
in Kauf nehmen. In allen Ländern und im Bund gilt eine Urlaubssperre, allerorten leisten
die Beamtinnen und Beamten
schon heute unzählige Überstunden, während sie in diversen Planungsstäben alle möglichen Einsatzvarianten vorbereiten. Wolfgang Speck,
Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft
(DPolG) im dbb: „Die Überstunden kommen nicht nur durch
die Spiele, sondern auch durch
den Schutz der Mannschaftsquartiere, der Trainingsplätze,
der Events in den Städten und
der Fan-Camps zustande. Ich
weiß, dass wir uns einen Bärendienst erweisen, wenn wir
trotz weniger Personal unsere
>
Die Bahn kommt: Bereits 2004 ernannte die FIFA das Schienenunternehmen
zum Nationalen (Be-)Förderer der WM 2006.
> dbb magazin | Juni 2006
27
aktuell
Aufgabe gut erledigen. Immer
dann, wenn wir gut sind, belasten wir uns selbst.“ Doch die
Kollegen seien „hoch motiviert
– unabhängig von der Politik“.
Während beispielsweise Baden-Württemberg 750 000 Euro für die Entgeltung von WMbedingten Überstunden bereitgestellt habe, zahle Bayern
nicht einen Cent.
dbb > spezial
28
gleichzeitig mit ihrer WM-Akkreditierung die Berechtigung,
sechs Wochen lang auf dem
gesamten Nah- und Fernverkehrsnetz kostenfrei zu reisen.
Günstiger und bequemer sind
die Spielorte nicht zu erreichen
– und die Umwelt freut sich.
Um die Besucher aus dem Inund Ausland ideal zu empfangen, stimmt die Bahn viele Züge und die Bahnhöfe in ihrem
Erscheinungsbild auf die WM
ab und bildet außerdem Service-Botschafter aus: Im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums werden rund 10 000 Mitarbeiter von städtischen Betrieben, Verkehrsunternehmen,
aus der Hotellerie oder von Taxi-Unternehmen in eintägigen
Seminaren im gastfreundlichen Umgang mit Menschen
aus anderen Kulturen, in Service- und Kundenorientierung
geschult.
aktuell
>
„How do I get to the
Olympiastadion?”
Damit es während der WM
auch keine sprachlichen Barrieren gibt, drücken die Beschäftigten, die während der WM im
direkten Kontakt mit den internationalen Gästen stehen, seit
geraumer Zeit die Schulbank.
Für Polizisten gibt es kleine
Handbücher mit Übersetzungen der gängigsten Wendungen. „How do I get to the
Olympiastadion? übt man fleißig bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG). Um bereit für
den Showdown zu sein, wenn
die Fußball-Elite in Berlin zu
Gast ist, wurde eigens ein Projektteam gegründet, das die
Koordination aller WM-relevanten Unternehmensfelder übernimmt. So auch ganz besondere Formen der Erfolgskontrolle:
Nach der trockenen Theorie
sollten die Busfahrer testen, ob
sich das Büffeln gelohnt hat:
Gemeinsam mit Berliner Gymnasiasten erprobten die Fahrer
ihre neuen Englischkenntnisse.
Die Schüler der 9. Klasse
schlüpften in die Rolle der Fahrgäste und stellten typische Fra-
> dbb magazin | Juni 2006
>
Englisch büffeln für die WM: Mit Unterstützung von Berliner Gymnasiasten frischten die Omnibusfahrer der
Berliner Verkehrsbetriebe ihr Fremdsprachen-Vokabular auf.
gen zu Tickets, Tarifen und
Fahrverbindungen. Fazit: Abschlusstraining gelungen!
„Für ein glänzendes Turnier“ legen sich derweil die Kollegen
von der Berliner Stadtreinigung
(BSR) ins Zeug. Berlin soll sich
den Gästen aus aller Welt von
seiner besten Seite präsentieren: freundlich, weltoffen und
vor allem sauber. Die Profis des
Fußball-Bundesligisten Hertha
BSC sind die Stars der Sauberkeitskampagne, die pünktlich
im Vorfeld der WM startete.
Mit authentischen Statements
rufen die Kicker in BSR-Arbeitskleidung zu sauberem Verhalten auf: „Der beste Einwurf
geht direkt in die Tonne“, findet
Hertha-Crack Yildiray Bastürk.
„890 Quadratkilometer Reinheitsgebiet“ haben die BSR-Beschäftigten sauber zu halten.
Vera Gäde-Butzlaff vom BSRVorstand: „Wir wissen, dass
sehr hohe Anforderungen an
uns gestellt werden, und die
Mitarbeiter sind motiviert, diese Herausforderungen anzunehmen. Wir sind der 12.
Mann.“ Um den WM-bedingt
wachsenden Müllbergen Herr
zu werden, stellt die BSR befristet zusätzliche Mitarbeiter ein,
außerdem sollen die Berliner
Reinemacher während der
Weltmeisterschaft wie sonst
nur im Winter auch nachts im
Einsatz sein: an sieben Tagen in
der Woche rund um die Uhr.
>
Endspurt der
Kleinigkeiten
Der Countdown läuft auch in
der Münchener Stadtverwaltung: Wie in allen Austragungsstädten betreiben nahezu alle Referate den „Endspurt
der 1 000 Kleinigkeiten“. Ob
Einzelheiten eines brasilianischen Samba-Corsos auf der
Leopoldstraße, wichtige Protokollfragen, Stellplätze für die
Übertragungswagen ausländischer Fernsehstationen oder
Fertigstellung und Räumung
von Baustellen auf den wichtigsten Hauptstraßen – unter
einem Zwölfstundentag geht
derzeit nichts im Kreisverwaltungs- und Baureferat der Bayernmetropole. Nicht ganz so
hektisch, aber nicht minder
aufgeregt ist die Stimmung in
den kommunalen Provinzen
der Republik, insbesondere
dort, wo die WM-Mannschaften Quartier genommen haben. Michael Stockenberger,
Verwaltungschef der gemütlichen Schwarzwaldgemeinde
Bühlertal, sieht geradezu enthusiastisch der ersten Trainingseinheit des englischen
Nationalteams entgegen. Beck-
ham und Co. haben die Nobelresidenz Bühlerhöhe komplett
gebucht und werden sich im
Bühlertaler Mittelbergstadion
auf ihre Spiele vorbereiten. Jeweils an die 1 000 Medienvertreter dürften die Ränge an
Trainingstagen besetzen –
„Wahnsinn!“, freut sich Stockenberger. Ganz auf familiäre
Freundlichkeit setzt man hunderte Kilometer weiter nördlich
am Rande der Lüneburger Heide: Die niedersächsische Kleinstadt Rotenburg an der Wümme, Gastgeber für die Nationalmannschaft von Trinidad
und Tobago, ist eifrig dabei, karibisches Flair zu generieren,
damit sich die Fußballer heimisch fühlen. Hunderte von
Nationalfahnen, rot mit
schwarzer Diagonale, sind bereits geflaggt, und Reinhard Lüdemann, für Sport zuständiger
Beamter im Rathaus, plant für
alle Fälle auch schon Aktionen,
„um schlimmstenfalls seelischen Beistand zu leisten“, falls
die Karibik-Kicker bei ihrer WMPremiere nicht so erfolgreich
abschneiden sollten. Die heimische Wirtschaft arbeitet Hand
in Hand mit der Verwaltung:
Der Pferdemarkt vorm Rathaus
soll in einen Sandstrand mit
Palmen und Liegestühlen verwandelt werden ...
bm
dbb > spezial
Kleiderordnung im öffentlichen Dienst:
Achtung:
Dresscode!
Irgendwo in einer deutschen Behörde mit Kundenverkehr: Die junge Dame hinter dem Schreibtisch ist
freundlich. Der beantragte Ausweis sei fertig, teilt
sie freudig mit und schreitet sofort zur Tat. Auf roten High-Heels stöckelt sie zur Ablage, bückt sich
zum untersten Fach und kramt das Dokument aus
der Registratur. Dem erstaunten Kunden eröffnet
sich dabei ein offenherziger Blick auf das tattooverzierte Steißbein. Zu allem Überfluss blitzt auch noch
der String des Tangaslip über dem Bund des ohnehin
viel zu kurzen Minirocks hervor ...
jugend
30
Was für eine Bedienung im Szenelokal völlig in Ordnung ist,
verbietet sich für eine Behördenmitarbeiterin eigentlich.
Zwar haben sich die Bekleidungssitten seit den 50er-Jahren deutlich gelockert – in der
freien Wirtschaft wie im öffentlichen Dienst. Aber allzu freizügige Einblicke bleiben dennoch
verpönt, wie allen gängigen
Stilberatern zu entnehmen ist.
Für Banker zum Beispiel gelten
demnach noch immer strenge
Bekleidungsvorschriften. Am
Herren ist dort sogar eine allzu
bunte Krawatte nicht gern gesehen, ein korrekt sitzender, gedeckter Anzug ist Pflicht.
Grundsätzlich gilt, dass Kompetenz nicht am Erscheinungsbild
abgelesen werden kann. Trotzdem sendet das Auftreten und
damit die Kleidung Signale an
die Umwelt. Besonders Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit
Kundenkontakt im öffentlichen
Dienst und seinen privatisierten
Bereichen sollten auf den korrekten Sitz der vorgeschriebenen Dienstkleidung achten. Wer
keine verpflichtende Kleidung
trägt, tut trotzdem gut daran, einige Grundregeln zu beachten,
die sich nicht von denen der Privatwirtschaft unterscheiden. Ein
Beamter im Einwohnermeldeamt, dessen Schreibtisch eher
t@cker
„Anstoß!“ Fußball-Vokabular auf dem Titel des dbb
jugend magazin – passend zum WM-Monat Juni,
und wie immer symbolisch gemeint: „Das Signal
aus dem Tarifbereich sollte nun auch im Beamtenbereich nicht ungehört bleiben: Die Länder haben
mit ihrem eindeutigen Votum für den Kompromiss von Potsdam auch eindeutig für flächendeckend gleiche Einkommens- und Beschäftigungsbedingungen ihres Personals votiert. Das sollte
der Anstoß zu einem Umdenken in Sachen Föderalismusreform sein: Es muss flächendeckend
gleiches Geld für gleiche öffentliche Dienstleistungen geben! Was glauben Politiker, wie ein
öffentlicher Dienst arbeitet, dessen Statusgrup-
> dbb magazin | Juni 2006
>
Tattoos sind Geschmackssache. Im Büro sollten sie aber auf jeden Fall
bedeckt bleiben.
einer Müllkippe als einem Arbeitsplatz ähnelt und der zudem
noch durch besonders nachlässige Kleidung „besticht“, wird vom
Bürger nicht unbedingt gern gesehen, denn Auftreten und Umfeld signalisieren Desinteresse
am Kunden oder sogar am Job.
>
Das Amt liegt nicht
am Strand
Besonders für Damen gilt, nicht
zu viel Haut zu zeigen. Im Sommer mag Bauchfrei für die Uni in
Ordnung gehen, im Büro geht es
dagegen meist nicht. Röcke sollten nicht zu kurz sein, denn ein
allzu körperbetontes Outfit wird
oft noch immer als Vertuschung
von Inkompetenz gedeutet. Das
gilt auch im Sommer: Flip-Flops,
Miniröcke oder hautenge TankTops gehen gar nicht. Röcke sollten das Knie bedecken, Blusen
dürfen nicht allzu weit ausgeschnitten sein. T-Shirts sollten
den Oberarm noch bedecken.
Selbst wenn im Büro einiges toleriert wird, ist derjenige gut beraten, der die Balance zwischen
Outfit und persönlichem Anspruch im Blick behält. Auf Nummer Sicher gehen Männer und
Frauen streng genommen nur,
wenn sie der Temperatur keinen
Einfluss auf die Kleidung erlauben. Wenn also Krawatte im Job
zum Standard gehört, ist das >
pen nolens volens auseinander dividiert
und gegeneinander ausgespielt werden?
Ganz sicher weder motiviert noch engagiert“, schreibt dbb jugend-Chef Dietmar
Knecht zum aktuellen Tarifabschluss für den
Länderbereich. Der Juni-t@cker bietet neben
diesem wie immer noch viele weitere Themen, an denen Anstoß genommen werden
darf und soll: Über ein bewegendes Erinnern
an die Schrecken des Holocaust berichtet die
t@cker-story. Orna Birnbach, Auschwitz-Überlebende, traf sich mit dbb Jugendlichen: „Ihr
seid nicht Schuld. Aber ihr seid verantwortlich.“ Das t@cker-special berichtet über den 12.
Mann bei der anstehenden Fußball-WM:
Deutschlands öffentlicher Dienst. Das dbb jugend magazin t@cker – am besten gleich direkt
ansurfen unter www.tacker-online.de!
dbb > spezial
auch bei 30 Grad so. Was für
Frauenbeine gilt, wird bei Männern naturgemäß enger gefasst:
Sandalen und Shorts können
sich selbst Mitarbeiter nicht
leisten, die keinen direkten Kundenkontakt haben. Gepflegte
Kurzarmhemden dagegen sind
selbstverständlich erlaubt.
Krawatten müssen seriös sein.
Schweinchen Dick oder Bart
Simpson haben darauf ebenso
wenig etwas verloren wie
Schriftzüge mit Meinungsäußerungen. Bei der Wahl der Schuhe
muss der erfolgreiche Mann
ebenso auf einen Stil achten, der
die Gesamterscheinung nach
unten fortsetzt. Anzug und Turnschuhe können sich Fernsehmoderatoren leisten, Referenten im
Ministerium dagegen nicht. Vorsicht bei Socken, die im Sitzen
ein Teil des Unterschenkels freilegen: Das sieht albern aus und
wird entsprechend ungern gesehen. Für Frauen und Männer ist
es daneben selbstverständlich,
Frisur und – bei Männern – den
Bart in gepflegter Form zu halten. Wer möchte schon Medusa
oder Alm-Öhi als Kundenberater
gegenübersitzen? Beim Körperschmuck ist weniger mehr:
Nicht zu dick auftragen. Für Herren ziemt sich in der Regel lediglich eine Uhr oder bestenfalls ein
Ring. Auch Damen sind mit dezentem Schmuck auf der sicheren Seite. Sichtbare Tattoos und
Piercings sind meist unerwünscht und sollten immer
durch korrekte Kleidung verborgen werden können. Auch im
Sommer.
>
Die Uniform muss
sitzen
Eine Sonderstellung in Sachen
Dresscode nehmen die „Trachtengruppen“ des öffentlichen
Dienstes ein, also Polizisten,
Grenzschützer, Zöllner oder Vollzugsbedienstete. Ihre Uniformen sind vom Dienstherrn vorgegeben und dürfen nicht durch
private Kleidung variiert werden.
Trotz dieser Bekleidung sollten
die Beamten sich nicht in allzu
großer Sicherheit wiegen, denn
wer öffentlich als Ordnungskraft
auftritt, unterstreicht durch eine
ungepflegte Uniform oder unangemessene Haartracht nicht
gerade seine Autorität.
In einem Erlass des Bundesinnenministeriums vom Januar
2006 heißt es sogar für die
Bundespolizei: „Ein gepflegtes
Erscheinungsbild und korrektes
Auftreten der Polizeibeamtinnen und -beamten ist für die
Darstellung der Bundespolizei
unverzichtbar. Das äußere Erscheinungsbild der Polizei hat
dabei maßgeblichen Einfluss auf
das Ansehen und das Vertrauen
der Bevölkerung sowie in die Akzeptanz der polizeilichen Maßnahmen.“ Die Einheitlichkeit
dürfe nicht durch das Tragen
nicht eingeführter Bekleidungsstücke oder Ausstattungsgegenstände, die abträgliche Gestaltung von Haar- und Bart sowie
das tragen persönlicher Accessoires in Frage gestellt werden.
Der Erlass geht ins Detail und regelt unter anderem, die erlaubte
Haar- und Bartlänge (auch aus
Sicherheitsaspekten), das Tragen
von Schmuck und die Bekleidungsdetails. Für Tätowierungen oder Brandings gilt natürlich, das sie erstens nicht sichtbar sein dürfen und zweitens inhaltlich nicht gegen „die Grundsätze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verstoßen sowie keine sexuellen,
diskriminierenden, Gewalt verherrlichenden oder ähnliche
Motive darstellen“. In Sachen
Make-up ist für Frauen wie
Männer verbindlich, dass es nur
zugelassen ist, wenn „es als sozialadäquat für eine Polizeibeamtin oder einen Polzeibeamten
anzusehen ist.“ Die Deutsche
Polizeigewerkschaft (DPolG) hat
den weitgehenden Erlass übrigens abgelehnt: „Das ist ein alter Zopf. Er stellt die Polizistinnen und Polizisten der Bundespolizei öffentlich in eine
Schmuddelecke“, sagte der Vorsitzende für die Bundespolizei in
der DPolG Hans-Joachim Zastrow im Januar 2006
br
> dbb magazin | Juni 2006
dbb > spezial
Europas Einigungsprozess kommt wieder in Gang:
Alles neu macht der Mai?
Nach der Ablehnung des europäischen Verfassungsentwurfes durch Frankreich und
die Niederlande ist es in den Medien relativ
ruhig geworden um den europäischen Einigungsprozesss. Was aber keineswegs bedeutet, dass auf dem europäischen Parkett
nichts bewegt wird. Das zeigt ein Blick auf
neue Regelungen und Entwicklungen, die
allein im vergangenen Monat angeschoben
worden sind.
europa
32
„Alles neu macht der Mai“ gilt
durchaus auch für Europa. So
hatte der damalige französische Außenminister Robert
Schuman am 9. Mai 1950
wichtige Impulse für die europäische Einigung gesetzt, indem er den Plan seines Landsmannes Jean Monnet zur so
genannten Montanunion annahm. Dieser Plan beinhaltete
bereits die Grundstrukturen
der späteren EWG, weswegen
der 9. Mai in ganz Europa als
„Europatag“ gefeiert wird.
Neues ergab sich jetzt auch im
Wonnemonat des Jahres 2006
vor allem auf dem Gebiet der
Freizügigkeit beziehungsweise
> dbb magazin | Juni 2006
der Niederlassungsfreiheit,
aber auch bei den Universitäten und im stockenden Prozess
der Ratifikation der Verfassung.
>
Aufenthaltsrecht
erleichtert Umzug ins
Ausland
Nach einer Ende April in Kraft
getretenen Richtlinie der EU
wird es für EU-Bürger und ihre
Familienangehörigen leichter,
ihren Wohnsitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat zu nehmen und sich dort auf Dauer
niederzulassen. Die wesentli-
che Änderung zur bisherigen
Rechtslage ist hierbei, dass
Unionsbürger sowie deren Familie, die sich fünf Jahre lang
ununterbrochen und rechtmäßig im Aufnahmemitgliedsstaat aufgehalten haben, ohne
weitere Bedingungen ein unbefristetes Aufenthaltsrecht
erwerben.
Vor dem Umzug müssen die
Umzugswilligen jedoch entweder eine bestehende Arbeitsstelle oder ausreichendes Vermögen sowie eine gültige
Krankenversicherung vorweisen. Nach den besagten fünf
Jahren fallen diese Erfordernisse für das weitere Aufenthaltsrecht jedoch weg. Insbesondere brauchen die EU-Bürger keine Aufenthaltsgenehmigung mehr, es reicht künftig eine einfache Anmeldung, in
manchen EU-Ländern ist nicht
einmal diese Pflicht. Darüber
hinaus werden Unionsbürger
und ihre Angehörigen besser
vor Ausweisung geschützt:
Unionsbürger, die sich in den
letzten zehn Jahren rechtmäßig in einem Mitgliedstaat
aufgehalten haben oder Minderjährige können künftig nur
noch aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit
ausgewiesen werden.
>
Bürokratieabbau
lichtet das
Richtliniendickicht
Gleichzeitig setzte die Kommission auch Zeichen bei der
Vereinfachung von Normen
beziehungsweise beim Bürokratieabbau: So wurden neun
bisherige Richtlinien sowie eine Verordnung in der neuen >
dbb > spezial
Richtlinie zusammengefasst
und vereinfacht. Im Interesse
der Rechtsklarheit regelt die
Richtlinie jetzt alle rechtlichen
Fragen im Zusammenhang mit
dem Recht auf Freizügigkeit
und Aufenthalt im Rahmen der
Unionsbürgerschaft. Auch
wenn die meisten EU-Staaten
die Richtlinie noch nicht umgesetzt haben, so können sich die
Bürger doch bereits seit Geltung, also seit Anfang Mai
2006, direkt auf die Richtlinie
berufen.
Die Bürger der mittel- und osteuropäischen Staaten können
dagegen noch nicht in vollem
Maße von der Freizügigkeit
profitieren. Denn nach dem
Beitritt der neuen EU-Staaten
im Jahre 2004 hatten lediglich
drei alte EU-Staaten, nämlich
Großbritannien, Irland und
Schweden ihren Arbeitsmarkt
für Zuzügler aus diesen Ländern geöffnet. Inzwischen haben sich Finnland, Spanien,
Portugal und Griechenland
diesen Staaten angeschlossen
und ihre Beschränkungen
komplett aufgehoben. Einen
lediglich teilweisen Zuzug zum
heimischen Arbeitsmarkt gestatten dagegen Frankreich,
Belgien, Luxemburg und Italien. Die Niederlande wollen
zunächst ihre Beschränkungen
beibehalten, aber nächstes
Jahr das Thema erneut beraten. Deutschland, Österreich
und Dänemark wollen ihre Beschränkungen jedenfalls für
die nächsten drei Jahre aufrecht erhalten.
>
Europas Unis als
„Kraftwerke des
Wissens“
Mehr Freizügigkeit soll auch an
Europas Universitäten möglich
werden. Es soll nach einer neuen Initiative der EU-Kommission beispielsweise einfacher
werden, in anderen Mitgliedstaaten Hochschulzeugnisse
anerkannt zu bekommen. Die
Verfahren zur Anerkennung
von Hochschulzeugnissen sollen an die Verfahren zur Anerkennung von Berufsqualifikationen angeglichen werden.
Auch soll der Anteil der Gradu-
Obwohl die EU originär für Bildung gar nicht zuständig ist,
sondern das Thema nur über
die Umwege Chancengleichheit
im Binnenmarkt beziehungsweise über die Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung entsprechend vorsichtig
angeht, möchte die Kommission aber durchaus auch Einfluss auf Lehrinhalte nehmen:
So soll als eine Komponente
von Forscherlaufbahnen die Beschäftigung mit dem Recht des
geistigen Eigentums, Kommunikation, die Unterhaltung von
Netzwerken, Unternehmertätigkeit sowie Teamarbeit eingeführt werden. Ferner soll die
Anzahl von Kursen angehoben
werden, um im Sinne des lebenslangen Lernens auch
Weiterbildung in späteren Lebensphasen anbieten zu können.
Die Kommission möchte mit
den beschriebenen Maßnahmen die Hemmnisse an den
Universitäten abbauen, die bislang noch verhindern, dass sie
ihr volles Potenzial entfalten.
Denn die Universitäten seien
nach den Worten des für Forschung zuständigen Mitgliedes
der Kommission, Janez Potonik,
„Kraftwerke zur Erzeugung von
Wissen“. Sie müssten sich daher
ebenso wie andere Gesellschaftsbereiche an die Anforderungen einer globalen, wissensbasierten Wirtschaft anpassen.
Der eingeschränkten Zuständigkeit ist jedoch geschuldet,
dass die Kommission hier kaum
mit gesetzgeberischen Maßnahmen „durchregieren“ kann,
sondern die vorgenannten Ziele
mit Förderinstrumenten voranbringen möchte.
>
Ratifizierungsprozess
geht langsam voran
Nichts bahnbrechend Neues,
aber doch zumindest einzelne
Signale wurden von der Kommission und einzelnen Mitgliedstaaten in Bezug auf die
offene Frage nach Europas Verfassung ausgesendet: So hat
Estland Anfang Mai als 15. Mitgliedstaat die Verfassung im
parlamentarischen Verfahren
ratifiziert. Auch Finnland und
Deutschland, die ab Juli 2006
beziehungsweise Januar 2007
jeweils die EU-Ratspräsidentschaft innehaben werden,
möchten die Verfassung trotz
der verfahrenen Lage nach den
verlorenen Referenden in
Frankreich und den Niederlanden nicht begraben. So bekräftigte Bundeskanzlerin Angela
Merkel anlässlich ihrer europapolitischen Regierungserklärung, dass Europa „unbedingt“ den Verfassungsvertrag
brauche. Hierbei wolle man
aber auch keinen „Schnellschuss“ machen.
Auch die Kommission will die
Denkpause in der Verfassungsfrage durchaus noch verlängern: Die Rede ist vom Jahr
2008. Vorher sollen die europäischen Staats- und Regierungschefs anlässlich der Feierlichkeiten zum 50. Jubiläum der römischen Verträge im März 2007
ein Bekenntnis zu Europa abgeben, um dem Prozess neues Leben einzuhauchen. Nur hinter
vorgehaltener Hand wird hierbei kolportiert, erst müssten
die 2007 stattfindenden Wahlen in Frankreich und den
Niederlanden überstanden
sein, damit man in der Verfassungsfrage wieder voranschreiten könne.
hz
> dbb magazin | Juni 2006
33
europa
ierten, die mindestens ein Semester im Ausland oder in der
Wirtschaft absolvieren, erhöht
werden. Hierbei soll den Studierenden auch der Zugang zu nationalen Darlehen und Beihilfen erleichtert werden. Sogar
nationale Studiengebühren
und im Zusammenhang damit
die Finanzierung der Universitäten werden überprüft. Die
Kommission spricht sich weiter
dafür aus, dass die Universitäten mehr Autonomie und Verantwortung erhalten, insbesondere, was die Auswahl des Lehrund Forschungspersonals anbelangt.
dbb > spezial
Fußball-Patente:
Wer hat’s erfunden?
Schon William Shakespeare
lässt in seiner 1592 entstandenen „Komödie der Irrungen“ einen Akteur klagen, dass er wenigstens in Leder genäht werden möchte, sofern man ihn
weiter wie einen Fußball herumzustoßen gedenke. Aber
Vorsicht – nicht die Briten, auch
wenn sie es sicher gern täten,
dürfen sich die Erfindung des
Fußballs auf die Fahnen schreiben.
aktuell
38
Und wer hat’s erfunden? Das
kann auch das Deutsche Patent- und Markenamt in München nicht mit Bestimmtheit
sagen. Aber dort ist man den
Ideen fußballbegeisterter Erfinder auf den Grund gegangen –
ein sehr informativer, stellenweise skurriler Beitrag der
Bundesoberbehörde zur Fußball-WM. Kaum zu glauben,
was rund um den Globus erdacht wurde, um Erfolg und
Spaß beim Spiel der Spiele zu
steigern! Und vieles davon ist
nicht nur patent, sondern eben
auch Patent. Nicht nur, wenn
es ums runde Leder selbst geht
(heute auch gern KunststoffLaminat) – jede Menge Betätigungsfelder für Tüftler.
>
Ts’uh-küh in China
Die gab es offenbar zu allen Zeiten. Im Jahr 2697 vor Christus
wurde in China „Ts’uh-küh“ gespielt, die älteste bekannte und
zweifelsfrei belegbare Fußballversion. Dabei bedeutet „Ts’uh“
den Ball mit dem Fuß stoßen,
„küh“ beschreibt das Spielgerät: einen mit Haaren und Federn gefüllten Lederball. 1 000
Jahre später wird erstmals über
einen aus Ledersegmenten zusammengenähten Ball berichtet. In Japan trafen sich Priester
und Adlige um 300 v. Chr. zu einer Art Kreisfußball – dieses
„Kemari“ wird bis heute ge-
> dbb magazin | Juni 2006
spielt, mit einem Hirschlederball, der mit einer Gerstenfüllung in Form gebracht und mit
Pferdehaut zusammengenäht
wird.
Auch im alten Ägypten, im antiken Griechenland, im Römischen Reich und im mittelalterlichen Europa stand das Spiel
hoch im Kurs, allerdings als militärische Ertüchtigung. Als Ball
dienten den Griechen aufgeblasene Schweineblasen, in Leder
eingenäht – die Urform des
heutigen aus zwei Schalen gebildeten, luftgefüllten Lederfußballs.
Die Römer waren es, die auf ihren Eroberungsfeldzügen das
Spiel auf die Britischen Inseln,
nach Gallien und Germanien (!)
brachten, wo es immer mehr
zur Volksbelustigung wurde.
Auch Regeln und sportliche
Fairness stehen nicht erst seit
der Neuzeit zur Debatte: 1460
wurde in Italien festgelegt, dass
die zwei Mannschaften versuchen sollten, den Ball mit „nicht
kriminellen Mitteln“ über eine
Begrenzungslinie zu befördern.
>
500 Spieler auf dem
Feld
Auch in Amerika wurde lange
vor der Zeitenwende „Tlachtli“
gespielt, verbunden mit kultischen Opfern. Es sei eine alte
Streitfrage, berichten die Experten, ob die Sieger wegen ihres
göttlichen Spiels oder die Verlierer wegen ihrer Unzulänglichkeiten den Göttern geopfert
wurden... Um 1600 spielten
nordamerikanische Ureinwohner eine Art Strand-Fußball –
mit bis zu 500 Mitspielern pro
Team, auf einem Spielfeld von
rund 1,6 Kilometer Länge und
mit 800 Meter breiten Toren.
Die Inuit gingen, wie könnte es
anders sein, aufs Eis – mit einem schweren Ball, der mit
Gras, Karibu-Haaren und Moos
gefüllt war. Die Tore sollen bis
zu 16 Kilometer auseinander
gelegen haben.
>
Hülle, Blase und Ventil
Entscheidende Veränderungen
hat der Fußball als Spielgerät
vor allem in den letzten 125
Jahren durchlaufen. Zwar sind
die Hauptbestandteile Außenhülle und Gummiblase geblieben, aber als Materialien kommen inzwischen Kunststoff,
Schaumgummi, Latex- und Textilschichten zum Einsatz. Erst
2004 bekam der Laminatfußball mit mehrlagiger Außenhülle eine US-amerikanische Patentnummer.
Ein US-Patent war es auch, das
1844 Charles Goodyear für die
Vulkanisierung von Kautschuk
bekam, wodurch Naturgummi
wasserundurchlässig wurde –
eine wichtige Voraussetzung
für die Erfindung des Gummifußballs: Dabei wurde über eine sehr dünne Gummihülle, die
als Blase diente, eine stabilere
Gummiaußenhülle gezogen.
1886 wurde in Großbritannien
erstmals ein Ventil in eine
Gummiblase eingeklebt, ein
Jahr später gab es das Patent
für die klassische Fußball-Luftpumpe. Die hat sich übrigens
bis heute kaum verändert. Auf
deutsche Erfinder des Jahres
1989 geht die Aufteilung der
Blase in mehrere Kammern
zurück (Patentnummer DE
3918038A1, während die
Briten 1998 per Patent anregten, auf eine Gummiblase ganz
zu verzichten und stattdessen
dünnes Metallblech zu verwenden.
>
„Intelligenter Ball“
aus Deutschland
Des deutschen Fußballerfinders
Herz schlägt offensichtlich hö-
her bei allem, was dem sicheren Verschließen des runden
Leders dient. Seit 1921 ein Patent für ein „Löffelartiges
Werkzeug zum Verklemmen eines Einfüllstutzens am Fußball“ vergeben wurde, folgten
bis zum Jahr 1949 allein zehn
andere DE-Patentnummern,
darunter für einen „riegelartigen Laschenverschluss“, ein
„Hebelwerkzeug zum Verklemmen eines Einfüllstutzens“ und
für einen „Verschluss der Ballhülle durch Verschnüren übereinanderliegender Lederlaschen“. Aber auch unterschiedliche Beschichtungen
der Ballhülle tragen DE-Patentnummern. Und schließlich sind
auch die „Fußballaußenhülle
aus Fünfecken und dreiarmigen Sternflächen“ (DE
19541395 A1) aus dem Jahr
1995 und der so genannte intelligente Ball mit integriertem
Radiosender zur Positionsbestimmung (DE 10338620 A1)
von 2003 deutsche Erfindungen.
Die Fußballherstellung ist keine leichte Sache, wie sich lesen
lässt: Die Blase wird mit dem
Ventilstutzen mittels eines verstärkten Klebefadens umwickelt, bis daraus eine Art Gewebeschicht entsteht, die erhitzt und mit der Blase verschmolzen wird. Die aus Leder
oder Kunstleder ausgeschnittenen Mehrecke werden maschinell so zusammengenäht, dass
alle Nähte nach außen weisen.
Dann wird der Ball durch eine
noch vorhandene Öffnung umgestülpt, die verstärkte Blase
eingeführt und der Ventilstutzen in dem in einem der Mehrecke vorhandenen Ventilloch
verklebt. Die Öffnung wird per
Handnaht verschlossen und
der Ball kann aufgepumpt werden. Noch Fragen?
Mehr „Patentes“ über Trainerbank und Eckfahne, Fußballtor
und Stollenschuh, Spielerdress
und Torwarthandschuhe im
Internet unter www.dpma.de
cok
dbb > spezial
füllt mit einem Schiri-Set, bestehend aus Trillerpfeife nebst
gelber und roter Karte. Selbst
Küchenrollen und Klopapier
gibt es in Kombi-Fußball-Packs
mit witzigen Fußball-Sprüchen
auf den Packungen ...
Alles für die Fans
Doch damit nicht genug, neben
vorsorglich gehorteten Tröten,
Sirenen, Rasseln und Trommeln
(in fast allen Landesfarben)
trinkt der wahre Fan aus WMFußballgläsern oder DFB-Biertulpen, kauft Cola in der Kiste
und bekommt den Original Coca-Cola Fanschlauch dazu, isst
Butter, Kick-it-WürstchenSnacks, Pommes und Konfekt in
Fußballform und nimmt für
sein Frühstückchen halbzehn in
Deutschland die KnoppersHalbzeitbox mit ins Büro oder
in die Fabrik. Wer eingeladen
ist, verschenkt keine Blumen,
sondern zwei Flaschen des berühmten weißen Rums, der
meistens unter Palmen am
Strand getrunken wird. Zwei
Flaschen deshalb, weil es dann
ein Deutschland-Trikot gratis
gibt. Wer keinen Rum mag, labt
sich an Fußball-Riesling oder
Fußball-Dornfelder Fifa World
Cup 2006. Selbstverständlich
kaufen die Fans nur noch Grillsaucen in Trikot geschmückten
Flaschen, Mini-Spirituosenfläschchen in Fußballform und
Schokoladen-Fußballschule, ge-
Alles für die Fans. An alles ist
gedacht. Wirklich an alles? Offenbar nicht, denn ein wichtiges Feld scheint unbeackert geblieben zu sein. Wo gewonnen
wird, wird auch verloren, und
das kostet Tränen. Wo sind sie,
die Papiertaschentücher (in
fast allen Landesfarben) mit
dem dezenten schwarzen Trauerrand? Wahrscheinlich auf Lager, und die Auslieferung erfolgt kurzfristig je nach Bedarf.
Unsere Fanartikel-Branche ist
doch nicht blöd, sondern sensibel und weiß, wann der gute
Geschmack endet. Schließlich
ist die Welt zu Gast bei Freunden ...
sm
39
glosse
König Fußball regiert. In den
kommenden Wochen werden
die besten Kicker der Welt im
edlen Wettstreit gegeneinander
antreten, um nach harten aber
fairen Spielen den Weltmeister
2006 auf den Schild zu heben.
Bis es soweit ist, muss das Runde noch ziemlich oft ins Eckige,
doch sei’s drum, der heimliche
Sieger der Spiele steht längst
fest: Es ist die Fanartikel-Branche. Sie hat es locker geschafft,
aus einem turnusmäßig stattfindenden Sportwettkampf für
die Zuschauer ein ganzheitliches
Bekenner-Event zu stilisieren,
das den wahren Fan seit Wochen schon in allen Lebenslagen
begleitet. Socken, Hemden und
Hosen, Kappen, Schuhe und Taschen, Schals, Krawatten und
Unterwäsche, alles gibt es (in
fast allen Landesfarben) bestickt, bedruckt oder stilecht beflockt mit „Italy“, „Brasil“, „Germany“...
> dbb magazin | Juni 2006
dbb > finale
Nichtraucherschutz im öffentlichen Dienst:
Die Nebel gelichtet
Jetzt hat es die Bundesregierung schwarz auf
weiß: Die EU will vor Gericht erstreiten, dass
Deutschland endlich das EU-Tabakwerbeverbot
umsetzt. Dabei wird Nichtraucherschutz in
Deutschland bislang auch ohne Gesetz groß ge-
brennpunkt
40
Dennoch lässt EU-Gesundheitskommissar Markos Kyprianou nicht locker und will
die 2003 erlassene Richtlinie
umgesetzt sehen, die das Tabakwerbeverbot regelt. Konkret: Keine Tabakwerbung
mehr in Printmedien und im
Internet. Auch Zigarettenkonzerne sollen nicht mehr
wie bisher grenzüberschreitende Veranstaltungen durch
Werbung mitfinanzieren dürfen. Die Argumente indes
mögen für Jugendliche treffen, die durch Werbung à la
„Rauchen ist cool“ zum Tabakkonsum verführt werden.
Aber ob Erwachsene wirklich
durch Tabakwerbung mehr
Konsumieren oder nach der
Entwöhnung gar rückfällig
werden, sei dahingestellt.
Wie dem auch sei, zwei Fakten stehen fest: Rauchen ist
ungesund und Deutschland
ist neben Luxemburg das einzige Land, in dem es weder
ein komplettes Tabakwerbeverbot noch ein Nichtrauchergesetz gibt. Nachdem
die Bundesregierung die bis
Anfang April 2006 gesetzte
Frist zur Umsetzung des Werbeverbots hat verstreichen
lassen, wird die EU-Kommission am 28. Juni 2006 entscheiden, ob es zur Klage
kommt.
Deutschland seinerseits hat
indes den Europäischen Gerichtshof angerufen, weil es
die EU-Kompetenz in diesem
Bereich anzweifelt.
> dbb magazin | Juni 2006
>
„Rauchfrei“ ist in
Was den Nichtraucherschutz in
der Öffentlichkeit betrifft, positioniert sich die Drogenbeauftragte der Bundesregierung Sabine Bätzing in ihrem Suchtund Drogenbericht 2006 deutlich: Bätzing schließt ein gesetzliches Rauchverbot für
Gaststätten nicht mehr aus,
sollten Lokale ihre freiwillige
Vereinbarung bis März 2008
nicht umsetzen, genügend
Nichtraucherplätze zu schaffen.
Damit liegt sie im Trend, denn
EU-weit geht es Rauchern immer rigider an den Kragen. So
ist „Rauchfrei“ beispielsweise
in der Öffentlichkeit Italiens
oder der skandinavischen Länder längst en vogue. Dänemark
plant für 2007 ein gesetzliches
Rauchverbot in Ministerien,
Ämtern, staatlichen Unterneh-
schrieben, Rauchverbote funktionieren: Rauchfreie
Restaurants werden immer beliebter, Nichtraucherflüge sind eine Selbstverständlichkeit und
auch im öffentlichen Dienst ist die rauchfreie
Amtsstube mittlerweile weit verbreitet.
men und Einkaufszentren.
Gaststätten bis 100 Quadratmetern Fläche sollen frei über
ein Rauchverbot entscheiden
können.
Selbst für die bislang rauchfreundlichen Spanier hat die
öffentliche Qualmerei seit
1. Januar 2006 ein Ende. Das
in Spanien nicht ungewöhnliche Bild rauchender Menschen im Supermarkt oder in
der U-Bahn gehört damit der
Vergangenheit an. Wer sich
wiederholt nicht an das Verbot
hält, muss bis zu 600 Euro
Bußgeld berappen.
Nur Deutschland steht zumindest offiziell als eine der letzten Qualm-Bastionen. Einen
nicht geringen Anteil daran
hat die starke Lobbyarbeit der
Tabakindustrie, und rund 14
Milliarden Tabaksteuer für
2005 tun den geschundenen
Haushalten der Republik nicht
schlecht. Inoffiziell präsentiert
sich Realität dagegen erfreulich anders, denn trotz fehlender Nichtrauchergesetze funktionieren Rauchverbote auf
freiwilliger Basis hierzulande
nahezu perfekt: Nicht nur
rauchfreie Bahnhöfe und Flughäfen sind ebenso Standard
wie die wachsende Zahl an
Nichtraucherbereichen in Restaurants. Gut 55 Prozent der
Bevölkerung haben sich einer
Umfrage des Fernsehsenders
n-tv zur Folge für rauchfreie
Lokale ausgesprochen.
>
Vorreiter
öffentlicher Dienst
Gerade auch im öffentlichen
Dienst wird rauchfrei immer
mehr zur Normalität. Dienstvereinbarungen regeln
>
dbb > finale
Das Umweltbundesamt in
Dessau ist beispielsweise komplett rauchfrei und einzelne
Städte und Kommunen regeln
den Nichtraucherschutz eigenverantwortlich. So hat beispielsweise die Stadt Erfurt ein
eigenes Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden erlassen.
„Das Rauchverbot im Bundesumweltamt wird strikt eingehalten“, freut sich Christine
Pistorius und verweist
darauf, dass im nach modernsten ökologischen Erkenntnissen gestaltete Amt eine Belüftungsanlage arbeitet, die den
>
überzogene Reglementierung
ab“, so Boese.
>
>
Auf dem Weg zum Nikotinverzicht hilft das Rauchfrei-Paket der
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung über die ersten Hürden. Besonders der Anti-Stress-Ball kommt oft zum Einsatz.
Rauch im ganzen Gebäude verteilen würde. „Ich würde es
sehr begrüßen, wenn für alle
Behörden ein Rauchverbot
ausgesprochen würde. Warum
können
nicht auch
Raucher anderer Behörden ihrem
Bedürfnis
außerhalb
des Gebäudes
nachgehen?“
Auch Dieter
Welzel von der
Bundesanstalt
für Finanzdienstleistungen ist relativ
zufrieden mit
der dort geltenden Nichtraucherregelung. Es
wurden teilweise
sogar Raucherkabinen errichtet. Dennoch stört
ihn, dass es in Kantine und Cafeteria der Bonner BMF-Liegen-
Nichtraucher werden
Das Rauchen aufzugeben fällt den meisten Rauchern schwer. Viele
greifen zu teuren Therapien mit ungewissem Effekt. Von der Akupunktur über Hypnose bis hin zu Laserbehandlungen reicht die
Palette. Dabei gibt es auch völlig kostenlose Angebote, die auf
dem unbedingten Willen beruhen, das Qualmen aufzugeben. So
bietet die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ein
Rauchfrei-Paket an, das online unter www.bzga.de bestellt werden kann. Das schmucke Kästchen enthält neben Informationsmaterial und einem Nichtraucherkalender einen Anti-Stress-Ball
und Pfefferminzpastillen, um der akuten Rückfallgefahr zu entgehen. Insgesamt will die Bundeszentrale leidgeplagten Rauchern
das Rüstzeug an die Hand geben, den Ausstieg zu schaffen. Letztlich aber braucht der Raucher, der zum Nichtraucher werden will,
vor allem eines: eisernen Willen.
schaft immer noch einen offenen Raucherbereich gibt. Auch
die vorhandenen Zigarettenautomaten ließen sich kaum mit
dem Nichtraucherkonzept vereinbaren.
>
Paffende
Gaunerjäger?
Bei den Polizeien des Bundes
und der Länder gilt, dass uniformierte Beamte, die in der Öffentlichkeit Dienst tun, nicht
rauchen. Knöllchen verteilen
und Diebe jagen mit Kippe im
Mund? Unmöglich!
Auch in den Amtsstuben wird
immer weniger geraucht, Beispiel Bundeskriminalamt in
Meckenheim: Der Interessenausgleich zwischen Rauchern
und Nichtrauchern hat lange
Zeit gut funktioniert. Nach sich
mehrenden Beschwerden hat
der Dienstherr im Jahr 2001 eine offizielle Nichtraucherregelung getroffen, die die Interessen der Raucher mit der Einrichtung von Raucherbereichen
wahrt und ansonsten für alle
Beschäftigten und Besucher sowie in Dienstfahrzeugen gilt.
In der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben in Cottbus
scheint der freiwillige Nichtraucherschutz zu funktionieren.
Facilitymanager Andreas Boese
freut sich als Nichtraucher über
einen rauchfreien Arbeitsplatz
und ein beachtetes Rauchverbot bei Besprechungen und in
der Kantine. „Ein generelles
Rauchverbot im öffentlichen
Dienst lehne ich allerdings als
Freiwillig funktioniert
Insgesamt belegen viele Stichproben, dass Freiwilligkeit bei
Nichtrauchervereinbarungen in
zahlreichen Ämtern und Behörden funktioniert. Von der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei über das dortige Ministerium
für Gesundheit, Soziales, Frauen
und Familie bis hin zur Steuerverwaltung gibt es eine Fülle
entsprechender Vereinbarungen, in anderen Bundesländern
verhält es sich ähnlich. Das bestätigt auch Hans-Werner Kaldenhoff, Vorsitzender des DSTGLandesverband Nordrhein-Westfalen: „Die freiwillig vereinbarten Rauchverbote werden akzeptiert.“
Mitunter stößt man allerdings
auch auf Kurioses: So ist der Allgemeinen Dienst- und
Geschäftsanweisung für die
Stadtverwaltung Bielefeld zu
entnehmen, dass „der Konsum
von Alkohol, Drogen und anderen Suchtmitteln – auch außerhalb der Dienst- bzw. Arbeitszeit
– [...] die Dienst- bzw. Arbeitsfähigkeit nicht beeinträchtigen
[darf]“. Zur Beruhigung: Die
Stadtverwaltung Bielefeld hat
auch eine umfangreiche Dienstvereinbarung über die Behandlung suchtgefährdeter Beschäftigter geschlossen.
Auch in vielen Schulen verschwinden die Raucherzonen.
Paffende Schüler müssen das
Gelände verlassen, um ihrem
Laster zu frönen. In NordrheinWestfalen ist das wie in den
meisten neuen Bundesländern
im Schulgesetz festgelegt, ebenso wie der Ausschank alkoholischer Getränke, berichtet Udo
Beckmann vom VBE NRW. Insgesamt betrachtet ist der Glimmstängel im öffentlichen Raum
also im Rückzug, und man kann
darüber streiten, ob in Bereichen, wo freiwillige Vereinbarungen weitgehend funktionieren, neue Gesetze überhaupt
vonnöten sind.
br
> dbb magazin | Juni 2006
41
brennpunkt
bereits heute weitgehend den
Nichtraucherschutz und kommen dabei ganz ohne die Gesetzeskeule der Bundesregierung aus.
dbb > finale
Buchtipps
Deutsche Hauptstelle
für Suchtfragen:
Tabakabhängigkeit
Die über 100 Seiten starke Broschüre klärt sachlich über die
Risiken des Nikotinkonsums auf
und vermittelt fundiert medizinische Fakten, die auch Laien
Versorgung:
Petra Neumayr:
Nichtraucher – Aber bitte
für immer!
Dem Rauchen abzuschwören hat
man sich schnell vorgenommen.
Meist scheitert das Vorhaben an
der Praxis, spätestens, wenn der
Körper mal wieder seine Dosis
Nikotin verlangt. Die Medizinjournalistin Petra Neumayer versucht in Ihrer Nichtraucherfibel
unkonventionelle Wege weg von
der Sucht aufzuzeigen. Ohne erhobenen Zeigefinger oder gar
Schockbilder von Raucherlungen
wird der angehende Nichtraucher dazu animiert, eine Runde
Tango zu tanzen oder Liftzigaretten zu rauchen, wenn der Drang
zum blauen Dunst übermächtig
wird. Ein Schwerpunkt des Buches bildet die Entwöhnung
Nicht alle Eier
in einen Korb
Eine kluge und stabile Altersvorsorge ruht auf mehreren Säulen: Neben der Versorgungszusage des Dienstherrn empfiehlt
sich eine zusätzliche Absicherung u.a. durch die staatlich geförderte Riester-Rente, private
Lebensversicherungen oder Investmentfonds. Individuelle
Vorsorge macht also Sinn. Das
dbb vorsorgewerk erreichen
häufig Anfragen, wie man idealer weise vorgeht. Unsere Empfehlung: Orientieren Sie sich an
den folgenden fünf Regeln.
Regel 1: Man kann nicht früh
genug anfangen
mitgliederservice
42
verstehen. Darüber hinaus werden soziale und psychische Aspekte des Rauchens veranschaulicht und sogar die Ausflüge in die Pharmakologie des
Rauchens langweilen nicht.
Wer diesen Teil hinter sich gebracht hat, ist allein aufgrund
der Fakten bereits auf Nichtraucherkurs. Hilfe gibt das Buch
mit der Beschreibung möglicher Entwöhnungsverfahren
und Präventionsmaßnahmen.
Insgesamt ist „Tabakabhängigkeit“ trotz der wenig ansprechenden Aufmachung ein faktenreiches, sachliches und aufgeräumtes Buch, das großes Erfolgspotenzial birgt. Die informative Broschüre kann gegen
Rückporto über die Internetseite der Deutschen Hauptstelle
für Suchtfragen e.V. bestellt
werden (www.dhs.de).
Ob Tango tanzen oder Fakten
studieren: Für beide hier vorgestellten Publikationen gilt:
Letztlich werden nur Menschen
zu Nichtrauchern, die vor allem
eines wirklich wollen: Aufhören.
> dbb magazin | Juni 2006
durch alternative Heilverfahren.
Es lässt sich darüber streiten, ob
der teure und in der Wirkung umstrittene thahitianische Noni-Saft
für rund 50 Euro pro Liter hilft,
über den sinkenden Nikotinpegel
hinwegzukommen. Auch das
ewige Märchen vom „Entschlacken“ findet seinen Platz. Aber
Bach-Blüten haben noch niemandem geschadet, und zudem baut
Petra Neumayer keine Luftschlösser auf: Das Aufhören ist nicht
leicht, angehende Nichtraucher
sind nicht fröhlich und sie nehmen in der Regel zu. Fakten, die
der angehende Nichtraucher
schlicht akzeptieren muss.
R. Mankau Verlag,
ISBN 3-9800565-9-8,
105 Seiten, 9,95 Euro.
Wer jung ist, hat meistens wenig Geld und viele Wünsche.
Dafür aber einen mächtigen
Verbündeten für die Altersvorsorge – die Zeit. Damit können
die Jüngeren den Zinseszinseffekt voll nutzen. Beispiel: Bei einem auf 40 Jahre angelegten
Vorsorgesparen von 100 Euro
im Monat und einer angenommenen Rendite von 8 % führt
Zaudern von nur einem Jahr zu
einer Einbuße von 26.703 € (verlorenes Kapital abzüglich gesparter Beiträge von nur 12-mal
100 Euro)!
Regel 2: Nicht alle Eier in
einen Korb
Streuen Sie den Vermögensaufbau über mehrere Anlageformen. Das Ersparte über Jahre
nur auf mager verzinsten Sparbüchern stehen zu lassen, heißt
Geld zu verschenken. Und: Die
Börse gehört in jedem Fall dazu
(siehe Regel 5).
Regel 3: Verschenken Sie nichts
So schießt der Fiskus bei Riester
oft für Ihren Euro einen aus der
Staatskasse hinzu. Nutzen Sie
auch Steuervorteile im Ruhestand mithilfe privater Rentenversicherungen oder handfeste
Mitgliedsrabatte wie beim dbb
vorsorgewerk, wo Sie im o.g. Beispiel knapp 3 000 Euro sparen
könnten.
Regel 4: Seien Sie diszipliniert,
halten Sie durch
Jeder zweite Vorsorgevertrag
wird vorzeitig abgebrochen; das
kostet Geld und Vermögen. Stellen Sie auch einmal Konsum oder
gelegentliche impulsive Anschaffungen zurück. Und: Investieren
Sie z. B. bei Fondspolicen antizyklisch mit dem sog. „Cost-Average
Effekt“: Bei hohen Kursen kaufen
Sie bei regelmäßigen Monatsbeiträgen automatisch weniger
Fondsanteile, bei niedrigen Kursen mehr.
Regel 5: Nutzen Sie auch die Börse für Ihre Altersvorsorge
Wenn es Ihre finanziellen Möglichkeiten erlauben, können auch
Wertpapiere ein sinnvoller Beitrag zur Alterssicherung sein. In
jungen Jahren können Sie mit
der Börse den Zinseszinseffekt
voll ausspielen (Regel 1). Steigen
Sie später, mit 40, 45 oder 50
Jahren, in den Aufbau eines Altersvermögens ein, entscheiden
die Renditepotenziale der Börse
darüber, ob Sie im Ruhestand
Sekt oder Selters trinken. Wenn
Sie von steigenden Aktienkursen
profitieren, gleichzeitig die investierten Sparbeträge und erzielten Wertsteigerungen gegen Risiken wie den Kursrutsch der
letzten Tage absichern wollen,
sollten Sie sich über unser neues,
innovatives Angebot, die winFonds-Police von DBV-Winterthur
und dbb vorsorgewerk, informieren. Mehr dazu im nächsten dbb
magazin, im Internet unter
www.dbb-vorsorgewerk.de
oder vom Service-Team des
dbb vorsorgewerk, Montag bis
Freitag von 8.00 bis 18.00 Uhr
unter: 0180 – 5222170
(12 Cent/Minute).
as
dbb > finale
>
DPhV
Scientology im
Schulbereich aktiv
Strahlte mit Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen um die
Wette: Herbert Bartsch, der Bundesvorsitzende des Seniorenverbandes
BRH im dbb.
8. Deutscher Seniorentag in Köln:
Alter als Chance
Alle drei Jahre veranstaltet die Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen
(BAGSO) jeweils in einem anderen Bundesland
ihren Seniorentag – und das mit wachsender
Resonanz bei den reiferen Jahrgängen: Zum
8. Seniorentag, der im Mai 2006 in Köln stattfand, waren auch die komba gewerkschaft und
der Seniorenverband BRH im dbb mit von der
Partie.
Als der 8. Deutsche Seniorentag, der in Wirklichkeit drei Tage
dauert, am 18. Mai zu Ende gegangen war, konnten sich seine
Initiatoren von der Bundesarbeitsgemeinschaft der SeniorenOrganisationen (BAGSO) über ein Rekordergebnis freuen: Vom
16. bis zum 18. Mai hatten rund 20 000 Gäste sich in Foren,
Workshops, Infoständen und auf der angeschlossenen Messe
SenNova zum Thema „Alter als Chance informiert – rund doppelt
so viele wie beim vorangegangenen Seniorentag, der 2003 in
Hannover stattgefunden hatte.
Unter den dbb Fachgewerkschaften präsentierten sich die komba
und der Seniorenverband BRH, beide engagieren sich seit Jahren
in der BAGSO für die Belange der älteren Generation. Ein Einsatz,
den auch Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen und
Bundespräsident Horst Köhler zu würdigen wissen. Beide nahmen sich bei ihren Aufenthalten Zeit zu einem kurzen Gespräch
mit dem BRH-Bundesvorsitzenden Herbert Bartsch, beziehungsweise am Stand der komba mit deren Vorsitzenden Heinz Ossenkamp.
>
Zeigte sich einig mit Bundespräsident Horst Köhler, dass die Kompetenz älterer Beschäftigter künftig besser genutzt werden muss:
komba-Chef Heinz Ossenkamp.
>
>
Heinz-Peter Meidinger,
Bundesvorsitzender des DPhV
trum für individuelles und effektives Lernen“ (ZIEL), die „Applied
Scholastics“ (u. a. Englischkurse)
und „Ziel Concept“. Meidinger:
„Wir können nur dringend raten,
private Unternehmen mit Angeboten und Materialien zu Lernmethodiken, Nachhilfe oder auch
Therapie von Teilleistungsstörungen genauestens auf ihre Seriosität zu überprüfen.“ Eine Kriterienliste, die Eltern und Studenten bei der Auswahl seriöser Anbieter helfen soll, kann bei der
DPhV-Bundesgeschäftsstelle angefordert werden.
VBOB-Bundesvertretertag
Der Verband der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden (VBOB) hat die Politik aufgefordert, ihrer Verantwortung
gegenüber den Beschäftigten gerecht zu werden. „Die Beschäftigten der Bundesverwaltung brauchen eine klare und für sie verlässliche Zukunftsperspektive“, sagte der Bundesvorsitzende des VBOB,
Rainer Schwierczinski, am 19. Mai 2006 auf dem Bundesvertretertag seines Verbandes in Berlin. Schwierczinski, der seit 1998 an der
Spitze des Verbandes steht, war von den Delegierten einstimmig
in seinem Amt bestätigt worden. Scharfe Kritik übte er vor den
rund 130 Delegierten und im Beisein von Bundesinnenminister
Wolfgang Schäuble an den von der Bundesregierung geplanten
neuerlichen Kürzungen in der Bundesverwaltung. Diese seien“eine
überproportionale und ungerechtfertigte Belastung“. Der VBOB
fordere, das jetzige Bezahlungsniveau als Mindestvoraussetzung
ebenso zu sichern wie die Teilhabe an der allgemeinen Einkommensentwicklung, die von der Vorgängerbundesregierung zugesagten Einmalzahlungen endlich zu realisieren und bereits vollzogene Kürzungen bei der weiteren Versorgungsgesetzgebung voll
anzurechnen.
> dbb magazin | Juni 2006
43
senioren/mitgliedsgewerkschaften
>
Nach aktuellen Beobachtungen
des Deutschen Philologenverbandes (DPhV) hat die Scientology-Organisation ihre Aktivitäten in den Bereichen Schule und
Erziehung verstärkt. DPhV-Vorsitzender Heinz-Peter Meidinger
machte am 11. Mai 2006 in Berlin darauf aufmerksam, dass es
inzwischen eine ganze Reihe
von überregional oder sogar
bundesweit tätigen Nachhilfestudios und Studienförderkurse
gibt, die Scientology zugerechnet werden. Dort werde versucht, Einfluss auf Jugendliche
und Kinder zu gewinnen. Darauf
hätten auch Verfassungsschutzberichte der Bundesländer in
jüngster Zeit hingewiesen. Zu
den Organisationen, die der
Scientology-Organisation nahe
stehen, gehören u. a. das „Zen-
dbb > finale
>
>
Verstorben
Egon Schley ist am 5. Mai
2006 im Alter von 74 Jahren
nach langer schwerer Krankheit
verstorben. Egon Schley war seit
1953 Mitglied der komba gewerkschaft, wo er sich als zuverlässiger, sachkundiger und engagierter Streiter für die Interessen der Kolleginnen und Kollegen eingesetzt hat. Sein gewerkschaftliches Engagement
erstreckte sich nicht nur auf die
Arbeit als komba Ortsvorsitzender und Vorsitzender des Gesamtpersonalrates bei der Stadtverwaltung Bonn, sondern insbesondere auf die langjährige Arbeit als stellvertretender komba
Bundesvorsitzender. Von 1988 bis 1995 war Egon Schley Mitglied
des dbb Bundesvorstandes sowie des dbb Bundeshauptvorstandes und war seit 1995 dbb Bundesrechnungsprüfer. Sein gewerkschaftlicher Einsatz wurde 1988 durch den Bundespräsidenten
mit der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes gewürdigt.
Seine selbstverständliche Hilfsbereitschaft, sein aufrichtiger
Charakter und sein freundliches Wesen werden allen, die ihn
über lange Jahre kannten und mit ihm zusammenarbeiten konnten, in dankbarer Erinnerung bleiben.
44
GdS
Gesetzliche Unfallversicherung erhalten
Für den Erhalt der Grundzüge
der gesetzlichen Unfallversicherung (UV) hat sich die Gewerkschaft der Sozialversicherung (GdS) eingesetzt. Der
GdS-Bundesvorsitzende Klaus
Dauderstädt forderte am
19. Mai 2006 die Politik auf,
bei einer Novellierung des UVRechts den bereits sichtbaren
Reformwillen der gewerblichen Berufsgenossenschaften und der UV-Träger der öffentlichen Hand angemessen
zu berücksichtigen und keine
Entscheidungen gegen die
Selbstverwaltung durchzusetzen. Die UV sei der einzige
Zweig der Sozialversicherung,
der schon seit Jahrzehnten
stabile Beitragssätze aufweist.
Branchengliederung, Präven-
>
Klaus Dauderstädt,
Bundesvorsitzender der GdS
tion und Rehabilitation „mit
allen geeigneten Mitteln“, das
Prinzip „Alle Leistungen aus
einer Hand“ und die Selbstverwaltung seien „die tragenden
Säulen der UV“. Verbesserungen und Weiterentwicklungen
im bisherigen System der UV
werden von der GdS mitgetragen, so Dauderstädt. Abgelehnt werden dagegen Maßnahmen, die den Arbeits-, Gesundheits- und Unfallversicherungsschutz der Arbeitnehmer
verschlechtern.
mitgliedsgewerkschaften
Kurt Kleff ist am 8. Mai 2006
im Alter von 70 Jahren gestorben. Mit seinem Wirken in zwei
dbb Gewerkschaften – von
1957 bis 1968 in der GDBA, seit
1969 im VBOB – sowie im dbb
hatte er sich die hohe Wertschätzung seiner Kollegen erworben. Für seinen Einsatz im
Dienste des Gemeinwesens
wurde Kleff 1986 mit dem
Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.
Kurt Kleff kam als junger Eisenbahner 1957 in die Verkehrsgewerkschaft, wo ihn sein Weg später in den Vorstand des GDBA Bezirkes Essen führte. 1969 wechselte er ins Bundeswirtschaftsministerium und engagierte sich
im Verband der Beschäftigten der oberen und obersten Bundesbehörden. Zunächst stellvertretender Bundesvorsitzender, stand
er von 1986 bis 1998 an der Spitze des VBOB, danach blieb er
dem Verband als dessen Ehrenvorsitzender verbunden. Mit viel
persönlichem Einsatz und großem Erfolg stritt Kurt Kleff auch in
seiner langjährigen Personalratstätigkeit für bessere Arbeitsbedingungen der Kolleginnen und Kollegen. Unvergessen wird auch
sein Engagement im dbb bleiben. In den 70er-Jahren war Kleff
Referent für Besoldung und Versorgung in der Bundesgeschäftsstelle, seit Ende der 80er-Jahre Mitglied in Bundesvorstand und
Bundeshauptvorstand des dbb. Von 1992 an übernahm er den
Vorsitz der BuHaVo-Kommission für Besoldung und Versorgung.
Ferner arbeitete er jahrelang engagiert im Beirat des „dbb magazin“ mit, war Mitglied der Strategiekommission und Vorsitzender der Projektgruppe Alterssicherung. Das gewerkschaftliche
und gesellschaftliche Engagement Kurt Kleffs hat Maßstäbe gesetzt. Der dbb wird ihm ein ehrendes Andenken bewahren.
> dbb magazin | Juni 2006
>
VDR
21. Bundesrealschultag
Der Verband Deutscher Realschullehrer (VDR) hat auf seinem 21. Bundesrealschultag
vom 11. bis 13. Mai 2006 in
Saarbrücken ein Ende „überflüssiger Schulstrukturdebatten und ungerechtfertigter
Schuldzuweisungen“ gefordert. Das gegliederte Schulsystem habe sich bestens bewährt und müsse als solches
in all seiner Differenziertheit
mit einer eigenständigen Realschule angeboten werden.
Eine schulformbezogene Lehrerausbildung bleibe unverzichtbar. Daneben müssten
pädagogische Hilfskräfte, wie
Sozialarbeiter und Psychologen, die Lehrkräfte vermehrt
bei ihren Bildungs- und Erziehungsaufgaben unterstützen. Dies gilt in besonderem
Maße für Schulen mit hohem
Migrantenanteil. Alle Schularten müssten Eltern für eine
verstärkte Zusammenarbeit
>
Albert Obert,
Vorsitzender des VDR
im Erziehungs- und Bildungsprozess gewinnen. Die Erziehung in der Familie sei eine
unabdingbare Grundlage für
einen erfolgreichen Bildungsweg. Der VDR forderte ferner,
finanzielle Mittel, die aufgrund zurückgehender Schülerzahlen frei werden, für die
bessere finanzielle und personelle Ausstattung der
Schulen zur Verfügung zu
stellen.Die 150 Delegierten
des Bundesrealschultages
bestätigten mit großer Mehrheit den bisherigen Bundesvorsitzenden des VDR, Albert
Obert, in seinem Amt.
dbb > finale
>
DSTG
Mehrwertsteuererhöhung
ad hoc schadet
Der Bundesvorsitzende der
Deutschen Steuergewerkschaft
(DSTG), Dieter Ondracek, hat
sich grundsätzlich gegen eine
Erhöhung der Mehrwertsteuer
um drei Prozent ausgesprochen.
„Drei Prozent ad hoc richten
wirtschaftlich mehr Schaden an
als sie nutzen“, sagte Ondracek
am 9. Mai 2006 dem rbb Inforadio. Damit der Staat wieder zu
höheren Einnahmen kommt,
mitgliedsgewerkschaften
46
>
Dieter Ondracek,
Bundesvorsitzender der DSTG
müssten Subventionen wie Kohleförderung, Sonderabschreibungen oder Wirtschaftsfördermaßnahmen auf den Prüfstand.
„Laut Koch-Steinbrück-Papier
belaufen sich diese auf 110
Milliarden Euro. Wenn man da
nur mit zehn Prozent Kürzungen
heran ginge, wären das schon
zehn Milliarden.“ Einen weite-
ren Weg zur Verbesserung der
Einnahmenseite des Staates
sieht Ondracek in der Bekämpfung der Steuerhinterziehung,
die derzeit ein Volumen von 70
Milliarden Euro pro Jahr hat. Die
Steuerverwaltung müsse in die
Lage versetzt werden, dies auch
zu tun.
>
Aktionstag zum
Nahverkehr
Mitglieder der Verkehrsgewerkschaft GDBA haben sich am 5.
Mai 2006 bundesweit an einer
Unterschriftenaktion der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) beteiligt, die sich
gegen massive Einschränkungen bei der Vergabe von Nahverkehrsleistungen wendet.
Schwerpunktorte der Aktion
waren Frankfurt am Main,
Bebra, Regensburg, Tübingen,
Köln, Dortmund, Hamburg,
Hannover und Berlin. Die Aktion stieß auf große Resonanz.
GDBA-Bundesvorsitzender
Klaus-Dieter Hommel sagte:
„Wir wenden uns gegen Bestrebungen der EU, den öffentlichen Personennahverkehr eu-
> dbb magazin | Juni 2006
Angesichts wieder sprudelnder Steuerquellen in Schleswig-Holstein
hat die Vorsitzende des dbb Landesbundes, Anke Schwitzer, Korrekturen bei den Sparplänen zu Lasten der Beschäftigten im öffentlichen
Dienst gefordert: „Wenn mehr Geld hereinkommt, dann kann es nicht
sein, dass das Land weiterhin seinem Personal Sonderopfer in unveränderter Höhe abverlangt“, sagte Schwitzer am 11. Mai 2006. Das
Land erwarte für das laufende Jahr sogar Steuermehreinnahmen von
rund 100 Millionen Euro. Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst
hätten ein Recht auf Bezahlung ihrer geleisteten Arbeit.
den. Das würde nach Einschätzung der GDBA auf „Lohndumping und Preisdrückerei“
hinauslaufen.
>
Klaus-Dieter Hommel,
Bundesvorsitzender der
Verkehrsgewerkschaft GDBA
ropaweit durch eine in allen
Ländern einheitlich geltenden
Verordnung zu regeln.“ Geht es
nach dem Willen der europäischen Verkehrsminister, sollen
die Kommunen künftig nicht
mehr eigenständig entscheiden
können, an wen sie Nahverkehrsleistungen vergeben wollen. Jede Buslinie, jede Straßenbahn- oder U-Bahn-Strecke
müsste ausgeschrieben wer-
DPoIG
Präventionsarbeit
stärken
Angesichts zunehmender Gewaltkriminalität im Jahr 2005
fordert die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG), die polizei-
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>
Personaleinsparung korrigieren
GDBA
> Berufsschulen brauchen
mehr Lehrer
Angesichts steigender Schülerzahlen an den beruflichen
Schulen Baden-Württembergs hat der Vorsitzende der
Berufsschullehrerverbände
(BLV), Herbert Huber, mehr
Lehrerstellen gefordert. Bei
einer Anhörung der Verbände am 26. April 2006 in
Stuttgart verwies Huber darauf, dass sich in diesem
Punkt das berufliche vom allgemein bildenden Schulwesen unterscheide. Deshalb
müsse es auch in der neuen
Legislaturperiode einen jährlichen Stellenzuwachs bei
den beruflichen Schulen im
Umfang von etwa 200 Stel
len geben, so Huber.
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bgv
Digitalfunk muss
kommen
Die Staatssekretäre der Innenministerien des Bundes und der
Länder haben am 11. Mai 2006
das Verwaltungsabkommen zur
Errichtung des Digitalfunknetzes
für die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben
(BOS) paraphiert. „Damit kann
endlich auch in Deutschland ein
modernes und abhörsicheres
Funksystem für die Polizeien des
Bundes und der Länder sowie die
anderen BOS-Behörden Realität
werden“, sagte der Bundesvorsitzende der Bundespolizeigewerkschaft bgv, Knut Paul, am 12. Mai
2006. Damit das Abkommen in
Kraft treten kann, müssen noch
Wolfgang Speck,
Bundesvorsitzender der
DPolG
liche Präventionsarbeit zu verstärken. Es müsse mehr Geld
und Personal für die vorbeugende Arbeit der Polizei zur Verfügung gestellt werden, sagte
DPolG-Bundesvorsitzender
Wolfgang Speck am 15. Mai
2006 nach der Vorstellung der
Kriminalstatistik 2005 in Berlin.
Mit Blick auf die gestiegene Zahl
von Betrugsfällen im Internet
fordere die DPolG, für diesen Deliktsbereich mehr polizeiliches
Personal einzustellen. Die insgesamt gesunkene Zahl von Straftaten sowie die gestiegene Aufklärungsquote im Jahr 2005
gegenüber dem Vorjahr wertet
die DPolG als Ausweis einer
nach wie vor effektiven Polizeiarbeit – trotz Personalabbau
und Einkommenskürzungen. >
Knut Paul,
Bundesvorsitzender des bgv
die Parlamente beteiligt werden
sowie die Innenminister von
Bund und mindestens zehn Ländern das Abkommen unterzeichnen. Paul appellierte an die zuständigen Gremien, keinen weiteren Zeitverzug zuzulassen, damit das Abkommen noch in diesem Jahr in Kraft treten kann. Bis
spätestens Ende 2010 soll ein
bundeseinheitlich ausgestattetes
digitales Sprech- und Datenfunksystem für die BOS eingeführt
werden.
dbb > finale
Welt wird von einem bekannten Versandhaus in zwei Varianten angeboten: einmal in 20
x 30 Zentimeter-Stücken, einmal in Acryl gegossen in 14 x 8
x 5 Zentimeter-Blöcken: Originalrasen vom WM-Finale im
Berliner Olympiastadion. 75 Euro muss der Fan für diese exklusive und streng limitierte
Fußballreliquie berappen. Auslieferung erfolgt natürlich nur
solange der Vorrat reicht in
haushaltsüblichen Mengen,
und ein Rückgaberecht wird
nicht gewährt. Allerdings gibt
es als Zugabe ein Echtheitszer-
WM-Spiele live verfolgen, sondern auch 320 ausländische Polizisten die deutschen Sicherheitskräfte unterstützen. Das
Bundeskriminalamt hat alle
teilnehmenden Staaten – außer Iran und Saudi-Arabien –
um Entsendung von Verbindungsbeamten gebeten. Die
größten Kontingente mit jeweils 40 uniformierten Sicherheitskräften kommen aus
Großbritannien, Polen, Frankreich und den Niederlanden. Sie
werden im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei eingesetzt.
>
Auf der Homepage
eines bekannten Kaufhauses
gibt es besonders Außergewöhnliches zur WM: „Holen Sie
sich ihr ganz persönliches Stück
vom ‚Heiligen Rasen‘ zu sich
nach Hause und werden Sie
Platzwart für ihr eigenes Stück
WM-Rasen,“ heißt es dort. Zum
Preis von nur 9,95 Euro erhält
der Fußballfan eine Box mit Originalsamen „FIFA-WM-Stadionrasen“. Das Pflanzsubstrat muss
in der Kunststoffbox verteilt
und vorsichtig mit Wasser begossen werden, dann kommt
der Samen dazu, nochmals gießen und wachsen lassen. Nach
14 Tagen kann der Rasen bereits auf die gewünschte Spielfeldlänge geschnitten werden.
Der begehrteste Fan-Artikel der
Der Direktor des
tschechischen Geheimdienstes, Karel Randak, ist
>
zum General befördert worden.
Da diese Zeremonie laut Gesetz
öffentlich stattfinden muss, erschien Randak mit langen Haa-
im Gesicht hatte, bestritt diese
Version vehement. Er sei von einem der beiden Männer vom Rad
gestoßen und mit der Faust
mehrmals ins Gesicht geschlagen worden. Erneute Handgreiflichkeiten konnten die Beamten
verhindern, die jetzt wegen vorsätzlicher Körperverletzung, Nötigung und gefährlichen Eingriff
in den Straßenverkehr ermitteln.
Die Beteiligten sind zwischen 75
und 80 Jahre alt.
> Tausche Podolski gegen Lehmann – geht nicht, denn
der hat es nicht mehr in die Sammeltütchen mit Fußballbildern
Heiliger Rasen
47
kulisse
> Nicht nur Fußballfans aus aller Welt werden die
und er in die Rolle des besseren
Bundestrainers schlüpft. 18
Kurzgeschichten sollen jeweils
die langweiligsten 9o Minuten
im Leben einer Fußballwitwe
verkürzen. Und praktische Lebenshilfe gibt es auch: Tipps,
wie man oder besser gesagt
frau ihn vom Fußball loseisen
oder ganz loswerden kann.
tifikat. Fans mit Weitblick sollten vorsorgen, denn je nach
WM-Gewinner dürfte der Wert
der Rasenstücke beträchtlich
steigen.
> Angeblich gibt es
mehr Frauen, die Fußball
nicht mögen als Männer. Wie
dem auch sein mag, das Klischee wird immer wieder bedient. So gibt es pünktlich vor
Anstoß der WM „Die Venusfalle“, das Buch, das in den kommenden Wochen die Fußballwitwen trösten soll, wenn sie
auf der Ersatzbank schmort
ren, Brille und Vollbart bei
Staatspräsident Vaclav Klaus.
Sein wahres Gesicht dürfe er
nicht zeigen, weil er sich an verdeckten Aktionen beteilige, erklärte der frühere Berufssoldat.
Er könne es nicht erwarten, sich
zu rasieren, fügte Randak hinzu,
der angesichts des ganzen Aufwandes lieber Oberst geblieben
wäre.
> Ein angeblicher
Unfall zwischen vier Fußgän-
gern und einem Radfahrer stellte sich als handfeste Auseinandersetzung heraus. Die Fußgänger erklärten der herbeigerufenen Polizei zunächst, dass
der Radfahrer mit Absicht in die
Gruppe gefahren sei, deshalb
hätten ihn die beiden Frauen
mit den Handtaschen attackiert.
Der Radfahrer, der Verletzungen
geschafft, die seit Ende April in
Deutschland wieder verkauft
werden. 30 Millionen Tüten gibt
es, und 597 Sticker müssen gesammelt werden, bis das Album, davon gibt es 650 000
Stück, komplett ist. Dass manche Spieler nur in bestimmten
Regionen in die Tüte beziehungsweise in den Handel
kommen, ist dabei genau so ein
Gerücht wie die Behauptung,
einige Sticker würden nur in
ganz geringer Auflage gedruckt,
um den geplagten Sammlern
das Geld aus der Tasche zu ziehen. Fußballbilder werden in
Deutschland übrigens im großen Stil bereits seit der WM
1970 in Mexiko gesammelt,
und manche Freaks versuchen
heute noch, über das Internet
ihre Alben von damals zu komplettieren.
sm
> dbb magazin | Juni 2006