8. Hessisches Elternforum „Kein Raum für Missbrauch“ Referat 09.11

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8. Hessisches Elternforum „Kein Raum für Missbrauch“ Referat 09.11
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8. Hessisches Elternforum „Kein Raum für Missbrauch“
Referat 09.11.2013
Gudrun Geißler, Mitglied im Landesvorstand des
Kinderschutzbundes
Das Thema meines Referats lautet
„Häusliche Gewalt – Schwerpunkt sexueller Missbrauch an Kindern“
 Folie 2
Im Kinderschutz verstehen wir den Begriff „Gewalt“ als weitgefasste Definition
zur Gefährdung des Kindeswohls.
Gewalt wird definiert als
 körperliche Gewalt,
 psychische Gewalt,
 Vernachlässigung und
 sexueller Missbrauch.
Die Gewaltfreie Erziehung ist im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert, und
natürlich ist der Schutz vor Gewalt auch in der UN-Kinderrechtskonvention
enthalten. Es gibt die Verpflichtung für alle, Gewalt gegen Kinder nicht
zuzulassen, aber es ist noch lange nicht so weit, dass dieses Recht der Kinder
umfassend umgesetzt wird.
Lassen Sie mich hier klären, dass der Begriff „Kinder“ entsprechend der UNKinderrechtskonvention auch Jugendliche umfasst, denn Kinder sind hier alle
bis zum 18. Lebensjahr.
Entsprechend der Gesetzeslage hat das Jugendamt das sogenannte
Wächteramt wahrzunehmen. Das bedeutet, es trägt die Verantwortung, dass
das Wohl der Kinder gewährleistet wird. Das Jugendamt kann andere freie
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Träger damit beauftragen, sie bei der Verwirklichung der Aufgaben zu
unterstützen. Für Eltern und Kinder gibt es das sogenannte Wunsch- und
Wahlrecht, das bedeutet, auch freie Träger sollen mit Angeboten für Beratung
beauftragt werden.
Die gesetzlichen Vorschriften zum Kinderschutz sind insbesondere formuliert
im § 8 a SGB VIII, im neuen Bundeskinderschutzgesetz und im Gesetz zur
Kooperation und Information im Kinderschutz KKG.
Ziel des Kinderschutzgesetzes ist es, Prävention und Intervention im
Kinderschutz gleichermaßen voranzubringen und alle Akteure zu stärken, die
sich für das Wohlergehen von Kindern engagieren - angefangen bei den Eltern
über den Kinderarzt oder die Hebamme bis hin zum Jugendamt oder dem
Familiengericht.
Den Kinderschutz gab es selbstverständlich schon zuvor im Gesetz, aber in
diesen in den Jahren 2011 und 2012 neu erlassenen Gesetzen wurde die
Kindeswohlgefährdung nach der steigenden Zahl der Aufdeckung extremer
Kindeswohlgefährdungen und auch dem Tod einiger Kinder aufgenommen. Die
Fälle Chantal und Jessica sind Ihnen sicherlich auch in Erinnerung. Bei diesen
Fällen ging es um Vernachlässigung und körperliche Gewalt gegen Kinder. Hinzu
kommen die vielen Fälle, die auch über den Runden Tisch „Sexueller
Missbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen in privaten und
öffentlichen Einrichtungen und im familiären Bereich“ bekannt geworden sind.
Hierzu gehören auch die Vorfälle in der Odenwaldschule und anderen
Internaten und kirchlichen Einrichtungen, aber auch Gewalt und Missbrauch in
früheren Heimen für angeblich „Schwererziehbare“.
Heute werde ich mich wie vereinbart beschränken auf das Thema
„Kindeswohlgefährdung – Sexueller Missbrauch im häuslichen Bereich“.
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Im Bericht des Runden Tischs zu Missbrauch heißt es in Kapitel zwei:
„Sexueller Missbrauch verursacht neben körperlichen vor allem seelische
Verletzungen. Es geht um Missbrauch emotionaler Grundbedürfnisse von
Kindern und Jugendlichen: ihr Bedürfnis nach Nähe, nach Anerkennung, nach
Zärtlichkeit, Zuwendung und Geborgenheit. Die meisten Taten werden von
Menschen begangen, denen Kinder und Jugendliche ihr Vertrauen geschenkt
haben. Der Missbrauch dieses Vertrauens prägt das Schicksal der Betroffenen,
ihre persönliche Geschichte. Wie das Erlebte verarbeitet wird, ist höchst
individuell und hängt nicht nur von der Schwere und Dauer der Übergriffe ab.
Es hängt auch davon ab, was Betroffene im Vorfeld schon erlebt und erlitten
haben, ob und wie das Umfeld sie auffangen und ihnen dabei helfen kann,
anderen Menschen zu vertrauen, sowie davon, ob Schutz und Zugang zu
professioneller Hilfe schnellstmöglich gewährleistet werden können.“ Ende des
Zitats.
Die Schicksale und die Zahlen, die bekannt sind, erschrecken uns immer wieder
Die Dunkelziffer ist sehr hoch. Auf die Zahlen gehe ich später noch einmal ein.
Um diese erschreckenden Zahlen zu verringern, müssen wir sehr viel mehr die
Prävention ausbauen, um einmal Kinder zu stärken, denn starke Kinder sind
besser geschützte Kinder. Es gilt aber auch Eltern, Pädagogen und andere
Erwachsene für das Thema zu sensibilisieren.
Sexueller Missbrauch / Sexuelle Gewalt – was ist darunter zu verstehen
„Als sexuellen Missbrauch bezeichnet man alle Handlungen, die ältere
Personen an jüngeren Personen zur Befriedigung sexueller Interessen
durchführen. Bei diesen Handlungen fehlt das Einverständnis. Es besteht keine
Gleichheit zwischen den Beteiligten. Außerdem wird Zwang ausgeübt. Ein
Übergriff findet also immer dann statt, wenn eine ältere Person eine jüngere
auf irgendeine Weise dazu bringt, stillzuhalten oder etwas zu tun, was den
eigenen sexuellen Interessen dient.“ Zitat Ende
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Als Ergänzung zum direkten Missbrauch wird auch Zwang zum Betrachten von
Pornografie angesehen.
Die Kinder sind meist von diesen Personen abhängig. Sie sind auf Grund ihres
Alters nicht in der Lage, die Tragweite und Bedeutung des Geschehens zu
begreifen. Wenn sie es dann langsam realisieren, dass etwas Falsches
geschieht, trauen sie sich nicht mehr anderen darüber eine Mitteilung zu
machen.
Dies rührt auch daher, dass die Erwachsene ihnen viel zu leichtfertig die
Mitschuld an Fehlverhalten geben und oft nicht glauben können, dass der
Täter, den sie in der Regel auch kennen, so etwas mit ihren Kindern tut.
Manchmal ist es so, dass auch wir die Grenzen, die Kinder sich selbst geben,
missachten und verlangen, dass der Onkel geküsst wird oder das „Sitzen auf
dem Schoß“ doch nicht schlimm sei. Wie soll das Kind dann wissen, dass der
Onkel beim Streicheln zu weit geht? Äußert das Kind Unbehagen, dann sollten
wir das ernst nehmen und darauf eingehen.
Wichtig ist auch zu wissen, dass sexuelle Gewalt in der Regel eine geplante
Handlung ist. Sexueller Missbrauch kommt in allen gesellschaftlichen Milieus
vor.
 Folie 3
Kinder haben nie die Schuld am Missbrauch. Dieses klare Vertrauen
brauchen Kinder, um sich zu äußern.
Die Verunsicherung beim Thema Missbrauch ist sehr groß, denn die
Unsicherheit wächst:
 Was ist noch erlaubt, was wird schon als falsche Handlung
ausgelegt?
 Ist jetzt jeder ein Täter?
 Kann ich keinem mehr trauen?
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 Wo liegt der Unterschied zwischen Nähe und Missbrauch?
 Warum ist es so schwer, den richtigen Weg einzuschlagen?
 Was denken die Verwandten und Freunde von uns, wenn ich sage,
mein Kind muss niemanden küssen oder mit jemandem
schmusen?
 Was fehlt unseren Kindern an Liebe und Anerkennung, Zuwendung
und Zeit von uns Eltern?
Fragen, die wir Kindern bei unguten Gefühlen stellen, sollten sind:
 Hat dich jemand angefasst, wo Du nicht angefasst werden willst?
 Macht jemand über deinen Körper Bemerkungen, die dir
unangenehm sind?
 Will jemand von Dir geküsst oder berührt werden und du fühlst
dich dabei nicht wohl?
 Zwingt Dich jemand zu Berührungen an den Geschlechtsorganen
oder hat mit dir Geschlechtsverkehr?
Wir fragen uns manchmal auch, warum sich Verhaltensweisen der Kinder
ändern und wir überlegen:
 Der Nachbar ist doch so nett zu unserer Tochter. Wieso will sie
denn nicht mehr hin?
 Immer macht sie Probleme. Warum nur will sie dem Onkel kein
Küsschen mehr geben?
Die Unterscheidung liegt ganz eindeutig in dem, was der Erwachsene vorhat:
Die Absicht, es zu sexuellen Befriedigungen kommen zu lassen, ist der
entscheidende Punkt und damit zusammenhängend die Missachtung der
Gefühle des Kindes.
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Es kommt eindeutig zu Grenzüberschreitungen. Die Achtung der Gefühle des
Kindes und die Akzeptanz der Grenzen, die das Kind zieht, müssen Erwachsene
anerkennen und sie nicht einfach zur Seite schieben.
Doch ist nun jeder Körperkontakt gleich Missbrauch? Nein.
Lassen Sie es mich an einem Beispiel deutlich machen:
Badet der Vater mit seiner vierjährigen Tochter und sie haben viel Spaß in der
Wanne, hat das nichts mit Missbrauch zu tun. Wenn aber der Vater das Kind
betatscht und seine Widerstände überwindet und dann auch daraus noch ein
Geheimnis macht, ist es Missbrauch.
Wichtig ist:
Das Wahrnehmen, Benennen und Ausdrücken von Gefühlen sind Fähigkeiten,
die Kindern in ihrem familiären Umfeld vermittelt werden. Nehmen Menschen
ihre eigenen Gefühle, Gedanken und Wünsche nicht wahr, so haben sie häufig
auch kein Verständnis für die Gefühle, Gedanken und Wünsche anderer. Ihnen
fällt es schwer, Mitgefühl zu empfinden. Ohne Mitgefühl für das Leiden anderer
kann jedoch keine wirkliche Nähe zu einem anderen Menschen entstehen.
Ich zitiere als Beispiel die Aussage einer jungen Frau, die erst nach Jahren über
die Übergriffe eines Nachbarn in ihrer Kindheit sprechen konnte:
„Meine Familie war eigentlich ganz o.k. Meine Eltern haben für uns gesorgt.
Wir hatten immer zu essen und zu trinken, saubere Kleidung und was man so
braucht. Was es in unserer Familie nicht gab, waren große Gefühle. Ich habe es
damals ja nicht anders gekannt. Als unser Nachbar mich und meine Freundin
immer wieder zu einer Limonade bei sich einlud, hatte ich so ein komisches
Gefühl. Irgendwie war er mir unheimlich. Meine Mutter sagte, ich spinne – also
habe ich nicht auf mein Bauchgefühl gehört. Kurz danach fing er an, mich zu
betatschen.“
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 Folie 4
Zahlen und Fakten
Es ist sehr schwierig, genaue Zahlen zu bekommen, denn die Dunkelziffer ist
sehr hoch, aber trotzdem sprechen die zur Verfügung stehenden Zahlen eine
deutliche Sprache:
Für das Jahr 2010 verzeichnete die Polizeiliche Kriminalstatistik rund 11.867
Fälle, die Dunkelziffer weist darauf hin, dass die wirkliche Zahl bis zu 20 x höher
anzusetzen ist. Wenn man diese angezeigten Fälle nach der Zuordnung der
Täter aufteilt, dann muss man sagen, 33 % der Opfer hatten keine Beziehung
zum Täter, aber 22 % waren mit ihm verwandt und 38,5 % kannten den Täter
vorher, das sind zusammen über 60 %. Eine andere Statistik geht davon aus,
dass sogar mehr als 70 % den Täter vorher kannten.
Wir reden daher von einer hohen Zahl von Kindern und Jugendlichen, für die
tatsächlich – entsprechend der Definition des Runden Tisches, die ich eingangs
zitiert habe – sexueller Missbrauch im häuslichen Raum zutrifft.
Wer sind die Täter?
In Bezug auf sexuellen Missbrauch müssen wir daher eindeutig sagen:
Die Warnung vor dem bösen Fremden, die Eltern oft ihren Kindern sehr
eindeutig vermitteln beim Schutz vor Missbrauch reicht nicht aus.
Wir sagen oft: „Steige niemals zu Fremden ins Auto – nimm keine Süßigkeiten
an – geh nicht mit Fremden mit – sei vor der Dunkelheit zu Hause“
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Das ist wichtig und richtig.
Wir sind aber der Überzeugung, die Stärkung des Selbstbewusstseins der
Kinder und das Verlassen auf die eigenen Gefühle sowie das Vertrauen, über
alles sprechen zu können sind die entscheidenden Faktoren für die Kinder. Sie
merken dann, dass „der Fremde“ oder der Mann aus der Nachbarschaft sich
eigenartig verhält und ihre inneren Warnlampen sagen ihnen, dass sie Abstand
halten sollen. Für Kinder ist es entscheidend, ihre klaren inneren Grenzen zu
kennen und sie zu achten.
Folgende Aussagen haben Kinder zu ihren Erfahrungen mit sexuellem
Missbrauch gemacht:
 Du kennst die Menschen meist und vertraust ihnen – Onkel,
Stiefvater, Nachbar, Vater, Lehrer, Kumpel, auch eine Frau. Sie
verlangen von dir, es als Geheimnis zu wahren und mit niemand
darüber zu reden, weil sonst etwas Schlimmes passieren könnte.
 Sie kommen immer wieder und locken mit schönen Sachen oder
auch mit schönen Gefühlen, denn natürlich ist Fürsorge auch ein
schönes Gefühl.
 Wenn ich als Kind dann nicht mehr mitmachen möchte, dann
werden die Drohungen immer schlimmer: Du musst ins Heim – Ich
bringe mich um – du zerstörst unsere Familie – du machst alle
unglücklich – deiner Mutter geht es doch sowieso schon so
schlecht
Lassen Sie es mich noch an zwei Beispielen deutlich machen:
 „Als ich kleiner war, war ich recht pummelig. Ich war auch nicht
hübsch. Klug war ich wohl auch nicht. Jedenfalls hörte ich das
häufig genug. Als der Freund meiner Mutter begann, mich zu
betatschen, sagte er mir, dass ich froh sein sollte, dass sich
überhaupt jemand mit mir abgibt“
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 „Eine Regel, die wir immer wieder gelernt haben, war, dass man
auf Erwachsene hören muss. Haben wir nicht auf unsere Eltern
gehört, wurden wir bestraft. Klar war auch, dass wir auf die
anderen Erwachsenen in unserer Familie zu hören hatten. Als mein
Stiefvater sagte, ich müsse seinen Penis anfassen, war mir klar,
dass ich auf ihn hören musste.“
Oder das Beispiel aus der Schule:
„Ein Lehrer aus dem Turnverein war ein ganz Netter. Alle mögen
ihn. Ich auch. Damals hab ich mich, glaube ich, ein wenig in ihn
verliebt. Ich war 13. Er kümmerte sich super um unsere Gruppe.
Eines Tages bot er mir an, mir noch bei einer Übung zu helfen, die
ich nicht hinbekommen hatte. Zuerst übten wir, dann fing er an,
mich zu streicheln. Ich fand das auch schön. Irgendwie wurde es
mehr. Er streichelte mich auch da untern. Das fand ich etwas
seltsam. Er nahm mir aber das Versprechen ab, niemanden davon
zu erzählen. Ich habe es versprochen – und man bricht keine
Versprechen.“
Sie sehen und haben es heute schon öfters gehört:
Missbrauch kann von sehr nahestehenden Menschen in der Familie, dem
unmittelbaren Nahraum des Kindes, aber auch in Schule, Sportverein, anderen
Vereinen, Kirchengruppen geschehen.
Wie in der Kampagne des Bundesministeriums aufgeführt ist, suchen sich Täter
oft ein entsprechendes Umfeld durch berufliche oder auch ehrenamtliche
Tätigkeit aus, die den Zugang zu Kindern erleichtert. Die Forderung, Täter und
Täterinnen von Einrichtungen fern zu halten, ist sicherlich richtig, aber Täter
suchen sich ihre Opfer. Wichtig ist es, gemeinsam wachsam zu sein und die
gesellschaftliche Verantwortung zu stärken entsprechend der Kampagne „Gib
Missbrauch keinen Raum“.
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 Folie 5
Das klingt nun so, als ob Sie als Eltern und Ihre Kinder keinem mehr trauen
können. Nein, das ist falsch. Es geht aber darum aufmerksam zu sein und sich
auch zu trauen in Einrichtungen nachzufragen, welche Gespräche und
Unterlagen angefordert werden, bevor jemand Gruppenleiter wird oder andere
Aufgaben übernimmt. Wir sprechen von dem erweiterten polizeilichen
Führungszeugnis. Natürlich ist auch das keine 100 %ige Sicherheit, es müssen
ein Beschwerdekonzept für Kinder, die Benennung einer Vertrauensperson und
verantwortungsvolles Beobachten und Beurteilen des Verhaltens der Kinder
hinzukommen. Kinder senden uns Signale, wenn es ihnen nicht gut geht, aber
wir haben oft zu wenig Zeit, darauf zu achten und es gehört auch Mut dazu
Kinder anzusprechen.
Leider gehört zu den Merkmalen des Missbrauchs an Kindern, dass dieser
anders als bei den anderen Formen von Gewalt häufig unentdeckt bleibt. Der
Missbrauch findet daher oft auch über einen längeren Zeitraum statt. Kinder
können ihn in der Regel nicht selber stoppen. Missbrauch nimmt immer einen
dynamischen Verlauf. Es bleibt nicht bei Zärtlichkeiten, sondern es kommt zu
immer intensiveren sexuellen Handlungen. Und das Kind kann sich nicht
wehren. Es verändert sich, aber die Erwachsenen gehen den Hinweisen, die die
Kinder äußern, nicht nach. Sie sind unsicher und wollen nicht sehen, was nicht
sein darf. Sie beurteilen den Täter nach seinem sonstigen so positiven
Verhalten und meinen, das Kind fantasiere oder habe schlechte Sachen gehört
und wolle sich nur wichtig machen. Täter, gerade auch neue Partner, die
Frauen sich nach einer Scheidung oder Trennung aussuchen, können sehr
liebevoll sein und sprechen auch die Gefühle der Frauen an. Und doch können
sie sich bewusst für diese Frau entschieden haben, denn sie hat kleine Kinder.
Das heißt, auch hier haben die Erwachsenen die Verantwortung hinzuschauen,
was der neue Partner mit den Kindern macht und hinzuhören, was die Kinder
an ihm und seiner körperlichen Annäherung als neuer Papa nicht mögen. Das
ist schwer, denn Vertrauen ist die Basis für neue und alte Beziehungen
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zwischen Erwachsenen und hier spielt Misstrauen mit hinein. Aber sind wir das
unseren Kindern nicht schuldig? Wir tragen die Verantwortung dafür, dass sie
seelisch und körperlich geschützt sind.
Wie können wir merken, ob etwas mit unseren Kindern nicht stimmt? Wie
reagieren die Opfer?
Die Aussagen der Kinder sind:




Die Angst vor den Folgen bei der Erzählung lässt dich schweigen
Du hast Angst und schämst dich
Du weißt nicht was du tun sollst
Du gibst dir selbst die Schuld, weil ein Erwachsener dir doch so etwas
nicht tun kann und er dich doch liebt.
 Du lebst im Zwiespalt zwischen guten Gefühlen, weil du Zuwendung
erfährst und du hast schlechte Gefühle, weil jemand Sachen mit Dir
macht, die dir unangenehm sind.
Die Reaktionen reichen von Rückzug bis hin zu übermäßiger Aggression,
von Stimmungsschwankungen bis zu übermäßiger Nervosität. Sprachstörungen
können auftreten, erneutes Einnässen, Schlafstörungen, Essstörungen und
auch die Flucht in Alkohol oder Drogen sind möglich. Es kann auch zu
übertriebener Körperhygiene kommen. Sexualisiertes Sprachverhalten, aber
auch Ablehnung der gemütlichen Fernsehstunde mit dem Vater, obwohl sie
vorher so viel Freude gemacht hat, können Anzeichen sein. Ausreden werden
erfunden.
Die Symptome sind sehr individuell und alles was „Anders“ ist, sollte uns als
Hinweis dienen.
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Die Konsequenzen für uns als Eltern, Pädagogen und Erwachsene sind also:
 Stärkung der Kommunikation in der Familie, auch zum Thema
Sexualität und die Gefühle über Sexualität. Dies ist natürlich abhängig
vom Alter der Kinder. Hierzu gehört auch, zu sagen, was andere nicht tun
dürfen, und dass jeder über seinen eigenen Körper bestimmen darf.
 Wir müssen über Geheimnisse sprechen. Jedes Kind hat gerne
Geheimnisse und freut sich, wenn es zur Mutter sagen kann, dein
Geburtstagsgeschenk ist ein Geheimnis, aber dann hat es ein gutes
Gefühl dabei. Wir müssen Kindern sehr deutlich sagen: es gibt gute
Geheimnisse, die dich lächeln lassen und schlechte Geheimnisse, die
dich zum Weinen bringen. Über die Geheimnisse, die dir Kummer
machen, solltest Du mit einem Erwachsenen, dem Du vertraust
sprechen.
 Es hängt mit von unserer Aufmerksamkeit ab, ob wir die Veränderungen,
die bei Kindern vorgehen, bemerken und sie daraufhin ansprechen. Es
geht auch um Beobachtung von Auffälligkeiten in der Tagesstätte, der
Schule, dem Verein.
Wir als Erwachsene tragen also Verantwortung, denn wir müssen merken,
wann es unseren Kindern nicht gut geht und uns die Zeit nehmen, es
herauszufinden, was passiert ist. Durch unser Vertrauen auf die Äußerungen
der Kinder stärken wir das Selbstbewusstsein der Kinder und das Recht der
Kinder auf ihre eigene persönliche Entwicklung.
Und was ist besonders wichtig, wenn sich Kinder uns anvertrauen?
Zunächst heißt es immer wieder in allen Unterlagen:
Ruhe bewahren. Eine schwierige Sache bei so einem Vorwurf.
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Und dann ist es wichtig:
Glauben Sie ihrem Kind, auch wenn Sie das Handeln einem Vertrauten
nicht zutrauen
Dass Sie einer kindlichen Aussage misstrauen, kann sehr naheliegend sein,
denn stellen Sie sich vor, Ihr neuer Partner, mit dem Sie selbst eine neue
Beziehung eingegangen sind, vergreift sich an Ihrem Kind. Sie können das nicht
glauben. Der Täter ist doch so zärtlich, er schmust so gerne, er bringt immer so
liebe Geschenke mit, er ist so freundlich und hilfsbereit zu allen. Eine Welt
stürzt auch für Sie zusammen.
Sie haben mit diesem Mann geschlafen und dann das. Wie soll das möglich
sein? Aber leider kann es so sein. Und das genau kann auch ein Grund sein,
warum Ihr Kind nicht mit Ihnen sprechen will, aber es ist notwendig, dass Sie
Ihrem Kind glauben und weiter darüber sprechen.
 Folie 6
Es ist also notwendig:
 Holen Sie sich Rat – Auch Sie brauchen Hilfe bei so einem Thema
 Schaffen Sie Anlässe ohne Dramaturgie, über dieses „schlimme“
Thema zu sprechen.
 Wenn Ihr Kind nicht mit Ihnen sprechen mag, nennen Sie ihm
Stellen, an die es sich selbst wenden kann
Sicherlich fragen Sie sich:
Und was soll ich mit dem Täter, dem Partner, machen?
Auch hier gilt, bewahren Sie zunächst Ruhe, achten Sie darauf, dass Ihr
Kind nicht mehr mit dem Täter allein ist. Eine Konfrontation sollten Sie
erst vornehmen, wenn Sie sich fachliche Unterstützung dafür geholt
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haben. Täter verleugnen die Tat und tun alles, um die Anklagenden
lächerlich zu machen, ihnen unlautere Rachegefühle unterzuschieben.
Täter wollen vermeiden, dass es zu einer gesellschaftlichen Ächtung oder
gar Verurteilung kommt.
Sagen Sie ihrem Kind, dass Sie es schützen und alles tun, damit der Täter
es nicht mehr bedrängen kann
Hören Sie sich die Vorschläge Ihres Kindes an und zeigen Sie ihm, dass Sie
für Ihr Kind da sind.
Erstatten Sie Strafanzeige, wenn der Verdacht Gewissheit geworden ist,
denn wenn Sie den Täter nur raus schmeißen, sucht er sich die nächste
Familie mit Kindern und setzt seine Taten fort.
Sie sehen, im Umgang mit dem Täter / der Täterin ist es wichtig:
 Keine hektischen Reaktionen. Der Täter leugnet in der Regel und
übernimmt keine Verantwortung. Er schwört, dass es nie wieder
passieren wird und gibt manchmal dem Partner die Schuld, weil er zu
wenig Zeit oder Interesse in der Beziehung für Sexualität hatte.
 Holen Sie sich professionellen Rat und handeln Sie erst dann, denn
wichtig ist es, dass der Täter seine Strafe erhält und das gelingt oft nur,
wenn Kinder ihre Erlebnisse unbeeinflusst von anderen berichten
können
 Täter müssen die Verantwortung für ihr Handeln übernehmen und sich
einer Täterberatung und Therapie stellen
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Lassen Sie mich nochmals betonen:
Jedes Kind hat das Recht, seine Gefühle zu zeigen und zu sagen, wenn es
etwas nicht will – besonders wenn es seinen eigenen Körper betrifft –
Nein-Sagen erlaubt!
Und gerade dieses Nein-Sagen, das Kinder schon früh ausprobieren, stellt
uns Erwachsene oft vor schwierige Erziehungssituationen, das werden
Sie alle kennen. Doch gerade in Zusammenhang mit Prävention vor
Missbrauch ist dieses „selbstbewusste Nein-Sagen“ der beste Schutz. Es
verunsichert den Täter und stärkt das Kind. Es zeigt dem Kind:
„Ich habe auch Macht und ich lasse das nicht mit mir machen.“
Dieses Selbstvertrauen müssen wir unseren Kindern mitgeben in unserem
alltäglichen Leben mit Kindern.
Doch wir haben auch davon gesprochen, dass der Täter aus dem nahen Umfeld
kommen kann, aus der Nachbarschaft, der Schule, der Einrichtung. Es ist daher
notwendig, auch hier als Eltern genau hinzuschauen und Fragen zu stellen, wie
denn der Schutz vor Übergriffen aussieht. Das ist eine erlaubte Frage, vor der
Eltern zu häufig zurückschrecken. Sie muss zur Selbstverständlichkeit werden,
so stärken wir das gesellschaftliche Bewusstsein für die Notwendigkeit,
gemeinsam den Schutz unserer Kinder auszubauen und überall aufmerksam zu
sein.
Hierzu gehört auch der Bereich der Medienerziehung und des Umgangs mit
sexualisierter Gewalt in Filmen. Auch das Zeigen pornografischer Filme oder
gar deren Herstellung mit Kindern ist sexueller Missbrauch und eine Straftat.
Lassen Sie mich noch kurz darauf eingehen, was Kinderschutz in Einrichtungen
umfassen sollte. Hier können die Schutzmerkmale sein:
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 Verhaltenskodex als Qualitätsstandard
Beteiligung der Kinder und Jugendliche an der Entwicklung des
Schutzkonzepts. Sie sind die Experten für ihre Lebenssituationen
Regelmäßige gemeinsame Reflektion des Konzepts
 Verantwortungsvolles Handeln / Handlungsleitlinie
 Einholung des erweiterten Führungszeugnisses und Unterzeichnung einer
Selbstverpflichtung, dass kein Verfahren anhängig ist. Dies sollte auch
von allen Vereinen vorliegen.
 Ehrenkodex der Vereine
 Benennung von Vertrauenspersonen / Beschwerdestellen /
Ombudsstellen, die für die Thematik geschult wurden
 Benennung von Beratungsstellen, mit denen zusammen gearbeitet wird
 Risikoanalysen im Tagesablauf der Einrichtung
 Fortbildungen – Ansprechpartner werden
 Notfallpläne
 Folie 7
Was bietet der Kinderschutzbund an?
 Professionelle Beratung in den Fachberatungsstellen für
Kinder und Jugendliche
Eltern
Fachkräfte
Andere Erwachsene
 Elternabende zum Thema sexueller Missbrauch und anderen
Erziehungsthemen
 Elternkurs „Starke Eltern- Starke Kinder®“ zur Stärkung der
Erziehungskompetenz und der Kommunikation in der Familie
 Fortbildungen für Fachkräfte zum Thema
 Fortbildungen zum Erkennen von Kindeswohlgefährung und den
erforderlichen Handlungsschritten
 Fortbildung zum Führen schwieriger Elterngespräche
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 Ausgebildete Insoweit erfahrener Fachkräfte, die die Pädagogen bei der
Einschätzung zur Kindeswohlgefährdung unterstützen
 Die Telefonberatung Nummer gegen Kummer e.V. mit dem Kinder- und
Jugendtelefon und dem Elterntelefon – Vermittlung auch von
Kontaktanschriften
Wir als Kinderschutzbund empfehlen dringend, bei jedem Verdachtsfall, egal ob
er uns Erwachsenen plausibel oder nicht plausibel erscheint, eine insoweit
erfahrene Fachkraft, die speziell für die Feststellung zum Thema Kindeswohlgefährdung qualifiziert wurde, hinzuzuziehen. Diese Ansprechpartner sollten im
Vereins- oder Schulkonzept aufgeführt sein. Sie sollten als Person bekannt sein
und es sollte eine Vertrauensbasis zwischen Verein bzw. Schule und Berater
bestehen. Die Jugendämter haben eine Liste der Fachkräfte in ihrem
Tätigkeitsbereich. Sowohl Jugendämter wie auch freie Träger der Jugendhilfe
haben ausgebildete insoweit erfahrene Fachkräfte.
Die Fachkraft weiß, wie sie Fragen stellen muss, denn es ist wichtig offene
Fragen zu stellen, um die Aussage des Kindes nicht in eine Richtung zu lenken,
die unseren Verdacht erhärten würde, sondern solche Fragen, die eine freie
Antwort erlauben. Lassen sie es mich an einem Beispiel deutlich machen.
Geschlossene Frage: Tut Herr Müller Dir weh?
Offene Frage: Wer tut Dir weh?
Geschlossene Frage: Steckt er seinen Penis in dich hinein?
Offene Frage: Was geschieht dann?
Lassen Sie mich noch kurz auf den Bereich Kinderschutz an Schulen eingehen:
Sie alle kennen sicherlich die Handreichung des Kultusministeriums zum
Umgang mit sexuellen Übergriffen an Schulen. Es ist eine wichtige
Handreichung und die Umsetzung wird vermutlich an den Schulen zu
Veränderungen im Umgang mit dem Thema führen.
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Eine grundlegende Voraussetzung für den Umgang mit schwierigen Themen in
der Schule ist die Schulkultur und die klaren Vorgaben für Regeln und Grenzen
im Verhalten zueinander. Denn es gilt:
Wo keine Grenzen formuliert werden, sind Grenzüberschreitungen möglich.
Was heißt das bezogen auf den Missbrauch?
 Männliche Kollegen sind nicht allein mit einzelnen Schülerinnen
 Bemerkungen zu sexualisiertem Verhalten werden sofort aufgegriffen
und angesprochen, sowie gemeinsame Verhaltenslösungen entwickelt
 Körperliche Berührungen vermeiden, Zuwendung durch Sprache und
Haltung ausdrücken
 In kritischen Situationen immer zu zweit sein
 Toilettenregeln eindeutig festlegen und auf Einhaltung achten
 Umkleide- und Duschsituationen eindeutig regeln
Durch den heute häufigeren ganztägigen und multiprofessionellen Unterricht
haben Lehrkräfte verstärkt Kontakte auch individuellerer Art zu den
Schülerinnen und Schülern. Sie können so schwierige Lebenssituationen
leichter erkennen und beurteilen. Dazu gehört auch das Thema sexueller
Missbrauch.
Wie soll ein Lehrer aber weiter vorgehen, wenn er den Verdacht hat oder auch
die Gewissheit, dass ein Kind aus seiner Lerngruppe missbraucht wird?
Das wichtigste ist zunächst, für den Schutz des Opfers zu sorgen und dann das
Geschehene aufzuklären. In allen Unterlagen, die Sie vielleicht im Vorfeld
angeschaut haben, steht immer „Ruhe bewahren“. Ja, das ist der wichtigste
Grundsatz für das erste Reagieren, aber dann muss eine Handlungsleitlinie
einsetzen und hier ist es für Sie als Eltern wichtig zu wissen:
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 Welche Handlungsleitlinie hat die Schule?
 Wer ist die Vertrauensperson? Ist sie den Kindern bekannt? Wie stellt sie
sich vor?
 Wer wird von der Schule als „insoweit erfahrene Fachkraft“
hinzugezogen?
 Was macht die Schule, wenn der Täter ein Kollege ist oder gar der
Schulleiter selbst?
 Wie gehen Lehrer damit um, wenn der Missbrauch zwischen Schülern
stattgefunden hat?
 Fühlt die Schule sich auch zuständig, wenn der Übergriff außerhalb des
Schulgeländes auf dem Schulweg stattfindet?
 Wann müssen wir das Jugendamt einschalten?
Wann die Strafverfolgungsbehörden?
Wann die Schulaufsicht?
Alles sollte dokumentiert werden und entsprechend den Datenschutzvorgaben
aufgehoben werden. Solche Unterlagen gehören aber nicht in die Schulakte.
Die Schulakte kann jeder Lehrer einsehen. Wenn nun der Täter Lehrer den
Verdacht hat, sein Opfer habe eine Vertrauensperson informiert, so kann er
sich Gewissheit über die Schulakte holen und das Opfer so massiv unter Druck
setzen, dass es seine Aussage ganz abschwächt und alles leugnet. Dann ist
keine Beweisführung mehr möglich.
Es wird das passieren, was uns dann oft auch sehr erschreckt. Obwohl eine
Strafanzeige gestellt wurde, kann der Täter nicht verurteilt werden, weil die
Beweislage nicht ausreicht. Dies kann auch passieren, wenn die Fragen, die wir
gestellt haben, die Aussage des Kindes in eine bestimmte Richtung beeinflusst
haben. Das ist besonders für das Opfer kaum auszuhalten, denn es erfährt:
Niemand glaubt mir! „Sich wehren“ hat sowieso keinen Sinn! Die Täter sind
immer die Mächtigen!
Deutscher Kinderschutzbund Landesverband Hessen e. V. - Gebrüder-Lang-Straße 7 - 61169 Friedberg
www.kinderschutzbund-hessen.de – Email: [email protected]
20
Was ich hier für den Bereich Schule ausgeführt habe, gilt natürlich
gleichermaßen auch für vorschnelles Handeln bei Verdacht auf sexuellen
Missbrauch im familiären Bereich, wie ich bereits vorhin gesagt habe.
Wir werden es leider nie schaffen, sexuellen Missbrauch an Kindern ganz zu
verhindern. Damit er aber künftig möglichst seltener vorkommt als bisher und
potentielle Täter bei unseren Kindern keine Chance bekommen, habe ich Ihnen
in meinem Vortrag einige Anregungen und Handreichungen für ein achtsames
Umgehen mit unseren Kindern gegeben.
Besonders wichtig bei diesem schwierigen Thema ist die Stärkung der
Prävention, die alle einbezieht, also sowohl die Kinder als auch die Eltern,
Lehrer und andere Bezugspersonen, die im Leben unserer Kinder eine Rolle
spielen.
Was dazu von Bedeutung ist, erfahren Sie nach einer kurzen Pause vom
Referenten des Weißen Rings.
 Folien 8 und 9
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Hinweis auf Übersicht der Kinderschutzbund-Orts- und Kreisverbände in
Hessen
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www.kinderschutzbund-hessen.de – Email: [email protected]

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