Das Drama Stalingrad

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Das Drama Stalingrad
Das Drama von Stalingrad
Das Drama
von
Stalingrad
Diese Zeichnung habe ich von meinem verstorbenen Freund Paul erhalten. Paul verstarb am 6.4.2009.
Eine Zustammenstellung mir überlassener Berichte um Stalingrad
und Beiträge aus verschiedenen Internetforen.
05. März 2010
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Das Drama von Stalingrad
Inhaltsverzeichnis
Die Personalstärke der 6. Armee im Kessel von Stalingrad
Einheitübersicht, der im Kessel eingeschlossenen Truppen
KTB des OKw / Lagebericht des OKH
Führerentscheid vom 24.11.1942
Begann das „Drama Stalingrad“ im Führerhauptquartier?
Chronologie des Geschehen in Stalingrad im November 1942
Chronologie des Geschehen in Stalingrad im Dezember 1942
Chronologie des Geschehen in Stalingrad im Januar 1943
Chronologie des Geschehen in Stalingrad im Febraur 43
Verluste in Stalingrad
Der VdK schreibt in seiner Gräbersuche zu Stalingrad
Gedanken an Stalingrad
Gedanken zum Drama von Stalingrad
Stalingrad: Das Ende des Danziger Infanterieregiments
Meine Suche nach italienischen KameradenSeite
Meine Gedankengànge während meiner Soldatenzeit
Italiener und Deutsche, Verbùndete im Krieg
Arthur Krüger (Sori) erzählt von Stalingrad.
Ausbruch in das Nirgendwo !!!
Wie wart ihr in Stalingrad gruppiert und aufgestellt.?
Ein Kamerad von Arthur Krüger berichtet
Guten Abend Herr Krüger
Wir sind eingeschlossen - November 1942!
Ein Zeitzeugenbericht vom Ende des Nordriegels
Meine Versorgungsflüge nach Stalingrad
Der letzte Bericht von Sori.
Gefallen oder vermisst am: 19.November 1942
Gefallen oder vermisst am: 13.Januar 1943
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Das Drama von Stalingrad
Die Personalstärke der 6. Armee im Kessel von Stalingrad
Die Verschiedenheit der Zahlen, die für die Stärke der eingekesselten 6. Armee genannt werden, erfordert zumindest den Versuch einer Klärung. Schätzungen hinsichtlich der Stärke der 6. Armee innerhalb des Kessels am 19 November 1942 differieren
sehr stark, und dies war scheinbar hauptsächlich der Fall, weil es so viele sowjetische Bürger in den Rängen der 6. Armee gab,
daß diese mit berücksichtigt wurden bei der auf der Grundlage der Verpflegungsbezugsscheine festgelegten Zahl der Kämpfer
auf deutscher Seite und nicht separat genannt wurden. Einige der Zahlen von Manfred Kehrig, dem Autor von Stalingrad: Analyse und Dokumentation einer Schlacht, dem meisterlichen wissenschaftlichen Werk, publiziert 1974 unter den Auspizien des
Militärgeschichtlichen Forschungsamtes, sind kürzlich von Rüdiger Overmanns angezweifelt worden. Overmanns, der hauptsächlich auf der Grundlage von zurückhaltenden Schätzungen der Wehrmacht arbeitet (im Prinzip ein Versuch, im Nachhinein
nach persönlichen Berichten zu berechnen, wer innerhalb des Kessels gefangen genommen worden war), schätzt die Zahl der
eingekesselten Deutschen sehr niedrig mit 195.000(1), die der Hilfswilligen mit 50.000, die der Rumänen mit 5.000 und
kommt auf diese Weise zu einer Gesamtschätzung von von etwa 250.000. Kehrig dagegen hat geschätzt: 232.000 Deutsche ,
52.000 Hiwis und 10.000 Rumänen, also insgesamt etwa 294.000. Eine andere, noch jüngere Untersuchung setzt die Gesamtzahl am 18. Dezember mit 268.000 an(2), davon 13.000 Rumänen und Italiener sowie 19.300 Hilfswillige.
Diese letzte Berechnung liegt, wenn man die Unterschiedlichkeit der Daten und der sich daraus ergebenden Opferzahlen in Betracht zieht, sehr nahe an der Gesamtzahl, die am 6. 12. vom Oberquartiermeister der 6. Armee errechnet wurde. Dieses Papier
über die Rationsstärke der 6. Armee im Kessel(3) nannte eine Gesamtzahl von 275.000 Soldaten, darunter 20.300 Hiwis und
11.000 Rumänen (rumänische Armeequellen bestätigen, daß es 12.600 rumänische Soldaten im Kessel gab. Es befanden sich
dort auch einige Hundert Italiener). Wenn man zu diesen Zahlen jene 15.000 Mann hinzu fügt, die man nur innerhalb des Kessels(4) zwischen dem 21. 11. und dem 6.12. verloren hat, dann bedeutet das, daß am 22.11. fast 290.000 Soldaten im Kessel
fest saßen.
Alle Autoren stimmen darin überein, daß ungefähr 25.000 Verwundete und Spezialisten ausgeflogen wurden, aber es gibt wenig Gewißheit über die Zahlen der Gefallenen und gefangen genommenen. Die Wahrheit wird angesichts des Chaos nach dem
sowjetischen Angriff am 10.1. 1943 mit dem Ziel der Zerschlagung des Kessels niemals bekannt werden. Wir können nur
recht sicher davon ausgehen, daß zwischen dem 22.11. und dem 7.1. etwas weniger als 52.000 Angehörige der 6. Armee den
Tod gefunden haben, doch ist es nicht klar, wie viele Hiwis sich unter diesen Menschen befanden. Die sowjetischen Angaben
im Hinblick auf die Kriegsgefangenen, die zwischen dem 19.11. und dem 31.1. in die Hände der Roten Armee fielen 111.465(5) sowie außerdem 8928 in Lazaretten -, drücken nicht spezifisch aus, wie viele davon Deutsche waren, geschweige
denn, was noch wichtiger ist, wie viele zu den eingekreisten Truppen gehörten im Gegensatz zu jenen, die während der Operationen Wintergewitter und Kleiner Saturn gefangen genommen wurden.
Der Sowjetangriff im Rahmen der Operation Ring am 10.1. 1943 steigerte die Auswirkungen von Krankheit, Kälte, Hunger,
Erschöpfung und summarischen Hinrichtungen, was die Annahme nahelag, daß die Verluste sich erhöhten. Sie mögen sich
sehr wohl, einschließlich der Hiwis, auf ungefähr 100.000 verdoppelt haben. Kehrig wie auch Overmanns schätzen die deutschen Verluste vom 22.11. bis zur Kapitulation auf beinahe 60.000(6). Doch machen sie keinen Versuch, die Anzahl der Hiwis
zu schätzen, die während der Kämpfe starben. Man kann nur annehmen, dass sehr wenige von ihnen mit dem Leben davon
kam.
(1)Rüdiger Overmanns, Das andere Gesicht des Krieges: Leben und Sterben der 6. Armee, Herausgeber: Förster, S. 442
(2)Peter Hild, Partnergr. z.Aufklärg. v. Vermißtenschicksalen deutscher und russischer Soldaten des 2. WK, in Epifanow, S. 29
(3)BA-MA, RH20-6/239, S. 226
(4)BA-MA, RH20-6/237, S. 129
(5)TsKhIDK, 1S/4/3, S. 16, zit. bei Epifanow, S. 25
(6)BA-MA, N601/V.5
Quelle: Antony Beevor, Stalingrad, Anhang B, S. 498 und 499
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Das Drama von Stalingrad
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Das Drama von Stalingrad
Die entscheidenden politischen und militärischen Schritte zum Verlust der 6.Armee.
KTB des OKw / Lagebericht des OKH
23.11.1942
HeeresGr.B:
Von 4. Pz.Armee und 6. Armee wegen Leitungsstörung keine Meldungen. Bei Woronesch vergeblicher Feindangriff
24.11.1942
HeeresGr.B:
Ein feindlicher Angriff auf die Jaschkul-Stellung wurde im Gegenstoß zurückgewiesen. Auf der Straße Utta-Jaschkul wurden
feindlfeindliche. Kolonnen erkannt. Die Nordfront des VII. rum. AK wurde von starkem Feind auf die Höhen von Sadogoje zurückgedrückt. Die Kampfkraft des nördlich. davon stehenden rum. VI. AK ist völlig geschwunden. Die Verbände befinden
sich in Auflösung. Es sind Auffangstellungen eingerichtet worden, mit deren Hilfe die zurückflutenden Teile eingesammelt
werden sollen. Schwache deutsche Sicherungen stehen nach hartem Kampf auf dem Südufer des Jezaulowskij-Abschnittes von
Aksai nach Westen.
6. Armee: Meldung liegt nicht vor.
3 rum Armee: Schwächere feindlichen. Angriffe auf die Stellungen am Tschir-Fluss wurden abgewehrt. Aufbau der Sicherungslinie im TSchir-Abschnitt wurde in Anlehnung an die betehenden Sicherungen an der Eisenbahnlinie fortgesetzt. Auf der
übrigen Front keine besonderen Kampfhandlungen.
Quelle: Mehner: „Geheime Tagesberichte der Deutschen Wehrmachtsführung“.
Führerentscheid vom 24.11.1942 betr. Halten der Stellungen der 6. Armee und Entsatzvorstoß, bei AOK 6 um 8.30, FS
OKH GenStH/OpAbt (I/SB) Nr. 420 960/42, 24.11.1942 um 01.40 Uhr:
"Führer beabsichtigt, 6. Armee in dem Raum jetzige Wolgafront, jetzige Nordfront LI. AK, sodann allgemeine Linie ... zusammenzufassen. Hierzu sind ..., dass so wenig wie irgend möglich schwere Waffen und Gerät zurückbleiben. Gleichzeitig ist der
Zusammenfassungsraum [Anm: =KESSEL] durch Angriff nach Südwesten in allgemeiner Richtung Kotelnikowo zu erweitern,
Bildung beweglicher Kräftegruppe um Kotelnikowo (2 Panzerdivisionen) [Anm: um eine 3. im Abzug aus dem Kaukasus ist
schwer gerungen wurden, dem folgte Hitler zunächst nicht] zum Entgegenkommen Richtung Businowka eingeleitet. Jetzige
Wolgafront und Nordfront LI. AK unter allen Umständen halten. Luftversorgung durch Einsatz weiterer Hundert Ju im Anlaufen."
Quelle: Kehrig, Stalingrad, S. 562
24.11.1942 HeeresGr. B:
Ein feindlicher Angriff auf die Jaschkul-Stellung wurde im Gegenangriff zurückgewiesen. Auf der Straße Utta-Jaschkul wurden feindliche Kolonnen erkannt. Die Nordfront des VII. AK wurde von starkem Feind auf die Höhen von Ssadogoje zurückgedrückt. Die Kampfkraft des nördlich davon stehenden rumänischen VI. AK ist völlig geschwunden. Die Verbände befinden
sich in Auflösung. Es sind Auffangstellungen eingerichtet worden, mit deren Hilfe die zurückflutenden Teile eingesammelt
werden sollen. Schwache deutsche Sicherungen stehen nach hartem Kampf auf dem Südufer des Jeszaulowskij-Abschnitts von
Aksaij nach Westen.
6. Armee: Meldung liegt noch nicht vor.
Begann das „Drama Stalingrad“ im Führerhauptquartier?
Führerhauptquartier am 24.11.1942.
Es fiel in Rasterburg, bei der Besprechung der militärischen Abendlage in Stalingrad,
das fatale Stichwort „Luftversorgung“. Die entscheidende Szene im Führerhauptquartier wird von Albert Speer
wie folgt geschildert:
„…im Lagezimmer erschien Göring,frisch und strahlend wie ein Operettentenor,der einen siegreichen Reichsmarschall darzustellen hat. Deprimierend, mit bitteren Unterton, fragte ihn Hitler. „Wie ist es mit der Luftversorgung von Stalingrad?“ Göring
nahm Haltung an und erklärte feierlich : “Mein Führer! Die Versorgung der 6. Armee aus der Luft wird von mir persönlich garantiert! Darauf können sie sich verlassen!“
Es wurden der 4. Luftflotte am 24. 11. 42 befohlen, täglich 300 t Sprit, Waffen und Munition an die Wolga zufliegen.
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Das Drama von Stalingrad
eine andere Quelle besagt:
" Sowohl er (Göring) als auch Jeschonnek hatten Hitler lediglich versichert die 6. Armee nur für eine bestimmte Zeit und unter
besonders positiven klimatischen Umständen mit täglich etwa 300 t Versorgungsgütern beliefern zu können. "
Buchquelle: "Hermann Göring, Hitlers janusköpfiger Paladin" von Werner Maser mit Fußnote:
" Hitlers Heeresadjutant Nicolaus von Below berichtete (S. 324): " Hitler führte lange Gespäche mit Göring und Jeschonnek
über dieses Thema (Stalingrad). Göring versicherte ihm, dass die Luftwaffe in der Lage sei, die 6. Armee für eine gewisse Zeit
zu versorgen. Auch Jeschonnekk widersprach dem jedenfalls nicht. Daraus schloß Hitler, dass die 6. Armee aus der Luft versorgt werden könne. "
Weiter: " Am 17. 6. 1945 erklärte Göring in Mondorf einem Vernehmungsoffizier: "Die Sache scheint durchführbar. " (gemeint die Luftversorgung (Auszug aus Quelle, Sh. Kurowski S. 311.) Weiter führte Göring aus:" Der Führer fragte mich, ob
zunächst 500, dann 300 t Versorgungsgüter gewährleisten könne. Ich, (G. ), erwiderte ihm, dass dies nur unter der Voraussetzung möglich wäre, dass das Wetter ständig sommerlich sein werde und unsere Stalingradarmee die Flugplätze besetzt halte.
25. 11. 1942 hier noch eine Passage, wie die Entscheidung zur Luftversorgung zustande kam:
Die Entscheidungsprozesse innerhalb der Luftwaffenführung kommentierend, erinnerte sich der damalige Generalstabschef
des Heeres Generaloberst Zeitler nach dem Krieg an eine Anekdote, die in der Zeit nach Stalingrad im OKH und OKW die
Runde machte:
Der Stab erklärte Jeschonnek, die Versorgung der 6. Armee sei „unmöglich“. Jeschonnek schwächte das „unmöglich“ in
„kaum möglich“ ab und berichtete Göring. Göring, wiederum in seinem Bemühen Hitler zu gefallen, wandelte es aber in
„möglich“ ab und trat mit den Worten „ die Versorgung der 6. Armee sei möglich“ vor seinen Führer.
Quelle: Suchenwirth, Hans Jeschonnek, unveröffentlichte Studie, S. 106, in: BA-MA ZA 3/804 und auch in dem Litherat über Speer´s "Erinnerungen".
Raymond Cartier schreibt dazu in "der Zweite WK,“ Band II auf S. 674, dass Göring zu dieser Zeit in Paris gewesen sei und
nur telefonisch die garantierte Zusage zu 500 t gemacht habe. Jeschonnek habe diese Versicherung dann Hitler überbracht, es
aber unterlassen, mitzuteilen, dass Richthofen dieses Unterfangen für unmöglich hielt.
In "Das Deutsche Reich und der II. WK" Band 6 vom MGFA heißt es u. a. , dass Hitler bereits Tage zuvor, auf dem Obersalzberg nicht nur über Ausbruch, Deckname "Umbau", sondern auch bezüglich Luftversorgung Gespräche geführt habe. Er sah
sich dann aber doch genötigt, am 22. 11. die Rückreise nach Rastenburg anzutreten. Er hat sich aber zuvor auch noch in Berchtesgaden mit Jeschonnek diesbezüglich ausgetauscht.
Wenn in der Buchquelle auch festgestellt wird, dass es Unklarheiten und Widersprüchlichkeiten in der ( dem MGFA vorliegenden -Anm. d. Schreibers) Quellenlage gibt, bzw. gab, steht wohl fest, dass Hitler schon in Berchtesgaden hinsichtlich seiner
Meinungsbildung zu einer positiven Einstellung im Sinne der Luftversorgung gekommen war. Auch ist während der 20 stündigen Rückfahrt nach Leipzig dieses Problem wohl weiter erörtert worden.
Weiter erfolgte eine Besprechung der Luftwaffenführung am 23. 11. in Wildpark - Werder, in der festgestellt wurde, dass zwar
nicht 500 t, sondern höchstens aber 350 t. eingeflogen werden konnten.
Obiges wurde nicht wörtlich zitiert, es handelt sich hierbei um kurzgefasste Auszüge aus DDRu. d. II. WK, Band 6.
Für Hitlers Meinungsbildung und die Sicht des OKW bzw. OKL ist sicherlich folgender Passus von Interesse.
Während ich (Zeitzler, Anm. durch mich) sprach, war Hitler sichtbar immer ärgerlicher geworden. Er hatte öfters versucht,
mich zu unterbrechen, aber ich hatte das nicht zugelassen, denn ich wußte: dies war meine letzte Chance, und ich mußte mit
der Sprache heraus. Als ich endlich aufgehört hatte, schrie er: "Die 6. Armee wird dort bleibe, wo sie ist!" [...] Zeitzler:"Es gibt
auch keinen Weg, die 6. Armee zu versorgen." Hitler wurde noch ärgerlicher als vorher und schrie lauter denn je: "Reichsmarschall Göring hat gesagt, dass er die Armee auf den (sic!) Luftweg versorgen kann." Jetzt schrie auch ich: "Das ist Unsinn."
Nachdem Zeitzler den Verlust dieser Armee und damit den in letzter Konsequenz zu akzeptierenden Zusammenbruch der gesamten Ostfront in den Raum gestellt hatte, ließ Hitler Keitel und Jodl kommen.
Er (Hitler, Anm. durch mich) sagte: "Ich habe eine sehr wichtige Entscheidung zu treffen. Bevor ich es tue, möchte ich Ihre
Ansicht hören. Soll ich Stalingrad aufgeben oder nicht? Was meinen Sie dazu?" [...] Keitel: "Mein Führer! Bleiben Sie an der
Wolga!" Jodl:"[...] bis wir nicht die Ergebnisse dieser Operationen sehen, sollten wir meiner Ansicht nach an der Wolga aushalten".
Zeitzler: "[...]Mein Führer! Meine Ansicht ist unverändert [...]" . Darauf antwortete Hitler dem Generalstabschef des OKH:
"Sie sehen, General, ich stehe nicht allein mit meiner Ansicht. Sie wird von diesen beiden Offizieren geteilt, die beide einen
höheren Dienstrang als Sie haben. Ich werde also bei meiner bisherigen Entscheidung bleiben."
Am 25. November 1942 fand eine Unterredung zwischen Zeitzler, Hitler und Göring statt, die hier ebenfalls auszugsweise wiedergegeben werden soll.
[...] Er (Hitler, Anm. durch mich) sagte: "Der Reichsmarschall hat mir versichert, daß es möglich ist (die 6.Armee durch die
Luft zu versorgen)". Daraufhin verneinte dies Zeitzler bereits zum wiederholten Male. So ließ Hitler Göring kommen und frag
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Das Drama von Stalingrad
te ihn: "Göring, können Sie die 6. Armee auf dem Luftwege versorgen?" Göring:"Mein Führer! Ich versichere Ihnen, daß die
Luftwaffe die 6. Armee versorgen kann." Hierauf entgegnete Zeitzler: "Die Luftwaffe kann das bestimmt nicht". [...] Zeitzler
fragte Göring daraufhin: "Wissen Herr Reichsmarschall, was für eine Tonnage jeden Tag eingeflogen werden muß? Göring erwiderte: "Ich nicht, aber die Offiziere meines Stabes wissen es." Zeitzler entgegnete: "[...] die 6. Armee wird täglich eine Lieferung von 300 Tonnen brauchen[...]". Daraufhin sagte Göring: "Das kann ich!" um schließlich von einem aufgebrachten Zeitler mit folgenden Worten gekontert zu werden: "Mein Führer! Das ist eine Lüge!" [...] Schließlich erreichte Zeitzler immerhin,
dass Hitler ein täglicher Bericht über die eingeflogene Versorgungstonnage unterbreitet wurde.
Vgl. zum gesamten Komplex, "The Fatal Dexisions", S.156 und S.129-189 bzw. Stein, "Feldmarschall von Manstein". Die Basis bildet eine von Zeitzler verfasste Niederschrift dieser Besprechungen.
Am 26.11.1942 ließ Manstein in einem Ferngespräch an das OKH folgendes verlauten:
"Durchbruch der 6.Armee nach Südwesten noch möglich und der sichere Weg. Festhalten bedeutet im Hinblick und Munitions- und Betriebsstofflage äußerstes Risiko. Ich kann mich trotzdem der Stellungnahme der Heeresgruppe B für den Durchbruch nicht anschließen, solange noch Aussicht für ausreichende Versorgung besteht. Das ist entscheidend."
(Vgl. hierzu Kehring,"Stalingrad", S.22, Anm. 24)
Manstein war zu jener Zeit strikt gegen einen Ausbruch, weshalb die Seydlitz-Denkschrift von ihm auch erregt zurückgewiesen wurde. So sah es auch Mansteins Ia, Oberst Busse, und General Schmidt. Um diese Zeit herum war sich außerhalb des
Kessels, scheinbar lediglich Zeitzler voll der Lage, in der sich die deutschen Verbände befanden, bewusst.
27. 11. 1942
Durchgeführte Flüge(Ju 52) in den Raum Stalingrad ca. 65 to.
Klar gemeldet waren 298 Maschinen , 700 to wären möglich gewesen.
28. 11. 1942
Zunehmend schlechtes Wetter, Schneesturm, kaum Versorgungsflüge möglich.
Quelle: KTB OKW
Fußnote 3 zum Kapitel "Der totale Krieg" S. 446 zum Anlaß i. S. Versorgungsbomben zu antworten:
Auszug: " . .Wahrscheinlicher ist, dass die 250 kg Versorgungsbombe gemeint war (vgl. GL - Konfernez 9. 2. 43, MD 18, S.
4283:" Aus meiner Erfahrung war ich sehr glücklich, dass wir die Tausender nicht bekommen haben. . . . die 250er waren
schon etwas besser. . . . . Die Versorgungsbomben wurden in Stalingrad vom 26. 11. an verwendet. "
Weiter Fußnote 15 Auszug:" . . . . . . . Fiebig meinte, dass die He 177 als Transportflugzeug ungeeignet sei; sie konnte nur acht
250 kg. Behälter tragen. . . . . . . . . "
Niemand machte Hitler auf seinen Rechfehler aufmerksam. Zitat:
" Oberst i. G. Eschenauer, Chef der 4. (Nachschub-) Abt. des Gen.stabes der LW hatte nachgewiesen, dass 300 t täglich unmöglich seien; dabei war es zunächst schwer gewesen, Jeschonnek klar zu machen, dass die sog. 250 kg Versorgungsbomben
nicht annähernd 250 kg Lebensmittel fassen können!. "Jeschonnek hat Göring dann darauf aufmerksam gemacht ( S. 269), dieser verbat jedoch Hitler über den Rechenfehler zu informieren.
Wenn man dem Inhalt dieser der GL - Konferenz Glauben schenkt (die Protokolle sind vorhanden), dann gab es nur die 250 er
Versorgungbomben bei der Versorgung von Stalingrad.
Als Tatsache kann auch unterstellt werden, dass die He 177 nur 19 Versorgungseinsätzen nach Stalingrad flogen.
Nachfolgendes ist aus der Quelle: Alexander Kluge, Schlachtbeschreibung, 1964;zitiert aus der unveränd. Taschenbuchausgabe Fischer 1968, S. 9-25.
In der "Nachbemerkung" (S. 237) werden die verwendeten Materialien aufgeführt, sie stammen vom Institut für Zeitgeschichte, München, vom Bundesarchiv Koblenz, aus Berichten von Rückkehrern, privat zur Verfügung gestellte Befragungen,
Funksprüche und Aktenunterlagen.
“Das Buch beschreibt den organisatorischen Aufbau eines Unglücks“, schreibt Alexander Kluge. Es geht um das Unglück von
Stalingrad, wo im Winter 1943 die deutsche 6. Armee kapitulierte. Das Ziel dieses Buches ist Entmythologisierung. Alexander
Kluge räsoniert nicht, er vergegenwärtigt, indem er Dokumente sprechen läßt, die er wie einen Film montiert und kühl kommentiert: „Wehrmachtsberichte, die alles tönend verschweigen; Militärgeistliche, die alles tönend beschönigen; Richtlinien für
den Winterkrieg, die alles Vergessene heranassozieren. Er charakterisiert die Generäle, leuchtet die Beziehungen zwischen einer Militärtradition und der Hilflosigkeit des deutschen Generalstabs gegenüber Hitler an. “ Alexander Kluge wird so seinem
„Objekt schriftstellerisch gerechter als die allermeisten Kriegsromane“ [Joachim Kaiser]
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Das Drama von Stalingrad
Chronologie des Geschehen von Stalingrad im November 1942
Dienstag, 10. November 1942:
In Stalingrad Stoßtrupptätigkeit.
Mittwoch, 11. November 1942:
In Stalingrad lebhafte Stoßtrupptätigkeit.
Donnerstag, 12. November 1942:
In Stalingrad warfen Stoßtrupps in erbitterten Angriffsgefechten den Feind aus weiteren Häuserblocks und Stützpunkten. Artillerie des Heeres und Flakartillerie der Luftwaffe versenkten auf der Wolga fünf große Übersetzboote und Frachtkähne. Artilleriestellungen und Nachschubverbindungen ostwärts des Flusses wurden durch Luftangriffe schwer getroffen.
Freitag, 13. November 1942:
In Stalingrad wurde das am Vortag gewonnene Gelände von versprengten feindlichen Gruppen gesäubert.
Sonnabend, 14. November 1942:
Südlich Stalingrad blieben örtliche Angriffe der B. im Abwehrfeuer rumänischer Truppen liegen. In Stalingrad nahmen Stoßtrupps in harten Kämpfen weitere Häuserblocks. Feindliche Gegenangriffe wurden abgewiesen und Bereitstellungen durch zusammengefaßtes Artillerie- und Flakfeuer und durch Sturzkampfflieger zerschlagen.
Sonntag, 15. November 1942:
Im Stadtgebiet von Stalingrad wurden feindliche Gegenangriffe abgewiesen. Die Luftwaffe unterstützte die Kämpfe wirksam
durch Angriffe auf Artilleriestellungen und Flugplätze der Sowjets ostwärts der Wolga.
Montag, 16. November 1942:
In Stalingrad wurden durch Stoßtruppunternehmen weitere Häuserblocks genommen und feindliche Gegenstöße abgewiesen.
Dienstag, 17. November 1942:
Keine Angaben.
Mittwoch, 18. November 1942:
Keine Angaben.
Donnerstag, 19. November 1942:
In Stalingrad Stoßtruppkämpfe. Rumänische Truppen wehrten an der Donfront mehrere Angriffe ab, wobei rumänische Luftstreitkräfte dem Feind erhebliche Verluste zufügten. Neue Kämpfe sind hier im Gange.
Freitag, 20. November 1942:
In Stalingrad nahmen eigene Stoßtrupps einige Häuserblocks. Feindliche Gegenstöße brachen zusammen. An der Donfront stehen rumänische und deutsche Truppen in harten Kämpfen gegen starke feindliche Panzer- und Infanterieangriffe.
Sonnabend, 21. November 1942:
Südlich Stalingrad und in der Kalmückensteppe trat der Feind mit starken, von Panzern unterstützten Kräften zum Angriff an.
Eine motorisierte feindliche Kräftegruppe wurde dabei aufgerieben. Auch am unteren Don dauern die erbitterten Abwehrkämpfe deutscher und rumänischer Truppen an. Ein durch unsere Stellungen durchgebrochenes verstärktes Kavallerieregiment wurde eingeschlossen und vernichtet.
Sonntag, 22. November 1942:
Im Raum südlich Stalingrad und im großen Donbogen halten die erbitterten Abwehrkämpfe an. Deutsche und rumänische
Truppen brachten bei einem Gegenangriff 600 Gefangene ein und vernichteten 25 Panzerkraftwagen. Weitere 36 Sowjetpanzer
wurden am 20. und 21. von einer Panzerdivision abgeschossen. Deutsche und rumänische Luftstreitkräfte unterstützten die eigenen Truppen und fügten dem Feind in rollenden Angriffen gegen Panzerbereitstellungen, Infanterieverbände, Ausladungen
und Fahrzeugkolonnen hohe Verluste zu. In Stalingrad wurden bei Stoßtruppunternehmen weitere stark ausgebaute Stützpunkte genommen und an anderer Stelle Vorstöße der Sowjets abgewiesen.
Montag, 23. November 1942:
Im Raum südlich Stalingrad und im großen Donbogen stehen die deutschen und rumänischen Verbände im Zusammenwirken
mit starken Nahkampffliegerkräften weiterhin in schweren Abwehrkämpfen. Bei vorübergehender Wetterbesserung im mittleren Abschnitt waren Kampf- und Sturzkampfflugzeuge zur Bekämpfung feindlicher Artilleriestellungen und Truppenunterkünfte eingesetzt.
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Das Drama von Stalingrad
Dienstag, 24. November 1942:
Südlich von Stalingrad und im großen Donbogen sind die Sowjets unter rücksichtslosem Einsatz von Menschen und Material
in die Verteidigungsfront am Don eingebrochen. Die Gegenmaßnahmen sind im Gang. In den harten und wechselvollen Kämpfen der letzten beiden Tage wurde mehrere hundert feindliche Panzerkampfwagen vernichtet. Verbände der deutschen und rumänischen Luftwaffe griffen trotz ungünstigem Flugwetter laufend in die Erdkämpfe ein. In Stalingrad selbst nur örtliche
Kampftätigkeit.
Mittwoch, 25. November 1942:
Südwestlich Stalingrad und im großen Donbogen setzte der Gegner seine Angriffe mit starken Infanterie- und Panzerkräften
fort. Die eigene Abwehr wurde durch starke Nahkampffliegerverbände sowie deutsche und rumänische Kampfflieger in rollenden Einsätzen wirksam unterstützt. Die Sowjettruppen erlitten erneut hohe Verluste an Menschen und Material. Gleichzeitige
Angriffe des Gegners zwischen Wolga und Don wurden von deutschen und rumänischen Truppen in erbitterten Kämpfen unter
hohen blutigen Verlusten für den Feind abgeschlagen und dabei wieder 54 Panzerkampfwagen vernichtet. Auch in Stalingrad
selbst scheiterten feindliche Angriffe. An der übrigen Ostfront wurden einige Stoßtruppunternehmen erfolgreich durchgeführt
und Angriffe des Feindes zurückgewiesen.
Donnerstag, 26. November 1942:
Zwischen Wolga und Don und im großen Donbogen halten die schweren Panzer- und Infanterieangriffe des Feindes an. Sie
wurden in erbitterten Kämpfen abgewehrt. Der Gegner verlor erneut zahlreiche Panzerkampfwagen. Eigene Luftangriffe fügten dem Gegner starke Verluste an Menschen, schweren Waffen und Fahrzeugen aller Art zu. In Stalingrad brachen auch gestern feindliche Angriffsversuche zusammen.
Freitag, 27. November 1942:
Alle Panzer- und Infanterieangriffe des Feindes im Wolga-Don-Gebiet scheiterten auch gestern wieder an dem hervorragenden
Kampfgeist der Truppe. 55 Sowjetpanzer wurden vernichtet. Angriffe von Sturzkampffliegerverbänden trafen den Feind mit
vernichtender Wirkung. Truppen des Heeres versenkten auf der Wolga bei Stalingrad zwei Motorschiffe.
Sonnabend, 28. November 1942:
Zwischen Wolga und Don, im großen Donbogen und in Stalingrad scheiterten wiederum schwere Angriffe des Feindes in erbitterten Kämpfen. Flakartillerie und Schlachtflieger griffen wirksam in die Erdkämpfe ein und vernichteten 34 Sowjetpanzer.
Sonntag, 29. November 1942:
Deutsche und rumänische Truppen haben auch gestern alle Angriffe zahlenmäßig überlegener feindlicher Kräfte zwischen
Wolga und Don blutig abgewiesen. 35 Panzer wurden vernichtet. Im großen Donbogen warf ein eigener Gegenangriff die Sowjets über einen Flußabschnitt. zurück. Starke Luftstreitkräfte, darunter rumänische Kampfflieger, unterstützten die Truppen des
Heeres mit gutem Erfolg. Eine große Anzahl von Fahrzeugen wurde zerstört. Bahnstrecken an der unteren Wolga wurden bei
Nacht erfolgreich bombardiert. Schnelle italienische Kampfflugzeuge griffen am mittleren Don motorisierte feindliche Kolonnen und Truppenunterkünfte an.
Montag, 30. November 1942:
Zwischen Wolga und Don schlugen die Truppen des Heeres in engem Zusammenwirken mit starken Luftstreitkräften erneut
heftige Panzer- und Infanterieangriffe ab. In Stalingrad nur örtliche Kampftätigkeit.
Chronologie des Geschehen von Stalingrad im Dezember 1942
Dienstag, 1. Dezember 1942:
Die gestern fortgesetzten Angriffsversuche der Sowjets zwischen Wolga und Don scheiterten unter ungewöhnlich hohen feindlichen Verlusten.
Mittwoch, 2. Dezember 1942:
Gegen stärkere feindliche Truppenbewegungen am mittleren Don waren schnelle italienische und schwere deutsche Kampfflugzeuge eingesetzt.
Donnerstag, 3. Dezember 1942:
Auch gestern scheiterten erneute Angriffe starker Infanterie- und Panzerverbände des Feindes im Wolga-Don-Gebiet an dem
zähen Widerstand der deutschen und rumänischen Truppen.
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Das Drama von Stalingrad
Freitag, 4. Dezember 1942:
In Fortsetzung der erbitterten Abwehrkämpfe zwischen Wolga und Don brachen am gestrigen Tag wiederholt starke Angriffe
der Sowjets unter hohen Verlusten zusammen. 36 Panzer wurden vernichtet. Hunderte von Gefangenen, Waffen und sonstige
Beute fielen in die Hand unserer Truppen.
Sonnabend, 5. Dezember 1942:
Zwischen Wolga und Don griffen die Sowjets auch am 4. Dezember unter starkem Einsatz von Panzern vergeblich an. 75 Panzer wurden vernichtet, 13 bewegungsunfähig geschossen und dem Feind hohe Verluste an Menschen und Material zugefügt.
Ein kraftvoller Angriff eigener Panzertruppen zerschlug feindliche Panzer- und Kavalleriekräfte wobei 2000 Gefangene und
14 Geschütze als Beute eingebracht wurden. Italienische und ungarische Spähtruppunternehmungen an der Donfront erbrachten wichtige Erkundungsergebnisse.
Sonntag, 6. Dezember 1942:
Zwischen Wolga und Don wurde in wechselvollen Kämpfen ein sowjetisches Bataillon vernichtet, 26 Panzer abgeschossen,
zahlreiche Geschütze und Infanteriewaffen des Feindes erbeutet. Transportverbände der Luftwaffe versorgten trotz schwieriger
Wetterverhältnisse die kämpfende Truppe. In den erfolgreichen Abwehrkämpfen zwischen Wolga und Don zeichnete sich das
2. Bataillon eines Wiener Grenadier Regiments durch vorbildliche Haltung besonders aus. Im großen Donbogen wurden in den
letzten Tagen wiederholt, mit Panzern unterstützt, geführte Angriffe der Sowjets gegen einen wichtigen Flußabschnitt abgewiesen.
Montag, 7. Dezember 1942:
Unter Einsatz frischer Kräfte rannte der Feind nördlich des Terek zwischen Wolga und Don und im großen Donbogen erfolglos gegen die deutsch-rumänischen Stellungen an.
Dienstag, 8. Dezember 1942:
Im großen Donbogen nahmen die Sowjets gestern ihre heftigen Angriffe mit starken Panzerverlusten wieder auf. Sie brachen
unter der Abwehr unserer Truppen, die durch deutsche und rumänische Kampfflieger unterstützt wurden, zusammen.
Mittwoch, 9. Dezember 1942:
Neue Versuche der Sowjets, die deutschen Stellungen im Ostkaukasus und im Wolga-Don-Gebiet zu durchbrechen, scheiterten
auch gestern unter hohen feindlichen Verlusten. Feindliche Massenangriffe von Infanterie- und Panzerkräften führten zwischen Wolga und Don zu sehr harten, für unsere Truppen erfolgreichen Kämpfe. Gefangene und Beute wurden eingebracht. Im
großen Donbogen warfen deutsche Panzergrenadiere im Gegenangriff den Feind aus seinen Stellungen und schossen 46 Sowjetpanzer ohne eigene Panzerverluste ab.
Donnerstag, 10. Dezember 1942:
Zwischen Wolga und Don wurden feindliche Kräfte, denen ein Einbruch geglückt war, eingeschlossen und vernichtet. Im übrigen hatten die Sowjets bei der Fortsetzung ihrer vergeblichen Angriffe erneut hohe Verluste. Sie verloren am 8. und 9. dieses
Monats allein in diesem Abschnitt 194 Panzerkampfwagen. Trotz heftiger Gegenwehr warfen die Infanterie- und Panzertruppen den Gegner im großen Donbogen weiter zurück, wiesen Gegenangriffe ab und vernichteten 16 Sowjetpanzer.
Freitag, 11. Dezember 1942:
Im Süden der Ostfront dauert die lebhafte Kampftätigkeit an. Dabei wurden nördlich des Raumes von Stalingrad schwächere
feindliche Kräfte des Gegners vernichtet. Im Donbogen wurde in hartem Kampf ein beherrschender Höhenzug genommen. Alle Gegenangriffe des Gegners scheiterten. Italienische Truppen brachen bei einer gewaltsamen Aufklärungsunternehmung in
die feindlichen Stellungen ein und brachten Gefangene und Beute zurück. Feindliche Aufklärungsvorstöße wurden von ungarischen Truppen abgewehrt. Starke deutsche und rumänische Luftstreitkräfte griffen in die Kämpfe im Wolga-Don-Gebiet ein.
Jagdflieger schossen 24 feindliche Flugzeuge ab. Kampf- und Schlachtflugzeuge setzten die Bekämpfung feindlichen Aufmarsches am mittleren Don fort.
Sonnabend, 12. Dezember 1942:
Deutsche, italienische und rumänische Truppen wiesen, durch Luftwaffenverbände unterstützt, im südlichen Abschnitt der Ostfront mehrfache feindliche Angriffe mit Verlusten für den Gegner ab.
Sonntag, 13. Dezember 1942:
Örtliche Angriffe der Sowjets im Wolga-Don-Gebiet scheiterten an der Abwehr deutscher und italienischer Truppen. Ungarische Stoßtrupps zerstörten an dem Ostufer des Don Kampfanlagen des Feindes. Gefangene und Beute wurden eingebracht.
Montag, 14. Dezember 1942:
An Teilen des südlichen Frontabschnittes dauern die z. T. sehr erbitterten Kämpfe mit starkem Gegner an. Eigene Panzerkräfte, die aus dem Raum südwestliche Stalingrad vorstießen, zerschlugen starken Feind, dessen Gegenangriffe unter Verlust von
mehr als 20 Panzerkampfwagen scheiterten. Bei einem in den letzten Tagen in der Kalmückensteppe geführten Vorstoß in den
Rücken des Feindes wurden zahlreiche Gefangene eingebracht und der Nachschub des Gegners empfindlich gestört. [Auslas
10
Das Drama von Stalingrad
sung im Text]
Dienstag, 15. Dezember 1942:
Im Wolga-Don-Gebiet zerschlugen Infanterie- und Panzerverbände feindliche Panzerangriffe in harten Kämpfen. Sie fügten
den Sowjets hohe Verluste zu und vernichteten 67 Panzer.
Mittwoch, 16. Dezember 1942:
Zwischen Wolga und Don stürmten deutsche und rumänische Truppen verschiedene zäh verteidigte Ortschaften und wiesen
Gegenangriffe blutig ab.
Donnerstag, 17. Dezember 1942:
Deutsche und rumänische Truppen, unterstützt von Kampffliegerverbänden, warfen zwischen Wolga und Don den Feind im
Angriff weiter zurück und wiesen im großen Donbogen wiederholte Angriffe stärkerer Kräfte z. T. im Gegenangriff ab. 30
Sowjetpanzer wurden vernichtet.
Freitag, 18. Dezember 1942:
Feindliche Angriffe im Gebiet des Terek, im Raum von Stalingrad und im großen Donbogen scheiterten unter hohen Verlusten
des Gegners. Über 20 Panzer wurden vernichtet. Zwischen Wolga und Don durchbrachen deutsche Divisionen stark besetzte
Stellungen des Feindes auf einem beherrschenden Höhenzug und gewannen im Angriff weiter Raum.
Sonnabend, 19. Dezember 1942:
Deutsche und rumänische Truppen warfen den Feind zwischen Wolga und Don trotz seines zähen Widerstandes weiter nach
Nordosten zurück. Bei Gegenangriffen verloren die Sowjets 22 Panzer. In Stalingrad und im großen Donbogen wurden feindliche Angriffe abgewehrt.
Sonntag, 20. Dezember 1942:
Zwischen Wolga und Don gewannen deutsche Panzerdivisionen im Zusammenwirken mit rumänischen Truppen im Angriff
gegen sich hartnäckig wehrenden Feind einen wichtigen Flußabschnitt. Starke feindliche Angriffe im Gebiet von Stalingrad
und im großen Donbogen wurden nach erbitterten Kämpfen z. T. im Gegenangriff abgewiesen. Bei diesen Kämpfen verloren
die Sowjets 164 Panzerkampfwagen.
Montag, 21. Dezember 1942:
Im Wolga-Don-Gebiet halten die schweren Kämpfe an. In erbitterten Panzer- und Infanterieschlachten erlitten die Sowjets wieder überaus hohe Verluste an Menschen und Material. Nach bisherigen Meldungen wurden gestern im Donabschnitt über 70
feindliche Panzer vernichtet. Am mittleren Don gelang dem Feind, der seit Tagen mit stärkster Kräftemassierung von Panzerverbänden angegriffen hatte, ein Einbruch in die dortige Abwehrfront. Er wurde mit ungeheuren bol. Verlusten erkauft. Um einer Flankenbedrohung zu begegnen, bezogen im Anmarsch befindliche deutsche Divisionen planmäßig vorbereitete rückwärtige Stellungen und verhinderten dadurch eine Ausweitung des feindlichen Angriffserfolges.
Dienstag, 22. Dezember 1942:
In Stalingrad versuchte der Gegner, über die Wolga angreifend, Fuß zu fassen. Er wurde in erbitterten Nahkämpfen abgewiesen. Die Abwehrschlacht am mittleren Don hält in unverminderter Heftigkeit an.
Mittwoch, 23. Dezember 1942:
Bei erneuten vergeblichen Angriffen zwischen Wolga und Don und in Stalingrad erlitten die Sowjets hohe Verluste. Am mittleren Don halten die schweren Kämpfe an.
Donnerstag, 24. Dezember 1942:
In der Kalmückensteppe wiesen deutsche Truppen wiederholt feindliche Angriffe ab und fügten dem Gegner bei einem erfolgreichen Vorstoß blutige Verluste zu. Ein im Hintergelände auftauchender Kavallerieverband der Sowjets wurde angegriffen
und in anschließender Verfolgung zersprengt. Zwischen Wolga und Don wurden im Angriff 600 Gefangene eingebracht und
15 Panzer vernichtet. Gegenangriffe der Sowjets brachen zusammen. Im Dongebiet dauert die Abwehrschlacht in wechselvollen Kämpfen weiterhin an.
Freitag, 25. Dezember 1942:
Im Laufe des gestrigen Tages gingen unsere heldenhaft kämpfenden Truppen, unterstützt durch den Einsatz neu zugeführter
Verbände, im Dongebiet an mehreren Stellen zum Gegenangriff über. In erbitterten Kämpfen vernichteten sie feindliche motorisierte und Panzerverbände, die versuchten, durch Lücken in der neu aufgebauten Front in das Hintergelände vorzustoßen.
Sonnabend, 26. Dezember 1942:
Zwischen Wolga und Don und im Dongebiet brachen sich die anhaltenden feindlichen Angriffe an dem harten Widerstand unserer Truppen. In Gegenangriffen waren deutsche Truppen an mehreren Stellen die Sowjets zurück. 42 Panzerkampfwagen
wurden abgeschossen. Starke Verbände der Luftwaffe und schnelle ungarische Kampfflugzeuge unterstützten die Kämpfe des
11
Das Drama von Stalingrad
Heeres bei Tag und Nacht.
Sonntag, 27. Dezember 1942:
Feindliche Angriffe zwischen Wolga und Don und im Raum von Stalingrad wurden abgewehrt.
Montag, 28. Dezember 1942:
Im Laufe der auch gestern erfolgreichen Abwehrkämpfe zwischen Wolga und Don und im großen Donbogen wurden 59 sowjetische Panzer vernichtet.
Dienstag, 29. Dezember 1942:
Zwischen Wolga und Don und im großen Donbogen scheiterten erneute feindliche Angriffe in harten Abwehrkämpfen. Eine
seit mehreren Tagen eingeschlossene feindliche Kräftegruppe wurde vernichtet. Seit dem 24. Dezember wurden hier, unterstützt durch die Luftwaffe, 65 Panzer, 30 Geschütze, zahlreiche schwere und leichte Infanteriewaffen und weiteres Kriegsgerät
vernichtet oder erbeutet und eine große Zahl Gefangener eingebracht. Die blutigen Verluste des Feindes übertrafen diese um
ein Vielfaches. In den Abwehrkämpfen im großen Donbogen hat sich die italienische Division Julia besonders ausgezeichnet.
Mittwoch, 30. Dezember 1942:
In Stalingrad und Don und im großen Dongebiet hatten die Sowjets bei Fortsetzung ihrer Angriffe hohe blutige Verluste und
verloren 16 Panzer. Bei erfolgreichen Gegenstößen wurden zahlreiche schwere und leichte Waffen erbeutet und Gefangene
eingebracht. Angriffe deutscher Luftgeschwader sowie italienischer, rumänischer und ungarischer Kampfflieger fügten dem
Gegner hohe Verluste und empfindliche Ausfälle an Panzern und schweren Waffen zu. Ungarische Truppen vernichteten bei
Stoßtruppunternehmen eine größere Anzahl feindlicher Bunker und ihre Besatzungen.
Donnerstag, 31. Dezember 1942:
Im Dongebiet wurden feindliche Angriffe in harten Kämpfen abgewehrt. Die Sowjets erlitten hohe Verlust und verloren wieder zahlreiche Panzer. Der deutsche Gegenangriff gewann weiter Raum.
Chronologie des Geschehen von Stalingrad im Januar 1943
Freitag, 1. Januar 1943:
Im Terekgebiet, in Stalingrad und im großen Donbogen erlitt der Feind bei der Fortsetzung seiner vergeblichen Angriffe wieder hohe Verluste und verlor 35 Panzer.
Sonnabend, 2. Januar 1943:
Auch im Dongebiet scheiterten erneute Angriffe des Feindes in schweren Kämpfen. Erfolgreiche Gegenangriffe deutscher
Truppen warfen den Feind zurück, zerschlugen eine feindliche Panzerbrigade und vernichteten dabei 39 Panzer und 14 Geschütze.
Sonntag, 3. Januar 1943:
Im Dongebiet dauern die schweren Abwehrkämpfe an. Der Feind wurde auf der ganzen Front zurückgeschlagen und verlor 38
Panzer. Bei diesen Kämpfen zeichnete sich die 6. Panzerdivision besonders aus. Ungarische Truppen schlugen einen von starker Artillerie unterstützten Angriff der Sowjets ab.
Montag, 4. Januar 1943:
An verschiedenen Abschnitten der Front im Dongebiet und im Raum von Stalingrad erlitten die Sowjets bei der Fortsetzung ihrer Angriffe hohe Verluste.
Dienstag, 5. Januar 1943:
Die schweren Abwehrkämpfe im Dongebiet halten an.
Mittwoch, 6. Januar 1943:
Im Dongebiet hielten auch gestern die schweren Abwehrkämpfe in unverminderter Stärke an. Angriffe der Sowjets wurden unter hohen feindlichen Verlusten abgeschlagen. Eine Panzerdivision schoß dabei 31 Panzerkampfwagen ab.
Donnerstag, 7. Januar 1943:
Die Kämpfe im Don- und Kalmückengebiet und im Raum von Stalingrad dauern an. Dabei schlugen deutsche Infanterie- und
Panzerdivisionen im Zusammenwirken mit starken Verbänden der Luftwaffe und rumänischen Kampffliegern alle Angriffe der
Sowjets zurück. Im Gegenangriff wurden an einer Stelle 20 feindliche Panzer vernichtet.
12
Das Drama von Stalingrad
Freitag, 8. Januar 1943:
Im Raum des . . . Don und nordwestlich Stalingrads standen die deutschen Truppen auch gestern in schwerem, aber erfolgreichem Abwehrkampf mit starken Infanterie- und Panzerkräften der Sowjets. In Gegenangriff wurde der Feind an verschiedenen
Stellen zurückgeworfen und erlitt hohe Verluste. 32 Panzer wurden vernichtet.
Sonnabend, 9. Januar 1943:
Zwischen Kaukasus und Don, bei Stalingrad und im Dongebiet halten die schweren Kämpfe an. Die erbittert angreifenden
Sowjets wurden überall zurückgeschlagen. Die an vielen Stellen sofort zum Gegenstoß antretenden deutschen Truppen fügten
dem Gegner hohe blutige Verluste zu unvernichtetem zahlreiches Kriegsmaterial.
Sonntag, 10. Januar 1943:
In Stalingrad örtliche Stoßtrupptätigkeit. Jagdflieger schossen ohne eigene Verluste 12 Sowjetflugzeuge ab.
Montag, 11. Januar 1943:
In Nordkaukasien, bei Stalingrad und im Dongebiet wurden fortgesetzte Angriffe zahlenmäßig überlegener Infanterie- und
Panzerkräfte der Sowjets in schweren Kämpfen blutig abgewiesen. Die deutsche Luftwaffe griff mit starken Kräften in die
Kämpfe ein. Infanterie- und Panzertruppen vernichteten im Gegenangriff feindliche Verbände. Durch Heer und Luftwaffe wurden 136 Panzerkampfwagen, davon allein 60 im Raum von Stalingrad, vernichtet oder bewegungsunfähig geschossen.
Dienstag, 12. Januar 1943:
Im Raum von Stalingrad und im Dongebiet griff der Feind unter erneutem Einsatz starker Kräfte an den bisherigen Schwerpunkten an. Er wurde in erbitterten Kämpfen zum Teil im Gegenstoß zurückgewiesen und verlor 63 Panzerkampfwagen, 45 allein bei Stalingrad. Dem Masseneinsatz an Infanterie entsprechen die Verluste der Sowjets.
Mittwoch, 13. Januar 1943:
Keine Angaben.
Donnerstag, 14. Januar 1943:
Im Raum Stalingrad wehrten die deutschen Truppen starke Infanterie- und Panzerangriffe in heldenhaften schweren Kämpfen
ab.
Freitag, 15. Januar 1943:
Im Raum von Stalingrad verteidigten sich die deutschen Truppen in erbitterten Kämpfen gegen andauernde schwere Angriffe
des Feindes. 75 Sowjetpanzer wurden vernichtet, davon 35 bei Stalingrad.
Sonnabend, 16. Januar 1943:
Im Raum von Stalingrad schlugen unsere Truppen, die dort seit Wochen in heldenmütigem Abwehrkampf gegen den von allen
Seiten angreifenden Feind stehen, auch gestern starke Angriffe feindlicher Infanterie- und Panzerverbände unter großen Verlusten für die B. ab. Führung und Truppe gaben damit wieder ein leuchtendes Vorbild heroischen deutschen Soldatentums.
Sonntag, 17. Januar 1943:
Im Raum von Stalingrad standen unsere Truppen weiter in schwerem Abwehrkampf gegen erneute Massenangriffe des Feindes, die wiederum an dem entschlossenen Widerstand der tapferen Verteidiger scheiterten.
Montag, 18. Januar 1943:
Die unter schwierigsten Bedingungen kämpfenden deutschen Truppen im Raum von Stalingrad hielten in zäher Ausdauer und
verbissenem Kampfeswillen weiteren starken Angriffen stand.
Dienstag, 19. Januar 1943:
Die Truppen im Raum Stalingrad verteidigten sich standhaft in harten Kämpfen gegen immer neue Angriffe des Feindes.
Mittwoch, 20. Januar 1943:
Die Verteidiger des Raumes Stalingrad wehrten trotz harter Entbehrungen unerschüttert sämtliche Angriffe des Sowjets ab.
Donnerstag, 21. Januar 1943:
Die deutschen Truppen im Raum von Stalingrad setzten den andauernden Anstrengungen des Feindes, die Verteidigungsfront
einzudrücken, weiter äußersten Widerstand entgegen und schlugen massiert vorgetragene Angriffe in erbitterten Kämpfen ab.
Freitag, 22. Januar 1943:
Die vom Gegner eng umschlossene und dem starken feindlichen Druck hartnäckig Widerstand bietende deutsche Kräftegruppe
in Stalingrad hatte auch gestern schwere Kämpfe gegen die mit weit überlegenen Kräften anrennenden Sowjets zu bestehen.
Trotz heldenmütiger Abwehr konnten die Verteidiger von Stalingrad einen Einbruch im Westen her nicht verhindern, was zu
einer Zurücknahme der eigenen Stellungen um einige Kilometer zwang.
13
Das Drama von Stalingrad
Sonnabend, 23. Januar 1943:
Die Verteidiger von Stalingrad leisteten während des ganzen gestrigen Tages in heroischem Ringen stark überlegenem Feind
Widerstand. 20 Panzer wurden im Nahkampf vernichtet. Ein tiefer feindlicher Einbruch in die Verteidigungsfront wurde unter
Aufbietung aller Kräfte aufgefangen. Die schweren Abwehrkämpfe und südlich des Ladogasees dauern an.
Sonntag, 24. Januar 1943:
Bei Stalingrad hat sich die Lage durch den weiteren Einbruch starker feindlicher Massen von Westen her verschärft. Trotzdem
halten die Verteidiger immer noch ungebrochen als leuchtendes Beispiel besten deutschen Soldatentums den immer mehr verengten Ring um die Stadt. Sie fesseln durch ihren heldenhaften Einsatz feindliche Kräfte und unterbinden nun schon seit Monaten den feindlichen Nachschub an einem seiner wichtigsten Punkte.
Montag, 25. Januar 1943:
In Stalingrad heftet die 6. Armee in heldenhaftem und aufopferndem Kampf gegen die erdrückende Übermacht unsterbliche
Ehre an ihre Fahnen. Verbände der rumänischen 20. Infanteriedivison und 1. Kavalleriedivision schlagen sich mit ihren deutschen Kameraden bis zum letzten und nehmen in vollem Maß an diesem Ruhm teil.
Dienstag, 26. Januar 1943:
In Stalingrad haben sich die Verteidiger, bei denen sich neben den rumänischen Divisionen auch ein kleiner kroatischer Verband befindet, im südlichen und mittleren Teil der Stadtruinen auf engem Raum zusammengeschlossen. Sie leisten dort unter
Führung ihrer Generäle weiterhin heroischen Widerstand, von der Luftwaffe unter schwersten Einsatzbedingungen nach Kräften unterstützt.
Mittwoch, 27. Januar 1943:
Die noch kampffähigen Teile der 6. Armee verkrallen sich in die Trümmer der Stadt Stalingrad. Unter Aufbietung aller Verteidigungsmöglichkeiten gegenüber pausenlosen Angriffen der Sowjets auf der Erde und aus der Luft binden sie die Kräfte mehrerer Sowjetarmeen. Eine in die Stadt vorgedrungene feindliche Kräftegruppe wurde in erbitterten Kämpfen zerschlagen.
Donnerstag, 28. Januar 1943:
In Stalingrad ist der heroische Widerstand der Verteidiger ungebrochen. Anstürme der Sowjets gegen die West- und Südfront
brachen unter schweren Verlusten für den Feind zusammen.
Freitag, 29. Januar 1943:
In Stalingrad sind wütende feindliche Angriffe gegen die Südfront im Gange, denen die Verteidiger trotz härtesten Entbehrungen und vielfacher Überlegenheit des Feindes weiterhin trotzen.
Sonnabend, 30. Januar 1943:
In Stalingrad ist die Lage unverändert. Der Mut der Verteidiger ist ungebrochen.
Sonntag, 31. Januar 1943:
In Stalingrad schob sich der Feind zunächst von allen Seiten näher an die Abwehrstellungen heran und griff dann konzentrisch
an. Die unter persönlicher Führung des Generalfeldmarschalls Paulus heldenhaft kämpfende südliche Kampfgruppe wurde auf
engstem Raum zusammengedrängt und leistet den letzten Widerstand im GPU-Gebäude.
Im Nordteil der Stadt wehrten die Verteidiger unter Führung des 11. Armeekorps die Angriffe des Feindes gegen die Westfront
des Traktorenwerkes ab.
Chronologie des Geschehen von Stalingrad im Februar 43
Montag, 1. Februar 1943:
In Stalingrad ist die Südgruppe der 6. Armee unter Führung des Generalfeldmarschalls Paulus nach mehr als zwei Monaten
heldenhafter Verteidigung von der Übermacht des Feindes im Kampf überwältigt worden. Die Nordgruppe unter Führung des
Generals der Infanterie Strecker behauptet sich noch immer. Sie wehrt starke feindliche Angriffe zum Teil im Gegenstoß ab.
An den übrigen Brennpunkten der großen Abwehrschlacht im Osten dauern die Kämpfe mit unverminderter Heftigkeit an.
Dienstag, 2. Februar 1943:
In Stalingrad setzte der Gegner nach stärkster Artillerievorbereitung mit weit überlegenen Kräften gegen die letzte Bastion der
Verteidiger, das Traktorenwerk, zum Angriff an. In der Nacht gelang es ihm, nachdem unsere heldenhaft kämpfenden Truppen
ihre Munition nahezu verschossen hatten, an mehreren Stellen einzubrechen und den bis dahin zusammenhängenden Verteidigungsring des 11. Armeekorps aufzusprengen.
14
Das Drama von Stalingrad
Am Mittwoch, dem 3. 2. 1943, also einen Tag nach Kapitulation, gab es schon einen
Sonderbericht des OKW im deutschen Rundfunk.
Die einleitenden Worte dieser Sendung:
Der Kampf um Stalingrad ist zu Ende. Ihrem Fahneneid getreu bis zum letzten Atemzug, ist die 6. Armee unter der vorbildlichen Führung des Generalfeldmarschalls Paulus der Übermacht des Feindes und der Ungunst der Verhältnisse erlegen. Ihr
Schicksal wird von einer Flakdivision der deutschen Luftwaffe, zwei rumänischen Divisionen und einem kroatischen Regiment geteilt, die in treuer Waffenbrüderschaft mit den Kameraden des deutschen Heeres ihre Pflicht bis zum äußersten getan
haben. Noch ist es nicht an der Zeit, den Verlauf der Operationen zu schildern, die zu dieser Entwicklung geführt haben. Eines
kann aber schon heute gesagt werden: Das Opfer der Armee war nicht umsonst. Als Bollwerk der historischen europäischen
Mission hat sie viele Wochen hindurch den Ansturm von sechs sowjetischen Armeen gebrochen. Vom Feind völlig eingeschlossen, hielt sie in weiteren Wochen schwersten Ringens und härtester Entbehrungen starke Kräfte des Gegners gebunden.
Sie gab damit der deutschen Führung die Zeit und die Möglichkeit zu Gegenmaßnahmen, von deren Durchführung das Schicksal der gesamten Ostfront abhing. Vor diese Aufgabe gestellt, hat die 6. Armee schließlich auch durchgehalten, als mit der
Dauer der Einschließung und dem Fortgang der Operation die Luftwaffe trotz äußersten Anstrengungen und schwersten Verlusten außerstande war, eine ausreichende Luftversorgung sicherzustellen und die Möglichkeit des Einsatzes mehr und mehr
und schließlich ganz dahinschwand. Die zweimal vom Gegner verlangte Übergabe fand stolze Ablehnung. Unter der Hakenkreuzfahne, die auf der höchsten Ruine von Stalingrad weithin sichtbar gehißt wurde, vollzog sich der letzte Kampf. Generäle,
Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften fochten Schulter an Schulter bis zur letzten Patrone. Sie starben, damit Deutschland lebe. Ihr Vorbild wird sich auswirken bis in die fernsten Zeiten, aller unwahren bol. Propaganda zum Trotz.
Die Divisionen der 6. Armee aber sind bereits im neuen Entstehen begriffen.
b. / bol. = bolschewistisch / Auslassungen 14. 12. und 8. 1. im Text
Verluste in Stalingrad
In Stalingrad gefallen: ca.
Gefallene und Vermißte d. Luftwaffe
Kriegsgefangene insgesamt :
in Gefangenschaft gestorben :
aus der Gefangenschaft heimgekehrt: ca.
Verluste der russischen Armee:ca.
80.000 Mann
8.223 Mann
107.800 Mann
101.800 Mann
6.000 Mann
1.000.000 Soldaten
Der VdK schreibt in seiner Gräbersuche zu Stalingrad
Fast 65 Jahre nach dem Ende der erbitterten Kämpfe um Stalingrad haben Tausende Familien in Deutschland noch immer keinen Hinweis über den Verbleib ihrer Angehörigen, deren Spuren sich 1942/43 zwischen Don und Wolga verloren haben. Um diesen dennoch einen Ort des persönlichen Gedenkens zu
schaffen, hat der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge die Personalien der Stalingrad-Vermissten
auf dem deutschen Soldatenfriedhof in Rossoschka bei Wolgograd dokumentiert. Auf 107 Granitwürfeln
mit einer Kantenlänge von 1,50 Metern und einer Höhe von 1,35 Metern sind in alphabetischer Reihenfolge 103 234 Namen eingraviert.
15
Das Drama von Stalingrad
Gedanken an Stalingrad
Mit rauer, bleierner Hand liegt Starre überm östlichen Land,
„General Winter“ mit all seiner Kälte und Kraft, hat die Natur und vor allem
uns alle geschafft.
Schon zeitig blies und lies er verkünden, die Macht mit all
ihren Bünden.
Wind, Schnee und Eiskristalle – wir Landser verharren in frostiger Falle.
Schönes so fern, Sehnsucht nach Frieden, Wärme und Stille,
nur der Frost ist präsent und jeder schluckt sie, die bittere Pille.
Die, welche uns hier hingestellt, mitunter dekorierte und vornehme Laffen,
sie sitzen weiter hinten, geschützt im wärmenden Bunker, die feigen Affen.
Hoffnung die bleibt auf ein jähes Ende der Kämpfe so verlustreich, blutig und
roh, Kamerad, wann kommt nur die erhoffte Wende? Ach was wären wir
froh...
Mit solchen Gedanken, die kaum jemand zu verbergen vermag,
ahnt und spürt mancher schon das zukünftige, eisige Grab.
Lethargie hat nicht lange Bestand,
die nächste Granate krepiert, verteilt singende Splittergarben, bedrohlich nah
unfern am Unterstand, glühender Stahl streut in Anlassfarben.
Quelle: unbekannt irwann und wo im I-Net
Gedanken zum Drama von Stalingrad
In Stalingrad ist keiner mit einem "Hurra" auf den Lippen gestorben, sondern mit
einem Schreien, einem Wimmern und Stöhnen, einem Brüllen vor unerträglichen
Schmerzen und einer Verzweiflung, die nicht zu beschreiben ist. Keiner starb dort
mit einem Gefühl im Herzen "Für Volk und Vaterland - Damit Deutschland lebe!"
In der Fremde, bei Kälte, Hunger und Leid stirbt jeder für sich allein, auch wenn
Hunderte herum zur gleichen Stunde, in gleicher Sekunde krepieren. Der Tod in
Stalingrad mit seinen Unzähligen Facetten, übertrifft jegliches menschliches Vorstellungsvermögen. Hier wird am lebendigen Leib geschlachtet - unvermittelt und
plötzlich, so, wie der Blitz aus den Wolken tritt. Der Schnee ist grau und durchtränkt von schwarzem Blut. In den Kellern und Unterständen dieser Ruinenlandschaft wird gebetet, um zu sterben. Der Tod hetzt jeden vor sich her und quält jeden bis zum bitteren Ende.
Irgendwo wirfst du dich in eine Kuhle, die eine Granate gegraben hat. Unter dir
ein Kamerad, der soeben in Stücke zerrissen wurde. Ein Klumpen blutigen Fleisches, der dich jetzt wärmt. Seine Därme quellen dampfend aus der Bauchhöhle
hervor und sein letzter schmerzverzerrter Blick weicht der Starre. Du zitterst vor
Angst und Kälte. Die zerschundenen Stiefel in Lumpen gehüllt können deine erfrorenen Zehen nicht wärmen. Der beißende Hunger und der quälende Durst nagen an deinen schwindenden Kräften. Der zweite Mantel deines toten Kameraden
lässt dich trotzdem frieren. Überall ist Tod und Elend. Es riecht nach Pulverdampf
16
Das Drama von Stalingrad
und der ohrenbetäubende, nie verstummende Lärm der Feuersalven, der Granateinschläge, der Bombenexplosionen und das ewige Beben und Grollen der Erde
machen so hoffnungslos, dieser Hölle jemals lebend zu entrinnen. Aber dieser unbarmherzige Winter hier draußen hat auch etwas Gutes. Die unendlich vielen Leichen und Leichenteile gefrieren so schnell, dass der verwesende Geruch auch
nicht noch ertragen werden muss.
In den Lazarettkellern dagegen gibt es kein Entrinnen. Hier stinkt es nach Blut,
Gedärmen, Eiter, Urin und Kot. Hier amputieren Sanitäter ohne Betäubung, hier
wird abgesägt, geschnitten, genäht und mit Lumpen verbunden. Die Schmerzensschreie der Männer weichen einem Wimmern, bis auch das versiegt. Draußen stapeln sich in Gruben die Überreste der aus den Ruinenhöhlen geworfenen Gliedmaßen. Was hält dieses Leben noch bereit?
Und wieder schlägt es neben dir ein. Im Nachbartrichter ist einer deiner Kameraden, mit dem du noch gestern ein hartes Stück Brot geteilt und einen Brief an die
Lieben daheim geschrieben hast, nicht mehr da. Weg, einfach weg! Und wieder
hast du Todesangst, Tränen laufen dir übers Gesicht. Dann, wie aus dem Nichts
ein Knall, ein ohnmächtiger Schmerz. Eine Granate hat dich zerfetzt. In Sekunden
rennt dein kurzes Leben an dir vorbei. Mit letzten Kräften rufst du "Sanitäter! Sanitääääter!" Aber niemand hört dich. Keiner ist bei dir.
Und nun liegst du da, zitternd und vor Schmerzen zerrissen. Panzer kommen näher, immer näher. Du möchtest wegkriechen, aber es geht nicht. Deine Beine sind
zerschmettert und durch den Mantelstoff sickert Blut. Der Panzer rollt auf dich zu
- ein Tod aus 30 Tonnen Stahl. Du hörst das Rasseln seiner Ketten, das Fauchen
seines Motors. Er wird dir ein Heldengrab walzen. Du schreist um Hilfe und rufst
nach der Mutter. Du betest ein letztes kurzes Mal. Nun steht er vor dir. Sein Motor
brüllt auf und er beginnt sich im Kreis zu drehen. Unter Höllenqualen wirst du mit
Getöse in die Erde gewalzt.
Das ist der Heldentod!
Die Löcher, in denen sie gelegen haben, sind zu. Der aufgewühlte Dreck gibt für
kurze Zeit dampfend die restliche Wärme des zermahlenen Körpers frei. Hier noch
ein blutiges Stück Stoff, da noch ein Stück aufgerissene Schädeldecke, und keiner
weint ihnen eine Träne nach, denn in Stalingrad gab es keine Tränen mehr.
Quelle: unbekannt irwann und wo im I-Net
17
Das Drama von Stalingrad
Stalingrad: Das Ende des Danziger Infanterieregiments
Zusammengestellt von Arthur Krueger (Sori)
(8./120. IR(mot.)/60. ID(mot))
Einleitung
Liebe Leser: Mein Name ist Arthur Krueger. Mein Geburtsort war die Freie Stadt Danzig (geb. am 12.
Juni 1920). Seit der Gründung unserer Einheit im Juni 1939 in Danzig bis zum Untergang in Stalingrad
war ich als Infanterist mit im Einsatz.
Gerade weil heute nicht mehr vom Deutschen Danzig, von Königsberg und von Preußen geredet wird,
möchte ich hier heute als 86 jähriger meine Erlebnisse und Erinnerungen niederschreiben. Wenn man
heute von einer Division reden will, die in Stalingrad kämpfte, so glaube ich, muss man auch einen
kleinen Überblick über die Vergangenheit und die Zusammensetzung machen.
Unsere Kampfgruppe Eberhart, die in Danzig aufgestellt wurde und im Polenfeldzug zum Einsatz kam,
wurde danach auf den Truppenübungsplatz Groß Born in Pommern zur Neuaufstellung verlegt. Wir, die
beiden Danziger Polizei-Regimente, wurden das Infanterieregiment 243 und 244. Als drittes Regiment
wurde uns das Pommersche Rgm. 92 zugeteilt. Wir wurden dort im Kampf gegen Bunker und Festungen
geschult.
Frankreich u. Griechenland
1940 wurden wir ins Saarland im Raum Saarbrücken verlegt. Nahmen dann die französischen Vorbefestigungen
und durchbrachen bei Vorbach die Maginot- Linie und
kämpften uns bis Epinal durch. Auf dem Friedhof in Forbach bei Saarbrücken ruhen unsere gefallenen Kameraden. Nach dem Ende der Kampfhandlungen in Frankreich kamen wir wieder zurück nach Groß-Born zur Neuaufstellung.
Die Danziger vom I.R.243 wurden versetzt zum I.R.244.
Der Rest vom I.R.243 kam zu einer anderen Einheit. Wir
wurden motorisiert. Das I.R.244 wurde 120 mot. Das
Pommersche I.R. wurde I.R.92.mot.
Während die Fußeinheiten drei Regimente hatten, waren bei den schellen Mot-Einheiten nur zwei. Unsere
Ausbildung war jetzt der Kampf im Verband mit den
Panzertruppen. Nach erfolgten Auffrischungen und
Übungen wurden wir nach Österreich im Raum Hollabrunn verlegt. Dort hatten wir im Semmering- Gebirge
wiederholte Übungen im Kampf und Fahren auf Gebirgsstraßen.
Danach Einmarsch nach Ungarn, Rumänien und Bulgarien. In Bulgarien wurden wir im Raum Sofia, Plovdiv,
Arthur Krüger als Unteroffizier nach 1942
18
Das Drama von Stalingrad
Pasardschik einquartiert. Dort weitere Übungen im
Arabakonakgebirge. Bald kam der Marschbefehl: Einmarsch in Jugoslawien. Wir fanden nur geringen
Widerstand. Während unsere Div. weiter in Richtung Belgrad angriff, wurde unser Regm.120 mot herausgezogen und einer Panzerdivision unterstellt. Unser Ziel war Griechenland.
So begann am 14. April 1941 unser Abenteuer Griechenland. Wir hofften recht bald an der Seite unserer Panzerkameraden zum Einsatz zu kommen. Leider aber brachen sie allein den Widerstand und trieben die Engländer vor sich her. Die Engländer, es waren Australier, versuchten ihre Schiffe zu erreichen und über das Meer zu entkommen. Sie sprengten auf ihrem Rückzug alle Brücken und Passübergänge. Wir mussten oft Stunden warten bis die Notübergänge hergestellt wurden. Die größten Anstrengungen leisteten die Kraftfahrer, die nächtelang im Dunkeln über die schlechten und engen Hochgebirgsstraßen fahren mussten. Es waren übermenschliche Leistungen. Dafür bekamen alle PKW- und
LKW-Fahrer später das Kraftfahrer-Bewährungsabzeichen.
Ausfälle und Verwundungen hatten wir nur nachts durch den Absturz einiger Fahrzeuge auf den engen
Serpentinen. Wir machten die Bekanntschaft mit Orten wie Pflorina, Kozani, Kalabaka, Trikkala, Lamia, den Thermopylen-Engpass, Kleinen Olymp, Athen und Korinth. Hier befreiten wir 2000 italienische Kriegsgefangene. Weiter ging es mit unserer Aufklärungsabteilung, der ich angehörte, über den
Kanal in Richtung Kalamata. Auf der Küstenstraße nahmen wir 25 Engländer gefangen. Sie hatten ihre
Schiffe nicht mehr erreicht. Wir fuhren zurück nach Korinth und lieferten sie dort ab. Weiter ging es in
Richtung Sparta. Dort war für uns der Krieg zu Ende. Es wurde noch eine Kampfgruppe aufgestellt, die
mit Fischerbooten auf die Insel Githera übersetzte. Es war aber weit und breit kein Engländer zu sehen.
In Sparta hatten wir noch ein wenig Ruhe, badeten in der Sonne und tranken griechischen Wein. Die
Bevölkerung war uns freundlich gesinnt und bat uns zu bleiben. Sie wollten nicht, dass die Italiener
kommen. Bei uns sagte man, wir kämen nach Österreich und dann an der Kanalküste zur Invasion nach
England. In Österreich angekommen, sagte man uns: Die Invasion ist abgeblasen. Der Russe zieht starke Verbände an der Grenze zusammen und bereitet sich auf einen Angriff auf Deutschland vor. Das
war im Monat Juni 1941. Wir kamen an die Ostfront.
Der Russlandfeldzug
Ende Juni griffen wir in der zweiten Welle die Russen an und durchbrachen ihre Bereitstellung. Für uns
begann ein ganz neuartiger Krieg. Wir sahen russische Panzer von der Grüße eines Einfamilienhauses.
Einer überrollte unsere Panzerabwehr-Kanone mit Zugmaschine und zerdrückte sie wie ein Spielzeug.
Man nannte ihn den Stalinpanzer. Später tauchten dann die T.34 Panzer auf. Den Riesenpanzer habe
ich nie mehr gesehen. Die Russen schossen auf unsere Sanitäter, die unbewaffnet waren und auf ihre
Fahrzeuge, die weit zu erkennen waren. Es war fast unmöglich, Verwundete und tote Kameraden zu
bergen. Ein Teil unserer Aufklärungsabteilung geriet in einen russischen Hinterhalt. Die verwundeten
Kameraden, die es nicht schafften, sich zurück zu ziehen, fanden wir nach einem Gegenstoß mit ihrem
eigenen Bajonette erstochen. Stalins Befehl lautete: Tötet die Deutschen, schlagt sie tot immer wo ihr
sie findet
(Smert nemeski Okupanti).
Das war ein Befehl zum Morden! Hitlers Gegenbefehl lautete: Ihre Vernichtung ist wichtiger als ihre
Gefangennahme. Wir hatten im Kampf mit den Polen, Franzosen und Engländern noch ein bisschen
Menschlichkeit erfahren, hier aber gab es keine Menschlichkeit. Wir kämpften und kamen gut voran.
Unter großen Verlusten eroberten wir Kiew, Poltawa, Tanganrog, Mariopol und Rostow. Von der
Schlacht um Nepopetrowsk habe ich schon in meinem Bericht: Italiener und Deutsche berichtet. Ich
werde im Anhang noch einmal darauf zurückkommen.
Es war Winter geworden. Der russische Winter kam zu früh. Wir waren am Ende unserer Kräfte. Rostow war das Tor zum Kaukasus. Der Russe griff uns mit starken Kräften an, um Rostow wieder in seine
Hand zu bringen. Uns drohte die Einkesselung. Wir zogen uns aus Rostow zurück und bezogen am Miusfluss die Winterstellung 1941 - 1942. Das was wir hier erlebten, wird für das ganze Leben unvergesslich
bleiben. Es wird nicht leicht sein, dieses alles zu beschreiben.
19
Das Drama von Stalingrad
In der Miusstellung (Dezember 1941)
Nachts und im Schneegestöber wurde uns die Stelle angewiesen, wo wir in Stellung gehen sollten. Der
Boden war steinhart gefroren. Die Pioniere sprengten zwei Nächte, um für unsere Gruppe 18 Mann ein
Erdloch mit einer Holzabdeckung zu bauen.
Ich ging davor mit meinen zwei schweren Maschinengewehren in Stellung. Die Temperatur sank auf unter 40 Grad. Der Schneesturm war so stark, man konnte keinen Meter weit sehen. Die Augenlider froren uns zu. Um besser hören zu können, denn sehen konnte man nicht, stellten wir einen vorgeschobenen Posten mit halbstündiger Ablösung vor unsere Stellung auf. Länger konnte keiner durchhalten,
sonst wäre er erfroren.
Wir, die Mot-Truppen, hatten jeder einen Übermantel, den trugen wir im Winter beim Transport mit
den Fahrzeugen über unserer ganzen Ausrüstung. Diese ließen wir uns in unsere Stellung bringen. Für
vier Stunden Wache am S.M.G. Wenn wir eine Seite vom Schnee befreit hatten, war die andere schon
wieder voll. Diese Bewegung schützte uns auch vor dem Erfrieren.
Tagelang gab es keine Verpflegung. Es kam kein Nachschub. Bei den Fahrzeugen war die Kühlung und
das Öl steif gefroren. Kein Motor sprang mehr an. Selbst in den Lokomotiven war die Glysantin steif
gefroren. Wir verzehrten unsere Lebensmittelreserven. Nach drei Tagen kam wieder Verpflegung, eine
zu Eis gefrorene Suppe mit Maiskörner und Pferdefleisch, von den Pferden, die durch Schnee und Strapazen verreckt waren. Für 18 Mann fünf Wurstkonserven und zwei Kommisbrote. Alles hart gefroren.
Bald wurde die Versorgung besser.
Alle 10 Tage wurden wir abgelöst und kamen für 10 Tage in Ruhestellung. Hier in den Häusern der Ukraine wurden wir freundlich behandelt, auch oft wie eigene Kinder. Sie wärmten uns und pflegten unsere Erfrierungen. Es war für uns wie ein Zuhause.
Nach 10 Tagen ging es wieder nach vorn in unsere Stellungen. Die grimmige Kälte schnitt uns ins Gesicht. Mit großer Anstrengung gegen Schneesturm und Schnee kamen wir erschöpft in unseren Erdlöchern an. Viele unserer Kameraden kamen wegen Erfrierungen 2.und 3. Grades zurück und für sie war
der Krieg zu Ende.
Zu Weihnachten bekamen wir jeder ein halbes Brot und eine Dose Blutwurst und Zigaretten, die nie
fehlten. So ging es den ganzen Winter. Nachts kam die warme Verpflegung. Wenn sie aber mit den Essenholern bei uns ankam, war immer eine Eisschicht drauf. .
In unserem Erdloch lagen wir eng zusammen und wärmten uns einer an den anderen. Zum Wachwechsel mussten wir uns erst vom Schnee frei graben. Den Gewehrlauf und alles was aus Eisen war, durfte
man ohne Handschuhe nicht anfassen, sonst fror die Haut daran fest. Den Russen ging es trotz ihrer guten Winterkleidung nicht viel besser. Sie ließen uns in Ruhe. Nur einmal, als die Sicht besser war, griffen sie uns in Kompaniestärke an. Angetrieben von einem Kommissar mit der Pistole in der Hand. Mit
den Händen in den Taschen und das Gewehr auf den Rücken, so rannten sie in unser Maschinengewehrfeuer hinein. Die Überlebenden zogen sich wieder in ihre Stellungen zurück. Der grimmige Winter
zwang Freund und Feind zur Bewegungslosigkeit.
Nur wenige von uns überstanden diesen grausamen Winter. Wir hatten keine Winterkleidung. Das was
wir hatten, war die normale Winterkleidung wie sie jeder Soldat auch in der Heimat hatte. Ja wir hatten nicht einmal Schneehemden zur Tarnung.
Langsam wurde die Versorgung besser. Nun begann auch langsam das Tauwetter. Wer glaubte, dass es
nun besser würde, täuschte sich. Die Fahrzeuge blieben nun im Schlamm stecken. Die Ablösung aus unseren Stellungen erfolgte immer nachts. Bis zu unserem Ruhelager waren es immer 5 bis 10 km. Die
Nächte waren stockdunkel. Somit war die Orientierung sehr schwer. Es kam vor, dass Gruppen im Kreis
liefen und wieder in der H.K.L. landeten. Mit unseren schweren Waffen war ich immer am Ende der
Gruppen. Oft in diesen dunklen Nächten kam von vorn nach hinten Unteroffizier Krüger nach vorn.
Trotz der Müdigkeit sangen die Landser dann: „Unsere Führung hat schon wieder keine Orientierung.“
20
Das Drama von Stalingrad
Ich brachte sie dann immer höchstens 500 Meter links an die Ortschaft heran. Man sagt: Alle Menschen haben einen Rechtsdrall.
Der Linkshänder hat einen Ausgleich und geht mehr gerade. Ich
bin Linkshänder.
Das größte Problem war die aufgeweichte Erde. Im Schlamm blieben
unsere Stiefel stecken. Es war sehr
schwer sie im Dunkeln wieder zu
finden. Wir waren am Ende unserer Kräfte. Vor Erschöpfung tranken wir das Tauwasser aus dem
Straßengraben.
Foto: Aldo Devoto g.c. Arthur Krüger(Sori) /übernommen aus einer it. Zeitschrift
Unsere Ausfälle durch Erfrierungen und Krankheiten waren sehr hoch. Wir wurden abgelöst und zurückverlegt zur Auffrischung. Für diesen Winter wurde uns die Wintermedaillie verliehen. Wir nannten
ihn den Gefrierfleischorden.
Es kamen nun wieder die ausgeheilten Kameraden und die Urlauber zu uns. Pech hatten wir, die Jüngeren und Unverheirateten. Für uns gab es keinen Urlaub, auch nicht in der nächsten Zeit, weil es in
Danzig noch keine Bombenangriffe gab. Wir waren schon zufrieden, dass wir uns wieder einmal waschen, uns ein wenig von den Läusen befreien und nachts wieder schlafen konnten.
Mit der ukrainischen Bevölkerung hatten wir ein sehr gutes Verhältnis. Bei ihnen war für diese Zeit unser Zuhause. Sie konnten nun wieder frei ihre Meinung sagen, beten und ihre Heiligenbilder hervorholen. Für sie waren wir die Befreier von dem grausamen Stalinismus. Leider wurden sie nach unserem
weiteren Vorgehen von den nachfolgenden Besatzungstruppen und der SS schwer enttäuscht. Sie benahmen sich nicht wie die Befreier.
Charkow
Wir wurden wieder neu eingeteilt. Ich kam wieder als Gruppenführer zu den schweren Granatwerfern.
Wir bereiteten uns nun auf unseren nächsten Einsatz vor.
Es kam der nächste Einsatz. Die Einkesselung von Charkow. Ich glaube, es war im Mai 1942. Es ist sehr
schwer, sich nach so langer Zeit an Monate und Tage noch zu erinnern. Für uns, die vorn im Einsatz
waren, waren jeder Tag und Monat der gleiche. Wir hatten andere Gedanken. Auch die, die Tagebücher führten, waren bestimmt nicht bei uns in der H.K.L.
An der Charkow-Front kämpfte die Russische Armee von General Schimischenko. In verlustreichen
Kämpfen auf beiden Seiten gelang es uns, die Armee einzuschließen. Wir drückten den Kessel immer
enger zusammen. Immer mehr Russen ergaben sich. Zu Tausenden gingen sie mit erhobenen Händen
an uns vorbei. Es war die Hölle los. Stukas, Panzer und alles was schießen konnte, schoss in den Kessel
hinein. Als wir dann einbrachen, um das Gelände zu bereinigen, gingen wir über Berge von Toten und
schreienden Verwundeten. Wir alten Landser waren an Tod und Sterben gewöhnt. Dieser Anblick aber
erschütterte auch uns.
Wir hörten, dass auf Stalins Befehl Schimischenko aus dem Kessel ausgeflogen worden war. Man sagte
uns aber, dass der Sohn Stalins in Gefangenschaft geraten wäre. Wir waren durch unsere hohen Verluste am Ende und kamen wieder zur Auffrischung in Ruhestellung. Viele von uns waren an dem Wolynischen Fieber erkrankt. Es war eine Art Malaria. Es war schrecklich. Wir wurden geimpft und mussten
Chinintabletten schlucken. Für einige Zeit waren wir Divisions-Reserve.
21
Das Drama von Stalingrad
Ende Juni waren wir wieder einsatzbereit, und es ging bei Kalatsch über den Don wieder auf Jagd, den
Russen hinterher. Unsere Aufgabe war es, mit den Panzern durchzubrechen und den Feind von den
hinteren Verbindungen abzuschneiden. Wir waren zu weit vorgestoßen. Die Infanterie kam nicht nach.
Der Befehl kam: Einigeln. Wir warteten auf Benzin und auf die Fußtruppen. Weit und breit war kein
Haus, kein Baum und Strauch zu sehen. Nur einige Dromedare, die sich nicht zurückgezogen hatten,
leisteten uns Gesellschaft.
Bald war die Verbindung wieder hergestellt. Wir hatten wieder Benzin und Verpflegung und weiter
ging es in Richtung Stalingrad. Wir wunderten uns, dass wir keinen T34 Panzer mehr begegneten, sondern Ami-LKWs und Ami-Panzer. Wir hörten, dass die Amis über Wladiwostok die Russen mit Kriegsmaterial versorgten. Meine Mannschaft erbeutete ein kleines Ami-Kettenfahrzeug und wir verluden darauf die schweren Teile unseres S.Granatwerfers. Während unsere Truppe mit der Einkesselung von
Stalingrad begann, stießen wir mit der 16. Panzerdivision im Norden durch und erreichten die Wolga.
Dort bezogen wir dann die so genannte Nordriegelstellung und wehrten alle Angriffe ab.
Kampf um Stalingrad
Der Kampf um Kalatsch und Stalingrad war äußerst verlustreich. Unsere Kompanien waren meist nur
noch 30 bis 50 Mann stark. Unsere HKL war lückenhaft besetzt. Wir warteten auf Ersatz. Wir waren so
dicht wie möglich an die Russen heran gegangen. Oft bis 100 Meter, um nicht von der Stalinorgel beschossen zu werden. Diese hatte einen Streubereich von 250 Metern. Um uns zu beschießen, würden
sie ihre eigenen Leute treffen. Sie hatten sehr gute Scharfschützen. Sich am Tage zu bewegen, war
Selbstmord.
Nachts gruben wir wie die Irren und bauten unsere Stellungen aus. Die ausgehobene Erde wurde auf eine Zeltbahn geschüttet und weit hinter unserer Stellung verteilt. Es wurden Munition und Essen nach
vorn gebracht. Auch kam vereinzelt Ersatz, meist unerfahren und schlecht ausgebildet. Wegen des
Fehlens der Schützen war ich mit meiner schweren Granatwerfer-Gruppe noch mit 10 Mann in einer
Lücke in Stellung gegangen. Vor uns waren eine Minensperre und der Russe. Ich hatte in meiner Gruppe noch vier Obergefreite, alte Kämpfer. Mit ihnen war ich schon lange zusammen. Wir hatten uns
mit unseren Werfern sehr gut eingeschossen. Wir hatten eine gute Beobachtung und konnten den
Feind überall erreichen.
Links von uns war der Komp.-Gefechtsstand der 5. Komp., der ich mit meinen Werfern unterstellt war.
Rechts war eine Gruppe SMG meiner Komp. in Stellung. Bei der Schützenkomp. hatten wir Ausfälle
durch Kopfschüsse. Sie hatten Gewehre mit Zielfernrohr und konnten damit wegen mangelnder Ausbildung nicht richtig umgehen. Ich ließ mir von ihnen ein Gewehr überwerfen und schaltete den Scharfschützen aus.
Es kamen auch einige Kameraden aus den Lazaretten und aus dem Urlaub zurück. Mit den Essenholern
kamen sie in unsere Stellung. Sie waren wohl noch mit ihren Gedanken in der Heimat. Sie hörten nicht
unseren Warnruf: Achtung Scharfschützen. Kopf runter. Sie kamen nicht mehr zum Einsatz. Wir wurden abergläubisch. Man sagte: Wer in Urlaub fährt, der stirbt. Wir brauchten uns aber keine Sorgen
mehr machen. Denn es gab jetzt Urlaubssperre.
Immer wieder versuchte der Russe mit kleineren Angriffen herauszufinden, wie stark unsere Abwehr
noch war. Sie wurden regelrecht von unserem Abwehrfeuer niedergemäht. Wir hörten dann den immer
schwächer werdenden Hilfeschrei der Sterbenden. In meine Stellung kamen drei Überläufer. Ich fragte: Warum helft Ihr Euren Verwundeten nicht? Sie sagten: Verbunden werden nur die, die weiterkämpfen können. Wer zurückgehen kann, dem wird geholfen; wer nicht, der bleibt liegen.
Weit hinter den russischen Stellungen hörten wir alle Nächte Kettengeräusche der Panzer. Wir fühlten
es, dort braut sich etwas zusammen. Dann hörten wir es schon: Der Russe ist mit starken Kräften bei
den Rumänen durchgebrochen. Auch die italienische Front wackelte. Bei Kalatsch hat er den Don erreicht, und wir sind eingeschlossen. Wir machten uns erst keine Sorgen. Unsere Division war schon öf22
Das Drama von Stalingrad
ter mal eingeschlossen, war aber immer wieder heraus gekommen. Dann wurde Verpflegung und Munition knapp. Wir waren schwach und ausgepumpt. Die großen Strapazen, das unmenschliche Leben hatten uns zu Greisen gemacht.
Junge Männer von 20 Jahren starben an Schwäche. Fleckfieber und die Läuse plagten uns. Nur Verwundete kamen noch aus dieser Hölle raus. Der Wunsch war ein Tod ohne Schmerzen. Einige verletzten
sich, um so als Verwundete herauszukommen. Andere drehten durch, sprangen aus der schützenden
Stellung heraus und wurden von den Scharfschützen erschossen. Nur wer die Nerven behielt, konnte
überleben. Einige setzten sich ab und gingen zurück. Vielleicht glaubten sie so, aus dem Kessel herauszukommen. Sie wurden dort aufgegriffen, erschossen oder kamen in die Strafkomp. zum Minenräumen.
Ich glaube, es war Ende November. Wir hörten Panzerketten rasseln. Es war am späten Nachmittag. Da
kamen sie an. Ich zählte 10 Panzer des Typ T34. Sie rasten über unsere Stellungen und wurden hinten
von unserer Panzerabwehr empfangen. Mit Abstand kamen die Soldaten in Bat.-Stärke und wollten in
unserer Flanke einbrechen. Wir ließen sie auf Schussnähe herankommen. Dann brach die Hölle los. Der
Angriff brach in unserem Kreuzfeuer zusammen. Unsere Panzer kamen mit Infanterie und ergänzten
unsere Ausfälle.
Ich wurde am Kopf und der linken Schulter verletzt, wurde verbunden und kam nach Gumrak zum
Flugplatz. Wartete dort bis zum Morgen, um ausfliegen zu können. Was dort geschah, ist unbeschreiblich. Verwundete schrien wie die Irren. Alle wollten raus, hingen sich an die Tragflächen und behinderten die Flugzeuge am Starten. Als Erstes durften nur Schwerverwundete an Bord. Das galt auch für
mich. Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben.
Am Morgen im Nebel war eine Ju 52 in einen Bombentrichter geraten. Der Pilot wartete auf eine Zugmaschine, die ihn herausziehen sollte. Ich kam mit ihm ins Gespräch. Er war ein Feldwebel und ein ExInfanterist. Er sagte mir auch, dass nur Schwerverletzte mitdürfen, ging zurück zur Maschine, kam
dann wieder und fragte, ob ich mit einem Maschinengewehr schießen kann. Natürlich sagte ich, ich
komme von einer Maschinengewehr-Kompanie. Dann kommst du mit auf meine Maschine als Bordschütze. Das war meine Rettung aus Stalingrad. Die Ju hob ab, und wir kamen unbehelligt aus dem Kessel
raus.
Von meinen Kameraden, mit denen ich vorn im Einsatz war, hat keiner Stalingrad überlebt. Der Rest,
der noch im Januar in der Nordriegelstellung war, wurde von den Panzerketten zermalmt. In Gefangenschaft gerieten nur drei vom Tross. Der Hauptfeldwebel, der Sanitäter und der Verpflegungs-Unteroffizier.
Ende
Arthur Krüger im Jahre 2006
* * * *
Meine Suche nach italienischen Kameraden,
die aus Stalingrad nicht nach Hause gekommen sind.
Ich, Arthur Krüger, suche nach italienischen Soldaten,die in Stalingrad dabei waren und nicht wieder
nach Hause gekommen sind.
In der bisherigen Suche habe ich einiges zusammen bekommen und einige Daten aus einer sehr sicheren Quelle erhalten.
Ich fasse alles, was ich sicher weiß und was mir über die Soldaten überliefert wurde von zusammen.
23
Das Drama von Stalingrad
Meine sichere Notizen:
Im Kessel von Stalingrad waren 88 italienische Soldaten
49 davon waren Fahrer vom 248. schweren Kraftfahrzeugabteilung
Mein Vater war in einem Teil dieser Gruppe Komandant war S.B. GIUSBERTI. Sie fuhren am 3.11.42 von
Millerovo ab und begaben sich nordwärts vom Don in Höhe des Städtchens Kasanskaia. Sie luden das
162 Battaglion deutscher Pioniere auf und brachten es nach Stalingrad. Ankunft hier am 16.11.42.
Das 162. Battaglion war eingegliedert in der 305. I Division.
Die italienischen Fahrer erhielten Order, Holz zu laden und damit zurückzukehren. Um das auszuführen (Holz suchen zwischen zerstörten Häusern und auf die Lastwagen verladen) verloren sie 2-3 Tage
und blieben damit im Kessel stecken.
S.T. Giusberti starb bei einem Bobartemon am 30.1.43. Ein Fahrer starb an Entbehrungen in den letzten Tagen des Monats Januars des Jahres 43.
Am Ende der Schlacht wurden einige seiner Kameraden gegessen?????
47 haben überlebt, besser zu sagen „halbgestorben“, sie waren nahe am Tode
46 starben an Entbehrungen, in Zügen, die sie in Gefangenschaft bringen sollten.
1 Fahrer, FURINI VINCENZO, kehrte im Januar 1946 aus der Gefangenschaft zurück. Es gelang mir ihn
im April 1997 zu finden und ich ging nach Aprilia (bei Rom) traf ihn da und wir sprachen. FURINI starb
im November 1997.
Unter anderem erzählte er mir, das er nach Laresa für 30-50 Tage zwischen Leben und Tod kämpfte,
für diese Zeitperiode hat er ein Loch in seinem Gedächtnis (keine Erinnerungen mehr). Er sagte mir,
das sie in mehrere Gefangenenlager wechselten, aber er erinnert sich nur noch an den Namen des
letzten Lagers – Patk Aral
26 waren Fahrer vom 127. Kraftfahrzeugabteilung. Kommandant war S.T. VALTER POLI.
Sie fuhren von Voroscilograd ab und brachten Nachschub nach Stalingrad
Ihr Ziel war die Zone südlich von Stalingrad. Sie waren im Kessel und überlebten alle die Schlacht. Am
Ende des Krieges kehrte aus der Gefangenschaft nur S.T. WALTER POLI zurück, mit dem ich sprach und
der mir erzählte:
Als wir gefangen genommen wurden, wurde ich von meinen Soldaten getrennt, ich sah sie nie wieder,
weder nach der Entlassung, noch nach meiner Rückkehr aus der Sowjetunion nach Italien.
In Stalingrad traf ich nicht auf die Fahrer des 248 Kraftfahrzeugabteilung, auch nicht in der Gefangenschaft. Habe von ihrer Anwesenheit in Stalingrad gehört, als ich nach Italien zurückkam
WALTER POLI ist gestorben in Cremona ca. im Jahr 1985
2 waren Sanitäter. Der Augenarzt LIVIO CATTANEO, 27 Jahre von Varanno (Vercenni) – Name sicher
Sein Krankenpfleger UGO MACHETTO, 20 Jahre aus Camandona (Cuneo)
Auch sie waren im Kessel – in dem Gebiet um Karpovka
Der Name Ugo Machetto ist zu 90% sicher
Von MACHETTO weiß ich gar nichts
LIVIO CATTANEO ist am 4.2.43 gestorben, laut Liste der Sowjetunion
1 Fahrer S.M. BEPPE NARDI von der 117. Kraftfahrzeugabteilung – 31 Jahre aus Siena
Seine Mutter war Deutsche. Spricht gut italienisch und deutsch. Wurde einer deutschen Einheit zugeteilt im Gebiet von Karpovka, zwecks Übersetzungen. Er trug deutsche Uniform. Starb im Lager von
Beketovka. Bezeugt von einem ein österreichischer Arzt .
10 Fahrer waren in verschiedenen Abteilungen und fuhren von Voroscilograd mit Nachschub in den
Kessel. Ebenfalls im Gebiet von Karpovka.
24
Das Drama von Stalingrad
Hiervon sind keine namentlich bekannt. Diese Notiz lieferte mir im Mai 2007 ALFRANCO ALBUZZA (aus
Milano). War in einem kleinen Teil einer Autokolonne, war im 12. Fahrzeug.
Nur Albuzzo und seinem Kamerad (dessen Namen er vergessen hat) gelang es am 19.11.42 durch eine
„Zange“ aus dem Kessel zu gelangen, die sich aber gleich wieder schloß.
25
Das Drama von Stalingrad
Wer Informationen über meine vermissten Kameraden hat oder Angaben über den Verbleib, bzw. den Ort
der Grabstätten machen kann, der möge sich doch bitte an Dieter (siehe Emailadresse des Webmaster)
wenden. Ich danke euch allen, für eure Bemühungen und euer Interesse.
26
Das Drama von Stalingrad
Meine Gedankengänge während meiner Soldatenzeit von 1938 bis 1945.
von Arthur Krüger
Mein Name ist Arthur Krueger, geboren am 12.Juni 1920 in der Freien Stadt Danzig.
Vieles ist erzàhlt worden von den Geschehnissen des Krieges. Von Taten und von Untaten. Viele Bùcher und Berichte vom Hòren und Sagen ehemaliger Offiziere sind geschrieben worden, die dann doch aber am Ende des Krieges wieder freiwillig zur Bundeswehr gingen. Sie hatten wohl vom Krieg und vom Soldat sein noch nicht genug.
In all’ diesen Berichten ist aber leider nur sehr selten ein Landser, ein Infanterist, der jahrelang vorne im Dreck lag,
zu Worte gekommen. Wir, die damals sogenannten Frontschweine, die wie Schweine vorne im Dreck lagen, hatten
keinen Putzer, der uns das Wasser zum Rasieren und zum Waschen in unsere Stellung brachte.
Warum finden sich denn heute so sehr viele, die von ihren Erlebnissen in Stalingrad erzàhlen. Warum erst heute?
Wo wir nur noch eine Handvoll Überlebender der Hòlle von Stalingrad sind. Warum schwiegen die heute Redenden
in der Öffentlichkeit die ganzen Jahre? Warum in Stalingrad General Paulus und so viele Offiziere, die uns jahrelang zum blinden Gehorsam, eiserner Disziplin und Glauben an den Führer aufforderten, um Vorteile in der Gefangenschaft zu erreichen, sich in den Dienst der Russen stellten.
Diese Offiziere forderten uns, die nach Stalingrad treu ihres Eides weiter kàmpften, zur Untreue auf. Sie sind heute
die Helden. Was wir aber sind, das hòrt man in Deutschland alle Tage.
Nun, alles was ich hier beschreiben mòchte, sind meine Gedankengànge als Infanteriesoldat in der Zeit von 1938
bis zum 9. Mai 1945. Als freiwilliger Danziger trat Ich 1938 in die Deutsche Wehrmacht ein. Ich diente in der 8ten
Kompanie I.R. 43 in Insterburg Ostpreußen. Im Juni 1939 wurden wir Danziger nach Danzig zur Polizei versetzt.
Dort stellten wir mit anderen Freiwilligen zwei Landespolizeiregimenter in der Kampfgruppe Eberhard auf. Ich kam
als Gefreiter zum Polizeiregiment Nr. 1, das spàtere 243 Infanterie-Regiment.
Ende August 1939 lagen unsere Einheiten rund um Danzig in Verteidigungsstellungen. Als am 1. September der
Deutsche Panzerkreuzer Schleswig-Holstein das Feuer eròffnete, griffen wir in Richtung polnischen Korridor an.
Wir waren stolz, dass wir Polen besiegt hatten und unsere Heimatstadt Danzig vor einer Polnisierung bewahrt hatten. Danach kam 1940 der Frankreichfeldzug.
Bei Forbach (Saarbrùcken) durchbrach unsere Danziger Division die Maginotlinie und stieß bis in die Vogesen vor.
Viele unsere Danziger Kameraden ruhen dort bei Vorbach auf dem Soldatenfriedhof.
Ja, wir waren stolz auf unsere Siege und auch stolz Deutsche Soldaten zu sein. Wir glaubten fest an unseren Sieg.
Wir stùrmten mit Begeisterung durch den Balkan. Wurden in Bulgarien von der Bevòlkerung und von Kònig Boris
und der Kònigin begeistert begrùsst.
Wir stùrmten weiter nach Griechenland und vertrieben dort die Englànder.
Welcher Soldat wùrde da nicht stolz sein und an den Sieg glauben? Englànder, Franzosen und Deutsche verhielten sich nach den internationalen Kriegsgesetzen. Nur war das leider in Russland nicht so.
Als im Juli 1941 der Stalinbefehl bekannt wurde, Smert Nemetzki Okupante, tot den Deutschen Okupanten, schlagt
sie tot, immer wo ihr sie findet.
Da war es kein Krieg mehr. Es war nur noch ein Gemetzel. Sie schossen wie die Irren auf unsere Sanitàter. Auf unsere Sanitàtsfahrzeuge. Es war fast nicht mòglich, Verwundete und tote Kameraden zu bergen. Bis 1942 kamen
wir noch gut voran Kiew, Dnjepropetrowsk, Charkow, Mariopol, Tangarogg, Stalino und Rostow waren Siege. Aber
unsere Ausfàlle waren enorm. Der Ersatz, der zu uns kam, war sehr schlecht ausgebildet.
Junge Offiziere, die von Krieg und Front und der Kampfweise in Russland keine blasse Ahnung hatten, sprachen
von den Russischen Untermenschen, vom Fùhrer von Geheimwaffen und von dem Endsieg.
Wir wenigen alten Landser glaubten nicht mehr an den ganzen Blòdsinn. Fùr uns war es klar, den Krieg kònnen wir
nicht mehr gewinnen. Sollten wir gewinnen, so wùrden wir doch als Besatzungstruppen fùr 10 bis 15 Jahren in
Russland bleiben. Was bleibt uns ùbrig. Die Russen versprachen uns den Tot. Die Amerikaner, dass alle deutschen Mànner kastriert werden und in Arbeitslager kommen. Gehen wir zurùck, werden wir von der SS erschossen.
Also blieb uns nichts weiter ùbrig, als unsere Haut so teuer wie mòglich zu verkaufen.
Dann kam Stalingrad. Von Stalingrad ist soviel Wahres und auch soviel Unwahres geredet worden. Wir, die alten
Landser, was dachten wir, wie fùhlten wir? Woran glaubten wir? Mit unseren Kràften waren wir am Ende. Die Kompanien der Infanterie waren zu Gruppen zusammen geschrumpft. Der Ersatz, der kam, war sehr schlecht ausgebildet. Die Hauptlast lag auf uns, den wenigen der noch alten Frontsoldaten. Unser Wunsch war ein Heimatschuss,
oder ein Sterben ohne Schmerzen. Es gibt Erlebnisse, die kann man einfach nicht wiedererzàhlen. Wir hofften nur,
dass man uns nicht im Stich lassen wùrde.
Das Màrchen von dem Benzinmangel fùr uns, die Motinfanterie, das stimmt auch nicht. Wir hatten soviel Benzin,
dass wir sogar unsere verlauste Wàsche darin wuschen.
Wahr war, dass wir keine Fahrer mehr hatten. Sie waren vorne bei uns eingesetzt, weil kein Ersatz mehr an die
Front kam.
27
Das Drama von Stalingrad
Wir glaubten bei Gott nicht mehr an einen Sieg. Wir hofften nur noch auf ein Überleben. Vollkommen verlaust und
verdreckt lebten wir wie die Ratten in unseren Lòchern. Unsere Hauptbeschàftigung war, die làstigen Laùse zu
knacken. Nachdem ich in einem Ärmel meiner Feldjacke 100 dieser Viecher geknackt hatte, hòrte ich auf zu
zàhlen. Abends beim Essenemfang drangen ein paar Russen in eine Schùtzenstellung ein.
Fraßen den Schùtzen das Kochgeschirr lehr und kackten es voll und zogen sich dann zurùck. Außer dem Essen
hat es keine Verluste gegeben. Auch so etwas gab es im Krieg.
In einer Nacht fuhr ein russischer Panzer T 34 durch unsere Linien und blieb stehen.
Unser Oberfeldwebel Wiartalla ràucherte die Besatzung aus und nahm sie gefangen. Mit seinen Leuten, es waren
ehemalige Panzerfahrer, fuhr er in die russische Panzerbereitstellung. Dort knackte er 3 russische Panzer und kam
unversehrt zum Battl.Gefechtsstand zurùck. Er erhielt fùr dieser Heldentat das Ritterkreuz. Das wiederholte sich noch mehrmals.
Bei einem Durchbruchsversuch der Russen bei uns in der Nordriegelstellung Ende November wurde ich verwundet
und wurde, glaube ich, von Gumrak ausgeflogen. Auch dies war nur Glùck im Unglùck, weil mich der Pilot, der ein
ehemaliger Infanterist war, als Bordschùtze mitnahm. Danach 20 Tage Genesungsurlaub in Danzig.
Viele glaubten dort noch an Geheimwaffen und an den Endsieg. Es gab dort viele Drùckeberger, die so genannten
Unabkòmmlichen. Man musste verdammt aufpassen, was man sagte. Meine Mutter hatte schon die Nachricht erhalten, dass ich in Stalingrad vermisst sei. Ich wurde, man kann sagen, angepòbelt. Wie so ein junger Bursche mit
so vielen Auszeichnungen. Der kann doch bestimmt nicht an der Front sein. Die sind doch alle gefallen oder Invalieden.
In Deutschland war vieles anders. Es war wie in einem großen Konzentrationslager.
Mein Vater, mit 54 Jahren, war wieder eingezogen. Meine Mutter wurde dienstverpflichtet. Man fùhlte sich Zuhause
wie ein Fremder. Ich war froh, dass ich Ende Dezember wieder nach Russland an die Front fuhr.
Dort im Raum Stalino, Schachty mit einen zusammengewùrfelten Haufen von Urlaubern, Versprengten und
Drùckebergern wieder in den Einsatz. In Stellung gehen, Halten, Rùckzug. Und wieder in Stellung, bis sich die
Front wieder einigermaßen stabilisiert hatte.
Ich weiß nicht, ob wir ùberhaupt noch die Kraft zum Denken hatten. Es waren wohl alles nur noch automatische
Handlungen. Ich weiß nicht, wenn man den Tod dauernd vor Augen hat, an was man da noch denken kann.
Du musst durchhalten, vielleicht hast du Glùck und kommst aus dieser Hòlle noch lebend heraus. Nur nicht
schwach werden. Auch wenn deine Hànde und Fùsse erfroren sind. Du musst dich bewegen. Nicht still stehen,
sonst ist es aus mit Dir. Viele irre Gedanken kamen auf. Das Siech-nicht-Aufgeben hatte gesiegt. Ich kam, von diesem irren Himmelfahrtskommando fort. Wurde abkommandiert zur Bewachung und Verteidigung eines Verfliegungs- und Munitionslagers. Von dort ging es dann ab nach Sùdfrankreich zur Neuaufstellung der 60 I.D. (mot.).
Ich hatte wieder vom Schicksal die Erlaubnis erhalten, noch weiter zu leben.
Hier hatte ich wieder einmal das Glùck, im Pech zu spàt angekommen zu sein. Es waren dort schon zu viele Unteroffiziere. So wurde ich versetzt zu einer Infanterieeinheit, die spàter nach Italien ging, wàhrend die 60.I.D. umbenannt in Panzergrenadier – Division Feldherrnhalle wieder nach Russland ging.
Mit meiner neuen Einheit kam ich nach Italien zur Kùstenverteidigung bei Genua, spàter dann in den Kampf gegen
die Englànder bei Florenz und am Lago di Comachio. Auf alle Fàlle war der Krieg in Italien fùr Jemanden, der 2
Jahre in Russland war, wie ein Erholungsurlaub.
Das Klima und die Wàrme taten meinen erfrorenen Hànden und Fùssen sehr gut und ich konnte sie nach kurzer
Zeit wieder gut bewegen. Es war trotz allem wie im Paradies.
Man hatte wieder Hoffnung. Man war wieder unter Menschen unseres Gleichen.
Leider war dieser Traum sehr schnell vorbei. Es ging ab nach Ungarn, Budapest. Wieder gegen den Iwan.
Weiter nach Budapest gegen den Iwan!
Budapest war schon gefallen. Wir kamen zu spàt an. In Stellung gehen, Halten, Absetzen, Halten gegen eine große Übermacht. Über Wienerneustadt in Ostereich bis Steyer, bis dort waren die Amerikaner schon vorgedrungen.
Eine Gruppe Deutscher Soldaten, die sich von Wien zu uns durchgeschlagen hatte, erzàhlte uns, dass die Russen
im Stefansdom die Pferde hatten. An den Strassen standen Strafgefangene in Stràflingskleidung und grùssten die
Russen mit Heil Moskau. Einer von ihnen hatte ein Paar neue Schuhe an. Das sah ein russischer Soldat, schlug
ihn nieder und zog ihm die Schuhe aus. Wir sagten, der wird wohl fùr alle Zeit vom Kommunismus geheilt sein.
Unsere letzte Stellung am 6. /7.Mai 1945 war 85 km von den Amerikanern entfernt.
Am 7. Mai wurden 6 Mann unserer Kampfgruppe, die sich von uns abgesetzt hatten, von der SS aufgegriffen und
erschossen. Der Krieg war fùr uns zu Ende. Sie wollten aber nicht den Russen in die Hànde fallen. Am 8.Mai,
nachts um 12 Uhr, kam der Befehl „Feuer einstellen“. Die Deutsche Wehrmacht hat an allen Fronten kapituliert Wir
ziehen uns zurùck und ergeben uns den Amerikanern.
Wir mùssen bis mittags 12 Uhr die Amerikanischen Linien erreichen. Das hieß fùr uns, die Infanterie, 85 km in 12
Stunden kàmpfend zurùck zu gehen. Nur wenige von uns schafften es. Am Eingang zum Lager an der Steyer (ein
Fluss) wurden wir von Fremdarbeitern bespuckt und mit Fußtritten empfangen. Sie rissen uns unsere Dienstgrade
und Auszeichnungen ab. Die Amis standen dabei und nahmen uns Wertsachen, Ringe und Uhren ab, von den
Amis durchsiebt. Naziverdàchtigte kamen auf eine Seite. Die sich von der SS unter uns gemogelt hatten auf die an
28
Das Drama von Stalingrad
dere Seite. Ein Teil wurde an die Russen ausgeliefert. Ich gab mich als Sùdtiroler aus und ging nach Italien. Zwei
von meinen Kameraden gingen nach Saarbrùcken, wurden dort von den Franzosen wieder in ein Lager gesteckt.
Von dort kamen sie in die Fremdenlegion und somit nach Vietnam.
Von Ihnen habe ich nie mehr etwas gehòrt. Ich hòrte nur, dass in Vietnam viele Deutsche Soldaten kàmpften und
dort gefallen sind. Die Ärmsten wollten der franzòsischen Gefangenschaft nach dem Kriege entgehen. Es wird wohl
fùr alle Spàtgeborenen unverstàndlich sein, um zu begreifen, was die Soldaten der Deutschen Wehrmacht
wàhrend und nach dem Kriege und heute noch erleiden mùssen. Wir sind die letzten noch lebenden Zeitzeugen,
die noch ihre Erlebnisse schildern kònnen.
Vieleicht kònnen wir damit viele jungen Menschen vor einem gleichen Schicksal wie das unsere bewahren.
Arthur Krueger
18. Màrz 2003.
Italiener und Deutsche, Verbùndete im Krieg 1939 - 1943.
Kameraden im Kampf gegen den Komunismus.
Üeber die Zusammenarbeit zwischen den Deutschen und den Italienischen Soldaten ist viel Wahres und auch Unwahres geredet und geschrieben worden.Vieles ist auch nicht bekannt geworden,weil keiner darüber reden wollte.Die Schuld für das schreckliche Abenteuer der braven Italienischen Soldaten nach der Kapitulation ist nicht der
Deutschen und der Italiener .Die Schuld alleine hatte die Italienische Führung, die ihre Soldaten unvorbereitet und
mit schlechten und veralterten Waffen in einen Krieg gegen moderne Armeen schickte. Man denke nur an die russischen T.34 Panzer, gegen sie hatten die Soldaten keine wirksame Abwehr.Ich denke dabei an den Polenfeldzug,
als die polnische Kavallerie gegen unsere Panzer stürmte.
In alldem was ich höre und lese ist wohl viel Warheit enthalten,aber es fehlen darin die Aussagen der echten Zeitzeugen die ohne irgend eine Beeinflussung und ohne Hass das sagen was sie erlebt haben.Deutsche und Italienische Soldaten die zusammen vorne im Dreck lagen und nicht Leute die in der Etappe waren wie auch Offiziere und
Generäle die in ihren warmen Bunkern den Krieg erlebten und heute die Helden spielen.Sie können bestimmt darüber nicht berichten was die Soldaten fühlten und dachten.
Leider sind nur noch weniege unter uns die über den Krieg in Russland berichten koennen.Ich kenne die Schwierigkeiten,die mein Freund Carlo Balestra bei der Erstellung des Buches Brüder in der Nacht ( Fratelli nella Notte )
hatte.Es fehlten die lebenden Zeitzeugen,die über den Krieg in Russland berichten konnten.Er musste um das
Buch aufzufüllen Berichte von Soldaten die in Afrika,Albanien,Grichenland und Jugoslavien kämpften aufnehmen.
Diese Schwierigkeiten findet man auch in Deutschland.Nicht aber weil es wie in Italien an Zeitzeugen fehlt, nein
weil die Deutschen Soldaten defamiert, entwürdigt und beleidigt werden.Nicht nur von den Siegermächten, nein
auch von den eigenen Kindern und Kindeskinder.Man denke nur an den Ausspruch: Jeder Soldat ist ein Mörder
und die Ausstellung : Die Verbrechen der Deutschen Wehrmacht.
Dieses alles hat mich insperiert, über meine Erlebnisse mit den Italienischen Kameraden in Griechenland, Russland und Italien zu berichten.Ich sehe es als meine Pflicht an, da ich trotz meines Alters noch ein gutes Erinnerungsvermögen habe, meine Erinnerungen der Nachwelt zu überlassen. Vielleicht wird es auch dazu beitragen,
dass die Menschen sich besser verstehen und sich nicht von Vorurteilen leiten lassen.
Im April 1941 im Griechenland-Feldzug, befreiten wir mit unserer Aufklaerungsstaffel in Korinth 2000 Gefangene
Italiener.Sie begruessten und umarmten uns und riefen es lebe der Packt Rom - Berlin ,es lebe Hitler und Mussolini.Fuer mich war das ein unvergessbarer Beweis für Freundschaft und Dankbarkeit und ehrliche Kameradschaft
unter Soldaten.
In Russland im Juli 1941,war unsere 60.I.D.mot.im Suedabschnitt immer mit Italienischen Truppenteilen zusammen.Auch bei den Kämpfen und Eroberung von Kiew, Poltawa,Mariopol, Tangarock und Niepropitrowsk.Beim
Kampf um den Uebergang über den Niepper war unsere Division in erster Linie mit unser Reg.120 mot.das zum
groessten Teil aus Danziger Freiwillige bestand im Einsatz.
Wir fanden über den Niepper noch eine Pontonbrücke übersetzten und bildeten auf der anderen Seite einen Brueckenkopf.Die Russische Artillerie zerschoss mit gut gezieltem Feuer und zerstörte die Bruecke.Es war nicht mehr
möglich uns mit Monution und Verstärkung zu versorgen. Der Russe leistete starken Widerstand und unsere Ausfälle waren enorm.Ein italienisches Brückenbau Battalion der Folgore,schaften es unter starken Verluste und im
29
Das Drama von Stalingrad
starken Attileriefeuer immer wieder die Brücke zu reparieren.So konnte Verstärkung übersetzen und unsere vielen
verwundete in Sicherheit gebracht werden.Weiter im Norden hatte die so genannte Gespenster-Division uebergesetzt,die uns zu Hilfe kam.Diese Panzer-Division hatte als Zeichen eine Hexe die auf einen Besen ritt.Sie war von
den Russen sehr gefuerchtet,weil sie wie ein Gespenst immer wieder auftauchte. Den braven Italienischen Ponteren aber hatten wir es zu verdanken, dass viele von uns nach der Ablösung wieder lebend über den Fluss zurück
kamen.Den Friedhof am Fluss,auf dem so viele dieser tapferen Italiener ihre Ruhe fanden werde ich nie vergessen.Im deutschen Wehrmachtsbericht wurden sie erwaehnt.Hier in Italien habe ich nie etwas von Ihnen gehoert.Vieleicht,weil sie so genannte Faschisten waren.
Mit den Italienern die mit uns in vorderer Linie waren hatten wir ein gutes Verhaeltniss,wenn auch oft über ihre
schlechte Ausrüstung gelacht wurde.Sie waren Tapfere Soldaten.Wir kannten ihre Schwächen und halfen wo wir
konnten.Nach den Schweren Kämpfen nach der Kesselschlacht um Charkow,wurden wir herausgezogen und kamen zur Auffrischung in den hinteren Linien.Hier waren die Italienischen Versorgungstruppen.Dort hatten wir die
Möglichkeit auch diese Truppenteile kennen zu lernen.Wir merkten sofort,dass die Italiener auf uns neidisch waren.Sie sahen,dass wir eine bessere Behandlung und bessere Waffen hatten.Sie mussten zufuss laufen,waehrend
wir unsere Fahrzeuge hatten.Sie sahen,dass unsere Offiziere mit uns aus unseren Gulaschkanonen assen.Wenn
wir von der Front in Ruhestellung kamen,so suchten wir für unsere Soldaten die best mögliche Unterbringung und
weit verteilt um auch für die Bewohner Raum zu lassen.Waerend die Italiener groessten Teils kasernenmaessig untergebracht wurden. Für die 10-15 Tage lebten wir mit den Bewohnern wie in einer Familie.Es gab dort auch schöne Frauen die wohl mit den Italienern schon Freundschaft geschlossen hatten.So wurden wir wohl von den Italienern als Störer angesehen.
Am Abend des ersten Tages, kam mein Truppfuehrer zu mir und sagte, mir Herr Unteroffizier kommen Sie sofort in
unserem Haus sind Italiener eingedrungen und bedrohen uns mit Handgranaten.Ich fand dort 4 Italiener die mit
Handgranaten herum fuchtelten und schimpften und fluchten. Es ging ihnen um die Frauen die dort wohnten.Mit
Händen und Fuessen und ein par Worte auf italienisch erklärte ich ihnen, dass wir hier nur in Ruhestellung sind
und in ein par Tagen wieder an die Front gehen und dort bestimmt nicht ihre Frauen mitnehmen.Eine Umarmung
und ein Hàndedruck und der Spuck war vorbei.Offt musste ich feststellen, dass große Schwierigkeiten entstanden,weil einer des anderen Sprache nicht verstand.Einer sagte,wir sollen den Russen unsere Kultur bringen.Aber
wie ich sehe haben wir von ihnen zu lernen.Sie hoerten,dass die Russen 10 Jahre Schulpflicht hatten,waerend die
meisten von ihnen aus Süditalien oder aus den Alpen kamen und es dort nur 5 Jahre Schule gab.
Es war so,die Russen hatten eine gute Kultur und Bildung und es war nicht so wie es uns unsere Politiker einreden
wollten,dass es sich um Untermenschen handele.Alle Soldaten erhielten in Russland im Frontgebiet zwei Mark
Frontzulage.Ein Italiener sagte mir wir bekommen aber nur eine Mark foenfzig.Warum fragte ich,ja sagte er es werden wohl die Unkosten sein.Ich weiß nicht ob es so war,ich habe aber sehr viele Ungerechtigkeiten gesehen .Auf
dem Schwarzmarkt fanden unsere Soldaten Sachen die aus Italienischen Beständen kamen.Unter anderem schöne Alpinibergschuhe.Auch ich ließ mir ein par mitbringen.Wir aus der Ebene hatten noch nie .solche Schuhe gesehen.Beim ersten Einsatz zog ich sie an.Die Schneefeuchtigkeit wurde von dem Leder wie ein Schwamm aufgesaugt.Beim ersten Frost,wurden sie hart gefroren und brachen auseinander.Schnell ließ ich mir wieder meine Knobelbecher bringen und ueberliess die schönen Alpenschuhe der russischen Steppe.Mit solchen Schuhen befanden
sich bei 40 grad unter null 1942/43.die Italienischen Truppen auf den Rückzug vom Donn bis Nikoleijewka.Viele andere Sachen wären hier zu berichten .Aber oft tut die Wahrheit weh und wird verschwiegen.
In diesem schrecklichen Krieg, sind Sachen geschehen die für den Außenstehenden unbegreiflich sind.Viele Heimkehrer sagten,dass wir lebend aus der russischen Umklammerung heraus gekommen sind,haben wir den Deutschen Panzern zu verdanken.Waerend andere sagten die Deutschen hatten uns das Benzin gestohlen.Ja nennen
wir es auch so.Die Panzer hatten kein -Benzin mehr.Sie nahmen es wo sie es fanden.Diese Panzer waren die einzige Funkverbindung und nur sie konnten den Druck der Russen aufhalten.Ohne diese Panzer wäre kein Italiener
und kein Deutscher mehr leben aus diesem Kessel heraus gekommen.
Dieses alles macht es wohl verstaendlich,das wir oft schwierige Entscheidigungen treffen mussten.Nachdem ich
als Verwundeter am Ende November wie ein Wunder aus Stalingrad ausgeflogen wurde,kam ich Ende Dezember
bei Millerowo an der russischen Front.Keiner wusste mehr richtig wo Feind oder Freud war. Mir wurden dort zwei
Unteroffiziere und 25 Mann unterstellt ab ging es suche den Feind.So .ging es tagelang halten und sich zurück ziehen bis wir nach 15 Tagen wieder die neue H.K.L.erreichten und abgelöst wurden.Beim Lebensmittel Empfang versuchte ich für meine Leute eine Reserve für drei Tage zu erhalten,da wir ja 10 Tage keine Verflegung erhalten hatten.Der Verflegungsbuchhalter ein Wehrmachtsbeamter wollte mich anzeigen.Mein ehemalieger Kompanieschef,der mich vom Frankreich und Griechenlandfeldzug kannte verhinderte diese Anzeige.
Ein anderes Geschehnis als wir dort ohne Panzer und schweren Waffen kämpften waren es die aus dem Urlaub
und Lazaretten zu uns gekommenen Soldaten und Offiziere der Panzertruppen die in dem Durcheinander in den
Panzerwerkstaetten gingen und dort Panzer und Fahrzeuge klauten um uns arme Schweine zu helfen.
30
Das Drama von Stalingrad
Ich glaube,man sollte nicht immer dem Andern die Schuld zuschieben.Alle Soldaten haben nur ihre Pflicht getan
und wenn es Schuldiege giebt,so sind sie nur unter den Politikern zu suchen seien es die Deutschen oder die Italiener.Am Ende des Krieges,haben sie uns wie eine heisse Kartoffel fallen lassen.In ein trauriges Schicksal in Not
und Armut.Auch fùr die Soldaten von Heute wiederholt sich das gleiche Schicksal.Sie alle die in fremde Länder für
den sogenanten Frieden und Demokratie im Einsatz sind.Sie Alle,ob im Kampf oder durch giftiege Waffen ihre Gesundheit verlieren,werden am Ende sich selbst überlassen.
Ein Gedanke von Arthur Krùger
Feldwebel der Infanterie Jahrgang 1920.
Feltre, Italien 04.Dezember 2005.U
Arthur Krüger (Sori) erzählt
Meine Geschichte von Stalingrad.
So sehr vieles ist und wurde von Stalingrad geredet, erzählt und geschrieben. Viel Wahres und auch viel Unwahres. Vieles wurde verschönert und verschwiegen. Der Deutsche Soldat sollte ja nicht für das, was er war, als tapfer
und heldenhaft erscheinen. Die Soldaten beider Seiten, die in Stalingrad kämpften und starben, waren Helden und
tapfere Soldaten. Die Einen kämpften gegen die Invasion und Besetzung ihres Vaterlandes. Wir, die Deutschen
und ihre Verbündeten, um zu verhindern, dass die Asiaten und der Kommunismus in Europa eindringen. Dieses alles trug dazu bei, dass der Kampf um Stalingrad ein so verbissener Kampf um Leben und Tod wurde.
In Stalingrad, kämpften sehr bewährte Elite Divisionen, die ihre große Kampfkraft schon in den Kämpfen in Polen,
Frankreich, Balkan und in Griechenland bewiesen hatten. Ganz zu schweigen von den siegreichen Kämpfen beim
Übergang des Dnjepr bei Djnepropretowsk und der Kesselschlacht bei Scharkow. Es ist war, wir hatten starke Verluste, und auch die Kämpfe beim Übergang des Don war verlustreich. Mit einem Teil des Ersatzes der zu uns kam,
waren wir in Stalingrad voll Einsatzfähig.
In Stalingrad, waren unsere Ausfälle enorm. Es begann das ausbluten unserer Infanterie-Einheiten. Die Russen
hatten erstklassige Scharfschùtzen, was bei uns fehlte. Der Ersatz der kam war schlecht ausgebildet. Die Schützenkompanien waren nur noch 30 bis 50 Mann stark. Ich musste aus diesem Grunde in der Nordriegelstellung mit
meiner schweren Granatwerfer Gruppe eine Lücke auffüllen und bis auf 150 Meter vor den Russen in Stellung gehen. Offiziere waren meist unerfahren und jung. Die Hauptlast lag auf den alten Obergefreiten und Unteroffizieren.
Als Ersatz schickte man uns die Fahrer und Leute vom Tross.
Links von uns war eine unbesetzte Lücke von 500 Meter. Der Russe versuchte dort durchzubrechen. Sie wurde daraufhin von einem Maschinengewehr-Bataillon aufgefüllt. Der Russe brach dann bei den Rumänen durch und wir
waren eingeschlossen. Die Verpflegung wurde gekürzt und es wurde auch mit Munition gespart. Wir waren fest davon überzeugt, dass uns frische Truppen zu Hilfe kommen würden. Man wird uns nicht aufgeben, daran glaubten
wir. Wir müssen halten, bis die Truppen aus dem Kaukasus heraus sind. Dann holt uns der Führer raus. Das sagte
man uns und das glaubten wir auch am Anfang. Durch unser Durchhalten, gelang den Einheiten im Kaukasus der
Rückzug.
Die uns versprochene Befreiung blieb aus und wir wurden unserem Schicksal preisgegeben. In uns war eine verbissene Wut. Wir fühlten uns verraten und verkauft. Unsere Gegner versprachen uns Tod und Verderben. Wollt ihr
Hunde ewig leben und Anderes schrieen die russischen Lautsprecher. Wäre es nicht so gewesen, viele von uns in
unserer so aussichtlosen Lage, hätten die Gefangenschaft und nicht den Heldentod gewählt. Bis Mitte Dezember
hatten wir noch Mut und Kraft auszubrechen. Dann begann die Agonie unserer Einheiten. Verlaust, verdreckt und
ausgehungert. Wir wussten es ging unserem Ende entgegen. Einige entfernten sich von ihren Einheiten, aus Panik, Hunger, und Verzweifelung. Sie wurden hinten aufgefangen und erschossen. So hatten wir vorne und auch
hinten den Tod. Das war das wahre Gesicht von Stalingrad. Einer der tapfersten Deutschen Armeen aus immer
auch welchen Gründen wurde dort geopfert.
Am Ende November 42.wurde ich durch Granaten Beschuss am Linken Arm und am Kopf verletzt und kam am
Flugplatz Gumrak zum Verwundeten Sammelplatz und von dort mit einer Ju wurde ich ausgeflogen. Ich war einer
der Letzten meiner Kompanie die Stalingrad lebend verlassen haben. Aus der Gefangenschaft, kamen nur einige
vom Tross zurück, und zwar der Hauptfeldwebel, der Waffenunteroffizier, der Verpflegungsunteroffizier und der Sanitätsunteroffizier. Es starben den sogenannten Heldentod, unser Kompanieführer Oberleutnant Kessler und 56
31
Das Drama von Stalingrad
Unteroffiziere und Mannschaften. Der Rest verreckte in Russischer Gefangenschaft.
Stalingrad hat sich tief in unserer Seele eingebrannt und lässt uns nicht mehr los. Es hat unser ganzes Leben beeinflusst. Auch heute noch nach 62 Jahren kehren unsere Gedanken immer wieder dort zurück, wo unsere Jugend
unsere Hoffnung und unsere besten Kameraden starben. Alle Jahre trafen wir uns in Limburg und Gemünden Österreich wo unsere Stalingrad-Denkmäler stehen. Mit einer großen Feier gedachten wir unsere Kameraden die in
Stalingrad blieben. Nun sind wir alt und gebrechlich geworden und nur noch eine handvoll Überlebende. Wir konnten unseren Verein nicht mehr aufrechterhalten und mussten ihn auflösen. Aber in unserm Herzen wird er weiter leben solange wie wir noch atmen können.
In Stalingrad Starben: die 3. ID (mot.), 29. ID (mot.), 60. ID (mot.), 44. ID, 71. ID, 76. ID, 79. ID, 94. ID, 113. ID,
295. ID, 297. ID, 305. ID, 371. ID, 376.I.D. 384. ID, 389. ID 100. Jaeger-Div, 14. PD,. 24. PD, 16. PD, 9. Flak-Div,
Rumänische 1. Kavallerie-Division, und 20. ID, sowie Armee- und Choreinheiten und Werferregimenter.
Arthur Krueger
Feltre-Italien.
Ausbruch in das Nirgendwo !!!
29. Januar 1943 im Stalingradkessel Mitte
Der kleine Trupp aus vier Offizieren und zwanzig Mann, gelangte wirklich in der Nacht hinter die feindliche Umklammerung. Sie sickerten durch und marschierten seitlich der Strasse von Gumrak nach Westen.. Die Stimmung
war ueberschwaenglich. Das Trümmerfeld der Stadt lag hinter ihnen, sie sahen den Feuerschein der pausenlosen
Artilleriebeschiessung des Nord- und Suedkessels und die Feuerwand im Kessel „ Mitte". Das alles lag nun weit
hinter ihnen... sie marschierten eng aufgeschlossen, ein kleiner geballter Haufen, mitten durch die sowjetischen
Reserven.
Wir schaffen es, dachten sie alle. Wir schaffen es! In vierzehn Tagen haben wir Anschluss an die eigenen Truppen,
dann sind wir am Donez.
Man hat sie erst bei Aufràumarbeiten am 10. Februar 1943 wieder gesehen. Russische Bautrupps, die, die Eisenbahnlinien wieder ausbesserten, fiel ein kleiner Schneehuegel mitten in der Steppe auf. Wo kein Baum, kein
Strauch, keine Erhebung ist, hat ein Hügel nichts zu suchen.
Man grub ihn auf und fand unter dem vereisten Schnee vierundzwanzig deutsche Soldaten. Sie saßen nebeneinander, in einem engen Kreis, Leib an Leib, mitten in ihnen, als Kern, vier Offiziere. Sie hatten versucht, sich bei einem
Schneesturm mit 45 Grad Kälte gegenseitig zu wärmen, hatten eine Burg aus ihren Körpern gebildet und gehofft,
den heulenden Steppensturm zu überleben. So waren sie gestorben, erstarrt zu einem Denkmal. Ihre Gesichter in
dem blanken Eis schienen zu leben, ihre Augen starrten die Russen, die sie ausgruben, fragend an.
Man hackte die Körper voneinander, lud sie auf einen Lastwagen und fuhr sie zu den Massengräbern, warf sie zu
den anderen deutschen Leichen und deckte die Gräber mit großen Planierraupen zu. Im Frühjahr wuchs wieder
Gras darüber. Russlands Erde war groß genug...in ihr konnte eine Armee verschwinden, ohne das man es merkte.
„
Fühle mit allem Leid der Welt, aber richte Deine Kraft nicht dorthin, wo Du machtlos bist, sondern zum Nächsten,
dem du helfen, den Du lieben und erfreuen kannst`:
Hermann Hesse
Ein Bericht von meinem Freund Harry Schroeter.
Arthur Krueger
Feltre-Italien.
Frage an Sori: Wie wart ihr in Stalingrad gruppiert und aufgestellt.?
Ich kann in meinen Angaben nicht die genaue Zeit angeben. Es ist zu Vieles, woran ich mich erinnere. Wir stießen
im Verband mit der 16 Panzerdivision nördlich von Stalingrad bis zur Wolga vor. Bezogen darauf hin, die uns angewiesenen Stellungen im Nordriegel, um zuverhindern, dass russische Kräfte zur Verstärkung in Stalingrad eindringen konnten. Wir waren durch unsere Verluste sehr geschwächt, und konnten nur sehr weitläufig die
Abschnitte besetzen. Wir waren ungefähr so gruppiert. Rechts von der Wolga Einheiten der 16. P D. dann zwei
Battalione des IR 92. 60.I D. dann das 2. u. 3. des I R 120. mot. Ich war bei der 5.Komp. in Stellung am aussersten
32
Das Drama von Stalingrad
linken Flügel. Dort war eine Lücken von 500 mtr. Verzweifelt, versuchte der Russe dort wiederholt durchzubrechen.
Diese Lücke, wurde dann von dem MG. Battl.9 aufgefüllt.
Die Entscheidung von Paulus keine Kräfte heraus zu ziehen um nach Süden anzugreifen war sehr weise, den unsere Kompanien waren nur noch 60. bis 80 Mann stark.
Ich erinnere mich wir waren in harten und verlustreichen Kämpfen verwickelt. Wie die einzelnen Ortschaften hießen, weis ich nicht mehr, denn es ging oft sehr schnell voran. Ich weiß, dass Reserveeinheiten unserer 60.ID. in
Stalingrag und am Tracktorenwerk im Einsatz waren, kann darüber aber nichts berichten.
Liebe Grüsse
Arthur Krueger.
Ein Kamerad von Arthur Krüger berichtet über Stalingrad.
Zunächst meinen herzlichsten Dank für Deine Berichte, unter anderem über Stalingrad. Das war eine unglaubliche
Fleißarbeit. Da kann ich nicht mithalten. So einen Bericht zu erstellen erfordert viel Konzentration und benötigt viel
Zeit, die ich Lieber Arthur, Kamerad seit Stalingrad.leider nicht habe. Ich pflege rund um die Uhr meine kranke
Frau, und bin froh, wenigstens die für mich interessanten Mails beantworten zu können.
Ich bin Jahrgang 1923, und habe so die ersten Jahre des Krieges verpasst.
Das tut mir jedoch in keinster Weise leid. Mir reichte es voll und ganz, was ich in der ID MOT 8 mitgemacht habe.
Wie wir gelebt haben hast Du gut beschrieben. Den ganzen Dreck, die Läuse die Schlammmärsche, das aufbrechen der hartgefrorenen Erde, und nicht zu vergessen den immerwährenden Hunger.
Meinen Brotbeutel habe ich immer wieder ausgepackt, um vielleicht doch noch einen Krümel zu finden. Natürlich
vergeblich.
Wir wussten bald, dass wir eingekesselt waren. Anfangs waren wir optimistisch, wir werden es schon schaffen den
Riegel auf zu brechen. Oder unsere Panzer machen von außen den Weg frei. Es wäre nicht allzu schwer gewesen.
Dann aber hörten wir vom Führerbefehl, die Stellung bis zum letzten Mann zu verteidigen. Wir durften uns nicht befreien. Das war unser Todesurteil. Der Russe hatte uns angedroht alle, die sich nicht ergeben, zu erschießen.
In meinem Falle (Glücksfall) war es so, das mein Oberleutnant von einem Scharfschützen einen Bauchschuss verpasst bekam, als er im Morgengrauen die Schützenlöcher kontrollierte. Von Loch zu Loch ca. 80 bis 100 m. Wir
waren ja nicht mehr viele. Zwei Kameraden zogen den Verwundeten durch den Schnee in eine Schlucht. Als ich
das verfolgte, habe ich wohl zu viel von mir gezeigt und bekam prompt die Quittung für meinen Leichtsinn.
Ein Schlag vor die Brust und ein blutender Rücken sagten mir, dass ich einen Lungendurchschuss abbekommen
hatte. Wahrscheinlich war es derselbe Scharfschütze. Da lagen wir nun, Der Oberleutnant und sein Gefreiter. Am
Abend wurden wir zum Verbandsplatz gebracht. Zunächst lagen wir Verwundeten wie die Heringe in einem Russenhaus nebeneinander. Ich habe bald gemerkt, dass nur weiter transportiert wurde, wer kein Fiber hatte. Also habe ich das Thermometer beeinflusst. Fünf Verwundete starben in der Zeit neben mir. Nach ca. acht Tagen hatte ich
Glück. Ohne Stiefel, nur mit einer Hose und der im Rücken zusammengesteckten Uniformjacke wurde ich auf einem offenen Laster in ein riesiges Zelt auf dem Flugplatz gefahren.
Man sagte uns, dass wir schnell wegkommen, aber etwas später, dass die Ju´s in dieser Nacht wegen Nebel nicht
fliegen. Am Morgen kamen die zweimotorigen ME 111. (HE 111 ?) Ich sah eine Maschine ausrollen und ging alleine auf Socken dahin. Ausgeladen wurden Munition und einige Brote. Der Eingang war ein Loch unter der Maschine. Weil ein Arm noch gelähmt war konnte ich nicht einsteigen. Bald kamen aber andere Kameraden die mir halfen, und ich war drin. Schnell wurde gestartet. Man sah nur entspannte Gesichter. Es war kurz vor Weihnachten.
Dann sahen wir Begleitschutz, wie wir annahmen. Das war ein Irrtum. Der Begleitschutz feuerte auf uns. Wir waren
drei Flugzeuge. Das Erste wurde getroffen und ein Motor brannte. Alle drei Masch. Kippten ab.
Meine Hoffnung unten Wald zu sehen, der uns vielleicht auffangen könnte, erfüllte sich nicht. Wir waren neun
Mann. Keiner sagte ein Wort. Aber wir waren plötzlich wieder auf dem Flugplatz mit dem Zelt. Große Enttäuschung.
Dann aber starteten die zwei Maschinen durch, in Spiralen hoch bis über die Wolken, und wir hatten den Kessel
hinter uns. Nach der Landung erhielten wir erstmal jeder zwei Teller Graupensuppe. Was köstlicheres habe ich
noch nie gegessen.
Ich erkannte die Stadt sofort wieder: es war Djnepropretowsk, mit einem riesigen Munitionslager. Hier hatten wir
den Zug bei unserer Ankunft in Russland verlassen.
Am anderen Morgen brachte man uns hastig zum Bahnhof. Das Lazarett musste geräumt werden, weil der Russe
die Stadt angriff. Stalino war meine nächste Station. Ich musste mich immer acht Tage erholen, bevor es weiter
Richtung Heimat ging. Endstation war das Kloster Mariental an der Neiße, wo ich von Ärzten und Nonnen gesund
gepflegt wurde.
Nach meiner Genesung ging es nach Italien, Monte Casino, Rom, Aachen, und nach einem Kurzurlaub in Danzig
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Das Drama von Stalingrad
kam ich nicht mehr weg, weil der Russe uns in der Zange hatte. Ich wurde also in der Nähe Tiegenhof eingesetzt.
Rechtzeitig, und ohnmächtig zugleich, etwas dran ändern zu können, mussten wir zusehen wie unsere schöne
Stadt zu Asche zerbombt wurde. Meine Laufbahn beendete ich als Unteroffizier.
Den Zusammenbruch kennen wir alle.
Das war meine Kurzgeschichte, lieber Arthur, zum Dank für Deine Berichte.
Liebe Grüße, alles Gute, und beste Gesundheit für die nächsten Jahre,
wünscht Dir dein Kamerad, Der Trampker Walter
Guten Abend Herr Krüger.
Habe Ihren Erlebnisbericht gelesen und gehe davon aus, dass Sie vielleicht noch mehr detaillierte Informationen
für mich haben.
Kennen Sie in Ihrer Division einen Kriegsberichterstatter oder einen Offizier, der Filmaufnahmen mit einer 8-mmKamera auf dem Weg nach Stalingrad gedreht hat? Er hatte seine Kamera ständig dabei.
Sagt Ihnen der Name Emil Brater noch etwas? Ich gehe davon aus, dass er in Stalingrad gefallen ist.
Er schrieb noch ein Gedicht:
Donez und Don haben wir überquert,
Steppendurst haben uns nicht versehrt.
Wolga das Ziel für unsere Fahrt,
Panzer rollen gen Stalingrad.
Bomber zerschmettern und Artillerie,
alle die Werte der Kriegsindustrie.
Trümmer, nur Trümmer die ganze Stadt,
Panzer kämpfen in Stalingrad.
Stolzesten Sieg kühner Panzertat,
Wolga erreicht in Stalingrad.
Rote Verbrecher im Keller und Dach,
wir stoßen weiter dem Feind immer nach.
Drücken scheint oftmals die feindliche Macht,
tapfer doch halten wir Stand in der Schlacht.
Kälte, viel Schnee und ein Kampf ohne Gnad,
Panzer der Festung um Stalingrad.
Kraftstoff Granaten sind bald nicht mehr da,
Panzer gesprengt und dann mit Hurra.
Greift zum Gewehr drauflos Kamerad,
kämpf bis zum Letzten in Stalingrad.
Waren Sie zufällig in Petropawlowka mit der 60. Panzerabteilung?
Welches italienische Regiment war auch dort?
Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir da helfen könnten.
Mit kameradschaftlichem Gruß
M. Ruge alias stalino
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Das Drama von Stalingrad
Stalingrad: “Wir sind eingeschlossen - November 1942!“
Leider, kann ich keine genauen Daten sagen, weil ich alles so erzählen möchte, wie ich es heute noch nach 66
Jahren in Erinnerung habe. Ich glaube, es war um den 15, November, da wurde bei uns geflüstert, die Rumänen
verzehren ihre Pferde, sie kämpfen nicht mehr, sie gingen stiften. Danach hörten wir, dass der Russe bei den Rumänen durchgebrochen sei und auch bei den Italienern. Jetzt sind wir eingeschlossen. Sofort wurde die Kampfgruppe Willich von den Reserve-Einheiten unserer Division aufgestellt, zu der auch unser Erstes Bataillon 120
(mot.) und das Dritte vom I.R. 92 (mot.) gehörte. Sie wurden in Richtung Marinowka am Don in Marsch gesetzt.
Hiervon sind von meinem Kompanie-Kameraden Lt. Carl – Hermann Clauberg Berichte vorhanden, der den Einsatz dort schwerverwundet überlebte und so wie ich aus Stalingrad ausgeflogen wurde. Heute nach dieser langen
Zeit vermögen wir noch immer nicht zu begreifen, welches Glück uns damals so hold gewesen ist.
Nun begann für uns die bittere Zeit, denn erst am 27.11.42 wurden wir durch den Div.-Befehl von der Einkesselung
unterrichtet. Bisher war es noch möglich, dass der, der es am nötigsten brauchte, abends mit der Feldküche zurück
ging, er konnte eine Nacht durchschlafen, tagsüber sich von dem wochenlangen Dreck befreien, der sich überall,
auf Uniformen und dem Körper festgesetzt hatte. Durch die Kälte war die eigene Geruchsbelästigung nicht ganz so
schlimm, aber das Gefühl, wie ein Schwein im Dreck gelegen zu haben, ließ niemanden los. Die Wäsche wechseln
und in Ruhe einen Brief nach Hause schreiben, das waren wichtige Tätigkeiten, die uns wenigstens wieder etwas
zivilisierter erscheinen ließen. Am Abend kam er dann wieder mit der Feldküche, die immer von unserem Hauptfeldwebel begleitet wurde, in die Stellung zurück. Von ihm erfuhren wir dann die letzten Neuigkeiten.
Das war nun aber vorbei. Durch Scharfschützen hatten wir täglich Ausfälle, denn der Russe schoss auf alles, was
sich bewegte. Wir wurden immer weniger und keiner konnte die Stellung mehr verlassen. Die Lebensmittel wurden
rationiert, es wurde immer weniger und der Hunger nahm von Stund an zu. Die Munition wurde knapp. Für Gewehr
und Pistole hatten wir zwar noch genügend, aber für meine Granatwerfer hatte ich pro Werfer noch 18 Granaten.
Wenn noch etwas bei uns ankam, so brachte uns der Spieß die überlebensnotwendigen Sachen so dicht wie möglich abends mit dem Essen an unsere Stellung heran. Über die Einkesselung machten wir uns in dieser Zeit bis zu
meiner Verwundung am 30./ 31. November 1942 keine Sorgen. Wir waren auf dem Vormarsch schon öfter in solchen Lagen gewesen und hatten sie bisher immer gemeistert. Es kamen dann die Panzer und diese hauten uns
raus und es ging wieder weiter.
Ich glaube, dass ohne diese Hoffnung, ohne dieses Vertrauen der Kampf bis zum bitteren Ende in Stalingrad nicht
möglich gewesen wäre.
Unsere Stellungen waren keine Befestigungen zur Verteidigung. Man redete ja auch davon, dass wir uns bis zum
Don zurückziehen würden und dort befestigte Stellungen für den Winter einnehmen würden, so wie wir es im Winter 1941 beim Rückzug von Rostow getan hatten. Ich sehe immer wieder in den vielen Fragen, dass das Leben in
der HKL unverständlich, ja unbegreiflich für viele ist. Es ist auch für mich manchmal unbegreiflich, dass ich das alles überlebt habe. Täglich fielen Kameraden im Feuer unseres Gegners oder wurden verwundet. Nachschub kam
nicht mehr bis nach vor, denn kaum jemand wurde noch in den Kessel eingeflogen. Die Einheiten wurden zwar immer kleiner, aber dennoch hatten wir Hoffnung.
Wir hausten in den vordersten Stellungen ja wie die Schweine, schlimmer als die Menschen in der Steinzeit. Aber
auch hiermit mussten wir uns arrangieren und hofften, dass es mit dem Entsatz schon wieder anders würde. Erst
einmal durchhallten, denn die Parole, der Führer haut uns raus, ließ uns standhaft bleiben.
Natürlich gab es bei den Gefechtsständen der Einheiten Bunker, Heizung, Wasser und Latrinen. Wenn nicht gerade die Ari (Artillerie) schoss, konnten sich die Kameraden dort auch frei bewegen. Noch besser lebte man beim
Tross. Dort war der Hunger lange nicht so groß wie bei uns. Darum sind wohl auch nur wenige von uns übrig geblieben, die auch über diesen Unterschied reden könnten. Ich weiß, dass viele nichts über diese Zeit berichten
konnten, weil das Trauma einfach auch zu tief saß. Diese überschweren Erlebnisse haben viele zerbrechen lassen,
z.T. war es auch der lange währende Hunger, der einfach die Kraft erlahmen ließ, sich noch einmal aufzubäumen
und gegen das Schicksal anzukämpfen.
Ich hoffe, dass ich mit diesem meinem Bericht ein wenig Aufklärung für diese wohl für viele unverständliche Zeit
schaffen konnte. Wir haben sie damals aber bewusst erlebt und waren bis zu meinem Ausflug aus dem Kessel
auch voller Hoffnung auf eine Änderung der gegenwärtigen Situation.
Euer Veteran Arthur.
Feltre,
35
Das Drama von Stalingrad
Ein Zeitzeugenbericht vom Ende des Nordriegels
"Mitte Januar 1943 wird auch die Nordriegelstellung aufgegeben. Fünf Kilometer rückwärts ist im Schnee die neue
Stellung, in die Erde konnten wir nicht mehr hinein. Das Gehen in dem hohen Schnee ermüdete bald und schwächte die ausgemergelten Gestalten völlig. Schon auf den ersten Kilometern blieben viele infolge Entkräftung liegen.
Die anderen versuchen, die neue Stellung zu erreichen. Unsere Einsatzstärke beträgt nur noch 65 Mann.
... Je näher die Truppe an die Stadt Stalingrad kommt, mehren sich die an den Wegrändern zurückgelassenen
Fahrzeuge und schweren Waffen, ohne Munition. Trosse, Lazarette, Stäbe, Werkstätten, Verpflegungslager suchen in den Trümmern Unterkunft. Für das Bataillon ist es Stalingrad-Nord, Platz Roter Oktober, bei der Brotfabrik.
An den Stadträndern leisten deutsche Soldaten aller Waffengattungen mit dem Gewehr in der Hand erbitterten Widerstand bis zur letzten Patrone.
... Beim Zurückgehen wird das Bataillon durch einen russischen Panzerangriff gespalten. Tagelang wissen wir
nichts vom anderen Tei des abgesprengten Verbandes. Noch einmal werden wir mit anderen Soldaten zu einer
"Kompanie" aufgefüllt. Da wird bekannt, dass Stalingrad-Süd kapituliert hat. Wir sollen am 29. Januar in der Nacht
einen Truppenteil in seiner Stellung ablösen. Als wir dort eintreffen, ist niemand in der Stellung.
... Im Morgengrauen des 1. Februar glauben wir an den Weltuntergang, denn die Hölle hat sich geöffnet. Der Russe überschüttet die Front mit einem Trommelfeuer, wie wir es noch nie erlebt haben. Fast jeder bekommt etwas ab,
viele Kameraden fallen. Den Verwundeten kann niemand helfen, sie liegen in den Schneelöchern und verbluten
oder erfrieren. Verwundet schlage ich mich bis zum Tross am Platz Roter Oktober durch. In einem Bunker kann ich
mich hinlegen und endlich schlafen. Da werden wir am 2. Februar in den Morgenstunden mit einem "Rucki werk!"
["Hände hoch!"] aus dem Bunker geholt.
... Notdürftig in sogenannten Lagern zusammengebracht, geht das Sterben der entkräfteten Kameraden weiter. Ein
Marsch zurück in die Steppe nach Westen bis über den Don und wieder nach Osten folgt. Immer mehr Kameraden
sind den Strapazen nicht mehr gewachsen, setzen sich an den Rand des Steppenweges und warten auf den Tod der Sensenmann lässt nicht lange auf sich warten. So unwahrscheinlich und roh es auc klingen mag, für den einzelnen Betroffenen war es humaner, wenn er durch eine russische Kugel erlöst wurde. Unser Marsch ging noch
einmal durch ganz Stalingrad hindurch [wohl für die Kameras der russischen Wochenschau, die dann auch in den
Kinos ihrer britischen und amerikanischen Verbündeten gezeigt wurde] nach Beketowka. Hier am Südrand von Stalingrad sind 50 bis 70 000 Soldaten in festen Baracken untergebracht. Nach wenigen Tagen bricht das Fleckfieber
aus. An dieser Seuche, Unterernährung und Krankheitn sterben in den Monaten Februar/März etwa 40 000 Deutsche. In den Schluchen westlich dieses Ortes liegen sie begraben.
... Das Bataillon in seiner glücklichen landsmannschaftlichen Zusammensetzung war überall begehrt und geachtet.
Es hat bis zum letzten Soldaten seine Pflicht getan... Neben dem Ruhm [8 Ritterkreuze wurden an Angehörige des
Bataillons verliehen] gibt es aber auc die Verluste des Bataillons an Toten, Verwundeten und Vermissten. letztere
umfassen fast 600 Kameraden. Die Zahl derer, die im Kessel weiterkämpften und über die Gefangenschaft die Heimatwidersehen konnten, beträgt bis heute [vielleicht 1954, Datum der Chronik nicht angegeben]: 9 Kameraden! Eine traurige Bilanz."
Diese Darstellung spricht für sich selber und bedarf keines weiteren Kommentars. Sie ist sicherlich zutreffend auch
für all die anderen tapferen Einheiten der 6. Armee, die in Stalingrad gekämpft und gelitten haben.
36
Das Drama von Stalingrad
In Zusammenarbeit mit
Artur Krüger
Feltre/Italien
und dem Autor
Erich Miehte
wurde dieser Tatsachenbericht erstellt.
Meine Versorgungsflüge nach Stalingrad
Nüchtern und ohne Verherrlichung werden hier persönliche Erinnerungen eines Fliegers
im Einsatz in Stalingrad geschildert
37
Das Drama von Stalingrad
7.4. Der Weg zum ersten Fronteinsatz nach Stalingrad
Erich:
Über drei Jahre war schon Krieg. Mit großer jugendlicher Begeisterung hatte ich in eineinhalb Jahren alle Flugzeugführer-Qualifikationen erreicht: AB-Schule, C-Schule und Blindflugschule. Anschließend, ab Juli 1942, wurde ich dann als Fluglehrer an
der C-Schule Bialystok eingesetzt.
Sorgen machten wir jungen Menschen uns während der gesamten Ausbildung relativ wenig. Wir hatten saubere Unterkünfte,
und die Verpflegung war auch in Ordnung. Nur die Ausbildung dauerte uns zu lange. Wir dachten, wir würden etwas verpassen, wenn wir nicht rechtzeitig zum Einsatz kämen. Welch ein törichter Irrtum.
Die Ernüchterung ließ auch nicht allzu lange auf sich warten. Bis zu diesem Zeitpunkt gereichte mir der ca. fünfmonatliche
Einsatz als Fluglehrer zu einem zuvor nicht einzuschätzenden Vorteil. Während dieser Zeitspanne hatte ich das Fliegen erst
richtig in den Griff bekommen. Maschine und Körper wurden eine Einheit.
Dieser Harmonie sowie Konzentration im Augenblick kritischster Situationen verdanke ich wohl, dass ich diese Zeilen zu Papier bringen kann.
Am 20. Dez. 42 wurde ich zum Lehrgangsleiter, Major Lorenz, befohlen.
(Major Lorenz wurde während des spanischen Krieges abgeschossen und kam bei den Roten in Gefangenschaft.)
Die formelle Frage an mich: „Wollen Sie zu einem kurzfristigen Fronteinsatz abkommandiert werden?“ Selbstverständlich gab
es für mich nur eine Antwort: „Jawohl, Herr Major!“
Somit waren die Würfel für den ersten Fronteinsatz gefallen. So oder ähnlich wird es, besonders im Dilemma „Stalingrad“
nicht Wenigen ergangen sein. Zwei Wochen zuvor war bereits der Fluglehrer Ltn. Vetterlein abkommandiert worden.
Major Lorenz sagte noch, daß weitere komplette Besatzungen folgen würden. (Ltn. Vetterlein ist auf dem Flug von Riga zu einem Einsatzhafen nach Stalingrad verschollen.)
Zur Besatzung meiner Schul-Ju 52:
Der Funker, Bordmechaniker, sowie ein 1. Flugzeugwart wurden vom Stammpersonal der C (21)-Schule Bialystok gestellt.
Erst nach sechzig Jahren meldete sich zu meiner großen Freude der 1. Flugzeugwart, Kamerad Wemken, bei mir, nachdem er
bei einer TV-Sendung über Stalingrad meinen Namen gelesen hatte. Er ist die ersten sechs Einsätze nach Stalingrad als Heckschütze in meiner Crew mitgeflogen. Er wohnt nur 50 km entfernt, und wir treffen uns jetzt öfters. Kamerad Wemken besitzt
sein Flugbuch noch. Mein Flugbuch, welches ich bis zum letzten Einsatz am 25. März 1945 nach dem Kessel Breslau exakt
geführt hatte, ist mir in russischer Gefangenschaft - entlassen am 22. Sept. 1949 - abgenommen worden.
Von den anderen Kameraden wissen wir leider nichts mehr.
Der Flug von Bialystok nach Ssalsk, meinem ersten Einsatzhafen nach dem Kessel Stalingrad:
22. Dez 1942 Bialystok - Warschau
ca. 160 km
Liegezeit in Warschau wegen schlechtem Wetter
26. Dez.1942 Warschau - Winiza
ca. 600 km
27. Dez.1942 Winiza - Stalino
ca. 680 km
28. Dez 1942 Stalino - Ssalsk
ca. 380 km
um die Mittagzeit erfolgte die Landung in Ssalsk
Bei diesen Flügen beeindruckten uns alle die schier unendlich scheinenden tief verschneiten Weiten Russlands. Wie relativ gut
hatten wir Flieger es doch! Aber die rauhe, brutale Wirklichkeit, das große Grauen des Krieges, sollte auch bald uns Flieger
einholen. Da zerriß bei uns jungen Menschen die ganze glorreiche Heldenfassade und Irreführung der Propaganda in der Heimat sehr schnell - innerhalb eines Tages bzw. einer Nacht, beim ersten Einsatz in den schon ca. fünf Wochen bestehenden Kessel von Stalingrad.
7.5. Mein erster Einsatz nach dem Kessel Stalingrad
(Erich)
Am 28. Dez. 1942 landeten wir gegen Mittag auf dem Versorgungsflugplatz Ssalsk. Die Landschaft war schnee- und frostfrei,
ein relativ mildes Klima zu dieser Jahreszeit.
In Stalingrad sollte schon minus 20 Grad Kälte sein.
Ich meldete mich bei einer Dienststelle, die in einer langen Holzbaracke, unmittelbar am Platzrand angelegt war. Erst Tage
später konnte ich in Erfahrung bringen, dass ich der K.G.z.b.V. 172/3. Staffel zugeteilt worden war.
Nachdem die Meldeformalitäten erledigt waren, fragte ich nach der Unterkunft für meine Besatzung. Die Auskunft lautete:
„Legen Sie das Gepäck dort in die freie Ecke, und bereiten Sie sich auf den Einsatz nach Stalingrad vor. Ihre Maschine wird
schon beladen.“ Ich empfing das notwendige Kartenmaterial für den Raum Stalingrad.
38
Das Drama von Stalingrad
So ging das also an der Front zu! Befehle und Gehorsam ohne Fragestellungen oder gar Widerspruch waren ja schon viele Jahre eingetrimmt worden, daher gab es keine allzu große Verwunderung - jedoch ein Gedankenkarussell über das unmittelbar Bevorstehende.
Die direkte Einsatzbesprechung für die Flugzeugführer und Bordfunker fand in einem größeren Raum der gleichen Baracke
statt. Es mögen wohl 20 bis 30 Mann gewesen sein. Den Vortrag hielt ein höherer Offizier anhand einer sehr großen Lagekarte, in der die üblichen blauen und roten Markierungen für die Positionen von Freund und Feind sowie die Koordinaten für
Funkfeuer- und Peilfunk-Betriebsstellen eingetragen waren.
Meine Gedanken in diesem rauchgeschwängerten Raum, und die schweigsamen und wohl auch missmutigen Gesichter waren
alles andere als optimistisch machend für meinen ersten Feindflug!
Diese ganze Atmosphäre seit unserer Landung für mich und meine Besatzung bleibt als einziger Schock in meinem Gedächtnis
haften. Ob bei einem jeden von uns unausgesprochen bereits die Ahnung eines hoffnungslosen Unternehmens unterschwellig
vorhanden war, kann ich nicht mehr nachvollziehen. Ich wagte auch als sichtbarer Neuling keine Fragen, die ich unzweifelhaft
wohl hätte stellen sollen. Das einzige was ich tat, war, meinen Nebenmann um eine Zigarre zu bitten. So begann gleichzeitig
meine „Raucherlaufbahn“ und das schon mit zweiundzwanzigeinhalb Jahren.
Es war die einzige große Einsatzbesprechung, die ich während der Stalingrad-Einsätze erlebte.
Bei den weiteren Einsätzen wurden wir zu den unterschiedlichsten Zeiten, z. Teil erst um Mitternacht, zum Einsatz befohlen
und nur kurz informiert. Ein sinnvolles System schien es nicht mehr zu geben. Wetterlage, Feindpositionen und Abstimmungen zwischen den verschiedenen Einsatzhäfen wurden immer unsicherer.
Bei Einbruch der Dämmerung erfolgte der Start zum ersten Feindflug.
Etwa im Raum von Kotelnikovo überflogen wir in ca. 3500m Höhe vermutlich den Frontbereich, der bereits 100 km vom Kessel entfernt war. Eine größere Anzahl von Bränden ließ es jedenfalls vermuten.
Nach ca. zwei Stunden Flugzeit kam ich plötzlich in den Bereich von Scheinwerfern. Nach schnellen wechselseitigen Slipen
und Hakenschlagen konnte ich diesem Bereich entkommen.
Beschuss nahmen wir in diesen Sekunden nicht wahr. Auch auf solche Flugmanöver und sonstiges Verhalten hätte man die
Neulinge hinweisen müssen. Es war in der Folge meiner Stalingrad-Einsätze nicht die einzige unentschuldbare Nachlässigkeit
bzw. Verantwortungslosigkeit der Leitung bei der Führung der Einsätze. Nicht ein einziges Mal habe ich während der ca. fünf
Wochen Stalingradflüge meinen Staffelführer, Oberltn. X, gesehen. Ich wußte nicht einmal, welche Flugzeugführer und Besatzungen zur Staffel gehörten. Einige Besatzungen lernte ich erst flüchtig auf der Krim, im Rahmen der Einsätze nach dem Kuban-Brückenkopf, kennen.
Wer mir die Auszeichnungen EK II und die Frontflugspange in Bronze nach den Stalingrad-Einsätzen überreichte, kann ich
mich nicht erinnern, der Staffeloffizier war es jedenfalls nicht!
Doch nun zum ersten Feindflug zurück:
Als ich aus dem Scheinwerferbündel heraus war, befand ich mich im Kessel, der zu dieser Zeit etwa ein Oval von 30 und 40
km hatte. Zügig ging ich auf eine Höhe von ca. 200m runter, um den Flugplatz Pitomnik anzufliegen. Die Landebahn sollte mit
3 bis 5 Lampen markiert sein, die nur kurzzeitig (für Sekunden) in größeren Abständen aufblinken würden. Beim Suchen nach
diesem Leuchtpfad bekam das Fahrwerk plötzlich Boden- bzw. Hindernisberührung.
Welch ein nahezu unvorstellbares Glück, dass daraus keine Notlandung bzw. eine totale Bruchlandung mit schweren Folgen
wurde, so wie es einigen Besatzungen erging.
Nach längerem Suchen, ich stand schon kurz vor dem Entschluß, zurückzufliegen (Kraftstofflage), erkannte der Heckschütze
das Aufblinken der Leuchtmarkierungen vom Landepfad. Trotzdem wurde die Landung sehr umsichtig angegangen, da der
Russe außerhalb des Kessels auch Scheinflugplätze anlegte und damit auch vereinzelt Erfolg hatte.
Die Ausladung der sieben Benzinfässer und die Zuladung von Verwundeten erfolgten mit größter Eile. Jede Sekunde, die wir
zeitiger starteten, konnte lebensrettend sein, denn der Russe störte in mehr oder weniger kurzen Abständen durch Bombenabwurf oder Artillerie-Streufeuer den Flugbetrieb.
Beim Einladen der Verwundeten schockierte mich die Antwort des verantwortlichen Sanitäts-Dienstgrades, als ich auf mehrere
Soldaten wies, die in näherer Entfernung vom Flugzeug bei Minustemperaturen von unter 20 Grad im Schnee lagen und vereinzelt sich schwach bewegten: „Denen ist sowieso nicht mehr zu helfen!“
In solch einem Stadium war also diese Wahnsinnstragödie von Stalingrad bereits und sollte sich noch rund fünf Wochen zu einem noch unvorstellbaren Ausmaß steigern.
Unsere Besatzung litt psychisch immer mehr im Verlauf dieser Einsätze. Jeder von uns hing seinen eigenen Gedanken nach.
Das Leben bestand nur noch aus Einsatz, Essenbeschaffung, Schlafen, Dahindösen und dem Bewusstsein, dass den Kameraden
in Stalingrad nicht mehr geholfen werden konnte.
Mir wurde bald klar, weshalb ich bei meiner ersten Einsatzbesprechung so viele verschlossene und mürrische Gesichter gesehen hatte. Diese Erkenntnis der absoluten Ausweglosigkeit hat vermutlich nicht nur die Besatzungen mehr oder weniger nega
39
Das Drama von Stalingrad
tiv beeinflusst, sondern auch die unmittelbare Einsatzführung. Anders kann ich mir im Nachhinein die Geschehnisse der noch
folgenden fünf Wochen bis zur Kapitulation nicht vorstellen.
Der Rückflug nach Ssalsk erfolgte ohne Feindberührung, und das hatte wohl folgenden Grund:
Ich hielt mich bewusst oder auch instinktiv nördlich vom Funkleitstrahl. Da keine Feindberührung, weder Scheinwerfer noch
Flak, flog ich alle folgenden Kesselflüge in gleicher Navigationstaktik. Im Nachhinein ist mir angesichts der hohen Flugzeugverluste klar geworden, dass es eine glückliche Entscheidung war, nicht unmittelbar an dem Funkleitstrahl, oder im Süden
bzw. Osten ein- und auszufliegen. Auch hier liegt ein Versäumnis der Einsatzleitung vor, die auf die hohe Feindeinwirkung bei
der Einflugrichtung hinweisen musste.
Die Verwundeten wurden in einem großen Erdbunker am Platzrand des Einsatzhafens Ssalsk untergebracht. Der Gesamtzustand der Soldaten war erschreckend. Und was stand ihnen noch bevor, bis sie zu einem Hauptverbandsplatz kamen!
Den Rest der Nacht haben wir auf dem Fußboden der Holzbaracke geschlafen. Unsere Decken bzw. Schlafsäcke waren in der
Zeit unseres Einsatzes gestohlen worden.
Am Tag darauf wurden wir in eine bewohnte Russenkate einquartiert.
Und noch 36 Tage bis zum Ende des Kampfgeschehens im Kessel Stalingrad.
Sechs Landungen standen uns noch bevor und nach Verlust der letzten Landemöglichkeit noch ein Abwurf der Ladung in der
Nacht vom 29. zum 30. Jan. 43 im Nordkessel Traktorenwerk.
In den Morgenstunden des 2. Febr. 43 kapitulierte auch dieser letzte Restkessel unter den Generälen Lattmann, von Lenski und
dem Kommandeur Generaloberst Strecker.
Am Morgen des 31. Jan. 43 hatte bereits das Oberkommando der 6. Armee, Befehlshaber Generalmarschall Paulus, kapituliert.
Die Groteske dazu - noch am Tage zuvor wurde jeder Landser, der sich sichtbar weigerte weiterzukämpfen, erschossen.
Nun zu meinen weiteren Stalingradeinsätzen:
2. Start 2. Einsatz von Ssalsk
am 29. Dez. 1942
3. Start 3. Einsatz von Ssalsk
am 31. Dez. 1942
4. Start 4. Einsatz von Ssalsk
am 4. Jan. 1943
5. Start 5. Einsatz von Ssalsk
am 5. Jan. 1943
6. Start
von Ssalsk
am 6. Jan. 1943
7. Start
8. Start
6. Einsatz von Ssalsk
von Ssalsk
am 9. Jan. 1943
am 9. Jan. 1943
9. Start
10..Start
7. Einsatz von Swerewo
8. Einsatz von Swerewo
am 21. Jan. 1943
am 29. Jan. 1943
Landung Pitomnik
Landung Pitomnik
Landung Pitomnik
Landung Pitomnik
Flug nach Pitomnik auf
Befehl abgebrochen.
Landung in Ssalsk nach
40 min. Flugzeit
Landung Pitomnik
Wegen Vereisung
abgebrochen.
Landung in Ssalsk nach
75 min. Flugzeit
Landung Gumrak
Abwurf in 150 und 50 m
Höhe im Nordkessel
Von Ssalsk und Swerewo mussten etwa 350 km bis in den Kessel und 200 bis 300 km bei jedem Kesselflug über Feindgebiet
geflogen werden.
Bei 190 km/h Geschwindigkeit mit der Ju 52 waren es jeweils ca. 2,5 Std. Flugzeit einschl. Start- und Landemanöver bis zur
Landung.
Nach meinem letzten Start am 9. Jan. 1943 von Ssalsk wurde meine Besatzung aus der Russenkate zum Flugplatz in einen Erdbunker verlegt. Nur eine Nacht haben wir darin geschlafen, dann erfolgte die Verlegung nach Swerewo. Der Russe stand bereits kurz vor Proletarskaja, ca. 30 km vor Ssalsk, das am 16. Jan. 1943 von den Russen eingenommen wurde.
Bevor wir am 13./14. Jan. verlegen mußten, flogen wir noch zwei kritische Einsätze von Ssalsk zum frontnahen Flugplatz Morosowskaja. Wir sollten Motorenöl für die Panzer bringen.
Bei nahezu flugunklarem Wetter, Sichtweite 100 bis 200 m und fast aufliegender Schichtbewölkung konnten wir den Landeplatz nicht finden. Wir überflogen mehrmals Schützengräben, jedoch ohne Platzsicht und mussten unverrichteter Dinge den
Rückflug antreten.
Bei dem zweiten Flug nach Konstantinowska, um dort Geräte abzuholen, war gutes Flugwetter. Nach der Landung sah der große Platz wie leergefegt aus. Da kam aus einer Halle ein Landser. Wir rollten auf Sprechweite zu ihm hin. Er rief uns zu: „Haut
bloß gleich ab, der Russe wird bald hier sein!“ Keiner hatte uns vor dem Start auf eine derartige Situation hingewiesen. Kein
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Das Drama von Stalingrad
Zweifel daran, dass wir in diesen zwei Wochen des ersten Fronteinsatzes die Realität des Krieges erleben mussten. Was zählten schon Menschenleben.
Zwei Vorkommnisse liegen mir bei den Flügen von Ssalsk zum Kessel auch noch in Erinnerung:
Einmal kam ich beim Gleitflug im Kessel in den Fahrtwind einer anderen Maschine. Dabei riss es mir die Steuersäule aus der
Hand, im Moment ein kritischer Zustand. Wir wurden ja nicht mehr durch Funk geleitet, denn auch da ging alles durcheinander. Es musste „ohne Rücksicht auf Verluste“ geflogen werden.
Ein andermal drehte ein Verwundeter völlig durch. Er trat auf verwundete Kameraden und klammerte sich in seiner Wahnvorstellung am Eigenpeilgerät fest, um in sein vermutliches Bett zu steigen. Der Funker konnte ihn nur durch rücksichtslosen Einsatz zur Ruhe bringen, wir brauchten doch Peilwerte für die Navigation.
Von dem neuen Einsatzhafen Swerewo flogen wir nur noch zwei Einsätze vom 21. zum 22. und 29. zum 30. Jan. 1943. Warum
wir nur zu zwei Einsätzen befohlen wurden, ist mir heute noch ein Rätsel. Vielleicht war führungsseitig schon keine Übersicht
mehr vorhanden, oder Maschinen waren bei Bombenabwürfen am Platz zerstört worden. Vermutlich gab es auch weniger Maschinen als vorhandene Besatzungen, und diese wurden wechselseitig auf noch vorhandene Maschinen umgesetzt. So erkläre
ich mir im Nachhinein, dass ich bei meinen beiden Einsätzen von Swerewo aus erst kurz vor Mitternacht zum Starten kam.
Auch durch diese Vermutung kommt zum Ausdruck, dass die Besatzungen über die jeweilige Situation im Unklaren gelassen
wurden. Beispielsweise wurde mir kein Wort gesagt, dass in Gumrak nur eine schmale Piste, ca. 80 m breit, zur Landung bereitstand und beidseitig eine Vielzahl von Flugzeugwracks die Landung darüber hinaus noch erschwerte.
Es gab auch keinen Hinweis vor dem letzten Stalingradflug, dass der Kessel kein dunkler Fleck mehr sei, sondern nur noch ein
Häuser-Ruinenfeld, durch viele Brände gespenstisch rötlich erhellt.
Im Nachhinein kann ich aber festhalten, daß ich richtig handelte, die Versorgungsgüter in das Ruinenfeld abzuwerfen. Das
schnelle Erkennen der in Swerewo erwähnten drei grünen Abwurfmarkierungsleuchten bestärkte mich in dieser Handlung.
7.6. Mein 7. Einsatz nach dem Kessel Stalingrad
(Erich)
Wiederum wurden wir erst am 21. Januar sehr spät zum Einsatz befohlen. Der Start erfolgte noch vor Mitternacht. Bei diesem
Flug hatte ich eine Fremdbesatzung einzuweisen. Nur meinen Funker nahm ich mit.
Der An- und Rückflug verlief etwa so wie beim 2. bis 6. Flug: Flughöhe etwa 3500 m.
Beim vermuteten Frontüberflug gab es einige Lichtscheine, vereinzelt auch Brände, jedoch keine Scheinwerfer oder Flakbeschuss.
Der Kessel war daran zu erkennen, das ein großes dunkles Gelände von mehr oder weniger wahrzunehmenden Lichtquellen
umschlossen war. Auch bei diesem Eintauchen in den Kessel gab es kein Abwehrgeschehen. Scheinbar hat auch meine Besatzung besonders viel Glück gehabt, was sehr vielen Besatzungen nicht beschieden war. Vielleicht lag es aber auch an meinem
Entschluß nach den Erfahrungen des ersten Stalingradfluges, nicht mehr unmittelbar auf dem Leitstrahl entlang, wie bei meiner
ersten Einsatzbesprechung vorgegeben, sondern mehr vom Norden her in den Kessel einzudringen. Aus meiner nunmehr vorhandenen umfangreichen Literatur kann ich im Nachhinein feststellen, daß ich damals eine glückliche Entscheidung traf! Das
schwere Funkfeuer stand vermutlich im Raum von Stalino. Die russische Flak hatte bis etwa 15. Jan. rund 1000 Einheiten im
Bereich des Leitstrahles und am Südteil des Kesselrandes postiert. Der Nordrand des Kessels wird in der mir vorliegenden Literatur nicht erwähnt.
Nach der Landung war schnellstes Aus- und Beladen erforderlich. Jede Sekunde früherer Start konnte die Rettung für Besatzung und Maschine bedeuten. Da gab es auch für keinen unserer Besatzung eine Verschnaufpause. Es hieß: „ Fort, nur
schnellstens weg!“
Was uns bei den vorangegangenen sechs Flügen in minimalster Zeit gelang, sollte dieses Mal total daneben gehen.
Nach der Entladung rollte der Bordmechaniker beim Wenden in einer hohen Schneewand fest. Technik war nicht vorhanden.
Mit Hilfe einiger Soldaten vom Ladekommando gelang es uns nach endlos erscheinender Zeit, die Startrichtung zu schaffen,
erst dann konnten wir die Verwundeten an Bord nehmen. Häufig wurden wir durch MYO und ein Flugzeug unterbrochen. (Die
Landser sagten, das sei der U.v.D. oder auch Nähmaschine, genannt Typ Po-2, ein Doppeldecker, etwas größer als unsere Arado 66, Höchstgeschwindigkeit 130 km/h und von unseren Landsern gefürchtet). Das öftere Gewummer der Artillerie störte uns
weniger.
Ich schätze, dass wir durch das genannte Manöver etwa zwei Stunden Zeitverlust hatten.
Kurz bevor wir die Verwundeten einluden, tauchte eine Besatzung auf, deren Maschine zu Bruch gegangen oder zerstört worden war, und bat um Mitnahme. Da gab es keine Frage - also nochmals vier Mann dazu. Ob es sich um eine Ju 52 - oder He
111- Besatzung handelte, weiß ich nicht mehr. Es galt nur, schnell mit ins Flugzeug rein und weg!
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Das Drama von Stalingrad
Nach der Landung in Swerewo habe ich weder die eingewiesene noch hinzugekommene Besatzung wiedergesehen. Nach der
Landung ging ich mit dem Funker zwecks Rückmeldung und Rückgabe der Funkunterlagen, einschl. der ESN- Patronen zur
Flugleitung
Aber nun zum Rückflug selbst:
Wir hingen in ca. 3000 m Höhe schon etwa eine Stunde in der Luft, da meldete sich der Heckschütze mit den Worten: „Es wird
ja schon Tag!“ Wir erschraken, denn wir hatten ja noch ca. eine Stunde Flugzeit vor uns, und es war keine Bewölkung zu erkennen. Gegenüber der ME-Zeit war ja eine Zeitzonenveränderung von mindestens zwei Stunden vorhanden.
Als es langsam heller wurde, verließ ich zügig die 3000 m und erkannte allmählich eine Hochnebeldecke. Es galt nichts anderes als hinein in diesen grauen Schleier, der doch etwas Sichtschutz vor Jägerangriffen bedeutete. In etwa 200 m Höhe bin ich
dann weiter geflogen. Wir hatten auch schon die erste Funkverbindung zur Peilfunk-Betriebsstelle von Swerewo.
Ich nahm schon an, mich auf unserem rückwärtigen Frontgebiet zu befinden, da sah ich unten Eigenartiges! Ich sagte zum
Bordmechaniker: „Da unten stehen einige Fahrzeuge, Gestalten rennen weg und werfen sich in den Schnee! Erkennen unsere
Landser denn nicht mehr eine Ju 52? Ich glaube gar, die schießen auf uns!“
Es sah aus, als wenn bei Dunkelheit Streichhölzer angezündet würden. Im Allgemeinen war ja schon bekannt, dass die Russen
sogar mit Mpi`s auf niedrig fliegende Maschinen schossen.
Da geschah es, und in der folgenden Minute überschlug sich alles. Kaum hatte ich meine Wahrnehmung den Kameraden mitgeteilt, rauschten schon die Lichterketten der Leichten Flak oder Mg´s um uns.
Plötzlich schrie der zweite Flugzeugführer: „Der rechte Motor brennt!“ Blitzartig drehte der Bordmechaniker den Brandhahn
zu und den Feuerlöscher auf. Ich nahm sofort Sicht zur Notlandung und das Gas raus. In ca. 50 m Höhe rief der zweite Flugzeugführer plötzlich: „Die Rauchfahne läßt nach!“ Ich streckte mich kurz, sah es und gab wieder Vollgas an beide Motoren,
ging in Tiefstflug über und rollte fast über den Schnee.
Ein Glück, die Leuchtspur ging über uns hinweg. Vermutlich wollten die Russen nicht ihre eigenen Stellungen beschießen.
Schräg links voraus sah ich gerade noch einen Doppeldecker, als ich vor mir einen Abhang, ein zugefrorenes Flußbett und dahinter Zickzacklinien (vermutlich Schützengräben unserer Seite) wahrnahm. Ich drückte an - und darüber weg!
Länger als eine Minute wird der ganze Spuk wohl nicht gedauert haben, und im Nachhinein denke ich noch mit Hochachtung
an die Blitzreaktion des Bordmechanikers der fremden Besatzung.
Etwa eine Viertelstunde später landeten wir in Swerewo.
Es sollte noch nicht der letzte Flug nach Stalingrad gewesen sein. In der Nacht vom 29. zum 30. Jan. 1943 warf ich im kläglichen Restkessel (Traktorenwerk) den letzten Nachschub an Proviant ab!
7.7.
Mein 8. und zugleich letzter Flug nach dem Kessel Stalingrad
Ebenso wie beim zurückliegenden Flug vom 21. zum 22. Jan. 1943 mit Landung in Gumrak erhielt meine Besatzung erst sehr
spät am Abend den Befehl zum Einsatz.
Wir schliefen schon und waren dementsprechend schockiert. Hofften wir doch, dass nicht geflogen würde, da die letzte improvisierte Landepiste Stalingradski am 24. Jan. von den Russen überrannt worden war.
Mein Gott, wenn ich daran noch denke; erstmals an der Front und muss gleich in so einen irrsinnigen Schlamassel geraten.
Vor dem Start konnten uns nur dürftige Informationen über die Situation im Kessel gegeben werden. So z.B. „Keine Landemöglichkeit mehr im Kessel, daher Abwurf im nördlichsten Teilkessel, dem Gelände von und um das Traktorenwerk!“
Die Beladung bestand aus vier Abwurfbehältern in den dafür vorgesehenen Schächten sowie aus Kisten und Säcken ohne Fallschirme, die aus der offenen Türluke in möglichst niedriger Höhe (ca. 50 m) hinauszuschieben waren. Innerhalb des Kessels
sollten mehrere grüne Leuchten zur Markierung des Abwurfes vorhanden sein.
Ob der Funkleitstrahl von einem schweren Funkfeuer (ich nehme an, im Raum von Stalino?) stets zu erreichen sei, wurde in
Frage gestellt; also Koppelnavigation! Ortsmißweisung war der Mercator-Karte zu entnehmen. Diese wird bei etwa +12 Grad
gelegen haben. Windrichtung und Windstärke waren wohl im Raum Swerewo bekannt, aber nicht für die Strecke von 330 km
bis Stalingrad! Der Luv-Winkel war also auch ein Unsicherheitsfaktor. Wie sich beim Flug herausstellte, sollte dieser Faktor
beinahe zum Misserfolg dieses Auftrages führen.
Bordmechaniker, Funker und Heckschütze erhielten Seile zum Anseilen, damit sie beim Hinausschieben der Kisten und Säcke
durch die Türluke nicht mitgerissen werden konnten. Für den Abwurf ordnete ich an, dass bei Sichtbarwerden des Kessels die
Seile anzulegen seien und Funker und Bordmechaniker die Position zum Ausklinken einzunehmen hätten. Sobald ich im Kessel wäre und womöglich bei ca. 150 m Höhe die grünen Lampen erkennen könne, würde ich das Zeichen zum Ausklinken geben und dann - „sofort zur Türluke und Kisten und Säcke hinausschieben.“
Nach dieser Festlegung ist es im Wesentlichen auch abgelaufen.
Aber nun zum Flug selbst:
42
Das Drama von Stalingrad
Nach reichlich zwei Stunden Flugzeit in ca. 3500 m Höhe zweifelte ich daran, dass ich Stalingrad vor mir hätte und dachte an
die Kraftstofflage für den Rückflug. Peilungen erhielten wir keine mehr - weshalb, daran kann ich mich nicht mehr erinnern.
Ich teilte der Besatzung meine Besorgnis mit und korrigierte instinktiv meinen Kurs auf Südwest.
Kurze Zeit später sah ich links vor mir einen schwachen, in die Höhe strahlenden Lichtschein. Für mich war es klar - Stalingrad!
Aus 500 m Höhe konnte ich links voraus den Kessel sehr gut ausmachen und die etwaige Größe erkennen. Es war kein größerer dunkler Flecken, wie ich dies aus den zurückliegenden Flügen kannte. Ich sah nur eine, durch eine Vielzahl von Bränden
erhellte rötliche Fläche, aus der viele Ruinen emporstarrten. Für mich war klar, das konnte nur der Rest des ehemaligen Kessels sein, wo noch gekämpft wurde.
Im Gleitflug ging ich sofort auf die erste Abwurfhöhe 150 m. Wir alle waren sicherlich auf alles gefasst, aber nicht darauf,
dasss es keine Scheinwerfer, keinen sichtbaren Flakbeschuss, weder im Vorfeld, noch im Kessel selbst gab.
Dann ging alles sehr schnell: Eintauchen im Kessel - links voraus das Erkennen von drei grünen Lampen - Befehl zum Ausklinken der vier Behälter in ca. 150 m Höhe - Gas wegnehmen, um 50 m Höhe schnell zu erreichen und gleichzeitig Kisten
und Säcke aus der Türluke zu schieben.
Kurz vor dem südlichen Kesselrand riss ich die Maschine in einer extremen Steilkurve um 180 Grad herum und überflog in
wenigen Sekunden den nördlichen Kesselrand.
Was während der ca. zwei Minuten Flugzeit im Kessel geschah, konnten wir nicht einsehen. Ich als Flugzeugführer musste
mich auf Instrumente wie Variometer und Höhenmesser sowie bei ca. 50 m Flughöhe auf höhere Ruinen konzentrieren, und
die restlichen drei Mann der Besatzung auf den schnellstmöglichsten Abwurf der Ladung. Ich selbst glaubte, Leuchtspuren von
Erdkampfwaffen wahrzunehmen. Aber eines haben alle gesehen; es gab keine Scheinwerfer und keine Leuchtspur leichter Flak
um unsere Maschine. Und doch muss es einige Male ‘Klick’ gemacht haben, denn in Swerewo stellten wir bei Tage einige
kleine Einschusslöcher fest. Es war die typische Kampfhandlung der Russen - sie schossen auch mit der Mpi und mit Gewehren auf tieffliegende Maschinen.
Was sich da in dem von vielen Bränden erhellten Ruinenfeld zugetragen hat, muss für beide Seiten die wahre Hölle gewesen
sein.
Ob alle Kisten und Säcke das vorgesehene Ziel erreichten und noch im Kessel zu Boden gegangen sind, konnten wir nicht verfolgen. Nur raus - so schnell als möglich.
In der Einsatzleitung Swerewo wurde ich auch nicht danach gefragt. Das Interesse galt wohl vorrangig der eigenen Sicherheit.
Stalingrad war gewiss bereits abgeschrieben. Es galt wohl nur noch, den schriftlichen Nachweis zu erbringen, dass Maschinen
nach Stalingrad geschickt worden sind und damit die Befehle vom Führerhauptquartier in Ostpreußen (ca. 2000 km von dem
tragischen Geschehen entfernt) ausgeführt wurden.
Der Rückflug selbst verlief ohne jegliche Feindberührung, keine Scheinwerfer, kein Beschuss, wie auch beim Hinflug zum
Kessel. Vereinzelt sahen wir mehrere Lichter in der verschneiten Steppe. Nicht einmal den etwaigen Frontverlauf konnten wir
erkennen, obwohl ich nur auf ca. 1000 m Flughöhe ging!
Dieser achte Einsatz sollte mein letzter Einsatz in den Kessel Stalingrad sein.
Dieses einmalige grausige und schaurige Szenarium in der deutschen Geschichte war zu Ende! Für die 90.000 Gefangenen
ging das Leiden und Sterben weiter! Das Ableben der meisten Kameraden war auf Grund der Verwundungen, Erfrierungen,
Erschöpfungen und der totalen Unterernährung sowie Seuchen vieler Art schon vorgegeben.
Es verwundert deshalb nicht, daß die noch folgenden zusätzlichen Strapazen der russischen Gefangenschaft noch viele Opfer
forderten, so daß nur noch 6000 Kameraden die Heimat wiedersahen.
Das Überleben meiner Besatzung bei diesen Stalingrad-Einsätzen ist das Verdienst aller vier Besatzungsmitglieder. Verantwortungsbewusstsein und gegenseitiges kameradschaftliches Vertrauen waren das entscheidende Fundament. Jedoch, auch
das Glück war uns ebenfalls gut gesonnen.
Die bereits zur Legende gewordene „Alte Tante Ju 52“ war für uns vier Männer wie ein Zuhause.
In Stalingrad dabeigewesen zu sein, ist kein Verdienst. Es ist Schicksal - und seinem Schicksal kann man nicht entrinnen.
Stalingrad
„.....Die Toten bleiben tot, und die siegreichen unter ihnen tragen keinen Stern.
Die Menschen werden weiter Unrecht haben, und, was besonders schlimm ist, Unrecht tun. Daran wird sich nichts ändern.......
Möge der, der die Welt in seinen Händen hält, dieses um des guten Willens noch einige Zeit hinauszögern. Sollte er es aber für
ratsamer halten, dem Rad des Schicksals einen schnelleren Lauf zu verleihen, so werden die Sterne, wenn die Erde in feuriger
Gloriole ihre Gemeinschaft verlässt, ihr Schicksal nicht beweinen..
Und alles wird sein wie am ersten Tag.“ (11, S. 237)
43
Das Drama von Stalingrad
Der letzte Bericht von Sori.
Er verstarb am 13. Januar 2009 in Feltre / Italien
Der Hölle von Stalingrad entronnen.
Wie ich schon in meinen Erinnerungen schrieb, wurde ich bei einem Angriff der Russen an der linken Schläfe und
dem linken Arm verletzt.
So kam ich zurück zum Kompanie – Gefechtsstand, der in der Balka beim Bataillons – Gefechtsstand untergebracht war. Dort wurde ich von unseren Sanitäter erstversorgt und dann zum Kompaniechef und unserem Hauptfeldwebel gerufen.
„Lieber Krueger, wir möchten Sie hier nicht verlieren, aber sie sind leicht verwundet und hätten die Möglichkeit, hier
heraus zu kommen. Sie sind seit 30 Monaten ohne Urlaub. Sie waren der Erste, der in Urlaub fahren sollte, sobald
ein Ersatz für sie hier eintrifft. Leider aber haben wir hier für alle Urlaubssperre. Aber hier ist ihr Urlaubsschein. Er
ist aber nur außerhalb des Kessels gültig. Hier haben sie etliche Post, die beim Postamt abzugeben ist. Da sie
Danziger sind und vielleicht dort hinfahren und hoffentlich auch ankommen, ist hier ein versiegelter Umschlag, den
sie bei der Standortkommandantur abgeben müssen. Sie melden sich im Lazarett bei unseren Divisionsarzt Doktor
Haidinger.“
Dort wurde ich wirklich bestens versorgt und ebenso noch mit Briefen nach Österreich versehen. Haidinger war Österreicher und wir trafen uns noch viele Jahre nach dem Krieg beim Jahrestreffen der Stalingrader in Österreich.
Ich hatte genaue Verhaltensanweisungen bekommen und begab mich im Morgengrauen zum Flugplatz Gumrak.
Dort angekommen, sah ich die vielen Schwerverwundeten, die auf ihren Tragen lagen und auf ihre Verladung warteten. Viele blieben zurück und warteten auf die nächsten Flugzeuge. Es war für mich unmöglich, an Bord zu gehen. Ich habe wohl auch zwei oder drei Tage gewartet. Zwei eiskalte Nächte. Am drauffolgenden Tag sah ich abseits von der Verladepiste eine Ju stehen. Dorthin ging ich und kam mit dem Piloten ins Gespräch. Er sagte mir,
dass er mit einem Rad in einen Bombentrichter gefahren sei und auf ein Kettenfahrzeug warte, das ihn herausziehen soll. Ich sagte ihm auch, dass ich als Leichtverwundeter keine Mitflugerlaubnis erhalten hätte. Er fragte mich
dann, ob ich mit einem Maschinengewehr umgehen könne, denn er hätte keinen Bordschützen mehr. Natürlich,
antwortete ich, ich bin von einer Maschinengewehr-Kompanie und war dort Ausbilder und Gruppenführer.
Wenn ich startklar bin, kommst Du als Bordschütze mit, sagte er. Nachdem seine Maschine mit den Verwundeten
übervoll war, hoben wir auch glücklich ab. Mit mir als leichtverwundeten Bordschützen, noch heute kann ich es
kaum fassen. Als wir über den Don flogen, sagte der Pilot, wir müssen höher gehen, denn dort unten ist die Hölle
los.
Dort war eine große Panzerschlacht im Gange, aber wir waren verhältnismäßig schnell drüber hinweggekommen.
Wir landeten glücklich auf einen Flugplatz. Den Namen des Flugplatzes habe ich nicht mehr in Erinnerung, obwohl
mein Gedächtnis bis heute nicht ein einziges mal versagte.
Ich trennte mich von dem Krankentransport, denn ich sollte mich ja so weit wie möglich von der Front entfernen
und dann mit dem Urlaubschein weiter Richtung Heimat gelangen. Ich suchte auf dem Flugplatz nach einem Flugzeug, dass weiter rückwärts flog. Ich fand tatsächlich eine rumänische Ju, die mit Motoren zur Reparatur abflog.
Ich durfte auf den Motoren sitzend mitfliegen. So kam ich, glaube zumindest, an die 1000 km entfernt von Stalingrad tatsächlich wieder auf dem Boden an. Von jetzt an war ich Urlauber und fuhr mit dem Urlauberzug in Richtung
Heimat, den Namen des Bahnhofs habe ich leider auch nicht mehr in meiner Erinnerung. Diese Reise von Gumrak
bis Danzig, glaube ich, dauerte 4 – 5 Tage. Und ich werde sie nie vergessen.
Wir mussten öfter halten, weil keine Strecke frei war oder weil Weichen von den Partisanen gesprengt waren. Auch
waren etliche italienische Truppen - Rücktransporte im Gange. Von dem langen Sitzen schwollen meine Beine
schmerzhaft an. Schlafen im sitzen, einer dicht an den anderen, denn die Züge waren überfüllt. Der Kopf wurde immer schwerer. Wir nahmen unseren Koppel, hängten ihn im Gepäcknetz an und hängten den Kopf mit dem Kinn
ins Koppel hinein. Es ist heute fast unglaublich, aber wir schliefen so und störten den Nachbarn kaum.
Dann kam die Endstation. Die polnische Grenze, Entlausungsanstalt, und dann Führer-Paket empfangen. Wie genau es in der Entlausung voran ging, daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Einzelheiten blieben mir nicht im
Gedächtnis, denn meine Gedanken waren auf Urlaub eingestellt und die Sehnsucht nach der Familie war übergroß. Ich weiß noch, wir mussten unsere Sachen abgeben und bekamen eine Nummer. Nackt ging es durch die
Schleuse,
Duschen, dann mit Pulver besprüht. Strenge Kontrolle, denn keine russische Laus durfte in Deutschland eingeführt
werden. Ich wunderte mich aber sehr, dass wir nach der Prozedur alle unsere Sachen wieder bekamen und nichts
fehlte.
44
Das Drama von Stalingrad
Führerpaket empfangen. Oh Mann, ein Fresspaket mit 10 Kilo Fresserei.
Wer sagte da nicht, danke Adolf. So schwer beladen ging es ab in Richtung Danzig. Der Zug fuhr mir zu langsam.
Die Spannung war einfach zu groß. Wie geht es meine lieben Mutter, meinem Vater und meinen drei Schwestern.
30 Monate sind eine unendlich lange Zeit. Doch dann hielt der Zug, Danzig Hauptbahnhof, meine alte gute Heimatstadt. Ab ging es rüber zur Straßenbahn. Auch sie fuhr mir viel zu langsam, bis nach Langfuhr, einem Vorort, wo
ich wohnte.
Meine Mutter öffnete die Tür. Als sie mich sah, liefen ihr die Tränen, vor Freude glaube ich, wie ein nicht enden
wollender Sturzbach, denn sie hatte die Nachricht erhalten, ich wäre in Stalingrad vermisst. Vermisst war aber nicht
tot und so glomm wohl nicht nur bei meiner Mutter immer noch ein Fünkchen Hoffnung.
Grosse Freude war für alle daheim das 10 Kilo Lebensmittelpaket. Denn es gab alles nur auf Karten und sehr
knapp, der Hunger war auch zu Hause ein ständiger Gast. Am nächsten Tag ging ich meine Lebensmittelkarten für
20 Tage Urlaub abholen. Mann oh Mann, ich bekam Schwerstarbeiter-Zulagen als Frontsoldat. Alle konnten sich
wieder einmal an Fleisch satt essen. Mein Vater, der bei der Luftschutzpolizei war, bekam 2 Tage Sonderurlaub,
um mit seinem Sohn das Wiedersehen zu feiern. Alle konnten sich sattessen. Es wurde Kuchen gebacken. Es gab
gute Butter und echten Kaffee. In diesen Tagen schimpfte keiner von uns auf Hitler. Es war Urlaub und der Krieg
hatte Danzig noch nicht erreicht.
Dann ging ich die Dokumente bei der zuständigen Dienststelle abzugeben und ging anschließend auch in das Hospital zur Nachbehandlung meiner Verletzungen. Diese schöne Zeit, ein Bett zum Schlafen, Wasser zum Waschen,
in aller Ruhe essen können, keine Laus, die dich mehr plagen kann, sie ging zu viel zu schnell vorbei. Auch das
Weihnachtsfest, das ich noch feiern konnte, war nicht mehr ein Fest der Freude. Zu viele Tote und Gefallene in der
eigenen Verwandtschaft und die bevorstehende Abreise bedrückten uns alle sehr. Kurz nach Weihnachten, war ich
wieder auf der Reise zur Front in Russland.
In Millerowo meldete ich mich bei der Frontleitstelle. Nach Stalingrad zur Einheit kam niemand mehr rein. Also wurde ich mit anderen neu eingeteilt und mit zwei frisch gewordenen Unteroffizieren und 25 Mann ging das Gemetzel
in diesem wahnsinnigen Krieg von Neuem weiter. Meine Kameraden aus meiner Gruppe habe ich nicht mehr wiedergesehen, sie sind in Stalingrad geblieben. Ich habe aus dem Munde zweier Kameraden aus dem Inf.Rgt. 120
(mot.), meinem alten Haufen, die Stalingrad überlebten, die Geschehnisse aus der Nordriegelstellung erfahren und
noch heute überläuft es mich eiskalt, wenn ich daran denke, dass auch ich eigentlich dort liegen müsste. Ich hatte
vom Schicksal die Chance bekommen, weiterleben zu dürfen. Wie vielen Stalingradern war das vergönnt. Noch
heute muss ich an meine Kameraden denken und ich muss das niederschreiben, was mir auf der Seele brennt.
Erinnerungen nach 65 Jahren. Sie sind unvergesslich.
Feltre, 31. Oktober 2008
Arthur Krueger.
Arthur, dieses „Erinnerungen nach 65 Jahren. Sie sind unvergesslich“ sind die letzten Worte deiner vielen .Berichte, die du uns über die wahren und wirklichen Geschehen des 2. Weltkrieges hinterläßt. Ich möchte dieses Zitat
ein wenig ändern und dir deine eigenen Worte mit auf deinen langen, einsamen Weg geben.
.Erinnerungen
an Freunde, machen diese Unvergesslich.
Du wirst in deinen Schriften weiterleben und du wirst von dort, wo du nun bist, beobachten können, dass die ehemaligen Kriegsgegner immer enger Zusammenrücken und unsere Jugend immer mehr von der Verherrlichung kriegerischer Auseinandersetzungen abrückt. Das Ziel deines Lebensmotto rückt immer näher.
Ein letzter Gruß
Dieter
45
Das Drama von Stalingrad
Gutachten vom Suchdienst des DRK über Stalingrad.
Gefallen oder vermisst am: 19.November 1942
Im Herbst 1942 stand die 6.Armee der Heeresgruppe Don in hartem Ringen um Stalingrad. Hier setzte der Gegner
am 19.November 1942 zur Gegenoffensive an, die in einer weitgespannten Zangenbewegung zur Einschließung
der Armee führen sollte. Den zahlenmäßig weit überlegenen Feindkräften gelang es schnell, die Hauptkampflinien
zu durchbrechen.
Als sich die beiden Stoßkeile am 23.November 1942 im Raum kalatsch am Don vereinigten, waren 22 Divisionen
der 6.Armee, dazu eine Reihe selbständiger Heeres- und Luftwaffeneinheiten, insgesamt mehr als 200 000 Soldaten eingekesselt. Eine deutsche Offensive aus dem Raum Kotelnikowo zur Befreiung der 6.Armee scheiterte im
Dezember. Inzwischen engten die sowjetischen Armeen den Kessel ständig ein und traten am 10.Januar 1943 von
Westen her zur Entscheidungsschlacht an.
In fünf Tagen hatte der Gegner die Hälfte des des Kessels erobert und am 26.Januar den Rest in zwei teile gespalten. Am 31.Januar 1943 mußte der Südkessel kapitulieren; am 2.Februar erloschen auch im Nordkessel die Kämpfe.
Nach Abschluß der Kämpfe gerieten mehr als 90 000 Soldaten in Gefangenschaft. Die meisten von ihnen haben
schon in den ersten Wochen und Monaten den Tod gefunden. Zu ihrer völligen seelischen und körperlichen Erschöpfung kam der Mangel an Verpflegung, Sanitätsmaterial und vor allem an Unterkünften, die zum größten Teil
in den vorangegangenen Kämpfen zerstört worden waren. Deshalb mussten zahlreiche Kolonnen von Gefangenen
tagelang bei 25 bis 30 Grad Kälte hin- und hermarschieren, bis sie wenigstens in Behelfslagern – teilweise in Erdbunkern – bleiben konnten. Große Sammellager befanden sich in Beketowka, Dubowka, Frolowo, Krasnoarmeisk
und Stalingrad selbst. Bald nachdem ein Lager bezogen worden war, brachen dort Ruhr und Fleckfieber aus. Die
Sterblichkeitsziffer sank auch in der Folgezeit nur wenig ab.
Von weit mehr als 200 000 Soldaten, die im Kampf um Stalingrad eingesetzt waren, sind ungefähr 6 000 am Leben
geblieben. Die dem Suchdienst bekanntgewordenen Heimkehrer wurden nach dem Schicksal ihrer Kameraden befragt. Für den Verschollenen konnte keine schicksalsklärende Auskunft erlangt werden, so dass kein Zweifel mehr
daran bestehen kann, dass auch er zu den Opfern des ausweglosen Ringens um Stalingrad zu zählen ist.
München, den 29.Mai 1970
(Stempel des Roten Kreuzes)
(Unterschrift) Direktor
Gefallen oder vermisst am: 13.Januar 1943
Nach der Einschließung der 6.Armee in Stalingrad waren starke sowjetische Verbände am 13.Januar 1943 auch an
der Donfront, etwa 50 Kilometer südlich von Woronesh, zur Offensive angetreten. Beim Vorstoß aus ihrem Brückenkopf am Don bei Uryw hatten sie die Stellungen der ungarischen 7.Infanterie-Division durchbrochen und
schnell Raum nach Westen gewonnen.
Um die nach diesem Einbruch entstandene offene Südflanke zu decken, wurde die 57.Infanterie-Division aus der
Front südlich von Woronesh herausgelöst. Ihre Kampfeinheiten bezogen unter dem Kommando der neugebildeten
„Kampfgruppe Siebert“ Stellungen auf der von Osten nach Westen verlaufenden Linie Alexandrowka am Don –
Kotschatowka – Ssinije Lipjagi – Staro Molowoje, die Nachschubeinheiten bezogen um Nishnedewizk ihre Unterkünfte.
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Das Drama von Stalingrad
Als die Rote Armee am 24.Januar ihre Offensive fortsetzte, erreichten die Verbände ihrer 40.Armee bereits zwei
Tage später Gorschetschak, ihre 60.Armee marschierte auf Nishnjaja Weduga (40 Kilometer westlich Woronesh).
Damit wurden die Verteidigungsstellungen vom Gegner im Osten und Westen umgangen und auch die Nachschubeinheiten unmittelbar bedroht. Bereits am 27.Januar, als versucht wurde, südlich von Kastornoje, auf das der
Feind inzwischen von Norden marschierte, nach Westen zu entkommen, kam es zur Feindberührung, die sich vernichtend auswirkte, als die Nachschubeinheiten in der Nacht zum 28.Januar bei Krasnaja Dolina in den Angriff
zahlreicher sowjetischer Panzer gerieten und dabei vollkommen aufgerieben wurden. Schließlich brachten Granat
Die treffer auf einem Bahnhof einen Munitionszug zur Explosion, was weitere hohe Verluste mit sich brachte. Nur
ganz wenigen gelang es, sich der Umklammerung zu entziehen und zu den rückwärtigen Stellungen zu gelangen.
Zahlreiche Soldaten werden seit diesen Kampftagen vermisst. Für einige von ihnen liegen bereits Hinweise vor,
wonach sie gefallen sein sollen. Viele aber haben den Tod gefunden, ohne das es von Kameraden beobachtet wurde. Verletzte, die im Schnee liegen geblieben waren, konnten weder geborgen noch ärztlich versorgt werden und
haben bei der strengen Kälte nicht lange überlebt.
Es gibt keinen Hinweis dafür, dass der Verschollene in Gefangenschaft geraten ist. Er wurde auch später niemals
in einem Lager gesehen. Somit lassen alle Feststellungen nur die Schlussfolgerung zu, dass der Verschollene Ende Januar 1943 im Raum Ssinije Lipjagi – Parnischug – Nikolskoje, etwa 40 Kilometer südwestlich Woronesh, den
Tod gefunden hat.
München, den 15.September 1969
Direktor
Die hier vorgestellten Berichte und Beiträge wurden von mir zusammengestellt und
nicht korrigiert oder in irgendeiner Form verändert. Sollte ich bestimmte Rechte nicht
eingehalten haben, so bitte ich um Nachsicht und um eine sofortige Mitteilung. Ich werde umgehend die Beanstandungen prüfen und überarbeiten.
10.03.2010 D. Schwenker
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