Die Theaterarbeit von 2002 bis 2007 - PDF-Datei - Albert
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Die Theaterarbeit von 2002 bis 2007 - PDF-Datei - Albert
Aus der Geschichte der Theaterarbeit am Einstein-Gymnasium Seit dem 30-jährigen Schuljubiläum 2002 Schuljahr 2002/03 Alles (nur) Theater? „Alles Theater“ beim 30-jährigen Schuljubiläum im Oktober 02, Max Frischs „Andorra“ und Lessings „Die Juden“ in der Aula, eine chorische Etüde zu Horvaths „Jugend ohne Gott“ und die selbst entwickelten „Maskengeister“ bei der Jugendtheaterwerkstatt im Theater Hameln das Schuljahr 2002/2003 war reich an Veranstaltungen, bei denen die Kurse Darstellendes Spiel und die Theatergruppe zeigen konnten, was sie erarbeitet hatten. Ein Grund für die Fülle ist der Ausbau des Theaterbereichs an unserer Schule. Neben den ein bis zwei seit Schulgründung permanent arbeitenden Theatergruppen hat sich seit 1999 als drittes musisches Fach das „Darstellende Spiel“ etabliert. Es laufen inzwischen in der Oberstufe fünf Kurse, je zwei in den Jahrgängen 11 und 12 und einer im Jahrgang 13. Szenische Improvisationen Einen anschaulichen Einblick in das Fach gewährte der Abend „Alles Theater“ beim Schuljubiläum, wo die 11er-Kurse Einführungsübungen und kurze szenische Improvisationen zeigten und die 12er-Kurse Ausschnitte aus ihrem jeweiligen Spielprojekt vorstellten: Frau Mensaks Gruppe bot selbstentwickelte Familienszenen, in denen es um die Beziehung zwischen Eltern und Kindern und um den drohenden Abstieg zur Droge ging. Diese Szenen wurden dann als fertiges Programm später vormittags anderen Schülergruppen gezeigt und durch eine Publikumsdiskussion ergänzt. „Albert, ein Telegramm für dich!“ An einem eigenen Abend in vollbesetzter Aula zeigte auch noch eine FreizeitLehrertheatergruppe, die in früheren Jahren schon öfter mit Schülergruppen gemeinsam gespielt hatte, ihren Beitrag zum Einstein-Jubiläum: die von Till Becker geschriebene groteske Komödie „Albert, ein Telegramm für dich!“ Der stellvertretende Schulleiter trat darin auch als Einstein auf. Diesmal war die Spielfläche an der Längsseite der Aula in besonderer Breite für launige Experimente mit rollenden Wagen angelegt und die Podesterie wurde als Zuschauertribüne eingesetzt. Maskengeister Im März bot die Jugendtheaterwerkstatt Gelegenheit, mit anderen Gruppen zusammen einen ganzen Theatervormittag im großen Haus des Theaters Hameln zu präsentieren. Der 11erKurs von Frau Mensak zeigte, wie man einen Romananfang („Jugend ohne Gott“) chorisch und dialogisch auf die Bühne bringen kann, der 13er-Kurs von Herrn Rabien hatte eigene Masken gebaut und aus ihnen einen düsteren Ablauf zwischen Menschen, Geistern und Tod entwickelt, der ohne Text auskam und Formen des mit Musik unterlegten Körpertheaters erprobte: „Maskengeister“. „Du bist kein Jud!“ Zwei abendfüllende Produktionen in der Aula setzten sich auf ganz unterschiedliche Weise mit dem Vorurteil gegen Juden auseinander. „Die Juden“ heißt ein kleines Lustspiel des jungen Lessing, eine ins Komische gewendete Vorübung zu seinem berühmten Spätwerk „Nathan der Weise“. Der 12er-Kurs von Herrn Rabien hatte das Stück kräftig gekürzt und mit einer von den Schülern entwickelten modernen Umsetzung verschränkt, die dieselbe Geschichte von Vorurteilen noch einmal unter dem Titel „Die Moslems“ erzählte (Premiere 4.Juni 03). Die Theatergruppe, deren Leitung nach 25 Jahren Alleinarbeit von Herrn Rabien nun erstmals Frau Mensak übernommen hatte, zeigte in eindringlichen Bildern Max Frischs Parabel vom vermeintlichen Judenjungen Andri in „Andorra“ (Premiere 4.Juli 03). Eine Besonderheit war die wechselnde Besetzung der Hauptrollen, die damit nicht nur die Spielaufgaben breiter verteilte, sondern sinnfällig machte, dass die Figuren und ihr Schicksal austauschbar sind. Schuljahr 2003/04 Musik, Theater, Alltag Im Fachbereich Darstellendes Spiel gab es in diesem Jahr ganz unterschiedliche Dinge als Ergebnis der Arbeit zu sehen. Am 6. Oktober 2003, als das Schuljahr noch junge war, ging bereits „Das Aupair- Mädchen“ über die Bühne, eine Musiktheateraufführung der Musikkollegin Eisfeld-Krämer. Diese Gruppe, die nicht aus dem Bereich des Darstellenden Spiels stammte, war eigens für diese Produktion zusammengestellt und hatte als Musiktheater-AG natürlich schon im Schuljahr zuvor fleißig gearbeitet. Zwischen Mondschein und Zähneputzen Im Dezember waren dann die neu zusammengestellten Kurse Darstellendes Spiel im Jahrgang 11 soweit, mit kleinen Beiträgen theatral gestalteter Texte im Adventskonzert und im Weihnachtsprogramm am letzten Schultag des Jahres 2003 aufzutreten (Ltg.Rabien). Bei dieser Gelegenheit zeigte der Kurs des 13. Jahrgangs den Umgang mit einer lyrischen Textvorlage an Tiecks „Mondscheinlied“ mit eigenen Variationen des Themas (Ltg.Mensak). Im Januar 2004 beteiligten sich einige Schülerinnen aus DS-Kursen an der Lesung von Briefen ausländischer Zwangsarbeiter bei der offiziellen Veranstaltung der Stadt zum 27.1.04 im Weserberglandzentrum, eine Zusammenarbeit mit dem Fach Geschichte (Texte Bernhard Gelderblom. Diese Lesung wurde für die Oberstufenschüler im Februar in der Aula wiederholt. Am 5. Februar, als der Alltag des zweiten Halbjahres gerade wieder losging, zeigte der Kurs Darstellendes Spiel aus dem Jahrgang 12 (Ltg. Mensak) schulintern ein Programm aus selbst entwickelten Szenen unter dem Thema „A wie Alltag“. From Shakespeare With Love Im März war dann der parallele DS-Kurs 12 (Ltg.Rabien) so weit, einen Probenzustand seiner Collage „From Shakespeare With Love“ auf die Bühne des Theaters Hameln zu bringen, und zwar als Beitrag zum Regional- Treffen im Rahmen des „13. Niedersächsischen SchülerTheater- Treffens“. Auch der 13er- Kurs zeigte noch einmal sein „Mondscheinlied“. Bei dieser Veranstaltung, die alle zwei Jahre zusammen mit der jährlich vom Theater Hameln ausgerichteten „Werkstatt Kinder- und Jugendtheater“ über die professionellen Bretter geht, treffen sich an verschiedenen Orten Niedersachsens Gruppen aus der jeweiligen Region, die von erfahrenen TheaterlehrerInnen besucht werden und dann die Chance haben, zu dem zentralen Abschlusstreffen, das dieses Mal im Juni in Bad Pyrmont stattfand, eingeladen zu werden. Dabei sollen Beispiele aus allen Schularten gezeigt werden. Besonderes drängeln sich jeweils die gymnasialen Gruppen, nicht zuletzt durch die Einführung des Faches Darstellendes Spiel in der Oberstufe. Die eigentliche Premiere der Shakespeare- Collage fand am 22. Juni 2004 in der Aula statt. Everything is nice in America Am Ende des Schuljahrs, am 1. Juli, waren die musischen Fächer noch einmal vereint präsent im „School’s Out Concert“. Neben den vielfältigen Musikstücken gab es chorisch gesprochene Texte (Romanausschnitt aus Steinbecks „Straße der Ölsardinen“) und improvisierte Szenen zum amerikanischen Traum (von Baywatch über Batmann bis Oscarzirkus) sowie Dialogausschnitte aus Bernsteins „West Side Story“, allesamt unter dem Motto des Abends: Amerika – freilich zum Sommerkonzert ohne politische Töne zum aktuellen Amerikabild. Schuljahr 2004/05 Vom Frühlingserwachen bis zum Sommerfest Um die Wette zeigten auch in diesem Schuljahr die Theatergruppen und die immer stärker angewählten Kurse Darstellendes Spiel der Jahrgänge 11, 12 und 13 die Ergebnisse ihrer Arbeit. Oft waren viele zusätzliche Stunden oder ganze Wochenenden in der Freizeit nötig, um den komplexen Ablauf einer theatralen Veranstaltung zu trainieren. Morgen, Kinder, wird’s nichts geben! Schon im Dezember 2004 beteiligte sich eine Teilgruppe der Theatergruppe der Sek.I (Klasse 8 und 9, Leitung Dierk Rabien) mit einer Zusammenstellung von Gedichten aus vier Jahrhunderten (darunter auch die kritische Weihnachtsliedparodie von Erich Kästner) an der Adventsmusik im Münster. Dieses Rezitationsprogramm wurde in der Kirche Lauenstein und bei der Jahresabschlussfeier der Schule in der Martin-Luther-Kirche wiederholt. „Schief ist alles in unserer fluchbeladenen Menschheit!“ Das sagt Timon von Athen in Shakespeares gleichnamigem Drama, das in sehr pessimistischer Konsequenz die Wandlung eines Menschenfreunds in einen Menschenhasser zeigt. Die Auseinandersetzung mit Shakespeares Dramen führte die Kurses Darstellendes Spiel der Jahrgänge 12 und 13 im Januar 2005 nicht nur ins Hamelner Theater zu einer bemerkenswerten Aufführung des „Timon von Athen“ durch die Truppe „Shakespeare & Partner“, sondern auch in eine öffentliche Probe der Profis, einen spielerisch illustrierten Vortrag und in einen Workshop mit dem Darsteller der Titelfigur, dem international renommierten Schauspieler und Regisseur Norbert Kentrup. Dort erlebten die Schüler am eigenen Leibe Grundlagen der Schauspielerei. „Das Grauen vor der innersten Natur“ 1050.Geburtstag feierte das Stift Fischbeck. Aus diesem Anlass wurde die Theatergruppe unserer Schule beauftragt, das von Manfred Hausmann vor 50 Jahren geschriebene Stück „Der Fischbecker Wandteppich“ in der Stiftskirche aufzuführen. Fünf Mädchen der Jahrgänge 8 und 9 nahmen sich dieses Projekt vor (Leitung Dierk Rabien). Hausmann gibt darin eine Deutung der Gründungslegende des Stifts aus den sechs Abbildungen auf dem berühmten Wandteppich. Er bettet seine Geschichte dabei in die Probenarbeit einer Schauspieltruppe ein, die aus der Anschauung der Bilder intuitiv Figuren und Handlung entwickelt, und schafft so eine Brechung und zugleich Brücke zwischen den Jahrhunderten. Die drei Aufführungen im Mai 2005 im Hochchor der Kirche ermöglichten den Zuschauern über eine große Projektionswand den Vergleich der einzelnen Bilder des Teppichs mit den Szenen der Aufführung. Das war doppelt willkommen, weil der kostbare Teppich selbst nicht zu besichtigen war. Er wurde in einer Fachwerkstatt restauriert. Was Macht macht Die Arbeit mit Shakespeare führte einen der Kurse Darstellendes Spiel zu einer Collage aus Szenen zum Thema Macht, in der vorgegebene Ausschnitte aus drei Dramen („Coriolan“, „Timon von Athen“ und „König Lear“) in heutige Verhältnisse übertragen wurden. Statt einer öffentlichen Aufführung, für die die frühen Termine der beteiligten Abiturienten nicht genug Zeit ließen, wurde dieses Ergebnis bereits im April in der Aula auf Video aufgezeichnet und als Abschlussarbeit bewertet. Reise im Ballon geplatzt 1871 versucht der Franzose Nadar im Ballon die Erde zu umrunden. Er scheitert aber schon beim Start. Diese Szene aus Jules Vernes berühmtem Roman „Reise um die Erde in 80 Tagen“ spielte die Theatergruppe der Jahrgänge 5-8 (Leitung Dierk Rabien) beim Sommerfest vor. Sie war zugleich Symbol für eine Produktion, die durch Wechsel im über 20-köpfigen Ensemble erlebte, was die Weltreisenden der Geschichte auch durchlitten: immer neue Verzögerungen, die den Erfolgstermin gefährden. Nachdem die Gruppe schon erste Szenen bei der „13. Werkstatt Kinder- und Jugendtheater“ im Juni 2005 im Hamelner Theater gezeigt hatte, sollte nun im Herbst 05 die Reise erfolgreich zu Ende gehen. Es wurde aber erst der Februar 06, dafür mit großem Live-Orchester und längs durch die ganze Aula gereist von London über Japan und den Wilden Westen nach London – und dasOriginal unterboten: eine Reise um die Welt in fast 80 Minuten! Das Leiden an der Liebe „Frühlings Erwachen“, Frank Wedekinds immer wieder aktuelles Stück über das Erwachen der Sexualität , hat in intensiven Proben die Theatergruppe der Sek.II (Leitung Kadidja Mensak) erarbeitet. Die SpielerInnen waren teils zugleich TeilnehmerInnen der Kurse Darstellendes Spiel, einige hatten im Jahr zuvor bei der Aufführung von Max Frischs Parabel „Andorra“ schon gezeigt, was in ihnen steckt. Nun erlebten die Zuschauer in zwei Vorstellungen in der Aula (28. und 29.Juni 2005) eine atmosphärisch konzentrierte und dichte Aufführung, die zugleich die Unsäglichkeit früherer Unterdrückung des Themas Sexualität in den Familien und auch ebenso die heute immer noch bestehende Unsicherheit im Umgang mit dem Thema anschaulich machte. „Auf nach Berlin!“ Da will Doris hin, „Das kunstseidene Mädchen“ im Roman von Irmgard Keun. Keun lässt ihre Protagonistin in Tagebuchform schreiben. „Wie Film“ soll es werden, denn da möchte das aufgeweckte Mädchen aus traurigen Verhältnissen sowieso hin aus der deutschen Provinz um 1930. Schlaglichtartige Szenen im fiktiven Filmstudio waren es denn auch, die ein Kurs Darstellendes Spiel des Jahrgangs 12 entwickelte. Und da Doris aus ihrer heimatlichen Umgebung ausbricht, musste auch der Zuschauer an verschiedene Orte in der Schule mitwandern, um ihre Geschichte zu verfolgen. „Unerhört ist ja das, dieses Benehmen!“ Der Theaterbazillus breitete sich beim Sommerfest übrigens auf allerlei Klassen aus, die aus ihrem Fachunterricht heraus kleine Stücke und Vorführungen boten. So entstand viel buntes Leben in Räumen und Gängen. Das konnte auch der falsche Hausmeister nicht unterbinden, der – im Gegensatz zu unserem echten! – schimpfend durch die Schule lief und sich über das Benehmen von Schülern, Eltern und Lehrern beklagte. In dem Overall steckte einer der Teilnehmer eines anderen Kurses Darstellendes Spiel, in dem auf der Grundlage der Figuren der alten italienischen Improvisations-Komödie (Commedia dell’arte) moderne Typen entwickelt worden waren. Die Impro- Theater- Form erfordert die Fähigkeiten, gleichzeitig in der Haltung und Ausdrucksweise einer stark typisierten Figur zu bleiben und ohne Textfestlegung völlig frei auf die Impulse der Umgebung und der Zuschauer einzugehen. „Anker auf!“ Dass die musischen Fächer sich auf der Theaterbühne alle treffen, Musik, bildende Kunst und Darstellendes Spiel, zeigte ein kleines Highlight beim Sommerkonzert, das mit einem MiniMusical begann. Auf dem Wohnzimmersofa startete eine Kindergruppe – alias die neu erstandende Chor-AG (Leitung Claudia Gottschalk) – zur „Seefahrt nach Rio“. Mit dem Text von James Krüss und der Musik von Heinz Geese, gespielt von einem eigens zusammengestellten kleinen Live-Orchester, trotzten die Matrosen den Stürmen und kamen wohlbehalten wieder bei ihren im Heimathafen wartenden Frauen an. Diese Produktion wurde ganz im Musikbereich erarbeitet. Für die kommenden Schuljahre sind noch weitere gemeinsame Projekte zwischen den musischen Fächern geplant. Einfach Einstein Einfach ist Einstein nun nicht gerade, aber ein Fach wie das Darstellendes Spiel muss sich zum Einsteinjahr natürlich mit ihm befassen. Ein Kurs des Jahrgangs 11 (Leitung Susanne Friedrich) forschte nach wichtigen und unterhaltsamen Situationen aus Einsteins Leben und baute aus selbstgeschriebene Szenen eine Bilderfolge zusammen, deren Humor der echten Hauptfigur ohne Zweifel Spaß gemacht hätte. Zwischen erster Liebe und Physik, zwischen Nobelpreis und Emigration, zwischen Politik und Segelboot führte eine Erzählerin durch das Programm beim Sommerfest (8.Juli 2005). „Einfach Einstein“ eben - in 45 Minuten. Schuljahr 2005/06 Was einmal gedacht wurde, kann nicht mehr zurückgenommen werden Theatergruppen der „Kleinen“ und der „Großen“ und Kurse aus allen Jahrgängen der Oberstufe im Fach Darstellendes Spiel arbeiten schon seit Einführung des dritten musischen Faches im Jahre 1999 gleichzeitig und zeigen die Ergebnisse ihrer Arbeit in ganz unterschiedlichem Rahmen. Mal sind es szenische Vorführungen für die Parallel-Kurse, mal Einlagen in musikalischen Veranstaltungen, mal Beiträge zum Weihnachtsprogramm und mal große abendfüllende Aufführungen in der Aula oder sogar außerhalb der Schule. „Kinder, die Gastschülerin ist da!“ Fremd sein, anders sein, wie kann man dieses Gefühl mit Theatermitteln ausdrücken? Ein DS-Kurs Klasse 11 zeigte es im Weihnachtsprogramm, das diesmal am letzten Schultag vor der Jahreswende in drei Versionen für die Jahrgänge 5-7, 8-10 und 11-13 in der Aula von den Schülern für ihre Mitschüler gestaltet wurde. Die Gastschülerin trifft bei ihrer Gastfamilie ein. Der Familie steht eine Fremde gegenüber. Sie trägt eine Maske und spricht in unverständlichen Lauten. Irgendwie muss man zurechtkommen. Im Anschluss wird dieselbe Szene wiederholt, aber jetzt trägt die Familie Masken und spricht unverständlich. Das Publikum erlebt die Situation aus der Perspektive der Gastschülerin. Solche Darstellungen sind typisch für den Umgang mit Theatermitteln im Unterricht Darstellendes Spiel. Ein jahrgangsübergreifender Kurs 12/13 trug eine szenisch-chorische Rezitation von kritischen Gedichten bei. „Jetzt kommen wir nur noch aus dem Irrenhaus, wenn wir gemeinsam vorgehen!“ Das sagt einer der drei als Irren getarnten Wissenschaftler in Dürrenmatts schwarzer Komödie „Die Physiker“. Einer glaubt Einstein zu sein. Dürrenmatts Satire auf gewissenlose Vermarktung aller Erkenntnisse ohne Rücksicht auf moralische Maßstäbe wurde in einer geschickt gekürzten Version von der Theatergruppe der Oberstufe erarbeitet und am 20. und 26. Januar 2006 in der Aula mit großem Erfolg aufgeführt. Als Symbol der Unentrinnbarkeit – bei Dürrenmatt werden die Fenster der Anstalt vergittert – hatte die Gruppe einen langen roten Stoffschal gewählt, der die Spielfläche umgrenzte und schließlich immer enger um die Figuren zugezogen wurde. Die Leitung hatte Kadidja Mensak, Lehrerin für Deutsch, Biologie und Darstellendes Spiel, die wir zum Halbjahreswechsel leider an ein Gymnasium in Hannover abgeben mussten. „Unpünktlichkeit ist unentschuldbar!“ Das sagt Phileas Fogg in Jules Vernes Roman „Die Reise um die Erde in 80 Tagen“. Und wenn auch – wie in der Geschichte von der Weltumrundung – manches Hindernis zu Verzögerungen geführt hatte, so ging doch die Premiere der 24-köpfigen Theatergruppe der Jahrgänge 5-8 am 14. Februar 2006 so glatt über die Bühne, dass Mr. Fogg mit seinem treuen Diener und seiner indischen Witwe pünktlich im heimatlichen Club in London seine Wette einlösen konnte. Was er in 80 Tagen geschafft hatte, schaffte die Spielgruppe sogar fast in 80 Minuten, und zwar längs durch die ganze Aula von der Zuschauerempore über Schiffe und Eisenbahnen mitten im Publikum bis auf die Bühne. Das rechte Lokalkolorit und die jeweils fälligen Nationalhymnen wurden live vom Vororchester (Leitung Wiebke Mönnich) zugespielt. Nach der zweiten Abendaufführung am nächsten Tag gab es vormittags noch zwei Vorstellungen für die Jahrgänge 5 und 6. Im Publikum saßen (inzwischen in der Rolle von Eltern) unter anderem Leute, die eben diese Weltreise auch schon mal gemacht hatten, nämlich 1978, als Gruppenleiter Dierk Rabien seinen Einstand als Theaterlehrer an der Schule gab, die damals noch „Gymnasium III im Entstehen“ hieß. Diese erste Inszenierung in ähnlicher Textfassung, aber ohne Live-Orchester, tourte damals durch viele andere Schulen, durch Seniorenheime und sogar durch die Jugendstrafanstalt Tündern. „Reiz mich ja nicht, du!“ Unter dem Motto „...Mensch sein“ versammelte der jahrgangsübergreifende Kurs 12/13 Darstellendes Spiel Szenen aus ganz unterschiedlichen Quellen zu einem Programm über die Beziehungen von Menschen und Völkern. Vom 13 Blitzlichtern aus dem Lebenslauf einer Ehe (Gustav Ernst, Franz und Maria) über die Nachwehen einer Trennung (Marcus Jauer, Fünf vor zwölf), den bizarren Streit zwischen ungeborenem Kind und Mutter (aus Herbert Achternbusch, Kopf und Herz) bis zur grotesken Darstellung von Krieg als Medienereignis (nach Elfriede Jelinek, Babel) und zum Duell der Vorurteile zwischen Polen und Deutschen (Andrzej Stasiuk, Nacht) reichte der Bogen moderner Texte, aus denen die SchülerInnen teils Ausschnitte gewählt und umgearbeitet hatten. Mitten im Stress des vorgezogenen Semesterschlusses für die Abiturienten führte die Gruppe die Szenencollage für die Parallelkurse am letzten Unterrichtstag vor Erteilung der Kursnoten (17.3.06) in der Aula auf (Kursleitung Dierk Rabien). Als Dokumentation des Arbeitsergebnisses wurde eine Videoaufzeichnung gemacht, die in den restlichen Unterrichtsstunden mit einem früheren Probenstand verglichen wurde. So konnten die DarstellerInnen sich selbst aus der Publikumsperspektive beobachten und beurteilen. Neben der Erarbeitung von Theatermitteln, der Beschäftigung mit Textvorlagen und der Erfahrung, vor Publikum zu spielen, ist das ein zentrales Anliegen des Unterrichts im Fach Darstellendes Spiel. Wir sind noch einmal davongekommen An der ersten drei Märztagen 2006 fand wieder das regionale Treffen zum „Niedersächsischen Schülertheatertreffen“ zusammen mit der Jugendtheaterwerkstatt im Theater Hameln statt. Die Theaterpädagoginnen des Hamelner Theaters organisieren jedes Jahr ein Treffen für die Schülergruppen der Region, während das landesweite Treffen im zweijährigen Rhythmus seit 1980 stattfindet, jetzt zum 14. Mal. Der Fachverband Schultheater – Darstellendes Spiel Niedersachsen e.V. veranstaltet im Auftrag des Kultusministeriums Treffen an verschiedenen Orten des großen Bundeslandes zwischen Emden und Göttingen. Die dort gezeigten Aufführungen werden von Theaterlehrern besichtigt, die dann eine Auswahl interessanter Beispiele aus verschiedenen Schularten und Altersstufen zusammenstellen und diese Gruppen zum zentralen Abschlusstreffen einladen, das vom 3.bis 7. Juli 2006 in Celle über die Bühne ging (1986 fand es in unserem Schulzentrum in Hameln statt). Dort wird nicht nur das eigene Stück gespielt, sondern die Gruppen lernen sich in Werkstätten kennen und diskutieren ihre Aufführungen. Vom Hamelner Regional-Treffen, das regelmäßig vom Einstein-Gymnasium (Theaterlehrer Dierk Rabien) in Zusammenarbeit mit dem Theater Hameln (Theaterpädagogin Christiane Hess) organisiert wird, wurden gleich zwei Gruppen nach Celle eingeladen, die Grundschule Tündern mit „Schneewittchen soll leben“ und die Jugendtheatergruppe des Theaters Hameln (dabei auch Einstein-Schülerinnen) mit Thorton Wilders „Wir sind noch einmal davongekommen“. „Im Kino will ich weinen“ Ab März 2006 formierte sich nach Abschluss des Projekts „Reise um die Erde in 80 Tagen“ eine neue Theatergruppe, in der sich etliche der Mitspieler wieder einfanden, zu der sich aber so viele Zuschauer gemeldet haben, dass die Gruppe mit über 30 Teilnehmern geteilt werden musste. So ergab sich eine immer noch große Gruppe aus den Jahrgängen 5-7 und eine kleinere aus dem Jahrgang 9, die parallel zu arbeiten begannen. Um in der kurzen Zeit eines knappen Halbjahrs zu Ergebnissen zu kommen, bot sich an, im von allen Musikgruppen des Hauses veranstalteten Sommerkonzert am 13. Juli mit kleinen Szenen zu erscheinen. Das Thema Filmmusik bietet da vielfältige Möglichkeiten. So machte die jüngere Gruppe zur berühmten „Pink Panther“- Melodie Bewegungstheater und spielte selbst entwickelte Miniszenen zum Thema „Im Kino will ich...“, während die Neuntklässlerinnen eine Szene aus dem „Fluch der Karibik“ parodierten, die ergreifende Liebesgeschichte auf der „Titanic“ in Kurzform brachten und den Urwald für den schlafenden Löwen belebten („The Lion sleeps tonight“). Im Sommerkonzert zeigte auch der um die Abiturienten verminderte jahrgangsübergreifende Kurs Darstellendes Spiel mit den verbliebenen Zwölfklässlern Masken- und Körpertheaterszenen zu Filmmusik. Die Gruppe zitierte nicht einfach die Filmfiguren, sondern ließ sich von der Stimmung der Musik zu eigenen Geschichten anregen. Da ging es um das Fesselnde an der Liebe zu Morricones Melodien aus dem Kultwestern „Spiel mir das Lied vom Tod“ oder um die tödliche Eifersucht zu Motiven aus dem Mafia-Klassiker „Der Pate“, um die Angst verletzt zu werden zu Orffs vielfach verwendetem Fortuna-Chor aus „Carmina burana“ oder um die Leiden der Tanzanimateurin auf Mallorca, die den Touris den Musicalpep von „New York“ vermitteln soll. Außerdem waren die Zwölftklässler für die Moderation des Sommerkonzerts zuständig und damit permanent im Einsatz. Schuljahr 2006/07 Andrang und Kürzungen Die Schwierigkeiten einer vollständigen Unterrichtsversorgung haben leider in den letzten Jahren dazu geführt, dass Unterricht in den musischen Fächern gekürzt werden musste. Einführungs- Kurse im Darstellenden Spiel konnten nur noch halbjährlich gegeben werden, jahrgangsübergreifende Kurse in 12 und 13 verhinderten den kontinuierlichen Aufbau von Spielmitteln und Produktionen. Demgegenüber steht eine wachsende Zahl von Teilnehmern an den Theatergruppen. In diesem Schuljahr arbeitete Herr Rabien mit über 40 Spielerinnen und Spielern aus den Jahrgängen 5-7 und Frau Friedrich mit einem Dutzend aus den Jahrgängen 7-10, zu denen im zweiten Halbjahr noch einmal an die 20 dazugekommen wären, wenn da nicht schon mit einer geschlossenen Gruppe an einem Projekt gearbeitet worden wäre. Umso wichtiger erscheint die Möglichkeit, Darstellendes Spiel bereits in der Mittelstufe in Form von Wahlpflichtkursen anzubieten, eine Entwicklung, die sich der Fachbereich für unsere Schule wünscht, zumal die Zusammenarbeit mit den anderen musischen Fächern Kunst und Musik dann erheblich intensiviert werden könnte. Alles Schmarotzer? Unter diesem Titel hatte der DS- Kurs 13 (Ltg. Dierk Rabien) Szenen zum Thema Arbeitslosigkeit entwickelt und zu einer Spielcollage zusammengestellt. Aufgeführt wurde diese Abschlussarbeit bei der Jugendtheaterwerkstatt im Theater Hameln am 15. März 2007, gerade bei Semesterschluss und Kursnotenerteilung für die Abiturienten. Ein Dreierchor wiederholt in den Zwischenszenen gebetsmühlenartig sich drehend die Vorurteile gegen Arbeitslose, die man nicht nur von Ministerpräsidenten kennt, während in den Szenen gezeigt wird, wie man sich zum Beispiel als junge Bewerberin nach der zwanzigsten Absage fühlt oder wie jemand mit Beziehungen an einem qualifizierteren Jobbewerber vorbeizieht. Das fünfte Musical Nach zwei Uraufführungen von Musicals („Somebody’s Life“ und „Gesetz ist Gesetz“) mit schuleigener Live-Band, geschrieben und zusammen mit der Theatergruppe einstudiert von zwei musikbegabten Schülern, einer Kammeroper mit Klavier („Das Aupair- Mädchen“) und einem Mini-Musical beim Sommerkonzert („Seereise nach Rio“) ging am 27. und 29.Juni 2007 die fünfte Musiktheater-Produktion – nicht gerechnet die musikalisch durchsetzten Einstein-Revuen aus den Jubiläumsjahren – über die Aula-Bühne, natürlich mit LiveOrchester. Pate stand das Musical „Sister Act“, dessen Musik in eine eigene Stückfassung eingebracht wurde. Musikalische Einstudierung: Claudia Gottschalk und Helge Adler, Regie: Viktoria Eder. Das Projekt entstand aus dem Fachbereich Musik. „Eine Rose gebrochen...“ Lessings berühmtes bürgerliches Trauerspiel „Emilia Galotti“ hatte sich die Theatergruppe der Mittelstufe (Ltg. Susanne Friedrich) ausgesucht, um eine szenische Umsetzung zu entwickeln. Die sittenstreng erzogene Tochter, die sich lieber von ihrem Vater töten lässt als Gefahr zu laufen, den Verführungskünsten des adligen Verehrers zu erliegen, ist für heutige Jugendliche eine exotische Figur, die gleichwohl zur Auseinandersetzung mit ihrer Geschichte reizt. Premiere war am 30. Juni 2007. Kunst als Stille Post Ein besonderes Projekt ging von einem Wettbewerb im Musikbereich aus. Beteiligt waren die vier Gymnasien Schiller-, Viktoria-Luise-, Einstein- und Humboldt-. Alle drei musischen Fächer tauschten dabei die Aufgaben nach folgender Spielregel aus: Zum Thema Simultanität entwickelt eine Gruppe ein Musikstück, das dann ohne Kommentar und anonym an die nächste Gruppe weitergegeben wird, die es etwa in Bilder, Texte oder eine Spielszene umwandelt und ihr Produkt – ohne die verwendete Vorlage – weitergibt an die nächste Gruppe. Auf diese Weise entstanden in zwei Ketten zehn Fassungen des Themas, die dann bei einer Vernissage im Lalu (Hefehof) am 9.Juli der Öffentlichkeit und den beteiligten Gruppen erstmals präsentiert wurden. Eine eigens zusammengestellte Theateergruppe unserer Schule (Ltg. Dierk Rabien) setzte ein etwa dreiminütiges experimentelles Musikstück einer Gruppe des Viktoria-LuiseGymnasiums um und entwickelte dabei eine kurze Spielszene, in der die Gleichzeitigkeit von Schlaf und Wachen im Traum dargestellt wurde. Für die beteiligten Schüler war besonders interessant zu sehen, wie die Ketten der „Stillen Post“ sich gebildet haben. „Früher war alles besser!“ – „Das ist doch Quatsch!“ Wer wünscht ihn sich nicht seit Jahrhunderten: den Jungbrunnen, der aus alt jung macht? Die 11- bis 13-jährigen Schülerinnen und Schüler der Theater-AG I (Ltg. Dierk Rabien) waren nur als Gesamtzahl über 40, aber sie haben sich in ihrer Szenenfolge „Jung und Alt“ mit Spaß auch in Achtzig- oder Einjährige versetzt. Zwischen dem geheimen Gespräch in Babysprache im Kinderwagen vor dem Supermarkt und dem Plaudern aus der Jugend im Talk „70 plus“ im Altersheim tummelten sich die Szenen in allen Jahrgangslagen, wobei die Väter in den besten Jahren, die sich am Stammtisch vor ihrer Familie drücken, nicht vergessen wurden. Angeregt wurde das Thema übrigens von einem Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten, an dem teilzunehmen aber terminlich nicht möglich war, es hat aber auch eine seltsame Beziehung zur Verabschiedung des Spielleiters aufs Altenteil. Mit ihrem Programm bestritt die Gruppe den ersten Teil des inzwischen schon traditionellen Schools Out Concert am 17.Juli 2007. Schuljahr 2007/08 -wird fortgesetzt-