Schuldistanz - Schule und Krankheit

Transcription

Schuldistanz - Schule und Krankheit
Senatsverwaltung für
Bildung, Jugend und Sport
in Kooperation mit der
Landeskommission
Berlin gegen Gewalt
Schuldistanz
Eine Handreichung für
Schule und Jugendhilfe
Bildung und Jugend
Impressum
Herausgeber
Vorsitzender der Landeskommission Berlin gegen Gewalt,
Staatssekretär Thomas Härtel
Beuthstr. 6 - 8, 10117 Berlin
www.senbjs.berlin.de
www.berlin-gegen-gewalt.de
Die Handreichung wurde von der durch die Landeskommission Berlin gegen Gewalt eingesetzten Arbeitsgruppe
„Schuldistanz“ erarbeitet. Mitglieder der Arbeitsgruppe waren:
Sabine Geschwandtner, Heike Kaack, Monika Wessel, Dr. Peter Hübner, Horst Seidel,
Klaus-Dieter Stephan
(Senatsverwaltung für Bildung Jugend und Sport - Bereich Schule)
Sigrid Karrasch, Ute Schönherr, Petra Vogelgesang, Günter Lütke
(Senatsverwaltung für Bildung Jugend und Sport - Bereich Jugend)
Elfriede Blenk
(Schulpsychologischer Dienst)
Siegfried Arnz, Guido Landreh
(Schulleiter)
Simone Kleeberg
(Senatsverwaltung für Inneres)
Christine Burck
(Berliner Polizei)
Günter Lewanzik
(Büro des Beauftragten des Senats von Berlin für Integration und Migration)
Isa Trippner
(Jugendamt Friedrichshain - Kreuzberg)
Margot Wichniarz
Stephan Voß
(Geschäftsstelle der Landeskommission Berlin gegen Gewalt)
Redaktion und Bearbeitung
Margot Wichniarz, Stephan Voß
Die Redaktion behält sich vor, Beiträge von Fremdautor/innen zu kürzen und redaktionell zu überarbeiten.
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion oder der Herausgeber
wieder. Nachdrucke sind nur mit Quellenangabe gestattet und bedürfen der Zustimmung der Herausgeber und
der Autor/innen.
Gestaltung
ITpro
1. Auflage, 5.300
August 2003
V. i. S. d. P.
Stephan Voß
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
3
Hinweise zur Handreichung
5
Begriffsbestimmung
7
Erscheinungsformen von Schuldistanz
7
Die Berliner Datenerfassung zur Schuldistanz - Ergebnisse
8
Ursachen von Schuldistanz
13
Prävention
15
Die Bedingungen für das Leben und Lernen in der Schule verändern
16
Inhaltliche und organisatorische Gestaltung des Unterrichts
Besondere Förderung leistungsschwacher Schüler/innen
Partizipation an der Gestaltung des Schullebens
Verbesserung des Miteinanders durch mehr soziales Lernen
16
17
17
18
Mögliches Vorgehen im individuellen Fall
21
Zusammenarbeit mit den Eltern
Die schulpsychologischen Beratungszentren als Partner bei der Prävention
Zusammenarbeit mit der Jugendhilfe
22
23
23
Intervention
25
Mögliches Vorgehen im individuellen Fall
25
Zusammenarbeit mit den Eltern
Die schulpsychologischen Beratungszentren als Partner bei der Intervention
Kooperation mit der Jugendhilfe
26
27
27
Anhang
30
Schulen stellen sich vor
30
Vorbemerkung
30
Grundschulen
ƒ Werbellinsee-Grundschule, Schönberg
ƒ Grundschule am Blumenviertel, Pankow
ƒ Franz-Schubert-Grundschule, Neukölln
30
30
32
34
Gesamtschulen
ƒ Erasmus-von-Rotterdam-Oberschule, Hellersdorf
ƒ Carl-von-Ossietzky-Oberschule, Kreuzberg
36
36
38
Hauptschulen
ƒ Werner-Stephan-Oberschule, Tempelhof
ƒ Heinz-Brandt-Oberschule, Pankow
ƒ Stadt-als-Schule, Kreuzberg
ƒ Jean-Piaget-Oberschule, Hellersdorf
ƒ Johannes-Lindhorst-Oberschule, Reinickendorf
40
40
42
44
45
47
Sonderschulpädagogisches Förderzentrum - Förderschwerpunkte Lernen und Autismus
ƒ Schule am Friedrichshain, Friedrichshain
48
48
Beispiele für gelungene Kooperation zwischen
Schule und Jugendhilfe
Das Projekt „Übergang“
Der „Arbeitskreis Schule - Jugendhilfe“ in Friedrichshain-Kreuzberg
und die Clearing- und Beratungsstelle: Schuldistanz
Kooperation zwischen Schule und Jugendhilfe in Hellersdorf
50
50
51
54
Kooperation zwischen Schule und Polizei
56
Durchsetzung der Schulpflicht - §§ 16 f. des
Berliner Schulgesetzes
58
Wichtige Paragraphen aus dem Kinder- und
Jugendhilfegesetz
60
Leistungsbeschreibungen der Berliner
Kostensatzrahmenvereinbarung für den
Jugendhilfebereich (Auszüge)
66
Musterkooperationsvereinbarung für Projekte
mit schuldistanzierten jungen Menschen
68
Angebote für schuldistanzierte junge Menschen
72
Einrichtungen der Jugendhilfe für schuldistanzierte junge Menschen
Schulen mit Projekten für schuldistanzierte junge Menschen
Weitere nützliche Adressen
Literaturliste (Auswahl)
72
73
74
74
Vorwort
Vor dem Hintergrund einer bundesweit geführten Diskussion zum Thema „Schulschwänzen“ hat
sich die Landeskommission Berlin gegen Gewalt
im Herbst 2001 intensiv mit dem Problem von
Schulversäumnissen auseinandergesetzt. Wir wollen verhindern, dass junge Menschen auf Grund
von Schulversäumnissen keinen Schulabschluss
erreichen und ihre Zukunftschancen gefährden.
Eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe hat deshalb Ursachen des unentschuldigten Fernbleibens
von der Schule analysiert und Maßnahmen zum
Umgang mit Schuldistanz entwickelt.
Berlin hat als erstes Bundesland eine umfassende
Erhebung über das tatsächliche Ausmaß von Schulversäumnissen durchgeführt. Im 2. Schulhalbjahr 2001/2002 versäumten ca. 4000 Schüler/innen (1,3 %) in Berlin über 40 % des Unterrichts.
Darüber hinaus fehlten 10.751 Schüler/innen
zwischen 21 und 40 Tagen.
Sie werden - dies lässt sich zumindest vermuten mehr oder weniger große Schwierigkeiten haben, die vorgegebenen Bildungsziele zu erreichen.
Hauptsächlich betroffen sind die Haupt- und Sonderschulen. Hier finden wir mit 11 % bzw. 9,5 %
die meisten Jugendlichen, die mehr als 21 bis
und bis zu 40 Tage fehlten und mit 7,5 % bzw.
4,6 % die meisten, die mehr als 40 von 100 Tagen nicht in der Schule erschienen. Die Tatsache,
dass ca. 30 % aller Hauptschüler/innen die Schule ohne Abschluss verlassen, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit auf das festgestellte Ausmaß von
Schuldistanz zurückzuführen.
Die Ursachen dafür, dass sich so viele Kinder und
Jugendliche von der Schule distanzieren, sind vielfältig.
Hierzu gehören das Elternhaus, das soziale Umfeld, die Clique, personenbezogene Faktoren und
gesellschaftliche Entwicklungen. Auch die Gestaltung und Organisation des Schullebens spielt dabei
eine Rolle.
Gemeinsam müssen alle Beteiligten daran arbeiten, die Zahl der Schulverweigerer zu verringern.
Zuerst stehen die Eltern in der Pflicht. Sie müssen
die notwendigen Voraussetzungen für den regelmäßigen Schulbesuch ihrer Kinder schaffen und
sie bei Schulproblemen nach besten Kräften zu
unterstützen. Wo dies nicht gelingt, müssen Jugendhilfe und die Schule weiterhelfen. Das betrifft
die Wiedereingliederung schuldistanzierter Kinder
und Jugendlicher ebenso wie das Bemühen, Schuldistanz schon im Ansatz zu verhindern.
Ich wende mich mit dieser Handreichung an Sie,
an die Lehrerinnen und Lehrer, Sozialpädagoginnen
und Sozialpädagogen, Sozialarbeiterinnen und
Sozialarbeiter, Erzieherinnen und Erzieher. Sie wissen aufgrund Ihrer täglichen Arbeit besonders
gut, wie geeignete Lernbedingungen und Lernvoraussetzungen für junge Menschen geschaffen
werden können. Wir möchten Sie darin unterstützen, schuldistanzierten Kindern und Jugendlichen neue Freude am Schulbesuch zu vermitteln und den Eltern deutlich zu machen, dass es
um nicht weniger als die Zukunftschancen ihrer
Kinder geht. Wichtig ist es, genau hinzusehen
und rechtzeitig zu handeln. Führt dies nicht zum
gewünschten Erfolg, muss Eltern und Schülern
die Konsequenzen ihres Verhaltens deutlich vor
Augen geführt werden.
Grenzen zu setzen, bietet in solchen Fällen Orientierung, schafft Klarheit für alle Beteiligten und
gehört - auch zur Durchsetzung der Schulpflicht zum richtigen Umgang mit Schuldistanz.
Ich weiß um die vielen täglichen Belastungen,
die der pädagogische Beruf gerade auch im Umgang mit schwierigen Jugendlichen mit sich bringt.
Gemeinsam sollten wir die Schule so gestalten,
dass sie zu einem Lern- und Lebensort wird, den
junge Menschen für sich gewinnen. Dies erfordert ein hohes Engagement aller Beteiligten sowie unterstützende administrative und bildungspolitische Rahmenbedingungen.
3
Dazu gehört, dass an Hauptschulen curricular und
organisatorisch vorrangig praxisbezogene und
berufsorientierte Maßnahmen für Schüler/innen
entwickelt werden, wie dies im Entwurf für ein
neues Schulgesetz vorgesehen ist. Sie alle möchte ich ermutigen, die Kooperation von Schule
und Jugendhilfe weiter zu verbessern. Wirksame
Strategien zur Verringerung von Schuldistanz können nur gemeinsam entwickelt und umgesetzt
werden. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich weiterhin so viele junge Menschen von der Schule
abwenden.
4
Wenn es gelingt, Schuldistanz im Rahmen geeigneter Präventions- und Interventionsstrategien auf
ein Minimum zu reduzieren, profitieren davon alle
Beteiligten. Dies wäre ein wesentlicher Beitrag zur
Qualitätsentwicklung von Schule und Jugendhilfe.
Klaus Böger
Senator für Bildung, Jugend und Sport
Hinweise zur Handreichung
Eine Handreichung zum Thema Schuldistanz von
mehr als 70 Seiten liegt vor Ihnen und Sie werden sich vielleicht fragen, ob wir uns nicht auch
hätten kürzer fassen können. Wir sind jedoch zu
der Überzeugung gelangt, dass wir diesem komplexen Thema nur gerecht werden, wenn wir
einerseits dessen unterschiedliche und vielschichtige Aspekte darstellen und andererseits praxisrelevante Hinweise geben, die Ihnen bei der Entwicklung von Präventions- und Interventionsstrategien im Zusammenhang mit Schuldistanz
helfen können.
Damit Sie dennoch die Möglichkeit haben, sich,
wenn nötig, schnell zu informieren, möchten wir
Ihnen an dieser Stelle einen kurzen Überblick über
den Inhalt der Handreichung geben:
Im ersten Teil beschreiben wir zunächst einmal
das Phänomen. Wir erläutern, warum wir uns für
die Bezeichnung „Schuldistanz“ entschieden
haben (vgl. Seite 7), in welchen Formen Schuldistanz erscheint (vgl. Seite 7) und auf welche
Ursachen sie möglicherweise zurückzuführen ist
(vgl. Seite 13). Außerdem informieren wir Sie über
die Ergebnisse der Datenerhebung zur Schuldistanz
(vgl. Seite 8). Dieser Teil der Handreichung bietet damit allen Beteiligten die Möglichkeit, ein
gemeinsames Problemverständnis als Voraussetzung wirksamen Handelns zu entwickeln. Dies
halten wir insbesondere deshalb für dringend
notwendig, weil die Entwicklung geeigneter Präventions- und Interventionsstrategien nicht individuell, sondern nur in einem gemeinsamen Prozess innerhalb der Schule und zum Teil in Kooperation mit anderen Verantwortungsträgern möglich ist.
Der Hauptteil der Broschüre umfasst zwei Bereiche, nämlich den der Prävention (vgl. Seite 15 ff.)
von Schuldistanz und den der Intervention bei
Schuldistanz (vgl. Seite 25 ff.).
Im Zusammenhang mit der Prävention geht es
um die Frage: Was können wir tun, damit Schuldistanz erst gar nicht entsteht? Im Hinblick auf
die Entwicklung von Präventionskonzepten zum
Umgang mit Schuldistanz geben wir Hinweise,
wie das Thema Prävention von Schuldistanz von
Schulen aufgegriffen werden kann. Wir beschreiben Möglichkeiten der Veränderung der Lernbedingungen an Schulen (vgl. Seite 16), geben
Hinweise für das Vorgehen im Einzelfall (vgl.
Seite 21), für Elterngespräche (vgl. Seite 22) und
für die Kooperation mit den schulpsychologischen
Beratungszentren (vgl. Seite 27) und der Jugendhilfe (vgl. Seite 27).
Im Zusammenhang mit der Intervention geht es
um die Frage: Was können wir tun, wenn Schüler/innen gelegentlich, häufiger, oder aber regelmäßig vom Unterricht fernbleiben? Die in der
Handreichung gegebenen Hinweise zur Entwicklung eines Interventionskonzeptes, welches auf
einer Bestandsaufnahme von Schuldistanz in der
Schule fußen sollte, umfassen allgemeine Grundsätze bei der Intervention (vgl. Seite 25) ebenso
wie mögliche Interventionsschritte im Einzelfall
(vgl. Seite 25).
Besondere Berücksichtigung findet in diesem Zusammenhang wiederum die Zusammenarbeit mit
den Eltern (vgl. Seite 26), die als Erziehungsberechtigte eine besondere Verantwortung tragen,
sowie mit den schulpsychologischen Beratungszentren und der Jugendhilfe (vgl. Seite 27 ff.).
Im Anhang (vgl. Seite 30 ff.) der Handreichung
haben wir für Sie eine Reihe von Informationen
zusammengestellt, die aus unserer Sicht bei der
Entwicklung von Präventions- und Interventionskonzepten im Zusammenhang mit Schuldistanz
nützlich sind:
Wir stellen Ihnen exemplarisch einige Schulen vor,
die mittlerweile zu einem positiv besetzten Lernund Lebensort geworden sind und deren Praxis
auch im Hinblick auf die Reduzierung von Schuldistanz beispielgebend sein kann (vgl. S. 30 ff.).
Wir haben bei der Auswahl der Schulen darauf
geachtet, verschiedene Schulformen zu berücksichtigen und weitgehend darauf verzichtet, Schulen vorzustellen, denen es möglich war oder ist,
im Rahmen von Modellversuchen mit besonderen Formen der Organisation und Gestaltung des
Unterrichtes zu experimentieren. Denn die Praxis
dieser Schulen ist nicht ohne Weiteres auf die
Regelschule zu übertragen.
Auf Grund der besonderen Bedeutung der Kooperation von Schule und Jugendhilfe im Fall von
Schuldistanz haben wir die wichtigsten Vorschriften des SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz
- KJHG) (vgl. Seite 60 ff.) und bzgl. der Schulpflicht des Berliner Schulgesetzes (vgl. Seite 58 f.)
in die Handreichung aufgenommen. Relevante
Auszüge aus den Leistungsbeschreibungen der
Berliner Kostensatzrahmenvereinbarung für den
Jugendhilfebereich informieren Sie noch detaillierter über mögliche Leistungen der Jugendhilfe
5
(vgl. Seite 66 ff.). Um die Kooperation von Schule und Jugendhilfe im Bereich von Projekten für
schuldistanzierte Kinder und Jugendliche verbindlich zu regeln, ist eine Musterkooperationsvereinbarung entwickelt und in die Handreichung aufgenommen worden (vgl. Seite 68 ff.). Eine Liste
solcher Projekte haben wir ebenfalls für Sie zusammengestellt (vgl. Seite 72 f.). Einige weiterführende Überlegungen zum Thema Kooperation von
Schule und Jugendhilfe im Fall von Schuldistanz
können Sie dem Konzept für eine geplante
„Multiprofessionelle Clearing- und Beratungsstelle Schuldistanz“ entnehmen (vgl. Seite 51 ff.).
Da inzwischen auch die Kooperation von Schule
und Polizei zunehmend an Bedeutung gewinnt
- auch wenn diese sich nicht explizit auf das
Thema Schuldistanz bezieht -, haben wir uns entschlossen, exemplarisch und im Sinne von bestpractice die Kooperationsvereinbarung zwischen
der Heinrich-von-Stephan-Oberschule und der
Polizeidirektion 3 abzudrucken (vgl. Seite 56 ff.).
6
Auf Grund offenbar bestehender Unsicherheiten bei der Durchsetzung der Schulpflicht (vgl.
Seite 58 f.) greifen wir auch dieses Thema auf.
Zur weiteren und vertiefenden Information über
das Thema Schuldistanz haben wir eine Literaturliste erstellt (vgl. Seite 74 f.).
Zur besseren Übersicht und weil Präventionsmaßnahmen einen ganz besonderen Stellenwert im
Zusammenhang mit der Reduzierung von Schuldistanz haben, wird in dieser Handreichung - soweit dies möglich ist - die Darstellung präventiver und interventiver Maßnahmen deutlich voneinander getrennt. In der Praxis wird eine solche
Trennung jedoch kaum durchzuhalten sein. Sie
wird sich eher an einem Prävention und Intervention integrierenden Gesamtkonzept orientieren.
Die Redaktion
Begriffsbestimmung
Im Hinblick auf die begriffliche Bestimmung des
in dieser Handreichung beschriebenen Phänomens
ist es von großer Bedeutung, das „Geschehen“
so neutral wie möglich zu benennen, um einerseits
Stigmatisierungen zu vermeiden und andererseits
den vielfältigen Faktoren gerecht zu werden, die
dazu beitragen, dass sich Schüler/innen von der
Schule entfernen - Faktoren, die zum Teil nicht
in der subjektiven Verantwortlichkeit der Betroffenen liegen.
Auf der beschreibenden Ebene kann von einer
„Nicht-Passung zwischen Schule und Individuum“1
gesprochen werden. Diese Formulierung entspricht
zwar den oben formulierten Anforderungen und
erfasst auch Formen der Entfernung von der Schule,
die sich bereits innerhalb von Schule entwickeln
und bemerkbar machen. Für den allgemeinen
Sprachgebrauch ist der Begriff „Nicht-Passung
zwischen Schule und Individuum“ jedoch zu umständlich. Der Begriff „Schuldistanz“ dagegen ist
neutral und nicht stigmatisierend. Außerdem ist
er geeignet, die Formen schuldistanzierten Verhaltens sowohl innerhalb als auch außerhalb von
Schule zu erfassen und somit die gesamte Spannbreite des Phänomens, soweit es die Schule betrifft, sichtbar werden zu lassen.
Erscheinungsformen von
Schuldistanz
Schuldistanz erscheint in mehreren Stufen (s.
Abb. 1). Sie beginnt bereits in der Schule. Zur
leichteren Handhabbarkeit erhält jede Stufe eine
eigene Bezeichnung. Beim Fernbleiben von der
Schule ohne triftigen Grund kann es sich um
unentschuldigtes und entschuldigtes Fehlen handeln. Entschuldigtes Fehlen von der Schule ohne
triftigen Grund kann vorliegen, wenn berechtigte
Zweifel an der Begründung für das Fehlen vorliegen. Die Übergänge zwischen den einzelnen Stufen sind fließend.
Schuldistanz - Stufe 1
Entfernung (von der Schule) innerhalb von Schule
Abbildung 1
Kennzeichen dafür können sein:
ƒ sich unauffällig vom Unterricht abwenden (s. dazu S. 21)
ƒ sich auffällig vom Unterricht abwenden (s. dazu S. 21)
Schuldistanz - Stufe 2
Gelegentliches Fernbleiben ohne triftigen Grund2 3
Kennzeichen dafür können sein:
ƒ zu spät kommen,
ƒ den Klassenraum während des Unterrichts verlassen,
ƒ Ausschluss vom Unterricht provozieren,
ƒ Stunden versäumen,
ƒ Stunden abhängen,
ƒ gelegentlich einen Tag nicht zur Schule kommen, jedoch nicht mehr als 10 Tage pro Halbjahr.
1
2
3
Schuldistanz - Stufe 3
Regelmäßiges Fernbleiben ohne triftigen Grund
Die Bezeichnung ist auf einen Vortrag von Herrn Dr. Thimm, Leiter der Landeskooperationsstelle Schule - Jugendhilfe in Brandenburg, zurückzuführen - gehalten am 1. März 2002 in der Senatsverwaltung für Bildung,
Jugend und Sport
Die Bezeichnung „ohne triftigen Grund“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Im individuellen Fall ist zu entscheiden, ob die Gründe, die für das Fernbleiben von der Schule angegeben werden, nachvollziehbar akzeptiert werden können.
Die Bezeichnungen der Stufen 2 - 4 orientieren sich am Rundschreiben Nr. 31/01 „Grundsätze zur Vermeidung, Feststellung und Behandlung von Schulverweigerung“ vom 2. November 2001, Gz.: 41.2/32.1, des
Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport, Potsdam.
7
Kennzeichen dafür können sein:
ƒ 11 bis 20 Tage pro Halbjahr nicht zur Schule kommen.
Schuldistanz - Stufe 4
Intensives regelmäßiges Fernbleiben ohne triftigen Grund
Kennzeichen dafür können sein:
ƒ 21 bis 40 Tage pro Halbjahr nicht zur Schule kommen, aber noch erscheinen.
Schuldistanz - Stufe 5
Vollständiges Fernbleiben von der Schule
Kennzeichen dafür können sein:
ƒ Mehr als 40 Tage pro Halbjahr nicht mehr zur Schule kommen,Totalausstieg, (Schulausschluss)
Die Berliner Datenerfassung zur Schuldistanz - Ergebnisse
Wo wurde die Erhebung durchgeführt?
ƒ In allen allgemeinbildenden Schulen Berlins von
der 1. bis zur 10. Klasse (926 Schulen, ca. 14.000
Klassen und rd. 306.000 Schüler/innen)
Wann wurde die Erhebung durchgeführt?
gehen, wurde auf eine solche Unterscheidung
(aus arbeitstechnischen Gründen) verzichtet.
ƒ Angaben zu den Fehltagen nach verschiedenen Zeiträumen:
1 bis 10 Fehltage
11 bis 20 Fehltage
ƒ Vom 19. Juni 2002 bis zum 3. Juli 2002 (Abgabetermin), Rücklaufquote 94,6 %
21 bis 40 Fehltage
Schüler/innen mit hohem
Gefährdungspotential im
Hinblick auf Schuldistanz
über 40 Fehltage
gravierende Form von
Schuldistanz
Für welchen Zeitraum wurde die Erhebung
durchgeführt?
ƒ Zweites Schulhalbjahr 2001/2002 (ein Zeitraum
von ca. 100 Unterrichtstagen)
Welche Fehlzeiten wurden erfasst?
ƒ Alle Schulversäumnisse in Tagen
Dabei wurde nicht nach unentschuldigten und
entschuldigten Fehltagen unterschieden. Vor
dem Hintergrund, dass verschiedene Experten
im Hinblick auf das Phänomen Schuldistanz
von einer durchschnittlich normalen Fehlquote
(z. B. durch Krankheit) von bis zu 10 % aus-
8
beobachtungswürdige
Fälle von Schuldistanz
durch die Schule
Welche Merkmale wurden ausgewertet?
ƒ Jungen und Mädchen
ƒ Schüler/innen nichtdeutscher Herkunftssprache
und Schüler/innen insgesamt
ƒ Schularten
ƒ Bezirke
Die wesentlichen Ergebnisse im Überblick:
ƒ Insgesamt 10.751 Schüler/innen (3,5 %)
fehlen 21 bis 40 Tage und versäumen 20 %
bis 40 % des Unterrichts.
ƒ Insgesamt 4079 Schüler/innen (1,3 %
aller Schüler/innen) fehlen mehr als 40 Tage
und versäumen über 40 % des Unterrichts.
ƒ In der Grundschule fehlen 3,2 %, in der
Realschule 4,4 % und im Gymnasium
1,5 % der Schüler/innen mehr als 20 Tage und
versäumen ca. 20 % und mehr des Unterrichts. Auch wenn diese prozentualen Zahlen
weniger dramatisch sind als die für die anderen Schulformen verbirgt sich hinter
ihnen eine Gesamtheit von 6.760 Schüler/innen.
ƒ In der Hauptschule fehlen 18,5 % der Schüler/innen (2.712 Schüler/innen) mehr als
20 Tage und versäumen ca. 20 % und mehr
des Unterrichts.
ƒ In den Sonderschulen fehlen 14,1 % der
Schüler/innen (2.007 Schüler/innen) mehr
als 20 Tage und versäumen ca. 20 % und mehr
des Unterrichts.
ƒ In der Gesamtschule fehlen 6,8 % der Schüler/innen (3.351 Schüler/innen) mehr als
20 Tage des Unterrichts und versäumen ca.
20 % und mehr des Unterrichts.
ƒ 4,2 % der Schüler/innen nichtdeutscher Herkunftssprache versäumen 21 bis 40 Schultage, 1,7 % versäumen mehr als 40 Schultage.
Für Schüler deutscher Herkunftssprache
betragen diese Zahlen 3,3 % (21 bis 40 Fehltage) bzw. 1,2 % (über 40 Fehltage).
ƒ Jungen und Mädchen insgesamt weisen
bei der Betrachtung aller Schularten und aller
Klassenstufen bei Fehlzeiten von mehr als
40 Tagen und bei 21 bis 40 Fehltagen keine
signifikanten Unterschiede auf.
ƒ Im Hinblick auf die Fehlzeiten in verschiedenen Klassenstufen (alle Schüler/innen in
allen Schularten) liegen die höchsten Werte
bei den Fehlzeiten über 40 Tage in den Klassenstufen 7, 8 und 9, der höchste Wert liegt in
der Klassenstufe 8.
ƒ Die Auswertung der Fehltage nach Bezirken
zeigt bei der Kategorie über 40 Fehltage, dass
der Bezirk Neukölln den höchsten Wert mit
2,1 % aufweist. Das heißt, 2,1 % der Schüler/innen an Neuköllner Schulen fehlen über
40 Tage (597 Schüler/innen), den niedrigsten
Wert weist der Bezirk Tempelhof-Schöneberg
mit 0,8 % auf (233 Schüler/innen). In der
Kategorie 21 bis 40 Fehltage weist der Bezirk
Mitte mit 4,6 % (1.217 Schüler/innen) den
höchsten Wert auf, dicht gefolgt von den Bezirken Friedrichshain-Kreuzberg (4,3 %), Neukölln
(4,1 %) und Lichtenberg (4,0 %). Den niedrigsten Wert in diesem Bereich weist der Bezirk
Steglitz-Zehlendorf mit 2,5 % auf (665 Schüler/innen).
Schulversäumnisse nach Schularten4:
Abbildung 1
9
Schulversäumnisse im 2. Schulhalbjahr 2001/02
Schüle rbe sta nd zu Be ginn de s Schulja hre s und Schüle r na ch Fe hlta ge n sow ie na ch Trä ge rn
a) Schüler deutscher Herkunftssprache
Träger
Bes tand lt.
ISTStatis tik
Schüler ins ges am t
lt. Erhebung
in % vom
abs olut
Bes tand
Aufgliederung der Schüler nach den Fehltagen
keine Fehltage
abs olut
%
1-10 Fehltage
abs olut
%
11-20 Fehltage
abs olut
%
21-40 Fehltage
abs olut
%
über 40 Fehltage
abs olut
%
öffentlich
239.682
226.843
94,6
42.363
18,7
147.491
65,0
26.507
11,7
7.662
3,4
2.820
1,2
privat
zus am m en
12.545
252.227
10.977
237.820
87,5
94,3
2.190
44.553
20,0
18,7
7.294
154.785
66,4
65,1
1.182
27.689
10,8
11,6
234
7.896
2,1
3,3
77
2.897
0,7
1,2
b) Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache
Träger
öffentlich
privat
zus am m en
Bes tand lt.
ISTStatis tik
Schüler ins ges am t
lt. Erhebung
in % vom
abs olut
Bes tand
Aufgliederung der Schüler nach den Fehltagen
keine Fehltage
abs olut
%
1-10 Fehltage
abs olut
%
11-20 Fehltage
abs olut
%
21-40 Fehltage
abs olut
%
über 40 Fehltage
abs olut
%
69.341
1.968
66.434
1.882
95,8
95,6
12.979
418
19,5
22,2
41.170
1.207
62,0
64,1
8.311
194
12,5
10,3
2.801
54
4,2
2,9
1.173
9
1,8
0,5
71.309
68.316
95,8
13.397
19,6
42.377
62,0
8.505
12,4
2.855
4,2
1.182
1,7
c) Schüler insgesam t
Träger
öffentlich
privat
zus am m en
Bes tand lt.
ISTStatis tik
Schüler ins ges am t
lt. Erhebung
in % vom
abs olut
Bes tand
Aufgliederung der Schüler nach den Fehltagen
keine Fehltage
abs olut
%
1-10 Fehltage
abs olut
%
11-20 Fehltage
abs olut
%
über 40 Fehltage
abs olut
%
21-40 Fehltage
abs olut
%
309.023
14.513
293.277
12.859
94,9
88,6
55.342
2.608
18,9
20,3
188.661
8.501
64,3
66,1
34.818
1.376
11,9
10,7
10.463
288
3,6
2,2
3.993
86
1,4
0,7
323.536
306.136
94,6
57.950
18,9
197.162
64,4
36.194
11,8
10.751
3,5
4.079
1,3
Schülerbestand zu Beginn des Schuljahres und Schüler nach Fehltagen sowie nach Schularten
a) Schüler insgesamt
Schulart
Bestand
lt.
IST-Statistik
Schüler insgesamt
lt. Erhebung
in % vom
absolut
Bestand
Aufgliederung der Schüler nach den Fehltagen
keine Fehltage
absolut
%
1-10 Fehltage
absolut
%
11-20 Fehltage
absolut
%
21-40 Fehltage
absolut
%
über 40 Fehltage
absolut
%
Grundschule
Hauptschule
159.467
15.128
152.242
14.601
95,5
96,5
29.571
1.750
19,4
12,0
101.329
7.417
66,6
50,8
16.494
2.722
10,8
18,6
3.969
1.613
2,6
11,0
879
1.099
0,6
7,5
Realschule
Gymnasium
29.666
53.538
28.086
48.146
94,7
89,9
5.051
11.319
18,0
23,5
18.266
32.496
65,0
67,5
3.559
3.629
12,7
7,5
941
608
3,4
1,3
269
94
1,0
0,2
Gesamtschule 1)
50.571
48.799
96,5
7.924
16,2
30.416
62,3
7.108
14,6
2.265
4,6
1.086
2,2
Sonderschulen
Insgesamt
15.166
323.536
14.262
306.136
94,0
94,6
2.335
57.950
16,4
18,9
7.238
197.162
50,8
64,4
2.682
36.194
18,8
11,8
1.355
10.751
9,5
3,5
652
4.079
4,6
1,3
b) Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache
Schulart
Grundschule
Hauptschule
Bestand
lt.
IST-Statistik
43.845
4.816
Schüler insgesamt
lt. Erhebung
in % vom
absolut
Bestand
42.242
4.791
96,3
99,5
Aufgliederung der Schüler nach den Fehltagen
keine Fehltage
absolut
%
1-10 Fehltage
absolut
%
11-20 Fehltage
absolut
%
21-40 Fehltage
absolut
%
über 40 Fehltage
absolut
%
8.830
549
20,9
11,5
27.123
2.403
64,2
50,2
4.686
910
11,1
19,0
1.283
553
3,0
11,5
320
376
0,8
7,8
Realschule
5.021
4.864
96,9
960
19,7
3.054
62,8
639
13,1
172
3,5
39
0,8
Gymnasium
Gesamtschule 1)
5.931
9.000
5.257
8.583
88,6
95,4
1.364
1.342
25,9
15,6
3.382
5.201
64,3
60,6
412
1.324
7,8
15,4
86
476
1,6
5,5
13
240
0,2
2,8
2.696
2.579
95,7
352
13,6
1.214
47,1
534
20,7
285
11,1
194
7,5
71.309
68.316
95,8
13.397
19,6
42.377
62,0
8.505
12,4
2.855
4,2
1.182
1,7
Sonderschulen
Gesamtergebnis
1) Gesamtschule einschließlich Freie Waldorfschule und kombinierte allgemeinbildende Schulen
10
Schülerbestand zu Beginn des Schuljahres und Schüler nach Fehltagen sowie nach Bezirken
a) Schüler insgesamt
Bezirk
Mitte
Friedrichshain-Kreuzberg
Pankow
Charlottenburg-Wilmersdorf
Spandau
Steglitz-Zehlendorf
Tempelhof-Schöneberg
Neukölln
Treptow-Köpenick
Marzahn-Hellersdorf
Lichtenberg
Reinickendorf
Berlin insgesamt
Bestand
lt.
IST-Statistik
28.632
22.261
28.883
25.169
21.556
28.713
29.001
29.869
21.562
33.935
27.354
26.601
323.536
Schüler insgesamt
lt. Erhebung
in % vom
absolut
Bestand
26.555
20.776
27.387
22.847
21.264
26.110
28.498
28.732
21.268
32.781
26.808
23.110
306.136
92,7
93,3
94,8
90,8
98,6
90,9
98,3
96,2
98,6
96,6
98,0
86,9
94,6
Aufgliederung der Schüler nach den Fehltagen
keine Fehltage
absolut
%
4.212
15,9
3.214
15,5
5.533
20,2
3.581
15,7
4.003
18,8
5.511
21,1
4.953
17,4
4.436
15,4
5.053
23,8
7.394
22,6
5.754
21,5
4.306
18,6
57.950
18,9
1-10 Fehltage
absolut
%
17.079
64,3
13.448
64,7
17.201
62,8
15.504
67,9
14.146
66,5
17.124
65,6
19.598
68,8
18.917
65,8
13.163
61,9
19.730
60,2
16.099
60,1
15.153
65,6
197.162
64,4
keine Fehltage
absolut
%
2.519
18,3
1.499
16,1
372
26,5
1.085
17,7
1.067
22,5
810
22,7
1.759
21,1
2.008
16,8
271
33,8
485
27,3
711
25,2
811
22,0
13.397
19,6
1-10 Fehltage
absolut
%
8.657
62,8
5.985
64,3
730
52,0
3.849
62,9
2.968
62,5
2.212
62,1
5.307
63,6
7.625
63,8
376
46,9
965
54,3
1.479
52,3
2.224
60,3
42.377
62,0
11-20 Fehltage
absolut
%
3.589
13,5
2.866
13,8
3.405
12,4
2.702
11,8
2.271
10,7
2.555
9,8
2.873
10,1
3.611
12,6
2.225
10,5
3.962
12,1
3.491
13,0
2.644
11,4
36.194
11,8
21-40 Fehltage
absolut
%
1.217
4,6
884
4,3
950
3,5
779
3,4
617
2,9
665
2,5
841
3,0
1.171
4,1
619
2,9
1.247
3,8
1.059
4,0
702
3,0
10.751
3,5
über 40 Fehltage
absolut
%
458
1,7
364
1,8
298
1,1
281
1,2
227
1,1
255
1,0
233
0,8
597
2,1
208
1,0
448
1,4
405
1,5
305
1,3
4.079
1,3
b) Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache
Bezirk
Mitte
Friedrichshain-Kreuzberg
Pankow
Charlottenburg-Wilmersdorf
Spandau
Steglitz-Zehlendorf
Tempelhof-Schöneberg
Neukölln
Treptow-Köpenick
Marzahn-Hellersdorf
Lichtenberg
Reinickendorf
Berlin insgesamt
Bestand
lt.
IST-Statistik
14.145
10.044
1.406
6.482
4.880
3.818
8.402
12.198
807
1.841
2.870
4.416
71.309
Schüler insgesamt
lt. Erhebung
absolut
13.782
9.311
1.405
6.122
4.746
3.562
8.347
11.949
801
1.778
2.826
3.687
68.316
in % vom
Bestand
97,4
92,7
99,9
94,4
97,3
93,3
99,3
98,0
99,3
96,6
98,5
83,5
95,8
Aufgliederung der Schüler nach den Fehltagen
11-20 Fehltage
absolut
%
1.778
12,9
1.261
13,5
192
13,7
798
13,0
509
10,7
402
11,3
886
10,6
1.511
12,6
106
13,2
213
12,0
393
13,9
456
12,4
8.505
12,4
21-40 Fehltage
absolut
%
604
4,4
390
4,2
77
5,5
276
4,5
150
3,2
103
2,9
301
3,6
543
4,5
33
4,1
86
4,8
162
5,7
130
3,5
2.855
4,2
über 40 Fehltage
absolut
%
224
1,6
176
1,9
34
2,4
114
1,9
52
1,1
35
1,0
94
1,1
262
2,2
15
1,9
29
1,6
81
2,9
66
1,8
1.182
1,7
11
Schulversäumnisse nach Schularten (Schüler/innen insgesamt und Schüler/innen
nichtdeutscher Herkunftssprache NdH):
Grundschule
Hauptschule
Realschule
Gymnasium
Gesamtschule
über 40 Fehltage
Sonderschule
21-40 Fehltage
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
% der Schüler nach Fehltagen
Abbildung 2
Schulversäumnisse nach Bezirken:
Abbildung 3
Grundschule
Hauptschule
Realschule
Gymnasium
Gesamtschule
Insgesamt
Sonderschule
NdH
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
% der Schüler nach Fehltagen
4
Die senkrechte Linie in der Grafik gibt die Gesamtzahl der Schülerinnen und Schüler in % an, die mehr als
20 Tage des Unterrichtes in einem Halbjahr versäumt haben - 4,8 %. Dies gilt auch für beiden anderen
Grafiken auf den Seiten 12 und 13.
12
Ursachen von Schuldistanz
Mitte
Friedrichshain-Kreuz
Pankow
Charlottenburg-Wilme
Spandau
Steglitz-Zehlendorf
Tempelhof-Schöneberg
Neukölln
Treptow-Köpenick
Marzahn-Hellersdorf
Lichtenberg
über 40 Fehltage
Reinickendorf
21-40 Fehltage
0
1
2
3
4
5
6
7
% der Schüler nach Fehltagen
Die Ursachen für Schuldistanz sind sehr unterschiedlich und in verschiedenen Bereichen zu suchen, die miteinander in mehr oder weniger enger Verbindung stehen. So unterscheiden sich
die Motive und Gründe von Schüler/innen, sich
von der Schule entfernen, beträchtlich. Es ist deshalb davon auszugehen, dass ein ganzes Ursachenbündel zur Erklärung der Entwicklung von Schul-
distanz betrachtet werden muss und eine Vielzahl von Faktoren zusammenwirken (vgl. Abbildung 4), bis aus gelegentlichem Fehlen regelmäßiges wird oder die Schülerin/der Schüler sich
sogar ganz von der Schule abwendet.
Abbildung 4
Risikofaktoren im sozialen Umfeld und in
der Familie5:
Familie und soziales Umfeld
Schule
Schuldistanz
Clique
Gesellschaft
personennahe
Faktoren
13
ƒ Eltern sind bei der Erziehung ihrer Kinder aus
unterschiedlichen Gründen (berufliche Überlastung, große finanzielle Schwierigkeiten,
Arbeitslosigkeit, persönliche Schwierigkeiten,
mangelnde Erziehungskompetenz) überfordert,
sie können den Bildungsprozess ihres Kindes
nicht den Erfordernissen entsprechend unterstützen,
ƒ Eltern haben eine zwiespältige bzw. negative
Einstellung zur Schule,
ƒ sie dulden das Fernbleiben ihres Kindes,
ƒ in der Familie liegen gravierende Beziehungsprobleme vor (z. B. Trennung, Inhaftierung,
Tod etc.),
ƒ Kinder übernehmen in der Familie die Aufgaben von Erwachsenen (Hausarbeiten, Sorge für
Geschwister oder die eigenen Eltern),
ƒ es liegen Missbrauch und/oder häusliche Gewalt vor,
ƒ Eltern halten ihre Kinder fest, wollen sie nicht
loslassen, sehen in der notwendigen Ablösung
ihres Kindes vom Elternhaus eine Bedrohung.
Personennahe Risikofaktoren
ƒ Es liegen Behinderungen, Teilleistungsstörungen
etc. vor,
ƒ Schüler/innen
- haben ein stark ausgeprägtes MisserfolgsSelbstkonzept,
- sind leicht kränk- und verletzbar, haben
wenig Frustrationstoleranz,
- haben Probleme bei der Bearbeitung von
Konflikten (mangelnde Konfliktfähigkeit),
- haben Schwierigkeiten mit der Selbstorganisation (z. B. im Hinblick auf Arbeitsabläufe, Kontinuität, Pflichten, Konzentration),
- gebrauchen Drogen,
- wollen durch das Fehlen auf ein anderes
Problem aufmerksam machen,
- haben Angst vor Leistungsversagen, vor
anderen Schüler/innen, vor Lehrkräften etc.,
- können keinen Sinn bzw. persönlichen Gewinn in schulischem Lernen erkennen.
Risikofaktoren in der Jugendkultur/Clique
5
ƒ Gemeinsames Fehlen stärkt den Zusammenhalt in der Clique,
ƒ Fehlen kann einen Mutbeweis bedeuten und
dadurch einen Statusgewinn bewirken,
ƒ die Grenzüberschreitung wird als Abenteuer
erlebt,
ƒ die Entfernung von Schule wird als Abgrenzung/Loslösung vom Elternhaus bzw. den Erwachsenen betrachtet,
ƒ es herrscht eine „Null-Bock“-Stimmung, die
dadurch noch erhöht wird, dass die Zukunftsaussichten für junge Menschen heute schwieriger denn je sind,
ƒ schulferne Tätigkeitsmöglichkeiten werden als
attraktiver/lustbringender erlebt.
Risikofaktoren in der Gesellschaft
ƒ Orientierungsverlust und -losigkeit durch das
Fehlen allgemeinverbindlicher Werte,
ƒ geringe Aussichten auf einen (attraktiven)
Arbeitsplatz, u. a. durch niedrige Schulabschlüsse,
ƒ zunehmende Individualisierung, die abseits der
mit ihr verbundenen Chancen jungen Menschen auch Probleme bereitet,
ƒ die Attraktivität einer Fun-Gesellschaft, einer
Kultur des sich Gehen-Lassens verbunden mit
mangelnder Anstrengungsbereitschaft,
ƒ der Stellenwert und die Bedeutung schulischer
Bildung werden nicht ausreichend sichtbar
gemacht und ernst genommen,
ƒ durch die Medien wird die Entwicklung irrealer Lebensvorstellungen begünstigt.
Risikofaktoren in der Institution Schule
Die Problemfelder innerhalb von Schule beziehen
sich im Wesentlichen auf drei Aspekte, die in
enger Verbindung miteinander stehen, und zwar
auf
ƒ die Struktur schulischen Lernens,
ƒ die Partizipationsmöglichkeiten innerhalb von
Schule und
ƒ die Beziehungsebene.
Probleme in der Struktur schulischen
Lernens6
Zusammenstellung orientiert an Dr. Thimm, in: Schulverdrossenheit und Schulverweigerung. Seite 70 ff.
14
ƒ Leistungsdruck, Versagensängste, erfolgloses Lernen, schlechte Zensuren, Klassenwiederholungen, Herunterstufung in eine geringerwertige Schulform, falsche Schulform,
nicht bewältigte Übergänge,
ƒ keine Aussicht auf guten Schulabschluss,
ƒ Anpassungsforderungen,
ƒ Unterricht ist aufgrund sich wiederholender
Abläufe langweilig,
ƒ schulische Bildungsinhalte werden als bedeutungslos bzw. sinnlos empfunden,
ƒ schulisches und außerschulisches Leben und
Lernen sind getrennt,
ƒ Lernen hat zu wenig mit den Interessen
und den Lebenslagen der Schüler/innen zu
tun,
ƒ schulisches Lernen hat zu wenig gegenwärtigen Gebrauchswert.
Probleme auf der Beziehungsebene7
ƒ Probleme zwischen Schüler/innen und Schüler/innen
- Schüler/innen sind nicht in die Klassengemeinschaft eingebunden,
- Schüler/innen haben Probleme mit einzelnen anderen Schüler/innen bzw. Gruppen, sie werden gehänselt, geschlagen,
gemobbt, ausgegrenzt
ƒ Probleme zwischen Schüler/innen und Lehrkräften
ƒ Probleme zwischen Lehrkräften
ƒ Probleme zwischen Lehrkräften und Eltern
Probleme auf der Ebene der Partizipation
ƒ Schüler/innen haben zu wenig Möglichkeiten bzw. Rechte, an der Gestaltung ihrer
Schule mitzuwirken.
Prävention
6
7
Vor dem Hintergrund der dargestellten, die Entwicklung von Schuldistanz verursachenden bzw.
begünstigenden Faktoren (vgl. Ursachen von Schuldistanz, Seite 13) geht es unter dem Aspekt der
Prävention von Schuldistanz - soweit Schule selbst
Einfluss nehmen kann - ganz allgemein darum,
Schule so zu gestalten, dass Schuldistanz möglichst
gar nicht entsteht. Es gilt, Anzeichen für eine
eventuelle Entfernung von der Schule innerhalb
von Schule (vgl. Erscheinungsformen von Schuldistanz, Stufe 1, Seite 7) frühzeitig wahrzunehmen
und mit sinnvollen pädagogischen Maßnahmen
darauf zu reagieren. Prävention in diesem Sinne
zu gestalten, setzt zunächst die Bereitschaft voraus, sich mit dem Thema Schuldistanz auseinander
zu setzen und im Rahmen der schulischen Gremien (u. a. Gesamtkonferenz, Schulkonferenz,
Gesamtelternvertretung) einen längerfristig angelegten Diskussionsprozess mit dem Ziel zu organisieren, bei Bedarf ein Präventionskonzept zu
entwickeln. Dabei sind u. a. folgende Fragestellungen von Bedeutung:
ƒ Sind Veränderungen des Unterrichts notwendig und wie sind sie zu realisieren?
ƒ Sollte das soziale Miteinander in der Schule
verbessert werden?
ƒ Sollten mehr Partizipationsmöglichkeiten für
Schüler/innen, Lehrer/innen und Eltern geschaffen werden?
ƒ Sollte die Zusammenarbeit mit Eltern verbessert werden?
ƒ Sollte die Kooperation mit außerschulischen
Einrichtungen, wie z. B. dem Jugendamt, entwickelt bzw. weiter entwickelt werden?
ƒ Werden Informationen zum Thema Schuldistanz
benötigt?
ƒ Besteht Fortbildungsbedarf zum Thema Schuldistanz?
ƒ Wie können im Hinblick auf Schuldistanz zu
ergreifende Präventionsmaßnahmen evaluiert
werden?
Die Bedingungen für das Leben und
Lernen in der Schule verändern
Vollständigkeit ist nicht beabsichtigt.
Vollständigkeit ist nicht beabsichtigt.
15
Die im Folgenden dargestellten Vorschläge zur
Prävention von Schuldistanz lassen sich von dem
Gedanken leiten, dass es Aufgabe der Schule ist,
Kinder und Jugendliche anregend dabei zu unterstützen, ihre wertvollen Anlagen zur vollen
Entfaltung zu bringen, ein Höchstmaß an Urteilskraft und Können zu entwickeln und gründliches
Wissen zu erwerben. Das Bildungsangebot ist dabei
so zu gestalten, dass die vielfältigen individuellen
Lerninteressen von Kindern und Jugendlichen
berücksichtigt werden und sie sich darüber hinaus angesprochen fühlen, es wahrzunehmen und
mit zu gestalten.
Präventionsmaßnahmen sollten sich vor diesem
Hintergrund auf
ƒ die inhaltliche und organisatorische Gestaltung
des Unterrichts,
ƒ die besondere Förderung von leistungsschwachen Schüler/innen,
ƒ die Möglichkeiten der Partizipation an der Gestaltung des Schullebens sowie auf
ƒ die Verbesserung des Miteinanders durch mehr
soziales Lernen
beziehen.
Etliche Schulen durchlaufen - teilweise seit längerem - einen Entwicklungsprozess, in dem die
in dieser Handreichung vorgeschlagenen Präventionsmaßnahmen bereits in unterschiedlichem
Maße Berücksichtigung gefunden haben (vgl.
hierzu die entsprechenden Beispiele im Anhang,
Seite 30 ff.). Dabei geht es diesen Schulen u. a.
darum,
ƒ ihre Schulkultur so zu gestalten, dass sie sich
durch die Bereitschaft zum Dialog innerhalb
des Kollegiums mit den
ƒ Schüler/innen, den Eltern und mit außerschulischen Einrichtungen auszeichnet,
ƒ Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler sowie
Eltern zur aktiven Beteiligung am Schulleben
zu ermutigen,
ƒ ein möglichst angstfreies Schulklima zu schaffen, in dem Kinder gern lernen,
ƒ den Unterricht so zu gestalten, dass alle Kinder die Lern- und Leistungsanforderungen
möglichst erfolgreich bewältigen,
ƒ eine Lernkultur zu etablieren, die die Entwicklung von Ich-, Sozial, Methoden- und Sachkompetenz unterstützt und in der Schüler/innen
mehr Verantwortung für ihren Lernprozess
übernehmen können,
16
ƒ den Problemen und Konflikten ihrer Schüler/innen in ihrer pädagogischen Arbeit besondere Aufmerksamkeit zu widmen,
ƒ Maßnahmen mit dem Ziel zu etablieren, dass
sich alle Kinder integriert fühlen,
ƒ die Weiterentwicklung der pädagogischen
Qualifikationen des Kollegiums zu ermöglichen.
Wenn es gelingt, diese eher programmatischen
Überlegungen zu konkretisieren und in die schulische Praxis umzusetzen, wird dies dazu beitragen, dass Kinder und Jugendliche gern in die
Schule gehen. In einem gegebenenfalls zu entwickelnden Präventionskonzept Schuldistanz sollten
sie deshalb eine zentrale Rolle spielen.
Inhaltliche und organisatorische
Gestaltung des Unterrichts
Um der Entstehung von Schuldistanz vorzubeugen, sollte Schule durch die inhaltliche und organisatorische Gestaltung des Unterrichtes erfolgreiches und persönlich bedeutsames Lernen ermöglichen und die individuelle Förderung wesentlich stärker als bisher in den Vordergrund
pädagogischen Handelns stellen.
Ziele und Inhalte von Unterricht:
ƒ Lernziele und -inhalte
- orientieren sich an den individuell unterschiedlichen Lernvoraussetzungen der einzelnen Schülerin, des einzelnen Schülers,
d. h., die Anforderungen werden differenziert, so dass persönlich erfolgreiches
Lernen ermöglicht wird,
ƒ Inhalte
- berücksichtigen die Interessen/Bedürfnisse der Schüler/innen,
- haben Gegenwartsbezug,
- tragen zur gegenwärtigen Lebensbewältigung bei,
- werden als persönlich sinnvoll/bedeutungsvoll empfunden,
ƒ Ernstfallpädagogik, z. B. durch Schülerfirmen
ƒ Ernstsituationen für persönlich bedeutsames
Lernen schaffen
ƒ Schüler/innen
- lernen das „Selbstregulierte Lernen“
(s. PISA),
- übernehmen Verantwortung für ihren
Lernprozess,
- teilen ihre Lernzeit ihren individuellen Bedürfnissen entsprechend selbst ein,
- kontrollieren ihre Arbeitsergebnisse selbst,
- lernen das Lernen und erwerben so
Methodenkompetenz.
Organisation von Unterricht:
ƒ Veränderte Lernformen z. B.
- Tages- und Wochenplanarbeit,
- handlungsorientierter Unterricht,
- Projektunterricht und
- Experimentierräume
ermöglichen es ebenfalls, das Lernen zu
lernen.
Besondere Förderung leistungsschwacher
Schüler/innen
Dauerhafte Misserfolge, die sich u. a. in schlechten Zensuren oder auch im mehrmaligen Wiederholen einzelner Klassenstufen niederschlagen,
können gerade auch bei älteren Schüler/innen in
Verbindung mit als mangelhaft eingeschätzten
beruflichen Perspektiven zu nachhaltiger Demotivation und dazu führen, dass sich Schüler/innen
zunächst innerlich von der Schule abwenden. Einer solchen „inneren Emigration“ folgt dann nicht
selten gelegentliches unerlaubtes Fernbleiben und
am Ende der Spirale das vollständige Fernbleiben
von der Schule.
Solche Prozesse können auf der individuellen Ebene
der Schüler/innen zu einem Mangel an Selbstwertgefühl und zu einem negativen Selbstbild
mit der Folge beitragen, dass Schüler/innen sich
innerlich immer weiter zurückziehen, sich nichts
mehr zutrauen und schließlich aufgeben. Sie arbeiten am Unterricht nicht mehr mit und versuchen,
diese Situation auf die unterschiedlichste Art und
Weise zu kompensieren. Gelingt dies nicht bzw.
führt dies zu weiteren Problemen und zu Konflikten, wird der Prozess der „inneren Emigration“
weiter verstärkt. Es entwickeln sich Verhaltensauffälligkeiten, mitunter auch aggressive Verhaltensweisen, die aus einem/einer leistungsschwachen Schüler/in zusätzlich eine/n verhaltensauffällige/n Schüler/in machen. Solche Schüler/innen verweigern sich oftmals gut gemeinten
Angeboten der Schule und erwecken auch dadurch
den Eindruck, sich der Schule zu verweigern mit
der Folge, dass auch die Kommunikation zwischen Lehrkräften und Schüler/innen besonderen
Belastungen ausgesetzt ist.
Solche Schüler/innen, die nicht selten aus bildungsfernen Elternhäusern kommen, die nicht in der
Lage oder willens sind, ihre Kinder in ausreichendem Maße zu fördern, brauchen besondere Unterstützung und Förderung und es ist eine zentrale Aufgabe von Schule, die unterschiedlichen
Lernvoraussetzungen auszugleichen sowie Prozesse
der „inneren Emigration“ frühzeitig zu erkennen
und angemessen darauf zu reagieren. In diesem
Zusammenhang kommt es einerseits darauf an,
Schüler/innen Wege aufzuzeigen, die aus dem
Teufelskreis von Selbststigmatisierung und Stigmatisierung herausführen und ihre Potentiale und
Ressourcen verstärkt zur Geltung kommen lassen. Andererseits können die oben dargestellten
Veränderungen der inhaltlichen Gestaltung des
Unterrichtes über notwendige Gespräche und
Absprachen mit den Schüler/innen und den Eltern (vgl. Seiten 22 und 26) und z. B. die Organisation von Nachhilfe hinaus einen wichtigen
Beitrag zur Förderung und Unterstützung der
Schülerinnen leisten.
Partizipation an der Gestaltung des Schullebens
Eine positive Identifikation von Schülerinnen und
Schülern mit der Schule als Lern- und Lebensort
setzt voraus, dass sie sich in einem möglichst
hohem Maße an der Gestaltung des Schullebens
beteiligen können.
Partizipation könnte im Schulalltag bedeuten,
ƒ alle am Schulleben Beteiligten an Informations- und Entscheidungsprozessen mitwirken zu lassen,
ƒ Schüler/innenparlamente zum Einüben von
demokratischen Handlungsmöglichkeiten einzurichten, in denen Kinder und Jugendliche
lernen
- sich einzumischen und ihre Rechte wahrzunehmen,
- Eingaben zu machen, Interessen zu vertreten und
- gemeinsam mit den Erwachsenen Themen und Konflikte zu bearbeiten,
ƒ mit allen am Schulleben Beteiligten gemeinsam Schulregeln zu entwickeln, die sowohl
für die Kinder/Jugendlichen als auch für die
Erwachsenen gelten,
ƒ Schulregeln kontinuierlich auf ihre Sinnhaftigkeit hin zu überprüfen und ggf. zu
ändern,
17
ƒ viele Informationen über andere Menschen
zu erhalten/viele Erfahrungen mit anderen
Menschen zu teilen:
- weltliche und religiöse Feste zu feiern,
- regelmäßige Begegnungen mit Kindern
und Jugendlichen aus anderen Schulen
und anderen Lebenszusammenhängen zu
organisieren,
- Veranstaltungen durchzuführen, bei denen die Kinder/Jugendlichen ihre Fähigkeiten vielen anderen zeigen können (z. B.
Theateraufführungen, Präsentationen von
Arbeitsergebnissen etc.),
- mit außerschulischen Personen zu kooperieren (z. B. mit Eltern, Jugend- und
Kultureinrichtungen, mit Menschen unterschiedlicher Berufsgruppen etc.),
ƒ mit Kindern und Jugendlichen Möglichkeiten zur Eigeninitiative und zur Übernahme
von Verantwortung zu schaffen,
ƒ entwicklungsgerechte Mitwirkungs- und
Entscheidungsmöglichkeiten für Kinder und
Jugendliche zu schaffen (z. B. Konfliktlotsen),
ƒ Schülerfirmen einzurichten.8
Verbesserung des Miteinanders durch
mehr soziales Lernen
Gelungene soziale Beziehungen zwischen Schüler/innen und Lehrkräften sowie Schüler/innen und
Schüler/innen sind eng mit schulischem Erfolg
verbunden. Auf Lernmotivation und Schulleistung
wirkt sich positiv aus, wenn Schüler/innen in eine
Klassengemeinschaft eingebunden sind und sich
in der Schule wohl und sicher fühlen. Dies belegen diverse Untersuchungen.9 Schüler/innen sind
nicht nur Englisch-Lerner, sie sind Menschen mit
unterschiedlichen Gefühlen, Bedürfnissen, Wünschen, Interessen, Erfahrungen, Problemen, die
8
sie nicht einfach vor der Klassenzimmertür abgeben können. Die gesamte Persönlichkeit eines
Menschen, und nicht nur ein Teil von ihr, hat
Bedeutung für erfolgreiches Lernen. Deswegen
muss die Schule dem sozialen Leben und Lernen
in der Schule einen wesentlich größeren Stellenwert einräumen als dies bisher der Fall ist.
Sie muss den sozialen Lernprozess gezielt und
kontinuierlich unterstützen und zwar
ƒ sowohl in Verbindung mit dem Fachunterricht
als auch
ƒ in eigens dafür vorgesehenen (Unterrichts-)zeiten.
Möglichkeiten für das soziale Lernen in Verbindung mit dem Fachunterricht
Die Grundlage für mehr soziales Lernen in Verbindung mit dem Fachunterricht beruht auf einem erweiterten Lernbegriff. Das bedeutet, dass
das fachliche Lernen um die methodische, soziale und persönliche Dimension erweitert wird. Ziel
ist die Entwicklung von Lern- und Lebenskompetenz, die durch die Entwicklung von SachMethoden-, Selbst- und Sozialkompetenz entsteht.
Diese vier Teilkompetenzen stützen sich gegenseitig10 und sind untrennbar miteinander verbunden. Der Unterricht muss entsprechend vorbereitet, durchgeführt und nachbereitet werden.
Abbildung 511
Derzeit gibt es an 65 Schulen in Verbindung mit dem Fach „Arbeitslehre“ Schülerfirmen. Schlüsselqualifikationen
werden erworben, Verantwortungsbewusstsein entwickelt sich, ein erhöhtes Identifikationspotential mit der
Schule entsteht. Das „Netzwerk Berliner Schülerfirmen“ bietet dazu ein ganzheitliches Lernarrangement für
Schüler/innen der Sonderschulen für Lernbehinderte.
9
Siehe Marianne Horstkemper: Soziales Leben und Lernen - Platz dafür in der Leistungsschule, in: Soziales
Lernen - Stiefkind in der Leistungsschule, Hg.: Landeskooperationsstelle Schule - Jugendhilfe, Brandenburg.
10
Siehe Äußere Differenzierung 5/6 - Impulse zur Förderung der individuellen Leistungsfähigkeit, Seite 11 ff.,
Hg.: Berliner Landesinstitut für Schule und Medien. 2001.
11
ebenda, Seite 14
18
Auf einer noch sehr allgemeinen Stufe könnte
dies Folgendes bedeuten:12
Sachkompetenz kann sich entwickeln,
wenn Schüler/innen lernen,
Methodenkompetenz kann sich entwickeln, wenn Schüler/innen
ƒ Fakten, Daten, Begriffe, Definitionen zu
kennen,
ƒ Erklärungen, Argumente zu verstehen,
ƒ Thesen, Maßnahmen zu beurteilen,
ƒ Einzelwissen in Zusammenhänge zu bringen,
ƒ Zusammenhänge zu erkennen.
ƒ lernen, Arbeitstechniken zu beherrschen
(Texte markieren, nachschlagen, Heftführung,
Stichwortzettel anlegen, systematisch auswendig lernen, visualisieren ...),
ƒ Lernstrategien kennen lernen (Hypothesen
überprüfen, Fragen stellen, gliedern, ordnen ...),
ƒ lernen, ihre Arbeit zu planen und zu organisieren (den Arbeitsplatz einrichten, Klassenarbeit vorbereiten, Lerntagebuch führen ...).
Sozialkompetenz kann sich entwickeln,
wenn Schüler/innen lernen,
Selbstkompetenz kann sich entwickeln,
wenn Schüler/innen lernen,
ƒ arbeitsteilig und kooperativ zu arbeiten (in
Partner- und Gruppenarbeit, im Tandem,
durch Tutoring ...),
ƒ in Gruppen zu moderieren (Spielregeln vereinbaren, Rollen klären, Ziele setzen ...),
ƒ erfolgreich zu kommunizieren (Gespräche eröffnen, zuhören, Kommunikationsschwierigkeiten verstehen, Konflikte bearbeiten ...),
ƒ zu präsentieren (Arbeitsergebnisse ziel- und
adressatengerecht vermitteln).
ƒ sich selbst realistisch einzuschätzen,
ƒ Selbstwertgefühl zu entwickeln,
ƒ den eigenen Lernprozess zu organisieren
(geeignete Lernstrategien einsetzen, Prioritäten setzen, mit Zeit umgehen ...),
ƒ die persönlichen Lernressourcen zu kennen
und zu nutzen,
ƒ den eigenen Lernprozess zu reflektieren,
ƒ zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung
zu unterscheiden.
Möglichkeiten für das soziale Lernen in eigens
dafür vorgesehenen (Unterrichts-)Zeiten
Die oben angesprochene Verbindung der Entwicklung von Selbst- und Sozialkompetenz mit dem
Fachunterricht allein reicht nicht aus, um diesem
Erfordernis Rechung zu tragen. Die Bearbeitung
der täglich anfallenden Probleme und Konflikte
muss direkt - ohne den Umweg über ein fachliches Thema - erfolgen. Die Schule muss Raum
und professionelle Unterstützung für die Bearbeitung aktueller Probleme - insbesondere von solchen, die unmittelbar mit dem Schulalltag zusammenhängen - bieten. Denn diese wirken in den
Unterricht hinein und müssen notgedrungen zu
mehr oder weniger gravierenden „Störungen“
führen, wenn sich die Schule ihnen gegenüber
nicht mehr als bisher öffnet.
Auf Grund des enormen gesellschaftlichen Wandels in den zurückliegenden Jahrzehnten ist davon
auszugehen, dass die Zeiten ‚familialer Gratisproduktionen’ schulischer Voraussetzungen weitgehender denn je der Vergangenheit angehören.13
Kinder und Jugendliche benötigen in der Schule
professionelle Begleitung und Unterstützung auch
bei der Entwicklung ihrer persönlichen und sozialen Kompetenzen und bei der
Gestaltung ihrer Beziehungen und ihres Umgangs
miteinander.
12
13
ebenda, Seite 13
In Anlehnung an Dr. Thimm, in: Schulverdrossenheit und Schulverweigerung, Seite 8
19
Außerdem werden Kinder und Jugendliche ihre
Lern- und Leistungsfähigkeit besser oder überhaupt
erst entfalten können, wenn sich ihre Beziehungen untereinander befriedigend gestalten und sich
jede/jeder am Ort Schule wohl und sicher fühlt.
Dies gilt u. a. gerade auch für Schuldistanzierte.
Sie haben häufig in der Klasse keine Freunde/
Freundinnen, sind ausgeschlossen, werden gehänselt und gemobbt.
Mehr soziales Lernen - sowohl in Verbindung mit
dem Fachunterricht als auch in eigens dafür vorgesehenen (Unterrichts-)Zeiten - kann ganz wesentlich zur Integration aller Schüler/innen in die Klassen- und Schulgemeinschaft sowie zu einem
gewaltfreien, demokratischen Umgang in unseren Schulen beitragen (vgl. Anhang, Seite 30
- Schulen stellen sich vor). Soziale und persönliche Kompetenzen bilden darüber hinaus im
Sinne von Schlüsselqualifikationen eine wesentliche Grundlage für das berufliche Fortkommen
unserer Schülerinnen und Schüler.
Einigen Schulen ist es bereits gelungen, kontinuierlich eigens für das soziale Lernen vorgesehene Unterrichtszeiten zu organisieren. An den Gesamtschulen können die Kerngruppenstunden und die
außerunterrichtlichen Zeiten dafür genutzt werden. Schulen, die nach dem 40-Minuten-Modell14
arbeiten, können die Zeit, die sie dadurch gewinnen, für soziales Lernen einsetzen. Manche Schulen verwenden dafür AG-Stunden. Den VHG-Schulen15 stehen zusätzliche Stunden zur Verfügung,
in denen kontinuierlich soziales Lernen stattfinden
kann. Andere Schulen beziehen sich auch auf das
Rundschreiben Nr. 9, 1998 zur „Förderung der
Chancengleichheit von Mädchen und Jungen“, in
dem es heißt: „Durch Konferenzbeschlüsse zur
Unterrichtsorganisation können (daher) unter
Berücksichtigung der jeweiligen Gegebenheiten der
einzelnen Schule Zeiten (z. B. eine Wochenstunde)
für eine kontinuierliche und systematische Mädchen- und Jungenarbeit unter Bildung geschlechtsspezifischer Gruppen festgelegt werden.“
14
In den eigens für das soziale Lernen vorgesehenen (Unterrichts-)Zeiten sollten die aktuellen Belange von Schülerinnen und Schülern im Vordergrund stehen. Anregungen für die Gestaltung
sozialer Lernprozesse finden sich u. a. in dem
Curriculum, das im Zusammenhang mit dem BLK16Modellversuch „Konfliktbewältigung für Mädchen
und Jungen - Ein Beitrag zur Förderung sozialer
Kompetenzen in der Grundschule“ im Auftrage
der damaligen Senatsverwaltung für Schule entwickelt wurde17 18.
Soziales Lernen geht nicht nur Kinder und Jugendliche an, sondern alle, die an der Sozialisation junger Menschen beteiligt sind. Wenn
Eltern, Lehrkräfte und Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen einen kontinuierlichen Dialog
darüber führen, wie die Entwicklung von Selbstund Sozialkompetenz in und außerhalb von Schule
zu gestalten ist, und in diesem Zusammenhang
Verantwortung übernehmen, Vereinbarungen treffen und entsprechend handeln, sind wesentliche
Voraussetzungen für die Weiterentwicklung des
sozialen Lernens erfüllt.
Was gelungene Kooperation von allen am Schulleben Beteiligten im Zusammenhang mit dem
sozialen Lernen bewirken kann und welche Bedeutung vor allem die enge Verzahnung von Schulund Sozialpädagogik hat, zeigen einige der
in dieser Handreichung aufgeführten Schulbeispiele19.
Im Rahmen solcher Kooperationsprozesse könnte
es u. a. darum gehen,
ƒ mehr sozialpädagogische Arbeitsweisen und
Angebote in die Lebenswelt der Schule zu integrieren,
ƒ Hilfe zur Bewältigung des Stresses, der durch
Anpassungs- und Leistungsanforderungen bzw.
-beurteilungen erzeugt wird, zur Verfügung
zu stellen,
Zur Erläuterung des 40 - Minuten - Modells (vgl. Anhang, Seite 40).
VHG steht für Verlässliche Halbtagsgrundschulen.
16
BLK steht für Bundländerkommission.
17
Band 2 der Veröffentlichung der Ergebnisse des Modellversuchs enthält eine ausführliche Spiele- und Übungssammlung für die Grundschule. Er ist über den Buchhandel zu beziehen.
18
Wenden Sie sich bitte auch an das Berliner Landesinstitut für Schule und Medien, wenn Sie sich im Bereich
des sozialen Lernens fortbilden wollen.
19
Vor allem die VHGs und die (geplanten) Ganztagsschulen könnten auf der Grundlage einer verbindlichen
- möglicherweise im Rahmen einer Vereinbarung geregelten - Kooperation von Lehrkräften und Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen (weiter)entwickelt werden.
15
20
ƒ Orte, Zeit und professionelle Begleitung zur
Bearbeitung von Konflikten zu schaffen,
ƒ im Zusammenhang mit sozialem Lernen die
vielfältigen Beziehungswünsche und Beziehungsprobleme, die am Lebensort Schule entstehen, zu thematisieren,
ƒ die Fähigkeit zu sozialem Handeln entwickeln
zu helfen und dabei geschlechtsspezifische
Unterschiede zu berücksichtigen,
ƒ schulische Freizeiten, Gemeinschaftsveranstaltungen, Klassenfahrten etc. durchzuführen,
ƒ gemeinsam mit Schüler/innen Schule zu gestalten,
ƒ für vielfältige Kontakte zwischen Eltern und
Schule zu sorgen und diese evtl. zu institutionalisieren,
ƒ bestehende Schulstationen und/oder Schülerclubs in die Arbeit mit einzubeziehen oder
ggf. neue einzurichten,
ƒ mit Jugendfreizeiteinrichtungen zusammenzuarbeiten,
ƒ mit anderen außerschulisch tätigen Personen
zusammenzuarbeiten, z. B. mit den Jugendbeauftragten der Polizei, mit Künstler/innen,
Handwerker/innen, Menschen aus anderen
Ländern und
ƒ insgesamt zur Öffnung der Schule beizutragen.
Folgende Verhaltensweisen bzw. Merkmale können auf potentiell gefährdete Schüler/innen hinweisen:
Mögliches Vorgehen im individuellen Fall
ƒ Außenseiterrolle in der Klasse,
ƒ gemobbt werden,
ƒ Mitgliedschaft in einer Clique Schuldistanzierter.
Rechtzeitiges angemessenes Handeln kann der
Entstehung von Schuldistanz zuvorkommen.
Gravierende Formen von Schuldistanz entstehen
nicht von heute auf Morgen, sondern entwickeln
sich in den meisten Fällen im Rahmen eines längeren Prozesses. Erste Anzeichen von Schuldistanz
sind bereits zu erkennen, lange bevor Schüler/innen beginnen, nicht mehr regelmäßig zur Schule
zu kommen. Diese Form von Schuldistanz innerhalb von Schule wurde deshalb bei der Darstellung der Erscheinungsformen von Schuldistanz
mit Stufe 1 bezeichnet (vgl. Seite 7) und es ist
im Rahmen der Prävention von entscheidender
Bedeutung, Merkmalen von Schuldistanz innerhalb von Schule besondere Aufmerksamkeit zu
widmen.
Sich unauffällig vom Unterricht abwenden:
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
träumen,
abschalten,
sich ablenken lassen,
sich nicht mehr beteiligen,
sich mit anderen Dingen beschäftigen,
Zeit absitzen,
häufiger Toilettenbesuch während der Unterrichtszeit.
Sich auffällig vom Unterricht abwenden:
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
„Quatsch“ machen,
dazwischen rufen,
stören,
Normen verletzen,
zeitweise vom Unterricht ausgeschlossen werden.
ƒ zu spät kommen,
ƒ gelegentliches Versäumen von einzelnen Unterrichtsstunden,
ƒ häufiger Arztbesuch während der Unterrichtszeit,
ƒ häufiges, längeres entschuldigtes Fehlen bei
leichteren Erkrankungen,
Nicht alle der hier aufgeführten Verhaltensweisen und Merkmale sind in jedem Fall Hinweise
auf Schuldistanz. Die genannten Verhaltensweisen können auch ein Hinweis auf andere Probleme von Schüler/innen sein. Vor diesem Hintergrund bedarf es ihrer sorgfältigen Interpretation,
um wirksame Präventionsmaßnahmen zu entwickeln. Dabei wird es vor allem darauf ankommen,
ƒ Gespräche mit der Schülerin/dem Schüler zu
führen,
ƒ rechtzeitig mit den Eltern Kontakt aufzunehmen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen
(siehe hierzu: Gespräche mit den Eltern, Seiten 22 und 26),
21
ƒ Schüler/innen und Eltern bei den Gesprächen
mitzuteilen, welche Beobachtungen bzgl. des
Verhaltens der Schülerin/des Schülers gemacht
wurden und welche Sorgen seitens der Lehrkräfte damit verknüpft werden,
ƒ mögliche Ursachen für das beobachtete Verhalten im gemeinsamen Gespräch zu ergründen,
ƒ ggf. Schülerpatenschaften einzurichten, die
gewährleisten, dass bei Krankheit Kontakt zum
kranken Kind gehalten wird, ihm Hausaufgaben gebracht werden und es beim Nachholen
des versäumten Stoffes unterstützt wird,
ƒ Veränderungen innerhalb der Schule (vgl. dazu
Seite 16 ff. - Die Bedingungen für das Lernen
in der Schule verändern) zu realisieren, sofern
die Ursachen im weitesten Sinne in der Schule
zu finden sind,
ƒ mit den Betroffenen zu besprechen, wie geholfen werden kann, sofern die Ursachen im
weitesten Sinne außerhalb von Schule zu finden sind,
ƒ ggf. mit dem zuständigen Schulpsychologischen
Beratungszentrum Kontakt aufzunehmen,
ƒ ggf. mit dem zuständigen Jugendamt Kontakt
aufzunehmen,
ƒ ggf. mit sonstigen Diensten, evtl. mit dem
Gesundheitsamt, Kontakt aufzunehmen,
ƒ Vereinbarungen mit allen Betroffenen zu treffen und deren Einhaltung in kurzen Abständen, regelmäßig zu überprüfen und zwar sowohl bei den Schüler/innen und den Lehrkräften (ggf. den Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen) als auch bei den Eltern.
Zusammenarbeit mit den Eltern
Das Gespräch mit den Eltern potentiell schuldistanzierter Kinder und Jugendlicher zu suchen,
ist ein zentraler Aspekt im Zusammenhang mit
der Prävention von Schuldistanz. Unter anderem
wird es ganz wesentlich von solchen Gesprächen
abhängen, inwieweit es gelingt, die oben genannten Verhaltensweisen von Schüler/innen richtig zu deuten und die notwendigen Informationen dafür zu erhalten20. Die im Folgenden dargestellten Grundsätze für Elterngespräche berücksichtigen sowohl den Beziehungsaspekt als auch
den inhaltlichen Aspekt der Kommunikation mit
Eltern.
20
Grundsätze für Elterngespräche im Rahmen der Prävention von Schuldistanz
Von zentraler Bedeutung ist es,
ƒ eine ruhige, räumlich ansprechende und von
Wertschätzung getragene Gesprächsatmosphäre zu schaffen,
ƒ in geeigneter Weise deutlich zu machen,
dass das Gespräch grundsätzlich von der
Sorge um die Schülerin/den Schüler getragen ist,
ƒ zu beachten, dass Kritik nur angenommen
wird, wenn sich Eltern trotz aller Schwierigkeiten akzeptiert und anerkannt fühlen,
ƒ die Erkenntnis zu berücksichtigen, dass Schuldistanz auch ein Ergebnis der Kommunikation zwischen Schüler/innen und Lehrkräften sowie der inhaltlichen und organisatorischen Gestaltung des Unterrichtes sein kann,
ƒ deutlich zu machen, dass Lehrkräften gegenüber geäußerte Kritik ernst genommen
wird,
ƒ klar zu stellen, dass es im Rahmen des Gesprächs um die gemeinsame Suche nach
Lösungen geht,
ƒ eine Balance zwischen anerkennenden Äußerungen über das Kind einerseits sowie
klar und deutlich formulierten Informationen über bestehende Probleme andererseits
zu schaffen,
ƒ zu signalisieren, dass Sie das Verhalten des
Kindes/der Eltern verstehen, dennoch aber
damit nicht einverstanden sind,
ƒ Kritisches nicht als Vorwurf, jedoch unmissverständlich zu formulieren,
ƒ sich über das Wissen der Eltern in Bezug
auf die von Ihnen beobachteten Verhaltensweisen des Kindes zu erkundigen,
ƒ sich nach den Interpretationen der Eltern
hinsichtlich dieses Verhaltens zu erkundigen,
ƒ sich darüber informieren zu lassen, ob und
ggf. mit welchen Maßnahmen die Eltern
auf das Verhalten ihres Kindes reagiert haben, bzw. ob bereits Hilfestellung von außen
geleistet wird und welchen Erfolg diese Maßnahmen bislang hatten,
ƒ mit den Eltern über deren Pflichten und die
damit verbundenen Anforderungen an die
Erziehung ihres Kindes zu sprechen.
Fortbildungen im Bereich von Kommunikationstrainings können das Führen von Elterngesprächen wesentlich
unterstützen.
22
Die schulpsychologischen Beratungszentren als Partner bei der Prävention
Das für Ihre Schule zuständige Schulpsychologische
Beratungszentrum kann Ihre Arbeit unterstützen
durch
ƒ Beratungs- und Begleitungsangebote zur Gestaltung eines guten Schulklimas, das geprägt
ist durch aktive Teilhabe aller am Schulleben
Beteiligten und einer Haltung der gegenseitigen Wertschätzung,
ƒ die Sensibilisierung des Kollegiums zur Erkennung früher Anzeichen von Entwicklungen zur
Schuldistanz und des Spektrums der Verursachungsbedingungen (als Beitrag in pädagogischen Diskussionen in Gesamtkonferenzen,
Klassen- oder Jahrgangskonferenzen u. a.)
ƒ Beratung bei der Erarbeitung und Etablierung
institutioneller Umgangs- und Verfahrensregelungen im Sinne eines raschen und konsequenten Handelns bei ersten Anzeichen von
Schuldistanz und
ƒ beratende Begleitung von schulinternen Teams
speziell vorbereiteter Kollegen/Kolleginnen
(Schulleitung, Lehrer/innen, Sozialpädagogen/
Sozialpädagoginnen und Erzieher/innen) an den
Schulen (Training in Gesprächsführung, Mediationsangebote, Unterrichtsgestaltung/Förderung
u. a.).
Zusammenarbeit mit der Jugendhilfe
Grundlage der Handelns der Jugendhilfe ist das
SGB VIII, das Achte Buch des Sozialgesetzbuches
(häufig auch als Kinder- und Jugendhilfegesetz
- KJHG - bezeichnet). Die wesentlichen Aufgaben
sind in § 1 „Recht auf Erziehung, Elternverantwortung, Jugendhilfe“ formuliert:
(1) Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu
einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das
natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst
ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung
wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Jugendhilfe soll zur Verwirklichung des Rechts
nach Absatz 1 insbesondere
1. junge Menschen in ihrer individuellen und
sozialen Entwicklung fördern und dazu beitra-
gen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen,
2. Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei
der Erziehung beraten und unterstützen,
3. Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr
Wohl schützen,
4. dazu beitragen, positive Lebensbedingungen
für junge Menschen und ihre Familien sowie
eine kinder- und familienfreundliche Umwelt
zu erhalten oder zu schaffen.
Die Jugendhilfe hat demnach keinen eigenständigen Erziehungsauftrag. Sie soll die Eltern oder
Erziehungsberechtigten bei der Erziehung und bei
der Realisierung förderlicher Entwicklungsbedingungen sowie die Kinder und Jugendlichen selbst
bei der Lebensbewältigung unterstützen. Für die
Unterstützung der Eltern ist ein freiwilliges Verhältnis zwischen Familie und Jugendhilfe die Voraussetzung.
Das heißt, Jugendhilfe erreicht in der Regel nur
die Eltern und Kinder, die diese Hilfe annehmen
wollen. Fachliche Einschätzungen über die Hilfebedürftigkeit haben für die Betroffenen in der Regel
nur Hinweischarakter und können nicht an die
Stelle des elterlichen Willens gesetzt werden. Im
Feld der Jugendhilfe soll zur Verwirklichung der
Leistungsansprüche von Eltern nach dem SGB VIII
für die Kinder ein qualifiziertes professionelles
Angebot bereitgehalten werden. Es obliegt der
Entscheidung der Eltern, Angebote des Jugendamtes zur partnerschaftlichen Begleitung anzunehmen und in diesem Rahmen professionelle Erziehungs- und Entwicklungshinweise zu akzeptieren,
sich an der Entwicklung und Ausgestaltung der
Hilfe zu beteiligen und den Zeitpunkt der Beendigung der Unterstützung festzulegen.
Nach § 81 SGB VIII sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Zusammenarbeit mit anderen Stellen und öffentlichen Einrichtungen im
Rahmen ihrer Aufgaben und Befugnisse verpflichtet. Hierzu gehört auch die Schule.
In Verbindung mit der Schule hat die Jugendhilfe
die Sozialisierungs- und Betreuungsbereiche Kindertagesstätte, Vorschule und Hort, die Angebotsformen der offenen Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit und der Hilfen zur Erziehung einzubeziehen. Dabei gewährt die Jugendhilfe u. a.
folgende Leistungen:
ƒ Angebote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes (§§ 11 bis 14 SGB VIII),
23
ƒ Angebote zur Förderung der Erziehung in der
Familie (§§ 16 bis 21 SGB VIII),
ƒ Hilfen zur Erziehung und ergänzende Leistungen (§§ 27 bis 35, 36, 37, 38, 39, 40 SGB VIII),
ƒ Hilfen für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und ergänzende Leistungen (§§ 35 a
bis 37, 39, 40, vgl. § 2 (2) SGB VIII).21
Schulbezogene Sozialarbeit (§ 13,1 SGB VIII
- Jugendsozialarbeit - in Verbindung mit § 14,2
AG22 KJHG) ist ein Handlungsfeld der Jugendhilfe
und hat ihre Verortung primär in der Schule. Sie
umfasst eine eigene spezifische sozialpädagogische Handlungskompetenz. Der Jugendhilfeträger
ist gleichberechtigter Partner der Schule.
Schulbezogene Jugendsozialarbeit bietet Schülerinnen und Schülern, die zum Ausgleich sozialer
Benachteiligung oder zur Überwindung individueller Beeinträchtigungen in erhöhtem Maße auf
Unterstützung angewiesenen sind, sozialpädagogische Hilfe an, die ihre schulische Ausbildung
und ihre soziale Integration fördern.
Die Hilfe soll dazu beitragen, Lern- und Verhaltensschwierigkeiten einzelner Schüler und Schülerinnen,
die sich im Verlauf des Unterrichts oder des gesamten Schulalltages zeigen, zu überwinden.
Darüber hinaus ist sie ein Lernfeld für alle Bereiche der Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen. Die Angebote sind sowohl gruppen- als
auch einzelfallbezogen.
Ziele sind:
ƒ Schulbezogene Jugendsozialarbeit soll Schülern Hilfestellung für die Alltagsbewältigung
ermöglichen sowie die Eigeninitiative der Schüler/innen fördern.
ƒ Schüler/innen mit individuellen sozialen Problemlagen sollen in der Schule durch sozialpädagogische Hilfestellung, inkl. Lehrer- und
Elternberatung integriert werden.
ƒ Schulbezogene Jugendsozialarbeit soll zur Öffnung und Kooperation von Schulen mit ihrem
gesellschaftlichen Umfeld beitragen.
Die Arbeitsfelder der schulbezogene Jugendsozialarbeit sind jeweils unter den spezifischen
örtlichen Bedingungen zu bestimmen und zu
gestalten. Im Sinne ganzheitlicher Unterstützung
und Förderung junger Menschen konzentrieren
21
sich die Angebote vor allem auf den außerunterrichtlichen und den außerschulischen Bereich.
Im Einzelnen können das sein:
ƒ Kooperation von Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen und Lehrern und Lehrerinnen
bei Unterrichtsprojekten, sozialpädagogische
Beratung von Lehrkräften,
ƒ Mediation und Konfliktmanagement,
ƒ sozialpädagogische Beratung von Schülern und
Schülerinnen bei Lern- und Verhaltensproblemen; vertiefte Formen von Elternarbeit und
Vernetzung mit anderen Förderangeboten der
Jugendhilfe,
ƒ gemeinsame Projekte im Sinne übergreifenden
Lernens, z. B. bei sozialstrukturellen Fragen wie
Wohnen und Arbeitslosigkeit,
ƒ Unterstützung in Fragen des Übergangs von
der Schule in den Beruf - Berufsfindung und orientierung, Kontakt zur Berufsberatung, besondere Förderung etc.,
ƒ Mithilfe bei der Förderung einzelner Schüler/
innen bei Lern- und Leistungsproblemen sowie bei Verhaltensauffälligkeiten,
ƒ Drogenprävention,
ƒ Sexualerziehung,
ƒ Interkulturelles Lernen,
ƒ Schülerinnenberatung,
ƒ Schulstationen/Schülerclubs,
ƒ Beratung bei gravierenden Ereignissen, wie z. B.
Trennung der Eltern, Sorgerechtsproblemen, etc.,
ƒ Hilfe und Beratung für Schüler/innen, die Opfer von Gewaltdelikten wurden und sozialpädagogische Angebote für straffällig gewordene junge Menschen,
ƒ Angebote der Sprachförderung,
ƒ Freizeitpädagogik.
Zur Ergänzung des Handlungsspektrums schulischer Maßnahmen bei Auffälligkeiten von Schülerinnen und Schülern ist der frühzeitige Kontakt
zum Jugendamt sinnvoll. Dabei geht es sowohl
um fachliche Beratung als auch um Konsultationen der Beteiligten. Die präventiven Möglichkeiten sozialpädagogischen Handelns können so
genutzt werden, um auf Probleme einzugehen
und die schulische Ausbildung zu sichern.
Verschiedene, untereinander zu vernetzende Hilfeformen sollen junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern, Benachteiligungen vermeiden oder abbauen.
Wenn Sie sich für den genauen Wortlaut der einzelnen Paragraphen interessieren, dann lesen Sie bitte im
Anhang nach. Dort sind auch die einzelnen Leistungen der Jugendhilfe genauer beschrieben.
22
Berliner Ausführungsgesetz zum KJHG.
24
Intervention
Die Entwicklung eines Interventionskonzeptes im
Zusammenhang mit Schuldistanz sollte als Ergänzung zu dem und in Verbindung mit dem
Präventionskonzept gestaltet werden. Dabei geht
es um den möglichen Umgang mit den Stufen 2
bis 4 von Schuldistanz (vgl. Erscheinungsformen
von Schuldistanz, Seite 7). Zunächst gilt es, eine
Bestandsaufnahme der Fehlzeiten durch das Auflisten aller Fehltage auf den Halbjahreszeugnissen
vorzunehmen. Zusätzlich könnte auch das Zuspätkommen und Versäumen einzelner Unterrichtsstunden festgehalten werden. Diese Bestandsaufnahme kann dann als Grundlage für die Besprechung des Themas auf einer Gesamtkonferenz
herangezogen werden.
Allgemeine Grundsätze eines auf der Grundlage
der Bestandsaufnahme zu entwickelnden Interventionskonzeptes, das ggf. in enger Verbindung mit
dem (noch zu entwickelnden) Schulprogramm
stehen sollte, könnten die folgenden sein:
ƒ Die Bestandsaufnahme der Fehlzeiten von
Schülerinnen und Schülern wird fortlaufend
durchgeführt, ausgewertet und besprochen.
ƒ Schülerinnen und Schülern, die sich von der
Schule entfernen, wird in der pädagogischen
Arbeit besondere Aufmerksamkeit zuteil.
ƒ Die Kooperation mit Eltern und bei Bedarf mit
dem Schulpsychologischen Beratungszentrum,
dem Jugendamt und anderen Einrichtungen
wird fortentwickelt und bei Bedarf intensiviert.
ƒ Schülerinnen, Schüler und Eltern werden in
regelmäßigen Abständen über die Bedeutung
und die rechtlichen Grundlagen der Schulpflicht
(§ 16 SchulG, s. Anhang, Seite 58 f.) informiert.
Vor allem werden Eltern nichtdeutscher Herkunftssprache in für sie verständlicher Weise
über die Bildungschancen ihrer Kinder, die
Rahmenbedingungen des Schullebens und die
Schulpflicht informiert.
ƒ Die Risikofaktoren, die das Fernbleiben von der
Schule ohne triftigen Grund begünstigen (vor
allem die innerhalb von Schule), werden analysiert und geeignete Gegenstrategien entwickelt.
ƒ Es werden Vertrauenslehrer/innen benannt, an
die sich Schüler/innen, Lehrkräfte und Eltern
als Ansprechpartner/innen im Falle von Schuldistanz wenden können.
ƒ Das Interventionskonzept zum Umgang mit
Schuldistanz wird Schüler/innen und Eltern vorgestellt und in regelmäßigen Abständen überprüft.
Mögliches Vorgehen im individuellen
Fall
Wegschauen verstärkt Schuldistanz - Angemessene Reaktionen auf Schuldistanz mindern
Schuldistanz
Grundsätzlich gilt auch bei der Intervention all
das, was bereits im Kapitel „Prävention“ (vgl.
Seite 15 ff.) dargestellt worden ist. Im Einzelfall
können die folgenden Interventionsschritte hilfreich sein und ggf. in ein schulisches Interventionsprogramm zum Umgang mit Schuldistanz aufgenommen werden:
ƒ Schüler/innen, die häufig zu spät kommen,
stundenweise fehlen, häufig fehlen (entschuldigt oder unentschuldigt), Aufmerksamkeit
widmen und ggf. Überblick über deren Fehlzeiten erstellen,
ƒ bei erfolglosen telefonischen Kontaktversuchen
die Schülerin/den Schüler zuhause aufsuchen,
ƒ die Erziehungsberechtigten bereits am 1. Fehltag anrufen, falls keine Entschuldigung vorliegt,
ƒ notfalls Eltern schriftlich informieren und darum bitten, die Gründe für das Fehlen ihres
Kindes zu erläutern,
ƒ Führen eines kooperativen Gesprächs mit dem
Schüler/der Schülerin (durch eine Lehrkraft oder
einen Schulsozialarbeiter - je nachdem, wer
den besten „Draht“ zu ihm/ihr hat) und ohne
Vorwürfe und Schuldzuweisungen an den Jugendlichen/das Kind mögliche Ursachen für das
schuldistanzierte Verhalten ergründen,
ƒ ggf. mit den Eltern über mögliche Ursachen
der Schuldistanz sprechen,
ƒ Bewusstsein dafür entwickeln, dass die betroffene Schülerin/der betroffene Schüler sich
in einer Notsituation befindet, auch wenn sie/
er - in einer teilweise nur schwer nachvollziehbaren Form - jegliches Hilfeangebot ablehnt,
ƒ die Bedingungen schulischen Lernens verändern, wenn die Ursachen des schuldistanzierten
Verhaltens im weitesten Sinne in der Schule
zu finden sind (vgl. Seite 13 ff.),
ƒ mit den Betroffenen besprechen, welche Einrichtungen eventuell zur Hilfe herangezogen
werden können (z. B. das Jugendamt), wenn
die Ursachen schuldistanzierten Verhaltens im
weitesten Sinne außerhalb von Schule zu finden (z. B. im Elternhaus) sind,
ƒ ggf. mit Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen
und dem Schulpsychologischen Beratungszentrum Kontakt aufnehmen,
25
ƒ mit allen Beteiligten gemeinsam eine Strategie zur Unterstützung des Kindes bzw. Jugendlichen entwickeln,
ƒ Vereinbarungen mit der Schülerin/dem Schüler, mit Lehrkräften und Eltern mit dem Ziel
treffen, dass der Schüler/die Schülerin wieder
regelmäßig zum Unterricht kommt,
ƒ die Einhaltung dieser Vereinbarungen sowohl
bei den Schüler/innen, den Lehrkräften als auch
bei den Eltern überprüfen (je nach Art der
Vereinbarung täglich, wöchentlich etc.),
ƒ die Kommunikation zwischen allen Beteiligten
intensivieren, flexible Gestaltung des Wiedereinstiegs ermöglichen (z. B. Kombination mit
Praxisplatz und langsamem Aufbau von strukturiertem Tagesablauf), dabei Eltern und andere Bezugspersonen einbeziehen,
ƒ sollte sich herausstellen, dass eine weitere
Regelbeschulung vorläufig nicht möglich ist,
sollten folgende weitere Institutionen einbezogen werden:
- Verhaltensambulanz zur Beratung der Lehrer/innen
- Schulpsychologisches Beratungszentrum (Beratung, Diagnostik, Schullaufbahnberatung,
Begutachtung zu therapeutischen Hilfen)
- Allgemeine Sozialpädagogische Dienste
(ASpD) der Jugendämter,
ƒ Schüler/innen und Schüler willkommen heißen,
wenn sie nach einer Weile wiederkommen.
Zusammenarbeit mit den Eltern
Das Gespräch mit den Eltern schuldistanzierter
Kinder und Jugendlicher ist auch im Zusammenhang mit der Intervention ein zentraler Bestandteil pädagogischen Handelns. Die im Teil Prävention dieser Handreichung dargestellten Grundsätze
für Elterngespräche (vgl. Seite 22) gelten im
Wesentlichen auch auf für den Bereich der Intervention bei Schuldistanz. Im Rahmen von Elterngesprächen, die anlässlich einer Interven-tion bei
Schuldistanz geführt werden, sollten
jedoch einige weitere Grundsätze Berücksichtigung finden.
Grundsätze für Elterngespräche im Bereich der Intervention
ƒ Formulieren Sie als Ziel der Gespräche, die Eltern für eine enge und kontinuierliche Zusammenarbeit zur Lösung der anstehenden Probleme zu gewinnen.
ƒ Klären Sie,
- was die Eltern bisher über das Fehlen ihres Kindes in der Schule wissen,
- was sie bisher unternommen haben, damit das Kind wieder regelmäßig am Unterricht
teilnimmt und
- welche Form der Unterstützung gewünscht wird und von den Eltern mitgetragen werden
kann.
ƒ Weisen Sie darauf hin, dass die Erziehungs- und Familienberatungsstellen
- Unterstützung und Hilfe durch individuelle Beratung geben, damit Eltern, z. B. bei „pubertierenden“ Schuldistanzierten Kraft schöpfen und „durchhalten“,
- dabei helfen, die sozialen, familiären und individuellen Hintergründe des/der Schuldistanzierten zu ergründen,
- Eltern beim Suchen und Entdecken eigener Ressourcen und bei deren kreativer Umsetzung
(Erarbeitung von Bewältigungsstrategien bei zu großen psychosozialen Belastungen) unterstützen und
- Eltern dabei helfen, die Beziehungen zu ihrem Kind möglichst wieder in einen als positiv
erlebten Kontext zu bringen (kleine, gemeinsame erlebte Erfolge, den Stolz der Eltern auf ihr
Kind wecken).
ƒ Weisen Sie diejenigen Eltern, die trotz intensiver Bemühungen nicht in der Lage oder willens
sind, eine eindeutige Haltung im Konflikt mit ihrem schuldistanzierten Kind einzunehmen und
ihre elterliche Verantwortung entweder nicht wahrnehmen können oder den Schulbesuch ihres
Kindes (bewusst oder unbewusst) verhindern, auf die gesetzlichen Möglichkeiten zur Durchsetzung
der Schulpflicht hin.
ƒ Machen Sie deutlich, dass in diesen Fällen mit einer Schulversäumnisanzeige zu rechnen ist und
dass ggf. das Jugendamt eingeschaltet wird.
ƒ Die Botschaft an Eltern und Schüler/innen muss in diesen Fällen lauten:
Unentschuldigtes Fehlen führt zu Konsequenzen
26
Die schulpsychologischen Beratungszentren als Partner bei der Intervention
Auch im Zusammenhang mit der Intervention bei
Schuldistanz können die Schulpsychologischen
Beratungszentren wertvolle Hilfestellung leisten.
Sie sind zuständig für die
ƒ Vermittlung von und die Moderation bei Gesprächen zwischen betroffenen Schüler/innen
und Schule/Eltern/Jugendhilfe sowie begleitende
Beratung der Beteiligten,
ƒ diagnostische Abklärung und die daraus folgende fachdiagnostische Empfehlung von möglichen Perspektiven
innerhalb des Regelschulsystems
(z. B. individuelle „Verträge“ zur Entwicklung
verbindlicher Arbeits- und Lernbedingungen,
Herausfinden der adäquaten Beschulungsform, zeitweises „Lernen am anderen Ort“
in Form von Praktika, Aufbau von Schulprojekten in der Schule)
und außerhalb des Regelschulsystems
(Jugendhilfe und andere Institutionen, Mitarbeit an der Erstellung eines individuellen
Förderplanes als möglichem Lösungsansatz,
Empfehlung eines Hilfeangebotes, Abgrenzung zu psychiatrisch zu behandelnden Kindern, z. B. zu Kindern mit Schulphobie und
kinderpsychiatrischen Erkrankungen).
ƒ Mitarbeit in schulübergreifenden Beratungsteams zur Schuldistanz auf regionaler Ebene
mit dem Ziel, mit allen beteiligten Institutionen die Grundlage für eine abgestimmte, effektive Handlungsweise zu schaffen.
Kooperation mit der Jugendhilfe
Schulische und außerschulische Lebenswelt überschneiden sich, beeinflussen einander und sind
nicht klar voneinander zu trennen. Schulprobleme
weisen nicht nur auf Leistungsprobleme hin, sondern können immer auch Ausdruck von Lebens-,
Entwicklungs- und sozialen Problemen sein.
Andererseits erzeugt Schule selbst Belastungen.
Schulprobleme können bei den Betroffenen zum
wesentlichen Maßstab ihres Selbstwertes werden,
denn die Außenwelt teilt Anerkennung auch nach
schulischem Erfolg zu (vgl. hierzu Seite 17). Durch
schulische Misserfolge können sich familiäre und
soziale Probleme entwickeln.
Die Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule
ist um so mehr notwendig, als aus der pädagogischen Praxis über eine Zunahme der Schwierigkeiten mit Schülern und Schülerinnen berichtet wird.
Dabei werden Störungsfelder sichtbar, die im Rahmen der Regelschule immer häufiger zur Desintegration der betroffenen Kinder und Jugendlichen
führen. Innerhalb des Systems Schule sind nicht
immer ausreichende Möglichkeiten vorhanden, die
Integration oder Anpassung schwierigster Kinder
an die gesetzten schulischen Anforderungen in
eigener Regie erfolgreich zu bewältigen.
Jugendhilfe ist in der Lage, qualifizierte Hilfen
bei schulischen Überlastungs- und Desintegrationsproblemen zu geben. Sie kann sich des Einzelfalles pädagogisch/therapeutisch annehmen oder
innerhalb von Einrichtungen andere konzeptionelle Wege für schulbezogene individuelle Hilfen
entwickeln (vgl. Seite 60 ff. und 66 ff.).
Allerdings setzen Hilfen häufig zu spät ein. Längere Desintegrationsphasen führen dazu, dass eine
bedenkliche Zahl von Kindern und Jugendlichen
die Schule nicht mehr als einen verpflichtenden
Teil ihrer Lebensorganisation wahrnimmt und sich
auch wegen subjektiver Überlastungsempfindungen der Schule entzieht. Diese Problemlage weist
auch auf Eltern und Erziehungsberechtigte als
Zielgruppe hin. Die verstärkte Delegation von Erziehungs- und Betreuungsaufgaben auf Schule
und Jugendhilfe ist Folge und Ausdruck dessen,
dass die primäre Entwicklungsverantwortung von
den Eltern nicht immer im nötigen Maße wahrgenommen wird. Hierzu können in der Familie
die Voraussetzungen fehlen.
Daraus folgt, dass der Entwicklung von Erziehungskompetenz, aber auch der Schaffung kindgerechter
und familienfreundlicher Rahmenbedingungen weit
mehr Aufmerksamkeit zukommen muss: Bei
Leistungsfehlentwicklung und Desintegrationserscheinungen ist es Ziel, die Wiederannäherung
der Kinder an das System Schule zu ermöglichen.
Diese Entwicklung kann ggf. durch schulische
Fördermöglichkeiten unterstützt werden. Sie kann
ebenso durch Angebote der Jugendsozialarbeit,
deren Ziel das frühzeitige Erkennen von Gefährdungsmomenten bereits im Vorfeld von Desintegrationsprozessen ist, gefördert werden. Therapeutische Hilfen können im Bedarfsfall die Konfliktbewältigung zusätzlich unterstützen und die
Persönlichkeitsentwicklung stärken.
27
Individuelle Probleme von Kindern oder Jugendlichen werden von Fachleuten bewertet, wenn diese
bei den Kindern oder Jugendlichen nach Beobachtungen im sozialen Feld der Schule erkannt
worden und auch dann, wenn Schüler/innen längere Zeit nicht mehr in der Schule erschienen
sind. Auffälligkeiten sollen so früh wie möglich
zu der fachlichen Abwägung führen, ob eine Hilfe bereits bei Ansätzen ernsterer Störungen die
Desintegrationsentwicklung aufhalten kann.
Die schulische Förderplanung und die jugendhilferechtliche Hilfeplanung setzen in abgestimmter
Form (Idealfall) Rahmen und Ziele für die notwendige individuelle Entwicklungsförderung und
bestimmen verantwortlich für die jeweiligen Bereiche entsprechende Hilfen. Die Beteiligung der
Eltern ist Voraussetzung und zentraler Bestandteil dieser Förder- und Hilfeplanung. Ebenso sind
die Kinder bzw. Jugendlichen einzubeziehen und
angemessen zu beteiligen, damit nicht nur über
sie, sondern mit ihnen beraten wird.
Die von allen Seiten immer wieder betonte Notwendigkeit der Kooperation von Schule und Jugendhilfe sollte, wenn sie dauerhaft erfolgreich
sein soll, nicht erst bei sogenannten Kooperationsprojekten für hartnäckig Schule verweigernde Kinder und Jugendliche einsetzen. Sie kann gelingen, wenn sie gewollt ist, wenn sie außerhalb
von Krisenintervention beginnt und wenn sie auf
der Grundlage abgeklärter Positionen stattfindet.
Praktisch empfiehlt es sich, dass Schulen mit dem
örtlich zuständigen Jugendamt Kontakt aufnehmen und z. B. einmal im Jahr eine(n) Mitarbeiter(in) zu einer Gesamtkonferenz einladen, in der
die Zusammenarbeit Thema ist.
Auch Mitarbeiter/innen des Jugendamtes sollten
aktiv den Kontakt zu Schulen suchen, um über
Angebote der Jugendhilfe und deren Vermittlungswege zu informieren. Regelmäßige Kommunikation hilft, um bei schwierigen Einzelfällen rascher
in Kontakt zu kommen und die jeweils andere
Profession zu respektieren. Darüber hinaus benötigt Kooperation eine strukturelle Sicherung.
System- und zuständigkeitsübergreifende Bedarfsaussagen von Jugendhilfeplanung, Schulentwicklungsplanung und ggf. Gesundheitsplanung
müssen die Basis aller Initiativen und eventueller
Kooperationsprojekte sein. Über vernetzte und
abgestimmte Planungsprozesse sind die Rahmenbedingungen der Hilfestruktur kooperativ zu sichern.
28
Jugendhilfe kann also nicht aufgerufen sein, eigenständige Programme zur Beschulung junger
Menschen und damit eine Parallelstruktur zur
Schule zu entwickeln. Sie muss kooperativ und
abgestimmt mit Schule zusammenwirken. Dieses
Zusammenwirken kann auch in Form von gemeinsamen Projekten für schuldistanzierte Kinder und
Jugendliche erfolgen, besonders dann, wenn es
sich um Schülerinnen und Schüler handelt, die
sich bereits dauerhaft von Schule entfernt haben. Sie profitieren zunächst nicht mehr von vorrangig präventiven Maßnahmen (z. B. von Schulstationen oder schulbezogener Jugendsozialarbeit),
sondern benötigen Hilfe, um sich der Schule
überhaupt wieder nähern zu können.
Bei Fällen anhaltender Schuldistanz kann sich,
wenn andere Hilfemaßnahmen entweder nicht
erfolgreich waren oder von vornherein nicht sinnvoll erscheinen, ein Kooperationsprojekt Schule/
Jugendhilfe mit der Zielstellung der Reintegration in eine Regelschule als angezeigt erweisen.
Dazu gibt es die im Folgenden angeführten Mindestanforderungen an Verfahren und Qualität.
Verfahrens- und Qualitätsanforderungen für
Kooperationsprojekte:
1. Konzepte zur Integrationssicherung und Reintegrationsförderung sind von Schule und Jugendhilfe gemeinsam zu erarbeiten.
2. Standortplanungen sind so zu treffen, dass
kooperierende Schule/n und Leistungsangebot
der Jugendhilfe regional verbunden sind und
eine organische, sozialräumliche und aufwandsmindernde Verbindung für den Schüler oder
die Schülerin gegeben ist.
3. In der Planungsphase ist festzulegen, welche
Beiträge Schule und Jugendhilfe zur Realisierung des Projektes leisten, wie sozialpädagogische, schulische und gegebenenfalls berufsvorbereitende Angebote miteinander verknüpft
sind und wie die Eltern eingebunden werden.
4. Die Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe im Kooperationsprojekt ist vertraglich zu
vereinbaren (vgl. dazu Musterkooperationsvereinbarung im Anhang, Seite 68 ff.). Vereinbarungspartner sind das örtlich zuständige
Schulamt und das örtlich zuständige Jugendamt sowie die verantwortliche Schule und der
verantwortliche Maßnahmeträger. In der Vereinbarung ist - neben den unter Nr. 3 aufgeführten Regelungen - auch der Umgang mit
Störungsmeldungen festzulegen.
5. Schule und Jugendhilfe führen die Maßnahme
in gemeinsamer Verantwortung durch.
6. Es erfolgt eine gemeinsame Evaluation.
Bei Unklarheiten im konkreten Einzelfall hilft das
zuständige Jugendamt. Sollten in der Schule keine
Telefonnummern von Mitarbeiter/innen des Allgemeinen Sozialpädagogischen Dienstes des zuständigen Jugendamtes bekannt sein, erreicht man
diese über die zentralen Einwahlnummern des
Bezirksamtes und dort über den Tagesdienst des
Jugendamtes. Hier kann der/die zuständige Mitarbeiter/in ermittelt werden. Es ist hilfreich, wenn in
den Schulen Listen vorliegen, die sowohl die Struktur
des betreffenden Jugendamtes aufzeigen
(Organigramm) als auch Namen und Telefonnummern von Mitarbeiter/innen des Allgemeinen sozialpädagogischen Dienstes angeben und die regelmäßig aktualisiert werden. Auch für die Jugendämter ist die Liste aller örtlichen Schulen mit Telefonnummern und Ansprechpartner/innen eine
Orientierungshilfe.
Die Hilfeanfrage an das Jugendamt setzt einen
ergebnisoffenen Such- und Zuordnungsprozess in
Gang. Dieser sollte nicht vorweg eingeengt werden durch Präferenzen für bestimmte Angebote,
die Lehrer/innen im Gespräch mit Eltern oder Schüler/innen zeigen.
Das Jugendamt berät mit den Eltern und dem
Kind bzw. dem/der Jugendlichen darüber, ob
Jugendhilfemaßnahmen von diesen gewollt sind
und welche Hilfeangebote im jeweilig konkreten
Fall als notwendig erscheinen. Dabei soll eine
vorschnelle Fokussierung auf die sog. Hilfen zur
Erziehung vermieden werden. Geprüft wird deshalb in einem ersten Schritt, was es im sozialen
Umfeld an Ressourcen gibt und ob und wie diese
zu einer Problembewältigung genutzt werden
können. Geht es im Weiteren um Hilfen zu Erziehung, ist immer abzuklären, ob in der Hilfeperspektive angestrebt wird, die Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie zu verbessern, um bessere Entwicklungsbedingungen zu
schaffen und das weitere Zusammenleben der
Familie zu ermöglichen oder (vorübergehend) einen neuen Lebensort außerhalb der Familie zu
schaffen. Münden diese Beratungen in ein Hilfeplanverfahren, ist spätestens dann ein Vertreter
der Schule daran zu beteiligen. Sinnvoll erscheint
es, die Klassenlehrerin/den Klassenlehrer in dieses
Hilfeplanverfahren einzubeziehen, ihn kontinuierlich zu informieren und bei Absprachen zu beteiligen. Die gegenseitige und zeitnahe Information
über eingeleitete Schritte über das eigentliche
Hilfeplanverfahren hinaus sollte möglichst mit
Zustimmung der Betroffenen erfolgen, ansonsten
unter Berücksichtigung des Datenschutzes.
Das KJHG ist als Leistungsgesetz definiert (eingefügt als VIII. Buch in das Sozialgesetzbuch). Auf
die Hilfen zur Erziehung nach §§ 27 ff. in ambulanter, teilstationärer und stationärer Form besteht ein individueller Rechtsanspruch, wenn eine
dem Wohle des Kindes oder des/der Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist. Dabei hat das Jugendamt
seine Leistungen so zu erbringen, dass Eingriffe
in die elterliche Sorge vermieden werden, Eltern
also motiviert werden, Hilfen anzunehmen. Erst
wenn Eltern nicht bereit und in der Lage sind,
entsprechende Hilfen anzunehmen, um damit ihrer
Erziehungsverantwortung gerecht zu werden, und
dadurch das Kindeswohl gefährdet wird, sind Eingriffe in das elterliche Sorgerecht durch das
Familiengericht möglich (in der Praxis aber schwierig).
Wenn Eltern andererseits eine Hilfe wünschen,
die nach fachlicher Einschätzung nicht geeignet
ist, darf diese nicht bewilligt werden. Hilfe zur
Erziehung wird ebenfalls nicht gewährt, wenn
nach fachlicher Beurteilung keine Notwendigkeit
besteht, weil Angebote außerhalb der Jugendhilfe oder Möglichkeiten der Unterstützung und
Entlastung außerhalb der Hilfen zur Erziehung
zur Überwindung der Problemlage ausreichen
(s. o.).
Die Zielgruppe der schuldistanzierten Kinder und
Jugendlichen ist keine homogene Gruppe, Schuldistanz häufig nur ein, wenn auch gravierendes
Problem. Unter dem individuellen Aspekt des Hilfeplans können sich verschiedene Möglichkeiten von
Hilfebedarf und entsprechend daraus resultierenden Maßnahmen ergeben. Dabei kann es sich im
konkreten Einzelfall auch um ein Kooperationsprojekt für schuldistanzierte Kinder bzw. Jugendliche handeln (vgl. dazu Musterkooperationsvereinbarung, Seite 68 ff.).
29
Anhang
Schulen stellen sich vor
Vorbemerkung
Das Thema Schuldistanz hat in der öffentlichen
und in der fachpolitischen Debatte bislang keinen
großen Stellenwert gehabt. Erst in den letzten
Jahren wurde ihm vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt, was unter anderem dazu führte, dass
erste umfassende Untersuchungen sowohl zum
Ausmaß von Schuldistanz durchgeführt wurden
(vgl. Seite 8 ff.) als auch solche, die sich mit den
Reaktionen der Kultusbehörden auf Schuldistanz
auseinandersetzen (z. B. Ehmann/Rademaker). Es
ist deshalb nicht erstaunlich, dass im Hinblick auf
Strategien zur Reduzierung von Schuldistanz bislang
kaum evaluierte Konzepte vorliegen und in der
Praxis zur Anwendung kommen.
Vor diesem Hintergrund bestand bei der Auswahl von best-practise Beispielen hinsichtlich des
Umgangs mit dem Problem Schuldistanz nicht
die Möglichkeit, Konzepte und einzelne Maßnahmen von Schulen darzustellen, deren Erfolg hinsichtlich der Reduzierung von Schuldistanz als
wissenschaftlich abgesichert gelten kann.
Da jedoch umfangreiche und plausible Erklärungsansätze für die Entwicklung von Schuldistanz
vorliegen (vgl. z. B. Thimm), in denen ein ganzes
Ursachenbündel für die Entstehung von Schuldistanz verantwortlich gemacht wird (vgl. hierzu
Seite 13 ff.), konnte bei der Auswahl von beispielhaft darzustellenden Schulen und Kooperationsprojekten von Schule und Jugendhilfe als Kriterium zu Grunde gelegt werden, inwieweit sich
diese mit ihren jeweiligen Konzepten und Maßnahmen auf die in der fachpolitischen Debatte
genannten Ursachen der Entstehung von Schuldistanz beziehen. Auch wenn diese Konzepte und
Maßnahmen, soweit sie nicht explizit die Arbeit
mit schuldistanzierten jungen Menschen zum
Gegenstand haben, nicht mit der Absicht entwickelt wurden, auf das Problem von Schuldistanz
zu reagieren, liefern sie wertvolle und vielfältige
Anregungen zum Umgang mit Schuldistanz in
Grund-, Haupt-, Gesamt- und Sonderschulen.
Wird das Ausmaß von Schuldistanz künftig zu
einem Qualitätsmerkmal von Schulen (vgl. Vor-
23
24
wort, Seite 4), wird eine wie immer gestaltete
Evaluation von Präventions- und Interventionsstrategien im Zusammenhang mit Schuldistanz
zu einer unabdingbaren Voraussetzung pädagogischen Handelns in diesem Bereich und einer
weiteren Handreichung wird es vorbehalten sein,
best-practise Beispiele auf der Grundlage evaluierter Konzepte und Maßnahmen zur Minderung
von Schuldistanz vorzustellen.
Grundschulen
Werbellinsee-Grundschule, Schönberg23
Die Werbellinsee-Grundschule24 ist eine partielle
Ganztagsschule, an der 500 Schüler/innen lernen
und leben. Das Kollegium versteht die Schule als
Lern-, Lebens- und Erfahrungsraum für alle Kinder, in dem Inhalte vermittelt, Lehr- und Lernprozesse mit den Kindern gestaltet, soziale Begegnungen geplant und in diesem Sinne Schulentwicklung betrieben wird.
Das Schulleben
In einem rhythmisierten und verlässlichen Jahreskreis sind viele Ziele der Grundschulpädagogik
verankert worden. Dieser Rahmen bildet den Ausgangspunkt für alle Klassenstufen zur Einbettung
des Unterrichts und der Weiterentwicklung methodisch, didaktischer Methoden hin zu mehr Offenheit, Differenzierung, Projektorientierung mit
Altersmischung. Eine kontinuierliche Verzahnung
in Form und Inhalten mit dem Freizeitbereich hat
sich entwickelt. Elternmitarbeit und -mithilfe sind
ein unverzichtbarer Bestandteil des Schullebens
geworden.
Unterrichtliche Konzeption
Ausgehend von vielen unterschiedlichen Ansätzen zur Öffnung von Unterricht im vorfachlichen
Bereich bis zur Klasse 4, wobei die Eingangsstufe
eine besonders kindorientierte Form des Anfangsunterrichts darstellt, gibt es drei Merkmale einer
Konzeption an der Schule für die Klassen 0 bis 3:
Alle Klassen arbeiten im Lese-Schreiblehrgang ohne
Fibel, um dem unterschiedlichen Entwicklungsstand, den individuellen Zugangsmöglichkeiten und
dem selbstbestimmten, interessengeleiteten Lernen aller Kinder Rechnung zu tragen.
Geschrieben von Kolleg/innen und der Schulleitung.
Hier konnten leider nur einige Aspekte aus dem „Schulwegweiser“ zur Darstellung kommen.
30
In allen Klassen werden Elemente offener Lernformen (Arbeit nach Tagesplänen oder Wochenplänen, in Projekten, in Stationen oder Werkstätten, Freiarbeitsphasen oder Expertenvorträgen)
praktiziert und diese orientieren sich in ihrer
pädagogischen Vielfalt an Montessori, Freinet,
Waldorf, Petersen, Reichen usw.
Unverzichtbarer Bestandteil der prozesshaften,
individualisierten und differenzierten Unterrichtsformen ist die Beurteilung im Rahmen von Lernentwicklungsberichten (verbale Beurteilung).
In den letzten drei Jahren wurde an einer Konzeption für die Klassen 4 bis 6 gearbeitet, in der
besonderer Wert auf gemeinsames, selbstverantwortliches Lernen und Handeln gelegt sowie die Pädagogik aus den Klassen 0 bis 3 fortgesetzt und durch alterspezifische Elemente ergänzt wird:
Um der sich immer mehr ausweitenden Heterogenität der Kinder gerecht werden zu können,
müssen ihre unterschiedlichen Lernwege noch
besser erkannt, die Methodenkompetenz erweitert und im gesamten Unterricht berücksichtigt
werden. Das führte zu einer Arbeitsweise in Lehrgängen, teils fachorientiert, teils fächerübergreifend. Diese werden durch die Arbeit mit Wochenplänen im Pflicht-, Wahlpflicht- und Individualbereich vertieft und verstärkt. Die Projektarbeit
(WUV25 ist hier integriert) als drittes Element ermöglicht es, die unterschiedlichen Interessen und
Bedarfslagen besser aufzugreifen. Durch die systematische Verzahnung der drei Unterrichtsformen
und durch gezielte Differenzierung können die
leistungsstarken wie die leistungsschwachen Schüler/innen angemessen gefördert und gefordert
werden. Das geschieht im Moment in altershomogenen Klassen und klassenübergreifenden
Projekten.
20 Integrationskinder werden gezielt in Sonderstunden einzeln, in Kleingruppen oder einer „Übergangsklasse“26 gefördert. Deutsch als Zweitsprache
wird für Kinder nichtdeutscher Herkunftssprache
additiv und integrativ angeboten. Türkischen
muttersprachlichen Unterricht erteilen türkische
Lehrer mit den Inhalten Kultur, Geschichte und
Folklore.
25
26
Teamarbeit
Die Qualifizierung zur Teamarbeit, die für die
unterrichtliche Konzeption der jeweiligen Klassenstufe und der Freizeitbereiches notwendig ist, ist
ein Schwerpunkt schulinterner und externer Fortbildung.
Demokratisches Handeln
Kinder benötigen zum demokratischen Handeln
eine stabile Ich- und Sozialkompetenz. Zur Entwicklung von Selbstvertrauen, Selbstverantwortung,
Toleranz und Kritikfähigkeit wird den Kindern
regelmäßig Unterrichtszeit für den Klassenrat zur
Verfügung gestellt, in der sie selbstgesteuert Themen und Probleme ihrer Wahl diskutieren und
Lösungen suchen. Die Schülermitverwaltung greift
im festen Rhythmus Wünsche und Missstände
auf, die sie in handlungsorientierten Aktionen
umsetzt und aktiv in das Schulleben einbringt.
Der Freizeitbereich
Die 250 Kinder des Freizeitbereiches werden bis
zur 3. Klasse gruppenbezogen organisiert, während für die Klassenstufen 4 bis 6 ein offenes
System der Betreuung praktiziert wird.
Ziel der pädagogischen Arbeit des Freizeitbereichs
ist es, den Kindern soziale Verhaltensweisen zu
vermitteln und ihnen eine sinnvolle Gestaltung
der Freizeit zu ermöglichen. Der tägliche Umgang mit gleichaltrigen, jüngeren und älteren
Kindern sowie Erwachsenen bietet ein vielfältiges
Experimentier- und Übungsfeld, um wichtige Dinge
wie Selbstbewusstsein, Toleranz, Übernahme von
Verantwortung und die Fähigkeit zur Konfliktbewältigung zu entwickeln.
Abwechslungsreiche Freizeitangebote wie z. B.
Werken, Kochen, Sport, Inlineskating, Tanz,
Gitarrenspiel, Theater, Basteln, Gesellschaftsspiele
ermöglichen den Kindern, neue Fähigkeiten an
sich zu entdecken und diese zu entwickeln. Sie
erleben Freude am aktiven Tun und erfahren auf
diese Weise die Freizeit als Ausgleich und Entlastung von Stress und Problemen. In Mädchenund Jungengruppen setzen sie sich mit ihrer spezifischen Rolle in der Vorpubertät auseinander.
Wahlpflichtunterricht verbindlich
Genauere Informationen zur Übergangsklasse finden Sie im Anhang, Seite 50.
31
Während der Schulferien gibt es eine Ferienbetreuung, in der Ausflüge gemacht werden und
auch einmal verreist wird. Eine Hausaufgabenbetreuung ist während der Schulzeit organisiert.
Kontakt:
Telefon 030 75607153
eMail [email protected]
Kinder oder auch Lerngruppen zu gleicher Zeit an
unterschiedlichen Lerngegenständen arbeiten können. Die Schüler/innen fühlen sich, so sagen sie
und so spüren wir es auch, in den Klassenräumen
wohl. Sie empfinden ihre Lernumgebungen als ein
geordnetes Ganzes, das ihnen Sicherheit, Orientierung und Geborgenheit vermittelt.
Zur Montessori-Pädagogik
Grundschule am Blumenviertel, Pankow27
Die Säulen unseres Schulprogramms
Vor acht Jahren machten wir uns auf, die reformpädagogischen Ideen und Prinzipien der
Montessori-Pädagogik in den Unterricht und das
gesamte Schulleben einfließen zu lassen. Seitdem
arbeiten wir an der Weiterentwicklung der reformpädagogischen Prinzipien „Freiarbeit“, „Binnendifferenzierung“, „Gestaltung der vorbereiteten
Lernumgebung“, „Jahrgangsübergreifende Lerngruppen“ und an der Veränderung der „Rolle
des/der Lehrer/in“. Seit jeher bemühen wir uns
um die Integration von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Der
gemeinsame Unterricht ist zu einem wichtigen,
klassenübergreifenden Schulentwicklungsprojekt
geworden.
Unsere Räume und Außenanlagen
Die Klassenräume und der Schulhof sind liebevoll
und kindgerecht gestaltet. Auf dem Schulhof gibt
es viel „Grün“. Außerdem bietet die entsiegelte,
in großen Teilen naturbelassene Fläche viele Möglichkeiten bewegungsintensiven Spiels. Spielgeräte
laden zum Klettern und Balancieren ein. In einer
Ecke des Hofes haben wir einen kleinen Schulgarten angelegt. Bei der Einrichtung der Räume
haben wird darauf geachtet, den Lern- aber auch
den Bewegungsbedürfnissen der Kinder Rechnung
zu tragen. Die Klassenräume sind nach unserem
Verständnis nicht nur Aufenthaltsräume für das
Lernen im Unterricht, sondern von Lehrer/innen
und Kindern gestaltete Lernumgebungen. Die funktionale Einteilung der Räume in Lernbereiche
ermöglicht den Schüler/innen eine Orientierung
nach Inhalten und Sozialformen, so dass einzelne
27
28
Das Unterrichtskonzept der 18. Grundschule basiert auf der Umsetzung des reform-pädagogischen Ansatzes von Maria Montessori im Rahmen einer staatlichen Grundschule. „MontessoriPädagogik ist ein reformpädagogisches Bildungsangebot, das sich unmittelbar am Kind orientiert
und konsequent die Bedürfnisse des Kindes berücksichtigt (...).“28
Die Prinzipien der Montessoripädagogik lauten:
ƒ „das Kind in seiner Persönlichkeit achten, es
als ganzen, vollwertigen Menschen sehen,
ƒ seinen Willen entwickeln helfen, indem man
ihm Raum für freie Entscheidungen gibt; ihm
helfen, selbstständig zu denken und zu handeln,
ƒ dem Kind Gelegenheit bieten, dem eigenen
Lernbedürfnis zu folgen, denn Kinder wollen
nicht nur irgendetwas lernen, sondern zu einer bestimmten Zeit etwas ganz Bestimmtes,
ƒ ihm helfen, Schwierigkeiten zu überwinden statt
ihnen auszuweichen (...).“
Die herausragende Unterrichtsmethode der
Montessori-Pädagogik ist die Freiarbeit.
Sie „ist das Kernstück der reformpädagogischen
Bildung Montessoris. Die Kinder wählen nach eigener Entscheidung, womit sie sich beschäftigen.
Das Montessori-Material, die kindgerechte Darstellung der Angebote und die gute Beobachtungsgabe des Erziehers helfen dem Kind dabei,
sich für ein Angebot zu entscheiden. Dann bestimmt das Kind weitgehend selbst den Arbeitsrhythmus und die Beschäftigungsdauer und auch,
ob es allein oder mit einem Partner arbeiten,
spielen oder lernen möchte. Diese freie Entscheidung führt zu einer Disziplin, die von innen kommt
und nicht vom Erzieher gemacht wird ... Dabei
Geschrieben von Frau König und Frau Helbig.
Dieses und die folgenden Zitate sind der Website: www.montessori.de/montpaed.htm entnommen. Vergleiche auch: Maria Montessori, Die Entdeckung des Kindes, Freiburg i. Br., 1989.
32
verstehen sich die Lehrer/innen nicht nur als unterrichtende Instrukteure, sondern eher als Helfer
zur Entwicklung selbständiger Persönlichkeiten. ...“
Sie beobachten die Kinder in der Lernsituation
und passen die Unterrichtsmaterialien ihrem Leistungsniveau an.
Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf,
langsamer und schneller lernende Kinder können
daher stets selbstständig und aktiv auf Aufgabenstellungen zugreifen, die ihrem individuellen
Leistungsvermögen und ihrer Könnensstufe entsprechen.
Unser Unterrichtskonzept soll den Kindern die
Gelegenheit zu selbstständiger, eigenverantwortlicher und selbstbestimmter Arbeit in selbst gewählten sozialen Zusammensetzungen (Gruppen,
Partner-, Einzelarbeit) ohne zeitliche Begrenzung
während einer 70-minütigen täglichen Freiarbeitszeit ermöglichen. Dies geschieht in allen Klassenstufen.
Wir wissen, dass Schüler/innen nur schwer lernen
können, wenn sie durch persönliche Probleme,
z. B. Krisensituationen in der Familie, belastet sind.
Dies berücksichtigen wir bei unserer pädagogischen Arbeit. Schüler/innen werden nur dann Lernfortschritte erzielen, wenn sie motiviert bei der
Sache sind. Manchmal kommen Pädagogen/Pädagoginnen dabei an ihre eigenen Grenzen und
fühlen sich von außen stehenden Institutionen
(Schulamt, Jugendamt, Psychologische Beratungsstelle) nicht genug unterstützt.
nehmen. Wir jedenfalls stellen fest, dass Wohlfühlen und gerne zur Schule gehen, sich von den
Lehrer/innen verstanden fühlen und in ihnen Partner/innen sehen, nicht im Gegensatz zu „Leistung fordern“ stehen, sondern dass dies im Gegenteil die Grundlage zur optimalen Leistungsentwicklung aller Schüler/innen darstellt.
Gäste unserer Schule äußern stets, dass sie zuallererst ein harmonisches Schulklima und freundliche, ausgeglichene Schüler/innen bei uns wahr-
Kontakt:
Frau Helbig, Frau König
Telefon 030 42850870
Fax 030 42850872
eMail grundschule im [email protected]
33
Franz-Schubert-Grundschule, Neukölln29
Soziales Lernen im sozialen Brennpunkt - Ein
Kooperationsprojekt von Schule und Schülerclub
wurde eine Reihe von Bausteinen entwickelt, um
die Selbstwirksamkeitsüberzeugung bei den Kindern zu erhöhen.
Das Curriculum „Soziales Lernen“
Seit September 1994 arbeiten die Franz-SchubertGrundschule und der Schülerclub ARCHE in NordNeukölln gemeinsam an einem Programm zum
sozialen Lernen in einem sozialen Brennpunkt.
Der Einzugsbereich der Schule in Nord-Neukölln
ist gekennzeichnet durch einen hohen Ausländeranteil, eine hohe Arbeitslosigkeit und Sozialhilfedichte sowie durch eine starke Bevölkerungsfluktuation, die oft einhergehen mit psychosozialen Verelendungstendenzen.
Die Kinder kommen mit teilweise erheblichen Entwicklungsverzögerungen, Konzentrationsschwächen, Sprachschwierigkeiten in die Schule. Es fehlt
oft eine auf Kompromiss und Verständigung angelegte Streitkultur. Infolgedessen drohen Spannungen und Aggressionen zwischen den Kindern
den Unterricht und das gesamte Schulleben zu
belasten. Das Bemühen, diesen Tendenzen entgegenzuwirken, das Schulklima zu verbessern
sowie gewaltpräventives Handeln und soziales
Lernen in der Schule zu verankern, bestimmt die
Schulentwicklungsprozesse der letzten Jahre.
Im Rahmen zahlreicher Diskussionen des Kollegiums, der ARCHE-Mitarbeiter und der Eltern
sowie durch unterschiedliche schulinterne und
externe Fortbildungen haben sich die folgenden
Ziele pädagogischen Handelns als besonders wichtig herauskristallisiert:
ƒ Emotionale Stabilisierung der Kinder
ƒ Förderung der sinnlichen Wahrnehmung
ƒ Entwicklung bzw. Förderung von Selbstwertgefühl
ƒ Entwicklung bzw. Förderung spezifischer sozialer Kompetenzen
ƒ Entwicklung bzw. Förderung gewaltfreier Konfliktbewältigungsstrategien
ƒ Auseinandersetzung mit „fremden“ Werten und
Normen, interkulturelle Erziehung
ƒ Entwicklung bzw. Förderung von Demokratieverständnis und Gestaltungswillen
Die Stärkung emotionaler und sozialer Kompetenzen lenkt die Aufmerksamkeit der Kinder auf
die eigenen Fähigkeiten und Potentiale. Inzwischen
29
Geschrieben von Wolfgang Höfert/Margrit Maurer
34
Beim sozialen Lernen handelt es sich um ein
äußerst komplexes Lerngebiet, das in der Schule
in den vielfältigsten Bereichen stattfindet. Bei der
geschilderten Ausgangslage schien es aber zunehmend unausweichlich, feste Zeiten für die
Vermittlung entsprechender Basiskompetenzen
bereitzustellen. Als Ergebnis einer Zukunftswerkstatt mit der Gesamtelternvertretung („Schule ohne
Gewalt“) und auf der Grundlage eines Beschlusses der Gesamtkonferenz findet deshalb in Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern des Schülerclubs Arche seit 1998 in allen Klassen eine
Wochenstunde „Soziales Lernen“ statt. Im Laufe
der Zeit stellte sich dabei immer stärker die Frage
nach einem einheitlichen pädagogischen Handeln
und einer spezifischen inhaltlichen Grundlage für
die Durchführung dieser Stunden. Hier sollen
konzentriert und ohne Blick auf andere Lernziele
Spiele und Übungen zur grundlegenden Verbesserung sozialer Fähigkeiten durchgeführt werden.
In Zusammenarbeit zwischen Schule und Schülerclub wurde ein internes Curriculum entwickelt,
das Spiele und Übungen zu den Themenbereichen
Selbstwahrnehmung, Fremdwahrnehmung/Kommunikation, Kooperation/Helfen, Konflikte lösen
sowie Werte/Normen für die unterschiedlichen
Klassenstufen bereitstellt. Darüber hinaus werden
Aspekte geschlechtsspezifischen Arbeitens und
Bezüge zum Unterricht thematisiert.
Workshop „Wie gehe ich um mit meiner Wut“
Auf der Grundlage eines Gesamtkonferenzbeschlusses bietet der Schülerclub Arche für alle
Klassenstufen Workshops zum Thema „Wie gehe
ich um mit meiner Wut“ an. Die Dauer eines
solchen Workshops beträgt zwei mal drei Schulstunden und wird für Teilungsgruppen (meist
geschlechtsspezifisch getrennt) angeboten. Für jede
Klasse stehen also 12 Schulstunden zur Verfügung. Themen sind das Erkennen von Gefühlen,
die Kontrolle des eigenen Verhaltens und der
Umgang mit Ärger und Wut sowie die Erprobung neuer Verhaltensweisen.
Mediation und Täter-Opfer-Ausgleich
Die Schulordnung der Franz-Schubert-Grundschule
legt fest, dass die Schule sich bei Konflikten und
gewalttätigen Übergriffen nicht auf den Einsatz
von Ordnungsmaßnahmen beschränken kann,
sondern schon im Vorfeld präventiv tätig werden
muss. Deshalb sollen vorrangig Methoden konstruktiver Konfliktbewältigung bei Konflikten eingesetzt werden, d. h. insinsbesondere die Mediation und der Täter-Opfer-Ausgleich.
Gewaltanwendungen, die besonders schwere Folgen seelischer, körperlicher oder materieller Art
hinterlassen, müssen in einem Täter-Opfer-Ausgleich geklärt, aufgearbeitet und ausgeglichen
werden. Die Täter sind zunächst mit ihren Handlungen zu konfrontieren, sie müssen Verantwortung für ihre Tat und das Opfer übernehmen.
Stimmen sowohl Täter als auch Opfer einem
Ausgleichsversuch zu, kann der Konflikt unmittelbar mit den Beteiligten bearbeitet werden.
Bei Vorfällen, die möglicherweise schulische Ordnungsmaßnahmen nach sich ziehen, ist darauf
zu achten, den Täter-Opfer-Ausgleich und den
Einsatz dieser Maßnahmen in einen geregelten
Ablauf zu bringen, um auch hier ein einheitliches
pädagogisches Handeln zu ermöglichen. Die
Gesamtkonferenz hat deshalb einstimmig einen
Beschluss zur „Verzahnung von Methoden konstruktiver Konfliktbewältigung und Erziehungs- und
Ordnungsmaßnahmen an der Franz-SchubertGrundschule“ gefasst. Danach sind Ergebnis und
Verlauf des Täter-Opfer-Ausgleichs bei der Verhängung möglicher Ordnungsmaßnahmen unbedingt zu berücksichtigen.
Mit Hilfe dieser Bausteine lassen sich entsprechend den eingangs benannten Zielen pädagogischen Handelns die folgenden Arbeitsschwerpunkte benennen:
ƒ Vermittlung grundlegender Regeln des Zusammenlebens (Arbeit mit der Schulordnung)
ƒ Entwicklung grundlegender sozialer Kompetenzen (Curriculum „Soziales Lernen“)
ƒ Vermittlung des Umgangs mit eigenen Gefühlen (Curriculum „Soziales Lernen“ und Workshop „Wie gehe ich um mit meiner Wut“)
ƒ Entwicklung konstruktiver Konfliktbewältigungsstrategien (Curriculum „Soziales Lernen“,
Mediation, Krisenintervention bei Einzel- oder
Gruppenkonflikten, Arbeit mit den Klassensprecherinnen und -sprechern)
ƒ Klare Grenzsetzung bei Gewaltanwendungen seelischer, körperlicher oder materieller
Art (Täter-Opfer-Ausgleich und ggf. Einsatz
schulischer Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen)
ƒ Förderung des kindlichen Gestaltungswillens
im gesamten Schulleben (z. B. Arbeit mit den
Klassensprecherinnen und -sprechern, Pausenverkauf im Schülercafé, Spielzeugverwaltung)
Die inhaltliche Koordinierung und Entwicklung
der Arbeit hat eine Demokratisierung des Schullebens zur Voraussetzung und erfolgt in den Schulentwicklungsgruppen „Soziales Lernen“ und „Konstruktive Konfliktbewältigung“. Die praktische
Umsetzung im Schulleben und in der Schülerclubarbeit wird vorbereitet in der Planungsgruppe
(erweiterte Schulleitung) und im Projektrat des
Schülerclubs ARCHE und basiert auf den Beschlüssen von Gesamt- und Schulkonferenz.
Kontakt:
Wolfgang Höfert
Schülerclub ARCHE in der Franz-Schubert-Grundschule, Weserstr. 12, 12047 Berlin,
Telefon 030 6273 2070, Fax 030 6130 9889
eMail [email protected]
35
Gesamtschulen
Erasmus-von-Rotterdam-Oberschule,
Hellersdorf30
Die Erasmus-von-Rotterdam-Oberschule liegt
im östlichsten und jüngsten Stadtbezirk von
Berlin - Marzahn-Hellersdorf - und ist eine Gesamtschule ohne Sekundarstufe II. Seit dem Schuljahr 1991/92 arbeiten wir in der Regel 4-zügig,
d. h. mit 16 Klassen und ca. 450 Schülern, die
momentan von 33 Lehrkräften unterrichtet werden. Die Ausgangsvoraussetzungen für den Aufbau unserer Schule waren nicht besonders gut.
Anfang der 90er Jahre herrschte eine generelle
Unsicherheit, das Kollegium war völlig neu zusammengesetzt worden und auch die Schüler/innen mussten sich erst finden.
Von Anfang an war es unser Bestreben, einen
pädagogischen Grundkonsens zum Umgang
miteinander und vor allem mit den Schüler/innen
zu finden. Wir wollten eine Schule schaffen, in
der sich jeder wohlfühlt, Forderung und Förderung erfährt und sich selbst aktiv einbringen kann.
Unter anderem wollten wir dadurch auch präventiv auf die Entstehung von Gewalt und Schuldistanz einwirken. Dieser Prozess lief und läuft
nicht immer problemlos ab. Dennoch sind wir
der Meinung, auf dem richtigen Weg zu sein.
Denn der Krankenstand in unserem Kollegium ist
gering und 85 % der heute bei uns tätigen Lehrkräfte sind von Beginn an an dieser Schule. Ein
Großteil unserer Schüler/innen kommt gern zur
Schule und bringt sich aktiv in das vielfältige
Angebot ein, das wir entwickelt haben. Viele Eltern nennen als Grund für die Anmeldung ihres
Kindes an unserer Schule das positive Schulklima
und die interessanten Angebote.
Bei vielen der im Folgenden beschriebenen Aktivitäten werden wir durch Sponsoren und den
Schulförderverein unterstützt. So sind diverse
künstlerische Projekte durchgeführt worden, in
denen die Schüler/innen im Unterricht und z. T.
auch in ihrer Freizeit Ideen entwickelt und umgesetzt haben, um sich ihr Schulumfeld angenehmer
zu gestalten. Dazu gehören
ƒ die Umgestaltung des Schulhofes mit Bau
einer kleinen Freilichtbühne,
ƒ die Umgestaltung der Cafeteria nach Motiven
von Friedensreich Hundertwasser,
30
Geschrieben von Gabriele Müller.
36
ƒ zurzeit die Gestaltung von Tischen und Stühlen für die Cafeteria ebenfalls nach Hundertwasser,
ƒ die Gestaltung einer mittelalterlichen Burg aus
einem großen Kalksandstein im Wohngebiet,
ƒ die Schulhausgestaltung mit Arbeiten aus dem
Kunstunterricht und
ƒ die Gestaltung eines „Geometrischen Gartens“
auf dem Schulvorplatz.
Mit großer Begeisterung sind die Schüler/innen
dabei. Stolz präsentieren sie ihre Ergebnisse Mitschülern, Eltern und Freund/innen. Vandalismus
oder blinde Zerstörungswut sind verbannt, denn
alle sehen, wie die „Künstler/innen“ bei der Herstellung ihrer Werke schwitzen.
Seit vier Jahren existiert bei uns die Schülerfirma
„Rotterdams Botaniker“. Die Schüler/innen entscheiden sich im Rahmen des Wahlpflichtunterrichts dafür und arbeiten wie in einem richtigen
Unternehmen. Sie wählen ihren Vorstand, kümmern sich um Aufträge, müssen die Kosten kalkulieren usw. Wie der Name schon vermuten lässt,
handelt es sich um angehende Gärtner/innen,
Floristen/Floristinnen u. ä. Die Gestaltung und
Pflege des „grünen Schulhauses“ obliegt ausschließlich ihnen.
Ausgebildete Mediator/innen - unsere Peacemaker - helfen in Konfliktsituationen zu schlichten, so dass es sehr selten zu Eskalationen kommt.
Seit acht Jahren arbeitet der Schulclub - betreut
von unserer Sozialpädagogin und unserem Erzieher. Auch hier wird Eigenverantwortung und
-initiative groß geschrieben. Einmal wöchentlich
trifft sich das Clubteam (bestehend aus Schüler/innen verschiedener Jahrgänge), um über anstehende Probleme oder Aktivitäten zu beraten.
Das ganz Besondere an unserer Schule ist unser
„Zirkusprojekt“, das wir gemeinsam mit einer
Solinger Hauptschule seit sechs Jahren durchführen und das schon zweimal vom Bundespräsidenten ausgezeichnet worden ist. Auch hier können Schülerinnen und Schüler aller Jahrgänge
teilnehmen und gemeinsam mit den Solingern
zweimal jährlich (einmal in Solingen - einmal in
Berlin) ein Zirkusprogramm einstudieren, um es
dann vor stets begeisterten Grundschüler/innen
vorzuführen. Während ihres Aufenthaltes in Berlin
werden alle Teilnehmer/innen des Projektes kulinarisch in unserer Lehrküche von Mitschüler/innen
versorgt. Besonders anzumerken ist, dass - obwohl keine Honorarmittel zur Verfügung stehen ein ehemaliger Schüler unserer Schule und heutiger Berufsartist die Schüler/innen fachlich betreut.
Aus diesem Projekt heraus hat sich die Einrichtung des Wahlpflichtfaches „Zirkus“ - übrigens
einmalig in Berlin - entwickelt. Die Zirkusbegeisterung hat auch schon die benachbarte Grundschule erfasst. Gemeinsam mit unseren Schüler/innen lernen sie im Rahmen einer AG Jonglieren, akrobatische Meisterstücke u. v. m.
Zu einem Höhepunkt in unserem schulischen
Leben haben sich die seit vier Jahren stattfindenden Variete-Vorstellungen am Ende des Schuljahres entwickelt. Diverse Unterrichtsfächer und
Wahlpflichtkurse arbeiten im Laufe des Schuljahres hart an der Vorbereitung. Texte müssen geschrieben werden, Kostüme genäht, Kulissen gebaut, Eintrittskarten fertiggestellt, die Technik darf
nicht versagen und nicht zuletzt müssen die Darbietungen einstudiert werden. Ergebnis ist jeweils
ein ca. 1,5-stündiges buntes Programm mit Rahmenhandlung und verschiedenen Vorführungen,
das seine Zuschauer/innen Jahr für Jahr aufs Neue
begeistert.
Gerade das Zirkusprojekt ist für Schüler/innen,
die aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr
gern am „üblichen“ Unterricht teilnehmen, ein
ausgesprochener Anreiz, zur Schule zu kommen
und viele Mühen und Anstrengungen auf sich zu
nehmen, um bei einer Zirkus- oder Varietevorführung mitwirken zu können.
Sicher gibt es auch weiterhin viel zu tun! PISA ist
auch an uns nicht spurlos vorübergegangen. Durch
das Erlernen und Anwenden der Unterrichtsmethoden nach Klippert, die ebenfalls das eigenverantwortliche Arbeiten der Schüler/innen in den Mittelpunkt stellen, vermitteln wir unseren Schülern
das nötige Know-how für den Start ins Berufsleben.
Unsere langjährigen Erfahrungen haben gezeigt:
Die Einbeziehung von Schüler/innen und natürlich auch von Eltern (die hier ein bisschen zu
kurz gekommen sind) und die Wahrnehmung von
Verantwortung für jeden Einzelnen aber auch für
das Ganze sind Grundvoraussetzungen, um dem
o. g. Anspruch nach einer Schule, in der sich alle
wohlfühlen, entsprechen zu können.
Kontakt:
Schulleiterin: Frau Müller
Erasmus-von-Rotterdam-Oberschule,
Alte Hellersdorfer Straße 7, 12629 Berlin
Telefon/Fax 030 5615126
eMail [email protected]
37
Carl-von-Ossietzky-Oberschule, Kreuzberg31
Die Carl-von-Ossietzky-Oberschule (C. v. O.) ist eine
Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe und einem Ausländeranteil von 45 %. Seit 20 Jahren
betreuen Lehrer/innen und Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen gemeinsam die Klassen der
Mittelstufe. Die Zusammenarbeit findet kontinuierlich von der 7. bis zur 10. Klasse statt. Es ist
dabei von großem Vorteil, dass Klassenlehrer/innen,
Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen und Schüler/innen über vier Jahre einen gemeinsamen Prozess durchlaufen.
Die gemeinsame (sozial-)pädagogische Arbeit
beginnt mit dem Übergang von der Grundschule
zur Oberschule. In der an unserer Schule üblichen Einführungsphase machen sich die Schüler/innen mit den Pädagogen/Pädagoginnen und
Mitschüler/innen vertraut und lernen die neue
Schule mit ihren unterschiedlichen Bereichen kennen. In den 7. Klassen stehen den Kollegen/Kolleginnen zwei Kerngruppenstunden32 und zwei
außerunterrichtliche Zeiten33 pro Gruppe zur Verfügung, zusätzlich laufen AG´s während der Essenszeiten oder an unterrichtsfreien Nachmittagen, im allgemeinen an einem Nachmittag pro
Klasse.
Die Tutorstunden gestalten Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen und Lehrer/innen gemeinsam,
in der Regel findet wöchentlich eine Koop-Stunde34 statt. Diese Stunde nehmen die Lehrer/innen
aus ihrem Springstunden-Kontingent (Vorbereitungszeiten). Sie können diese Stunden im Plan
kenntlich machen, so dass sie während dieser
Zeiten nicht zum Vertretungsunterricht eingesetzt
werden. Die Koop-Stunde ist eine freiwillige und
zusätzliche Stunde seitens der Lehrer/innen, die
Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen integrieren
diese in ihre Vorbereitungszeiten.
31
Die Tutorstunden im 7. Jahrgang unterscheiden
sich inhaltlich folgendermaßen: Eine Wochenstunde dient dazu, die allgemeinen und aktuellen
Fragen der Klasse zu behandeln sowie alle weiteren Klassengeschäfte zu erledigen. Die zweite
Stunde wird ausschließlich auf das soziale Lernen
verwandt. Um sich darauf vorzubereiten, haben
fast alle Klassenlehrer/innen der C. v. O an einer
Fortbildung im Bereich des sozialen Lernens auf
der Grundlage des Programms von Lions-Quest
„Erwachsen werden”35 teilgenommen.
In der Eingangsphase erleben wir, dass die Schüler den Angeboten der Schule mit viel Neugier
und Offenheit begegnen. Die Beziehungen innerhalb der Gruppen sind noch relativ unbelastet
und offen für neue Verbindungen. Die von uns
in diesem Stadium angebotenen Übungen zur
Kommunikation und Interaktion im Bereich des
sozialen Lernens werden von den Jugendlichen
in der Regel mit Interesse und Engagement angenommen. Die Schüler/innen erleben es als äußerst positiv, dass ihnen kontinuierlich ein Zeitraum zur Verfügung gestellt wird, in dem sie
ihre Erwartungen und Vorstellungen äußern und
die der anderen Mitschüler/innen kennen lernen
und diskutieren können. Der Gruppenzusammenhang wird gefestigt und das Zusammengehörigkeitsgefühl gefördert. Die Klasse thematisiert Verantwortung und Verpflichtungen und nimmt sie
gemeinsam wahr. Die Jugendlichen lernen ohne
Leistungsdruck vor der Klasse zu sprechen, ihre
sozialen Hintergründe darzustellen sowie konstruktive Feedbacks zu geben bzw. anzunehmen. An
dieser Stelle sind die Lehrer/innen und Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen sehr gefordert, denn
sie müssen die Informationen in ihr weiteres
Handeln einbeziehen, da sonst die Gefahr besteht, dass sich die Schüler/innen ausgehorcht
fühlen.
Geschrieben von Gudrun Böttger.
An den Gesamtschulen gibt es in den 7. Klassen zwei und in den Klassen 8 - 10 jeweils eine Kerngruppenstunde/n. Sie stehen der Klasse für organisatorische und soziale Aufgaben zur Verfügung und werden von
den Klassenleiter/innen (auch als Tutor/innen bezeichnet) durchgeführt. Laut Gesamtkonferenzbeschluss der
C. v. O. findet in diesen Stunden die im Artikel beschriebene Kooperation zwischen Lehrkräften und Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen ihre konkrete Umsetzung.
33
Den 7. und 8. Klassen stehen hier zwei Stunden zur Verfügung, die von Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen
und Erzieher/innen durchgeführt werden.
34
Zwei Lehrkräfte unterrichten gleichzeitig in einer Klasse.
35
Lions-Quest: Erwachsen werden (Das Handbuch ist nur in Verbindung mit der entsprechenden Fortbildung
erhältlich, bei Interesse bitte melden unter Telefon 41924740)
32
38
Gemeinsam mit meiner Lehrerkollegin Barbara
Hecke habe ich folgenden Leitfaden für das soziale Lernen an unserer Schule entwickelt:
Unser Leitfaden36
Die Bausteine 1 und 2 bieten die Grundlage für
die Arbeit in den Kassenstufen 7 und 8. Im 9. und
10. Schuljahr wenden wir uns verstärkt den Themen aus den Bausteinen 3 bis 5 zu.
Baustein 1: Einstieg in eine Klassengemeinschaft
Kommunikationstraining - Einstieg
ƒ Kennen lernen und Beobachten
ƒ Regeln-Aufstellung und Überprüfung
ƒ Klassensprecher/innen-Wahl
ƒ ”Benimm-Kurs”
- Interaktionsübungen
- Rollenspiele
ƒ Gewaltprävention
Konfliktlotsenausbildung, Anti-Gewalt-Training
bei der Berliner Polizei u. a.
- Interaktionsübungen
- Rollenspiele
- Planspiele
- Projektarbeit
Baustein 4: Liebe, Freundschaft, Sexualität
Kommunikationstraining - Fortführung
ƒ Geschlechtspezifische Arbeitsgruppen
Mädchenproblematik
Jungenproblematik
ƒ Zusammenführung der o. g. Arbeitsschwerpunkte im Klassenverband
Themenbezogene Gespräche/Übungen
- Diskussionen
- Interaktionsübungen
- Rollenspiele
- Planspiele
- Projektarbeit
Baustein 2: Stärkung des Selbstvertrauens
Baustein 5: Werte, Normen, Lebensplanung
Kommunikationstraining - Fortführung
ƒ Selbst-und Fremdwahrnehmung
ƒ Feedback
ƒ Mit Gefühlen umgehen
- Interaktionsübungen
- Rollenspiele
Reflexion und Perspektiven
ƒ Freundschaften/Beziehungen
ƒ Schulzeit
ƒ Elternhaus
ƒ Zukunftsperspektiven
- Interaktionsübungen
- Rollenspiele
Baustein 3: Soziales Lernen im Klassenverband
Rollen erfahren, erforschen, trainieren
ƒ Suchtprävention
Umgang mit Gefühlen - Fortführung aus Baustein 2
36
Kontakt
eMail [email protected]
Die Übungen werden genauer erläutert in:
Gudrun Böttger, Angelika Reich: Kreativität und soziale Kompetenz fördern
Gudrun Böttger, Angelika Reich u. a.: Konflikte lösen mit Jugendlichen
Heinz Klippert: Methoden- und Kommunikationstraining
39
Hauptschulen
Werner-Stephan-Oberschule, Tempelhof37
Einleitung
An der Werner-Stephan-Oberschule, Hauptschule
im Bezirk Tempelhof-Schöneberg mit gemeinsamem Unterricht in allen Klassen von Schüler/innen
mit und ohne Behinderung, einem Förderkonzept
für ausländische Seiteneinsteiger aus zurzeit 35
verschiedenen Nationen, sowie einem umfassendes Betreuungskonzept gilt der Leitgedanke:
ƒ eigenverantwortliches Lernen und Selbstwirksamkeit zu fördern,
ƒ gegen Schulfrust neues Selbstbewusstsein und
Lernerfolg zu ermöglichen,
ƒ Konflikte ernst nehmen
ƒ ein von Schüler/innen und Lehrer/innen gemeinsam verantwortetes gutes Schulklima der
gegenseitigen Wertschätzung und Akzeptanz
zu schaffen.
Die vielfältigen Projekte der Schule, die gemeinsam dem Ziel dienen, die Schüler/innen zu gewinnen und nicht abzuschrecken, umfassen das
gesamte Schulleben. Das Ergebnis dieser Arbeit
ist: „Schüler/innen kommen in der Regel gern zur
Schule“.
Das 40-Minutenmodell bringt je Lehrer/in mit voller
Stelle eine Arbeitszeitressource von 135 Minuten
- Aktionszeit genannt -, mit der Projekte erfolgreich verwirklicht werden können, für die eine
Absicherung sonst kaum möglich wäre. Zum
Ausgleich bieten viele Arbeitsgemeinschaften
zurzeit ca. 30) allen Schüler/innen ein attraktives
Angebot nach Unterrichtsschluss.
Nachfolgend werden Teilbereiche der Arbeit der
Schule erläutert, die besonders dazu beitragen,
der Gefahr der Schuldistanz präventiv zu begegnen.
Unterricht
ƒ Die individuelle Förderung und die Gestaltung
von Anforderungen entsprechend dem Leistungsvermögen unterschiedlicher Schüler/innen
37
Geschrieben von Siegfried Arnz.
40
sowie die Unterstützung der Schüler/innen beim
eigenverantwortlichen Lernen werden erleichtert durch eine möglichst große Zahl von doppelt gesteckten Unterrichtsstunden (u. a. durch
40’-Modell möglich).
ƒ Soziales Lernen gehört als eigenständiger verpflichtender Unterrichtsinhalt zur Arbeit in den
7. und 8. Klassen.
ƒ Die Einrichtung der meisten Klassen als Integrationsklassen für lernbehinderte und geistig
behinderte Jugendliche bildet den Rahmen für
individuelle Lernwege.
ƒ Durch ein besonderes System von Förderklassen (C-B-A-Modell) für ausländische Seiteneinsteiger ohne oder mit sehr geringen
deutschen Sprachkenntnissen werden der
Sprach-erwerb und die Erweiterung der Sprachkompetenz für Jugendliche nichtdeutscher Herkunftssprache erfolgreich organisiert.
Beurteilung
Gerade durch den Anspruch der Schüler/innen in
den Integrationsklassen und Förderklassen auf
individuelle Rückmeldung und Leistungsbeurteilung
gewinnt dieses Prinzip zunehmend an Verbreitung. Dazu gehören neben positiver Verstärkung
und einem großen Stellenwert von verbalen Beurteilungen nicht nur für Integrationsschüler/innen
sowohl eine möglichst flexible Auslegung der
Bestimmungen zur Zensurengebung (z. B. zeitweises Aussetzen der Rechtsschreibzensur) als auch
die Nutzung der Spielräume der Versetzungsordnung, um sinnloses und demotivierende
Wiederholen von Klassenstufen zu vermeiden.
Schülerfirma und Cafeteria
Eigenverantwortlichkeit wird in besonderem Maße
in diesen Arbeitslehreprojekten des 10. Jahrgangs
verwirklicht. Schüler/innen in ernstgemeinter Verantwortung z. B. als Abteilungsleiter/innen, Lehrer/innen als Partner im Arbeitsprozess von der
Planung bis zur Ausführung und Kontrolle erzielen ein Höchstmaß an Motivation, Anstrengungsbereitschaft und Arbeitsfreude, die sich häufig
auf andere Bereiche schulischen Lernens überträgt. Das Ergebnis ist nicht zuletzt eine seit acht
Jahren tägliche, zuverlässige und qualitativ gute
Versorgung der gesamten Schule (Schüler/innen
und Lehrer/innen) mit Essen und Getränken.
Schulstation
Die Schulstation ist als zentraler in das Schulleben integrierter Ort der Entspannung und
Konfliktbewältigung nicht mehr weg zu denken:
Ob Schüler/innen aus den Klassen „geschickt“
werden, ob sie selbst entscheiden, in die Schulstation gehen zu wollen (was ihr Recht ist), ob
sie an mehreren Stunden der Woche regelmäßig
im Rahmen einer besonderen Vereinbarung in
der Schulstation sind, die Schulstation bietet täglich von der 1. bis zur 6./7. Stunde den Rahmen
ƒ für Schüler/innen, die ungestört eine Arbeit
beenden oder nachholen wollen oder sollen
ƒ für sehr persönliche und vertrauliche Beratungsgespräche
ƒ für Entspannung bei Kopfschmerzen oder anderem Unwohlsein
ƒ zum Ruhigwerden bei Konflikten in der Klasse,
mit Lehrer/innen oder anderen Schülern/innen
Die Schulstation ist niemals geschlossen und wird
bei Krankheit im Schulstationsteam vorrangig
vertreten (Lehrer/innen der Schule). Eine wirkungsvolle Unterstützung und Hilfe erhält die Schulstation durch die ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen
des Projekts „Seniorpartner in School“ (SiS).
Schülerverantwortung und Streitschlichter
Schülerverantwortung als Grundsatz findet sich
in immer mehr Bereichen der Schule wieder:
Raucherregeln, Ärger um die WC´s, Schulfeste
oder die Schulgestaltung - überall übernehmen
und erhalten die Schüler/innen Verantwortung.
Die Schülervertreter/innen erstellten zum ersten
Mal vor sieben Jahren auf einer SV-Tagung
Regeln für das Zusammenleben an der WernerStephan-Oberschule, die „Versprechen an die
Schulgemeinschaft“. Seither wird in jedem Jahr
ein neues Versprechen erarbeitet.
Bei jährlich vier aufeinander aufbauenden Streitschlichterlehrgängen gewinnen freiwillig teilnehmende Schüler/innen umfangreiche Kompetenzen
zur Lösung von Konflikten, vom Eingreifen in
akuten, auch gewaltsamen Streitsituationen bis
hin zum Abschließen von Verträgen zur dauerhaften Beilegung von Konflikten.
Das Klima an der Schule wurde erheblich verbessert. Die Schüler/innen empfinden die Schule als
ihre Schule. Das Selbstbewusstsein der Schülervertreter/innen hat sich erheblich gestärkt. Trotz
eines hohen Konfliktpotentials kommt es kaum
noch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen.
Zu allem gehört eine Arbeitskultur im Kollegium,
ƒ in der Teamarbeit (alle Klassen werden durch
Teams geleitet - es gibt keine reinen Fachlehrer/innen) in allen Bereichen im Zentrum der
Schule steht,
ƒ in der Belastungen der Kollegen/innen ernst
genommen werden,
ƒ in der mit einer vom Kollegium gewählten
Erweiterten Schulleitung (ESL) Probleme erkannt
und aufgegriffen werden, z. B. durch sinnvolle Regelungen für Vertretungsunterricht.
Kontakt:
Homepage der Werner-Stephan-Oberschule:
www.wso-berlin.de
Homepage des „Verbunds Selbstwirksame
Schulen“: www.selbstwirksameschulen.de
41
Heinz-Brandt-Oberschule, Pankow38
Unabhängig davon in welchem Berliner Bezirk
sich eine Hauptschule befindet, weist sie typische
Merkmale auf:
ƒ Es sind immer die leistungsschwächsten Schüler/innen einer Grundschulklasse, die eine
Hauptschulempfehlung bekommen.
ƒ Die Berliner Hauptschule wird in den seltensten Fällen von den Eltern als die Schulform
gewählt, die aus ihrer Sicht die für ihr Kind
sinnvollste ist. Ein Großteil der Schülerinnen
und Schüler ist überaltert. Es gibt deutlich
mehr Jungen als Mädchen.
ƒ Die Hauptschule stellt bezogen auf eine
möglichst erfolgreiche Schulkarriere das Schlusslicht dar, deswegen ist dort der Anteil der
Schuldistanzierten zwangsläufig am größten.
Von daher ist hier auch der Anteil derjenigen,
die die Berliner Schule ohne Abschluss verlassen, am größten.
ƒ Die Mitarbeit der Eltern innerhalb der Schulverfassungsgremien ist nur minimal vorhanden.
ƒ An Hauptschulen befindet sich ein großer Anteil
von Jugendlichen nichtdeutscher Herkunftssprache.
Nur das letzte der hier aufgeführten Merkmale
trifft nicht auf die Heinz-Brandt-Oberschule zu:
Da sie sich im Ostteil der Stadt befindet, ist der
Anteil der Schüler/innen nichtdeutscher Herkunftssprache so gering, dass er vernachlässigt werden
kann. Alle anderen aufgezählten Charakteristika
sind an unserer Schule zu finden.
Die Arbeit an der Hauptschule muss immer wieder
neu überdacht und verändert werden. Die Rolle
der Lehrerinnen und Lehrer schwankt zwischen
Wissensvermittler, Elternersatz, Sozialarbeiter und
Erzieher. Eine eindeutige Berufsdefinition ist für
die Kollegin/den Kollegen nicht gegeben bzw.
erkennbar.
Um die Arbeit sowohl für die Schülerinnen und
Schüler, als auch für die Kolleginnen und Kollegen erträglicher zu gestalten, wurden an unserer
Schule Impulse von außen dankbar aufgenommen. So wurde vor sechs Jahren mit dem 10. Jahrgang eine Zukunftswerkstatt im Rahmen der
Agenda 21 des damaligen Bezirks Weißensee
38
Geschrieben von Karla Werkentin.
42
durchgeführt. Die Jugendlichen erarbeiteten mit
fachlicher Unterstützung durch Studenten Modelle für die Veränderung ihrer Schule. Diese
wurden dann der Öffentlichkeit präsentiert.
Dadurch war der Kontakt zur Abteilung Jugend
hergestellt. Es kam uns darauf an, beide Bereiche,
mit denen unsere Jugendlichen zu tun haben,
nämlich Schule und Jugendamt, zusammenzuführen. Gemeinsam versuchen wir, unseren Jugendlichen zu helfen.
Die Zusammenarbeit mit der Abteilung Jugend
wurde von Seiten der Schule als dringend notwendig und als Unterstützung betrachtet, nicht
als Konkurrenz. Als dann die Möglichkeit bestand,
einen Schülerclub, der an einer anderen Schule
nicht benötigt wurde, an die Schule zu bekommen, war das Kollegium dankbar. Da der Schülerclub unter Leitung eines Freien Trägers arbeitet,
bestand die Chance Drittmittel zu akquirieren.
Dieses wurde genutzt und etliche künstlerische
Projekte konnten erfolgreich durchgeführt werden. Künstlerinnen und Künstler arbeiteten mit
den Jugendlichen in Projekten. Die Schule öffnete sich erfolgreich nach außen. Mittlerweile ist
die Arbeit des Schülerclubs voll in die Schularbeit
integriert: So finden z. B. Projekte außerhalb des
Unterrichts statt (z. B. Begegnungsfahrten und
Treffen mit Schülerinnen und Schülern anderer
Schulen, Klassensprecherschulungen). Der Schülerclub nimmt an Projekttagen teil und unterstützt
unterschiedlichste schulische Aktivitäten.
Ähnlich verläuft die Arbeit mit der Schulstation.
Auch hier ist die Mitarbeit nicht auf die Betreuung derjenigen Schülerinnen und Schüler beschränkt, die den schulischen Vormittag ohne Hilfe
nicht bewältigen, sondern sie erstreckt sich auch
auf den Nachmittag und kommt dann allen Jugendlichen unserer Schule zugute. Bis vor kurzem war die Schulstation auch während der
Ferien geöffnet. Aufgrund von Mittelkürzungen
gibt es dieses Angebot leider nicht mehr. Der
Kontakt zu den verschiedenen Abteilungen des
Jugendamts wird kontinuierlich von den Leiter/innen der Schulstation und des Schülerclubs
wahrgenommen, so dass Schule und Jugend zunehmend enger miteinander kooperieren.
Durch die Öffnung nach außen und die enge
Zusammenarbeit dieser beiden Institutionen ist
innerhalb des Kollegiums die Bereitschaft gewachsen, anderen Personen (z. B. Künstler/innen, Stu-
dent/innen, Dozenten der Berlinbrandenburgischen
Fortbildungsakademie u. a.) pädagogische Arbeit
zuzutrauen. Das Kollegium ist für Außenkontakte
und Zusammenarbeit offener geworden. Projekte, die von außen an die Schule herangetragen
werden, stoßen nicht mehr auf Bedenken der
Lehrer/innen. Sie reflektieren zunehmend, ob nicht
auch Inhalte, die nicht im Rahmenplan stehen,
den Schülerinnen und Schülern nutzen. Am deutlichsten wurde diese Meinungsänderung, als die
Berliner Philharmoniker sich angeboten haben,
mit unseren Schülerinnen und Schülern ein Tanzprojekt durchzuführen. Nach einer gelungenen
Aufführung und hell begeisterten Jugendlichen
wuchs die Akzeptanz des Kollegiums für Anregungen und Projekte von außen.
Vor drei Jahren beschloss die Gesamtkonferenz
an dem Senatsprogramm „Schulprogrammentwicklung“ teilzunehmen. Es wurde eine Steuergruppe
mit mehreren Lehrer/innen installiert. Zwei Moderatorinnen arbeiteten mit dem Kollegium und der
Steuergruppe so effektiv, dass langsam bei vielen
der Wunsch entstand, Schule und Unterricht zu
verändern. Aber auch hier war von Vorteil, dass
Personen von außen die notwendigen Impulse
gaben, die eigene Schulsituation zu reflektieren
und zu verändern.
Es war nur konsequent, dass der Unterricht, so
wie er bislang ablief, unter die Lupe genommen
wurde. Eine Datenerhebung ergab, dass über 60 %
der Schülerinnen und Schüler unserer Schule mit
den Zensuren 5 oder 6 in Rechtschreibung von
den Grundschulen zu uns kommen. Im Fach Englisch sah die Erhebung noch dramatischer aus,
hier hatten über 70 % der Schülerinnen und Schüler die Zensuren 5 oder 6. Nach ausführlicher
Diskussion wurde beschlossen, den Deutschunterricht und den Englischunterricht anders zu
organisieren. Mit dem 7. Jahrgang wurde angefangen. Alle Schülerinnen und Schüler wurden
getestet. Mit denjenigen, die gravierende Leseund Rechtschreibschwierigkeiten aufweisen, wird
zwei Mal in der Woche ein Spezialprogramm
durchgeführt - sie lernen Basiskenntnisse. Den
anderen wird in dieser Zeit Deutschunterricht
angeboten, bei dem sie sich je nach ihren individuell unterschiedlichen Bedürfnissen zwischen
Literatur, Rechtschreibung, Grammatikübungen
und Lesetraining entscheiden können.
Um möglichst effektiv arbeiten zu können, wurden die ersten drei Stunden geblockt (Deutsch,
Mathe, Englisch). Die jeweils zuständigen Lehrer-
teams sind dadurch nicht mehr auf die genaue
Einhaltung der 45 Minuten angewiesen, sondern
können ihren Unterrichtsstoff so anbieten, wie es
inhaltlich sinnvoll ist. Durch die Teamarbeit ist
auch eine Vertretungssituation nicht mehr so
dramatisch. Der Kollege, der da ist, weiß genau,
wo die Klasse im Stoff steht, bzw. er kann auch
seine eigene Unterrichtseinheit weiterführen und
der fehlende Stoff wird dann nachgeholt, wenn
der andere wieder gesund ist. Außerdem lassen
sich durch die Blockung der Stunden besser
Unterrichtsprojekte organisieren.
Nach dem ersten Schulhalbjahr wurde deutlich,
dass die im 7. Jahrgang unterrichtenden Kolleginnen und Kollegen mit dieser Art der Unterrichtsorganisation sehr zufrieden sind. Probleme können sich allerdings bei der Fächerkombination
ergeben: Es ist sinnvoll, wenn alle drei Kolleg/innen im Team unterschiedliche Fächer haben. Eine
weitere Schwierigkeit ergibt sich auch dadurch,
dass einige Unterrichtsstunden nur im 2. Block
angeboten werden können. So kann z. B. Arbeitslehre immer nur von der 3. bis zur 6. Stunde
stattfinden. Um hier den Kolleginnen und Kollegen der Arbeitslehre die Chance zu geben, auch
in den ersten Stunden die Klassen zu unterrichten, wird im nächsten Schuljahr ebenfalls in den
3. bis 6. Stunden geblockt, d. h. Mathe, Deutsch,
Englisch wird dann auf den späteren Vormittag
verlegt. Bei den beteiligten Kolleginnen und Kollegen des 7. Jahrgangs herrschte übereinstimmend
die Meinung, dass allein die Blockung, die Anwesenheit von zwei Kolleg/innen und das Aufbrechen der starren Stundeneinteilung so effektiv
ist, dass auch in den letzen Unterrichtsstunden
vernünftig gearbeitet werden kann.
Der 7. Jahrgang möchte diese Unterrichtsorganisation auch im 8. Jahrgang fortführen. Diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die im nächsten
Schuljahr eine 7. Klasse übernehmen möchten,
haben bereits signalisiert, dass auch sie so arbeiten wollen.
Wir sind der Überzeugung, dass wir uns durch
die Kooperation mit außerschulischen Organisationen und Ämtern, die Veränderung des Unterrichts und die intensivere Zusammenarbeit im Team
auf dem richtigen Weg befinden.
Kontakt:
Schuleiterin: Frau Werkentin
Telefon/Fax 030 9251208
eMail [email protected]
43
Stadt-als-Schule, Kreuzberg39
Nach mehr als 10 Jahren Schulversuchsarbeit ist
die Stadt-als-Schule nunmehr ein besonderes schulisches Angebot, nämlich eine „Oberschule für
individuelle Praxislernangebote“. Gelernt wird hier
nach der Praxisprojektmethode40.
Dadurch soll zwischen persönlich bedeutsamem
Lernen und dem Lernen in Ernstsituationen ein
Bezug hergestellt werden. Die Praxisprojektmethode ist deshalb in besonderem Maße geeignet, Jugendliche zu motivieren, einen neuen Zugang zum Lernen zu finden, und wirkt dabei
gleichzeitig sozial integrierend. Schülerinnen und
Schüler werden in Klassenstufe 9 und 10 interessenorientiert an Praxisplätzen in Betrieben, Verwaltungen, sozialen und kulturellen Einrichtungen tätig und nehmen dort an konkreten Praxisprojekten teil, die jeweils mehrere Monate andauern. Unter Beratung und Anleitung durch die
jeweilige Lehrkraft und sogenannte Praxismentoren
- den anleitenden und Aufsicht führenden Fachleuten am Praxisplatz - planen und reflektieren
sie ihre Tätigkeiten, bearbeiten Aufgaben, eignen
sich Kenntnisse und Fertigkeiten, Arbeits- und
Lernmethoden und Schlüsselqualifikationen an.
Jedes Praxisprojekt wird durch einen individuellen Lernplan strukturiert und beinhaltet komplexe Handlungs-, Erkundungs-, Fach- und Dokumentationsaufgaben. Parallel zum Lernen in der
Stadt gibt es ein innerschulisches Angebot, das
der Aufarbeitung, Ergänzung und Vertiefung der
Inhalte und Erfahrungen aus den Praxisprojekten
dient. Der Schwerpunkt liegt beim Lernen in der
Stadt (drei Tage in der Woche, d. h. 17 von
30 Unterrichtsstunden).
Zur Interessenklärung, der Klärung der Erwartungshaltung der Schülerinnen und Schüler und der
individuellen Lernplanung ist es notwendig, individuelle Beratungsgespräche zu führen. Diese
Gespräche beinhalten (im Sinne von C. Rogers
und Tausch/Tausch) ein Beziehungsangebot, wel-
39
40
ches von den Prinzipien der Echtheit, der Wertschätzung, der Teilnahme und des Verstehens
bestimmt wird. Der Lehrer bzw. die Lehrerin steuert
dabei die Gestaltung der Beziehung, die durch
den Bildungs- und Erziehungsauftrag von Schule
definiert wird. In dieser professionellen Beratungsund Beziehungsarbeit liegt eine wesentliche Aufgabe des begleitenden Lehrers bzw. der begleitenden Lehrerin. Gemeinsam mit dem Mentor
bzw. der Mentorin sowie der Schülerin und dem
Schüler wird ein Lernraum gestaltet, in dem die
Schülerin und der Schüler sich eigenverantwortlich bewegen. Hierbei haben die individuell vereinbarten Curricula den Charakter von Lernvereinbarungen. Im Sinne des Beratungskonzepts
muss ebenfalls die Bewertung vorrangig individuell und qualitativ auf der Grundlage gemeinsam vereinbarter Zielkriterien erfolgen. Gleichzeitig muss sie die Evaluationskompetenzen der
Schülerinnen und Schüler stärken.
Die Praxisprojektmethode ist eine, aber nicht die
einzige Form, die Schule entwickeln kann, Ernstsituationen für persönlich bedeutsames Lernen
herzustellen. Auch andere Formen der Projektarbeit bieten sich hier an. Dem Aufbau von Beziehungen gegenseitiger Wertschätzung kommt eine
größere Bedeutung zu als allein dem Lernort.
Eine reformierte Hauptschule muss vor allem die
Rahmenbedingungen des Lernens und die
Lehrer(innen)rolle neu definieren. Nur so kann es
gelingen, dass jugendliche Schülerinnen und Schüler an einer Hauptschule ein neues Selbstwertgefühl entwickeln und sich mit der von ihnen
besuchten Schule identifizieren.
Kontakt:
Guido Landreh
Telefon 030 22508311
eMail [email protected]
homepage www.stadt-als-schule.de
Geschrieben von Guido Landreh.
Siehe hierzu auch: Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport, Genehmigungsschreiben für die Stadtals-Schule Berlin als Schule besonderer pädagogischer Prägung, vom 22. März und 14. August 2002.
44
Jean-Piaget-Oberschule, Hellersdorf41
Einführung
Die Jean-Piaget-Oberschule besteht als Hauptschule
seit dem Schuljahr 1991/1992 im Stadtbezirk
Hellersdorf und trägt seit dem 30. April 1997 den
Namen des Schweizer Wissenschaftlers Jean Piaget.
Im Moment besuchen 386 Schüler in 25 Klassen,
Kleinklassen und Projekten die Schule. Sie werden von 34 Lehrer/innern, Sozialarbeiter/innen,
Erzieher/innen und Psychologen/Psychol-oginnen
unterrichtet und begleitet. Die Schule befindet
sich inmitten 11-geschossiger Neubauten, Industrie ist kaum angesiedelt.
Mit ihrem umfangreichen Netzwerk zur individuellen Förderung der Schüler/innen wurde die Schule
über die Grenzen des Stadtbezirkes bekannt und
akzeptiert.
Alle Lehrer/innen der Schule sind engagiert und
setzten sich entsprechend ihrer Stärken für die
Profilierung der Schule ein.
Das Lernverhalten vieler unserer Schüler/innen wird
von Unlust, Versagensängsten und unverarbeiteten Misserfolgen bestimmt.
Ihr Selbstwertgefühl ist teilweise schwach entwickelt, häufig reagieren sie aggressiv oder treten
den inneren Rückzug an, verweigern teilweise oder
ganz die schulischen Angebote und flüchten in
die Schuldistanz.
Das Netzwerk
Aufgrund der sehr unterschiedlichen Kenntnisse
und Fähigkeiten unserer Schüler/innen, ihrer oft
wenig ausgeprägten Konzentrations- und Durchhaltefähigkeit und andererseits unserer Erkenntnis, dass ein Kind durch praktische Erfahrungen
und Tätigkeiten besser lernt, wird ein sehr schülerund handlungsorientierter praxisnaher Unterricht
angeboten.
Es ist an der Schule durchgesetzt, dass der/die
Klassenlehrer/in, besonders in Klassenstufe 7 und
8, viele Stunden in der eigenen Klasse unterrichtet und durch eine/n feste/n Stellvertreter/in oder
Sonderpädagogen/Sonderpädagogin dauerhaft unterstützt wird. So können individuelle Probleme
aufgearbeitet und Hilfeleistungen schnell und zielgerichtet gegeben werden.
Überall dort, wo unsere Schüler/innen selbst praktisch tätig werden können oder wie in Einführungs- und Projektwochen an der Findung ihres
41
Lerngegenstandes aktiv mitwirken dürfen, läuft
der Lernprozess für Lehrer/innen und Schüler/innen
konfliktärmer und freudvoller.
Projekttage und -wochen, Wandertage, Exkursionen, unsere traditionelle Weihnachtsfeier, der
Jean-Piaget-Festtag, Sportwettkämpfe sowie die
gemeinsame Gestaltung der Schule und des Schulhofes lassen die Identifikation der Schüler/innen
mit ihrer Schule wachsen.
Für die Lehrer/innen ergibt sich daraus ein wesentlich höherer Aufwand an Arbeit, Zeit und
Kraft.
Absprachen und Koordinationen von Ideen und
Vorhaben werden in den folgenden Arbeitsgruppen der Schule getroffen:
ƒ AG 1 Jean-Piaget-Festtag/Sport- und Vergleichswettkämpfe,
ƒ AG 2 Integration und Projekte,
ƒ AG 3 Klassenübergreifende Projekttage; Basteltag/Wandertag,
ƒ AG 4 Einführungswochen/Methodentraining,
WPU-Schnupperkurse,
ƒ AG 5 Ethik/Philosophie; Schulstation; Vertrauenslehrer; Haus- und Schulordnung,
ƒ AG 6 Hauswirtschaft; Schülerfirma; Cafeteria,
ƒ AG 7 Öffentlichkeitsarbeit; Präsentation; Schulchronik; Tag der offenen Tür,
ƒ AG 8 Nutzung eigener Ressourcen; Weiterbildung; Schülerförderung; Förderverein,
ƒ AG 9 Schulprogrammentwicklung; ständige
Arbeitsgruppen, Koordination.
Das Team der Schule hat sich dafür ausgesprochen, einmal wöchentlich eine dienstliche Anwesenheit bis mindestens 15:00 Uhr zu ermöglichen,
um Absprachen zu treffen und sich auszutauschen.
An unserer Schule sind Unterrichtsstunden auf
40 Minuten verkürzt um:
ƒ Schüler/innen zusätzliche Angebote machen zu
können,
ƒ in mehreren Klassen Teilungen vornehmen zu
können,
ƒ im Projektunterricht mit zwei Lehrer/innen zu
arbeiten,
ƒ den Schüler/innen eine Palette aus über 30 Wahlpflichtkursen zur vielfältigen Ergänzung des
Unterrichtsangebotes entsprechend den Interessen der Schüler/innen anzubieten,
Geschrieben von Marion Lange.
45
ƒ Schüler/innen aus Projekten und Kleinklassen
eine optimale, den individuellen Erfordernisse
entsprechende Reintegration zu ermöglichen.
Hat ein/e resignierte/r, motivationslose/r Schüler/in
in einem Bereich der Schule wieder Erfolg,
gelingt es eher, sein/ihr Selbstwertgefühl zu
wecken und sich neuen Lernaufgaben zu stellen.
Die pro Unterrichtsstunde eingesparten fünf
Minuten werden an unserer Schule den Schüler/innen in Form von mehr als 30 Wahlpflichtangeboten wieder zurückgegeben. Dieser Unterricht beläuft sich auf zwei Stunden pro Woche.
Als Wahlpflichtunterricht bieten wir sowohl praktisch-technische, künstlerische und hauswirtschaftliche Bereiche an als auch Kurse, die
eine rahmenplanbezogene Differenzierung in den
einzelnen Fächern bieten. So können sowohl leistungsstärkere Schüler/innen gefordert, als auch
schwächere unterstützt werden.
Ziel ist es, den individuellen Bedürfnissen jedes
einzelnen Kindes gerecht zu werden und die
Leistungsmotivation durch Erfolgserlebnisse zu
steigern.
Kurse, die sich bewährt haben, sind: Sport, Keramik, Werkstatt, Mofa, Pias Nähstübchen, Gitarre,
Mathematik und Englisch.
Projekttage und projektorientierter Unterricht
gehören zum festen Lehr- und Lernrepertoire von
Lehrer/innen und Schüler/innen. Bereits in der
Einführungsphase des Schuljahres sollen in Klasse 7 unter dem Motto: „Das Lernen lernen“ die
Eingewöhnung erleichtert, die Motivation gefördert und gemeinsame Ziele und Vorhaben konkretisiert werden.
Auch in Klassenstufe 8 wird neben der Einzelund Gruppenarbeit in einzelnen Fächern gemeinsam an einem Projekt gearbeitet.
In den Klassen 9 und 10 werden Arbeitsschritte
zu einzelnen Themen beispielsweise im ,,TheodorFontane-Projekt“ gefestigt und fachübergreifend
auch mit einer Exkursion verbunden. Damit wird
Schüler/innen die Möglichkeit gegeben, ohne Leistungsdruck Lerninhalte zu wiederholen und zu
festigen sowie verschiedene Formen des sozialen
Umgangs miteinander zu üben.
Praxisbetriebe der Region, Berater/innen des zuständigen Arbeitsamtes sowie Fach- und Klassenlehrer/innen unterstützen unsere Schüler/innen bei
der Berufsorientierung und im Praktikum. Besonders geeignete und interessierte Schüler/innen
46
erhalten in Klassenstufe 9 und 10 die Möglichkeit, im Schulversuch ,,Produktives Lernen“ praxisorientiert zu lernen.
Da besonders das Lernen in ,,Ernstsituationen“
Schüler/innen motiviert, arbeitet die Schülerfirma
,,Happy Food“ sehr erfolgreich auch mit schwierigen Schüler/innen, um die Pausenversorgung
abzusichern. Pias Nähstube erreicht unsere Schüler/innen, da in Zusammenarbeit mit umliegenden Kitas Dienste angeboten werden, wie das
Nähen von Puppenkleidung.
Im Arbeitslehrebereich ,,Sozialisation des Kindes“
können dann in diesen Einrichtungen Erfahrungen gemacht werden. Über ihre Probleme und
Erfahrungen können Schüler/innen in einem von
insgesamt sechs Ethik/Philosophiekursen oder im
evangelischen Religionsunterricht sprechen.
Bei Bedarf steht jedem/jeder Kollegen/Kollegin und
jedem/jeder Schüler/in ein/e Psychologe/Psychologin
zur Beratung zur Seite.
Alle diese Formen der gemeinsamen Arbeit sind
notwendig, um erfolgreiches, freudvolles Lernen
zu fördern und Schüler/innen wie Lehrer/innen
stark in der gemeinsamen Arbeit zu machen.
Nur durch die individuelle Arbeit im Netzwerk
der Schule ist es möglich, Schüler/innen aus den
einzelnen Projekten und Kleinklassen erfolgreich
zu reintegrieren und auch ihnen einen Schulabschluss ermöglichen.
Neben den Regel- und Integrationsklassen bestehen noch folgende Projekte an unserer Schule:
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Produktives Lernen
Integrationsklassen
Re-Integrationsklasse
Kleinklasse „Coole Schule“
Ganztagsprojekt mit dem JugendAufbauWerk
Ost
ƒ Lerntherapeutische Klasse in Zusammenarbeit
mit dem JugendAufbauWerk Ost
ƒ Ganztagsprojekt in Zusammenarbeit mit der
Allgemeinen Jugendberatung
Kontakt:
Schulleitung: Frau Lange, Herr Dr. Ebert
Jean-Piaget-Oberschule,
Mittenwalder Str. 5, 12629 Berlin
Telefon 030 9980793, Fax 030 99279059
eMail [email protected]
Johannes-Lindhorst-Oberschule, Reinickendorf42
Die Johannes-Lindhorst-Oberschule (2. OH
Reinickendorf) besteht derzeit aus ca. 310 Schüler/innen und ca. 35 Lehrer/innen. Wir leben und
kooperieren in einem Gebäude mit der MaxEyth-Oberschule (3. OR Reinickendorf).
Auf die Problematik der Schuldistanz reagieren
wir präventiv mit Hilfe verschiedener Projekte,
die das Klima insgesamt positiv gestalten und
zur Identifikation der Schüler/innen mit ihrer Schule
beitragen sollen:
ƒ Einrichtung von Integrationsklassen in allen
Jahrgängen - Integration als Prinzip gegenseitiger Achtung und Erziehung zur Toleranz,
ƒ Etablierung und ständige Weiterentwicklung
eines Mediationsprojektes, in dem jährlich neue
Konfliktlotsen ausgebildet sowie Ausbildungen
aufgefrischt werden,
ƒ Einstieg in das Projekt „Schülerbegleiter“ in
Zusammenarbeit mit der Polizei und der BVG,
ƒ Übernahme von Verantwortung für die Schulatmosphäre durch das Projekt „Hells Angels“
(Schüler/innen unterstützen Lehrer/innen bei
den Aufsichten),
ƒ Installation von projektorientiertem Lernen an
anderen Lernorten in den Unterricht.
Im Zusammenhang mit der Minimierung bereits
offenkundiger Schuldistanz hat sich der Schulversuch „Ausbildungsbefähigende Maßnahmen an
Hauptschulen (AMaH10)“ als erfolgreich erwiesen.
Der Schulversuch AmaH 10 - zunächst entstanden
aus der Notwendigkeit, Schüler/innen im 10. Schulbesuchsjahr eine Möglichkeit des Hauptschulabschlusserwerbs zu bieten, nachdem sie in die
BB 10 -Lehrgänge an Oberstufenzentren nicht
mehr aufgenommen werden konnten - wurde in
unserer Schule erstmalig mit Beginn des Schuljahres 1996/97 eingerichtet.
Ansprechpartner/innen hierfür waren Schüler/innen,
die sich in ihrem individuellen 10. Schulbesuchsjahr erst in der 8. oder 9. Klasse befanden, wobei die Ursache dieses „Schulversagens“ in der
Regel häufiges bis durchgängiges unentschuldig-
42
43
tes Fehlen war - Probleme von Schuldistanz also,
denen bisher präventiv nicht begegnet werden
konnte.
Nach unserer Einschätzung hatte die Einrichtung
von AmaH 10 verschiedene Vorteile:
ƒ Bisher gescheiterte Schüler/innen mussten nicht
räumlich ausgegrenzt werden, sondern konnten an ihrer gewohnten Schule eine neue
Chance erhalten.
ƒ Die veränderte Stundentafel mit einem hohen
Anteil (14 Wochenstunden) von fachpraktischem Unterricht bot die Möglichkeit, herkömmliche Lernstrukturen speziell für die beschriebene Schülerschaft aufzubrechen.
ƒ Schüler/innen mit ähnlichen Vorerfahrungen
begegneten sich in der AmaH 10-Klasse, sodass basierend auf einem Erfahrungsaustausch
gemeinsam ein neuer Start begonnen werden
konnte.
ƒ Der günstige Faktor (2,32)43 bot die Möglichkeit der Einrichtung kleiner Lerngruppen.
ƒ Ein möglichst kleines Team von freiwilligen (!!!) Kollegen/Kolleginnen gewährleistete
eine emotionale Nähe, Vertrautheit und gegenseitige Akzeptanz als Voraussetzung für
erfolgreiches Lernen und Identifikation der
Schüler/innen mit ihrer Klasse.
ƒ Sowohl das kleine Lehrer/innen-Team als auch
die an BB 10 orientierte Stundentafel ohne
strenge Rahmenplan - Vorgaben ermöglichte
für die Kollegen/Kolleginnen die Erprobung
fantasievoller, auch unkonventioneller Maßnahmen, z. B. Unterricht an außerschulischen Lernorten, gemeinsame Gesprächsrunden in schwierigen Situationen, gemeinsames Abholen fehlender Schüler/innen von zuhause etc.
ƒ Die vorgeschriebenen drei jeweils dreiwöchigen
Betriebspraktika im Schuljahr gestatteten die
Entwicklung und Pflege enger Kontakte zur
Berufswelt, speziell zu kleinen Betrieben, die
grundsätzlich als Ausbildungsbetriebe für die
beschriebenen Schüler/innen in Frage kommen.
ƒ AmaH 10-Schüler/innen gewannen Ansehen in
der eigenen Schule durch die Ausführung von
bestellten Reparatur- oder Malerarbeiten, z. B.
in Klassenräumen oder der Cafeteria.
Geschrieben von Marianne Felde.
Der im Allgemeinen an den Hauptschulen übliche Faktor bei der Bemessung der Lehrerstunden liegt bei 1,7
pro Schüler/innen.
47
ƒ Wir dürfen nach dem erfolgreichen Besuch der
AmaH 10-Klasse eine dem Hauptschulabschluss
gleichwertige Schulbildung bescheinigen.
Insgesamt war für uns von großer Bedeutung,
AmaH 10 nicht als Ausgrenzung oder Notlösung
zu verstehen, nicht als Strafandrohung für konfliktträchtige Regelschüler/innen und nicht als Degradierung für vermeintlich Gescheiterte.
Entsprechend erhielten die Eltern der potentiellen Kandidat/innen ein ermutigendes Schreiben,
mit dem die Schulleiterin über eine besondere
Chance und ein besonderes Angebot für deren
Kinder informiert, von dem die meisten auch
Gebrauch machten.
Seit 1996/97 führen wir jedes Schuljahr eine
AmaH 10-Klasse mit ca. 26 Schüler/innen in zwei
Gruppen. Inzwischen erreichen von diesen Schüler/innen ca. 60 bis 65 % den Abschluss - gemessen an den mitgebrachten Voraussetzungen
ein gutes Ergebnis.
Kontakt:
Schulleiterin: Frau Felde
Telefon 030 41109152, Fax 030 41924700
eMail [email protected]
Sonderschulpädagogisches Förderzentrum
- Förderschwerpunkte Lernen und Autismus
Schule am Friedrichshain, Friedrichshain44
Förderung von Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten
Im Folgenden geht es um die Struktur schulinterner Fördermöglichkeiten für verhaltensauffällige
Schüler/innen als eine präventive Maßnahme zur
Vermeidung von Gewalt. Da sich diese Schüler/innen in unterschiedlichem Maße ebenfalls
schuldistanziert verhalten, können die Fördermaßnahmen auch als Beitrag zur Verringerung von
Schuldistanz gewertet werden.
44
45
Geschrieben von Maria Gabriele Rösner.
Entwicklungstherapie und Entwicklungspädagogik
48
Die Schule hat insgesamt den Auftrag, angemessen
auf Verhaltensauffälligkeiten von Kindern und
Jugendlichen zu reagieren. Dies geschieht an der
Schule am Friedrichshain sowohl auf der Schulals auch auf der Klassenebene. Darüber hinaus
gibt es am Förderzentrum eine Kleingruppe (mit
derzeit vier Schülern) mit dem Arbeitsschwerpunkt
Verhaltensmodifikation und in Kooperation mit
der 9. Grundschule, die sich im selben Schulgebäude befindet, wurde eine Fördergruppe ETEP45
aufgebaut. Ein weiterer Bestandteil zur Vermeidung von Verhaltensproblemen beruht auf der
sonderpädagogischen Beratungstätigkeit.
Die Kleingruppe am Förderzentrum für Schüler/innen der 3. SL bei zusätzlichem sonderpädagogischen Förderbedarf im Bereich emotionale und
soziale Entwicklung.
Seit ca. vier Jahren existiert eine Kleingruppe, in
der bis zu vier lernbehinderte Schüler/innen unterrichtet werden, die aufgrund gravierender sozialemotionaler Probleme nicht am Unterricht einer
Regelklasse der 3. SL teilnehmen können und
Hausunterricht hätten, wenn es das Angebot der
Kleingruppe nicht gäbe. Dort verbleiben sie solange, bis eine Reintegration in ihre Stammklasse
- das Ziel der Maßnahme - möglich geworden ist.
In der Kleingruppe kommen Elemente des EPUKonzepts (entwicklungspädagogischer Unterricht)
zur Anwendung, die den besonderen Voraussetzungen der betreuten Schüler/innen entsprechend modifiziert und spezifiziert wurden.
In der Kleingruppe findet der Unterricht mit reduzierter Wochenstundenzahl (zwei Stunden täglich)
statt. Der Schwerpunkt der Gruppenarbeit liegt im
Bereich der Verhaltensmodifikation. Gearbeitet wird
nach der projektorientierten Methode. Dadurch soll
die Lernbereitschaft und Lernfähigkeit der Schüler/innen wieder hergestellt werden. An einem
„Besuchertag“ kann ein Schüler/eine Schülerin der
Kleingruppe einen Schüler/eine Schülerin einer Regelklasse (vorzugsweise der eigenen) einladen, an dem
Unterricht teilzunehmen. Die Besucher/innen erfahren, wie und was in der Kleingruppe gearbeitet
wird. Die Schüler/innen der Kleingruppe erfahren
so die Akzeptanz der anderen. In regelmäßigen
Abständen wird das in der Kleingruppe
behandelte Unterrichtsthema den Schüler/innen der
Stammklassen präsentiert. Dadurch entsteht die
Möglichkeit, eine positive Beziehung zum Klassenverband und zum Klassenlehrer/zur Klassenlehrerin
aufzubauen und die mögliche Reintegration in
die Regelklasse zu unterstützen.
Der projektorientierte Unterricht wird als eine sinnvolle Alternative zum herkömmlichen Unterricht
verstanden. Wesentliches Ziel ist, dass Schüler/innen lernen ihren Arbeitsprozess selbstständig zu
organisieren. Mitbestimmung und Selbsttätigkeit
der Schüler/innen bei der Planung und Durchführung des Unterrichts sind dabei wesentliche
Merkmale. Im Gespräch zwischen Lehrer/in und
Schüler/in oder einem Interesse der Schüler/innen
folgend werden die Themen für den Unterricht
entwickelt. Problemorientiertes Lernen und Handeln stehen im Vordergrund. Gelernt wird fächerübergreifend, d. h. die Themen oder Sachgebiete werden unter Aufhebung des Prinzips der
Fachgebundenheit behandelt. Elemente des
Entwicklungspädagogischen Unterrichts (EPU)
kommen kontinuierlich zum Einsatz.
Fördergruppe ETEP in Kooperation mit der 9. G
Im Schuljahr 2002/2003 ist im Zusammenhang
mit der Fortbildung zweier Kolleginnen der 3. SL
eine Fördergruppe in Kooperation mit der 9. G
aufgebaut worden, die nach dem Konzept des
entwicklungspädagogischen Unterrichts (EPU) arbeitet. Es handelt sich dabei um eine Kleingruppe
von vier Schüler/innen der 9. G mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich der emotionalen und sozialen Entwicklung.
Der Unterricht findet zur Zeit zweimal wöchentlich in der 3. und 4. Stunde, also für jeweils
90 Minuten, statt. Perspektivisch gesehen wollen
wir diese Kleingruppe dreimal wöchentlich anbieten.
Beratungstätigkeit an Grundschulen
Eine wesentliche Aufgabe des Förderzentrums
besteht darin, Schulleitungen und Lehrer/innen
von Grundschulen im Vorfeld von Förderausschüssen im Umgang mit schwierigen Schülern
zu beraten. Dies geschieht auf vielfältigste Weise
im Rahmen der Stunden für Verhaltensambulanz:
ƒ Sonderpädagogen/Sonderpädagoginnen unseres Förderzentrums nehmen an Gesamtkonferenzen bzw. Fachkonferenzen der Grundschulen teil und sprechen über den Umgang mit
verhaltensauffälligen Schüler/innen.
ƒ Sonderpädagogen/Sonderpädagoginnen mit der
Fachrichtung Verhalten nehmen an Beratungsgesprächen von Eltern teil, deren Kinder Verhaltensschwierigkeiten, aber keinen sonderpädagogischen Förderbedarf haben.
ƒ Die kollegiale Fallberatung als Konzept im
Umgang mit schwierigen Schüler/innen wird
den Grundschulen als Lösungsmöglichkeit vorgestellt und auf Wunsch von Ambulanzlehrer/innen durchgeführt.
ƒ Auf dieser Grundlage werden die Lehrer/innen
der Grundschulen bei der Erstellung von Förderplänen unterstützt.
ƒ Schulleitungen erhalten Hilfe bei der Erarbeitung von Schulkonzepten für den Umgang
mit verhaltensauffälligen Kindern. Vorgestellt
werden verschiedene Kleingruppenkonzepte,
z. B. ETEP.
ƒ Die gesamte Beratungstätigkeit ist darauf ausgerichtet, die Elemente des Entwicklungstherapeutischen Unterrichtes, die ohne intensive Beschäftigung mit dem Gesamtkonzept
bereits genutzt werden können (z. B. Interventionsstrategien, kollegiale Fallberatung), bekannt zu machen, damit sie in die tägliche
Arbeit von Schulen einfließen können.
Perspektiven
Auf der Grundlage des ELDiB (Entwicklungspädagogischer Lernzie-Diagnose-Bogen), der die
vorhandenen Verhaltensfähigkeiten und den aktuellen Lernstand erfasst, sind die Unterrichtsaktivitäten sowohl zeitlich als auch räumlich strukturiert (z. B. Leseecke, Arbeitsphase, Bewegung,
Kreativität und Imbiss mit Reflexion) und die Inhalte, Materialien und Methoden werden so gewählt, dass die Schüler/innen erfolgreich an aktuellen Verhaltenszielen arbeiten können. Dabei wird
nach dem Konzept des Entwicklungstherapeutischen und Entwicklungspädagogischen Unterrichts verfahren.
Langfristig beabsichtigt die 3. SL den Aufbau einer zweiten Kleingruppe und die Organisation
kollegialer Fallberatungen in gravierenden Fällen.
Kontakt:
Schule am Friedrichshain
Frau Rösner
Telefon 030 29347400, Fax 030 29347420
eMail [email protected]
49
Beispiele für gelungene Kooperation zwischen Schule und
Jugendhilfe
Das Projekt „Übergang“46
Vorbemerkung
Schüler/innen mit erheblichen Störungen im Verhalten haben aus schulischer Perspektive einen
sonderpädagogischen Förderbedarf mit dem
Schwerpunkt „emotionale und soziale Entwicklung“. Hierbei handelt es sich fast immer um
Kinder oder Jugendliche, die entlang dem SGB VIII
(im Kinder- und Jugendhilfegesetz) zu dem Personenkreis gehören, die „von seelischer Behinderung bedroht sind“ und deshalb auch meistens
einen Bedarf an Jugendhilfe haben. So gibt es
eine Schnittmenge an Kindern und Jugendlichen,
die aus außerschulischer wie aus schulischer Perspektive Hilfe bedürfen, so dass Schule und
Jugendhilfe mit denselben Personen zu tun haben. Folgt man den Leistungen entsprechend dem
SGB VIII und den Empfehlungen der Kultusministerkonferenz, die die Rahmenbedingungen
dieser Hilfen darstellen, trifft man auf die dringende Empfehlung zur Zusammenarbeit zwischen
Schule und Jugend, so dass es zu einer Förderung des Kindes oder Jugendlichen als ganzer
Person und dem effektiven Einsatz von Hilfen
kommen kann.
Der Referentenentwurf für ein neues Schulgesetz
(Stand 10. Dezember 2002) geht in seinem § 4
ebenfalls davon aus, dass „die Schule, die
Erziehungsberechtigten und die Jugendhilfe ...“
auf eine größtmögliche Entfaltung der Schüler/innen hin zusammenwirken. Wir, im Bezirk
Tempelhof-Schöneberg fühlen uns diesem Anliegen besonders verpflichtet und bemühen uns
zunächst um punktuelle Annäherungsversuche in
der Zusammenarbeit bei Einzelfällen, die mittelund langfristig ihren Niederschlag in Strukturen
finden sollen, die die effektive Zusammenarbeit
und die Ausschöpfung von Synergieeffekten garantieren. Die unterschiedliche Zielsetzung von Schule
und Jugendhilfe erschwerte in der Vergangenheit
die Zusammenarbeit. Durch initiierte Prozesse des
46
gegenseitigen Kennenlernens, wie in der Zukunftswerkstatt 1998 und den daraus hervorgegangenen Arbeitsgruppen im Bezirk Schöneberg, konnten Begegnungsängste überwunden werden, die
durch die notwendigen aktuellen Sparmaßnahmen
wieder forciert in Erscheinung treten.
Unsere jüngsten Erfahrungen im Bezirk Tempelhof-Schöneberg zeigen, dass das Zusammenwirken von Schule und Jugendhilfe in regelmäßigen
Helferrunden und gemeinsamen Beratungen bei
Einzelfällen und deren Familien einen guten Boden für die Erarbeitung von sozialraumorientierten
Konzepten bilden, die hoffentlich zu einer Bereicherung von Schule und Jugendhilfe beitragen.
Das „Projekt Übergang“ ist als ein Förderansatz zu
sehen, wo eine außerschulische Maßnahme aus
dem breiten Angebot der Hilfen zur Erziehung
und eine sonderpädagogische Förderung so zusammenwirken, dass durch die Beratung von Eltern
und Lehrern solch eine Entlastungsfunktion für
die Kinder und Jugendlichen entsteht, dass sie
sich positiv entwickeln können. Auf diese Weise
kommt es erst gar nicht zu einem schuldistanzierten Verhalten, was langfristig zu einer Verstärkung der Problematik des Kindes oder Jugendlichen führt und mit einer Kostenexplosion verbunden ist.
Das Projekt „Übergang“ an der WerbellinseeGrundschule - Förderansatz für Schüler mit dem
Schwerpunkt „emotionale und soziale Entwicklung“47
Das Projekt „Übergang“ soll Beratung in Bezug
auf Schüler/innen mit Verhaltensauffälligkeiten und
erheblichen Verhaltensstörungen anbieten. Bei der
Beratung steht ein Verstehen der um den/die
Problemschüler/in entstandenen Schwierigkeiten
im Vordergrund. Durch diesen Prozess kann sich
eine Entspannung der Situation einstellen, positive Aspekte der „Lernumwelt“ verstärkt und zügig Hilfemaßnahmen beantragt und eingeleitet
werden (kurze Wege).
Schüler/innen mit Verhaltensstörungen sind meist
Kinder aus Familien, die bei der Jugendhilfe als
hilfebedürftig bekannt sind und dem Personenkreis des § 35 a (KJHG) (von seelischer Behinderung bedroht) angehören.
Vorbemerkung von: Doris Wissel (zuständige Schulrätin/Tempelhof-Schöneberg), Henning Till (Leiter des
Jugendamtes in Tempelhof-Schöneberg) und Dr. Ulrike Becker (Sonderschulpädagogin an der WerbellinseeGrundschule)
47
Geschrieben von Dr. Ulrike Becker.
50
Es wird eine gute Kooperation zwischen Schule
und Jugendhilfe angestrebt, bei der gemeinsame
Hilfe- und Förderpläne erarbeitet werden, bevor
auf die Einberufung von Förderausschüssen zugegriffen wird.
Das Projekt „Übergangsklasse“ bietet ein partielles Unterrichtsangebot für Schüler/innen mit
sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich
Verhalten oder/und Lernbehinderung, deren Probleme in affektiven Entwicklungsverzögerungen
begründet liegen und deren Störung so massiv
ist, dass ihre Integration für alle Beteiligten unbefriedigend ist. Hierbei ist zu betonen, dass die
Integration in den Klassenverband vorrangiges Ziel
ist und das partielle Unterrichtsangebot nur genutzt werden soll, um durch das Zusammenwirken mit außerschulischen Maßnahmen die Integration in den Klassenverband wieder zu ermöglichen.
Die Schüler/innen, deren sonderpädagogischer
Förderbedarf mit vier Wochenstunden anerkannt
ist, erhalten acht Wochenstunden individualisierten Gruppenunterricht, der darauf abzielt, die
Lernbereitschaft und -fähigkeit der Schüler/innen
wiederherzustellen (Mo, Di, Do, Fr: 3./4. Std.).
Am Mittwoch findet ein Integrationstag statt, der
in der „Übergangsklasse“ vor- und nachbereitet
wird. Dazu sollen Stärken der Schüler/innen gefördert und positive Aspekte in ihrem Arbeitsund Sozialverhalten verstärkt werden. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit mit den Klassenlehrer/innen, den Mitarbeiter/innen des Freizeitbereiches und regelmäßige Elternarbeit (14-tägig
Gespräche).
Die Qualitätssicherung der Arbeit im Projekt wird
durch kontinuierliche Evaluation gewährleistet.
Kontakt:
Dr. Ulrike Becker
eMail [email protected]
48
Der „Arbeitskreis Schule - Jugendhilfe“ in
Friedrichshain-Kreuzberg und die Clearingund Beratungsstelle: Schuldistanz48
Vorbemerkung
In der Regel arbeiten Schule und Jugendhilfe nicht
miteinander, sondern nebeneinander, manchmal
auch gegeneinander. Die systematische Bündelung
fachlicher und materieller Ressourcen der Institutionen Schule und Jugendhilfe zur Entwicklung
geeigneter Hilfen für Kinder und Jugendliche, deren
schulische Entwicklung gefährdet ist, gelingt selten. Vor diesem Hintergrund wurde der Arbeitskreis Schule - Jugendhilfe gegründet und ein
Konzept für eine Clearing- und Beratungsstelle:
Schuldistanz entwickelt. Zurzeit wird dieses Konzept in die Praxis umgesetzt. Die ersten und entscheidenden Schritte sind getan. Die Entscheidungsträger der Jugendhilfe und Schule haben
ihre Bereitschaft zur Umsetzung des Konzeptes
erklärt, so dass jetzt in die Phase der konkreten
Realisierung eingetreten werden kann.
Der Arbeitskreis Schule - Jugendhilfe
Seit gut zwei Jahren treffen sich interessierte Fachkräfte aus den Bereichen Schule und Jugendhilfe
in Kreuzberg zu einem regelmäßigen Fachaustausch. Ziel ist es, neben der dringend notwendigen fallspezifischen Arbeit, die fallübergreifende
Arbeit, insbesondere die Entwicklung funktionierender Kooperations- und Vernetzungsstrukturen
voranzutreiben.
Anlass waren die immer wiederkehrenden Diskussionen zum Problem Schuldistanz und der gleichzeitige Mangel an tragfähigen Handlungsstrategien,
wie mit diesem Problem umzugehen ist.
Es fehlten gemeinsame und verbindliche Leitlinien für die Arbeit mit schuldistanzierten Schülerinnen und Schülern. Wann in der Schule oder in
der Jugendhilfe Schuldistanz als Problem gesehen wird und welche Konsequenzen dies dann in
der Arbeit hat, hängt sehr von dem/der jeweils
zuständigen Mitarbeiter/in ab.
Geschrieben von Isa Trippner (Jugendamt Kreuzberg-Friedrichshain).
51
In der Problembeschreibung und der Einschätzung
des Handlungsbedarfs wurden große Unterschiede zwischen den Arbeitsfeldern deutlich.
Vor dem Hintergrund dieser Bestandsaufnahme
wurde die Initiative zur Gründung des Arbeitskreises Schule - Jugendhilfe (im Folgenden AK),
der sich dieses Problems annehmen und Lösungsansätze entwickeln sollte, interessiert aufgenommen. Der AK trifft sich regelmäßig einmal im
Monat mit einer relativ konstanten Teilnehmerschaft aus verschiedenen Arbeitsfeldern des Schulund Jugendhilfebereichs. Ständig vertreten waren die Arbeitsbereiche Schule, Jugendhilfe und
Gesundheit:
ƒ Grundschule, Oberschule; Schulpsychologischer
Dienst
ƒ Kinder- und Jugendpsychiatrischer Dienst
ƒ Jugendamt: Allgemeiner Sozialpädagogischer
Dienst (ASD), Jugendförderung
ƒ Freie Träger der Jugendhilfe: Schulprojekte,
Hilfen zur Erziehung
Am Anfang der Arbeit stand die Beschreibung
von kurz- und langfristigen Arbeitszielen, die alle
um das Thema Kooperation kreisten. Zu den
ersten Arbeitsresultaten des AK zählte die detaillierte Beschreibung der Leistungen und Angebote der Arbeitsfelder Jugendhilfe und Schule als
Voraussetzung für Kooperation und konkrete Verbesserungsvorschläge für die Gestaltung des Übergangs von der Grundschule zur Oberschule. Es
wurde eine vom AK und der Alice-Salomon-Fachhochschule für Sozialpädagogik gemeinsam vorbereitete Befragung von Schulen, Jugendamt,
Jugendhilfeeinrichtungen und verschiedenen Fachdiensten zum Thema Kooperation, die als Grundlage für weitere Planungen diente, durchgeführt.
52
Die Clearing- und Beratungsstelle: Schuldistanz
- Projektidee und Konzeptentwicklung
Die Auswertung der Kooperationserfahrungen und
Befragungsergebnisse zeigten: Es fehlt eine Stelle,
an der die beteiligten Arbeitsfelder - öffentliche
und freie Träger der Jugendhilfe, Grund- und Oberschulen und spezielle Fachdienste wie beispielsweise
der Schulpsychologische Dienst - ihre Erfahrungen
und Ressourcen regelmäßig und verbindlich zusammenbringen und nutzbar machen für
ƒ die Fälle von gescheiterter oder schwieriger
Kooperation in der Arbeit mit schuldistanzierten
Kindern und Jugendlichen
ƒ und für die fallübergreifende Entwicklung funktionierender Kooperationsstrukturen.
Die Auseinandersetzung mit Modellen der Sozialraumorientierung brachte wesentliche Anregungen im Hinblick auf die Entwicklung der Konzeption der Clearing- und Beratungsstelle und hinsichtlich der Lösung der vielen Probleme, die mit
Schuldistanz im Bezirk verbunden sind - von der
Entfernung von der Schule innerhalb von Schule
bis hin zum Totalausstieg.
Die nachfolgende Grafik gibt einen Überblick über
das Modell, das im September 2002 erstmals Interessierten aus den Bereichen Schule und Jugendhilfe vorgestellt wurde.
Die Clearing- und Beratungsstelle im Überblick
Aufgabenbereich: Hilfe für schuldistanzierte Kinder und Jugendliche
- deren Schulbesuch gefährdet bzw. abgebrochen
ist
- die mit schulinternen Mitteln nicht mehr
integrierbar sind
1. Adressaten
2. Koordinierungsstelle
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Schulen
Jugendamt
JH-Träger
Fachdienste
(Eltern)
ƒ
nimmt Anfragen entgegen
holt Informationen ein zu:
- Problembeschreibung
- beteiligte Personen/Institutionen
- bisherige Problemlösungsversuche
- Einsatz schulinterner Mittel
Vorbereitung der Falldarstellung im Beratungsteam
(abwechselnde Besetzung aus dem Beratungsteam, 4 Std./Wo)
fallbezogene
Arbeit
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Problemklärung
Kontextanalyse
Diagnostik
Handlungsund Förderplanung
Begleitung
und Unterstützung der
zuständigen
Fallbearbeiter
Dokumentation und
Evaluation
3. Beratungsteam:
vertreten sind folgende Arbeitsfelder/Einrichtungen
Schule
Jugendamt
2 freie Träger
der Jugendhilfe
(Vorschlag des
Arbeitskreises:
Grundschule
Fachbereich I
Pestalozzi-Fröbel-Haus
Oberschule
Fachbereich IV
Jugendwohnen im Kiez
Schulpsych. Dienst
14 tägige Beratungstermine
fallübergreifende
Arbeit
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
je nach Fall zusätzlich
- KJPD
- JGH
- EFB
- Drogenberatung
- Ambulanzlehrer
- Jugendfreizeiteinrichtungen
ƒ
Entwicklung von
Kooperationsstrukturen
Untersuchungen
zum Problemfeld
Sozialraumorientierte
Modellentwicklung
Falldokumentation und
Evaluation
Fortbildung
- Polizei
- u.a.
- Expertin für Migrationsprobleme
Gemäß der konzeptionellen Vorstellungen wendet
sich die Clearing- und Beratungsstelle in erster
Linie an Lehrerinnen und Lehrer aus Grund- und
Oberschulen, Mitarbeiter/innen aus dem Sozialpädagogischen Dienst des Jugendamtes und der freien
Träger der Jugendhilfe (z. B. Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit, Hilfen zur Erziehung) sowie an die
verschiedenen Fachdienste. Eltern sollen nur in
Ausnahmefällen die Möglichkeit zur direkten Anfrage haben, wenn sie bereits erfolglos versucht
haben, Hilfen in Anspruch zu nehmen.
Das Gesamtteam Clearing und Beratung soll insgesamt bis zu zehn Personen aus den in der Grafik
benannten Arbeitsfeldern umfassen, die für diese
Arbeit mit jeweils 16 Stunden monatlich freigestellt werden sollen. Nach den bisherigen Planungen des AK nutzt die Clearing- und Beratungsstelle Räume in einer Kreuzberger Schule.
Sie ist regelmäßig vier Stunden in der Woche
besetzt.
Arbeitsablauf: In der Koordinierungsstelle nimmt
eine Mitarbeiterin des Gesamtteams einmal wöchentlich Anfragen entgegen. In diesen Gesprä-
chen wird versucht, Erwartungen und Ziele der
Nutzerinnen und Nutzer zu klären. Danach richtet sich die Hilfe: Es können z. B. Informationen
über die Leistungen bestimmter Fachdienste gegeben werden. Eine Weitervermittlung an zuständige Personen kann organisiert werden. Oder es
wird - z. B. in Fällen schwieriger oder gescheiterter Kooperation - vereinbart, dass die während
des Telefonats erhaltenen Information in das
Gesamtteam Clearing/Beratung eingebracht werden.
Dieses Team trifft sich wöchentlich direkt anschließend an die Telefondienstzeit. Die Sitzung
umfasst einen fallbezogenen Teil und einen fallunspezifischen Teil. Während der Fallberatung
bringen die Mitarbeiter/innen aus der Perspektive
ihrer unterschiedlichen Arbeitsfelder erste Hypothesen und mögliche, vorläufige Lösungsansätze
zu den einzelnen Fällen ein.
Danach werden Fallzuständigkeiten festgelegt:
Beratungsteams von zwei bis drei Mitarbeiter/innen nehmen Kontakt zu den Nutzer/innen auf.
Sie bieten einen Fallgesprächstermin an, um gemeinsam mit der/dem Anfrager/in, eine Handlungs53
planung zu entwickeln. Es besteht die Möglichkeit
der Fallbegleitung (z. B. bei der Moderation von
Konfliktgesprächen) und der nachprüfenden Recherche (wie und mit welchen Wirkungen wurden die Lösungsansätze umgesetzt).
Die Beratungsteams sehen ihre Aufgabe darin,
Zusammenarbeit zu initiieren, Wege aufzuzeigen
und Türen zu öffnen.
Geplant sind halbjährliche Auswertungen der
Arbeitsergebnisse (Evaluation der Einzelfälle). Sie
sollen dazu dienen, die fallbezogene Arbeit zu
qualifizieren und fallübergreifende Entwicklungen
anzustoßen, z. B.:
ƒ Verbindliche Kooperationsstrukturen
ƒ Leitfäden (Handreichungen und Arbeitshilfen)
für Lehrer und Lehrerinnen im Umgang mit
schuldistanzierten Schülerinnen und Schülern
ƒ Leitfäden für Eltern
ƒ Fortbildungsbaustein
ƒ Sozialräumliche Ressourcensuche
Ausblick
Wie die Umsetzung des Projektes gelingt, hängt
in hohem Maße auch von der Kooperationsbereitschaft und -fähigkeit aller Beteiligten ab.
Sicherlich wird sich die konkrete Arbeit der Clearing- und Beratungsstelle: Schuldistanz in einzelnen Punkten von der oben beschriebenen Projektidee und der konzeptionellen Ausdifferenzierung
unterscheiden. Es besteht das Interesse, auch
weiterhin die Ergebnisse der Arbeit mit an dem
Thema Schuldistanz Interessierten zu diskutieren.
Es ist jedoch schon jetzt klar, dass neben konkreten Interventionen in Fällen von Schuldistanz die
Arbeit der Clearing- und Beratungsstelle durch
verbindliche schulische Präventions- und Interventionsstrategien auf pädagogischer, innerschulischer
und administrativer Ebene ergänzt werden muss.
Kontakt:
Karl Antony
(Pestalozzi-Fröbel-Haus - Schulprojekte)
Telefon 030 6153561
Isa Trippner (BA Friedrichshain-Kreuzberg,
Jugendamt Schulsozialarbeit)
Telefon 030 23244329
eMail [email protected]
49
Geschrieben von Ilka Knaack.
54
Kooperation zwischen Schule und
Jugendhilfe in Hellersdorf49
Wesentliche Aspekte bei der Kooperation Schule Jugendhilfe in den Projekten für Schuldistanzierte
an der Jean-Piaget-Oberschule
Bereitstellung der finanziellen und materiellen
Voraussetzungen
Auf der Grundlage von Kooperationsverträgen
wurden zwischen der Jean-Piaget-Oberschule und
Freien Trägern der Jugendhilfe mehrere Projekte
für Schuldistanzierte eingerichtet. Dabei haben
beide Kooperationspartner im Vorfeld der Entstehung der Projekte die finanziellen Ressourcen und
die rechtlichen Grundlagen in einer gemeinsamen
Beratung geklärt und daraus mögliche Rahmenbedingungen für die Entstehung eines Projektes
und dessen Struktur abgeleitet.
Hierbei zeigten sich die beteiligten Vertreter/innen
von Schule und Jugendhilfe sehr aufgeschlossen
und auch kompromissbereit. Trotz haushaltsmäßiger Engpässe auf beiden Seiten wurden Ressourcen erkannt und genutzt und rechtliche Grundlagen ausgeschöpft, um eine individuelle Förderung zu ermöglichen. Dabei sind die folgenden
rechtlichen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen:
ƒ das Sozialgesetzbuch, KJHG § 27, § 32
ƒ das Schulgesetz, Schulverfassung und
ƒ die Richtlinien zur Stundenbemessung an
Hauptschulen
Die Jugendlichen, die in den Projekten betreut
werden, stehen der Regelschule mit vielen Vorbehalten, Hemmungen und Ängsten gegenüber.
Deswegen wurde für die Unterbringung der Projekte ein Gebäude in einiger Entfernung von der
Kooperationsschule gewählt. Um den Unterricht,
Teamarbeit und individuelle sozialpädagogische
Arbeit zu ermöglichen, wurden in Absprache mit
dem Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf Räumlichkeiten in ehemaligen Schulgebäuden für die Projekte zur Verfügung gestellt.
Inhaltliche und konzeptionelle Regelungen und
Rahmenbedingungen
Die Kooperationsaufgaben und -ziele werden in
regelmäßig stattfindenden Beratungen besprochen
und festgelegt und zwar
ƒ in der Kooperationsrunde mit Vertretern von
Jugendamt, Schulaufsicht, Kooperationsschule
und Tagesgruppe (ein- bis zweimal jährlich),
ƒ im Steuerungsgremium durch die Koordinatorin
für Tagesgruppen des Jugendamtes, die Leiter/in des jeweiligen Projektes und die Koordinatorin der Schule (alle zwei bis drei Monate)
und
ƒ in Teamsitzungen mit dem/der jeweiligen Leiter/in der Tagesgruppe, der/dem Koordinator/in
der Schule, dem/der Klassenlehrer/in im Projekt, den Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen
und den Psychologen/Psychologinnen.
Das Steuerungsgremium legt die Auswahlkriterien
für die Aufnahme der Teilnehmer/innen des Projekts fest und koordiniert alle wichtigen Punkte,
die sich auf die Kooperation zwischen Schule und
Jugendhilfe beziehen. Dafür gibt es eine Fallvorstellung durch die/den Koordinator/in für die Tagesgruppen oder den/die zuständige/n Sozialarbeiter/in vom Jugendamt, die mit dem/der Leiter/in
der Tagesgruppe und der Koordinatorin der Schule
organisiert wird. Erst wenn alle Seiten ihr Einverständnis geben, kommt es zur Aufnahme mit 6bis 8-wöchiger Probezeit. Bei der 1. Hilfekonferenz werden die gemeinsamen Erziehungs- und
Entwicklungsziele für den/die Jugendliche/n besprochen und schriftlich festgehalten (Förderplanung,
Hilfeplanung). Perspektiven und Verantwortlichkeiten werden ebenfalls geklärt.
Gemeinsame Absprachen und Beratungen gibt
es z. B. zu folgenden Inhalten und Themen:
ƒ Erstellung eines Leistungsangebots sowohl von
Seiten der Schule als auch der Tagesgruppe
(hierbei werden die Kooperationsschnittstellen
und -bedarfe ermittelt),
ƒ Kriterien für die Aufnahme ins Projekt,
ƒ Festlegung individueller Maßnahmen,
ƒ Gestaltung von Elternarbeit,
ƒ Organisation der multiprofessionellen Teamarbeit (d. h. zwischen Lehrer/innen, Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen und Psychologen/
Psychologinnen),
ƒ Erstellen einer gemeinsamen Tages- und
Wochenstruktur durch die/den zuständige/n
Lehrer/in und die/den Sozialpädagogen/Sozialpädagogin,
ƒ Weiterentwicklung von Qualitätsstandards,
ƒ Organisation und Begleitung der Reintegration
(Perspektivplanung, Bewerbungsverfahren zur
Reintegration),
ƒ Gestaltung von gemeinsamen Höhepunkten der
Tagesgruppe (Projekte, Exkursionen, Geburtstage u. a.).
Die Ergebnisse dieser Besprechungen werden
schriftlich festgehalten. Um eine effektive und
zielorientierte pädagogische Arbeit leisten zu können, wurden Modelle entwickelt und verbindlich
festgeschrieben, die die Kooperationsarbeit auf
den verschiedenen Ebenen regeln. Damit konnten Probleme und Schwierigkeiten in der Kommunikation zwischen den Kooperationspartnern
und in der Leistungserbringung minimiert werden.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass durch
die ständige Offenheit, Gesprächsbereitschaft, die
„Neugier auf den Anderen“ (in seiner jeweiligen
Professionalität) und die klaren Regelungen zwischen den beiden Kooperationspartnern Schule und
Jugendhilfe ein entscheidender Beitrag zur Erziehung und Stabilisierung der von ihnen betreuten
Jugendlichen geleistet wird. Eine Bündelung der
materiellen und personellen Ressourcen auf beiden
Seiten ist dafür die Grundlage.
Kontakt:
Jean-Piaget-Oberschule
Projektkoordinatorin: Frau Knaack
Telefon 030 9980793
eMail [email protected]
(Die eMail bitte mit dem Hinweis versehen:
Nachricht an Frau Knaack weiterleiten.)
55
Kooperation zwischen Schule
und Polizei
In den letzten Jahren hat sich die Kooperation
zwischen Schulen und der Berliner Polizei in vielen
Bereichen intensiviert. Unter anderem wurden
zwischen drei Schulen und zwei Polizeidirektionen
Kooperationsvereinbarungen geschlossen. In der
Kooperationsvereinbarung zwischen der Heinrichvon-Stephan-Oberschule und der Polizeidirektion 3
wird in der Präambel formuliert, dass die
Kooperationspartner Schule und Polizei „durch
bessere Kenntnis beidseitiger Erwartungen und
Anforderungen den Jugendlichen bei dem Erwerb
von Kompetenzen zur Bewältigung ihres gegen-
wärtigen und zukünftigen Lebens als aktiver Teil
einer demokratischen Gesellschaft helfen.“
Auch wenn das Thema Schuldistanz nicht Anlass
für den Abschluss einer solchen Kooperationsvereinbarung war und es deshalb auch keine
explizite Erwähnung in deren Rahmen findet, so
eröffnet sie doch die Möglichkeit, bei Bedarf das
Thema Schuldistanz anlässlich des vereinbarten halbjährlichen Erfahrungsaustausches in den Blick zu
nehmen und auszuloten, wie diesbezüglich eine
sinnvolle Zusammenarbeit gestaltet werden kann,
z. B. indem darüber nachgedacht wird, in welcher
Art und Weiwiese die Polizei, deren Jugendbeauftragter im Vertrag als fester Ansprechpartner genannt wird, die Bemühungen der Schule um eine
Verringerung von Schuldistanz unterstützen kann.
Kooperationsvereinbarung
zwischen der
Heinrich-von-Stephan-Oberschule
Stephanstr. 27
10559 Berlin
(nachfolgend Stephan-Oberschule genannt)
und
dem Polizeipräsidenten in Berlin
Direktion 3
Perleberger Str. 61 a
10559 Berlin
(nachfolgend Dir 3 genannt)
56
Präambel
Die Heinrich-von-Stephan-Oberschule ist eine integrierte Haupt- und Realschule, d. h., Hauptund Realschüler werden gemeinsam im Klassenverband unterrichtet. Diese gemischte Schülerschaft soll gutes Zusammenleben und erfolgreiches Lernen fördern.
Der Direktion 3 kommt nicht nur aufgrund der
örtlichen Lage eine zentrale Bedeutung zu. Mit
dem Regierungsviertel, den zahlreichen Touristenattraktionen (Love-Parade, Silvestermeile, Denkmäler ...), den politischen und gesellschaftlichen
Veranstaltungen, den Luxus-Hotels, den verschiedenen Botschaften und Ländervertretungen und
dem entsprechend sehr vielseitigen Publikum wird
dem in den verschiedenen Bereichen eingesetzten Polizeibeamten der Direktion 3 hohe Flexibilität und Fingerspitzengefühl im Rahmen ihres
trotzdem konsequenten Handelns abverlangt.
Geschlossene Einsätze in Zusammenhang mit
großen Demonstrationen (NPD etc.) gehören
gleichermaßen zum Alltag wie die Befriedung von
ruhestörendem Lärm oder Ehestreitigkeiten, die
Betreuung von Pressevertretern und die Festnahme von jugendlichen Räubern auf dem Schulhof
oder im Kiez.
Von Polizisten weitergegebene Erfahrungen und
transparent dargestellter Polizeialltag können den
Schülern nicht nur den Beruf des Polizisten nahe
bringen, sondern auch von Schülern bei der
Umsetzung gewaltfreien Handelns genutzt werden.
Die Heinrich-von-Stephan-Oberschule steht für
Kooperationsprojekte
ƒ Leistungsbezogenheit
ƒ Selbständigkeit
ƒ Soziale Verantwortungsbereitschaft
Die Stephan-Oberschule wird sich in ihrem Unterricht um eine demokratische Erziehung und
schülerorientierte Modelle von Konfliktlösungen
bemühen.
In vielen Unterrichtsfächern und Jahrgängen spielen Fragen der Gewaltenteilung und der Aufgaben von Staat und Polizei eine Rolle. Auch der
tägliche Umgang mit kleinen und gelegentlich
größeren Konflikten sind Bestandteil jugendlichen
Lebens. Hier bieten sich Anknüpfungspunkte für
Unterrichtsprojekte, bei denen die Direktion 3 die
Stephan-Oberschule unterstützen kann.
Auch bei vielen Eltern gibt es Fragen und Ängste, die sich auf das soziale Umfeld und ihre Alltagserfahrungen begründen. Rechtsstaatliches Denken steht auf der Probe, wenn scheinbar staatliche Intervention gefordert wäre, aber nicht erfolgt. Auch darauf will u. a. die Stephan-Oberschule reagieren - sachkundige Unterstützung der
Direktion 3 kann hier hilfreich sein.
Einige Jugendliche haben einen Dienst bei der
Polizei als Berufsperspektive. Hier kann Information aus erster Hand zu einer realistischen Haltung
und gegebenenfalls Bestärkung dieses Berufswunsches führen.
Die didaktisch-methodischen Kenntnisse der Kollegen und Kolleginnen der Stephan-Oberschule
können bei der Vorbereitung - Gestaltung und
57
Die Stephan-Oberschule und die Direktion 3 streben eine Zusammenarbeit an, die die Schule in
ihrer pädagogischen Arbeit durch stärkere Realitätsbezüge unterstützt, bei den Schülerinnen und
Schülern die demokratische Grundhaltung verbessern soll und der Direktion 3 einen größeren
Einblick in die Möglichkeiten und Leistungen der
Schule verschaffen soll. Die Kooperationspartner
wollen durch bessere Kenntnis beiderseitiger Erwartungen und Anforderungen den Jugendlichen
bei dem Erwerb von Kompetenzen zur Bewältigung ihres gegenwärtigen und zukünftigen Lebens als aktiver Teil einer demokratischen Gesellschaft helfen.
Die Stephan-Oberschule
Sie erwartet von ihren Schülern eine angemessene,
leistungsbezogene Lernhaltung. Die Schule gibt
dafür angemessene Hilfen zur Selbsthilfe auf dem
Weg zur zunehmenden Selbständigkeit der Schüler. Die Schule versucht in vielen Bereichen eine
Erziehung zur sozialen Verantwortung: Hier können die Klassenversammlungen, die Konfliktlotsen,
Partner- und Gruppenarbeit, Projekte u. v. a. die
„Schülerfirma“ angeführt werden.
Die Direktion 3
Die Polizeidirektion 3 ist eine von sieben bezirklich
gegliederten Polizeidirektionen, zuständig für
die Bereiche des ehemaligen Bezirkes Mitte und
Tiergarten.
In der Direktion 3 gibt es u. a. vier Polizeiabschnitte (31 bis 34), ein Referat Verbrechensbekämpfung, einen zentralen Verkehrsdienst, eine
Verkehrsunfallbereitschaft, eine Direktionshundertschaft und eine Stabsdienststelle, die für die Planung und Durchführung großer Einsätze und
Veranstaltungen sowie die Betreuung von Medienvertretern zuständig ist.
Nachbereitung von Stunden durch Präventionskräfte in den Schulen genutzt werden. Material
zur Gewaltprävention kann gesammelt und gesichtet werden.
Es sollte vorher in jedem Falle ein Vermittlungsgespräch versucht werden.
Im Einzelnen wird vereinbart:
in der Stephan-Oberschule:
Jens Großpietsch
Telefon 030 39408425, Fax 030 39408544
eMail [email protected]
ƒ Fester erster Ansprechpartner in allen polizeilichen Fragen für unsere Schule ist der/die
Jugendbeauftragte der Direktion 3
ƒ Eine langfristige Terminvereinbarung für den
Unterricht durch den Jugendbeauftragten/die
Jugendbeauftragte (Dir 3) wird zum Ende eines jeden Schuljahres für das nächste Schuljahr festgelegt.
ƒ Auf Elternversammlungen (einmal im Schuljahr) werden die Eltern der Schüler und Schülerinnen im 7. Schuljahr durch Mitarbeiter der
Direktion 3 über spezielle Probleme von
„Jugendgewalt und Prävention“ informiert.
ƒ Vermittlung von Tipps für effektive Ausbildungsbewerbungen; hierzu werden u. a. Polizisten und Polizeianwärter und -anwärterinnen
die Stephan-Oberschule besuchen und Schülern und Schülerinnen von ihren Erfahrungen
berichten.
ƒ Pro Jahr wird ein Projekttag und/oder eine
Projektwoche zum Thema Gewaltprävention
und weiteren Themen für eine Klasse gemeinsam durchgeführt.
ƒ Regelmäßige Gespräche zwischen Streitschlichtern der Schule und Polizeibeamten sollen Streitschlichtern Grenzen aufzeigen und sie auf dem
richtigen Weg bestärken.
ƒ Unterrichtsmaterial auch für den Jugendbeauftragten (Vorbereitung, Durchführung, Auswertung) wird von Kollegen und Kolleginnen der
Stephan-Oberschule erarbeitet.
ƒ Eine erste Sammlung von bestehenden Materialien wird noch in diesem Schuljahr von der
Stephan-Oberschule der Direktion 3 zur Verfügung gestellt.
Dauer und Verfahren der Vereinbarung
Die Kooperationsvereinbarung wird von allen Partnern gemeinsam getragen und gilt für unbestimmte Zeit. Die Partner werden mindestens halbjährlich ihre Erfahrungen mit den gemeinsamen Projekten austauschen, sie dabei konkretisieren und
weiterentwickeln und ggf. ändern.
Wenn ein Partner mit der Leistung des anderen
nicht zufrieden ist, kann die Zusammenarbeit
jederzeit verändert oder auch beendet werden.
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Ansprechpersonen für die Partner sind:
in der Direktion 3:
Christian Zorn
Telefon 030 2405 60 702,
Fax 030 240560975
eMail [email protected]
(Unterschriften)
Weitere Kooperationsvereinbarungen
Es gibt zwei weitere Kooperationsvereinbarungen,
die die Direktion 6, Telefon 030 29328060
mit der Paul- und Charlotte-Kniese-Oberschule,
Telefon 030 51659714
und der Schule an der Victoriastadt,
Telefon 030 5107047
geschlossen hat.
Durchsetzung der Schulpflicht
- §§ 16 f. des Berliner
Schulgesetzes
§ 16 (Durchsetzung der Schulpflicht)
Wer seine allgemeine Schulpflicht nach § 13 Absatz 2 nicht erfüllt, wird der Schule im Verwaltungszwangsverfahren zugeführt, wenn pädagogische Bemühungen, insbesondere auch Hinweise gegenüber den Erziehungsberechtigten, ohne
Erfolg geblieben sind. Die Erziehungsberechtigten haben dafür zu sorgen, dass die Schulpflichtigen ihrer Schulpflicht regelmäßig nachkommen.
Die Ausbildenden sind verpflichtet, den Schulpflichtigen die zur Erfüllung der Berufsschulpflicht
nach § 14 Absatz 1 erforderliche Zeit zu gewähren und sie zur Erfüllung ihrer Schulpflicht anzuhalten. Versäumt der Auszubildende unentschuldigt den Unterricht in der Berufsschule, hat die
Schule den Ausbildenden und ggf. die Erziehungsberechtigten schriftlich zu informieren und auf
die Erfüllung ihrer Verpflichtung nach Satz 2 und
3 hinzuweisen.
§ 17 (Ordnungswidrigkeiten, Straftatbestand)
(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder
fahrlässig
1. als Erziehungsberechtigter
a. entgegen § 8 Absatz 1 Satz 2 Kinder zur
Aufnahme in die Schule nicht anmeldet oder
auf ihren körperlichen, geistigen oder seelischen Entwicklungsstand nicht untersuchen
lässt,
b. entgegen § 16 Satz 2 nicht dafür Sorge
trägt, dass die Schulpflichtigen ihrer Schulpflicht regelmäßig nachkommen,
2. als Ausbildender entgegen § 16 Satz 3
a. den Schulpflichtigen die zur Erfüllung der
Berufsschulpflicht erforderliche Zeit nicht gewährt oder
b. die Schulpflichtigen zur Erfüllung ihrer
Berufsschulpflicht nicht anhält.
(2) Ordnungswidrig handelt auch, wer Schulpflichtige durch Missbrauch des Ansehens, durch
Überredung oder durch andere Mittel anregt, den
Vorschriften über die Schulpflicht entgegenzuhandeln.
(3) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünftausend Deutsche Mark geahndet werden.
(4) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist das Bezirksamt.
(5) Wer die Verstöße nach Absatz 1 oder 2 aus
grobem Eigennutz oder unter grober Vernachlässigung seiner Fürsorge- und Erziehungspflicht
begeht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu sechs
Monaten oder mit Geldstrafe bestraft.
Erläuterungen
Einleitend ist festzuhalten, dass im Vordergrund
aller Bemühungen zur Einhaltung bzw. Durchsetzung der Schulpflicht zuerst pädagogische
Maßnahmen stehen.
Führen diese Maßnahmen jedoch nicht zu einem
Unterlassen der Schulpflichtverletzung, kann die
Schule eine Schulversäumnisanzeige stellen. Ab
wann sie sich dazu entschießt, liegt in ihrem
Ermessen. Die Schulversäumnisanzeige wird an
das zuständige Schulamt weitergeleitet, das - nun
wiederum im eigenen Ermessen - über den weiteren Fortgang der Angelegenheit entscheidet.
Die §§ 16 und 17 SchulG eröffnen dabei für
mehrere Fallgruppen unterschiedliche rechtliche
Sanktionsmöglichkeiten zur Durchsetzung der
Schulpflicht. Ist die Schulpflichtverletzung darauf
zurückzuführen, dass ein Erziehungsberechtigter
nicht dafür Sorge getragen hat, dass sein Kind
(der Schüler/die Schülerin) der allgemeinen Schul
pflicht oder der Berufsschulpflicht nachkommt oder
dass ein Ausbilder dem Schüler nicht die zur Erfüllung der Berufsschulpflicht erforderliche Zeit
gewährt hat oder ihn nicht zur Erfüllung seiner
Berufsschulpflicht angehalten hat, so liegt eine
Ordnungswidrigkeit vor, die mit einer Geldbuße
bis zu einer Höhe von 2.500 € geahndet werden
kann. Zudem besteht die Möglichkeit, den Schüler/die Schülerin im Wege des Verwaltungszwangsverfahrens der Schule zwangsweise zuzuführen.
In der erst”genannten Fallgruppen richtet sich
das Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OwiG), wobei in besonders schweren Fällen der Verletzung der Schulpflicht auch
die Einleitung eines Strafverfahrens denkbar wäre.
Im Fall der zwangsweisen Zuführung richtet sich
das Verfahren nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG).
Die ordnungsbehördliche Zuständigkeit für die
Durchführung aller Verfahren (Ordnungswidrigkeitsverfahren/Verwaltungszwangsverfahren) zur
Durchsetzung/Einhaltung der Schulpflicht liegt bei
den Bezirksämtern (§ 17 SchulG, § 36 OWiG) nicht
bei den Schulen, d. h. z. B., dass im Fall der
zwangsweisen Zuführung das Verwaltungszwangsverfahren (Erlass eines Verwaltungsaktes auf Verpflichtung zum Schulbesuch, Anordnung und
Festsetzung des Zwangsmittels) von den Ordnungsbehörden (bezirklichen Schulämtern) zu
betreiben ist. Erst wenn das Verfahren abgeschlossen ist und keine Aussicht auf eine erfolgreiche
Umsetzung besteht, kann ein Vollzugshilfeersuchen
an die Polizei gerichtet werden. Nach § 52 ASOG
kann die Polizei als Vollzugshilfe tätig werden,
wenn die ersuchende Behörde nicht selbst über
die hierzu erforderlichen Dienstkräfte verfügt oder
ihre Maßnahmen nicht auf andere Weise selbst
durchsetzen kann.
59
Erster Abschnitt: Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit, erzieherischer Kinder- und Jugendschutz
(2) In Jugendverbänden und Jugendgruppen wird
Jugendarbeit von jungen Menschen selbst organisiert, gemeinschaftlich gestaltet und mitverantwortet. Ihre Arbeit ist auf Dauer angelegt
und in der Regel auf die eigenen Mitglieder ausgerichtet, sie kann sich aber auch an junge Menschen wenden, die nicht Mitglieder sind. Durch
Jugendverbände und ihre Zusammenschlüsse
werden Anliegen und Interessen junger Menschen
zum Ausdruck gebracht und vertreten.
SGB VIII § 11 Jugendarbeit
SGB VIII § 13 Jugendsozialarbeit
(1) Jungen Menschen sind die zur Förderung ihrer Entwicklung erforderlichen Angebote der Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen. Sie sollen
an den Interessen junger Menschen anknüpfen
und von ihnen mitbestimmt und mitgestaltet
werden, sie zur Selbstbestimmung befähigen und
zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu
sozialem Engagement anregen und hinführen.
(1) Jungen Menschen, die zum Ausgleich sozialer
Benachteiligungen oder zur Überwindung individueller Beeinträchtigungen in erhöhtem Maße auf
Unterstützung angewiesen sind, sollen im Rahmen der Jugendhilfe sozialpädagogische Hilfen
angeboten werden, die ihre schulische und berufliche Ausbildung, Eingliederung in die Arbeitswelt und ihre soziale Integration fördern.
(2) Jugendarbeit wird angeboten von Verbänden,
Gruppen und Initiativen der Jugend, von anderen Trägern der Jugendarbeit und den Trägern
der öffentlichen Jugendhilfe. Sie umfasst für Mitglieder bestimmte Angebote, die offene Jugendarbeit und gemeinwesenorientierte Angebote.
(2) Soweit die Ausbildung dieser jungen Menschen nicht durch Maßnahmen und Programme
anderer Träger und Organisationen sichergestellt
wird, können geeignete sozialpädagogisch begleitete Ausbildungs- und Beschäftigungsmaß-nahmen angeboten werden, die den Fähigkeiten und
dem Entwicklungsstand dieser jungen Menschen
Rechnung tragen.
Wichtige Paragraphen aus dem
Kinder- und Jugendhilfegesetz
Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch, Zweites
Kapitel: Leistungen der Jugendhilfe
(3) Zu den Schwerpunkten der Jugendarbeit gehören:
1. außerschulische Jugendbildung mit allgemeiner,
politischer, sozialer, gesundheitlicher, kultureller,
naturkundlicher und technischer Bildung,
2. Jugendarbeit in Sport, Spiel und Geselligkeit,
3. arbeitswelt-, schul- und familienbezogene Jugendarbeit,
4. internationale Jugendarbeit,
5. Kinder- und Jugenderholung,
6. Jugendberatung.
(4) Angebote der Jugendarbeit können auch Personen, die das 27. Lebensjahr vollendet haben,
in angemessenem Umfang einbeziehen.
SGB VIII § 12 Förderung
der Jugendverbände
(1) Die eigenverantwortliche Tätigkeit der Jugendverbände und Jugendgruppen ist unter Wahrung
ihres satzungsgemäßen Eigenlebens nach Maßgabe des § 74 zu fördern.
60
(3) Jungen Menschen kann während der Teilnahme an schulischen oder beruflichen Bildungsmaßnahmen oder bei der beruflichen Eingliederung Unterkunft in sozialpädagogisch begleiteten Wohnformen angeboten werden. In diesen
Fällen sollen auch der notwendige Unterhalt des
jungen Menschen sichergestellt und Krankenhilfe
nach Maßgabe des § 40 geleistet werden.
(4) Die Angebote sollen mit den Maßnahmen der
Schulverwaltung, der Bundesanstalt für Arbeit,
der Träger betrieblicher und außerbetrieblicher
Ausbildung sowie der Träger von Beschäftigungsangeboten abgestimmt werden.
SGB VIII § 14 Erzieherischer Kinderund Jugendschutz
(1) Jungen Menschen und Erziehungsberechtigten
sollen Angebote des erzieherischen Kinder- und
Jugendschutzes gemacht werden.
(2) Die Maßnahmen sollen
1. junge Menschen befähigen, sich vor gefährdenden Einflüssen zu schützen und sie zu Kritikfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit und Eigenverantwortlichkeit sowie zur Verantwortung
gegenüber ihren Mitmenschen führen,
2. Eltern und andere Erziehungsberechtigte besser befähigen, Kinder und Jugendliche vor
gefährdenden Einflüssen zu schützen.
SGB VIII § 15 Landesrechtsvorbehalt
Das Nähere über Inhalt und Umfang der in diesem Abschnitt geregelten Aufgaben und Leistungen regelt das Landesrecht.
Zweiter Abschnitt: Förderung der Erziehung
in der Familie
SGB VIII § 16 Allgemeine Förderung der
Erziehung in der Familie
(1) Müttern, Vätern, anderen Erziehungsberechtigten und jungen Menschen sollen Leistungen der
allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie angeboten werden. Sie sollen dazu beitragen, dass Mütter, Väter und andere Erziehungsberechtigte ihre Erziehungsverantwortung besser
wahrnehmen können. Sie sollen auch Wege aufzeigen, wie Konfliktsituationen in der Familie
gewaltfrei gelöst werden können.
(2) Leistungen zur Förderung der Erziehung in
der Familie sind insbesondere
1. Angebote der Familienbildung, die auf Bedürfnisse und Interessen sowie auf Erfahrungen
von Familien in unterschiedlichen Lebenslagen
und Erziehungssituationen eingehen, die Familie zur Mitarbeit in Erziehungseinrichtungen
und in Formen der Selbst- und Nachbarschaftshilfe besser befähigen sowie junge Menschen
auf Ehe, Partnerschaft und das Zusammenleben mit Kindern vorbereiten,
2. Angebote der Beratung in allgemeinen Fragen
der Erziehung und Entwicklung junger Menschen,
3. Angebote der Familienfreizeit und der Familienerholung, insbesondere in belastenden Familiensituationen, die bei Bedarf die erzieherische
Betreuung der Kinder einschließen.
(3) Das Nähere über Inhalt und Umfang der Aufgaben regelt das Landesrecht.
SGB VIII § 17 Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung und Scheidung
(1) Mütter und Väter haben im Rahmen der Jugendhilfe Anspruch auf Beratung in Fragen der
Partnerschaft, wenn sie für ein Kind oder einen
Jugendlichen zu sorgen haben oder tatsächlich
sorgen.
Die Beratung soll helfen,
1. ein partnerschaftliches Zusammenleben in der
Familie aufzubauen,
2. Konflikte und Krisen in der Familie zu bewältigen,
3. im Falle der Trennung oder Scheidung die
Bedingungen für eine dem Wohl des Kindes
oder des Jugendlichen förderliche Wahrnehmung der Elternverantwortung zu schaffen.
(2) Im Falle der Trennung oder Scheidung sind
Eltern unter angemessener Beteiligung des betroffenen Kindes oder Jugendlichen bei der Entwicklung eines einvernehmlichen Konzepts für die
Wahrnehmung der elterlichen Sorge zu unterstützen; dieses Konzept kann auch als Grundlage
für die richterliche Entscheidung über die elterliche Sorge nach der Trennung oder Scheidung
dienen.
(3) Die Gerichte teilen die Rechtshängigkeit von
Scheidungssachen, wenn gemeinschaftliche minderjährige Kinder vorhanden sind (§ 622 Absatz 2
Satz 1 der Zivilprozessordnung), sowie Namen und
Anschriften der Parteien dem Jugendamt mit,
damit dieses die Eltern über das Leistungsange-bot der Jugendhilfe nach Absatz 2 unterrichtet.
SGB VIII § 18 Beratung und Unterstützung
bei der Ausübung der Personensorge
(1) Mütter und Väter, die allein für ein Kind oder
einen Jugendlichen zu sorgen haben oder tatsächlich sorgen, haben Anspruch auf Beratung und
Unterstützung bei der Ausübung der Personensorge einschließlich der Geltendmachung von
Unterhalts- oder Unterhaltsersatzansprüchen des
Kindes oder Jugendlichen.
(2) Die Mutter, der die elterliche Sorge nach
§ 1626 a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
zusteht, hat Anspruch auf Beratung und Unterstützung bei der Geltendmachung ihrer Unterhaltsansprüche nach § 1615 l des Bürgerlichen
Gesetzbuchs.
61
(3) Kinder und Jugendliche haben Anspruch auf
Beratung und Unterstützung bei der Ausübung
des Umgangsrechts nach § 1684 Absatz 1 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs. Sie sollen darin unterstützt werden, dass die Personen, die nach Maßgabe der §§ 1684 und 1685 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs zum Umgang mit ihnen berechtigt
sind, von diesem Recht zu ihrem Wohl Gebrauch
machen. Eltern, andere Umgangsberechtigte sowie Personen, in deren Obhut sich das Kind befindet, haben Anspruch auf Beratung und Unterstützung bei der Ausübung des Umgangsrechts.
Bei der Befugnis, Auskunft über die persönlichen
Verhältnisse des Kindes zu verlangen, bei der
Herstellung von Umgangskontakten und bei der
Ausführung gerichtlicher oder vereinbarter Umgangsregelungen soll vermittelt und in geeigneten Fällen Hilfestellung geleistet werden.
soll der andere Elternteil bei der Betreuung und
Versorgung des im Haushalt lebenden Kindes
unterstützt werden, wenn
1. er wegen berufsbedingter Abwesenheit nicht
in der Lage ist, die Aufgabe wahrzunehmen,
2. die Hilfe erforderlich ist, um das Wohl des
Kindes zu gewährleisten,
3. Angebote der Förderung des Kindes in Tageseinrichtungen oder in Tagespflege nicht ausreichen.
(4) Ein junger Volljähriger hat bis zur Vollendung
des 21. Lebensjahres Anspruch auf Beratung und
Unterstützung bei der Geltendmachung von Unterhalts- oder Unterhaltsersatzansprüchen.
SGB VIII § 21 Unterstützung bei notwendiger Unterbringung zur Erfüllung der Schulpflicht
(2) Fällt ein alleinerziehender Elternteil oder fallen beide Elternteile aus gesundheitlichen oder
anderen zwingenden Gründen aus, so soll unter
der Voraussetzung des Absatzes 1 Nummer 3 das
Kind im elterlichen Haushalt versorgt und betreut werden, wenn und solange es für sein Wohl
erforderlich ist.
(2) Während dieser Zeit soll darauf hingewirkt
werden, dass die Mutter oder der Vater eine
schulische oder berufliche Ausbildung beginnt oder
fortführt oder eine Berufstätigkeit aufnimmt.
Können Personensorgeberechtigte wegen des mit
ihrer beruflichen Tätigkeit verbundenen ständigen Ortswechsels die Erfüllung der Schulpflicht
ihres Kindes oder Jugendlichen nicht sicherstellen
und ist deshalb eine anderweitige Unterbringung
des Kindes oder des Jugendlichen notwendig, so
haben sie Anspruch auf Beratung und Unterstützung. In geeigneten Fällen können die Kosten der Unterbringung in einer für das Kind oder
den Jugendlichen geeigneten Wohnform einschließlich des notwendigen Unterhalts sowie die
Krankenhilfe übernommen werden, wenn und
soweit dies dem Kind oder dem Jugendlichen
und seinen Eltern aus ihren Einkommen und Vermögen nach Maßgabe der §§ 91 bis 93 nicht
zuzumuten ist. Die Kosten können über das schulpflichtige Alter hinaus übernommen werden, sofern eine begonnene Schulausbildung noch nicht
abgeschlossen ist, längstens aber bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres.
(3) Die Leistung soll auch den notwendigen Unterhalt der betreuten Personen sowie die Krankenhilfe nach Maßgabe des § 40 umfassen.
Dritter Abschnitt: Förderung von Kindern
in Tageseinrichtungen und in Tagespflege
SGB VIII § 20 Betreuung und Versorgung des
Kindes in Notsituationen
SGB VIII § 22 Grundsätze der Förderung von
Kindern in Tageseinrichtungen
(1) Fällt der Elternteil, der die überwiegende Betreuung des Kindes übernommen hat, für die
Wahrnehmung dieser Aufgabe aus gesundheitlichen oder anderen zwingenden Gründen aus, so
(1) In Kindergärten, Horten und anderen Einrichtungen, in denen sich Kinder für einen Teil des
Tages oder ganztags aufhalten (Tageseinrichtungen), soll die Entwicklung des Kindes zu einer
SGB VIII § 19 Gemeinsame Wohnformen für
Mütter/Väter und Kinder
(1) Mütter oder Väter, die allein für ein Kind
unter sechs Jahren zu sorgen haben, sollen gemeinsam mit dem Kind in einer geeigneten Wohnform betreut werden, wenn und solange sie
aufgrund ihrer Persönlichkeitsentwicklung dieser
Form der Unterstützung bei der Pflege und Erziehung des Kindes bedürfen. Die Betreuung schließt
auch ältere Geschwister ein, sofern die Mutter
oder der Vater für sie allein zu sorgen hat. Eine
schwangere Frau kann auch vor der Geburt des
Kindes in der Wohnform betreut werden.
62
eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen
Persönlichkeit gefördert werden.
(2) Die Aufgabe umfasst die Betreuung, Bildung
und Erziehung des Kindes. Das Leistungsangebot
soll sich pädagogisch und organisatorisch an den
Bedürfnissen der Kinder und ihrer Familien orientieren.
(3) Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben sollen
die in den Einrichtungen tätigen Fachkräfte und
anderen Mitarbeiter mit den Erziehungsberechtigten
zum Wohl der Kinder zusammenarbeiten. Die Erziehungsberechtigten sind an den Entscheidungen
in wesentlichen Angelegenheiten der Tageseinrichtung zu beteiligen.
SGB VIII § 23 Tagespflege
(1) Zur Förderung der Entwicklung des Kindes,
insbesondere in den ersten Lebensjahren, kann
auch eine Person vermittelt werden, die das Kind
für einen Teil des Tages oder ganztags entweder
im eigenen oder im Haushalt des Personensorgeberechtigten betreut (Tagespflegeperson).
(2) Die Tagespflegeperson und der Personensorgeberechtigte sollen zum Wohl des Kindes zusammenarbeiten. Sie haben Anspruch auf Beratung
in allen Fragen der Tagespflege.
(3) Wird eine geeignete Tagespflegeperson vermittelt und ist die Förderung des Kindes in Tagespflege für sein Wohl geeignet und erforderlich,
so sollen dieser Person die entstehenden Aufwendungen einschließlich der Kosten der Erziehung ersetzt werden. Die entstehenden Aufwendungen einschließlich der Kosten der Erziehung
sollen auch ersetzt werden, wenn das Jugendamt die Geeignetheit und Erforderlichkeit der
Tagespflege für das Wohl des Kindes und die
Eignung einer von den Personensorgeberechtigten
nachgewiesenen Pflegeperson feststellt.
(4) Zusammenschlüsse von Tagespflegepersonen
sollen beraten und unterstützt werden.
SGB VIII § 24 Ausgestaltung des Förderungsangebots in Tageseinrichtungen
Ein Kind hat vom vollendeten dritten Lebensjahr
bis zum Schuleintritt Anspruch auf den Besuch
eines Kindergartens. Für Kinder im Alter unter
drei Jahren und für Kinder im schulpflichtigen
Alter sind nach Bedarf Plätze in Tageseinrichtungen
vorzuhalten. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur
Verfügung steht.
SGB VIII § 24 a Übergangsregelung zum Anspruch auf den Besuch eines Kindergartens
(1) Kann zum 1. Januar 1996 in einem Land das
zur Erfüllung des Rechtsanspruchs nach § 24
Satz 1 erforderliche Angebot nicht gewährleistet
werden, so gelten die nachfolgenden Regelungen.
(2) Landesrecht kann einen allgemeinen Zeitpunkt,
spätestens den 1. August 1996, festlegen und
bestimmen, dass erst ab diesem festgelegten
Zeitpunkt der Anspruch eines Kindes, das bis zu
diesem Tag das dritte Lebensjahr vollendet hat,
besteht.
(3) Landesrecht kann für die Zeit ab dem
1. August 1996 bis zum 31. Dezember 1998 eine
Regelung treffen, die die örtlichen Träger, die
den Rechtsanspruch nach § 24 Satz 1 noch nicht
erfüllen können, auf Antrag befugt, für ihren
Bereich allgemeine Zeitpunkte festzulegen, ab denen der Rechtsanspruch auf den Besuch des
Kindergartens besteht. Diese Zeitpunkte dürfen
höchstens sechs Monate und für das Jahr 1998
höchstens vier Monate auseinander liegen. Voraussetzung für die Befugnis ist, dass der örtliche
Träger vorab im Rahmen der Jugendhilfeplanung
das noch bestehende Versorgungsdefizit festgestellt und verbindliche Ausbaustufen zur Verwirklichung des Angebots, das eine Erfüllung
des Rechtsanspruchs nach § 24 Satz 1 zum
frühestmöglichen Zeitpunkt, spätestens zum
31. Dezember 1998, gewährleistet, beschlossen hat.
(4) Landesrecht kann auch regeln, dass der Anspruch im Rahmen der Absätze 2 und 3 bis zum
31. Dezember 1998 auch durch ein anderes geeignetes Förderungsangebot erfüllt werden kann.
(5) Besteht eine landesrechtliche Regelung nach
den Absätzen 2 bis 4, so hat der örtliche Träger
der Jugendhilfe im Rahmen seiner Gewährleistungspflicht nach § 79 sicherzustellen, dass
ein Kind vom vollendeten dritten Lebensjahr an
auch vor den jeweiligen allgemeinen Zeitpunkten
einen Kindergartenplatz oder ein anderes geeignetes Förderungsangebot erhält, wenn die Ablehnung für das Kind oder seine Eltern eine besondere Härte bedeuten würde.
63
SGB VIII § 25 Unterstützung selbstorganisierter Förderung von Kindern
Mütter, Väter und andere Erziehungsberechtigte,
die die Förderung von Kindern selbst organisieren wollen, sollen beraten und unterstützt werden.
der Klärung und Bewältigung individueller und
familienbezogener Probleme und der zugrunde
liegenden Faktoren, bei der Lösung von Erziehungsfragen sowie bei Trennung und Scheidung
unterstützen. Dabei sollen Fachkräfte verschiedener Fachrichtungen zusammenwirken, die mit unterschiedlichen methodischen Ansätzen vertraut
sind.
SGB VIII § 26 Landesrechtsvorbehalt
SGB VIII § 29 Soziale Gruppenarbeit
Das Nähere über Inhalt und Umfang der in diesem Abschnitt geregelten Aufgaben und Leistungen regelt das Landesrecht. Am 31. Dezember 1990
geltende landesrechtliche Regelungen, die das
Kindergartenwesen dem Bildungsbereich zuweisen,
bleiben unberührt.
Vierter Abschnitt: Hilfe zur Erziehung, Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche, Hilfe für junge Volljährige
Erster Unterabschnitt Hilfe zur Erziehung
SGB VIII § 27 Hilfe zur Erziehung
(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der
Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen
Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn
eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.
(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach
Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und
Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere
soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen
einbezogen werden.
(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die
Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Sie soll bei Bedarf Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen
im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen.
SGB VIII § 28 Erziehungsberatung
Erziehungsberatungsstellen und andere Beratungsdienste und -einrichtungen sollen Kinder, Jugendliche, Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei
64
Die Teilnahme an sozialer Gruppenarbeit soll älteren Kindern und Jugendlichen bei der Überwindung von Entwicklungsschwierigkeiten und
Verhaltensproblemen helfen. Soziale Gruppenarbeit
soll auf der Grundlage eines gruppenpädagogischen Konzepts die Entwicklung älterer Kinder
und Jugendlicher durch soziales Lernen in der
Gruppe fördern.
SGB VIII § 30 Erziehungsbeistand,
Betreuungshelfer
Der Erziehungsbeistand und der Betreuungshelfer
sollen das Kind oder den Jugendlichen bei der
Bewältigung von Entwicklungsproblemen möglichst
unter Einbeziehung des sozialen Umfelds unterstützen und unter Erhaltung des Lebensbezugs
zur Familie seine Verselbständigung fördern.
SGB VIII § 31 Sozialpädagogische
Familienhilfe
Sozialpädagogische Familienhilfe soll durch intensive Betreuung und Begleitung Familien in ihren
Erziehungsaufgaben, bei der Bewältigung von
Alltagsproblemen, der Lösung von Konflikten und
Krisen sowie im Kontakt mit Ämtern und Institutionen unterstützen und Hilfe zur Selbsthilfe geben. Sie ist in der Regel auf längere Dauer angelegt und erfordert die Mitarbeit der Familie.
SGB VIII § 32 Erziehung in
einer Tagesgruppe
Hilfe zur Erziehung in einer Tagesgruppe soll die
Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen
durch soziales Lernen in der Gruppe, Begleitung
der schulischen Förderung und Elternarbeit unterstützen und dadurch den Verbleib des Kindes
oder des Jugendlichen in seiner Familie sichern.
Die Hilfe kann auch in geeigneten Formen der
Familienpflege geleistet werden.
SGB VIII § 33 Vollzeitpflege
Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der
Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der
Herkunftsfamilie Kindern und Jugendlichen in
einer anderen Familie eine zeitlich befristete
Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte
Lebensform bieten. Für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche sind geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen
und auszubauen.
SGB VIII § 34 Heimerziehung,
sonstige betreute Wohnform
Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag
und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben
mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des
Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie
1. eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder
2. die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder
3. eine auf längere Zeit angelegte Lebensform
bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
Jugendliche sollen in Fragen der Ausbildung und
Beschäftigung sowie der allgemeinen Lebensführung beraten und unterstützt werden.
SGB VIII § 35 Intensive sozialpädagogische
Einzelbetreuung
Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung soll
Jugendlichen gewährt werden, die einer intensiven Unterstützung zur sozialen Integration und
zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung bedürfen. Die Hilfe ist in der Regel auf längere Zeit
angelegt und soll den individuellen Bedürfnissen
des Jugendlichen Rechnung tragen.
Zweiter Unterabschnitt: Eingliederungshilfe
für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche
SGB VIII § 35 a Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche
(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf
Eingliederungshilfe, wenn
1. ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem
für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht,
und
2. daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall
1. in ambulanter Form,
2. in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3. durch geeignete Pflegepersonen und
4. in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie
sonstigen Wohnformen geleistet.
(3) Aufgabe und Ziel der Hilfe, die Bestimmung
des Personenkreises sowie die Art der Leistungen
richten sich nach § 39 Absatz 3 und 4 Satz 1,
den §§ 40 und 41 des Bundessozialhilfegesetzes,
soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch
behinderte oder von einer solchen Behinderung
bedrohte Personen Anwendung finden.
(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten,
so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in
Anspruch genommen werden, die geeignet sind,
sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu
erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu
decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für
Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter
sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen
Einrichtungen in Anspruch genommen werden,
in denen behinderte und nichtbehinderte Kinder
gemeinsam betreut werden.
65
Leistungsbeschreibungen der Berliner Kostensatzrahmenvereinbarung
für den Jugendhilfebereich (Auszüge)
Ambulante Angebote
Leistungsangebot
Ambulante psychologische
Psychotherapie und Kinder- und
Jugendlichenpsychotherapie
§§ 27 Abs 3 u. 35 a SGB VIII
§ 27 AG KJHG
Zielgruppe
i. d. R.
3 bis18 Jahre
Familientherapie
§ 27 Absatz 3 SGB VIII
Kinder, Jugendliche,
Stabilisierung des familiären und sozialen
junge Volljährige und Beziehungsgefüges, Minderung und
deren Familien
Behebung von Beziehungsstörungen,
Befähigung der Erziehungsberechtigten
ihren Erziehungsauftrag zu erfüllen
Integrative Lerntherapie bei
umschriebenen Entwicklungsstörungen schulischen
Lernens
§ 27 Absatz 3 und
§ 35 a SGB VIII
Erziehungs- und
Familienberatung
§ 28 SGB VIII
Kinder und
Jugendliche i. d. R.
im Grundschulalter
Begleiteter Umgang
§ 18 Abs. 3 SGB VIII
Eltern und andere
Familienangehörige,
andere Umgangsberechtigte, Kinder
und Jugendliche
Soziale Gruppenarbeit
§ 29 SGB VIII
i. d. R. Schulalter
Erziehungsbeistand/
Betreuungshelfer
§ 30 SGB VIII
6 bis 21 Jahre
Sozialpädagogische
Familienhilfe
§ 31 SGB VIII
Erziehungsberechtigte mit Kindern
und Jugendlichen
Unterstützung der Familie,
sozialpädagogische Beratung,
Begleitung und Unterstützung
Intensive sozialpädagogische
Einzelbetreuung
§ 35 SGB VIII
i. d. R.
14 bis 21 Jahre
Krisenintervention, Förderung der
emotionalen Fähigkeiten und sozialen
Kompetenzen, Entwicklungen
realistischer Lebensplanungen
66
Sorgeberechtigte,
Bezugspersonen mit
Umgangsrecht,
Kinder, Jugendliche
und junge
Volljährige
Ziele und Aufgaben
Stabilisierung des Familiengefüges
Minderung und Behebung seelischer
Leidenszustände und damit verbundener
körperlicher Beeinträchtigungen
Gewinn neuer Handlungsmöglichkeiten
und Perspektiven
Verbindung und Integration
pädagogischer und psychologischer
Trainings- und Behandlungsmethoden,
dadurch Entfaltung ihrer therapeutischen
Wirkung, Entwicklungsförderung unter
Einbeziehung des sozialen Umfelds
Klärung und Bewältigung individueller
und familienbezogener Probleme, Hilfe
in belastenden Lebenssituationen
Förderung der elterlichen Erziehungskompetenz, Entwicklung des Kindes zu
einer eigenverantwortlichen und
gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit
Sicherstellung der Beziehungskontinuität
der Minderjährigen zu seinen Eltern und
anderen für seine Entwicklung wichtigen
Bezugspersonen, Verselbständigung des
Umgangs
Hilfe bei der Überwindung von
Entwicklungsschwierigkeiten und
Verhaltensproblemen, soziales Lernen
in der Gruppe
Anleitung und Unterstützung zur
altersentsprechenden Verselbständigung
unter Erhaltung des Familienbezuges
Teilstationäre Angebote nach SGB VIII
Leistungsangebot
Tagesgruppe
§ 2 Absatz 1 SGB VIII
Zielgruppe
i. d. R.
6 bis 16 Jahre
Ziele und Aufgaben
Förderung der Entwicklung von Kindern
und Jugendlichen, familienunterstützendes Angebot zwischen ambulanten und
vollstationären Hilfen und in Abgrenzung
zu anderen Tageseinrichtungen
Stationäre Angebote nach SGB VIII
Leistungsangebot
Heimerziehung, sonstige
betreute Wohnform
§ 27 i. V. m. §§ 34, 41 SGB VIII
Leistungsbereich:
Vollstationäre Erziehungshilfen
a) „Rund-um-die-Uhr“Schichtdienstgruppen (SDG)
Zielgruppe
Ziele und Aufgaben
Entwicklungsförderung von Kindern
und Jugendlichen durch Verbindung
von pädagogischen und therapeutischen Angeboten
b) Wohngruppen mit
alternierend innewohnender
Betreuung (WAB)
Aufnahmealter:
von 6 bis 15 Jahre
biographische Aufarbeitung der Herkunftsfamiliensituation, Erhalt und
Entwicklung förderlicher Bezüge zur
Herkunftsfamilie
c) Erziehungswohngruppen
(EWG)
s. o.
Aufnahmealter:
bis 15 Jahre
s. o.
Haushalts- und Lebensgemeinschaft von
Kindern und innewohnenden Fachkräften, familienähnliche Betreuung, gezielte
individuelle Förderung der psychosozialen, emotionalen u. kognitiven Entwicklung
d) Erziehungsstellen (EST)
Aufnahmealter:
0 bis 15 Jahre
Haushalts- und Lebensgemeinschaft
von Kindern und innewohnenden
Fachkräften, familienähnliche Betreuung,
durch Beziehungskontinuität gezielte
Förderung der psychosozialen,
emotionalen und kognitiven Entwicklung
in individueller Form
e) Betreutes Jugendwohnen in
einer sozialpädagogischen
Wohngemeinschaft (WG)
Aufnahmealter:
i. d. R. ab 15 Jahre
----------------------------------------Betreutes Einzelwohnen (BEW)
-------------------------i. d. R. ab 15 Jahre
persönliche Stabilisierung, Hilfe bei
Erreichen eines Schul- oder Berufsabschlusses, Klärung der familiären
Beziehungen, Entwicklung von
Kommunikations- und sozialer Kontaktfähigkeit, Verselbständigung zum
Leben, unabhängig von staatlicher Hilfe
--------------------------------------------------w. o.
-----------------------------------------Betreutes Wohnen für junge
Volljährige (BWV)
-------------------------ab 17,5 Jahre
--------------------------------------------------w. o.
Aufnahmealter:
ab 6 Jahre
Hilfe bei Trennungsverarbeitung von
der Herkunftsfamilie, Begleitung der
Kontakte zur Familie und Hilfe bei der
möglichen Rückkehr
und
---------------------------------------- ----------------------------- -------------------------------------------------------w. o. und Unterstützung bei der
i. d. R. ab 15 Jahre
Entwicklung einer realistischen
Gruppen mit
Lebensplanung
betreuungsfreien Zeiten
67
Angebote im Bereich der Anderen Aufgaben nach SGB VIII
Leistungsangebot
Erstberatung im Rahmen der
Inobhutnahme/Sozialpädagogische
Krisenintervention nach § 42
SGB VIII
Unterbringung in Folge der
Inobhutnahme/Sozialpädagogische
Krisenintervention
Zielgruppe
Kinder und Jugendliche, bei
befürchteter akuter Kindeswohlgefährdung auch Eltern,
Familienangehörige, prof. Helfer,
Dritte
0 bis unter 18 Jahre
Musterkooperationsvereinbarung
für Projekte mit schuldistanzierten jungen Menschen
Musterkooperationsvereinbarung
Kooperationspartner sind:
ƒ Jugendamt (konkrete Benennung)
ƒ SenBJS, Außenstelle (...)
ƒ Schule (...)
ƒ Maßnahmeträger (...)
zur Zusammenarbeit bei der Durchführung eine
Maßnahme (konkrete Benennung) zur Förderung
und Begleitung der schulischen Reintegration von
schuldistanzierten Schülern und Schülerinnen.
§ 1
Grundlagen
1. Die Vereinbarung regelt die Zusammenarbeit
oben genannter Vereinbarungspartner.
2. Grundlagen der Maßnahme sind das Berliner
Schulgesetz, das Schulverfassungsgesetz, das
SGB VIII in Verbindung mit etwaigen Ausführungsvorschriften und Leistungsbeschreibungen, das Konzept des Trägers und erforderlichenfalls die Betriebserlaubnis.
3. Dabei bleiben die durch Gesetz, Rechts- und
Verwaltungsvorschriften vorgegebenen Zuständigkeiten unberührt.
68
Ziele und Aufgaben
Schutz und Gefahrenabwehr sowie
Krisenintervention
Schutz und
Gefahrenabwehr,
Krisenintervention bis zur
Perspektivklärung,
Bereitstellung von
Unterkunft
§ 2
Zielstellung
1. Die Maßnahme will die Reintegration von
schuldistanzierten Schülerinnen und Schülern
erreichen.
2. Die Maßnahme unterstützt die Bewältigung
altersbezogener Entwicklungsaufgaben durch
Schaffung eines sozialen Lernfeldes, das motivierende und stabilisierende Situationen und
Beziehungen bietet. Sie leistet zudem über
individuelle Förderung einen Beitrag zum Abbau der durch Verhaltensauffälligkeiten mitbedingten Entwicklungs- und Lernprobleme.
3. In diesem Sinne ist die Maßnahme auch eine
schulische und familiale Prozesse unterstützende und ergänzende Erziehungs- und Bildungsinstanz auf Zeit. In ihr realisieren Schüler und Schülerinnen ihre Schulpflicht.
4. Bei Wiedereintritt in die Regelschule unterstützt die Maßnahme die Bewältigung des
Schulalltags für einen längeren Zeitraum entsprechend der individuellen Bedürfnisse.
5. Die Maßnahme fördert in enger Zusammenarbeit mit der Schulleitung und den Lehrkräften die Bereitschaft und die Fähigkeit der Kinder und Jugendlichen zur Reintegration in die
Regelschule - ggf. in eine berufsvorbereitende
Maßnahme - und unterstützt die Entwicklung
dafür notwendiger Bedingungen bei Kindern
und Jugendlichen, in der Familie und in der
aufnehmenden Schule.
§ 3
Inhalt der Leistung
Das Angebot umfasst:
ƒ Unterstützung der Diagnostik zum komplexen
Erfassen von Ursachen der Schulverweigerung
in Zusammenarbeit mit den entsprechenden
Fachdienst
ƒ Elternarbeit
ƒ Intensive sozialpädagogische Einzelarbeit
ƒ Gruppenarbeit
ƒ Individuelle Beschulung
ƒ Gegebenenfalls therapeutische Leistungen
ƒ Gegebenenfalls Maßnahmen im Übergang
Schule - Beruf
ƒ Sonstiges
§ 4
Zielgruppe und Zugangsvoraussetzungen
1. Zielgruppe (Maßnahmebezogen beschreiben)
2. Das Jugendamt entscheidet über die Bewilligung der Leistung und ist zuständig für das
Hilfeplanverfahren gemäß § 36 SGB VIII im gesamten Zeitraum der Hilfe. Daran wird die
zuständige Schule beteiligt.
3. Das Jugendamt übernimmt die Kosten auf der
Grundlage des Trägervertrages zwischen dem
Maßnahmeträger und dem Land Berlin, vertreten durch das Landesjugendamt.
4. Das Jugendamt hat im Rahmen der Gewährleistungspflicht die Verantwortung für die
Kontrolle der Jugendhilfeleistung.
5. Einzelheiten der Zusammenarbeit mit dem freien Träger der Jugendhilfe regeln Vereinbarungen, die Anlage des Vertrages sind.
§ 7
Aufgaben der Senatsverwaltung für
Bildung, Jugend und Sport und des
Schulträgers
2. Ort (Maßnahmebezogen beschreiben)
3. Zugangsvoraussetzungen sind:
- die Bereitschaft der Eltern zur Zusammenarbeit bei der Überwindung der Schulverweigerung und die Bereitschaft des Kindes/Jugendlichen, sich auf diese Hilfeform
einzulassen
- der Nachweis, dass schulische Förder- und
Erziehungsmaßnahmen im Rahmen des
Schulgesetzes ausgeschöpft sind
- elementare Gruppenfähigkeit
§ 5
Status der Teilnehmer
1. Bezogen auf die Jugendhilfemaßnahme (beschreiben)
2. Bezogen auf die Schule (beschreiben)
§ 6
Aufgaben des Jugendamtes
1. Das Jugendamt prüft den Bedarf und die Eignung der Jugendhilfemaßnahme gemäß SGB VIII
und arbeitet dabei mit den Fachdiensten und
Fachkräften zusammen.
1. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und
Sport sichert die Bereitstellung von Lehrerstunden gemäß den jeweils geltenden Organisationsrichtlinien.
Die Fach- und Dienstaufsicht durch die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport bleiben unberührt.
2. Die Personensorgeberechtigten werden durch
die jeweilige Außenstelle der Senatsverwaltung
für Bildung, Jugend und Sport über den Umfang der Beschulung in der Maßnahme angemessen informiert.
3. Der Schulträger stellt die für die Maßnahme
erforderlichen Räume im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten entgeltfrei zur Verfügung. Er berücksichtigt außerdem die den
Schülern der Maßnahme zustehenden Sachkosten für Lehr- und Lernmittel bei der Mittelvergabe.
§ 8
Aufgaben der kooperierenden Schulen
Kinder und Jugendliche, die an der Maßnahme
teilnehmen, sind Schülerinnen und Schüler der
kooperierenden Schulen.
69
Die in der Maßnahme tätigen Lehrkräfte sind
Mitglieder der Kollegien der Kooperationsschulen.
Damit gelten grundsätzlich für die Lehrerinnen
und Lehrer sowie für die Schülerinnen und Schüler das Berliner Schulgesetz und das Schulverfassungsgesetz.
1. Die Klassenkonferenz stellt das Vorliegen von
schuldistanziertem Verhalten der Schülerin oder
des Schülers fest. Sie berücksichtigt die Fehltage und bezieht Stellungnahmen entsprechender Fachdienste ein. Sie dokumentiert die bisher
erfolgten Maßnahmen. Die Schulleitung informiert die Schulaufsicht und den Schulträger
über den Beschluss.
2. Die Lehrkräfte beteiligen sich an der Hilfeplanung
des Jugendamtes. Sie erarbeiten in Abstimmung
mit den in der Maßnahme tätigen Mitarbeitern
der Jugendhilfe ein pädagogisches Konzept.
3. Die Schule ist verantwortlich für die Bereitstellung der für den Unterricht erforderlichen Lehrund Lernmittel.
4. Im Zusammenhang mit der Vorbereitung der
Ablösephase erstellen die Mitarbeiter/innen der
Maßnahme einen Entwicklungsbericht und erarbeiten Empfehlungen für die weitere Schulund Hilfeplanung.
5. Die Schule unterstützt im Rahmen ihrer Verantwortung für die Qualitätssicherung des Unterrichts die erforderliche Fortbildung für die in
der Maßnahme tätigen Lehrkräfte.
6. Die Schule sichert im Rahmen ihrer Möglichkeiten eine geeignete Vertretung bei Ausfall
einer Lehrkraft. Sollte in Ausnahmefällen keine Vertretungsmöglichkeit vorhanden sein, erfolgen Aufsicht und Betreuung durch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Maßnahme.
7. Entscheidungen über Beurlaubungen einzelner
Schüler und Schülerinnen vom Unterricht trifft
die Schulleitung bzw. die Schulaufsicht in Abstimmung mit der Leitung der Maßnahme und
dem Jugendamt.
8. Dem Unterrichtskonzept entsprechende und
notwendige spezifische und individuelle Regelungen, zum Beispiel für die Bewertung, liegen in der Verantwortung der Schulleitung
und der Schulaufsicht.
70
9. Die außerschulischen Mitarbeiter der Maßnahme werden zu den erforderlichen Sitzungen
der schulischen Gremien eingeladen. Es gilt
§ 5 (2) Schulverfassungsgesetz (Gästeregelung).
§ 9
Aufgaben des Maßnahmeträgers
1. Die Aufgaben und Leistungen des Maßnahmeträgers ergeben sich aus den als Anlage beigefügten Dokumenten (Konzept der Maßnahme).
2. Der Maßnahmeträger stellt die zur Realisierung der Maßnahme geeigneten und erforderlichen Fachkräfte zur Verfügung. Er ist zuständig für deren Qualifizierung, Fortbildung
und Supervision. Die Fachkräfte sind Angestellte des Maßnahmeträgers und unterstehen
dessen Fach- und Dienstaufsicht.
3. Die Sicherstellung des gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes seiner Beschäftigten ist
Aufgabe des Maßnahmeträgers, ebenso wird
die Haftpflichtversicherung der Angestellten
durch ihn geregelt.
4. Der Maßnahmeträger ist für die Qualitätssicherung des Angebotes zuständig und die
dafür notwendige Kooperation mit der kooperieren Schule (Schulen) und anderen Partnern.
5. Der Maßnahmeträger hat im Rahmen seiner
Weisungsbefugnis gegenüber seinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen zu gewährleisten,
dass nicht gegen geltende Vorschriften, Anordnungen der Schulaufsichtsbehörde oder Beschlüsse der schulischen Gremien verstoßen
oder der Schulbetrieb nicht beeinträchtigt wird.
6. Die Leitung der Maßnahme übt bei Abwesenheit der Schulleitung das Hausrecht über die
durch den Maßnahmeträger genutzten Räume für die Maßnahme aus.
§ 10
Zusammenarbeit
1. Alle vereinbarungsschließenden Seiten verpflichten sich zu einer ZusammenarbeitZusammenarbeit, die sich in erster Linie am Hilfebedarf
und der schulischen Förderung der Schüler
und Schülerinnen orientiert.
2. Maßnahmeträger und Schule erarbeiten gemeinsam ein pädagogisches Konzept. Das Konzept ist Bestandteil der Vereinbarung.
3. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Schule
und des Maßnahmeträgers arbeiten im gesamten Hilfeverlauf im Rahmen regelmäßiger Treffen zur Einzelfallprüfung (1 x wöchentlich),
zusammen.
4. Alle vereinbarungsschließenden Seiten beraten
viermal jährlich auf Einladung des Maßnahmeträgers über Erfahrungen bei der Realisierung
dieser Kooperationsvereinbarungen. Sie werden bei Bedarf entsprechend modifiziert.
5. Bei zu erwartendem Abbruch der Maßnahme
durch Klienten, Maßnahmeträger oder Lehrkräfte
beraten Jugendamt, kooperierende Schule, Schulpsychologischer Dienst und Maßnahmeträger
gemeinsam über die Perspektive der Kinder und
unterbreiten den Personensorgeberechtigten entsprechende Vorschläge.
Alle an der Realisierung der Maßnahme beteiligten Fachkräfte unterliegen den Bestimmung des
Berliner Datenschutzgesetzes.
2. Die Vereinbarung tritt am ________________
in Kraft.
3. Sie verlängert sich automatisch um ein weiteres Jahr, wenn sie nicht gekündigt wurde.
§ 12
Kündigung
1. Die Vereinbarung kann von den Vereinbarungsschließenden unter Wahrung einer Frist von
drei Monaten von Ablauf des Schuljahres gekündigt werden, wenn eine der Vereinbarungsparteien die mit dieser Vereinbarung verfolgte Zielsetzung nicht mehr erreicht oder von einem
der Vereinbarungspartner die vereinbarten Leistungen nicht mehr gewährleistet werden können.
2. Werden fachliche Unstimmigkeiten zwischen
den Vereinbarungspartnern als maßgebliche
Gründe benannt, entscheidet ein Vermittlungsausschuss, bestehend aus nichtbeteiligten Vertretern und Vertreterinnen der jeweils zuständigen Behörden, nach einer Anhörung aller
Vereinbarungspartner über eine Kündigung der
Kooperationsvereinbarung.
§ 11
Vereinbarungsbeginn
1. Beginn der Maßnahme: __________________.
Berlin, den
71
Angebote für schuldistanzierte
junge Menschen
Einrichtungen der Jugendhilfe für
schuldistanzierte junge Menschen
Nicht immer wird es gelingen, schuldistanzierte
Schüler/innen in die Schule zurückzuführen. Sollten alle pädagogischen Bemühungen nicht zum
Erfolg führen, kann es sinnvoll sein, die zeitweise
Unterbringung der betreffenden Schülerin/der
betreffenden Schülers in einem Projekt für Schuldistanzierte zu erörtern. Verantwortlich für die
Hilfeplanung und die Finanzierung der Maßnahme ist das Jugendamt. Vor dem Hintergrund,
dass die Schule im Zusammenhang mit der Entwicklung einer gemeinsamen Strategie (s. Intervention, S. 25 ff.) für eine schuldistanzierte
Jugendliche/einen schuldistanzierten Jugendlichen
bereits kontinuierlich mit dem Jugendamt im
Name des
Trägers
Jugendaufbauwerk Ost e. V.
50
Adresse
Torgauer Str. 27 - 29,
12627 Berlin
Kontakt steht, werden die Gespräche darüber,
wie bezogen auf die außerschulische Unterbringung am besten vorzugehen ist, sicherlich gemeinsam mit den zuständigen Lehrkräften (ggf.
auch Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen) stattfinden. Besonders geeignet sind Projekte, die mit
einer Schule kooperieren und die Reintegration
der betroffenen Schüler/innen in die Regelschule
anstreben. Bei Schüler/innen, die sich in einem
höheren Schulbesuchsjahr befinden, können die
Voraussetzungen für einen Weg zurück in die
Schule oft nicht mehr geschaffen werden. Diese
Schüler/innen können ihren (Aus-)Bildungsweg
nach Beendigung der Projektzeit mit berufsbefähigenden Maßnahmen fortsetzen oder beginnen
ggf. eine Berufsausbildung.
Die nachfolgende Liste gibt einen Überblick über
Einrichtungen freier Träger der Jugendhilfe, in
denen auch Schuldistanzierte sinnvoll beschult
werden können50.
Ansprechperson
Claude Vantard
Tel./Fax
Einrichtungen
992886 0/12 Tagesgruppe mit der
Bruno BettelheimGrundschule
Tagesgruppe mit der
Jean-Piaget-Oberschule
Hellersdorf
Tandem BQG
Hohensaatener Str. 8 -10,
Gemeinnützige
12679 Berlin
Beschäftigungsund
Qualifizierungsgesellschaft mbH
Frau Schiganow
93663323/25 Tandem Tagesgruppe
an der Oberschule am
Landsberger Tor
Marzahn
Schultz-HenckeHeime
Lerntherapeutische Projekte
Tannenhof
BerlinBrandenburg
e. V.
Schlangenbader Str. 21,
14197 Berlin
Herr Patze
723209211
drei teilstationäre
Einrichtungen in Berlin
Alt-Lichtenrade 113 115, 12309 Berlin
Frau Cirmis
27018789
27018780
drei laufende
Tagesgruppen für
Grundschulen
Im Domstift 20,
12309 Berlin
Frau
Schönnebeck
7462041
74683282
Die Reduzierung von Schuldistanz ist jedoch in erster Linie Aufgabe der Schule. Projekte von Freien Trägern
der Jugendhilfe für Schuldistanzierte müssen und werden die Ausnahme bleiben.
72
Name des
Trägers
SchultzHencke-Haus
Berlin
Jugendaufbauwerk Berlin
(JAW)
Adresse
Ansprechperson
Tel./Fax
Neupetersdorf 11 a,
23744 Schöneweide
Frau Dürrkopp
Königsallee 47,
14193 Berlin
Frau Wauschkuhn
eine vollstationäre
und vier teilstationäre
Einrichtungen in Berlin
89669355/377 Lernprojekt Courage
Lernprojekt Horizont
für die Oberschule
PestalozziFröbel-Haus
Karl-Schrader-Str. 7/8,
10781 Berlin,
Mariannenplatz 3,
10997 Berlin
Mittenwalder Str. 6,
10961 Berlin
Frau Stadie
21730185
Karl Antony
6153561
Herr Schmitt
69032655/90
Allgemeine
Jugendberatung e. V.
(ajb)
ALEP e. V.
Gesellschaft
zur Förderung
angewandter
Jugendforschung
Pfefferwerk
Stadtkulturgesellschaft
8024361
zwei Tagesgruppen
4428032
442709
Fehrbelliner Str. 92
10119 Berlin
44383415
74778109
zwei Tagesgruppen
für 4. - 6. Klasse
(Rabennest),
eine Tagesgruppe für
1. - 3. Kl. (Igel)
Schulmotivationsprojekt
nach § 13 SGB VIII,
zwei Kurse für je
sieben Jugendliche mit
der Möglichkeit eines
externen Hauptschulabschlusses
Frau Birk
Frau Beyer
In den Projekten können jeweils sieben bis neun
Schüler/innen betreut werden. Die Schulen stellen die dafür notwendige Lehrkraft sowie die
Räumlichkeiten zur Verfügung. Die Bürgerstiftung
Berlin51 finanziert eine halbe Stelle für einen Sozialpädagogen/eine Sozialpädagogin. Projektziel ist
die Reintegration der Schüler/innen in die Regelklassen der jeweiligen Schulen.
Jean-Piaget-Oberschule, Hellersdorf52
Mittenwalder Str. 5, 12629 Berlin
Telefon 9980793
Schulleiterin: Frau Lange
52
Mensaprojekt
Arbeiten und Lernen
Grundschulprojekt/
Oberschulprojekt
Primus
Havel 32 + JeanPiaget-OS)
Fischerhüttenstr. 44,
Frau Kunde
14163 Berlin
Immanuelkirchstr. 8 - 9, Frau Liljeberg
10405 Berlin
Schulen mit Projekten für schuldistanzierte junge Menschen
51
Einrichtungen
Rütli-Oberschule, Neukölln
Rütlistr. 41 - 45, 12045 Berlin
Telefon 68092425/2774, Fax 6134001
Schulleiterin: Frau Pick
Pommern-Oberschule, Charlottenburg
Sybelstr. 20 - 21, 10629 Berlin
Telefon 90292700, Fax 902927216
Schulleiter: Herr Hohn
Rudolf-Diesel-Oberschule, Wilmersdorf
Prinzregentenstr. 33, 10715 Berlin
Telefon 902922826, Fax 8535366
Schulleiterin: Frau Straub
Wilhelm-Busch-Schule, Wedding
Wiesenstr. 24, 13347 Berlin
Telefon 46905943, Fax 46905941
Schulleiter: Winfried Lukas
Vgl. Seite 74
Vgl. Seite 54 ff. Kooperation zwischen Schule und Jugendhilfe in Hellersdorf
73
Weitere nützliche Adressen
Stadt-als-Schule
Kontakt:
Reinhild Winkler,
Tucholskystr. 11, 10117 Berlin
Telefon 030 83228113, Fax 030 83228114
Aufgenommen werden Schüler/innen, die sich
bereits von der Schule entfernt haben und nun
doch versuchen wollen, an der Stadt-als-Schule
einen Schulabschluss zu erreichen. Für die Aufnahme an der Schule, die nur die Klassen 9 und
10 anbietet, müssen sich die Schüler/innen in ihrem persönlichen 9., 10. und 11. Schulbesuchsjahr befinden.
Ausführlich wird über die Stadt-als-Schule unter
„Schulen stellen sich vor“ (vgl. Seite 44) berichtet.
Institut für Produktives Lernen in Europa
Literaturliste (Auswahl)
Bürgerstiftung Berlin
Die Bürgerstiftung Berlin unterstützt u. a. die o. g.
Projekte für schuldistanzierte junge Menschen an
Berliner Oberschulen53.
An sieben Berliner Hauptschulen und fünf
Sonderschulen findet derzeit der Schulversuch
„Produktives Lernen“ statt, das das Institut für
Produktives Lernen in Europa durchführt. Grundlage dafür ist die Praxisprojektmethode, die bereits
bei „Stadt-als-Schule“ beschrieben wurde.
Kontakt:
Ingrid Böhm, Dr. Jens Schneider,
Karl-Schrader-Str. 6, 10781 Berlin
Telefon 030 21792-0, Fax 030 21792179
1. Artikel in Zeitschriften
Braun, Frank: Schulverweigerung - Jugendarbeitslosigkeit - Jugendobdachlosigkeit, in: Jugendsozialarbeit 1/2001, Seite 426 - 431.
Habermalz, Wilhelm: Geldbuße und Schulzwang
- die andere Seite der Schulpflicht, in: RdJB
2/2001, Seite 218 - 224.
Rademacker, Hermann: Schulsozialarbeit gegen soziale Ausgrenzung, 2002, unveröffentlichtes Skript.
Praxisforschungsprojekt „Coole Schule: Lust statt
Frust am Lernen“
Das Praxisforschungsprojekt „Coole Schule“ ist
eine Initiative des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge und der Deutschen Bank
Stiftung Alfred Herrhausen Hilfe zur Selbsthilfe.
Diese beiden Einrichtungen finanzieren derzeit fünf
verschiedene Projekte für Schuldistanzierte an
unterschiedlichen Standorten in Deutschland.
Das Projekt mit dem Standort Berlin wird von
TANDEM, einem freier Träger der Jugendhilfe,
in Kooperation mit einer Oberschule durchgeführt.
Kontakt:
Deutsche Bank Stiftung Alfred Herrhausen Hilfe
zur Selbsthilfe
Christian J. Stronk, 60262 Frankfurt Main
Telefon 069 720911, Fax 069 91038836
53
Vgl. Seite 73
74
Schreiber-Kittl, Maria: Konzepte und Maßnahmen
gegen Schulverweigerung, in: Recht der Jugend
und des Bildungswesens, 2/2001, Seite 225 - 238.
Thimm, Karlheinz: Schulverweigerung - Herausforderung für Schule und Soziale Arbeit, in: Soziale
Arbeit 1, 2002, Seite 9 - 16.
Warzecha, Birgit: Der schwierige Umgang mit den
„Schwierigen“ in: Zeitschrift für Heilpädagogik 1,
2002, Seite 14 - 17.
Wagner, Michael: Schulverweigerung am Beispiel
von Köln, Kurzfassung eines Vortrages von
November 2001, unveröffentlichtes Skript.
Wilmers, Nicola: Schwänzen als Problem, in: Report
Psychologie (27), 7, 2002.
2. Broschüren/Fachbücher
v. Bothmer u. a. (Hg.): Im Fokus: Schulverweigerung - Zur Qualität von Schule und Schulsozialarbeit, Bonn 2001.
Landesjugendamt/Rheinland (Hg.): Schulverweigerung - Dokumentation des Kongresses „Schule:
statt Pflicht - Flucht“, Bonn 1995.
Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit: Im
Fokus: Schulverweigerung, Bonn 2001.
Reißig, Birgit: Schulverweigerung - ein Phänomen
macht Karriere - Ergebnisse einer bundesweiten Erhebung bei Schulverweigerern, München
2001.
Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (Hg.): Schulverweigerung - Was tun?,
Info Nr. 34, Düsseldorf 2000.
Schreiber-Kittl, Maria: Lernangebote für Schulabbrecher und Schulverweigerer, Praxismodelle,
München 2000.
Katholische Jugendsozialarbeit: Schulverweigerung
- Was tun? (Einsichten - Erkenntnisse - Tendenzen), Düsseldorf 2000.
Schreiber-Kittl, Maria: Alles Versager? München
2000.
Ehmann, Christoph/Rademacker, Hermann: Schulversäumnisse und soziale Ausgrenzung, Abschlussbericht, Bonn 2002.
Katholische Jugendsozialarbeit: Villa Lampe - Soziales Netzwerk für junge Menschen, Heiligenstadt
2001.
Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen
(Hg.): Gewalterfahrungen, Schulschwänzen und
delinquentes Verhalten Jugendlicher in Rostock,
Hannover 2000.
Schreiber-Kittl, Maria/Schröpfer, Haike: Bibliographie Schulverweigerung, München 2000
Thimm, Karlheinz: Schulverdrossenheit und Schulverweigerung, Berlin, 1998.
Thimm, Karlheinz: Schulverweigerung - Zur Begründung eines neuen Verhältnisses von Sozialpädagogik und Schule, Münster, 2000.
Thimm, Karlheinz: Schulverdrossenheit und Schulverweigerung, Hintergründe und Lösungsansätze,
Göttingen 2000.
75