Schuldistanz - Schule und Krankheit
Transcription
Schuldistanz - Schule und Krankheit
Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport in Kooperation mit der Landeskommission Berlin gegen Gewalt Schuldistanz Eine Handreichung für Schule und Jugendhilfe Bildung und Jugend Impressum Herausgeber Vorsitzender der Landeskommission Berlin gegen Gewalt, Staatssekretär Thomas Härtel Beuthstr. 6 - 8, 10117 Berlin www.senbjs.berlin.de www.berlin-gegen-gewalt.de Die Handreichung wurde von der durch die Landeskommission Berlin gegen Gewalt eingesetzten Arbeitsgruppe „Schuldistanz“ erarbeitet. Mitglieder der Arbeitsgruppe waren: Sabine Geschwandtner, Heike Kaack, Monika Wessel, Dr. Peter Hübner, Horst Seidel, Klaus-Dieter Stephan (Senatsverwaltung für Bildung Jugend und Sport - Bereich Schule) Sigrid Karrasch, Ute Schönherr, Petra Vogelgesang, Günter Lütke (Senatsverwaltung für Bildung Jugend und Sport - Bereich Jugend) Elfriede Blenk (Schulpsychologischer Dienst) Siegfried Arnz, Guido Landreh (Schulleiter) Simone Kleeberg (Senatsverwaltung für Inneres) Christine Burck (Berliner Polizei) Günter Lewanzik (Büro des Beauftragten des Senats von Berlin für Integration und Migration) Isa Trippner (Jugendamt Friedrichshain - Kreuzberg) Margot Wichniarz Stephan Voß (Geschäftsstelle der Landeskommission Berlin gegen Gewalt) Redaktion und Bearbeitung Margot Wichniarz, Stephan Voß Die Redaktion behält sich vor, Beiträge von Fremdautor/innen zu kürzen und redaktionell zu überarbeiten. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion oder der Herausgeber wieder. Nachdrucke sind nur mit Quellenangabe gestattet und bedürfen der Zustimmung der Herausgeber und der Autor/innen. Gestaltung ITpro 1. Auflage, 5.300 August 2003 V. i. S. d. P. Stephan Voß Inhaltsverzeichnis Vorwort 3 Hinweise zur Handreichung 5 Begriffsbestimmung 7 Erscheinungsformen von Schuldistanz 7 Die Berliner Datenerfassung zur Schuldistanz - Ergebnisse 8 Ursachen von Schuldistanz 13 Prävention 15 Die Bedingungen für das Leben und Lernen in der Schule verändern 16 Inhaltliche und organisatorische Gestaltung des Unterrichts Besondere Förderung leistungsschwacher Schüler/innen Partizipation an der Gestaltung des Schullebens Verbesserung des Miteinanders durch mehr soziales Lernen 16 17 17 18 Mögliches Vorgehen im individuellen Fall 21 Zusammenarbeit mit den Eltern Die schulpsychologischen Beratungszentren als Partner bei der Prävention Zusammenarbeit mit der Jugendhilfe 22 23 23 Intervention 25 Mögliches Vorgehen im individuellen Fall 25 Zusammenarbeit mit den Eltern Die schulpsychologischen Beratungszentren als Partner bei der Intervention Kooperation mit der Jugendhilfe 26 27 27 Anhang 30 Schulen stellen sich vor 30 Vorbemerkung 30 Grundschulen Werbellinsee-Grundschule, Schönberg Grundschule am Blumenviertel, Pankow Franz-Schubert-Grundschule, Neukölln 30 30 32 34 Gesamtschulen Erasmus-von-Rotterdam-Oberschule, Hellersdorf Carl-von-Ossietzky-Oberschule, Kreuzberg 36 36 38 Hauptschulen Werner-Stephan-Oberschule, Tempelhof Heinz-Brandt-Oberschule, Pankow Stadt-als-Schule, Kreuzberg Jean-Piaget-Oberschule, Hellersdorf Johannes-Lindhorst-Oberschule, Reinickendorf 40 40 42 44 45 47 Sonderschulpädagogisches Förderzentrum - Förderschwerpunkte Lernen und Autismus Schule am Friedrichshain, Friedrichshain 48 48 Beispiele für gelungene Kooperation zwischen Schule und Jugendhilfe Das Projekt „Übergang“ Der „Arbeitskreis Schule - Jugendhilfe“ in Friedrichshain-Kreuzberg und die Clearing- und Beratungsstelle: Schuldistanz Kooperation zwischen Schule und Jugendhilfe in Hellersdorf 50 50 51 54 Kooperation zwischen Schule und Polizei 56 Durchsetzung der Schulpflicht - §§ 16 f. des Berliner Schulgesetzes 58 Wichtige Paragraphen aus dem Kinder- und Jugendhilfegesetz 60 Leistungsbeschreibungen der Berliner Kostensatzrahmenvereinbarung für den Jugendhilfebereich (Auszüge) 66 Musterkooperationsvereinbarung für Projekte mit schuldistanzierten jungen Menschen 68 Angebote für schuldistanzierte junge Menschen 72 Einrichtungen der Jugendhilfe für schuldistanzierte junge Menschen Schulen mit Projekten für schuldistanzierte junge Menschen Weitere nützliche Adressen Literaturliste (Auswahl) 72 73 74 74 Vorwort Vor dem Hintergrund einer bundesweit geführten Diskussion zum Thema „Schulschwänzen“ hat sich die Landeskommission Berlin gegen Gewalt im Herbst 2001 intensiv mit dem Problem von Schulversäumnissen auseinandergesetzt. Wir wollen verhindern, dass junge Menschen auf Grund von Schulversäumnissen keinen Schulabschluss erreichen und ihre Zukunftschancen gefährden. Eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe hat deshalb Ursachen des unentschuldigten Fernbleibens von der Schule analysiert und Maßnahmen zum Umgang mit Schuldistanz entwickelt. Berlin hat als erstes Bundesland eine umfassende Erhebung über das tatsächliche Ausmaß von Schulversäumnissen durchgeführt. Im 2. Schulhalbjahr 2001/2002 versäumten ca. 4000 Schüler/innen (1,3 %) in Berlin über 40 % des Unterrichts. Darüber hinaus fehlten 10.751 Schüler/innen zwischen 21 und 40 Tagen. Sie werden - dies lässt sich zumindest vermuten mehr oder weniger große Schwierigkeiten haben, die vorgegebenen Bildungsziele zu erreichen. Hauptsächlich betroffen sind die Haupt- und Sonderschulen. Hier finden wir mit 11 % bzw. 9,5 % die meisten Jugendlichen, die mehr als 21 bis und bis zu 40 Tage fehlten und mit 7,5 % bzw. 4,6 % die meisten, die mehr als 40 von 100 Tagen nicht in der Schule erschienen. Die Tatsache, dass ca. 30 % aller Hauptschüler/innen die Schule ohne Abschluss verlassen, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit auf das festgestellte Ausmaß von Schuldistanz zurückzuführen. Die Ursachen dafür, dass sich so viele Kinder und Jugendliche von der Schule distanzieren, sind vielfältig. Hierzu gehören das Elternhaus, das soziale Umfeld, die Clique, personenbezogene Faktoren und gesellschaftliche Entwicklungen. Auch die Gestaltung und Organisation des Schullebens spielt dabei eine Rolle. Gemeinsam müssen alle Beteiligten daran arbeiten, die Zahl der Schulverweigerer zu verringern. Zuerst stehen die Eltern in der Pflicht. Sie müssen die notwendigen Voraussetzungen für den regelmäßigen Schulbesuch ihrer Kinder schaffen und sie bei Schulproblemen nach besten Kräften zu unterstützen. Wo dies nicht gelingt, müssen Jugendhilfe und die Schule weiterhelfen. Das betrifft die Wiedereingliederung schuldistanzierter Kinder und Jugendlicher ebenso wie das Bemühen, Schuldistanz schon im Ansatz zu verhindern. Ich wende mich mit dieser Handreichung an Sie, an die Lehrerinnen und Lehrer, Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, Erzieherinnen und Erzieher. Sie wissen aufgrund Ihrer täglichen Arbeit besonders gut, wie geeignete Lernbedingungen und Lernvoraussetzungen für junge Menschen geschaffen werden können. Wir möchten Sie darin unterstützen, schuldistanzierten Kindern und Jugendlichen neue Freude am Schulbesuch zu vermitteln und den Eltern deutlich zu machen, dass es um nicht weniger als die Zukunftschancen ihrer Kinder geht. Wichtig ist es, genau hinzusehen und rechtzeitig zu handeln. Führt dies nicht zum gewünschten Erfolg, muss Eltern und Schülern die Konsequenzen ihres Verhaltens deutlich vor Augen geführt werden. Grenzen zu setzen, bietet in solchen Fällen Orientierung, schafft Klarheit für alle Beteiligten und gehört - auch zur Durchsetzung der Schulpflicht zum richtigen Umgang mit Schuldistanz. Ich weiß um die vielen täglichen Belastungen, die der pädagogische Beruf gerade auch im Umgang mit schwierigen Jugendlichen mit sich bringt. Gemeinsam sollten wir die Schule so gestalten, dass sie zu einem Lern- und Lebensort wird, den junge Menschen für sich gewinnen. Dies erfordert ein hohes Engagement aller Beteiligten sowie unterstützende administrative und bildungspolitische Rahmenbedingungen. 3 Dazu gehört, dass an Hauptschulen curricular und organisatorisch vorrangig praxisbezogene und berufsorientierte Maßnahmen für Schüler/innen entwickelt werden, wie dies im Entwurf für ein neues Schulgesetz vorgesehen ist. Sie alle möchte ich ermutigen, die Kooperation von Schule und Jugendhilfe weiter zu verbessern. Wirksame Strategien zur Verringerung von Schuldistanz können nur gemeinsam entwickelt und umgesetzt werden. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich weiterhin so viele junge Menschen von der Schule abwenden. 4 Wenn es gelingt, Schuldistanz im Rahmen geeigneter Präventions- und Interventionsstrategien auf ein Minimum zu reduzieren, profitieren davon alle Beteiligten. Dies wäre ein wesentlicher Beitrag zur Qualitätsentwicklung von Schule und Jugendhilfe. Klaus Böger Senator für Bildung, Jugend und Sport Hinweise zur Handreichung Eine Handreichung zum Thema Schuldistanz von mehr als 70 Seiten liegt vor Ihnen und Sie werden sich vielleicht fragen, ob wir uns nicht auch hätten kürzer fassen können. Wir sind jedoch zu der Überzeugung gelangt, dass wir diesem komplexen Thema nur gerecht werden, wenn wir einerseits dessen unterschiedliche und vielschichtige Aspekte darstellen und andererseits praxisrelevante Hinweise geben, die Ihnen bei der Entwicklung von Präventions- und Interventionsstrategien im Zusammenhang mit Schuldistanz helfen können. Damit Sie dennoch die Möglichkeit haben, sich, wenn nötig, schnell zu informieren, möchten wir Ihnen an dieser Stelle einen kurzen Überblick über den Inhalt der Handreichung geben: Im ersten Teil beschreiben wir zunächst einmal das Phänomen. Wir erläutern, warum wir uns für die Bezeichnung „Schuldistanz“ entschieden haben (vgl. Seite 7), in welchen Formen Schuldistanz erscheint (vgl. Seite 7) und auf welche Ursachen sie möglicherweise zurückzuführen ist (vgl. Seite 13). Außerdem informieren wir Sie über die Ergebnisse der Datenerhebung zur Schuldistanz (vgl. Seite 8). Dieser Teil der Handreichung bietet damit allen Beteiligten die Möglichkeit, ein gemeinsames Problemverständnis als Voraussetzung wirksamen Handelns zu entwickeln. Dies halten wir insbesondere deshalb für dringend notwendig, weil die Entwicklung geeigneter Präventions- und Interventionsstrategien nicht individuell, sondern nur in einem gemeinsamen Prozess innerhalb der Schule und zum Teil in Kooperation mit anderen Verantwortungsträgern möglich ist. Der Hauptteil der Broschüre umfasst zwei Bereiche, nämlich den der Prävention (vgl. Seite 15 ff.) von Schuldistanz und den der Intervention bei Schuldistanz (vgl. Seite 25 ff.). Im Zusammenhang mit der Prävention geht es um die Frage: Was können wir tun, damit Schuldistanz erst gar nicht entsteht? Im Hinblick auf die Entwicklung von Präventionskonzepten zum Umgang mit Schuldistanz geben wir Hinweise, wie das Thema Prävention von Schuldistanz von Schulen aufgegriffen werden kann. Wir beschreiben Möglichkeiten der Veränderung der Lernbedingungen an Schulen (vgl. Seite 16), geben Hinweise für das Vorgehen im Einzelfall (vgl. Seite 21), für Elterngespräche (vgl. Seite 22) und für die Kooperation mit den schulpsychologischen Beratungszentren (vgl. Seite 27) und der Jugendhilfe (vgl. Seite 27). Im Zusammenhang mit der Intervention geht es um die Frage: Was können wir tun, wenn Schüler/innen gelegentlich, häufiger, oder aber regelmäßig vom Unterricht fernbleiben? Die in der Handreichung gegebenen Hinweise zur Entwicklung eines Interventionskonzeptes, welches auf einer Bestandsaufnahme von Schuldistanz in der Schule fußen sollte, umfassen allgemeine Grundsätze bei der Intervention (vgl. Seite 25) ebenso wie mögliche Interventionsschritte im Einzelfall (vgl. Seite 25). Besondere Berücksichtigung findet in diesem Zusammenhang wiederum die Zusammenarbeit mit den Eltern (vgl. Seite 26), die als Erziehungsberechtigte eine besondere Verantwortung tragen, sowie mit den schulpsychologischen Beratungszentren und der Jugendhilfe (vgl. Seite 27 ff.). Im Anhang (vgl. Seite 30 ff.) der Handreichung haben wir für Sie eine Reihe von Informationen zusammengestellt, die aus unserer Sicht bei der Entwicklung von Präventions- und Interventionskonzepten im Zusammenhang mit Schuldistanz nützlich sind: Wir stellen Ihnen exemplarisch einige Schulen vor, die mittlerweile zu einem positiv besetzten Lernund Lebensort geworden sind und deren Praxis auch im Hinblick auf die Reduzierung von Schuldistanz beispielgebend sein kann (vgl. S. 30 ff.). Wir haben bei der Auswahl der Schulen darauf geachtet, verschiedene Schulformen zu berücksichtigen und weitgehend darauf verzichtet, Schulen vorzustellen, denen es möglich war oder ist, im Rahmen von Modellversuchen mit besonderen Formen der Organisation und Gestaltung des Unterrichtes zu experimentieren. Denn die Praxis dieser Schulen ist nicht ohne Weiteres auf die Regelschule zu übertragen. Auf Grund der besonderen Bedeutung der Kooperation von Schule und Jugendhilfe im Fall von Schuldistanz haben wir die wichtigsten Vorschriften des SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz - KJHG) (vgl. Seite 60 ff.) und bzgl. der Schulpflicht des Berliner Schulgesetzes (vgl. Seite 58 f.) in die Handreichung aufgenommen. Relevante Auszüge aus den Leistungsbeschreibungen der Berliner Kostensatzrahmenvereinbarung für den Jugendhilfebereich informieren Sie noch detaillierter über mögliche Leistungen der Jugendhilfe 5 (vgl. Seite 66 ff.). Um die Kooperation von Schule und Jugendhilfe im Bereich von Projekten für schuldistanzierte Kinder und Jugendliche verbindlich zu regeln, ist eine Musterkooperationsvereinbarung entwickelt und in die Handreichung aufgenommen worden (vgl. Seite 68 ff.). Eine Liste solcher Projekte haben wir ebenfalls für Sie zusammengestellt (vgl. Seite 72 f.). Einige weiterführende Überlegungen zum Thema Kooperation von Schule und Jugendhilfe im Fall von Schuldistanz können Sie dem Konzept für eine geplante „Multiprofessionelle Clearing- und Beratungsstelle Schuldistanz“ entnehmen (vgl. Seite 51 ff.). Da inzwischen auch die Kooperation von Schule und Polizei zunehmend an Bedeutung gewinnt - auch wenn diese sich nicht explizit auf das Thema Schuldistanz bezieht -, haben wir uns entschlossen, exemplarisch und im Sinne von bestpractice die Kooperationsvereinbarung zwischen der Heinrich-von-Stephan-Oberschule und der Polizeidirektion 3 abzudrucken (vgl. Seite 56 ff.). 6 Auf Grund offenbar bestehender Unsicherheiten bei der Durchsetzung der Schulpflicht (vgl. Seite 58 f.) greifen wir auch dieses Thema auf. Zur weiteren und vertiefenden Information über das Thema Schuldistanz haben wir eine Literaturliste erstellt (vgl. Seite 74 f.). Zur besseren Übersicht und weil Präventionsmaßnahmen einen ganz besonderen Stellenwert im Zusammenhang mit der Reduzierung von Schuldistanz haben, wird in dieser Handreichung - soweit dies möglich ist - die Darstellung präventiver und interventiver Maßnahmen deutlich voneinander getrennt. In der Praxis wird eine solche Trennung jedoch kaum durchzuhalten sein. Sie wird sich eher an einem Prävention und Intervention integrierenden Gesamtkonzept orientieren. Die Redaktion Begriffsbestimmung Im Hinblick auf die begriffliche Bestimmung des in dieser Handreichung beschriebenen Phänomens ist es von großer Bedeutung, das „Geschehen“ so neutral wie möglich zu benennen, um einerseits Stigmatisierungen zu vermeiden und andererseits den vielfältigen Faktoren gerecht zu werden, die dazu beitragen, dass sich Schüler/innen von der Schule entfernen - Faktoren, die zum Teil nicht in der subjektiven Verantwortlichkeit der Betroffenen liegen. Auf der beschreibenden Ebene kann von einer „Nicht-Passung zwischen Schule und Individuum“1 gesprochen werden. Diese Formulierung entspricht zwar den oben formulierten Anforderungen und erfasst auch Formen der Entfernung von der Schule, die sich bereits innerhalb von Schule entwickeln und bemerkbar machen. Für den allgemeinen Sprachgebrauch ist der Begriff „Nicht-Passung zwischen Schule und Individuum“ jedoch zu umständlich. Der Begriff „Schuldistanz“ dagegen ist neutral und nicht stigmatisierend. Außerdem ist er geeignet, die Formen schuldistanzierten Verhaltens sowohl innerhalb als auch außerhalb von Schule zu erfassen und somit die gesamte Spannbreite des Phänomens, soweit es die Schule betrifft, sichtbar werden zu lassen. Erscheinungsformen von Schuldistanz Schuldistanz erscheint in mehreren Stufen (s. Abb. 1). Sie beginnt bereits in der Schule. Zur leichteren Handhabbarkeit erhält jede Stufe eine eigene Bezeichnung. Beim Fernbleiben von der Schule ohne triftigen Grund kann es sich um unentschuldigtes und entschuldigtes Fehlen handeln. Entschuldigtes Fehlen von der Schule ohne triftigen Grund kann vorliegen, wenn berechtigte Zweifel an der Begründung für das Fehlen vorliegen. Die Übergänge zwischen den einzelnen Stufen sind fließend. Schuldistanz - Stufe 1 Entfernung (von der Schule) innerhalb von Schule Abbildung 1 Kennzeichen dafür können sein: sich unauffällig vom Unterricht abwenden (s. dazu S. 21) sich auffällig vom Unterricht abwenden (s. dazu S. 21) Schuldistanz - Stufe 2 Gelegentliches Fernbleiben ohne triftigen Grund2 3 Kennzeichen dafür können sein: zu spät kommen, den Klassenraum während des Unterrichts verlassen, Ausschluss vom Unterricht provozieren, Stunden versäumen, Stunden abhängen, gelegentlich einen Tag nicht zur Schule kommen, jedoch nicht mehr als 10 Tage pro Halbjahr. 1 2 3 Schuldistanz - Stufe 3 Regelmäßiges Fernbleiben ohne triftigen Grund Die Bezeichnung ist auf einen Vortrag von Herrn Dr. Thimm, Leiter der Landeskooperationsstelle Schule - Jugendhilfe in Brandenburg, zurückzuführen - gehalten am 1. März 2002 in der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport Die Bezeichnung „ohne triftigen Grund“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Im individuellen Fall ist zu entscheiden, ob die Gründe, die für das Fernbleiben von der Schule angegeben werden, nachvollziehbar akzeptiert werden können. Die Bezeichnungen der Stufen 2 - 4 orientieren sich am Rundschreiben Nr. 31/01 „Grundsätze zur Vermeidung, Feststellung und Behandlung von Schulverweigerung“ vom 2. November 2001, Gz.: 41.2/32.1, des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport, Potsdam. 7 Kennzeichen dafür können sein: 11 bis 20 Tage pro Halbjahr nicht zur Schule kommen. Schuldistanz - Stufe 4 Intensives regelmäßiges Fernbleiben ohne triftigen Grund Kennzeichen dafür können sein: 21 bis 40 Tage pro Halbjahr nicht zur Schule kommen, aber noch erscheinen. Schuldistanz - Stufe 5 Vollständiges Fernbleiben von der Schule Kennzeichen dafür können sein: Mehr als 40 Tage pro Halbjahr nicht mehr zur Schule kommen,Totalausstieg, (Schulausschluss) Die Berliner Datenerfassung zur Schuldistanz - Ergebnisse Wo wurde die Erhebung durchgeführt? In allen allgemeinbildenden Schulen Berlins von der 1. bis zur 10. Klasse (926 Schulen, ca. 14.000 Klassen und rd. 306.000 Schüler/innen) Wann wurde die Erhebung durchgeführt? gehen, wurde auf eine solche Unterscheidung (aus arbeitstechnischen Gründen) verzichtet. Angaben zu den Fehltagen nach verschiedenen Zeiträumen: 1 bis 10 Fehltage 11 bis 20 Fehltage Vom 19. Juni 2002 bis zum 3. Juli 2002 (Abgabetermin), Rücklaufquote 94,6 % 21 bis 40 Fehltage Schüler/innen mit hohem Gefährdungspotential im Hinblick auf Schuldistanz über 40 Fehltage gravierende Form von Schuldistanz Für welchen Zeitraum wurde die Erhebung durchgeführt? Zweites Schulhalbjahr 2001/2002 (ein Zeitraum von ca. 100 Unterrichtstagen) Welche Fehlzeiten wurden erfasst? Alle Schulversäumnisse in Tagen Dabei wurde nicht nach unentschuldigten und entschuldigten Fehltagen unterschieden. Vor dem Hintergrund, dass verschiedene Experten im Hinblick auf das Phänomen Schuldistanz von einer durchschnittlich normalen Fehlquote (z. B. durch Krankheit) von bis zu 10 % aus- 8 beobachtungswürdige Fälle von Schuldistanz durch die Schule Welche Merkmale wurden ausgewertet? Jungen und Mädchen Schüler/innen nichtdeutscher Herkunftssprache und Schüler/innen insgesamt Schularten Bezirke Die wesentlichen Ergebnisse im Überblick: Insgesamt 10.751 Schüler/innen (3,5 %) fehlen 21 bis 40 Tage und versäumen 20 % bis 40 % des Unterrichts. Insgesamt 4079 Schüler/innen (1,3 % aller Schüler/innen) fehlen mehr als 40 Tage und versäumen über 40 % des Unterrichts. In der Grundschule fehlen 3,2 %, in der Realschule 4,4 % und im Gymnasium 1,5 % der Schüler/innen mehr als 20 Tage und versäumen ca. 20 % und mehr des Unterrichts. Auch wenn diese prozentualen Zahlen weniger dramatisch sind als die für die anderen Schulformen verbirgt sich hinter ihnen eine Gesamtheit von 6.760 Schüler/innen. In der Hauptschule fehlen 18,5 % der Schüler/innen (2.712 Schüler/innen) mehr als 20 Tage und versäumen ca. 20 % und mehr des Unterrichts. In den Sonderschulen fehlen 14,1 % der Schüler/innen (2.007 Schüler/innen) mehr als 20 Tage und versäumen ca. 20 % und mehr des Unterrichts. In der Gesamtschule fehlen 6,8 % der Schüler/innen (3.351 Schüler/innen) mehr als 20 Tage des Unterrichts und versäumen ca. 20 % und mehr des Unterrichts. 4,2 % der Schüler/innen nichtdeutscher Herkunftssprache versäumen 21 bis 40 Schultage, 1,7 % versäumen mehr als 40 Schultage. Für Schüler deutscher Herkunftssprache betragen diese Zahlen 3,3 % (21 bis 40 Fehltage) bzw. 1,2 % (über 40 Fehltage). Jungen und Mädchen insgesamt weisen bei der Betrachtung aller Schularten und aller Klassenstufen bei Fehlzeiten von mehr als 40 Tagen und bei 21 bis 40 Fehltagen keine signifikanten Unterschiede auf. Im Hinblick auf die Fehlzeiten in verschiedenen Klassenstufen (alle Schüler/innen in allen Schularten) liegen die höchsten Werte bei den Fehlzeiten über 40 Tage in den Klassenstufen 7, 8 und 9, der höchste Wert liegt in der Klassenstufe 8. Die Auswertung der Fehltage nach Bezirken zeigt bei der Kategorie über 40 Fehltage, dass der Bezirk Neukölln den höchsten Wert mit 2,1 % aufweist. Das heißt, 2,1 % der Schüler/innen an Neuköllner Schulen fehlen über 40 Tage (597 Schüler/innen), den niedrigsten Wert weist der Bezirk Tempelhof-Schöneberg mit 0,8 % auf (233 Schüler/innen). In der Kategorie 21 bis 40 Fehltage weist der Bezirk Mitte mit 4,6 % (1.217 Schüler/innen) den höchsten Wert auf, dicht gefolgt von den Bezirken Friedrichshain-Kreuzberg (4,3 %), Neukölln (4,1 %) und Lichtenberg (4,0 %). Den niedrigsten Wert in diesem Bereich weist der Bezirk Steglitz-Zehlendorf mit 2,5 % auf (665 Schüler/innen). Schulversäumnisse nach Schularten4: Abbildung 1 9 Schulversäumnisse im 2. Schulhalbjahr 2001/02 Schüle rbe sta nd zu Be ginn de s Schulja hre s und Schüle r na ch Fe hlta ge n sow ie na ch Trä ge rn a) Schüler deutscher Herkunftssprache Träger Bes tand lt. ISTStatis tik Schüler ins ges am t lt. Erhebung in % vom abs olut Bes tand Aufgliederung der Schüler nach den Fehltagen keine Fehltage abs olut % 1-10 Fehltage abs olut % 11-20 Fehltage abs olut % 21-40 Fehltage abs olut % über 40 Fehltage abs olut % öffentlich 239.682 226.843 94,6 42.363 18,7 147.491 65,0 26.507 11,7 7.662 3,4 2.820 1,2 privat zus am m en 12.545 252.227 10.977 237.820 87,5 94,3 2.190 44.553 20,0 18,7 7.294 154.785 66,4 65,1 1.182 27.689 10,8 11,6 234 7.896 2,1 3,3 77 2.897 0,7 1,2 b) Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache Träger öffentlich privat zus am m en Bes tand lt. ISTStatis tik Schüler ins ges am t lt. Erhebung in % vom abs olut Bes tand Aufgliederung der Schüler nach den Fehltagen keine Fehltage abs olut % 1-10 Fehltage abs olut % 11-20 Fehltage abs olut % 21-40 Fehltage abs olut % über 40 Fehltage abs olut % 69.341 1.968 66.434 1.882 95,8 95,6 12.979 418 19,5 22,2 41.170 1.207 62,0 64,1 8.311 194 12,5 10,3 2.801 54 4,2 2,9 1.173 9 1,8 0,5 71.309 68.316 95,8 13.397 19,6 42.377 62,0 8.505 12,4 2.855 4,2 1.182 1,7 c) Schüler insgesam t Träger öffentlich privat zus am m en Bes tand lt. ISTStatis tik Schüler ins ges am t lt. Erhebung in % vom abs olut Bes tand Aufgliederung der Schüler nach den Fehltagen keine Fehltage abs olut % 1-10 Fehltage abs olut % 11-20 Fehltage abs olut % über 40 Fehltage abs olut % 21-40 Fehltage abs olut % 309.023 14.513 293.277 12.859 94,9 88,6 55.342 2.608 18,9 20,3 188.661 8.501 64,3 66,1 34.818 1.376 11,9 10,7 10.463 288 3,6 2,2 3.993 86 1,4 0,7 323.536 306.136 94,6 57.950 18,9 197.162 64,4 36.194 11,8 10.751 3,5 4.079 1,3 Schülerbestand zu Beginn des Schuljahres und Schüler nach Fehltagen sowie nach Schularten a) Schüler insgesamt Schulart Bestand lt. IST-Statistik Schüler insgesamt lt. Erhebung in % vom absolut Bestand Aufgliederung der Schüler nach den Fehltagen keine Fehltage absolut % 1-10 Fehltage absolut % 11-20 Fehltage absolut % 21-40 Fehltage absolut % über 40 Fehltage absolut % Grundschule Hauptschule 159.467 15.128 152.242 14.601 95,5 96,5 29.571 1.750 19,4 12,0 101.329 7.417 66,6 50,8 16.494 2.722 10,8 18,6 3.969 1.613 2,6 11,0 879 1.099 0,6 7,5 Realschule Gymnasium 29.666 53.538 28.086 48.146 94,7 89,9 5.051 11.319 18,0 23,5 18.266 32.496 65,0 67,5 3.559 3.629 12,7 7,5 941 608 3,4 1,3 269 94 1,0 0,2 Gesamtschule 1) 50.571 48.799 96,5 7.924 16,2 30.416 62,3 7.108 14,6 2.265 4,6 1.086 2,2 Sonderschulen Insgesamt 15.166 323.536 14.262 306.136 94,0 94,6 2.335 57.950 16,4 18,9 7.238 197.162 50,8 64,4 2.682 36.194 18,8 11,8 1.355 10.751 9,5 3,5 652 4.079 4,6 1,3 b) Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache Schulart Grundschule Hauptschule Bestand lt. IST-Statistik 43.845 4.816 Schüler insgesamt lt. Erhebung in % vom absolut Bestand 42.242 4.791 96,3 99,5 Aufgliederung der Schüler nach den Fehltagen keine Fehltage absolut % 1-10 Fehltage absolut % 11-20 Fehltage absolut % 21-40 Fehltage absolut % über 40 Fehltage absolut % 8.830 549 20,9 11,5 27.123 2.403 64,2 50,2 4.686 910 11,1 19,0 1.283 553 3,0 11,5 320 376 0,8 7,8 Realschule 5.021 4.864 96,9 960 19,7 3.054 62,8 639 13,1 172 3,5 39 0,8 Gymnasium Gesamtschule 1) 5.931 9.000 5.257 8.583 88,6 95,4 1.364 1.342 25,9 15,6 3.382 5.201 64,3 60,6 412 1.324 7,8 15,4 86 476 1,6 5,5 13 240 0,2 2,8 2.696 2.579 95,7 352 13,6 1.214 47,1 534 20,7 285 11,1 194 7,5 71.309 68.316 95,8 13.397 19,6 42.377 62,0 8.505 12,4 2.855 4,2 1.182 1,7 Sonderschulen Gesamtergebnis 1) Gesamtschule einschließlich Freie Waldorfschule und kombinierte allgemeinbildende Schulen 10 Schülerbestand zu Beginn des Schuljahres und Schüler nach Fehltagen sowie nach Bezirken a) Schüler insgesamt Bezirk Mitte Friedrichshain-Kreuzberg Pankow Charlottenburg-Wilmersdorf Spandau Steglitz-Zehlendorf Tempelhof-Schöneberg Neukölln Treptow-Köpenick Marzahn-Hellersdorf Lichtenberg Reinickendorf Berlin insgesamt Bestand lt. IST-Statistik 28.632 22.261 28.883 25.169 21.556 28.713 29.001 29.869 21.562 33.935 27.354 26.601 323.536 Schüler insgesamt lt. Erhebung in % vom absolut Bestand 26.555 20.776 27.387 22.847 21.264 26.110 28.498 28.732 21.268 32.781 26.808 23.110 306.136 92,7 93,3 94,8 90,8 98,6 90,9 98,3 96,2 98,6 96,6 98,0 86,9 94,6 Aufgliederung der Schüler nach den Fehltagen keine Fehltage absolut % 4.212 15,9 3.214 15,5 5.533 20,2 3.581 15,7 4.003 18,8 5.511 21,1 4.953 17,4 4.436 15,4 5.053 23,8 7.394 22,6 5.754 21,5 4.306 18,6 57.950 18,9 1-10 Fehltage absolut % 17.079 64,3 13.448 64,7 17.201 62,8 15.504 67,9 14.146 66,5 17.124 65,6 19.598 68,8 18.917 65,8 13.163 61,9 19.730 60,2 16.099 60,1 15.153 65,6 197.162 64,4 keine Fehltage absolut % 2.519 18,3 1.499 16,1 372 26,5 1.085 17,7 1.067 22,5 810 22,7 1.759 21,1 2.008 16,8 271 33,8 485 27,3 711 25,2 811 22,0 13.397 19,6 1-10 Fehltage absolut % 8.657 62,8 5.985 64,3 730 52,0 3.849 62,9 2.968 62,5 2.212 62,1 5.307 63,6 7.625 63,8 376 46,9 965 54,3 1.479 52,3 2.224 60,3 42.377 62,0 11-20 Fehltage absolut % 3.589 13,5 2.866 13,8 3.405 12,4 2.702 11,8 2.271 10,7 2.555 9,8 2.873 10,1 3.611 12,6 2.225 10,5 3.962 12,1 3.491 13,0 2.644 11,4 36.194 11,8 21-40 Fehltage absolut % 1.217 4,6 884 4,3 950 3,5 779 3,4 617 2,9 665 2,5 841 3,0 1.171 4,1 619 2,9 1.247 3,8 1.059 4,0 702 3,0 10.751 3,5 über 40 Fehltage absolut % 458 1,7 364 1,8 298 1,1 281 1,2 227 1,1 255 1,0 233 0,8 597 2,1 208 1,0 448 1,4 405 1,5 305 1,3 4.079 1,3 b) Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache Bezirk Mitte Friedrichshain-Kreuzberg Pankow Charlottenburg-Wilmersdorf Spandau Steglitz-Zehlendorf Tempelhof-Schöneberg Neukölln Treptow-Köpenick Marzahn-Hellersdorf Lichtenberg Reinickendorf Berlin insgesamt Bestand lt. IST-Statistik 14.145 10.044 1.406 6.482 4.880 3.818 8.402 12.198 807 1.841 2.870 4.416 71.309 Schüler insgesamt lt. Erhebung absolut 13.782 9.311 1.405 6.122 4.746 3.562 8.347 11.949 801 1.778 2.826 3.687 68.316 in % vom Bestand 97,4 92,7 99,9 94,4 97,3 93,3 99,3 98,0 99,3 96,6 98,5 83,5 95,8 Aufgliederung der Schüler nach den Fehltagen 11-20 Fehltage absolut % 1.778 12,9 1.261 13,5 192 13,7 798 13,0 509 10,7 402 11,3 886 10,6 1.511 12,6 106 13,2 213 12,0 393 13,9 456 12,4 8.505 12,4 21-40 Fehltage absolut % 604 4,4 390 4,2 77 5,5 276 4,5 150 3,2 103 2,9 301 3,6 543 4,5 33 4,1 86 4,8 162 5,7 130 3,5 2.855 4,2 über 40 Fehltage absolut % 224 1,6 176 1,9 34 2,4 114 1,9 52 1,1 35 1,0 94 1,1 262 2,2 15 1,9 29 1,6 81 2,9 66 1,8 1.182 1,7 11 Schulversäumnisse nach Schularten (Schüler/innen insgesamt und Schüler/innen nichtdeutscher Herkunftssprache NdH): Grundschule Hauptschule Realschule Gymnasium Gesamtschule über 40 Fehltage Sonderschule 21-40 Fehltage 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 % der Schüler nach Fehltagen Abbildung 2 Schulversäumnisse nach Bezirken: Abbildung 3 Grundschule Hauptschule Realschule Gymnasium Gesamtschule Insgesamt Sonderschule NdH 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 % der Schüler nach Fehltagen 4 Die senkrechte Linie in der Grafik gibt die Gesamtzahl der Schülerinnen und Schüler in % an, die mehr als 20 Tage des Unterrichtes in einem Halbjahr versäumt haben - 4,8 %. Dies gilt auch für beiden anderen Grafiken auf den Seiten 12 und 13. 12 Ursachen von Schuldistanz Mitte Friedrichshain-Kreuz Pankow Charlottenburg-Wilme Spandau Steglitz-Zehlendorf Tempelhof-Schöneberg Neukölln Treptow-Köpenick Marzahn-Hellersdorf Lichtenberg über 40 Fehltage Reinickendorf 21-40 Fehltage 0 1 2 3 4 5 6 7 % der Schüler nach Fehltagen Die Ursachen für Schuldistanz sind sehr unterschiedlich und in verschiedenen Bereichen zu suchen, die miteinander in mehr oder weniger enger Verbindung stehen. So unterscheiden sich die Motive und Gründe von Schüler/innen, sich von der Schule entfernen, beträchtlich. Es ist deshalb davon auszugehen, dass ein ganzes Ursachenbündel zur Erklärung der Entwicklung von Schul- distanz betrachtet werden muss und eine Vielzahl von Faktoren zusammenwirken (vgl. Abbildung 4), bis aus gelegentlichem Fehlen regelmäßiges wird oder die Schülerin/der Schüler sich sogar ganz von der Schule abwendet. Abbildung 4 Risikofaktoren im sozialen Umfeld und in der Familie5: Familie und soziales Umfeld Schule Schuldistanz Clique Gesellschaft personennahe Faktoren 13 Eltern sind bei der Erziehung ihrer Kinder aus unterschiedlichen Gründen (berufliche Überlastung, große finanzielle Schwierigkeiten, Arbeitslosigkeit, persönliche Schwierigkeiten, mangelnde Erziehungskompetenz) überfordert, sie können den Bildungsprozess ihres Kindes nicht den Erfordernissen entsprechend unterstützen, Eltern haben eine zwiespältige bzw. negative Einstellung zur Schule, sie dulden das Fernbleiben ihres Kindes, in der Familie liegen gravierende Beziehungsprobleme vor (z. B. Trennung, Inhaftierung, Tod etc.), Kinder übernehmen in der Familie die Aufgaben von Erwachsenen (Hausarbeiten, Sorge für Geschwister oder die eigenen Eltern), es liegen Missbrauch und/oder häusliche Gewalt vor, Eltern halten ihre Kinder fest, wollen sie nicht loslassen, sehen in der notwendigen Ablösung ihres Kindes vom Elternhaus eine Bedrohung. Personennahe Risikofaktoren Es liegen Behinderungen, Teilleistungsstörungen etc. vor, Schüler/innen - haben ein stark ausgeprägtes MisserfolgsSelbstkonzept, - sind leicht kränk- und verletzbar, haben wenig Frustrationstoleranz, - haben Probleme bei der Bearbeitung von Konflikten (mangelnde Konfliktfähigkeit), - haben Schwierigkeiten mit der Selbstorganisation (z. B. im Hinblick auf Arbeitsabläufe, Kontinuität, Pflichten, Konzentration), - gebrauchen Drogen, - wollen durch das Fehlen auf ein anderes Problem aufmerksam machen, - haben Angst vor Leistungsversagen, vor anderen Schüler/innen, vor Lehrkräften etc., - können keinen Sinn bzw. persönlichen Gewinn in schulischem Lernen erkennen. Risikofaktoren in der Jugendkultur/Clique 5 Gemeinsames Fehlen stärkt den Zusammenhalt in der Clique, Fehlen kann einen Mutbeweis bedeuten und dadurch einen Statusgewinn bewirken, die Grenzüberschreitung wird als Abenteuer erlebt, die Entfernung von Schule wird als Abgrenzung/Loslösung vom Elternhaus bzw. den Erwachsenen betrachtet, es herrscht eine „Null-Bock“-Stimmung, die dadurch noch erhöht wird, dass die Zukunftsaussichten für junge Menschen heute schwieriger denn je sind, schulferne Tätigkeitsmöglichkeiten werden als attraktiver/lustbringender erlebt. Risikofaktoren in der Gesellschaft Orientierungsverlust und -losigkeit durch das Fehlen allgemeinverbindlicher Werte, geringe Aussichten auf einen (attraktiven) Arbeitsplatz, u. a. durch niedrige Schulabschlüsse, zunehmende Individualisierung, die abseits der mit ihr verbundenen Chancen jungen Menschen auch Probleme bereitet, die Attraktivität einer Fun-Gesellschaft, einer Kultur des sich Gehen-Lassens verbunden mit mangelnder Anstrengungsbereitschaft, der Stellenwert und die Bedeutung schulischer Bildung werden nicht ausreichend sichtbar gemacht und ernst genommen, durch die Medien wird die Entwicklung irrealer Lebensvorstellungen begünstigt. Risikofaktoren in der Institution Schule Die Problemfelder innerhalb von Schule beziehen sich im Wesentlichen auf drei Aspekte, die in enger Verbindung miteinander stehen, und zwar auf die Struktur schulischen Lernens, die Partizipationsmöglichkeiten innerhalb von Schule und die Beziehungsebene. Probleme in der Struktur schulischen Lernens6 Zusammenstellung orientiert an Dr. Thimm, in: Schulverdrossenheit und Schulverweigerung. Seite 70 ff. 14 Leistungsdruck, Versagensängste, erfolgloses Lernen, schlechte Zensuren, Klassenwiederholungen, Herunterstufung in eine geringerwertige Schulform, falsche Schulform, nicht bewältigte Übergänge, keine Aussicht auf guten Schulabschluss, Anpassungsforderungen, Unterricht ist aufgrund sich wiederholender Abläufe langweilig, schulische Bildungsinhalte werden als bedeutungslos bzw. sinnlos empfunden, schulisches und außerschulisches Leben und Lernen sind getrennt, Lernen hat zu wenig mit den Interessen und den Lebenslagen der Schüler/innen zu tun, schulisches Lernen hat zu wenig gegenwärtigen Gebrauchswert. Probleme auf der Beziehungsebene7 Probleme zwischen Schüler/innen und Schüler/innen - Schüler/innen sind nicht in die Klassengemeinschaft eingebunden, - Schüler/innen haben Probleme mit einzelnen anderen Schüler/innen bzw. Gruppen, sie werden gehänselt, geschlagen, gemobbt, ausgegrenzt Probleme zwischen Schüler/innen und Lehrkräften Probleme zwischen Lehrkräften Probleme zwischen Lehrkräften und Eltern Probleme auf der Ebene der Partizipation Schüler/innen haben zu wenig Möglichkeiten bzw. Rechte, an der Gestaltung ihrer Schule mitzuwirken. Prävention 6 7 Vor dem Hintergrund der dargestellten, die Entwicklung von Schuldistanz verursachenden bzw. begünstigenden Faktoren (vgl. Ursachen von Schuldistanz, Seite 13) geht es unter dem Aspekt der Prävention von Schuldistanz - soweit Schule selbst Einfluss nehmen kann - ganz allgemein darum, Schule so zu gestalten, dass Schuldistanz möglichst gar nicht entsteht. Es gilt, Anzeichen für eine eventuelle Entfernung von der Schule innerhalb von Schule (vgl. Erscheinungsformen von Schuldistanz, Stufe 1, Seite 7) frühzeitig wahrzunehmen und mit sinnvollen pädagogischen Maßnahmen darauf zu reagieren. Prävention in diesem Sinne zu gestalten, setzt zunächst die Bereitschaft voraus, sich mit dem Thema Schuldistanz auseinander zu setzen und im Rahmen der schulischen Gremien (u. a. Gesamtkonferenz, Schulkonferenz, Gesamtelternvertretung) einen längerfristig angelegten Diskussionsprozess mit dem Ziel zu organisieren, bei Bedarf ein Präventionskonzept zu entwickeln. Dabei sind u. a. folgende Fragestellungen von Bedeutung: Sind Veränderungen des Unterrichts notwendig und wie sind sie zu realisieren? Sollte das soziale Miteinander in der Schule verbessert werden? Sollten mehr Partizipationsmöglichkeiten für Schüler/innen, Lehrer/innen und Eltern geschaffen werden? Sollte die Zusammenarbeit mit Eltern verbessert werden? Sollte die Kooperation mit außerschulischen Einrichtungen, wie z. B. dem Jugendamt, entwickelt bzw. weiter entwickelt werden? Werden Informationen zum Thema Schuldistanz benötigt? Besteht Fortbildungsbedarf zum Thema Schuldistanz? Wie können im Hinblick auf Schuldistanz zu ergreifende Präventionsmaßnahmen evaluiert werden? Die Bedingungen für das Leben und Lernen in der Schule verändern Vollständigkeit ist nicht beabsichtigt. Vollständigkeit ist nicht beabsichtigt. 15 Die im Folgenden dargestellten Vorschläge zur Prävention von Schuldistanz lassen sich von dem Gedanken leiten, dass es Aufgabe der Schule ist, Kinder und Jugendliche anregend dabei zu unterstützen, ihre wertvollen Anlagen zur vollen Entfaltung zu bringen, ein Höchstmaß an Urteilskraft und Können zu entwickeln und gründliches Wissen zu erwerben. Das Bildungsangebot ist dabei so zu gestalten, dass die vielfältigen individuellen Lerninteressen von Kindern und Jugendlichen berücksichtigt werden und sie sich darüber hinaus angesprochen fühlen, es wahrzunehmen und mit zu gestalten. Präventionsmaßnahmen sollten sich vor diesem Hintergrund auf die inhaltliche und organisatorische Gestaltung des Unterrichts, die besondere Förderung von leistungsschwachen Schüler/innen, die Möglichkeiten der Partizipation an der Gestaltung des Schullebens sowie auf die Verbesserung des Miteinanders durch mehr soziales Lernen beziehen. Etliche Schulen durchlaufen - teilweise seit längerem - einen Entwicklungsprozess, in dem die in dieser Handreichung vorgeschlagenen Präventionsmaßnahmen bereits in unterschiedlichem Maße Berücksichtigung gefunden haben (vgl. hierzu die entsprechenden Beispiele im Anhang, Seite 30 ff.). Dabei geht es diesen Schulen u. a. darum, ihre Schulkultur so zu gestalten, dass sie sich durch die Bereitschaft zum Dialog innerhalb des Kollegiums mit den Schüler/innen, den Eltern und mit außerschulischen Einrichtungen auszeichnet, Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler sowie Eltern zur aktiven Beteiligung am Schulleben zu ermutigen, ein möglichst angstfreies Schulklima zu schaffen, in dem Kinder gern lernen, den Unterricht so zu gestalten, dass alle Kinder die Lern- und Leistungsanforderungen möglichst erfolgreich bewältigen, eine Lernkultur zu etablieren, die die Entwicklung von Ich-, Sozial, Methoden- und Sachkompetenz unterstützt und in der Schüler/innen mehr Verantwortung für ihren Lernprozess übernehmen können, 16 den Problemen und Konflikten ihrer Schüler/innen in ihrer pädagogischen Arbeit besondere Aufmerksamkeit zu widmen, Maßnahmen mit dem Ziel zu etablieren, dass sich alle Kinder integriert fühlen, die Weiterentwicklung der pädagogischen Qualifikationen des Kollegiums zu ermöglichen. Wenn es gelingt, diese eher programmatischen Überlegungen zu konkretisieren und in die schulische Praxis umzusetzen, wird dies dazu beitragen, dass Kinder und Jugendliche gern in die Schule gehen. In einem gegebenenfalls zu entwickelnden Präventionskonzept Schuldistanz sollten sie deshalb eine zentrale Rolle spielen. Inhaltliche und organisatorische Gestaltung des Unterrichts Um der Entstehung von Schuldistanz vorzubeugen, sollte Schule durch die inhaltliche und organisatorische Gestaltung des Unterrichtes erfolgreiches und persönlich bedeutsames Lernen ermöglichen und die individuelle Förderung wesentlich stärker als bisher in den Vordergrund pädagogischen Handelns stellen. Ziele und Inhalte von Unterricht: Lernziele und -inhalte - orientieren sich an den individuell unterschiedlichen Lernvoraussetzungen der einzelnen Schülerin, des einzelnen Schülers, d. h., die Anforderungen werden differenziert, so dass persönlich erfolgreiches Lernen ermöglicht wird, Inhalte - berücksichtigen die Interessen/Bedürfnisse der Schüler/innen, - haben Gegenwartsbezug, - tragen zur gegenwärtigen Lebensbewältigung bei, - werden als persönlich sinnvoll/bedeutungsvoll empfunden, Ernstfallpädagogik, z. B. durch Schülerfirmen Ernstsituationen für persönlich bedeutsames Lernen schaffen Schüler/innen - lernen das „Selbstregulierte Lernen“ (s. PISA), - übernehmen Verantwortung für ihren Lernprozess, - teilen ihre Lernzeit ihren individuellen Bedürfnissen entsprechend selbst ein, - kontrollieren ihre Arbeitsergebnisse selbst, - lernen das Lernen und erwerben so Methodenkompetenz. Organisation von Unterricht: Veränderte Lernformen z. B. - Tages- und Wochenplanarbeit, - handlungsorientierter Unterricht, - Projektunterricht und - Experimentierräume ermöglichen es ebenfalls, das Lernen zu lernen. Besondere Förderung leistungsschwacher Schüler/innen Dauerhafte Misserfolge, die sich u. a. in schlechten Zensuren oder auch im mehrmaligen Wiederholen einzelner Klassenstufen niederschlagen, können gerade auch bei älteren Schüler/innen in Verbindung mit als mangelhaft eingeschätzten beruflichen Perspektiven zu nachhaltiger Demotivation und dazu führen, dass sich Schüler/innen zunächst innerlich von der Schule abwenden. Einer solchen „inneren Emigration“ folgt dann nicht selten gelegentliches unerlaubtes Fernbleiben und am Ende der Spirale das vollständige Fernbleiben von der Schule. Solche Prozesse können auf der individuellen Ebene der Schüler/innen zu einem Mangel an Selbstwertgefühl und zu einem negativen Selbstbild mit der Folge beitragen, dass Schüler/innen sich innerlich immer weiter zurückziehen, sich nichts mehr zutrauen und schließlich aufgeben. Sie arbeiten am Unterricht nicht mehr mit und versuchen, diese Situation auf die unterschiedlichste Art und Weise zu kompensieren. Gelingt dies nicht bzw. führt dies zu weiteren Problemen und zu Konflikten, wird der Prozess der „inneren Emigration“ weiter verstärkt. Es entwickeln sich Verhaltensauffälligkeiten, mitunter auch aggressive Verhaltensweisen, die aus einem/einer leistungsschwachen Schüler/in zusätzlich eine/n verhaltensauffällige/n Schüler/in machen. Solche Schüler/innen verweigern sich oftmals gut gemeinten Angeboten der Schule und erwecken auch dadurch den Eindruck, sich der Schule zu verweigern mit der Folge, dass auch die Kommunikation zwischen Lehrkräften und Schüler/innen besonderen Belastungen ausgesetzt ist. Solche Schüler/innen, die nicht selten aus bildungsfernen Elternhäusern kommen, die nicht in der Lage oder willens sind, ihre Kinder in ausreichendem Maße zu fördern, brauchen besondere Unterstützung und Förderung und es ist eine zentrale Aufgabe von Schule, die unterschiedlichen Lernvoraussetzungen auszugleichen sowie Prozesse der „inneren Emigration“ frühzeitig zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren. In diesem Zusammenhang kommt es einerseits darauf an, Schüler/innen Wege aufzuzeigen, die aus dem Teufelskreis von Selbststigmatisierung und Stigmatisierung herausführen und ihre Potentiale und Ressourcen verstärkt zur Geltung kommen lassen. Andererseits können die oben dargestellten Veränderungen der inhaltlichen Gestaltung des Unterrichtes über notwendige Gespräche und Absprachen mit den Schüler/innen und den Eltern (vgl. Seiten 22 und 26) und z. B. die Organisation von Nachhilfe hinaus einen wichtigen Beitrag zur Förderung und Unterstützung der Schülerinnen leisten. Partizipation an der Gestaltung des Schullebens Eine positive Identifikation von Schülerinnen und Schülern mit der Schule als Lern- und Lebensort setzt voraus, dass sie sich in einem möglichst hohem Maße an der Gestaltung des Schullebens beteiligen können. Partizipation könnte im Schulalltag bedeuten, alle am Schulleben Beteiligten an Informations- und Entscheidungsprozessen mitwirken zu lassen, Schüler/innenparlamente zum Einüben von demokratischen Handlungsmöglichkeiten einzurichten, in denen Kinder und Jugendliche lernen - sich einzumischen und ihre Rechte wahrzunehmen, - Eingaben zu machen, Interessen zu vertreten und - gemeinsam mit den Erwachsenen Themen und Konflikte zu bearbeiten, mit allen am Schulleben Beteiligten gemeinsam Schulregeln zu entwickeln, die sowohl für die Kinder/Jugendlichen als auch für die Erwachsenen gelten, Schulregeln kontinuierlich auf ihre Sinnhaftigkeit hin zu überprüfen und ggf. zu ändern, 17 viele Informationen über andere Menschen zu erhalten/viele Erfahrungen mit anderen Menschen zu teilen: - weltliche und religiöse Feste zu feiern, - regelmäßige Begegnungen mit Kindern und Jugendlichen aus anderen Schulen und anderen Lebenszusammenhängen zu organisieren, - Veranstaltungen durchzuführen, bei denen die Kinder/Jugendlichen ihre Fähigkeiten vielen anderen zeigen können (z. B. Theateraufführungen, Präsentationen von Arbeitsergebnissen etc.), - mit außerschulischen Personen zu kooperieren (z. B. mit Eltern, Jugend- und Kultureinrichtungen, mit Menschen unterschiedlicher Berufsgruppen etc.), mit Kindern und Jugendlichen Möglichkeiten zur Eigeninitiative und zur Übernahme von Verantwortung zu schaffen, entwicklungsgerechte Mitwirkungs- und Entscheidungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche zu schaffen (z. B. Konfliktlotsen), Schülerfirmen einzurichten.8 Verbesserung des Miteinanders durch mehr soziales Lernen Gelungene soziale Beziehungen zwischen Schüler/innen und Lehrkräften sowie Schüler/innen und Schüler/innen sind eng mit schulischem Erfolg verbunden. Auf Lernmotivation und Schulleistung wirkt sich positiv aus, wenn Schüler/innen in eine Klassengemeinschaft eingebunden sind und sich in der Schule wohl und sicher fühlen. Dies belegen diverse Untersuchungen.9 Schüler/innen sind nicht nur Englisch-Lerner, sie sind Menschen mit unterschiedlichen Gefühlen, Bedürfnissen, Wünschen, Interessen, Erfahrungen, Problemen, die 8 sie nicht einfach vor der Klassenzimmertür abgeben können. Die gesamte Persönlichkeit eines Menschen, und nicht nur ein Teil von ihr, hat Bedeutung für erfolgreiches Lernen. Deswegen muss die Schule dem sozialen Leben und Lernen in der Schule einen wesentlich größeren Stellenwert einräumen als dies bisher der Fall ist. Sie muss den sozialen Lernprozess gezielt und kontinuierlich unterstützen und zwar sowohl in Verbindung mit dem Fachunterricht als auch in eigens dafür vorgesehenen (Unterrichts-)zeiten. Möglichkeiten für das soziale Lernen in Verbindung mit dem Fachunterricht Die Grundlage für mehr soziales Lernen in Verbindung mit dem Fachunterricht beruht auf einem erweiterten Lernbegriff. Das bedeutet, dass das fachliche Lernen um die methodische, soziale und persönliche Dimension erweitert wird. Ziel ist die Entwicklung von Lern- und Lebenskompetenz, die durch die Entwicklung von SachMethoden-, Selbst- und Sozialkompetenz entsteht. Diese vier Teilkompetenzen stützen sich gegenseitig10 und sind untrennbar miteinander verbunden. Der Unterricht muss entsprechend vorbereitet, durchgeführt und nachbereitet werden. Abbildung 511 Derzeit gibt es an 65 Schulen in Verbindung mit dem Fach „Arbeitslehre“ Schülerfirmen. Schlüsselqualifikationen werden erworben, Verantwortungsbewusstsein entwickelt sich, ein erhöhtes Identifikationspotential mit der Schule entsteht. Das „Netzwerk Berliner Schülerfirmen“ bietet dazu ein ganzheitliches Lernarrangement für Schüler/innen der Sonderschulen für Lernbehinderte. 9 Siehe Marianne Horstkemper: Soziales Leben und Lernen - Platz dafür in der Leistungsschule, in: Soziales Lernen - Stiefkind in der Leistungsschule, Hg.: Landeskooperationsstelle Schule - Jugendhilfe, Brandenburg. 10 Siehe Äußere Differenzierung 5/6 - Impulse zur Förderung der individuellen Leistungsfähigkeit, Seite 11 ff., Hg.: Berliner Landesinstitut für Schule und Medien. 2001. 11 ebenda, Seite 14 18 Auf einer noch sehr allgemeinen Stufe könnte dies Folgendes bedeuten:12 Sachkompetenz kann sich entwickeln, wenn Schüler/innen lernen, Methodenkompetenz kann sich entwickeln, wenn Schüler/innen Fakten, Daten, Begriffe, Definitionen zu kennen, Erklärungen, Argumente zu verstehen, Thesen, Maßnahmen zu beurteilen, Einzelwissen in Zusammenhänge zu bringen, Zusammenhänge zu erkennen. lernen, Arbeitstechniken zu beherrschen (Texte markieren, nachschlagen, Heftführung, Stichwortzettel anlegen, systematisch auswendig lernen, visualisieren ...), Lernstrategien kennen lernen (Hypothesen überprüfen, Fragen stellen, gliedern, ordnen ...), lernen, ihre Arbeit zu planen und zu organisieren (den Arbeitsplatz einrichten, Klassenarbeit vorbereiten, Lerntagebuch führen ...). Sozialkompetenz kann sich entwickeln, wenn Schüler/innen lernen, Selbstkompetenz kann sich entwickeln, wenn Schüler/innen lernen, arbeitsteilig und kooperativ zu arbeiten (in Partner- und Gruppenarbeit, im Tandem, durch Tutoring ...), in Gruppen zu moderieren (Spielregeln vereinbaren, Rollen klären, Ziele setzen ...), erfolgreich zu kommunizieren (Gespräche eröffnen, zuhören, Kommunikationsschwierigkeiten verstehen, Konflikte bearbeiten ...), zu präsentieren (Arbeitsergebnisse ziel- und adressatengerecht vermitteln). sich selbst realistisch einzuschätzen, Selbstwertgefühl zu entwickeln, den eigenen Lernprozess zu organisieren (geeignete Lernstrategien einsetzen, Prioritäten setzen, mit Zeit umgehen ...), die persönlichen Lernressourcen zu kennen und zu nutzen, den eigenen Lernprozess zu reflektieren, zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung zu unterscheiden. Möglichkeiten für das soziale Lernen in eigens dafür vorgesehenen (Unterrichts-)Zeiten Die oben angesprochene Verbindung der Entwicklung von Selbst- und Sozialkompetenz mit dem Fachunterricht allein reicht nicht aus, um diesem Erfordernis Rechung zu tragen. Die Bearbeitung der täglich anfallenden Probleme und Konflikte muss direkt - ohne den Umweg über ein fachliches Thema - erfolgen. Die Schule muss Raum und professionelle Unterstützung für die Bearbeitung aktueller Probleme - insbesondere von solchen, die unmittelbar mit dem Schulalltag zusammenhängen - bieten. Denn diese wirken in den Unterricht hinein und müssen notgedrungen zu mehr oder weniger gravierenden „Störungen“ führen, wenn sich die Schule ihnen gegenüber nicht mehr als bisher öffnet. Auf Grund des enormen gesellschaftlichen Wandels in den zurückliegenden Jahrzehnten ist davon auszugehen, dass die Zeiten ‚familialer Gratisproduktionen’ schulischer Voraussetzungen weitgehender denn je der Vergangenheit angehören.13 Kinder und Jugendliche benötigen in der Schule professionelle Begleitung und Unterstützung auch bei der Entwicklung ihrer persönlichen und sozialen Kompetenzen und bei der Gestaltung ihrer Beziehungen und ihres Umgangs miteinander. 12 13 ebenda, Seite 13 In Anlehnung an Dr. Thimm, in: Schulverdrossenheit und Schulverweigerung, Seite 8 19 Außerdem werden Kinder und Jugendliche ihre Lern- und Leistungsfähigkeit besser oder überhaupt erst entfalten können, wenn sich ihre Beziehungen untereinander befriedigend gestalten und sich jede/jeder am Ort Schule wohl und sicher fühlt. Dies gilt u. a. gerade auch für Schuldistanzierte. Sie haben häufig in der Klasse keine Freunde/ Freundinnen, sind ausgeschlossen, werden gehänselt und gemobbt. Mehr soziales Lernen - sowohl in Verbindung mit dem Fachunterricht als auch in eigens dafür vorgesehenen (Unterrichts-)Zeiten - kann ganz wesentlich zur Integration aller Schüler/innen in die Klassen- und Schulgemeinschaft sowie zu einem gewaltfreien, demokratischen Umgang in unseren Schulen beitragen (vgl. Anhang, Seite 30 - Schulen stellen sich vor). Soziale und persönliche Kompetenzen bilden darüber hinaus im Sinne von Schlüsselqualifikationen eine wesentliche Grundlage für das berufliche Fortkommen unserer Schülerinnen und Schüler. Einigen Schulen ist es bereits gelungen, kontinuierlich eigens für das soziale Lernen vorgesehene Unterrichtszeiten zu organisieren. An den Gesamtschulen können die Kerngruppenstunden und die außerunterrichtlichen Zeiten dafür genutzt werden. Schulen, die nach dem 40-Minuten-Modell14 arbeiten, können die Zeit, die sie dadurch gewinnen, für soziales Lernen einsetzen. Manche Schulen verwenden dafür AG-Stunden. Den VHG-Schulen15 stehen zusätzliche Stunden zur Verfügung, in denen kontinuierlich soziales Lernen stattfinden kann. Andere Schulen beziehen sich auch auf das Rundschreiben Nr. 9, 1998 zur „Förderung der Chancengleichheit von Mädchen und Jungen“, in dem es heißt: „Durch Konferenzbeschlüsse zur Unterrichtsorganisation können (daher) unter Berücksichtigung der jeweiligen Gegebenheiten der einzelnen Schule Zeiten (z. B. eine Wochenstunde) für eine kontinuierliche und systematische Mädchen- und Jungenarbeit unter Bildung geschlechtsspezifischer Gruppen festgelegt werden.“ 14 In den eigens für das soziale Lernen vorgesehenen (Unterrichts-)Zeiten sollten die aktuellen Belange von Schülerinnen und Schülern im Vordergrund stehen. Anregungen für die Gestaltung sozialer Lernprozesse finden sich u. a. in dem Curriculum, das im Zusammenhang mit dem BLK16Modellversuch „Konfliktbewältigung für Mädchen und Jungen - Ein Beitrag zur Förderung sozialer Kompetenzen in der Grundschule“ im Auftrage der damaligen Senatsverwaltung für Schule entwickelt wurde17 18. Soziales Lernen geht nicht nur Kinder und Jugendliche an, sondern alle, die an der Sozialisation junger Menschen beteiligt sind. Wenn Eltern, Lehrkräfte und Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen einen kontinuierlichen Dialog darüber führen, wie die Entwicklung von Selbstund Sozialkompetenz in und außerhalb von Schule zu gestalten ist, und in diesem Zusammenhang Verantwortung übernehmen, Vereinbarungen treffen und entsprechend handeln, sind wesentliche Voraussetzungen für die Weiterentwicklung des sozialen Lernens erfüllt. Was gelungene Kooperation von allen am Schulleben Beteiligten im Zusammenhang mit dem sozialen Lernen bewirken kann und welche Bedeutung vor allem die enge Verzahnung von Schulund Sozialpädagogik hat, zeigen einige der in dieser Handreichung aufgeführten Schulbeispiele19. Im Rahmen solcher Kooperationsprozesse könnte es u. a. darum gehen, mehr sozialpädagogische Arbeitsweisen und Angebote in die Lebenswelt der Schule zu integrieren, Hilfe zur Bewältigung des Stresses, der durch Anpassungs- und Leistungsanforderungen bzw. -beurteilungen erzeugt wird, zur Verfügung zu stellen, Zur Erläuterung des 40 - Minuten - Modells (vgl. Anhang, Seite 40). VHG steht für Verlässliche Halbtagsgrundschulen. 16 BLK steht für Bundländerkommission. 17 Band 2 der Veröffentlichung der Ergebnisse des Modellversuchs enthält eine ausführliche Spiele- und Übungssammlung für die Grundschule. Er ist über den Buchhandel zu beziehen. 18 Wenden Sie sich bitte auch an das Berliner Landesinstitut für Schule und Medien, wenn Sie sich im Bereich des sozialen Lernens fortbilden wollen. 19 Vor allem die VHGs und die (geplanten) Ganztagsschulen könnten auf der Grundlage einer verbindlichen - möglicherweise im Rahmen einer Vereinbarung geregelten - Kooperation von Lehrkräften und Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen (weiter)entwickelt werden. 15 20 Orte, Zeit und professionelle Begleitung zur Bearbeitung von Konflikten zu schaffen, im Zusammenhang mit sozialem Lernen die vielfältigen Beziehungswünsche und Beziehungsprobleme, die am Lebensort Schule entstehen, zu thematisieren, die Fähigkeit zu sozialem Handeln entwickeln zu helfen und dabei geschlechtsspezifische Unterschiede zu berücksichtigen, schulische Freizeiten, Gemeinschaftsveranstaltungen, Klassenfahrten etc. durchzuführen, gemeinsam mit Schüler/innen Schule zu gestalten, für vielfältige Kontakte zwischen Eltern und Schule zu sorgen und diese evtl. zu institutionalisieren, bestehende Schulstationen und/oder Schülerclubs in die Arbeit mit einzubeziehen oder ggf. neue einzurichten, mit Jugendfreizeiteinrichtungen zusammenzuarbeiten, mit anderen außerschulisch tätigen Personen zusammenzuarbeiten, z. B. mit den Jugendbeauftragten der Polizei, mit Künstler/innen, Handwerker/innen, Menschen aus anderen Ländern und insgesamt zur Öffnung der Schule beizutragen. Folgende Verhaltensweisen bzw. Merkmale können auf potentiell gefährdete Schüler/innen hinweisen: Mögliches Vorgehen im individuellen Fall Außenseiterrolle in der Klasse, gemobbt werden, Mitgliedschaft in einer Clique Schuldistanzierter. Rechtzeitiges angemessenes Handeln kann der Entstehung von Schuldistanz zuvorkommen. Gravierende Formen von Schuldistanz entstehen nicht von heute auf Morgen, sondern entwickeln sich in den meisten Fällen im Rahmen eines längeren Prozesses. Erste Anzeichen von Schuldistanz sind bereits zu erkennen, lange bevor Schüler/innen beginnen, nicht mehr regelmäßig zur Schule zu kommen. Diese Form von Schuldistanz innerhalb von Schule wurde deshalb bei der Darstellung der Erscheinungsformen von Schuldistanz mit Stufe 1 bezeichnet (vgl. Seite 7) und es ist im Rahmen der Prävention von entscheidender Bedeutung, Merkmalen von Schuldistanz innerhalb von Schule besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Sich unauffällig vom Unterricht abwenden: träumen, abschalten, sich ablenken lassen, sich nicht mehr beteiligen, sich mit anderen Dingen beschäftigen, Zeit absitzen, häufiger Toilettenbesuch während der Unterrichtszeit. Sich auffällig vom Unterricht abwenden: „Quatsch“ machen, dazwischen rufen, stören, Normen verletzen, zeitweise vom Unterricht ausgeschlossen werden. zu spät kommen, gelegentliches Versäumen von einzelnen Unterrichtsstunden, häufiger Arztbesuch während der Unterrichtszeit, häufiges, längeres entschuldigtes Fehlen bei leichteren Erkrankungen, Nicht alle der hier aufgeführten Verhaltensweisen und Merkmale sind in jedem Fall Hinweise auf Schuldistanz. Die genannten Verhaltensweisen können auch ein Hinweis auf andere Probleme von Schüler/innen sein. Vor diesem Hintergrund bedarf es ihrer sorgfältigen Interpretation, um wirksame Präventionsmaßnahmen zu entwickeln. Dabei wird es vor allem darauf ankommen, Gespräche mit der Schülerin/dem Schüler zu führen, rechtzeitig mit den Eltern Kontakt aufzunehmen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen (siehe hierzu: Gespräche mit den Eltern, Seiten 22 und 26), 21 Schüler/innen und Eltern bei den Gesprächen mitzuteilen, welche Beobachtungen bzgl. des Verhaltens der Schülerin/des Schülers gemacht wurden und welche Sorgen seitens der Lehrkräfte damit verknüpft werden, mögliche Ursachen für das beobachtete Verhalten im gemeinsamen Gespräch zu ergründen, ggf. Schülerpatenschaften einzurichten, die gewährleisten, dass bei Krankheit Kontakt zum kranken Kind gehalten wird, ihm Hausaufgaben gebracht werden und es beim Nachholen des versäumten Stoffes unterstützt wird, Veränderungen innerhalb der Schule (vgl. dazu Seite 16 ff. - Die Bedingungen für das Lernen in der Schule verändern) zu realisieren, sofern die Ursachen im weitesten Sinne in der Schule zu finden sind, mit den Betroffenen zu besprechen, wie geholfen werden kann, sofern die Ursachen im weitesten Sinne außerhalb von Schule zu finden sind, ggf. mit dem zuständigen Schulpsychologischen Beratungszentrum Kontakt aufzunehmen, ggf. mit dem zuständigen Jugendamt Kontakt aufzunehmen, ggf. mit sonstigen Diensten, evtl. mit dem Gesundheitsamt, Kontakt aufzunehmen, Vereinbarungen mit allen Betroffenen zu treffen und deren Einhaltung in kurzen Abständen, regelmäßig zu überprüfen und zwar sowohl bei den Schüler/innen und den Lehrkräften (ggf. den Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen) als auch bei den Eltern. Zusammenarbeit mit den Eltern Das Gespräch mit den Eltern potentiell schuldistanzierter Kinder und Jugendlicher zu suchen, ist ein zentraler Aspekt im Zusammenhang mit der Prävention von Schuldistanz. Unter anderem wird es ganz wesentlich von solchen Gesprächen abhängen, inwieweit es gelingt, die oben genannten Verhaltensweisen von Schüler/innen richtig zu deuten und die notwendigen Informationen dafür zu erhalten20. Die im Folgenden dargestellten Grundsätze für Elterngespräche berücksichtigen sowohl den Beziehungsaspekt als auch den inhaltlichen Aspekt der Kommunikation mit Eltern. 20 Grundsätze für Elterngespräche im Rahmen der Prävention von Schuldistanz Von zentraler Bedeutung ist es, eine ruhige, räumlich ansprechende und von Wertschätzung getragene Gesprächsatmosphäre zu schaffen, in geeigneter Weise deutlich zu machen, dass das Gespräch grundsätzlich von der Sorge um die Schülerin/den Schüler getragen ist, zu beachten, dass Kritik nur angenommen wird, wenn sich Eltern trotz aller Schwierigkeiten akzeptiert und anerkannt fühlen, die Erkenntnis zu berücksichtigen, dass Schuldistanz auch ein Ergebnis der Kommunikation zwischen Schüler/innen und Lehrkräften sowie der inhaltlichen und organisatorischen Gestaltung des Unterrichtes sein kann, deutlich zu machen, dass Lehrkräften gegenüber geäußerte Kritik ernst genommen wird, klar zu stellen, dass es im Rahmen des Gesprächs um die gemeinsame Suche nach Lösungen geht, eine Balance zwischen anerkennenden Äußerungen über das Kind einerseits sowie klar und deutlich formulierten Informationen über bestehende Probleme andererseits zu schaffen, zu signalisieren, dass Sie das Verhalten des Kindes/der Eltern verstehen, dennoch aber damit nicht einverstanden sind, Kritisches nicht als Vorwurf, jedoch unmissverständlich zu formulieren, sich über das Wissen der Eltern in Bezug auf die von Ihnen beobachteten Verhaltensweisen des Kindes zu erkundigen, sich nach den Interpretationen der Eltern hinsichtlich dieses Verhaltens zu erkundigen, sich darüber informieren zu lassen, ob und ggf. mit welchen Maßnahmen die Eltern auf das Verhalten ihres Kindes reagiert haben, bzw. ob bereits Hilfestellung von außen geleistet wird und welchen Erfolg diese Maßnahmen bislang hatten, mit den Eltern über deren Pflichten und die damit verbundenen Anforderungen an die Erziehung ihres Kindes zu sprechen. Fortbildungen im Bereich von Kommunikationstrainings können das Führen von Elterngesprächen wesentlich unterstützen. 22 Die schulpsychologischen Beratungszentren als Partner bei der Prävention Das für Ihre Schule zuständige Schulpsychologische Beratungszentrum kann Ihre Arbeit unterstützen durch Beratungs- und Begleitungsangebote zur Gestaltung eines guten Schulklimas, das geprägt ist durch aktive Teilhabe aller am Schulleben Beteiligten und einer Haltung der gegenseitigen Wertschätzung, die Sensibilisierung des Kollegiums zur Erkennung früher Anzeichen von Entwicklungen zur Schuldistanz und des Spektrums der Verursachungsbedingungen (als Beitrag in pädagogischen Diskussionen in Gesamtkonferenzen, Klassen- oder Jahrgangskonferenzen u. a.) Beratung bei der Erarbeitung und Etablierung institutioneller Umgangs- und Verfahrensregelungen im Sinne eines raschen und konsequenten Handelns bei ersten Anzeichen von Schuldistanz und beratende Begleitung von schulinternen Teams speziell vorbereiteter Kollegen/Kolleginnen (Schulleitung, Lehrer/innen, Sozialpädagogen/ Sozialpädagoginnen und Erzieher/innen) an den Schulen (Training in Gesprächsführung, Mediationsangebote, Unterrichtsgestaltung/Förderung u. a.). Zusammenarbeit mit der Jugendhilfe Grundlage der Handelns der Jugendhilfe ist das SGB VIII, das Achte Buch des Sozialgesetzbuches (häufig auch als Kinder- und Jugendhilfegesetz - KJHG - bezeichnet). Die wesentlichen Aufgaben sind in § 1 „Recht auf Erziehung, Elternverantwortung, Jugendhilfe“ formuliert: (1) Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft. (3) Jugendhilfe soll zur Verwirklichung des Rechts nach Absatz 1 insbesondere 1. junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern und dazu beitra- gen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen, 2. Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Erziehung beraten und unterstützen, 3. Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl schützen, 4. dazu beitragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen. Die Jugendhilfe hat demnach keinen eigenständigen Erziehungsauftrag. Sie soll die Eltern oder Erziehungsberechtigten bei der Erziehung und bei der Realisierung förderlicher Entwicklungsbedingungen sowie die Kinder und Jugendlichen selbst bei der Lebensbewältigung unterstützen. Für die Unterstützung der Eltern ist ein freiwilliges Verhältnis zwischen Familie und Jugendhilfe die Voraussetzung. Das heißt, Jugendhilfe erreicht in der Regel nur die Eltern und Kinder, die diese Hilfe annehmen wollen. Fachliche Einschätzungen über die Hilfebedürftigkeit haben für die Betroffenen in der Regel nur Hinweischarakter und können nicht an die Stelle des elterlichen Willens gesetzt werden. Im Feld der Jugendhilfe soll zur Verwirklichung der Leistungsansprüche von Eltern nach dem SGB VIII für die Kinder ein qualifiziertes professionelles Angebot bereitgehalten werden. Es obliegt der Entscheidung der Eltern, Angebote des Jugendamtes zur partnerschaftlichen Begleitung anzunehmen und in diesem Rahmen professionelle Erziehungs- und Entwicklungshinweise zu akzeptieren, sich an der Entwicklung und Ausgestaltung der Hilfe zu beteiligen und den Zeitpunkt der Beendigung der Unterstützung festzulegen. Nach § 81 SGB VIII sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Zusammenarbeit mit anderen Stellen und öffentlichen Einrichtungen im Rahmen ihrer Aufgaben und Befugnisse verpflichtet. Hierzu gehört auch die Schule. In Verbindung mit der Schule hat die Jugendhilfe die Sozialisierungs- und Betreuungsbereiche Kindertagesstätte, Vorschule und Hort, die Angebotsformen der offenen Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit und der Hilfen zur Erziehung einzubeziehen. Dabei gewährt die Jugendhilfe u. a. folgende Leistungen: Angebote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes (§§ 11 bis 14 SGB VIII), 23 Angebote zur Förderung der Erziehung in der Familie (§§ 16 bis 21 SGB VIII), Hilfen zur Erziehung und ergänzende Leistungen (§§ 27 bis 35, 36, 37, 38, 39, 40 SGB VIII), Hilfen für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und ergänzende Leistungen (§§ 35 a bis 37, 39, 40, vgl. § 2 (2) SGB VIII).21 Schulbezogene Sozialarbeit (§ 13,1 SGB VIII - Jugendsozialarbeit - in Verbindung mit § 14,2 AG22 KJHG) ist ein Handlungsfeld der Jugendhilfe und hat ihre Verortung primär in der Schule. Sie umfasst eine eigene spezifische sozialpädagogische Handlungskompetenz. Der Jugendhilfeträger ist gleichberechtigter Partner der Schule. Schulbezogene Jugendsozialarbeit bietet Schülerinnen und Schülern, die zum Ausgleich sozialer Benachteiligung oder zur Überwindung individueller Beeinträchtigungen in erhöhtem Maße auf Unterstützung angewiesenen sind, sozialpädagogische Hilfe an, die ihre schulische Ausbildung und ihre soziale Integration fördern. Die Hilfe soll dazu beitragen, Lern- und Verhaltensschwierigkeiten einzelner Schüler und Schülerinnen, die sich im Verlauf des Unterrichts oder des gesamten Schulalltages zeigen, zu überwinden. Darüber hinaus ist sie ein Lernfeld für alle Bereiche der Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen. Die Angebote sind sowohl gruppen- als auch einzelfallbezogen. Ziele sind: Schulbezogene Jugendsozialarbeit soll Schülern Hilfestellung für die Alltagsbewältigung ermöglichen sowie die Eigeninitiative der Schüler/innen fördern. Schüler/innen mit individuellen sozialen Problemlagen sollen in der Schule durch sozialpädagogische Hilfestellung, inkl. Lehrer- und Elternberatung integriert werden. Schulbezogene Jugendsozialarbeit soll zur Öffnung und Kooperation von Schulen mit ihrem gesellschaftlichen Umfeld beitragen. Die Arbeitsfelder der schulbezogene Jugendsozialarbeit sind jeweils unter den spezifischen örtlichen Bedingungen zu bestimmen und zu gestalten. Im Sinne ganzheitlicher Unterstützung und Förderung junger Menschen konzentrieren 21 sich die Angebote vor allem auf den außerunterrichtlichen und den außerschulischen Bereich. Im Einzelnen können das sein: Kooperation von Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen und Lehrern und Lehrerinnen bei Unterrichtsprojekten, sozialpädagogische Beratung von Lehrkräften, Mediation und Konfliktmanagement, sozialpädagogische Beratung von Schülern und Schülerinnen bei Lern- und Verhaltensproblemen; vertiefte Formen von Elternarbeit und Vernetzung mit anderen Förderangeboten der Jugendhilfe, gemeinsame Projekte im Sinne übergreifenden Lernens, z. B. bei sozialstrukturellen Fragen wie Wohnen und Arbeitslosigkeit, Unterstützung in Fragen des Übergangs von der Schule in den Beruf - Berufsfindung und orientierung, Kontakt zur Berufsberatung, besondere Förderung etc., Mithilfe bei der Förderung einzelner Schüler/ innen bei Lern- und Leistungsproblemen sowie bei Verhaltensauffälligkeiten, Drogenprävention, Sexualerziehung, Interkulturelles Lernen, Schülerinnenberatung, Schulstationen/Schülerclubs, Beratung bei gravierenden Ereignissen, wie z. B. Trennung der Eltern, Sorgerechtsproblemen, etc., Hilfe und Beratung für Schüler/innen, die Opfer von Gewaltdelikten wurden und sozialpädagogische Angebote für straffällig gewordene junge Menschen, Angebote der Sprachförderung, Freizeitpädagogik. Zur Ergänzung des Handlungsspektrums schulischer Maßnahmen bei Auffälligkeiten von Schülerinnen und Schülern ist der frühzeitige Kontakt zum Jugendamt sinnvoll. Dabei geht es sowohl um fachliche Beratung als auch um Konsultationen der Beteiligten. Die präventiven Möglichkeiten sozialpädagogischen Handelns können so genutzt werden, um auf Probleme einzugehen und die schulische Ausbildung zu sichern. Verschiedene, untereinander zu vernetzende Hilfeformen sollen junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern, Benachteiligungen vermeiden oder abbauen. Wenn Sie sich für den genauen Wortlaut der einzelnen Paragraphen interessieren, dann lesen Sie bitte im Anhang nach. Dort sind auch die einzelnen Leistungen der Jugendhilfe genauer beschrieben. 22 Berliner Ausführungsgesetz zum KJHG. 24 Intervention Die Entwicklung eines Interventionskonzeptes im Zusammenhang mit Schuldistanz sollte als Ergänzung zu dem und in Verbindung mit dem Präventionskonzept gestaltet werden. Dabei geht es um den möglichen Umgang mit den Stufen 2 bis 4 von Schuldistanz (vgl. Erscheinungsformen von Schuldistanz, Seite 7). Zunächst gilt es, eine Bestandsaufnahme der Fehlzeiten durch das Auflisten aller Fehltage auf den Halbjahreszeugnissen vorzunehmen. Zusätzlich könnte auch das Zuspätkommen und Versäumen einzelner Unterrichtsstunden festgehalten werden. Diese Bestandsaufnahme kann dann als Grundlage für die Besprechung des Themas auf einer Gesamtkonferenz herangezogen werden. Allgemeine Grundsätze eines auf der Grundlage der Bestandsaufnahme zu entwickelnden Interventionskonzeptes, das ggf. in enger Verbindung mit dem (noch zu entwickelnden) Schulprogramm stehen sollte, könnten die folgenden sein: Die Bestandsaufnahme der Fehlzeiten von Schülerinnen und Schülern wird fortlaufend durchgeführt, ausgewertet und besprochen. Schülerinnen und Schülern, die sich von der Schule entfernen, wird in der pädagogischen Arbeit besondere Aufmerksamkeit zuteil. Die Kooperation mit Eltern und bei Bedarf mit dem Schulpsychologischen Beratungszentrum, dem Jugendamt und anderen Einrichtungen wird fortentwickelt und bei Bedarf intensiviert. Schülerinnen, Schüler und Eltern werden in regelmäßigen Abständen über die Bedeutung und die rechtlichen Grundlagen der Schulpflicht (§ 16 SchulG, s. Anhang, Seite 58 f.) informiert. Vor allem werden Eltern nichtdeutscher Herkunftssprache in für sie verständlicher Weise über die Bildungschancen ihrer Kinder, die Rahmenbedingungen des Schullebens und die Schulpflicht informiert. Die Risikofaktoren, die das Fernbleiben von der Schule ohne triftigen Grund begünstigen (vor allem die innerhalb von Schule), werden analysiert und geeignete Gegenstrategien entwickelt. Es werden Vertrauenslehrer/innen benannt, an die sich Schüler/innen, Lehrkräfte und Eltern als Ansprechpartner/innen im Falle von Schuldistanz wenden können. Das Interventionskonzept zum Umgang mit Schuldistanz wird Schüler/innen und Eltern vorgestellt und in regelmäßigen Abständen überprüft. Mögliches Vorgehen im individuellen Fall Wegschauen verstärkt Schuldistanz - Angemessene Reaktionen auf Schuldistanz mindern Schuldistanz Grundsätzlich gilt auch bei der Intervention all das, was bereits im Kapitel „Prävention“ (vgl. Seite 15 ff.) dargestellt worden ist. Im Einzelfall können die folgenden Interventionsschritte hilfreich sein und ggf. in ein schulisches Interventionsprogramm zum Umgang mit Schuldistanz aufgenommen werden: Schüler/innen, die häufig zu spät kommen, stundenweise fehlen, häufig fehlen (entschuldigt oder unentschuldigt), Aufmerksamkeit widmen und ggf. Überblick über deren Fehlzeiten erstellen, bei erfolglosen telefonischen Kontaktversuchen die Schülerin/den Schüler zuhause aufsuchen, die Erziehungsberechtigten bereits am 1. Fehltag anrufen, falls keine Entschuldigung vorliegt, notfalls Eltern schriftlich informieren und darum bitten, die Gründe für das Fehlen ihres Kindes zu erläutern, Führen eines kooperativen Gesprächs mit dem Schüler/der Schülerin (durch eine Lehrkraft oder einen Schulsozialarbeiter - je nachdem, wer den besten „Draht“ zu ihm/ihr hat) und ohne Vorwürfe und Schuldzuweisungen an den Jugendlichen/das Kind mögliche Ursachen für das schuldistanzierte Verhalten ergründen, ggf. mit den Eltern über mögliche Ursachen der Schuldistanz sprechen, Bewusstsein dafür entwickeln, dass die betroffene Schülerin/der betroffene Schüler sich in einer Notsituation befindet, auch wenn sie/ er - in einer teilweise nur schwer nachvollziehbaren Form - jegliches Hilfeangebot ablehnt, die Bedingungen schulischen Lernens verändern, wenn die Ursachen des schuldistanzierten Verhaltens im weitesten Sinne in der Schule zu finden sind (vgl. Seite 13 ff.), mit den Betroffenen besprechen, welche Einrichtungen eventuell zur Hilfe herangezogen werden können (z. B. das Jugendamt), wenn die Ursachen schuldistanzierten Verhaltens im weitesten Sinne außerhalb von Schule zu finden (z. B. im Elternhaus) sind, ggf. mit Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen und dem Schulpsychologischen Beratungszentrum Kontakt aufnehmen, 25 mit allen Beteiligten gemeinsam eine Strategie zur Unterstützung des Kindes bzw. Jugendlichen entwickeln, Vereinbarungen mit der Schülerin/dem Schüler, mit Lehrkräften und Eltern mit dem Ziel treffen, dass der Schüler/die Schülerin wieder regelmäßig zum Unterricht kommt, die Einhaltung dieser Vereinbarungen sowohl bei den Schüler/innen, den Lehrkräften als auch bei den Eltern überprüfen (je nach Art der Vereinbarung täglich, wöchentlich etc.), die Kommunikation zwischen allen Beteiligten intensivieren, flexible Gestaltung des Wiedereinstiegs ermöglichen (z. B. Kombination mit Praxisplatz und langsamem Aufbau von strukturiertem Tagesablauf), dabei Eltern und andere Bezugspersonen einbeziehen, sollte sich herausstellen, dass eine weitere Regelbeschulung vorläufig nicht möglich ist, sollten folgende weitere Institutionen einbezogen werden: - Verhaltensambulanz zur Beratung der Lehrer/innen - Schulpsychologisches Beratungszentrum (Beratung, Diagnostik, Schullaufbahnberatung, Begutachtung zu therapeutischen Hilfen) - Allgemeine Sozialpädagogische Dienste (ASpD) der Jugendämter, Schüler/innen und Schüler willkommen heißen, wenn sie nach einer Weile wiederkommen. Zusammenarbeit mit den Eltern Das Gespräch mit den Eltern schuldistanzierter Kinder und Jugendlicher ist auch im Zusammenhang mit der Intervention ein zentraler Bestandteil pädagogischen Handelns. Die im Teil Prävention dieser Handreichung dargestellten Grundsätze für Elterngespräche (vgl. Seite 22) gelten im Wesentlichen auch auf für den Bereich der Intervention bei Schuldistanz. Im Rahmen von Elterngesprächen, die anlässlich einer Interven-tion bei Schuldistanz geführt werden, sollten jedoch einige weitere Grundsätze Berücksichtigung finden. Grundsätze für Elterngespräche im Bereich der Intervention Formulieren Sie als Ziel der Gespräche, die Eltern für eine enge und kontinuierliche Zusammenarbeit zur Lösung der anstehenden Probleme zu gewinnen. Klären Sie, - was die Eltern bisher über das Fehlen ihres Kindes in der Schule wissen, - was sie bisher unternommen haben, damit das Kind wieder regelmäßig am Unterricht teilnimmt und - welche Form der Unterstützung gewünscht wird und von den Eltern mitgetragen werden kann. Weisen Sie darauf hin, dass die Erziehungs- und Familienberatungsstellen - Unterstützung und Hilfe durch individuelle Beratung geben, damit Eltern, z. B. bei „pubertierenden“ Schuldistanzierten Kraft schöpfen und „durchhalten“, - dabei helfen, die sozialen, familiären und individuellen Hintergründe des/der Schuldistanzierten zu ergründen, - Eltern beim Suchen und Entdecken eigener Ressourcen und bei deren kreativer Umsetzung (Erarbeitung von Bewältigungsstrategien bei zu großen psychosozialen Belastungen) unterstützen und - Eltern dabei helfen, die Beziehungen zu ihrem Kind möglichst wieder in einen als positiv erlebten Kontext zu bringen (kleine, gemeinsame erlebte Erfolge, den Stolz der Eltern auf ihr Kind wecken). Weisen Sie diejenigen Eltern, die trotz intensiver Bemühungen nicht in der Lage oder willens sind, eine eindeutige Haltung im Konflikt mit ihrem schuldistanzierten Kind einzunehmen und ihre elterliche Verantwortung entweder nicht wahrnehmen können oder den Schulbesuch ihres Kindes (bewusst oder unbewusst) verhindern, auf die gesetzlichen Möglichkeiten zur Durchsetzung der Schulpflicht hin. Machen Sie deutlich, dass in diesen Fällen mit einer Schulversäumnisanzeige zu rechnen ist und dass ggf. das Jugendamt eingeschaltet wird. Die Botschaft an Eltern und Schüler/innen muss in diesen Fällen lauten: Unentschuldigtes Fehlen führt zu Konsequenzen 26 Die schulpsychologischen Beratungszentren als Partner bei der Intervention Auch im Zusammenhang mit der Intervention bei Schuldistanz können die Schulpsychologischen Beratungszentren wertvolle Hilfestellung leisten. Sie sind zuständig für die Vermittlung von und die Moderation bei Gesprächen zwischen betroffenen Schüler/innen und Schule/Eltern/Jugendhilfe sowie begleitende Beratung der Beteiligten, diagnostische Abklärung und die daraus folgende fachdiagnostische Empfehlung von möglichen Perspektiven innerhalb des Regelschulsystems (z. B. individuelle „Verträge“ zur Entwicklung verbindlicher Arbeits- und Lernbedingungen, Herausfinden der adäquaten Beschulungsform, zeitweises „Lernen am anderen Ort“ in Form von Praktika, Aufbau von Schulprojekten in der Schule) und außerhalb des Regelschulsystems (Jugendhilfe und andere Institutionen, Mitarbeit an der Erstellung eines individuellen Förderplanes als möglichem Lösungsansatz, Empfehlung eines Hilfeangebotes, Abgrenzung zu psychiatrisch zu behandelnden Kindern, z. B. zu Kindern mit Schulphobie und kinderpsychiatrischen Erkrankungen). Mitarbeit in schulübergreifenden Beratungsteams zur Schuldistanz auf regionaler Ebene mit dem Ziel, mit allen beteiligten Institutionen die Grundlage für eine abgestimmte, effektive Handlungsweise zu schaffen. Kooperation mit der Jugendhilfe Schulische und außerschulische Lebenswelt überschneiden sich, beeinflussen einander und sind nicht klar voneinander zu trennen. Schulprobleme weisen nicht nur auf Leistungsprobleme hin, sondern können immer auch Ausdruck von Lebens-, Entwicklungs- und sozialen Problemen sein. Andererseits erzeugt Schule selbst Belastungen. Schulprobleme können bei den Betroffenen zum wesentlichen Maßstab ihres Selbstwertes werden, denn die Außenwelt teilt Anerkennung auch nach schulischem Erfolg zu (vgl. hierzu Seite 17). Durch schulische Misserfolge können sich familiäre und soziale Probleme entwickeln. Die Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule ist um so mehr notwendig, als aus der pädagogischen Praxis über eine Zunahme der Schwierigkeiten mit Schülern und Schülerinnen berichtet wird. Dabei werden Störungsfelder sichtbar, die im Rahmen der Regelschule immer häufiger zur Desintegration der betroffenen Kinder und Jugendlichen führen. Innerhalb des Systems Schule sind nicht immer ausreichende Möglichkeiten vorhanden, die Integration oder Anpassung schwierigster Kinder an die gesetzten schulischen Anforderungen in eigener Regie erfolgreich zu bewältigen. Jugendhilfe ist in der Lage, qualifizierte Hilfen bei schulischen Überlastungs- und Desintegrationsproblemen zu geben. Sie kann sich des Einzelfalles pädagogisch/therapeutisch annehmen oder innerhalb von Einrichtungen andere konzeptionelle Wege für schulbezogene individuelle Hilfen entwickeln (vgl. Seite 60 ff. und 66 ff.). Allerdings setzen Hilfen häufig zu spät ein. Längere Desintegrationsphasen führen dazu, dass eine bedenkliche Zahl von Kindern und Jugendlichen die Schule nicht mehr als einen verpflichtenden Teil ihrer Lebensorganisation wahrnimmt und sich auch wegen subjektiver Überlastungsempfindungen der Schule entzieht. Diese Problemlage weist auch auf Eltern und Erziehungsberechtigte als Zielgruppe hin. Die verstärkte Delegation von Erziehungs- und Betreuungsaufgaben auf Schule und Jugendhilfe ist Folge und Ausdruck dessen, dass die primäre Entwicklungsverantwortung von den Eltern nicht immer im nötigen Maße wahrgenommen wird. Hierzu können in der Familie die Voraussetzungen fehlen. Daraus folgt, dass der Entwicklung von Erziehungskompetenz, aber auch der Schaffung kindgerechter und familienfreundlicher Rahmenbedingungen weit mehr Aufmerksamkeit zukommen muss: Bei Leistungsfehlentwicklung und Desintegrationserscheinungen ist es Ziel, die Wiederannäherung der Kinder an das System Schule zu ermöglichen. Diese Entwicklung kann ggf. durch schulische Fördermöglichkeiten unterstützt werden. Sie kann ebenso durch Angebote der Jugendsozialarbeit, deren Ziel das frühzeitige Erkennen von Gefährdungsmomenten bereits im Vorfeld von Desintegrationsprozessen ist, gefördert werden. Therapeutische Hilfen können im Bedarfsfall die Konfliktbewältigung zusätzlich unterstützen und die Persönlichkeitsentwicklung stärken. 27 Individuelle Probleme von Kindern oder Jugendlichen werden von Fachleuten bewertet, wenn diese bei den Kindern oder Jugendlichen nach Beobachtungen im sozialen Feld der Schule erkannt worden und auch dann, wenn Schüler/innen längere Zeit nicht mehr in der Schule erschienen sind. Auffälligkeiten sollen so früh wie möglich zu der fachlichen Abwägung führen, ob eine Hilfe bereits bei Ansätzen ernsterer Störungen die Desintegrationsentwicklung aufhalten kann. Die schulische Förderplanung und die jugendhilferechtliche Hilfeplanung setzen in abgestimmter Form (Idealfall) Rahmen und Ziele für die notwendige individuelle Entwicklungsförderung und bestimmen verantwortlich für die jeweiligen Bereiche entsprechende Hilfen. Die Beteiligung der Eltern ist Voraussetzung und zentraler Bestandteil dieser Förder- und Hilfeplanung. Ebenso sind die Kinder bzw. Jugendlichen einzubeziehen und angemessen zu beteiligen, damit nicht nur über sie, sondern mit ihnen beraten wird. Die von allen Seiten immer wieder betonte Notwendigkeit der Kooperation von Schule und Jugendhilfe sollte, wenn sie dauerhaft erfolgreich sein soll, nicht erst bei sogenannten Kooperationsprojekten für hartnäckig Schule verweigernde Kinder und Jugendliche einsetzen. Sie kann gelingen, wenn sie gewollt ist, wenn sie außerhalb von Krisenintervention beginnt und wenn sie auf der Grundlage abgeklärter Positionen stattfindet. Praktisch empfiehlt es sich, dass Schulen mit dem örtlich zuständigen Jugendamt Kontakt aufnehmen und z. B. einmal im Jahr eine(n) Mitarbeiter(in) zu einer Gesamtkonferenz einladen, in der die Zusammenarbeit Thema ist. Auch Mitarbeiter/innen des Jugendamtes sollten aktiv den Kontakt zu Schulen suchen, um über Angebote der Jugendhilfe und deren Vermittlungswege zu informieren. Regelmäßige Kommunikation hilft, um bei schwierigen Einzelfällen rascher in Kontakt zu kommen und die jeweils andere Profession zu respektieren. Darüber hinaus benötigt Kooperation eine strukturelle Sicherung. System- und zuständigkeitsübergreifende Bedarfsaussagen von Jugendhilfeplanung, Schulentwicklungsplanung und ggf. Gesundheitsplanung müssen die Basis aller Initiativen und eventueller Kooperationsprojekte sein. Über vernetzte und abgestimmte Planungsprozesse sind die Rahmenbedingungen der Hilfestruktur kooperativ zu sichern. 28 Jugendhilfe kann also nicht aufgerufen sein, eigenständige Programme zur Beschulung junger Menschen und damit eine Parallelstruktur zur Schule zu entwickeln. Sie muss kooperativ und abgestimmt mit Schule zusammenwirken. Dieses Zusammenwirken kann auch in Form von gemeinsamen Projekten für schuldistanzierte Kinder und Jugendliche erfolgen, besonders dann, wenn es sich um Schülerinnen und Schüler handelt, die sich bereits dauerhaft von Schule entfernt haben. Sie profitieren zunächst nicht mehr von vorrangig präventiven Maßnahmen (z. B. von Schulstationen oder schulbezogener Jugendsozialarbeit), sondern benötigen Hilfe, um sich der Schule überhaupt wieder nähern zu können. Bei Fällen anhaltender Schuldistanz kann sich, wenn andere Hilfemaßnahmen entweder nicht erfolgreich waren oder von vornherein nicht sinnvoll erscheinen, ein Kooperationsprojekt Schule/ Jugendhilfe mit der Zielstellung der Reintegration in eine Regelschule als angezeigt erweisen. Dazu gibt es die im Folgenden angeführten Mindestanforderungen an Verfahren und Qualität. Verfahrens- und Qualitätsanforderungen für Kooperationsprojekte: 1. Konzepte zur Integrationssicherung und Reintegrationsförderung sind von Schule und Jugendhilfe gemeinsam zu erarbeiten. 2. Standortplanungen sind so zu treffen, dass kooperierende Schule/n und Leistungsangebot der Jugendhilfe regional verbunden sind und eine organische, sozialräumliche und aufwandsmindernde Verbindung für den Schüler oder die Schülerin gegeben ist. 3. In der Planungsphase ist festzulegen, welche Beiträge Schule und Jugendhilfe zur Realisierung des Projektes leisten, wie sozialpädagogische, schulische und gegebenenfalls berufsvorbereitende Angebote miteinander verknüpft sind und wie die Eltern eingebunden werden. 4. Die Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe im Kooperationsprojekt ist vertraglich zu vereinbaren (vgl. dazu Musterkooperationsvereinbarung im Anhang, Seite 68 ff.). Vereinbarungspartner sind das örtlich zuständige Schulamt und das örtlich zuständige Jugendamt sowie die verantwortliche Schule und der verantwortliche Maßnahmeträger. In der Vereinbarung ist - neben den unter Nr. 3 aufgeführten Regelungen - auch der Umgang mit Störungsmeldungen festzulegen. 5. Schule und Jugendhilfe führen die Maßnahme in gemeinsamer Verantwortung durch. 6. Es erfolgt eine gemeinsame Evaluation. Bei Unklarheiten im konkreten Einzelfall hilft das zuständige Jugendamt. Sollten in der Schule keine Telefonnummern von Mitarbeiter/innen des Allgemeinen Sozialpädagogischen Dienstes des zuständigen Jugendamtes bekannt sein, erreicht man diese über die zentralen Einwahlnummern des Bezirksamtes und dort über den Tagesdienst des Jugendamtes. Hier kann der/die zuständige Mitarbeiter/in ermittelt werden. Es ist hilfreich, wenn in den Schulen Listen vorliegen, die sowohl die Struktur des betreffenden Jugendamtes aufzeigen (Organigramm) als auch Namen und Telefonnummern von Mitarbeiter/innen des Allgemeinen sozialpädagogischen Dienstes angeben und die regelmäßig aktualisiert werden. Auch für die Jugendämter ist die Liste aller örtlichen Schulen mit Telefonnummern und Ansprechpartner/innen eine Orientierungshilfe. Die Hilfeanfrage an das Jugendamt setzt einen ergebnisoffenen Such- und Zuordnungsprozess in Gang. Dieser sollte nicht vorweg eingeengt werden durch Präferenzen für bestimmte Angebote, die Lehrer/innen im Gespräch mit Eltern oder Schüler/innen zeigen. Das Jugendamt berät mit den Eltern und dem Kind bzw. dem/der Jugendlichen darüber, ob Jugendhilfemaßnahmen von diesen gewollt sind und welche Hilfeangebote im jeweilig konkreten Fall als notwendig erscheinen. Dabei soll eine vorschnelle Fokussierung auf die sog. Hilfen zur Erziehung vermieden werden. Geprüft wird deshalb in einem ersten Schritt, was es im sozialen Umfeld an Ressourcen gibt und ob und wie diese zu einer Problembewältigung genutzt werden können. Geht es im Weiteren um Hilfen zu Erziehung, ist immer abzuklären, ob in der Hilfeperspektive angestrebt wird, die Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie zu verbessern, um bessere Entwicklungsbedingungen zu schaffen und das weitere Zusammenleben der Familie zu ermöglichen oder (vorübergehend) einen neuen Lebensort außerhalb der Familie zu schaffen. Münden diese Beratungen in ein Hilfeplanverfahren, ist spätestens dann ein Vertreter der Schule daran zu beteiligen. Sinnvoll erscheint es, die Klassenlehrerin/den Klassenlehrer in dieses Hilfeplanverfahren einzubeziehen, ihn kontinuierlich zu informieren und bei Absprachen zu beteiligen. Die gegenseitige und zeitnahe Information über eingeleitete Schritte über das eigentliche Hilfeplanverfahren hinaus sollte möglichst mit Zustimmung der Betroffenen erfolgen, ansonsten unter Berücksichtigung des Datenschutzes. Das KJHG ist als Leistungsgesetz definiert (eingefügt als VIII. Buch in das Sozialgesetzbuch). Auf die Hilfen zur Erziehung nach §§ 27 ff. in ambulanter, teilstationärer und stationärer Form besteht ein individueller Rechtsanspruch, wenn eine dem Wohle des Kindes oder des/der Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist. Dabei hat das Jugendamt seine Leistungen so zu erbringen, dass Eingriffe in die elterliche Sorge vermieden werden, Eltern also motiviert werden, Hilfen anzunehmen. Erst wenn Eltern nicht bereit und in der Lage sind, entsprechende Hilfen anzunehmen, um damit ihrer Erziehungsverantwortung gerecht zu werden, und dadurch das Kindeswohl gefährdet wird, sind Eingriffe in das elterliche Sorgerecht durch das Familiengericht möglich (in der Praxis aber schwierig). Wenn Eltern andererseits eine Hilfe wünschen, die nach fachlicher Einschätzung nicht geeignet ist, darf diese nicht bewilligt werden. Hilfe zur Erziehung wird ebenfalls nicht gewährt, wenn nach fachlicher Beurteilung keine Notwendigkeit besteht, weil Angebote außerhalb der Jugendhilfe oder Möglichkeiten der Unterstützung und Entlastung außerhalb der Hilfen zur Erziehung zur Überwindung der Problemlage ausreichen (s. o.). Die Zielgruppe der schuldistanzierten Kinder und Jugendlichen ist keine homogene Gruppe, Schuldistanz häufig nur ein, wenn auch gravierendes Problem. Unter dem individuellen Aspekt des Hilfeplans können sich verschiedene Möglichkeiten von Hilfebedarf und entsprechend daraus resultierenden Maßnahmen ergeben. Dabei kann es sich im konkreten Einzelfall auch um ein Kooperationsprojekt für schuldistanzierte Kinder bzw. Jugendliche handeln (vgl. dazu Musterkooperationsvereinbarung, Seite 68 ff.). 29 Anhang Schulen stellen sich vor Vorbemerkung Das Thema Schuldistanz hat in der öffentlichen und in der fachpolitischen Debatte bislang keinen großen Stellenwert gehabt. Erst in den letzten Jahren wurde ihm vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt, was unter anderem dazu führte, dass erste umfassende Untersuchungen sowohl zum Ausmaß von Schuldistanz durchgeführt wurden (vgl. Seite 8 ff.) als auch solche, die sich mit den Reaktionen der Kultusbehörden auf Schuldistanz auseinandersetzen (z. B. Ehmann/Rademaker). Es ist deshalb nicht erstaunlich, dass im Hinblick auf Strategien zur Reduzierung von Schuldistanz bislang kaum evaluierte Konzepte vorliegen und in der Praxis zur Anwendung kommen. Vor diesem Hintergrund bestand bei der Auswahl von best-practise Beispielen hinsichtlich des Umgangs mit dem Problem Schuldistanz nicht die Möglichkeit, Konzepte und einzelne Maßnahmen von Schulen darzustellen, deren Erfolg hinsichtlich der Reduzierung von Schuldistanz als wissenschaftlich abgesichert gelten kann. Da jedoch umfangreiche und plausible Erklärungsansätze für die Entwicklung von Schuldistanz vorliegen (vgl. z. B. Thimm), in denen ein ganzes Ursachenbündel für die Entstehung von Schuldistanz verantwortlich gemacht wird (vgl. hierzu Seite 13 ff.), konnte bei der Auswahl von beispielhaft darzustellenden Schulen und Kooperationsprojekten von Schule und Jugendhilfe als Kriterium zu Grunde gelegt werden, inwieweit sich diese mit ihren jeweiligen Konzepten und Maßnahmen auf die in der fachpolitischen Debatte genannten Ursachen der Entstehung von Schuldistanz beziehen. Auch wenn diese Konzepte und Maßnahmen, soweit sie nicht explizit die Arbeit mit schuldistanzierten jungen Menschen zum Gegenstand haben, nicht mit der Absicht entwickelt wurden, auf das Problem von Schuldistanz zu reagieren, liefern sie wertvolle und vielfältige Anregungen zum Umgang mit Schuldistanz in Grund-, Haupt-, Gesamt- und Sonderschulen. Wird das Ausmaß von Schuldistanz künftig zu einem Qualitätsmerkmal von Schulen (vgl. Vor- 23 24 wort, Seite 4), wird eine wie immer gestaltete Evaluation von Präventions- und Interventionsstrategien im Zusammenhang mit Schuldistanz zu einer unabdingbaren Voraussetzung pädagogischen Handelns in diesem Bereich und einer weiteren Handreichung wird es vorbehalten sein, best-practise Beispiele auf der Grundlage evaluierter Konzepte und Maßnahmen zur Minderung von Schuldistanz vorzustellen. Grundschulen Werbellinsee-Grundschule, Schönberg23 Die Werbellinsee-Grundschule24 ist eine partielle Ganztagsschule, an der 500 Schüler/innen lernen und leben. Das Kollegium versteht die Schule als Lern-, Lebens- und Erfahrungsraum für alle Kinder, in dem Inhalte vermittelt, Lehr- und Lernprozesse mit den Kindern gestaltet, soziale Begegnungen geplant und in diesem Sinne Schulentwicklung betrieben wird. Das Schulleben In einem rhythmisierten und verlässlichen Jahreskreis sind viele Ziele der Grundschulpädagogik verankert worden. Dieser Rahmen bildet den Ausgangspunkt für alle Klassenstufen zur Einbettung des Unterrichts und der Weiterentwicklung methodisch, didaktischer Methoden hin zu mehr Offenheit, Differenzierung, Projektorientierung mit Altersmischung. Eine kontinuierliche Verzahnung in Form und Inhalten mit dem Freizeitbereich hat sich entwickelt. Elternmitarbeit und -mithilfe sind ein unverzichtbarer Bestandteil des Schullebens geworden. Unterrichtliche Konzeption Ausgehend von vielen unterschiedlichen Ansätzen zur Öffnung von Unterricht im vorfachlichen Bereich bis zur Klasse 4, wobei die Eingangsstufe eine besonders kindorientierte Form des Anfangsunterrichts darstellt, gibt es drei Merkmale einer Konzeption an der Schule für die Klassen 0 bis 3: Alle Klassen arbeiten im Lese-Schreiblehrgang ohne Fibel, um dem unterschiedlichen Entwicklungsstand, den individuellen Zugangsmöglichkeiten und dem selbstbestimmten, interessengeleiteten Lernen aller Kinder Rechnung zu tragen. Geschrieben von Kolleg/innen und der Schulleitung. Hier konnten leider nur einige Aspekte aus dem „Schulwegweiser“ zur Darstellung kommen. 30 In allen Klassen werden Elemente offener Lernformen (Arbeit nach Tagesplänen oder Wochenplänen, in Projekten, in Stationen oder Werkstätten, Freiarbeitsphasen oder Expertenvorträgen) praktiziert und diese orientieren sich in ihrer pädagogischen Vielfalt an Montessori, Freinet, Waldorf, Petersen, Reichen usw. Unverzichtbarer Bestandteil der prozesshaften, individualisierten und differenzierten Unterrichtsformen ist die Beurteilung im Rahmen von Lernentwicklungsberichten (verbale Beurteilung). In den letzten drei Jahren wurde an einer Konzeption für die Klassen 4 bis 6 gearbeitet, in der besonderer Wert auf gemeinsames, selbstverantwortliches Lernen und Handeln gelegt sowie die Pädagogik aus den Klassen 0 bis 3 fortgesetzt und durch alterspezifische Elemente ergänzt wird: Um der sich immer mehr ausweitenden Heterogenität der Kinder gerecht werden zu können, müssen ihre unterschiedlichen Lernwege noch besser erkannt, die Methodenkompetenz erweitert und im gesamten Unterricht berücksichtigt werden. Das führte zu einer Arbeitsweise in Lehrgängen, teils fachorientiert, teils fächerübergreifend. Diese werden durch die Arbeit mit Wochenplänen im Pflicht-, Wahlpflicht- und Individualbereich vertieft und verstärkt. Die Projektarbeit (WUV25 ist hier integriert) als drittes Element ermöglicht es, die unterschiedlichen Interessen und Bedarfslagen besser aufzugreifen. Durch die systematische Verzahnung der drei Unterrichtsformen und durch gezielte Differenzierung können die leistungsstarken wie die leistungsschwachen Schüler/innen angemessen gefördert und gefordert werden. Das geschieht im Moment in altershomogenen Klassen und klassenübergreifenden Projekten. 20 Integrationskinder werden gezielt in Sonderstunden einzeln, in Kleingruppen oder einer „Übergangsklasse“26 gefördert. Deutsch als Zweitsprache wird für Kinder nichtdeutscher Herkunftssprache additiv und integrativ angeboten. Türkischen muttersprachlichen Unterricht erteilen türkische Lehrer mit den Inhalten Kultur, Geschichte und Folklore. 25 26 Teamarbeit Die Qualifizierung zur Teamarbeit, die für die unterrichtliche Konzeption der jeweiligen Klassenstufe und der Freizeitbereiches notwendig ist, ist ein Schwerpunkt schulinterner und externer Fortbildung. Demokratisches Handeln Kinder benötigen zum demokratischen Handeln eine stabile Ich- und Sozialkompetenz. Zur Entwicklung von Selbstvertrauen, Selbstverantwortung, Toleranz und Kritikfähigkeit wird den Kindern regelmäßig Unterrichtszeit für den Klassenrat zur Verfügung gestellt, in der sie selbstgesteuert Themen und Probleme ihrer Wahl diskutieren und Lösungen suchen. Die Schülermitverwaltung greift im festen Rhythmus Wünsche und Missstände auf, die sie in handlungsorientierten Aktionen umsetzt und aktiv in das Schulleben einbringt. Der Freizeitbereich Die 250 Kinder des Freizeitbereiches werden bis zur 3. Klasse gruppenbezogen organisiert, während für die Klassenstufen 4 bis 6 ein offenes System der Betreuung praktiziert wird. Ziel der pädagogischen Arbeit des Freizeitbereichs ist es, den Kindern soziale Verhaltensweisen zu vermitteln und ihnen eine sinnvolle Gestaltung der Freizeit zu ermöglichen. Der tägliche Umgang mit gleichaltrigen, jüngeren und älteren Kindern sowie Erwachsenen bietet ein vielfältiges Experimentier- und Übungsfeld, um wichtige Dinge wie Selbstbewusstsein, Toleranz, Übernahme von Verantwortung und die Fähigkeit zur Konfliktbewältigung zu entwickeln. Abwechslungsreiche Freizeitangebote wie z. B. Werken, Kochen, Sport, Inlineskating, Tanz, Gitarrenspiel, Theater, Basteln, Gesellschaftsspiele ermöglichen den Kindern, neue Fähigkeiten an sich zu entdecken und diese zu entwickeln. Sie erleben Freude am aktiven Tun und erfahren auf diese Weise die Freizeit als Ausgleich und Entlastung von Stress und Problemen. In Mädchenund Jungengruppen setzen sie sich mit ihrer spezifischen Rolle in der Vorpubertät auseinander. Wahlpflichtunterricht verbindlich Genauere Informationen zur Übergangsklasse finden Sie im Anhang, Seite 50. 31 Während der Schulferien gibt es eine Ferienbetreuung, in der Ausflüge gemacht werden und auch einmal verreist wird. Eine Hausaufgabenbetreuung ist während der Schulzeit organisiert. Kontakt: Telefon 030 75607153 eMail [email protected] Kinder oder auch Lerngruppen zu gleicher Zeit an unterschiedlichen Lerngegenständen arbeiten können. Die Schüler/innen fühlen sich, so sagen sie und so spüren wir es auch, in den Klassenräumen wohl. Sie empfinden ihre Lernumgebungen als ein geordnetes Ganzes, das ihnen Sicherheit, Orientierung und Geborgenheit vermittelt. Zur Montessori-Pädagogik Grundschule am Blumenviertel, Pankow27 Die Säulen unseres Schulprogramms Vor acht Jahren machten wir uns auf, die reformpädagogischen Ideen und Prinzipien der Montessori-Pädagogik in den Unterricht und das gesamte Schulleben einfließen zu lassen. Seitdem arbeiten wir an der Weiterentwicklung der reformpädagogischen Prinzipien „Freiarbeit“, „Binnendifferenzierung“, „Gestaltung der vorbereiteten Lernumgebung“, „Jahrgangsübergreifende Lerngruppen“ und an der Veränderung der „Rolle des/der Lehrer/in“. Seit jeher bemühen wir uns um die Integration von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Der gemeinsame Unterricht ist zu einem wichtigen, klassenübergreifenden Schulentwicklungsprojekt geworden. Unsere Räume und Außenanlagen Die Klassenräume und der Schulhof sind liebevoll und kindgerecht gestaltet. Auf dem Schulhof gibt es viel „Grün“. Außerdem bietet die entsiegelte, in großen Teilen naturbelassene Fläche viele Möglichkeiten bewegungsintensiven Spiels. Spielgeräte laden zum Klettern und Balancieren ein. In einer Ecke des Hofes haben wir einen kleinen Schulgarten angelegt. Bei der Einrichtung der Räume haben wird darauf geachtet, den Lern- aber auch den Bewegungsbedürfnissen der Kinder Rechnung zu tragen. Die Klassenräume sind nach unserem Verständnis nicht nur Aufenthaltsräume für das Lernen im Unterricht, sondern von Lehrer/innen und Kindern gestaltete Lernumgebungen. Die funktionale Einteilung der Räume in Lernbereiche ermöglicht den Schüler/innen eine Orientierung nach Inhalten und Sozialformen, so dass einzelne 27 28 Das Unterrichtskonzept der 18. Grundschule basiert auf der Umsetzung des reform-pädagogischen Ansatzes von Maria Montessori im Rahmen einer staatlichen Grundschule. „MontessoriPädagogik ist ein reformpädagogisches Bildungsangebot, das sich unmittelbar am Kind orientiert und konsequent die Bedürfnisse des Kindes berücksichtigt (...).“28 Die Prinzipien der Montessoripädagogik lauten: „das Kind in seiner Persönlichkeit achten, es als ganzen, vollwertigen Menschen sehen, seinen Willen entwickeln helfen, indem man ihm Raum für freie Entscheidungen gibt; ihm helfen, selbstständig zu denken und zu handeln, dem Kind Gelegenheit bieten, dem eigenen Lernbedürfnis zu folgen, denn Kinder wollen nicht nur irgendetwas lernen, sondern zu einer bestimmten Zeit etwas ganz Bestimmtes, ihm helfen, Schwierigkeiten zu überwinden statt ihnen auszuweichen (...).“ Die herausragende Unterrichtsmethode der Montessori-Pädagogik ist die Freiarbeit. Sie „ist das Kernstück der reformpädagogischen Bildung Montessoris. Die Kinder wählen nach eigener Entscheidung, womit sie sich beschäftigen. Das Montessori-Material, die kindgerechte Darstellung der Angebote und die gute Beobachtungsgabe des Erziehers helfen dem Kind dabei, sich für ein Angebot zu entscheiden. Dann bestimmt das Kind weitgehend selbst den Arbeitsrhythmus und die Beschäftigungsdauer und auch, ob es allein oder mit einem Partner arbeiten, spielen oder lernen möchte. Diese freie Entscheidung führt zu einer Disziplin, die von innen kommt und nicht vom Erzieher gemacht wird ... Dabei Geschrieben von Frau König und Frau Helbig. Dieses und die folgenden Zitate sind der Website: www.montessori.de/montpaed.htm entnommen. Vergleiche auch: Maria Montessori, Die Entdeckung des Kindes, Freiburg i. Br., 1989. 32 verstehen sich die Lehrer/innen nicht nur als unterrichtende Instrukteure, sondern eher als Helfer zur Entwicklung selbständiger Persönlichkeiten. ...“ Sie beobachten die Kinder in der Lernsituation und passen die Unterrichtsmaterialien ihrem Leistungsniveau an. Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf, langsamer und schneller lernende Kinder können daher stets selbstständig und aktiv auf Aufgabenstellungen zugreifen, die ihrem individuellen Leistungsvermögen und ihrer Könnensstufe entsprechen. Unser Unterrichtskonzept soll den Kindern die Gelegenheit zu selbstständiger, eigenverantwortlicher und selbstbestimmter Arbeit in selbst gewählten sozialen Zusammensetzungen (Gruppen, Partner-, Einzelarbeit) ohne zeitliche Begrenzung während einer 70-minütigen täglichen Freiarbeitszeit ermöglichen. Dies geschieht in allen Klassenstufen. Wir wissen, dass Schüler/innen nur schwer lernen können, wenn sie durch persönliche Probleme, z. B. Krisensituationen in der Familie, belastet sind. Dies berücksichtigen wir bei unserer pädagogischen Arbeit. Schüler/innen werden nur dann Lernfortschritte erzielen, wenn sie motiviert bei der Sache sind. Manchmal kommen Pädagogen/Pädagoginnen dabei an ihre eigenen Grenzen und fühlen sich von außen stehenden Institutionen (Schulamt, Jugendamt, Psychologische Beratungsstelle) nicht genug unterstützt. nehmen. Wir jedenfalls stellen fest, dass Wohlfühlen und gerne zur Schule gehen, sich von den Lehrer/innen verstanden fühlen und in ihnen Partner/innen sehen, nicht im Gegensatz zu „Leistung fordern“ stehen, sondern dass dies im Gegenteil die Grundlage zur optimalen Leistungsentwicklung aller Schüler/innen darstellt. Gäste unserer Schule äußern stets, dass sie zuallererst ein harmonisches Schulklima und freundliche, ausgeglichene Schüler/innen bei uns wahr- Kontakt: Frau Helbig, Frau König Telefon 030 42850870 Fax 030 42850872 eMail grundschule im [email protected] 33 Franz-Schubert-Grundschule, Neukölln29 Soziales Lernen im sozialen Brennpunkt - Ein Kooperationsprojekt von Schule und Schülerclub wurde eine Reihe von Bausteinen entwickelt, um die Selbstwirksamkeitsüberzeugung bei den Kindern zu erhöhen. Das Curriculum „Soziales Lernen“ Seit September 1994 arbeiten die Franz-SchubertGrundschule und der Schülerclub ARCHE in NordNeukölln gemeinsam an einem Programm zum sozialen Lernen in einem sozialen Brennpunkt. Der Einzugsbereich der Schule in Nord-Neukölln ist gekennzeichnet durch einen hohen Ausländeranteil, eine hohe Arbeitslosigkeit und Sozialhilfedichte sowie durch eine starke Bevölkerungsfluktuation, die oft einhergehen mit psychosozialen Verelendungstendenzen. Die Kinder kommen mit teilweise erheblichen Entwicklungsverzögerungen, Konzentrationsschwächen, Sprachschwierigkeiten in die Schule. Es fehlt oft eine auf Kompromiss und Verständigung angelegte Streitkultur. Infolgedessen drohen Spannungen und Aggressionen zwischen den Kindern den Unterricht und das gesamte Schulleben zu belasten. Das Bemühen, diesen Tendenzen entgegenzuwirken, das Schulklima zu verbessern sowie gewaltpräventives Handeln und soziales Lernen in der Schule zu verankern, bestimmt die Schulentwicklungsprozesse der letzten Jahre. Im Rahmen zahlreicher Diskussionen des Kollegiums, der ARCHE-Mitarbeiter und der Eltern sowie durch unterschiedliche schulinterne und externe Fortbildungen haben sich die folgenden Ziele pädagogischen Handelns als besonders wichtig herauskristallisiert: Emotionale Stabilisierung der Kinder Förderung der sinnlichen Wahrnehmung Entwicklung bzw. Förderung von Selbstwertgefühl Entwicklung bzw. Förderung spezifischer sozialer Kompetenzen Entwicklung bzw. Förderung gewaltfreier Konfliktbewältigungsstrategien Auseinandersetzung mit „fremden“ Werten und Normen, interkulturelle Erziehung Entwicklung bzw. Förderung von Demokratieverständnis und Gestaltungswillen Die Stärkung emotionaler und sozialer Kompetenzen lenkt die Aufmerksamkeit der Kinder auf die eigenen Fähigkeiten und Potentiale. Inzwischen 29 Geschrieben von Wolfgang Höfert/Margrit Maurer 34 Beim sozialen Lernen handelt es sich um ein äußerst komplexes Lerngebiet, das in der Schule in den vielfältigsten Bereichen stattfindet. Bei der geschilderten Ausgangslage schien es aber zunehmend unausweichlich, feste Zeiten für die Vermittlung entsprechender Basiskompetenzen bereitzustellen. Als Ergebnis einer Zukunftswerkstatt mit der Gesamtelternvertretung („Schule ohne Gewalt“) und auf der Grundlage eines Beschlusses der Gesamtkonferenz findet deshalb in Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern des Schülerclubs Arche seit 1998 in allen Klassen eine Wochenstunde „Soziales Lernen“ statt. Im Laufe der Zeit stellte sich dabei immer stärker die Frage nach einem einheitlichen pädagogischen Handeln und einer spezifischen inhaltlichen Grundlage für die Durchführung dieser Stunden. Hier sollen konzentriert und ohne Blick auf andere Lernziele Spiele und Übungen zur grundlegenden Verbesserung sozialer Fähigkeiten durchgeführt werden. In Zusammenarbeit zwischen Schule und Schülerclub wurde ein internes Curriculum entwickelt, das Spiele und Übungen zu den Themenbereichen Selbstwahrnehmung, Fremdwahrnehmung/Kommunikation, Kooperation/Helfen, Konflikte lösen sowie Werte/Normen für die unterschiedlichen Klassenstufen bereitstellt. Darüber hinaus werden Aspekte geschlechtsspezifischen Arbeitens und Bezüge zum Unterricht thematisiert. Workshop „Wie gehe ich um mit meiner Wut“ Auf der Grundlage eines Gesamtkonferenzbeschlusses bietet der Schülerclub Arche für alle Klassenstufen Workshops zum Thema „Wie gehe ich um mit meiner Wut“ an. Die Dauer eines solchen Workshops beträgt zwei mal drei Schulstunden und wird für Teilungsgruppen (meist geschlechtsspezifisch getrennt) angeboten. Für jede Klasse stehen also 12 Schulstunden zur Verfügung. Themen sind das Erkennen von Gefühlen, die Kontrolle des eigenen Verhaltens und der Umgang mit Ärger und Wut sowie die Erprobung neuer Verhaltensweisen. Mediation und Täter-Opfer-Ausgleich Die Schulordnung der Franz-Schubert-Grundschule legt fest, dass die Schule sich bei Konflikten und gewalttätigen Übergriffen nicht auf den Einsatz von Ordnungsmaßnahmen beschränken kann, sondern schon im Vorfeld präventiv tätig werden muss. Deshalb sollen vorrangig Methoden konstruktiver Konfliktbewältigung bei Konflikten eingesetzt werden, d. h. insinsbesondere die Mediation und der Täter-Opfer-Ausgleich. Gewaltanwendungen, die besonders schwere Folgen seelischer, körperlicher oder materieller Art hinterlassen, müssen in einem Täter-Opfer-Ausgleich geklärt, aufgearbeitet und ausgeglichen werden. Die Täter sind zunächst mit ihren Handlungen zu konfrontieren, sie müssen Verantwortung für ihre Tat und das Opfer übernehmen. Stimmen sowohl Täter als auch Opfer einem Ausgleichsversuch zu, kann der Konflikt unmittelbar mit den Beteiligten bearbeitet werden. Bei Vorfällen, die möglicherweise schulische Ordnungsmaßnahmen nach sich ziehen, ist darauf zu achten, den Täter-Opfer-Ausgleich und den Einsatz dieser Maßnahmen in einen geregelten Ablauf zu bringen, um auch hier ein einheitliches pädagogisches Handeln zu ermöglichen. Die Gesamtkonferenz hat deshalb einstimmig einen Beschluss zur „Verzahnung von Methoden konstruktiver Konfliktbewältigung und Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen an der Franz-SchubertGrundschule“ gefasst. Danach sind Ergebnis und Verlauf des Täter-Opfer-Ausgleichs bei der Verhängung möglicher Ordnungsmaßnahmen unbedingt zu berücksichtigen. Mit Hilfe dieser Bausteine lassen sich entsprechend den eingangs benannten Zielen pädagogischen Handelns die folgenden Arbeitsschwerpunkte benennen: Vermittlung grundlegender Regeln des Zusammenlebens (Arbeit mit der Schulordnung) Entwicklung grundlegender sozialer Kompetenzen (Curriculum „Soziales Lernen“) Vermittlung des Umgangs mit eigenen Gefühlen (Curriculum „Soziales Lernen“ und Workshop „Wie gehe ich um mit meiner Wut“) Entwicklung konstruktiver Konfliktbewältigungsstrategien (Curriculum „Soziales Lernen“, Mediation, Krisenintervention bei Einzel- oder Gruppenkonflikten, Arbeit mit den Klassensprecherinnen und -sprechern) Klare Grenzsetzung bei Gewaltanwendungen seelischer, körperlicher oder materieller Art (Täter-Opfer-Ausgleich und ggf. Einsatz schulischer Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen) Förderung des kindlichen Gestaltungswillens im gesamten Schulleben (z. B. Arbeit mit den Klassensprecherinnen und -sprechern, Pausenverkauf im Schülercafé, Spielzeugverwaltung) Die inhaltliche Koordinierung und Entwicklung der Arbeit hat eine Demokratisierung des Schullebens zur Voraussetzung und erfolgt in den Schulentwicklungsgruppen „Soziales Lernen“ und „Konstruktive Konfliktbewältigung“. Die praktische Umsetzung im Schulleben und in der Schülerclubarbeit wird vorbereitet in der Planungsgruppe (erweiterte Schulleitung) und im Projektrat des Schülerclubs ARCHE und basiert auf den Beschlüssen von Gesamt- und Schulkonferenz. Kontakt: Wolfgang Höfert Schülerclub ARCHE in der Franz-Schubert-Grundschule, Weserstr. 12, 12047 Berlin, Telefon 030 6273 2070, Fax 030 6130 9889 eMail [email protected] 35 Gesamtschulen Erasmus-von-Rotterdam-Oberschule, Hellersdorf30 Die Erasmus-von-Rotterdam-Oberschule liegt im östlichsten und jüngsten Stadtbezirk von Berlin - Marzahn-Hellersdorf - und ist eine Gesamtschule ohne Sekundarstufe II. Seit dem Schuljahr 1991/92 arbeiten wir in der Regel 4-zügig, d. h. mit 16 Klassen und ca. 450 Schülern, die momentan von 33 Lehrkräften unterrichtet werden. Die Ausgangsvoraussetzungen für den Aufbau unserer Schule waren nicht besonders gut. Anfang der 90er Jahre herrschte eine generelle Unsicherheit, das Kollegium war völlig neu zusammengesetzt worden und auch die Schüler/innen mussten sich erst finden. Von Anfang an war es unser Bestreben, einen pädagogischen Grundkonsens zum Umgang miteinander und vor allem mit den Schüler/innen zu finden. Wir wollten eine Schule schaffen, in der sich jeder wohlfühlt, Forderung und Förderung erfährt und sich selbst aktiv einbringen kann. Unter anderem wollten wir dadurch auch präventiv auf die Entstehung von Gewalt und Schuldistanz einwirken. Dieser Prozess lief und läuft nicht immer problemlos ab. Dennoch sind wir der Meinung, auf dem richtigen Weg zu sein. Denn der Krankenstand in unserem Kollegium ist gering und 85 % der heute bei uns tätigen Lehrkräfte sind von Beginn an an dieser Schule. Ein Großteil unserer Schüler/innen kommt gern zur Schule und bringt sich aktiv in das vielfältige Angebot ein, das wir entwickelt haben. Viele Eltern nennen als Grund für die Anmeldung ihres Kindes an unserer Schule das positive Schulklima und die interessanten Angebote. Bei vielen der im Folgenden beschriebenen Aktivitäten werden wir durch Sponsoren und den Schulförderverein unterstützt. So sind diverse künstlerische Projekte durchgeführt worden, in denen die Schüler/innen im Unterricht und z. T. auch in ihrer Freizeit Ideen entwickelt und umgesetzt haben, um sich ihr Schulumfeld angenehmer zu gestalten. Dazu gehören die Umgestaltung des Schulhofes mit Bau einer kleinen Freilichtbühne, die Umgestaltung der Cafeteria nach Motiven von Friedensreich Hundertwasser, 30 Geschrieben von Gabriele Müller. 36 zurzeit die Gestaltung von Tischen und Stühlen für die Cafeteria ebenfalls nach Hundertwasser, die Gestaltung einer mittelalterlichen Burg aus einem großen Kalksandstein im Wohngebiet, die Schulhausgestaltung mit Arbeiten aus dem Kunstunterricht und die Gestaltung eines „Geometrischen Gartens“ auf dem Schulvorplatz. Mit großer Begeisterung sind die Schüler/innen dabei. Stolz präsentieren sie ihre Ergebnisse Mitschülern, Eltern und Freund/innen. Vandalismus oder blinde Zerstörungswut sind verbannt, denn alle sehen, wie die „Künstler/innen“ bei der Herstellung ihrer Werke schwitzen. Seit vier Jahren existiert bei uns die Schülerfirma „Rotterdams Botaniker“. Die Schüler/innen entscheiden sich im Rahmen des Wahlpflichtunterrichts dafür und arbeiten wie in einem richtigen Unternehmen. Sie wählen ihren Vorstand, kümmern sich um Aufträge, müssen die Kosten kalkulieren usw. Wie der Name schon vermuten lässt, handelt es sich um angehende Gärtner/innen, Floristen/Floristinnen u. ä. Die Gestaltung und Pflege des „grünen Schulhauses“ obliegt ausschließlich ihnen. Ausgebildete Mediator/innen - unsere Peacemaker - helfen in Konfliktsituationen zu schlichten, so dass es sehr selten zu Eskalationen kommt. Seit acht Jahren arbeitet der Schulclub - betreut von unserer Sozialpädagogin und unserem Erzieher. Auch hier wird Eigenverantwortung und -initiative groß geschrieben. Einmal wöchentlich trifft sich das Clubteam (bestehend aus Schüler/innen verschiedener Jahrgänge), um über anstehende Probleme oder Aktivitäten zu beraten. Das ganz Besondere an unserer Schule ist unser „Zirkusprojekt“, das wir gemeinsam mit einer Solinger Hauptschule seit sechs Jahren durchführen und das schon zweimal vom Bundespräsidenten ausgezeichnet worden ist. Auch hier können Schülerinnen und Schüler aller Jahrgänge teilnehmen und gemeinsam mit den Solingern zweimal jährlich (einmal in Solingen - einmal in Berlin) ein Zirkusprogramm einstudieren, um es dann vor stets begeisterten Grundschüler/innen vorzuführen. Während ihres Aufenthaltes in Berlin werden alle Teilnehmer/innen des Projektes kulinarisch in unserer Lehrküche von Mitschüler/innen versorgt. Besonders anzumerken ist, dass - obwohl keine Honorarmittel zur Verfügung stehen ein ehemaliger Schüler unserer Schule und heutiger Berufsartist die Schüler/innen fachlich betreut. Aus diesem Projekt heraus hat sich die Einrichtung des Wahlpflichtfaches „Zirkus“ - übrigens einmalig in Berlin - entwickelt. Die Zirkusbegeisterung hat auch schon die benachbarte Grundschule erfasst. Gemeinsam mit unseren Schüler/innen lernen sie im Rahmen einer AG Jonglieren, akrobatische Meisterstücke u. v. m. Zu einem Höhepunkt in unserem schulischen Leben haben sich die seit vier Jahren stattfindenden Variete-Vorstellungen am Ende des Schuljahres entwickelt. Diverse Unterrichtsfächer und Wahlpflichtkurse arbeiten im Laufe des Schuljahres hart an der Vorbereitung. Texte müssen geschrieben werden, Kostüme genäht, Kulissen gebaut, Eintrittskarten fertiggestellt, die Technik darf nicht versagen und nicht zuletzt müssen die Darbietungen einstudiert werden. Ergebnis ist jeweils ein ca. 1,5-stündiges buntes Programm mit Rahmenhandlung und verschiedenen Vorführungen, das seine Zuschauer/innen Jahr für Jahr aufs Neue begeistert. Gerade das Zirkusprojekt ist für Schüler/innen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr gern am „üblichen“ Unterricht teilnehmen, ein ausgesprochener Anreiz, zur Schule zu kommen und viele Mühen und Anstrengungen auf sich zu nehmen, um bei einer Zirkus- oder Varietevorführung mitwirken zu können. Sicher gibt es auch weiterhin viel zu tun! PISA ist auch an uns nicht spurlos vorübergegangen. Durch das Erlernen und Anwenden der Unterrichtsmethoden nach Klippert, die ebenfalls das eigenverantwortliche Arbeiten der Schüler/innen in den Mittelpunkt stellen, vermitteln wir unseren Schülern das nötige Know-how für den Start ins Berufsleben. Unsere langjährigen Erfahrungen haben gezeigt: Die Einbeziehung von Schüler/innen und natürlich auch von Eltern (die hier ein bisschen zu kurz gekommen sind) und die Wahrnehmung von Verantwortung für jeden Einzelnen aber auch für das Ganze sind Grundvoraussetzungen, um dem o. g. Anspruch nach einer Schule, in der sich alle wohlfühlen, entsprechen zu können. Kontakt: Schulleiterin: Frau Müller Erasmus-von-Rotterdam-Oberschule, Alte Hellersdorfer Straße 7, 12629 Berlin Telefon/Fax 030 5615126 eMail [email protected] 37 Carl-von-Ossietzky-Oberschule, Kreuzberg31 Die Carl-von-Ossietzky-Oberschule (C. v. O.) ist eine Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe und einem Ausländeranteil von 45 %. Seit 20 Jahren betreuen Lehrer/innen und Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen gemeinsam die Klassen der Mittelstufe. Die Zusammenarbeit findet kontinuierlich von der 7. bis zur 10. Klasse statt. Es ist dabei von großem Vorteil, dass Klassenlehrer/innen, Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen und Schüler/innen über vier Jahre einen gemeinsamen Prozess durchlaufen. Die gemeinsame (sozial-)pädagogische Arbeit beginnt mit dem Übergang von der Grundschule zur Oberschule. In der an unserer Schule üblichen Einführungsphase machen sich die Schüler/innen mit den Pädagogen/Pädagoginnen und Mitschüler/innen vertraut und lernen die neue Schule mit ihren unterschiedlichen Bereichen kennen. In den 7. Klassen stehen den Kollegen/Kolleginnen zwei Kerngruppenstunden32 und zwei außerunterrichtliche Zeiten33 pro Gruppe zur Verfügung, zusätzlich laufen AG´s während der Essenszeiten oder an unterrichtsfreien Nachmittagen, im allgemeinen an einem Nachmittag pro Klasse. Die Tutorstunden gestalten Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen und Lehrer/innen gemeinsam, in der Regel findet wöchentlich eine Koop-Stunde34 statt. Diese Stunde nehmen die Lehrer/innen aus ihrem Springstunden-Kontingent (Vorbereitungszeiten). Sie können diese Stunden im Plan kenntlich machen, so dass sie während dieser Zeiten nicht zum Vertretungsunterricht eingesetzt werden. Die Koop-Stunde ist eine freiwillige und zusätzliche Stunde seitens der Lehrer/innen, die Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen integrieren diese in ihre Vorbereitungszeiten. 31 Die Tutorstunden im 7. Jahrgang unterscheiden sich inhaltlich folgendermaßen: Eine Wochenstunde dient dazu, die allgemeinen und aktuellen Fragen der Klasse zu behandeln sowie alle weiteren Klassengeschäfte zu erledigen. Die zweite Stunde wird ausschließlich auf das soziale Lernen verwandt. Um sich darauf vorzubereiten, haben fast alle Klassenlehrer/innen der C. v. O an einer Fortbildung im Bereich des sozialen Lernens auf der Grundlage des Programms von Lions-Quest „Erwachsen werden”35 teilgenommen. In der Eingangsphase erleben wir, dass die Schüler den Angeboten der Schule mit viel Neugier und Offenheit begegnen. Die Beziehungen innerhalb der Gruppen sind noch relativ unbelastet und offen für neue Verbindungen. Die von uns in diesem Stadium angebotenen Übungen zur Kommunikation und Interaktion im Bereich des sozialen Lernens werden von den Jugendlichen in der Regel mit Interesse und Engagement angenommen. Die Schüler/innen erleben es als äußerst positiv, dass ihnen kontinuierlich ein Zeitraum zur Verfügung gestellt wird, in dem sie ihre Erwartungen und Vorstellungen äußern und die der anderen Mitschüler/innen kennen lernen und diskutieren können. Der Gruppenzusammenhang wird gefestigt und das Zusammengehörigkeitsgefühl gefördert. Die Klasse thematisiert Verantwortung und Verpflichtungen und nimmt sie gemeinsam wahr. Die Jugendlichen lernen ohne Leistungsdruck vor der Klasse zu sprechen, ihre sozialen Hintergründe darzustellen sowie konstruktive Feedbacks zu geben bzw. anzunehmen. An dieser Stelle sind die Lehrer/innen und Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen sehr gefordert, denn sie müssen die Informationen in ihr weiteres Handeln einbeziehen, da sonst die Gefahr besteht, dass sich die Schüler/innen ausgehorcht fühlen. Geschrieben von Gudrun Böttger. An den Gesamtschulen gibt es in den 7. Klassen zwei und in den Klassen 8 - 10 jeweils eine Kerngruppenstunde/n. Sie stehen der Klasse für organisatorische und soziale Aufgaben zur Verfügung und werden von den Klassenleiter/innen (auch als Tutor/innen bezeichnet) durchgeführt. Laut Gesamtkonferenzbeschluss der C. v. O. findet in diesen Stunden die im Artikel beschriebene Kooperation zwischen Lehrkräften und Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen ihre konkrete Umsetzung. 33 Den 7. und 8. Klassen stehen hier zwei Stunden zur Verfügung, die von Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen und Erzieher/innen durchgeführt werden. 34 Zwei Lehrkräfte unterrichten gleichzeitig in einer Klasse. 35 Lions-Quest: Erwachsen werden (Das Handbuch ist nur in Verbindung mit der entsprechenden Fortbildung erhältlich, bei Interesse bitte melden unter Telefon 41924740) 32 38 Gemeinsam mit meiner Lehrerkollegin Barbara Hecke habe ich folgenden Leitfaden für das soziale Lernen an unserer Schule entwickelt: Unser Leitfaden36 Die Bausteine 1 und 2 bieten die Grundlage für die Arbeit in den Kassenstufen 7 und 8. Im 9. und 10. Schuljahr wenden wir uns verstärkt den Themen aus den Bausteinen 3 bis 5 zu. Baustein 1: Einstieg in eine Klassengemeinschaft Kommunikationstraining - Einstieg Kennen lernen und Beobachten Regeln-Aufstellung und Überprüfung Klassensprecher/innen-Wahl ”Benimm-Kurs” - Interaktionsübungen - Rollenspiele Gewaltprävention Konfliktlotsenausbildung, Anti-Gewalt-Training bei der Berliner Polizei u. a. - Interaktionsübungen - Rollenspiele - Planspiele - Projektarbeit Baustein 4: Liebe, Freundschaft, Sexualität Kommunikationstraining - Fortführung Geschlechtspezifische Arbeitsgruppen Mädchenproblematik Jungenproblematik Zusammenführung der o. g. Arbeitsschwerpunkte im Klassenverband Themenbezogene Gespräche/Übungen - Diskussionen - Interaktionsübungen - Rollenspiele - Planspiele - Projektarbeit Baustein 2: Stärkung des Selbstvertrauens Baustein 5: Werte, Normen, Lebensplanung Kommunikationstraining - Fortführung Selbst-und Fremdwahrnehmung Feedback Mit Gefühlen umgehen - Interaktionsübungen - Rollenspiele Reflexion und Perspektiven Freundschaften/Beziehungen Schulzeit Elternhaus Zukunftsperspektiven - Interaktionsübungen - Rollenspiele Baustein 3: Soziales Lernen im Klassenverband Rollen erfahren, erforschen, trainieren Suchtprävention Umgang mit Gefühlen - Fortführung aus Baustein 2 36 Kontakt eMail [email protected] Die Übungen werden genauer erläutert in: Gudrun Böttger, Angelika Reich: Kreativität und soziale Kompetenz fördern Gudrun Böttger, Angelika Reich u. a.: Konflikte lösen mit Jugendlichen Heinz Klippert: Methoden- und Kommunikationstraining 39 Hauptschulen Werner-Stephan-Oberschule, Tempelhof37 Einleitung An der Werner-Stephan-Oberschule, Hauptschule im Bezirk Tempelhof-Schöneberg mit gemeinsamem Unterricht in allen Klassen von Schüler/innen mit und ohne Behinderung, einem Förderkonzept für ausländische Seiteneinsteiger aus zurzeit 35 verschiedenen Nationen, sowie einem umfassendes Betreuungskonzept gilt der Leitgedanke: eigenverantwortliches Lernen und Selbstwirksamkeit zu fördern, gegen Schulfrust neues Selbstbewusstsein und Lernerfolg zu ermöglichen, Konflikte ernst nehmen ein von Schüler/innen und Lehrer/innen gemeinsam verantwortetes gutes Schulklima der gegenseitigen Wertschätzung und Akzeptanz zu schaffen. Die vielfältigen Projekte der Schule, die gemeinsam dem Ziel dienen, die Schüler/innen zu gewinnen und nicht abzuschrecken, umfassen das gesamte Schulleben. Das Ergebnis dieser Arbeit ist: „Schüler/innen kommen in der Regel gern zur Schule“. Das 40-Minutenmodell bringt je Lehrer/in mit voller Stelle eine Arbeitszeitressource von 135 Minuten - Aktionszeit genannt -, mit der Projekte erfolgreich verwirklicht werden können, für die eine Absicherung sonst kaum möglich wäre. Zum Ausgleich bieten viele Arbeitsgemeinschaften zurzeit ca. 30) allen Schüler/innen ein attraktives Angebot nach Unterrichtsschluss. Nachfolgend werden Teilbereiche der Arbeit der Schule erläutert, die besonders dazu beitragen, der Gefahr der Schuldistanz präventiv zu begegnen. Unterricht Die individuelle Förderung und die Gestaltung von Anforderungen entsprechend dem Leistungsvermögen unterschiedlicher Schüler/innen 37 Geschrieben von Siegfried Arnz. 40 sowie die Unterstützung der Schüler/innen beim eigenverantwortlichen Lernen werden erleichtert durch eine möglichst große Zahl von doppelt gesteckten Unterrichtsstunden (u. a. durch 40’-Modell möglich). Soziales Lernen gehört als eigenständiger verpflichtender Unterrichtsinhalt zur Arbeit in den 7. und 8. Klassen. Die Einrichtung der meisten Klassen als Integrationsklassen für lernbehinderte und geistig behinderte Jugendliche bildet den Rahmen für individuelle Lernwege. Durch ein besonderes System von Förderklassen (C-B-A-Modell) für ausländische Seiteneinsteiger ohne oder mit sehr geringen deutschen Sprachkenntnissen werden der Sprach-erwerb und die Erweiterung der Sprachkompetenz für Jugendliche nichtdeutscher Herkunftssprache erfolgreich organisiert. Beurteilung Gerade durch den Anspruch der Schüler/innen in den Integrationsklassen und Förderklassen auf individuelle Rückmeldung und Leistungsbeurteilung gewinnt dieses Prinzip zunehmend an Verbreitung. Dazu gehören neben positiver Verstärkung und einem großen Stellenwert von verbalen Beurteilungen nicht nur für Integrationsschüler/innen sowohl eine möglichst flexible Auslegung der Bestimmungen zur Zensurengebung (z. B. zeitweises Aussetzen der Rechtsschreibzensur) als auch die Nutzung der Spielräume der Versetzungsordnung, um sinnloses und demotivierende Wiederholen von Klassenstufen zu vermeiden. Schülerfirma und Cafeteria Eigenverantwortlichkeit wird in besonderem Maße in diesen Arbeitslehreprojekten des 10. Jahrgangs verwirklicht. Schüler/innen in ernstgemeinter Verantwortung z. B. als Abteilungsleiter/innen, Lehrer/innen als Partner im Arbeitsprozess von der Planung bis zur Ausführung und Kontrolle erzielen ein Höchstmaß an Motivation, Anstrengungsbereitschaft und Arbeitsfreude, die sich häufig auf andere Bereiche schulischen Lernens überträgt. Das Ergebnis ist nicht zuletzt eine seit acht Jahren tägliche, zuverlässige und qualitativ gute Versorgung der gesamten Schule (Schüler/innen und Lehrer/innen) mit Essen und Getränken. Schulstation Die Schulstation ist als zentraler in das Schulleben integrierter Ort der Entspannung und Konfliktbewältigung nicht mehr weg zu denken: Ob Schüler/innen aus den Klassen „geschickt“ werden, ob sie selbst entscheiden, in die Schulstation gehen zu wollen (was ihr Recht ist), ob sie an mehreren Stunden der Woche regelmäßig im Rahmen einer besonderen Vereinbarung in der Schulstation sind, die Schulstation bietet täglich von der 1. bis zur 6./7. Stunde den Rahmen für Schüler/innen, die ungestört eine Arbeit beenden oder nachholen wollen oder sollen für sehr persönliche und vertrauliche Beratungsgespräche für Entspannung bei Kopfschmerzen oder anderem Unwohlsein zum Ruhigwerden bei Konflikten in der Klasse, mit Lehrer/innen oder anderen Schülern/innen Die Schulstation ist niemals geschlossen und wird bei Krankheit im Schulstationsteam vorrangig vertreten (Lehrer/innen der Schule). Eine wirkungsvolle Unterstützung und Hilfe erhält die Schulstation durch die ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen des Projekts „Seniorpartner in School“ (SiS). Schülerverantwortung und Streitschlichter Schülerverantwortung als Grundsatz findet sich in immer mehr Bereichen der Schule wieder: Raucherregeln, Ärger um die WC´s, Schulfeste oder die Schulgestaltung - überall übernehmen und erhalten die Schüler/innen Verantwortung. Die Schülervertreter/innen erstellten zum ersten Mal vor sieben Jahren auf einer SV-Tagung Regeln für das Zusammenleben an der WernerStephan-Oberschule, die „Versprechen an die Schulgemeinschaft“. Seither wird in jedem Jahr ein neues Versprechen erarbeitet. Bei jährlich vier aufeinander aufbauenden Streitschlichterlehrgängen gewinnen freiwillig teilnehmende Schüler/innen umfangreiche Kompetenzen zur Lösung von Konflikten, vom Eingreifen in akuten, auch gewaltsamen Streitsituationen bis hin zum Abschließen von Verträgen zur dauerhaften Beilegung von Konflikten. Das Klima an der Schule wurde erheblich verbessert. Die Schüler/innen empfinden die Schule als ihre Schule. Das Selbstbewusstsein der Schülervertreter/innen hat sich erheblich gestärkt. Trotz eines hohen Konfliktpotentials kommt es kaum noch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Zu allem gehört eine Arbeitskultur im Kollegium, in der Teamarbeit (alle Klassen werden durch Teams geleitet - es gibt keine reinen Fachlehrer/innen) in allen Bereichen im Zentrum der Schule steht, in der Belastungen der Kollegen/innen ernst genommen werden, in der mit einer vom Kollegium gewählten Erweiterten Schulleitung (ESL) Probleme erkannt und aufgegriffen werden, z. B. durch sinnvolle Regelungen für Vertretungsunterricht. Kontakt: Homepage der Werner-Stephan-Oberschule: www.wso-berlin.de Homepage des „Verbunds Selbstwirksame Schulen“: www.selbstwirksameschulen.de 41 Heinz-Brandt-Oberschule, Pankow38 Unabhängig davon in welchem Berliner Bezirk sich eine Hauptschule befindet, weist sie typische Merkmale auf: Es sind immer die leistungsschwächsten Schüler/innen einer Grundschulklasse, die eine Hauptschulempfehlung bekommen. Die Berliner Hauptschule wird in den seltensten Fällen von den Eltern als die Schulform gewählt, die aus ihrer Sicht die für ihr Kind sinnvollste ist. Ein Großteil der Schülerinnen und Schüler ist überaltert. Es gibt deutlich mehr Jungen als Mädchen. Die Hauptschule stellt bezogen auf eine möglichst erfolgreiche Schulkarriere das Schlusslicht dar, deswegen ist dort der Anteil der Schuldistanzierten zwangsläufig am größten. Von daher ist hier auch der Anteil derjenigen, die die Berliner Schule ohne Abschluss verlassen, am größten. Die Mitarbeit der Eltern innerhalb der Schulverfassungsgremien ist nur minimal vorhanden. An Hauptschulen befindet sich ein großer Anteil von Jugendlichen nichtdeutscher Herkunftssprache. Nur das letzte der hier aufgeführten Merkmale trifft nicht auf die Heinz-Brandt-Oberschule zu: Da sie sich im Ostteil der Stadt befindet, ist der Anteil der Schüler/innen nichtdeutscher Herkunftssprache so gering, dass er vernachlässigt werden kann. Alle anderen aufgezählten Charakteristika sind an unserer Schule zu finden. Die Arbeit an der Hauptschule muss immer wieder neu überdacht und verändert werden. Die Rolle der Lehrerinnen und Lehrer schwankt zwischen Wissensvermittler, Elternersatz, Sozialarbeiter und Erzieher. Eine eindeutige Berufsdefinition ist für die Kollegin/den Kollegen nicht gegeben bzw. erkennbar. Um die Arbeit sowohl für die Schülerinnen und Schüler, als auch für die Kolleginnen und Kollegen erträglicher zu gestalten, wurden an unserer Schule Impulse von außen dankbar aufgenommen. So wurde vor sechs Jahren mit dem 10. Jahrgang eine Zukunftswerkstatt im Rahmen der Agenda 21 des damaligen Bezirks Weißensee 38 Geschrieben von Karla Werkentin. 42 durchgeführt. Die Jugendlichen erarbeiteten mit fachlicher Unterstützung durch Studenten Modelle für die Veränderung ihrer Schule. Diese wurden dann der Öffentlichkeit präsentiert. Dadurch war der Kontakt zur Abteilung Jugend hergestellt. Es kam uns darauf an, beide Bereiche, mit denen unsere Jugendlichen zu tun haben, nämlich Schule und Jugendamt, zusammenzuführen. Gemeinsam versuchen wir, unseren Jugendlichen zu helfen. Die Zusammenarbeit mit der Abteilung Jugend wurde von Seiten der Schule als dringend notwendig und als Unterstützung betrachtet, nicht als Konkurrenz. Als dann die Möglichkeit bestand, einen Schülerclub, der an einer anderen Schule nicht benötigt wurde, an die Schule zu bekommen, war das Kollegium dankbar. Da der Schülerclub unter Leitung eines Freien Trägers arbeitet, bestand die Chance Drittmittel zu akquirieren. Dieses wurde genutzt und etliche künstlerische Projekte konnten erfolgreich durchgeführt werden. Künstlerinnen und Künstler arbeiteten mit den Jugendlichen in Projekten. Die Schule öffnete sich erfolgreich nach außen. Mittlerweile ist die Arbeit des Schülerclubs voll in die Schularbeit integriert: So finden z. B. Projekte außerhalb des Unterrichts statt (z. B. Begegnungsfahrten und Treffen mit Schülerinnen und Schülern anderer Schulen, Klassensprecherschulungen). Der Schülerclub nimmt an Projekttagen teil und unterstützt unterschiedlichste schulische Aktivitäten. Ähnlich verläuft die Arbeit mit der Schulstation. Auch hier ist die Mitarbeit nicht auf die Betreuung derjenigen Schülerinnen und Schüler beschränkt, die den schulischen Vormittag ohne Hilfe nicht bewältigen, sondern sie erstreckt sich auch auf den Nachmittag und kommt dann allen Jugendlichen unserer Schule zugute. Bis vor kurzem war die Schulstation auch während der Ferien geöffnet. Aufgrund von Mittelkürzungen gibt es dieses Angebot leider nicht mehr. Der Kontakt zu den verschiedenen Abteilungen des Jugendamts wird kontinuierlich von den Leiter/innen der Schulstation und des Schülerclubs wahrgenommen, so dass Schule und Jugend zunehmend enger miteinander kooperieren. Durch die Öffnung nach außen und die enge Zusammenarbeit dieser beiden Institutionen ist innerhalb des Kollegiums die Bereitschaft gewachsen, anderen Personen (z. B. Künstler/innen, Stu- dent/innen, Dozenten der Berlinbrandenburgischen Fortbildungsakademie u. a.) pädagogische Arbeit zuzutrauen. Das Kollegium ist für Außenkontakte und Zusammenarbeit offener geworden. Projekte, die von außen an die Schule herangetragen werden, stoßen nicht mehr auf Bedenken der Lehrer/innen. Sie reflektieren zunehmend, ob nicht auch Inhalte, die nicht im Rahmenplan stehen, den Schülerinnen und Schülern nutzen. Am deutlichsten wurde diese Meinungsänderung, als die Berliner Philharmoniker sich angeboten haben, mit unseren Schülerinnen und Schülern ein Tanzprojekt durchzuführen. Nach einer gelungenen Aufführung und hell begeisterten Jugendlichen wuchs die Akzeptanz des Kollegiums für Anregungen und Projekte von außen. Vor drei Jahren beschloss die Gesamtkonferenz an dem Senatsprogramm „Schulprogrammentwicklung“ teilzunehmen. Es wurde eine Steuergruppe mit mehreren Lehrer/innen installiert. Zwei Moderatorinnen arbeiteten mit dem Kollegium und der Steuergruppe so effektiv, dass langsam bei vielen der Wunsch entstand, Schule und Unterricht zu verändern. Aber auch hier war von Vorteil, dass Personen von außen die notwendigen Impulse gaben, die eigene Schulsituation zu reflektieren und zu verändern. Es war nur konsequent, dass der Unterricht, so wie er bislang ablief, unter die Lupe genommen wurde. Eine Datenerhebung ergab, dass über 60 % der Schülerinnen und Schüler unserer Schule mit den Zensuren 5 oder 6 in Rechtschreibung von den Grundschulen zu uns kommen. Im Fach Englisch sah die Erhebung noch dramatischer aus, hier hatten über 70 % der Schülerinnen und Schüler die Zensuren 5 oder 6. Nach ausführlicher Diskussion wurde beschlossen, den Deutschunterricht und den Englischunterricht anders zu organisieren. Mit dem 7. Jahrgang wurde angefangen. Alle Schülerinnen und Schüler wurden getestet. Mit denjenigen, die gravierende Leseund Rechtschreibschwierigkeiten aufweisen, wird zwei Mal in der Woche ein Spezialprogramm durchgeführt - sie lernen Basiskenntnisse. Den anderen wird in dieser Zeit Deutschunterricht angeboten, bei dem sie sich je nach ihren individuell unterschiedlichen Bedürfnissen zwischen Literatur, Rechtschreibung, Grammatikübungen und Lesetraining entscheiden können. Um möglichst effektiv arbeiten zu können, wurden die ersten drei Stunden geblockt (Deutsch, Mathe, Englisch). Die jeweils zuständigen Lehrer- teams sind dadurch nicht mehr auf die genaue Einhaltung der 45 Minuten angewiesen, sondern können ihren Unterrichtsstoff so anbieten, wie es inhaltlich sinnvoll ist. Durch die Teamarbeit ist auch eine Vertretungssituation nicht mehr so dramatisch. Der Kollege, der da ist, weiß genau, wo die Klasse im Stoff steht, bzw. er kann auch seine eigene Unterrichtseinheit weiterführen und der fehlende Stoff wird dann nachgeholt, wenn der andere wieder gesund ist. Außerdem lassen sich durch die Blockung der Stunden besser Unterrichtsprojekte organisieren. Nach dem ersten Schulhalbjahr wurde deutlich, dass die im 7. Jahrgang unterrichtenden Kolleginnen und Kollegen mit dieser Art der Unterrichtsorganisation sehr zufrieden sind. Probleme können sich allerdings bei der Fächerkombination ergeben: Es ist sinnvoll, wenn alle drei Kolleg/innen im Team unterschiedliche Fächer haben. Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich auch dadurch, dass einige Unterrichtsstunden nur im 2. Block angeboten werden können. So kann z. B. Arbeitslehre immer nur von der 3. bis zur 6. Stunde stattfinden. Um hier den Kolleginnen und Kollegen der Arbeitslehre die Chance zu geben, auch in den ersten Stunden die Klassen zu unterrichten, wird im nächsten Schuljahr ebenfalls in den 3. bis 6. Stunden geblockt, d. h. Mathe, Deutsch, Englisch wird dann auf den späteren Vormittag verlegt. Bei den beteiligten Kolleginnen und Kollegen des 7. Jahrgangs herrschte übereinstimmend die Meinung, dass allein die Blockung, die Anwesenheit von zwei Kolleg/innen und das Aufbrechen der starren Stundeneinteilung so effektiv ist, dass auch in den letzen Unterrichtsstunden vernünftig gearbeitet werden kann. Der 7. Jahrgang möchte diese Unterrichtsorganisation auch im 8. Jahrgang fortführen. Diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die im nächsten Schuljahr eine 7. Klasse übernehmen möchten, haben bereits signalisiert, dass auch sie so arbeiten wollen. Wir sind der Überzeugung, dass wir uns durch die Kooperation mit außerschulischen Organisationen und Ämtern, die Veränderung des Unterrichts und die intensivere Zusammenarbeit im Team auf dem richtigen Weg befinden. Kontakt: Schuleiterin: Frau Werkentin Telefon/Fax 030 9251208 eMail [email protected] 43 Stadt-als-Schule, Kreuzberg39 Nach mehr als 10 Jahren Schulversuchsarbeit ist die Stadt-als-Schule nunmehr ein besonderes schulisches Angebot, nämlich eine „Oberschule für individuelle Praxislernangebote“. Gelernt wird hier nach der Praxisprojektmethode40. Dadurch soll zwischen persönlich bedeutsamem Lernen und dem Lernen in Ernstsituationen ein Bezug hergestellt werden. Die Praxisprojektmethode ist deshalb in besonderem Maße geeignet, Jugendliche zu motivieren, einen neuen Zugang zum Lernen zu finden, und wirkt dabei gleichzeitig sozial integrierend. Schülerinnen und Schüler werden in Klassenstufe 9 und 10 interessenorientiert an Praxisplätzen in Betrieben, Verwaltungen, sozialen und kulturellen Einrichtungen tätig und nehmen dort an konkreten Praxisprojekten teil, die jeweils mehrere Monate andauern. Unter Beratung und Anleitung durch die jeweilige Lehrkraft und sogenannte Praxismentoren - den anleitenden und Aufsicht führenden Fachleuten am Praxisplatz - planen und reflektieren sie ihre Tätigkeiten, bearbeiten Aufgaben, eignen sich Kenntnisse und Fertigkeiten, Arbeits- und Lernmethoden und Schlüsselqualifikationen an. Jedes Praxisprojekt wird durch einen individuellen Lernplan strukturiert und beinhaltet komplexe Handlungs-, Erkundungs-, Fach- und Dokumentationsaufgaben. Parallel zum Lernen in der Stadt gibt es ein innerschulisches Angebot, das der Aufarbeitung, Ergänzung und Vertiefung der Inhalte und Erfahrungen aus den Praxisprojekten dient. Der Schwerpunkt liegt beim Lernen in der Stadt (drei Tage in der Woche, d. h. 17 von 30 Unterrichtsstunden). Zur Interessenklärung, der Klärung der Erwartungshaltung der Schülerinnen und Schüler und der individuellen Lernplanung ist es notwendig, individuelle Beratungsgespräche zu führen. Diese Gespräche beinhalten (im Sinne von C. Rogers und Tausch/Tausch) ein Beziehungsangebot, wel- 39 40 ches von den Prinzipien der Echtheit, der Wertschätzung, der Teilnahme und des Verstehens bestimmt wird. Der Lehrer bzw. die Lehrerin steuert dabei die Gestaltung der Beziehung, die durch den Bildungs- und Erziehungsauftrag von Schule definiert wird. In dieser professionellen Beratungsund Beziehungsarbeit liegt eine wesentliche Aufgabe des begleitenden Lehrers bzw. der begleitenden Lehrerin. Gemeinsam mit dem Mentor bzw. der Mentorin sowie der Schülerin und dem Schüler wird ein Lernraum gestaltet, in dem die Schülerin und der Schüler sich eigenverantwortlich bewegen. Hierbei haben die individuell vereinbarten Curricula den Charakter von Lernvereinbarungen. Im Sinne des Beratungskonzepts muss ebenfalls die Bewertung vorrangig individuell und qualitativ auf der Grundlage gemeinsam vereinbarter Zielkriterien erfolgen. Gleichzeitig muss sie die Evaluationskompetenzen der Schülerinnen und Schüler stärken. Die Praxisprojektmethode ist eine, aber nicht die einzige Form, die Schule entwickeln kann, Ernstsituationen für persönlich bedeutsames Lernen herzustellen. Auch andere Formen der Projektarbeit bieten sich hier an. Dem Aufbau von Beziehungen gegenseitiger Wertschätzung kommt eine größere Bedeutung zu als allein dem Lernort. Eine reformierte Hauptschule muss vor allem die Rahmenbedingungen des Lernens und die Lehrer(innen)rolle neu definieren. Nur so kann es gelingen, dass jugendliche Schülerinnen und Schüler an einer Hauptschule ein neues Selbstwertgefühl entwickeln und sich mit der von ihnen besuchten Schule identifizieren. Kontakt: Guido Landreh Telefon 030 22508311 eMail [email protected] homepage www.stadt-als-schule.de Geschrieben von Guido Landreh. Siehe hierzu auch: Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport, Genehmigungsschreiben für die Stadtals-Schule Berlin als Schule besonderer pädagogischer Prägung, vom 22. März und 14. August 2002. 44 Jean-Piaget-Oberschule, Hellersdorf41 Einführung Die Jean-Piaget-Oberschule besteht als Hauptschule seit dem Schuljahr 1991/1992 im Stadtbezirk Hellersdorf und trägt seit dem 30. April 1997 den Namen des Schweizer Wissenschaftlers Jean Piaget. Im Moment besuchen 386 Schüler in 25 Klassen, Kleinklassen und Projekten die Schule. Sie werden von 34 Lehrer/innern, Sozialarbeiter/innen, Erzieher/innen und Psychologen/Psychol-oginnen unterrichtet und begleitet. Die Schule befindet sich inmitten 11-geschossiger Neubauten, Industrie ist kaum angesiedelt. Mit ihrem umfangreichen Netzwerk zur individuellen Förderung der Schüler/innen wurde die Schule über die Grenzen des Stadtbezirkes bekannt und akzeptiert. Alle Lehrer/innen der Schule sind engagiert und setzten sich entsprechend ihrer Stärken für die Profilierung der Schule ein. Das Lernverhalten vieler unserer Schüler/innen wird von Unlust, Versagensängsten und unverarbeiteten Misserfolgen bestimmt. Ihr Selbstwertgefühl ist teilweise schwach entwickelt, häufig reagieren sie aggressiv oder treten den inneren Rückzug an, verweigern teilweise oder ganz die schulischen Angebote und flüchten in die Schuldistanz. Das Netzwerk Aufgrund der sehr unterschiedlichen Kenntnisse und Fähigkeiten unserer Schüler/innen, ihrer oft wenig ausgeprägten Konzentrations- und Durchhaltefähigkeit und andererseits unserer Erkenntnis, dass ein Kind durch praktische Erfahrungen und Tätigkeiten besser lernt, wird ein sehr schülerund handlungsorientierter praxisnaher Unterricht angeboten. Es ist an der Schule durchgesetzt, dass der/die Klassenlehrer/in, besonders in Klassenstufe 7 und 8, viele Stunden in der eigenen Klasse unterrichtet und durch eine/n feste/n Stellvertreter/in oder Sonderpädagogen/Sonderpädagogin dauerhaft unterstützt wird. So können individuelle Probleme aufgearbeitet und Hilfeleistungen schnell und zielgerichtet gegeben werden. Überall dort, wo unsere Schüler/innen selbst praktisch tätig werden können oder wie in Einführungs- und Projektwochen an der Findung ihres 41 Lerngegenstandes aktiv mitwirken dürfen, läuft der Lernprozess für Lehrer/innen und Schüler/innen konfliktärmer und freudvoller. Projekttage und -wochen, Wandertage, Exkursionen, unsere traditionelle Weihnachtsfeier, der Jean-Piaget-Festtag, Sportwettkämpfe sowie die gemeinsame Gestaltung der Schule und des Schulhofes lassen die Identifikation der Schüler/innen mit ihrer Schule wachsen. Für die Lehrer/innen ergibt sich daraus ein wesentlich höherer Aufwand an Arbeit, Zeit und Kraft. Absprachen und Koordinationen von Ideen und Vorhaben werden in den folgenden Arbeitsgruppen der Schule getroffen: AG 1 Jean-Piaget-Festtag/Sport- und Vergleichswettkämpfe, AG 2 Integration und Projekte, AG 3 Klassenübergreifende Projekttage; Basteltag/Wandertag, AG 4 Einführungswochen/Methodentraining, WPU-Schnupperkurse, AG 5 Ethik/Philosophie; Schulstation; Vertrauenslehrer; Haus- und Schulordnung, AG 6 Hauswirtschaft; Schülerfirma; Cafeteria, AG 7 Öffentlichkeitsarbeit; Präsentation; Schulchronik; Tag der offenen Tür, AG 8 Nutzung eigener Ressourcen; Weiterbildung; Schülerförderung; Förderverein, AG 9 Schulprogrammentwicklung; ständige Arbeitsgruppen, Koordination. Das Team der Schule hat sich dafür ausgesprochen, einmal wöchentlich eine dienstliche Anwesenheit bis mindestens 15:00 Uhr zu ermöglichen, um Absprachen zu treffen und sich auszutauschen. An unserer Schule sind Unterrichtsstunden auf 40 Minuten verkürzt um: Schüler/innen zusätzliche Angebote machen zu können, in mehreren Klassen Teilungen vornehmen zu können, im Projektunterricht mit zwei Lehrer/innen zu arbeiten, den Schüler/innen eine Palette aus über 30 Wahlpflichtkursen zur vielfältigen Ergänzung des Unterrichtsangebotes entsprechend den Interessen der Schüler/innen anzubieten, Geschrieben von Marion Lange. 45 Schüler/innen aus Projekten und Kleinklassen eine optimale, den individuellen Erfordernisse entsprechende Reintegration zu ermöglichen. Hat ein/e resignierte/r, motivationslose/r Schüler/in in einem Bereich der Schule wieder Erfolg, gelingt es eher, sein/ihr Selbstwertgefühl zu wecken und sich neuen Lernaufgaben zu stellen. Die pro Unterrichtsstunde eingesparten fünf Minuten werden an unserer Schule den Schüler/innen in Form von mehr als 30 Wahlpflichtangeboten wieder zurückgegeben. Dieser Unterricht beläuft sich auf zwei Stunden pro Woche. Als Wahlpflichtunterricht bieten wir sowohl praktisch-technische, künstlerische und hauswirtschaftliche Bereiche an als auch Kurse, die eine rahmenplanbezogene Differenzierung in den einzelnen Fächern bieten. So können sowohl leistungsstärkere Schüler/innen gefordert, als auch schwächere unterstützt werden. Ziel ist es, den individuellen Bedürfnissen jedes einzelnen Kindes gerecht zu werden und die Leistungsmotivation durch Erfolgserlebnisse zu steigern. Kurse, die sich bewährt haben, sind: Sport, Keramik, Werkstatt, Mofa, Pias Nähstübchen, Gitarre, Mathematik und Englisch. Projekttage und projektorientierter Unterricht gehören zum festen Lehr- und Lernrepertoire von Lehrer/innen und Schüler/innen. Bereits in der Einführungsphase des Schuljahres sollen in Klasse 7 unter dem Motto: „Das Lernen lernen“ die Eingewöhnung erleichtert, die Motivation gefördert und gemeinsame Ziele und Vorhaben konkretisiert werden. Auch in Klassenstufe 8 wird neben der Einzelund Gruppenarbeit in einzelnen Fächern gemeinsam an einem Projekt gearbeitet. In den Klassen 9 und 10 werden Arbeitsschritte zu einzelnen Themen beispielsweise im ,,TheodorFontane-Projekt“ gefestigt und fachübergreifend auch mit einer Exkursion verbunden. Damit wird Schüler/innen die Möglichkeit gegeben, ohne Leistungsdruck Lerninhalte zu wiederholen und zu festigen sowie verschiedene Formen des sozialen Umgangs miteinander zu üben. Praxisbetriebe der Region, Berater/innen des zuständigen Arbeitsamtes sowie Fach- und Klassenlehrer/innen unterstützen unsere Schüler/innen bei der Berufsorientierung und im Praktikum. Besonders geeignete und interessierte Schüler/innen 46 erhalten in Klassenstufe 9 und 10 die Möglichkeit, im Schulversuch ,,Produktives Lernen“ praxisorientiert zu lernen. Da besonders das Lernen in ,,Ernstsituationen“ Schüler/innen motiviert, arbeitet die Schülerfirma ,,Happy Food“ sehr erfolgreich auch mit schwierigen Schüler/innen, um die Pausenversorgung abzusichern. Pias Nähstube erreicht unsere Schüler/innen, da in Zusammenarbeit mit umliegenden Kitas Dienste angeboten werden, wie das Nähen von Puppenkleidung. Im Arbeitslehrebereich ,,Sozialisation des Kindes“ können dann in diesen Einrichtungen Erfahrungen gemacht werden. Über ihre Probleme und Erfahrungen können Schüler/innen in einem von insgesamt sechs Ethik/Philosophiekursen oder im evangelischen Religionsunterricht sprechen. Bei Bedarf steht jedem/jeder Kollegen/Kollegin und jedem/jeder Schüler/in ein/e Psychologe/Psychologin zur Beratung zur Seite. Alle diese Formen der gemeinsamen Arbeit sind notwendig, um erfolgreiches, freudvolles Lernen zu fördern und Schüler/innen wie Lehrer/innen stark in der gemeinsamen Arbeit zu machen. Nur durch die individuelle Arbeit im Netzwerk der Schule ist es möglich, Schüler/innen aus den einzelnen Projekten und Kleinklassen erfolgreich zu reintegrieren und auch ihnen einen Schulabschluss ermöglichen. Neben den Regel- und Integrationsklassen bestehen noch folgende Projekte an unserer Schule: Produktives Lernen Integrationsklassen Re-Integrationsklasse Kleinklasse „Coole Schule“ Ganztagsprojekt mit dem JugendAufbauWerk Ost Lerntherapeutische Klasse in Zusammenarbeit mit dem JugendAufbauWerk Ost Ganztagsprojekt in Zusammenarbeit mit der Allgemeinen Jugendberatung Kontakt: Schulleitung: Frau Lange, Herr Dr. Ebert Jean-Piaget-Oberschule, Mittenwalder Str. 5, 12629 Berlin Telefon 030 9980793, Fax 030 99279059 eMail [email protected] Johannes-Lindhorst-Oberschule, Reinickendorf42 Die Johannes-Lindhorst-Oberschule (2. OH Reinickendorf) besteht derzeit aus ca. 310 Schüler/innen und ca. 35 Lehrer/innen. Wir leben und kooperieren in einem Gebäude mit der MaxEyth-Oberschule (3. OR Reinickendorf). Auf die Problematik der Schuldistanz reagieren wir präventiv mit Hilfe verschiedener Projekte, die das Klima insgesamt positiv gestalten und zur Identifikation der Schüler/innen mit ihrer Schule beitragen sollen: Einrichtung von Integrationsklassen in allen Jahrgängen - Integration als Prinzip gegenseitiger Achtung und Erziehung zur Toleranz, Etablierung und ständige Weiterentwicklung eines Mediationsprojektes, in dem jährlich neue Konfliktlotsen ausgebildet sowie Ausbildungen aufgefrischt werden, Einstieg in das Projekt „Schülerbegleiter“ in Zusammenarbeit mit der Polizei und der BVG, Übernahme von Verantwortung für die Schulatmosphäre durch das Projekt „Hells Angels“ (Schüler/innen unterstützen Lehrer/innen bei den Aufsichten), Installation von projektorientiertem Lernen an anderen Lernorten in den Unterricht. Im Zusammenhang mit der Minimierung bereits offenkundiger Schuldistanz hat sich der Schulversuch „Ausbildungsbefähigende Maßnahmen an Hauptschulen (AMaH10)“ als erfolgreich erwiesen. Der Schulversuch AmaH 10 - zunächst entstanden aus der Notwendigkeit, Schüler/innen im 10. Schulbesuchsjahr eine Möglichkeit des Hauptschulabschlusserwerbs zu bieten, nachdem sie in die BB 10 -Lehrgänge an Oberstufenzentren nicht mehr aufgenommen werden konnten - wurde in unserer Schule erstmalig mit Beginn des Schuljahres 1996/97 eingerichtet. Ansprechpartner/innen hierfür waren Schüler/innen, die sich in ihrem individuellen 10. Schulbesuchsjahr erst in der 8. oder 9. Klasse befanden, wobei die Ursache dieses „Schulversagens“ in der Regel häufiges bis durchgängiges unentschuldig- 42 43 tes Fehlen war - Probleme von Schuldistanz also, denen bisher präventiv nicht begegnet werden konnte. Nach unserer Einschätzung hatte die Einrichtung von AmaH 10 verschiedene Vorteile: Bisher gescheiterte Schüler/innen mussten nicht räumlich ausgegrenzt werden, sondern konnten an ihrer gewohnten Schule eine neue Chance erhalten. Die veränderte Stundentafel mit einem hohen Anteil (14 Wochenstunden) von fachpraktischem Unterricht bot die Möglichkeit, herkömmliche Lernstrukturen speziell für die beschriebene Schülerschaft aufzubrechen. Schüler/innen mit ähnlichen Vorerfahrungen begegneten sich in der AmaH 10-Klasse, sodass basierend auf einem Erfahrungsaustausch gemeinsam ein neuer Start begonnen werden konnte. Der günstige Faktor (2,32)43 bot die Möglichkeit der Einrichtung kleiner Lerngruppen. Ein möglichst kleines Team von freiwilligen (!!!) Kollegen/Kolleginnen gewährleistete eine emotionale Nähe, Vertrautheit und gegenseitige Akzeptanz als Voraussetzung für erfolgreiches Lernen und Identifikation der Schüler/innen mit ihrer Klasse. Sowohl das kleine Lehrer/innen-Team als auch die an BB 10 orientierte Stundentafel ohne strenge Rahmenplan - Vorgaben ermöglichte für die Kollegen/Kolleginnen die Erprobung fantasievoller, auch unkonventioneller Maßnahmen, z. B. Unterricht an außerschulischen Lernorten, gemeinsame Gesprächsrunden in schwierigen Situationen, gemeinsames Abholen fehlender Schüler/innen von zuhause etc. Die vorgeschriebenen drei jeweils dreiwöchigen Betriebspraktika im Schuljahr gestatteten die Entwicklung und Pflege enger Kontakte zur Berufswelt, speziell zu kleinen Betrieben, die grundsätzlich als Ausbildungsbetriebe für die beschriebenen Schüler/innen in Frage kommen. AmaH 10-Schüler/innen gewannen Ansehen in der eigenen Schule durch die Ausführung von bestellten Reparatur- oder Malerarbeiten, z. B. in Klassenräumen oder der Cafeteria. Geschrieben von Marianne Felde. Der im Allgemeinen an den Hauptschulen übliche Faktor bei der Bemessung der Lehrerstunden liegt bei 1,7 pro Schüler/innen. 47 Wir dürfen nach dem erfolgreichen Besuch der AmaH 10-Klasse eine dem Hauptschulabschluss gleichwertige Schulbildung bescheinigen. Insgesamt war für uns von großer Bedeutung, AmaH 10 nicht als Ausgrenzung oder Notlösung zu verstehen, nicht als Strafandrohung für konfliktträchtige Regelschüler/innen und nicht als Degradierung für vermeintlich Gescheiterte. Entsprechend erhielten die Eltern der potentiellen Kandidat/innen ein ermutigendes Schreiben, mit dem die Schulleiterin über eine besondere Chance und ein besonderes Angebot für deren Kinder informiert, von dem die meisten auch Gebrauch machten. Seit 1996/97 führen wir jedes Schuljahr eine AmaH 10-Klasse mit ca. 26 Schüler/innen in zwei Gruppen. Inzwischen erreichen von diesen Schüler/innen ca. 60 bis 65 % den Abschluss - gemessen an den mitgebrachten Voraussetzungen ein gutes Ergebnis. Kontakt: Schulleiterin: Frau Felde Telefon 030 41109152, Fax 030 41924700 eMail [email protected] Sonderschulpädagogisches Förderzentrum - Förderschwerpunkte Lernen und Autismus Schule am Friedrichshain, Friedrichshain44 Förderung von Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten Im Folgenden geht es um die Struktur schulinterner Fördermöglichkeiten für verhaltensauffällige Schüler/innen als eine präventive Maßnahme zur Vermeidung von Gewalt. Da sich diese Schüler/innen in unterschiedlichem Maße ebenfalls schuldistanziert verhalten, können die Fördermaßnahmen auch als Beitrag zur Verringerung von Schuldistanz gewertet werden. 44 45 Geschrieben von Maria Gabriele Rösner. Entwicklungstherapie und Entwicklungspädagogik 48 Die Schule hat insgesamt den Auftrag, angemessen auf Verhaltensauffälligkeiten von Kindern und Jugendlichen zu reagieren. Dies geschieht an der Schule am Friedrichshain sowohl auf der Schulals auch auf der Klassenebene. Darüber hinaus gibt es am Förderzentrum eine Kleingruppe (mit derzeit vier Schülern) mit dem Arbeitsschwerpunkt Verhaltensmodifikation und in Kooperation mit der 9. Grundschule, die sich im selben Schulgebäude befindet, wurde eine Fördergruppe ETEP45 aufgebaut. Ein weiterer Bestandteil zur Vermeidung von Verhaltensproblemen beruht auf der sonderpädagogischen Beratungstätigkeit. Die Kleingruppe am Förderzentrum für Schüler/innen der 3. SL bei zusätzlichem sonderpädagogischen Förderbedarf im Bereich emotionale und soziale Entwicklung. Seit ca. vier Jahren existiert eine Kleingruppe, in der bis zu vier lernbehinderte Schüler/innen unterrichtet werden, die aufgrund gravierender sozialemotionaler Probleme nicht am Unterricht einer Regelklasse der 3. SL teilnehmen können und Hausunterricht hätten, wenn es das Angebot der Kleingruppe nicht gäbe. Dort verbleiben sie solange, bis eine Reintegration in ihre Stammklasse - das Ziel der Maßnahme - möglich geworden ist. In der Kleingruppe kommen Elemente des EPUKonzepts (entwicklungspädagogischer Unterricht) zur Anwendung, die den besonderen Voraussetzungen der betreuten Schüler/innen entsprechend modifiziert und spezifiziert wurden. In der Kleingruppe findet der Unterricht mit reduzierter Wochenstundenzahl (zwei Stunden täglich) statt. Der Schwerpunkt der Gruppenarbeit liegt im Bereich der Verhaltensmodifikation. Gearbeitet wird nach der projektorientierten Methode. Dadurch soll die Lernbereitschaft und Lernfähigkeit der Schüler/innen wieder hergestellt werden. An einem „Besuchertag“ kann ein Schüler/eine Schülerin der Kleingruppe einen Schüler/eine Schülerin einer Regelklasse (vorzugsweise der eigenen) einladen, an dem Unterricht teilzunehmen. Die Besucher/innen erfahren, wie und was in der Kleingruppe gearbeitet wird. Die Schüler/innen der Kleingruppe erfahren so die Akzeptanz der anderen. In regelmäßigen Abständen wird das in der Kleingruppe behandelte Unterrichtsthema den Schüler/innen der Stammklassen präsentiert. Dadurch entsteht die Möglichkeit, eine positive Beziehung zum Klassenverband und zum Klassenlehrer/zur Klassenlehrerin aufzubauen und die mögliche Reintegration in die Regelklasse zu unterstützen. Der projektorientierte Unterricht wird als eine sinnvolle Alternative zum herkömmlichen Unterricht verstanden. Wesentliches Ziel ist, dass Schüler/innen lernen ihren Arbeitsprozess selbstständig zu organisieren. Mitbestimmung und Selbsttätigkeit der Schüler/innen bei der Planung und Durchführung des Unterrichts sind dabei wesentliche Merkmale. Im Gespräch zwischen Lehrer/in und Schüler/in oder einem Interesse der Schüler/innen folgend werden die Themen für den Unterricht entwickelt. Problemorientiertes Lernen und Handeln stehen im Vordergrund. Gelernt wird fächerübergreifend, d. h. die Themen oder Sachgebiete werden unter Aufhebung des Prinzips der Fachgebundenheit behandelt. Elemente des Entwicklungspädagogischen Unterrichts (EPU) kommen kontinuierlich zum Einsatz. Fördergruppe ETEP in Kooperation mit der 9. G Im Schuljahr 2002/2003 ist im Zusammenhang mit der Fortbildung zweier Kolleginnen der 3. SL eine Fördergruppe in Kooperation mit der 9. G aufgebaut worden, die nach dem Konzept des entwicklungspädagogischen Unterrichts (EPU) arbeitet. Es handelt sich dabei um eine Kleingruppe von vier Schüler/innen der 9. G mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich der emotionalen und sozialen Entwicklung. Der Unterricht findet zur Zeit zweimal wöchentlich in der 3. und 4. Stunde, also für jeweils 90 Minuten, statt. Perspektivisch gesehen wollen wir diese Kleingruppe dreimal wöchentlich anbieten. Beratungstätigkeit an Grundschulen Eine wesentliche Aufgabe des Förderzentrums besteht darin, Schulleitungen und Lehrer/innen von Grundschulen im Vorfeld von Förderausschüssen im Umgang mit schwierigen Schülern zu beraten. Dies geschieht auf vielfältigste Weise im Rahmen der Stunden für Verhaltensambulanz: Sonderpädagogen/Sonderpädagoginnen unseres Förderzentrums nehmen an Gesamtkonferenzen bzw. Fachkonferenzen der Grundschulen teil und sprechen über den Umgang mit verhaltensauffälligen Schüler/innen. Sonderpädagogen/Sonderpädagoginnen mit der Fachrichtung Verhalten nehmen an Beratungsgesprächen von Eltern teil, deren Kinder Verhaltensschwierigkeiten, aber keinen sonderpädagogischen Förderbedarf haben. Die kollegiale Fallberatung als Konzept im Umgang mit schwierigen Schüler/innen wird den Grundschulen als Lösungsmöglichkeit vorgestellt und auf Wunsch von Ambulanzlehrer/innen durchgeführt. Auf dieser Grundlage werden die Lehrer/innen der Grundschulen bei der Erstellung von Förderplänen unterstützt. Schulleitungen erhalten Hilfe bei der Erarbeitung von Schulkonzepten für den Umgang mit verhaltensauffälligen Kindern. Vorgestellt werden verschiedene Kleingruppenkonzepte, z. B. ETEP. Die gesamte Beratungstätigkeit ist darauf ausgerichtet, die Elemente des Entwicklungstherapeutischen Unterrichtes, die ohne intensive Beschäftigung mit dem Gesamtkonzept bereits genutzt werden können (z. B. Interventionsstrategien, kollegiale Fallberatung), bekannt zu machen, damit sie in die tägliche Arbeit von Schulen einfließen können. Perspektiven Auf der Grundlage des ELDiB (Entwicklungspädagogischer Lernzie-Diagnose-Bogen), der die vorhandenen Verhaltensfähigkeiten und den aktuellen Lernstand erfasst, sind die Unterrichtsaktivitäten sowohl zeitlich als auch räumlich strukturiert (z. B. Leseecke, Arbeitsphase, Bewegung, Kreativität und Imbiss mit Reflexion) und die Inhalte, Materialien und Methoden werden so gewählt, dass die Schüler/innen erfolgreich an aktuellen Verhaltenszielen arbeiten können. Dabei wird nach dem Konzept des Entwicklungstherapeutischen und Entwicklungspädagogischen Unterrichts verfahren. Langfristig beabsichtigt die 3. SL den Aufbau einer zweiten Kleingruppe und die Organisation kollegialer Fallberatungen in gravierenden Fällen. Kontakt: Schule am Friedrichshain Frau Rösner Telefon 030 29347400, Fax 030 29347420 eMail [email protected] 49 Beispiele für gelungene Kooperation zwischen Schule und Jugendhilfe Das Projekt „Übergang“46 Vorbemerkung Schüler/innen mit erheblichen Störungen im Verhalten haben aus schulischer Perspektive einen sonderpädagogischen Förderbedarf mit dem Schwerpunkt „emotionale und soziale Entwicklung“. Hierbei handelt es sich fast immer um Kinder oder Jugendliche, die entlang dem SGB VIII (im Kinder- und Jugendhilfegesetz) zu dem Personenkreis gehören, die „von seelischer Behinderung bedroht sind“ und deshalb auch meistens einen Bedarf an Jugendhilfe haben. So gibt es eine Schnittmenge an Kindern und Jugendlichen, die aus außerschulischer wie aus schulischer Perspektive Hilfe bedürfen, so dass Schule und Jugendhilfe mit denselben Personen zu tun haben. Folgt man den Leistungen entsprechend dem SGB VIII und den Empfehlungen der Kultusministerkonferenz, die die Rahmenbedingungen dieser Hilfen darstellen, trifft man auf die dringende Empfehlung zur Zusammenarbeit zwischen Schule und Jugend, so dass es zu einer Förderung des Kindes oder Jugendlichen als ganzer Person und dem effektiven Einsatz von Hilfen kommen kann. Der Referentenentwurf für ein neues Schulgesetz (Stand 10. Dezember 2002) geht in seinem § 4 ebenfalls davon aus, dass „die Schule, die Erziehungsberechtigten und die Jugendhilfe ...“ auf eine größtmögliche Entfaltung der Schüler/innen hin zusammenwirken. Wir, im Bezirk Tempelhof-Schöneberg fühlen uns diesem Anliegen besonders verpflichtet und bemühen uns zunächst um punktuelle Annäherungsversuche in der Zusammenarbeit bei Einzelfällen, die mittelund langfristig ihren Niederschlag in Strukturen finden sollen, die die effektive Zusammenarbeit und die Ausschöpfung von Synergieeffekten garantieren. Die unterschiedliche Zielsetzung von Schule und Jugendhilfe erschwerte in der Vergangenheit die Zusammenarbeit. Durch initiierte Prozesse des 46 gegenseitigen Kennenlernens, wie in der Zukunftswerkstatt 1998 und den daraus hervorgegangenen Arbeitsgruppen im Bezirk Schöneberg, konnten Begegnungsängste überwunden werden, die durch die notwendigen aktuellen Sparmaßnahmen wieder forciert in Erscheinung treten. Unsere jüngsten Erfahrungen im Bezirk Tempelhof-Schöneberg zeigen, dass das Zusammenwirken von Schule und Jugendhilfe in regelmäßigen Helferrunden und gemeinsamen Beratungen bei Einzelfällen und deren Familien einen guten Boden für die Erarbeitung von sozialraumorientierten Konzepten bilden, die hoffentlich zu einer Bereicherung von Schule und Jugendhilfe beitragen. Das „Projekt Übergang“ ist als ein Förderansatz zu sehen, wo eine außerschulische Maßnahme aus dem breiten Angebot der Hilfen zur Erziehung und eine sonderpädagogische Förderung so zusammenwirken, dass durch die Beratung von Eltern und Lehrern solch eine Entlastungsfunktion für die Kinder und Jugendlichen entsteht, dass sie sich positiv entwickeln können. Auf diese Weise kommt es erst gar nicht zu einem schuldistanzierten Verhalten, was langfristig zu einer Verstärkung der Problematik des Kindes oder Jugendlichen führt und mit einer Kostenexplosion verbunden ist. Das Projekt „Übergang“ an der WerbellinseeGrundschule - Förderansatz für Schüler mit dem Schwerpunkt „emotionale und soziale Entwicklung“47 Das Projekt „Übergang“ soll Beratung in Bezug auf Schüler/innen mit Verhaltensauffälligkeiten und erheblichen Verhaltensstörungen anbieten. Bei der Beratung steht ein Verstehen der um den/die Problemschüler/in entstandenen Schwierigkeiten im Vordergrund. Durch diesen Prozess kann sich eine Entspannung der Situation einstellen, positive Aspekte der „Lernumwelt“ verstärkt und zügig Hilfemaßnahmen beantragt und eingeleitet werden (kurze Wege). Schüler/innen mit Verhaltensstörungen sind meist Kinder aus Familien, die bei der Jugendhilfe als hilfebedürftig bekannt sind und dem Personenkreis des § 35 a (KJHG) (von seelischer Behinderung bedroht) angehören. Vorbemerkung von: Doris Wissel (zuständige Schulrätin/Tempelhof-Schöneberg), Henning Till (Leiter des Jugendamtes in Tempelhof-Schöneberg) und Dr. Ulrike Becker (Sonderschulpädagogin an der WerbellinseeGrundschule) 47 Geschrieben von Dr. Ulrike Becker. 50 Es wird eine gute Kooperation zwischen Schule und Jugendhilfe angestrebt, bei der gemeinsame Hilfe- und Förderpläne erarbeitet werden, bevor auf die Einberufung von Förderausschüssen zugegriffen wird. Das Projekt „Übergangsklasse“ bietet ein partielles Unterrichtsangebot für Schüler/innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich Verhalten oder/und Lernbehinderung, deren Probleme in affektiven Entwicklungsverzögerungen begründet liegen und deren Störung so massiv ist, dass ihre Integration für alle Beteiligten unbefriedigend ist. Hierbei ist zu betonen, dass die Integration in den Klassenverband vorrangiges Ziel ist und das partielle Unterrichtsangebot nur genutzt werden soll, um durch das Zusammenwirken mit außerschulischen Maßnahmen die Integration in den Klassenverband wieder zu ermöglichen. Die Schüler/innen, deren sonderpädagogischer Förderbedarf mit vier Wochenstunden anerkannt ist, erhalten acht Wochenstunden individualisierten Gruppenunterricht, der darauf abzielt, die Lernbereitschaft und -fähigkeit der Schüler/innen wiederherzustellen (Mo, Di, Do, Fr: 3./4. Std.). Am Mittwoch findet ein Integrationstag statt, der in der „Übergangsklasse“ vor- und nachbereitet wird. Dazu sollen Stärken der Schüler/innen gefördert und positive Aspekte in ihrem Arbeitsund Sozialverhalten verstärkt werden. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit mit den Klassenlehrer/innen, den Mitarbeiter/innen des Freizeitbereiches und regelmäßige Elternarbeit (14-tägig Gespräche). Die Qualitätssicherung der Arbeit im Projekt wird durch kontinuierliche Evaluation gewährleistet. Kontakt: Dr. Ulrike Becker eMail [email protected] 48 Der „Arbeitskreis Schule - Jugendhilfe“ in Friedrichshain-Kreuzberg und die Clearingund Beratungsstelle: Schuldistanz48 Vorbemerkung In der Regel arbeiten Schule und Jugendhilfe nicht miteinander, sondern nebeneinander, manchmal auch gegeneinander. Die systematische Bündelung fachlicher und materieller Ressourcen der Institutionen Schule und Jugendhilfe zur Entwicklung geeigneter Hilfen für Kinder und Jugendliche, deren schulische Entwicklung gefährdet ist, gelingt selten. Vor diesem Hintergrund wurde der Arbeitskreis Schule - Jugendhilfe gegründet und ein Konzept für eine Clearing- und Beratungsstelle: Schuldistanz entwickelt. Zurzeit wird dieses Konzept in die Praxis umgesetzt. Die ersten und entscheidenden Schritte sind getan. Die Entscheidungsträger der Jugendhilfe und Schule haben ihre Bereitschaft zur Umsetzung des Konzeptes erklärt, so dass jetzt in die Phase der konkreten Realisierung eingetreten werden kann. Der Arbeitskreis Schule - Jugendhilfe Seit gut zwei Jahren treffen sich interessierte Fachkräfte aus den Bereichen Schule und Jugendhilfe in Kreuzberg zu einem regelmäßigen Fachaustausch. Ziel ist es, neben der dringend notwendigen fallspezifischen Arbeit, die fallübergreifende Arbeit, insbesondere die Entwicklung funktionierender Kooperations- und Vernetzungsstrukturen voranzutreiben. Anlass waren die immer wiederkehrenden Diskussionen zum Problem Schuldistanz und der gleichzeitige Mangel an tragfähigen Handlungsstrategien, wie mit diesem Problem umzugehen ist. Es fehlten gemeinsame und verbindliche Leitlinien für die Arbeit mit schuldistanzierten Schülerinnen und Schülern. Wann in der Schule oder in der Jugendhilfe Schuldistanz als Problem gesehen wird und welche Konsequenzen dies dann in der Arbeit hat, hängt sehr von dem/der jeweils zuständigen Mitarbeiter/in ab. Geschrieben von Isa Trippner (Jugendamt Kreuzberg-Friedrichshain). 51 In der Problembeschreibung und der Einschätzung des Handlungsbedarfs wurden große Unterschiede zwischen den Arbeitsfeldern deutlich. Vor dem Hintergrund dieser Bestandsaufnahme wurde die Initiative zur Gründung des Arbeitskreises Schule - Jugendhilfe (im Folgenden AK), der sich dieses Problems annehmen und Lösungsansätze entwickeln sollte, interessiert aufgenommen. Der AK trifft sich regelmäßig einmal im Monat mit einer relativ konstanten Teilnehmerschaft aus verschiedenen Arbeitsfeldern des Schulund Jugendhilfebereichs. Ständig vertreten waren die Arbeitsbereiche Schule, Jugendhilfe und Gesundheit: Grundschule, Oberschule; Schulpsychologischer Dienst Kinder- und Jugendpsychiatrischer Dienst Jugendamt: Allgemeiner Sozialpädagogischer Dienst (ASD), Jugendförderung Freie Träger der Jugendhilfe: Schulprojekte, Hilfen zur Erziehung Am Anfang der Arbeit stand die Beschreibung von kurz- und langfristigen Arbeitszielen, die alle um das Thema Kooperation kreisten. Zu den ersten Arbeitsresultaten des AK zählte die detaillierte Beschreibung der Leistungen und Angebote der Arbeitsfelder Jugendhilfe und Schule als Voraussetzung für Kooperation und konkrete Verbesserungsvorschläge für die Gestaltung des Übergangs von der Grundschule zur Oberschule. Es wurde eine vom AK und der Alice-Salomon-Fachhochschule für Sozialpädagogik gemeinsam vorbereitete Befragung von Schulen, Jugendamt, Jugendhilfeeinrichtungen und verschiedenen Fachdiensten zum Thema Kooperation, die als Grundlage für weitere Planungen diente, durchgeführt. 52 Die Clearing- und Beratungsstelle: Schuldistanz - Projektidee und Konzeptentwicklung Die Auswertung der Kooperationserfahrungen und Befragungsergebnisse zeigten: Es fehlt eine Stelle, an der die beteiligten Arbeitsfelder - öffentliche und freie Träger der Jugendhilfe, Grund- und Oberschulen und spezielle Fachdienste wie beispielsweise der Schulpsychologische Dienst - ihre Erfahrungen und Ressourcen regelmäßig und verbindlich zusammenbringen und nutzbar machen für die Fälle von gescheiterter oder schwieriger Kooperation in der Arbeit mit schuldistanzierten Kindern und Jugendlichen und für die fallübergreifende Entwicklung funktionierender Kooperationsstrukturen. Die Auseinandersetzung mit Modellen der Sozialraumorientierung brachte wesentliche Anregungen im Hinblick auf die Entwicklung der Konzeption der Clearing- und Beratungsstelle und hinsichtlich der Lösung der vielen Probleme, die mit Schuldistanz im Bezirk verbunden sind - von der Entfernung von der Schule innerhalb von Schule bis hin zum Totalausstieg. Die nachfolgende Grafik gibt einen Überblick über das Modell, das im September 2002 erstmals Interessierten aus den Bereichen Schule und Jugendhilfe vorgestellt wurde. Die Clearing- und Beratungsstelle im Überblick Aufgabenbereich: Hilfe für schuldistanzierte Kinder und Jugendliche - deren Schulbesuch gefährdet bzw. abgebrochen ist - die mit schulinternen Mitteln nicht mehr integrierbar sind 1. Adressaten 2. Koordinierungsstelle Schulen Jugendamt JH-Träger Fachdienste (Eltern) nimmt Anfragen entgegen holt Informationen ein zu: - Problembeschreibung - beteiligte Personen/Institutionen - bisherige Problemlösungsversuche - Einsatz schulinterner Mittel Vorbereitung der Falldarstellung im Beratungsteam (abwechselnde Besetzung aus dem Beratungsteam, 4 Std./Wo) fallbezogene Arbeit Problemklärung Kontextanalyse Diagnostik Handlungsund Förderplanung Begleitung und Unterstützung der zuständigen Fallbearbeiter Dokumentation und Evaluation 3. Beratungsteam: vertreten sind folgende Arbeitsfelder/Einrichtungen Schule Jugendamt 2 freie Träger der Jugendhilfe (Vorschlag des Arbeitskreises: Grundschule Fachbereich I Pestalozzi-Fröbel-Haus Oberschule Fachbereich IV Jugendwohnen im Kiez Schulpsych. Dienst 14 tägige Beratungstermine fallübergreifende Arbeit je nach Fall zusätzlich - KJPD - JGH - EFB - Drogenberatung - Ambulanzlehrer - Jugendfreizeiteinrichtungen Entwicklung von Kooperationsstrukturen Untersuchungen zum Problemfeld Sozialraumorientierte Modellentwicklung Falldokumentation und Evaluation Fortbildung - Polizei - u.a. - Expertin für Migrationsprobleme Gemäß der konzeptionellen Vorstellungen wendet sich die Clearing- und Beratungsstelle in erster Linie an Lehrerinnen und Lehrer aus Grund- und Oberschulen, Mitarbeiter/innen aus dem Sozialpädagogischen Dienst des Jugendamtes und der freien Träger der Jugendhilfe (z. B. Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit, Hilfen zur Erziehung) sowie an die verschiedenen Fachdienste. Eltern sollen nur in Ausnahmefällen die Möglichkeit zur direkten Anfrage haben, wenn sie bereits erfolglos versucht haben, Hilfen in Anspruch zu nehmen. Das Gesamtteam Clearing und Beratung soll insgesamt bis zu zehn Personen aus den in der Grafik benannten Arbeitsfeldern umfassen, die für diese Arbeit mit jeweils 16 Stunden monatlich freigestellt werden sollen. Nach den bisherigen Planungen des AK nutzt die Clearing- und Beratungsstelle Räume in einer Kreuzberger Schule. Sie ist regelmäßig vier Stunden in der Woche besetzt. Arbeitsablauf: In der Koordinierungsstelle nimmt eine Mitarbeiterin des Gesamtteams einmal wöchentlich Anfragen entgegen. In diesen Gesprä- chen wird versucht, Erwartungen und Ziele der Nutzerinnen und Nutzer zu klären. Danach richtet sich die Hilfe: Es können z. B. Informationen über die Leistungen bestimmter Fachdienste gegeben werden. Eine Weitervermittlung an zuständige Personen kann organisiert werden. Oder es wird - z. B. in Fällen schwieriger oder gescheiterter Kooperation - vereinbart, dass die während des Telefonats erhaltenen Information in das Gesamtteam Clearing/Beratung eingebracht werden. Dieses Team trifft sich wöchentlich direkt anschließend an die Telefondienstzeit. Die Sitzung umfasst einen fallbezogenen Teil und einen fallunspezifischen Teil. Während der Fallberatung bringen die Mitarbeiter/innen aus der Perspektive ihrer unterschiedlichen Arbeitsfelder erste Hypothesen und mögliche, vorläufige Lösungsansätze zu den einzelnen Fällen ein. Danach werden Fallzuständigkeiten festgelegt: Beratungsteams von zwei bis drei Mitarbeiter/innen nehmen Kontakt zu den Nutzer/innen auf. Sie bieten einen Fallgesprächstermin an, um gemeinsam mit der/dem Anfrager/in, eine Handlungs53 planung zu entwickeln. Es besteht die Möglichkeit der Fallbegleitung (z. B. bei der Moderation von Konfliktgesprächen) und der nachprüfenden Recherche (wie und mit welchen Wirkungen wurden die Lösungsansätze umgesetzt). Die Beratungsteams sehen ihre Aufgabe darin, Zusammenarbeit zu initiieren, Wege aufzuzeigen und Türen zu öffnen. Geplant sind halbjährliche Auswertungen der Arbeitsergebnisse (Evaluation der Einzelfälle). Sie sollen dazu dienen, die fallbezogene Arbeit zu qualifizieren und fallübergreifende Entwicklungen anzustoßen, z. B.: Verbindliche Kooperationsstrukturen Leitfäden (Handreichungen und Arbeitshilfen) für Lehrer und Lehrerinnen im Umgang mit schuldistanzierten Schülerinnen und Schülern Leitfäden für Eltern Fortbildungsbaustein Sozialräumliche Ressourcensuche Ausblick Wie die Umsetzung des Projektes gelingt, hängt in hohem Maße auch von der Kooperationsbereitschaft und -fähigkeit aller Beteiligten ab. Sicherlich wird sich die konkrete Arbeit der Clearing- und Beratungsstelle: Schuldistanz in einzelnen Punkten von der oben beschriebenen Projektidee und der konzeptionellen Ausdifferenzierung unterscheiden. Es besteht das Interesse, auch weiterhin die Ergebnisse der Arbeit mit an dem Thema Schuldistanz Interessierten zu diskutieren. Es ist jedoch schon jetzt klar, dass neben konkreten Interventionen in Fällen von Schuldistanz die Arbeit der Clearing- und Beratungsstelle durch verbindliche schulische Präventions- und Interventionsstrategien auf pädagogischer, innerschulischer und administrativer Ebene ergänzt werden muss. Kontakt: Karl Antony (Pestalozzi-Fröbel-Haus - Schulprojekte) Telefon 030 6153561 Isa Trippner (BA Friedrichshain-Kreuzberg, Jugendamt Schulsozialarbeit) Telefon 030 23244329 eMail [email protected] 49 Geschrieben von Ilka Knaack. 54 Kooperation zwischen Schule und Jugendhilfe in Hellersdorf49 Wesentliche Aspekte bei der Kooperation Schule Jugendhilfe in den Projekten für Schuldistanzierte an der Jean-Piaget-Oberschule Bereitstellung der finanziellen und materiellen Voraussetzungen Auf der Grundlage von Kooperationsverträgen wurden zwischen der Jean-Piaget-Oberschule und Freien Trägern der Jugendhilfe mehrere Projekte für Schuldistanzierte eingerichtet. Dabei haben beide Kooperationspartner im Vorfeld der Entstehung der Projekte die finanziellen Ressourcen und die rechtlichen Grundlagen in einer gemeinsamen Beratung geklärt und daraus mögliche Rahmenbedingungen für die Entstehung eines Projektes und dessen Struktur abgeleitet. Hierbei zeigten sich die beteiligten Vertreter/innen von Schule und Jugendhilfe sehr aufgeschlossen und auch kompromissbereit. Trotz haushaltsmäßiger Engpässe auf beiden Seiten wurden Ressourcen erkannt und genutzt und rechtliche Grundlagen ausgeschöpft, um eine individuelle Förderung zu ermöglichen. Dabei sind die folgenden rechtlichen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen: das Sozialgesetzbuch, KJHG § 27, § 32 das Schulgesetz, Schulverfassung und die Richtlinien zur Stundenbemessung an Hauptschulen Die Jugendlichen, die in den Projekten betreut werden, stehen der Regelschule mit vielen Vorbehalten, Hemmungen und Ängsten gegenüber. Deswegen wurde für die Unterbringung der Projekte ein Gebäude in einiger Entfernung von der Kooperationsschule gewählt. Um den Unterricht, Teamarbeit und individuelle sozialpädagogische Arbeit zu ermöglichen, wurden in Absprache mit dem Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf Räumlichkeiten in ehemaligen Schulgebäuden für die Projekte zur Verfügung gestellt. Inhaltliche und konzeptionelle Regelungen und Rahmenbedingungen Die Kooperationsaufgaben und -ziele werden in regelmäßig stattfindenden Beratungen besprochen und festgelegt und zwar in der Kooperationsrunde mit Vertretern von Jugendamt, Schulaufsicht, Kooperationsschule und Tagesgruppe (ein- bis zweimal jährlich), im Steuerungsgremium durch die Koordinatorin für Tagesgruppen des Jugendamtes, die Leiter/in des jeweiligen Projektes und die Koordinatorin der Schule (alle zwei bis drei Monate) und in Teamsitzungen mit dem/der jeweiligen Leiter/in der Tagesgruppe, der/dem Koordinator/in der Schule, dem/der Klassenlehrer/in im Projekt, den Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen und den Psychologen/Psychologinnen. Das Steuerungsgremium legt die Auswahlkriterien für die Aufnahme der Teilnehmer/innen des Projekts fest und koordiniert alle wichtigen Punkte, die sich auf die Kooperation zwischen Schule und Jugendhilfe beziehen. Dafür gibt es eine Fallvorstellung durch die/den Koordinator/in für die Tagesgruppen oder den/die zuständige/n Sozialarbeiter/in vom Jugendamt, die mit dem/der Leiter/in der Tagesgruppe und der Koordinatorin der Schule organisiert wird. Erst wenn alle Seiten ihr Einverständnis geben, kommt es zur Aufnahme mit 6bis 8-wöchiger Probezeit. Bei der 1. Hilfekonferenz werden die gemeinsamen Erziehungs- und Entwicklungsziele für den/die Jugendliche/n besprochen und schriftlich festgehalten (Förderplanung, Hilfeplanung). Perspektiven und Verantwortlichkeiten werden ebenfalls geklärt. Gemeinsame Absprachen und Beratungen gibt es z. B. zu folgenden Inhalten und Themen: Erstellung eines Leistungsangebots sowohl von Seiten der Schule als auch der Tagesgruppe (hierbei werden die Kooperationsschnittstellen und -bedarfe ermittelt), Kriterien für die Aufnahme ins Projekt, Festlegung individueller Maßnahmen, Gestaltung von Elternarbeit, Organisation der multiprofessionellen Teamarbeit (d. h. zwischen Lehrer/innen, Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen und Psychologen/ Psychologinnen), Erstellen einer gemeinsamen Tages- und Wochenstruktur durch die/den zuständige/n Lehrer/in und die/den Sozialpädagogen/Sozialpädagogin, Weiterentwicklung von Qualitätsstandards, Organisation und Begleitung der Reintegration (Perspektivplanung, Bewerbungsverfahren zur Reintegration), Gestaltung von gemeinsamen Höhepunkten der Tagesgruppe (Projekte, Exkursionen, Geburtstage u. a.). Die Ergebnisse dieser Besprechungen werden schriftlich festgehalten. Um eine effektive und zielorientierte pädagogische Arbeit leisten zu können, wurden Modelle entwickelt und verbindlich festgeschrieben, die die Kooperationsarbeit auf den verschiedenen Ebenen regeln. Damit konnten Probleme und Schwierigkeiten in der Kommunikation zwischen den Kooperationspartnern und in der Leistungserbringung minimiert werden. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass durch die ständige Offenheit, Gesprächsbereitschaft, die „Neugier auf den Anderen“ (in seiner jeweiligen Professionalität) und die klaren Regelungen zwischen den beiden Kooperationspartnern Schule und Jugendhilfe ein entscheidender Beitrag zur Erziehung und Stabilisierung der von ihnen betreuten Jugendlichen geleistet wird. Eine Bündelung der materiellen und personellen Ressourcen auf beiden Seiten ist dafür die Grundlage. Kontakt: Jean-Piaget-Oberschule Projektkoordinatorin: Frau Knaack Telefon 030 9980793 eMail [email protected] (Die eMail bitte mit dem Hinweis versehen: Nachricht an Frau Knaack weiterleiten.) 55 Kooperation zwischen Schule und Polizei In den letzten Jahren hat sich die Kooperation zwischen Schulen und der Berliner Polizei in vielen Bereichen intensiviert. Unter anderem wurden zwischen drei Schulen und zwei Polizeidirektionen Kooperationsvereinbarungen geschlossen. In der Kooperationsvereinbarung zwischen der Heinrichvon-Stephan-Oberschule und der Polizeidirektion 3 wird in der Präambel formuliert, dass die Kooperationspartner Schule und Polizei „durch bessere Kenntnis beidseitiger Erwartungen und Anforderungen den Jugendlichen bei dem Erwerb von Kompetenzen zur Bewältigung ihres gegen- wärtigen und zukünftigen Lebens als aktiver Teil einer demokratischen Gesellschaft helfen.“ Auch wenn das Thema Schuldistanz nicht Anlass für den Abschluss einer solchen Kooperationsvereinbarung war und es deshalb auch keine explizite Erwähnung in deren Rahmen findet, so eröffnet sie doch die Möglichkeit, bei Bedarf das Thema Schuldistanz anlässlich des vereinbarten halbjährlichen Erfahrungsaustausches in den Blick zu nehmen und auszuloten, wie diesbezüglich eine sinnvolle Zusammenarbeit gestaltet werden kann, z. B. indem darüber nachgedacht wird, in welcher Art und Weiwiese die Polizei, deren Jugendbeauftragter im Vertrag als fester Ansprechpartner genannt wird, die Bemühungen der Schule um eine Verringerung von Schuldistanz unterstützen kann. Kooperationsvereinbarung zwischen der Heinrich-von-Stephan-Oberschule Stephanstr. 27 10559 Berlin (nachfolgend Stephan-Oberschule genannt) und dem Polizeipräsidenten in Berlin Direktion 3 Perleberger Str. 61 a 10559 Berlin (nachfolgend Dir 3 genannt) 56 Präambel Die Heinrich-von-Stephan-Oberschule ist eine integrierte Haupt- und Realschule, d. h., Hauptund Realschüler werden gemeinsam im Klassenverband unterrichtet. Diese gemischte Schülerschaft soll gutes Zusammenleben und erfolgreiches Lernen fördern. Der Direktion 3 kommt nicht nur aufgrund der örtlichen Lage eine zentrale Bedeutung zu. Mit dem Regierungsviertel, den zahlreichen Touristenattraktionen (Love-Parade, Silvestermeile, Denkmäler ...), den politischen und gesellschaftlichen Veranstaltungen, den Luxus-Hotels, den verschiedenen Botschaften und Ländervertretungen und dem entsprechend sehr vielseitigen Publikum wird dem in den verschiedenen Bereichen eingesetzten Polizeibeamten der Direktion 3 hohe Flexibilität und Fingerspitzengefühl im Rahmen ihres trotzdem konsequenten Handelns abverlangt. Geschlossene Einsätze in Zusammenhang mit großen Demonstrationen (NPD etc.) gehören gleichermaßen zum Alltag wie die Befriedung von ruhestörendem Lärm oder Ehestreitigkeiten, die Betreuung von Pressevertretern und die Festnahme von jugendlichen Räubern auf dem Schulhof oder im Kiez. Von Polizisten weitergegebene Erfahrungen und transparent dargestellter Polizeialltag können den Schülern nicht nur den Beruf des Polizisten nahe bringen, sondern auch von Schülern bei der Umsetzung gewaltfreien Handelns genutzt werden. Die Heinrich-von-Stephan-Oberschule steht für Kooperationsprojekte Leistungsbezogenheit Selbständigkeit Soziale Verantwortungsbereitschaft Die Stephan-Oberschule wird sich in ihrem Unterricht um eine demokratische Erziehung und schülerorientierte Modelle von Konfliktlösungen bemühen. In vielen Unterrichtsfächern und Jahrgängen spielen Fragen der Gewaltenteilung und der Aufgaben von Staat und Polizei eine Rolle. Auch der tägliche Umgang mit kleinen und gelegentlich größeren Konflikten sind Bestandteil jugendlichen Lebens. Hier bieten sich Anknüpfungspunkte für Unterrichtsprojekte, bei denen die Direktion 3 die Stephan-Oberschule unterstützen kann. Auch bei vielen Eltern gibt es Fragen und Ängste, die sich auf das soziale Umfeld und ihre Alltagserfahrungen begründen. Rechtsstaatliches Denken steht auf der Probe, wenn scheinbar staatliche Intervention gefordert wäre, aber nicht erfolgt. Auch darauf will u. a. die Stephan-Oberschule reagieren - sachkundige Unterstützung der Direktion 3 kann hier hilfreich sein. Einige Jugendliche haben einen Dienst bei der Polizei als Berufsperspektive. Hier kann Information aus erster Hand zu einer realistischen Haltung und gegebenenfalls Bestärkung dieses Berufswunsches führen. Die didaktisch-methodischen Kenntnisse der Kollegen und Kolleginnen der Stephan-Oberschule können bei der Vorbereitung - Gestaltung und 57 Die Stephan-Oberschule und die Direktion 3 streben eine Zusammenarbeit an, die die Schule in ihrer pädagogischen Arbeit durch stärkere Realitätsbezüge unterstützt, bei den Schülerinnen und Schülern die demokratische Grundhaltung verbessern soll und der Direktion 3 einen größeren Einblick in die Möglichkeiten und Leistungen der Schule verschaffen soll. Die Kooperationspartner wollen durch bessere Kenntnis beiderseitiger Erwartungen und Anforderungen den Jugendlichen bei dem Erwerb von Kompetenzen zur Bewältigung ihres gegenwärtigen und zukünftigen Lebens als aktiver Teil einer demokratischen Gesellschaft helfen. Die Stephan-Oberschule Sie erwartet von ihren Schülern eine angemessene, leistungsbezogene Lernhaltung. Die Schule gibt dafür angemessene Hilfen zur Selbsthilfe auf dem Weg zur zunehmenden Selbständigkeit der Schüler. Die Schule versucht in vielen Bereichen eine Erziehung zur sozialen Verantwortung: Hier können die Klassenversammlungen, die Konfliktlotsen, Partner- und Gruppenarbeit, Projekte u. v. a. die „Schülerfirma“ angeführt werden. Die Direktion 3 Die Polizeidirektion 3 ist eine von sieben bezirklich gegliederten Polizeidirektionen, zuständig für die Bereiche des ehemaligen Bezirkes Mitte und Tiergarten. In der Direktion 3 gibt es u. a. vier Polizeiabschnitte (31 bis 34), ein Referat Verbrechensbekämpfung, einen zentralen Verkehrsdienst, eine Verkehrsunfallbereitschaft, eine Direktionshundertschaft und eine Stabsdienststelle, die für die Planung und Durchführung großer Einsätze und Veranstaltungen sowie die Betreuung von Medienvertretern zuständig ist. Nachbereitung von Stunden durch Präventionskräfte in den Schulen genutzt werden. Material zur Gewaltprävention kann gesammelt und gesichtet werden. Es sollte vorher in jedem Falle ein Vermittlungsgespräch versucht werden. Im Einzelnen wird vereinbart: in der Stephan-Oberschule: Jens Großpietsch Telefon 030 39408425, Fax 030 39408544 eMail [email protected] Fester erster Ansprechpartner in allen polizeilichen Fragen für unsere Schule ist der/die Jugendbeauftragte der Direktion 3 Eine langfristige Terminvereinbarung für den Unterricht durch den Jugendbeauftragten/die Jugendbeauftragte (Dir 3) wird zum Ende eines jeden Schuljahres für das nächste Schuljahr festgelegt. Auf Elternversammlungen (einmal im Schuljahr) werden die Eltern der Schüler und Schülerinnen im 7. Schuljahr durch Mitarbeiter der Direktion 3 über spezielle Probleme von „Jugendgewalt und Prävention“ informiert. Vermittlung von Tipps für effektive Ausbildungsbewerbungen; hierzu werden u. a. Polizisten und Polizeianwärter und -anwärterinnen die Stephan-Oberschule besuchen und Schülern und Schülerinnen von ihren Erfahrungen berichten. Pro Jahr wird ein Projekttag und/oder eine Projektwoche zum Thema Gewaltprävention und weiteren Themen für eine Klasse gemeinsam durchgeführt. Regelmäßige Gespräche zwischen Streitschlichtern der Schule und Polizeibeamten sollen Streitschlichtern Grenzen aufzeigen und sie auf dem richtigen Weg bestärken. Unterrichtsmaterial auch für den Jugendbeauftragten (Vorbereitung, Durchführung, Auswertung) wird von Kollegen und Kolleginnen der Stephan-Oberschule erarbeitet. Eine erste Sammlung von bestehenden Materialien wird noch in diesem Schuljahr von der Stephan-Oberschule der Direktion 3 zur Verfügung gestellt. Dauer und Verfahren der Vereinbarung Die Kooperationsvereinbarung wird von allen Partnern gemeinsam getragen und gilt für unbestimmte Zeit. Die Partner werden mindestens halbjährlich ihre Erfahrungen mit den gemeinsamen Projekten austauschen, sie dabei konkretisieren und weiterentwickeln und ggf. ändern. Wenn ein Partner mit der Leistung des anderen nicht zufrieden ist, kann die Zusammenarbeit jederzeit verändert oder auch beendet werden. 58 Ansprechpersonen für die Partner sind: in der Direktion 3: Christian Zorn Telefon 030 2405 60 702, Fax 030 240560975 eMail [email protected] (Unterschriften) Weitere Kooperationsvereinbarungen Es gibt zwei weitere Kooperationsvereinbarungen, die die Direktion 6, Telefon 030 29328060 mit der Paul- und Charlotte-Kniese-Oberschule, Telefon 030 51659714 und der Schule an der Victoriastadt, Telefon 030 5107047 geschlossen hat. Durchsetzung der Schulpflicht - §§ 16 f. des Berliner Schulgesetzes § 16 (Durchsetzung der Schulpflicht) Wer seine allgemeine Schulpflicht nach § 13 Absatz 2 nicht erfüllt, wird der Schule im Verwaltungszwangsverfahren zugeführt, wenn pädagogische Bemühungen, insbesondere auch Hinweise gegenüber den Erziehungsberechtigten, ohne Erfolg geblieben sind. Die Erziehungsberechtigten haben dafür zu sorgen, dass die Schulpflichtigen ihrer Schulpflicht regelmäßig nachkommen. Die Ausbildenden sind verpflichtet, den Schulpflichtigen die zur Erfüllung der Berufsschulpflicht nach § 14 Absatz 1 erforderliche Zeit zu gewähren und sie zur Erfüllung ihrer Schulpflicht anzuhalten. Versäumt der Auszubildende unentschuldigt den Unterricht in der Berufsschule, hat die Schule den Ausbildenden und ggf. die Erziehungsberechtigten schriftlich zu informieren und auf die Erfüllung ihrer Verpflichtung nach Satz 2 und 3 hinzuweisen. § 17 (Ordnungswidrigkeiten, Straftatbestand) (1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. als Erziehungsberechtigter a. entgegen § 8 Absatz 1 Satz 2 Kinder zur Aufnahme in die Schule nicht anmeldet oder auf ihren körperlichen, geistigen oder seelischen Entwicklungsstand nicht untersuchen lässt, b. entgegen § 16 Satz 2 nicht dafür Sorge trägt, dass die Schulpflichtigen ihrer Schulpflicht regelmäßig nachkommen, 2. als Ausbildender entgegen § 16 Satz 3 a. den Schulpflichtigen die zur Erfüllung der Berufsschulpflicht erforderliche Zeit nicht gewährt oder b. die Schulpflichtigen zur Erfüllung ihrer Berufsschulpflicht nicht anhält. (2) Ordnungswidrig handelt auch, wer Schulpflichtige durch Missbrauch des Ansehens, durch Überredung oder durch andere Mittel anregt, den Vorschriften über die Schulpflicht entgegenzuhandeln. (3) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünftausend Deutsche Mark geahndet werden. (4) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist das Bezirksamt. (5) Wer die Verstöße nach Absatz 1 oder 2 aus grobem Eigennutz oder unter grober Vernachlässigung seiner Fürsorge- und Erziehungspflicht begeht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bestraft. Erläuterungen Einleitend ist festzuhalten, dass im Vordergrund aller Bemühungen zur Einhaltung bzw. Durchsetzung der Schulpflicht zuerst pädagogische Maßnahmen stehen. Führen diese Maßnahmen jedoch nicht zu einem Unterlassen der Schulpflichtverletzung, kann die Schule eine Schulversäumnisanzeige stellen. Ab wann sie sich dazu entschießt, liegt in ihrem Ermessen. Die Schulversäumnisanzeige wird an das zuständige Schulamt weitergeleitet, das - nun wiederum im eigenen Ermessen - über den weiteren Fortgang der Angelegenheit entscheidet. Die §§ 16 und 17 SchulG eröffnen dabei für mehrere Fallgruppen unterschiedliche rechtliche Sanktionsmöglichkeiten zur Durchsetzung der Schulpflicht. Ist die Schulpflichtverletzung darauf zurückzuführen, dass ein Erziehungsberechtigter nicht dafür Sorge getragen hat, dass sein Kind (der Schüler/die Schülerin) der allgemeinen Schul pflicht oder der Berufsschulpflicht nachkommt oder dass ein Ausbilder dem Schüler nicht die zur Erfüllung der Berufsschulpflicht erforderliche Zeit gewährt hat oder ihn nicht zur Erfüllung seiner Berufsschulpflicht angehalten hat, so liegt eine Ordnungswidrigkeit vor, die mit einer Geldbuße bis zu einer Höhe von 2.500 € geahndet werden kann. Zudem besteht die Möglichkeit, den Schüler/die Schülerin im Wege des Verwaltungszwangsverfahrens der Schule zwangsweise zuzuführen. In der erst”genannten Fallgruppen richtet sich das Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OwiG), wobei in besonders schweren Fällen der Verletzung der Schulpflicht auch die Einleitung eines Strafverfahrens denkbar wäre. Im Fall der zwangsweisen Zuführung richtet sich das Verfahren nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG). Die ordnungsbehördliche Zuständigkeit für die Durchführung aller Verfahren (Ordnungswidrigkeitsverfahren/Verwaltungszwangsverfahren) zur Durchsetzung/Einhaltung der Schulpflicht liegt bei den Bezirksämtern (§ 17 SchulG, § 36 OWiG) nicht bei den Schulen, d. h. z. B., dass im Fall der zwangsweisen Zuführung das Verwaltungszwangsverfahren (Erlass eines Verwaltungsaktes auf Verpflichtung zum Schulbesuch, Anordnung und Festsetzung des Zwangsmittels) von den Ordnungsbehörden (bezirklichen Schulämtern) zu betreiben ist. Erst wenn das Verfahren abgeschlossen ist und keine Aussicht auf eine erfolgreiche Umsetzung besteht, kann ein Vollzugshilfeersuchen an die Polizei gerichtet werden. Nach § 52 ASOG kann die Polizei als Vollzugshilfe tätig werden, wenn die ersuchende Behörde nicht selbst über die hierzu erforderlichen Dienstkräfte verfügt oder ihre Maßnahmen nicht auf andere Weise selbst durchsetzen kann. 59 Erster Abschnitt: Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit, erzieherischer Kinder- und Jugendschutz (2) In Jugendverbänden und Jugendgruppen wird Jugendarbeit von jungen Menschen selbst organisiert, gemeinschaftlich gestaltet und mitverantwortet. Ihre Arbeit ist auf Dauer angelegt und in der Regel auf die eigenen Mitglieder ausgerichtet, sie kann sich aber auch an junge Menschen wenden, die nicht Mitglieder sind. Durch Jugendverbände und ihre Zusammenschlüsse werden Anliegen und Interessen junger Menschen zum Ausdruck gebracht und vertreten. SGB VIII § 11 Jugendarbeit SGB VIII § 13 Jugendsozialarbeit (1) Jungen Menschen sind die zur Förderung ihrer Entwicklung erforderlichen Angebote der Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen. Sie sollen an den Interessen junger Menschen anknüpfen und von ihnen mitbestimmt und mitgestaltet werden, sie zur Selbstbestimmung befähigen und zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu sozialem Engagement anregen und hinführen. (1) Jungen Menschen, die zum Ausgleich sozialer Benachteiligungen oder zur Überwindung individueller Beeinträchtigungen in erhöhtem Maße auf Unterstützung angewiesen sind, sollen im Rahmen der Jugendhilfe sozialpädagogische Hilfen angeboten werden, die ihre schulische und berufliche Ausbildung, Eingliederung in die Arbeitswelt und ihre soziale Integration fördern. (2) Jugendarbeit wird angeboten von Verbänden, Gruppen und Initiativen der Jugend, von anderen Trägern der Jugendarbeit und den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe. Sie umfasst für Mitglieder bestimmte Angebote, die offene Jugendarbeit und gemeinwesenorientierte Angebote. (2) Soweit die Ausbildung dieser jungen Menschen nicht durch Maßnahmen und Programme anderer Träger und Organisationen sichergestellt wird, können geeignete sozialpädagogisch begleitete Ausbildungs- und Beschäftigungsmaß-nahmen angeboten werden, die den Fähigkeiten und dem Entwicklungsstand dieser jungen Menschen Rechnung tragen. Wichtige Paragraphen aus dem Kinder- und Jugendhilfegesetz Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch, Zweites Kapitel: Leistungen der Jugendhilfe (3) Zu den Schwerpunkten der Jugendarbeit gehören: 1. außerschulische Jugendbildung mit allgemeiner, politischer, sozialer, gesundheitlicher, kultureller, naturkundlicher und technischer Bildung, 2. Jugendarbeit in Sport, Spiel und Geselligkeit, 3. arbeitswelt-, schul- und familienbezogene Jugendarbeit, 4. internationale Jugendarbeit, 5. Kinder- und Jugenderholung, 6. Jugendberatung. (4) Angebote der Jugendarbeit können auch Personen, die das 27. Lebensjahr vollendet haben, in angemessenem Umfang einbeziehen. SGB VIII § 12 Förderung der Jugendverbände (1) Die eigenverantwortliche Tätigkeit der Jugendverbände und Jugendgruppen ist unter Wahrung ihres satzungsgemäßen Eigenlebens nach Maßgabe des § 74 zu fördern. 60 (3) Jungen Menschen kann während der Teilnahme an schulischen oder beruflichen Bildungsmaßnahmen oder bei der beruflichen Eingliederung Unterkunft in sozialpädagogisch begleiteten Wohnformen angeboten werden. In diesen Fällen sollen auch der notwendige Unterhalt des jungen Menschen sichergestellt und Krankenhilfe nach Maßgabe des § 40 geleistet werden. (4) Die Angebote sollen mit den Maßnahmen der Schulverwaltung, der Bundesanstalt für Arbeit, der Träger betrieblicher und außerbetrieblicher Ausbildung sowie der Träger von Beschäftigungsangeboten abgestimmt werden. SGB VIII § 14 Erzieherischer Kinderund Jugendschutz (1) Jungen Menschen und Erziehungsberechtigten sollen Angebote des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes gemacht werden. (2) Die Maßnahmen sollen 1. junge Menschen befähigen, sich vor gefährdenden Einflüssen zu schützen und sie zu Kritikfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit und Eigenverantwortlichkeit sowie zur Verantwortung gegenüber ihren Mitmenschen führen, 2. Eltern und andere Erziehungsberechtigte besser befähigen, Kinder und Jugendliche vor gefährdenden Einflüssen zu schützen. SGB VIII § 15 Landesrechtsvorbehalt Das Nähere über Inhalt und Umfang der in diesem Abschnitt geregelten Aufgaben und Leistungen regelt das Landesrecht. Zweiter Abschnitt: Förderung der Erziehung in der Familie SGB VIII § 16 Allgemeine Förderung der Erziehung in der Familie (1) Müttern, Vätern, anderen Erziehungsberechtigten und jungen Menschen sollen Leistungen der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie angeboten werden. Sie sollen dazu beitragen, dass Mütter, Väter und andere Erziehungsberechtigte ihre Erziehungsverantwortung besser wahrnehmen können. Sie sollen auch Wege aufzeigen, wie Konfliktsituationen in der Familie gewaltfrei gelöst werden können. (2) Leistungen zur Förderung der Erziehung in der Familie sind insbesondere 1. Angebote der Familienbildung, die auf Bedürfnisse und Interessen sowie auf Erfahrungen von Familien in unterschiedlichen Lebenslagen und Erziehungssituationen eingehen, die Familie zur Mitarbeit in Erziehungseinrichtungen und in Formen der Selbst- und Nachbarschaftshilfe besser befähigen sowie junge Menschen auf Ehe, Partnerschaft und das Zusammenleben mit Kindern vorbereiten, 2. Angebote der Beratung in allgemeinen Fragen der Erziehung und Entwicklung junger Menschen, 3. Angebote der Familienfreizeit und der Familienerholung, insbesondere in belastenden Familiensituationen, die bei Bedarf die erzieherische Betreuung der Kinder einschließen. (3) Das Nähere über Inhalt und Umfang der Aufgaben regelt das Landesrecht. SGB VIII § 17 Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung und Scheidung (1) Mütter und Väter haben im Rahmen der Jugendhilfe Anspruch auf Beratung in Fragen der Partnerschaft, wenn sie für ein Kind oder einen Jugendlichen zu sorgen haben oder tatsächlich sorgen. Die Beratung soll helfen, 1. ein partnerschaftliches Zusammenleben in der Familie aufzubauen, 2. Konflikte und Krisen in der Familie zu bewältigen, 3. im Falle der Trennung oder Scheidung die Bedingungen für eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen förderliche Wahrnehmung der Elternverantwortung zu schaffen. (2) Im Falle der Trennung oder Scheidung sind Eltern unter angemessener Beteiligung des betroffenen Kindes oder Jugendlichen bei der Entwicklung eines einvernehmlichen Konzepts für die Wahrnehmung der elterlichen Sorge zu unterstützen; dieses Konzept kann auch als Grundlage für die richterliche Entscheidung über die elterliche Sorge nach der Trennung oder Scheidung dienen. (3) Die Gerichte teilen die Rechtshängigkeit von Scheidungssachen, wenn gemeinschaftliche minderjährige Kinder vorhanden sind (§ 622 Absatz 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung), sowie Namen und Anschriften der Parteien dem Jugendamt mit, damit dieses die Eltern über das Leistungsange-bot der Jugendhilfe nach Absatz 2 unterrichtet. SGB VIII § 18 Beratung und Unterstützung bei der Ausübung der Personensorge (1) Mütter und Väter, die allein für ein Kind oder einen Jugendlichen zu sorgen haben oder tatsächlich sorgen, haben Anspruch auf Beratung und Unterstützung bei der Ausübung der Personensorge einschließlich der Geltendmachung von Unterhalts- oder Unterhaltsersatzansprüchen des Kindes oder Jugendlichen. (2) Die Mutter, der die elterliche Sorge nach § 1626 a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zusteht, hat Anspruch auf Beratung und Unterstützung bei der Geltendmachung ihrer Unterhaltsansprüche nach § 1615 l des Bürgerlichen Gesetzbuchs. 61 (3) Kinder und Jugendliche haben Anspruch auf Beratung und Unterstützung bei der Ausübung des Umgangsrechts nach § 1684 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Sie sollen darin unterstützt werden, dass die Personen, die nach Maßgabe der §§ 1684 und 1685 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum Umgang mit ihnen berechtigt sind, von diesem Recht zu ihrem Wohl Gebrauch machen. Eltern, andere Umgangsberechtigte sowie Personen, in deren Obhut sich das Kind befindet, haben Anspruch auf Beratung und Unterstützung bei der Ausübung des Umgangsrechts. Bei der Befugnis, Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes zu verlangen, bei der Herstellung von Umgangskontakten und bei der Ausführung gerichtlicher oder vereinbarter Umgangsregelungen soll vermittelt und in geeigneten Fällen Hilfestellung geleistet werden. soll der andere Elternteil bei der Betreuung und Versorgung des im Haushalt lebenden Kindes unterstützt werden, wenn 1. er wegen berufsbedingter Abwesenheit nicht in der Lage ist, die Aufgabe wahrzunehmen, 2. die Hilfe erforderlich ist, um das Wohl des Kindes zu gewährleisten, 3. Angebote der Förderung des Kindes in Tageseinrichtungen oder in Tagespflege nicht ausreichen. (4) Ein junger Volljähriger hat bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres Anspruch auf Beratung und Unterstützung bei der Geltendmachung von Unterhalts- oder Unterhaltsersatzansprüchen. SGB VIII § 21 Unterstützung bei notwendiger Unterbringung zur Erfüllung der Schulpflicht (2) Fällt ein alleinerziehender Elternteil oder fallen beide Elternteile aus gesundheitlichen oder anderen zwingenden Gründen aus, so soll unter der Voraussetzung des Absatzes 1 Nummer 3 das Kind im elterlichen Haushalt versorgt und betreut werden, wenn und solange es für sein Wohl erforderlich ist. (2) Während dieser Zeit soll darauf hingewirkt werden, dass die Mutter oder der Vater eine schulische oder berufliche Ausbildung beginnt oder fortführt oder eine Berufstätigkeit aufnimmt. Können Personensorgeberechtigte wegen des mit ihrer beruflichen Tätigkeit verbundenen ständigen Ortswechsels die Erfüllung der Schulpflicht ihres Kindes oder Jugendlichen nicht sicherstellen und ist deshalb eine anderweitige Unterbringung des Kindes oder des Jugendlichen notwendig, so haben sie Anspruch auf Beratung und Unterstützung. In geeigneten Fällen können die Kosten der Unterbringung in einer für das Kind oder den Jugendlichen geeigneten Wohnform einschließlich des notwendigen Unterhalts sowie die Krankenhilfe übernommen werden, wenn und soweit dies dem Kind oder dem Jugendlichen und seinen Eltern aus ihren Einkommen und Vermögen nach Maßgabe der §§ 91 bis 93 nicht zuzumuten ist. Die Kosten können über das schulpflichtige Alter hinaus übernommen werden, sofern eine begonnene Schulausbildung noch nicht abgeschlossen ist, längstens aber bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres. (3) Die Leistung soll auch den notwendigen Unterhalt der betreuten Personen sowie die Krankenhilfe nach Maßgabe des § 40 umfassen. Dritter Abschnitt: Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege SGB VIII § 20 Betreuung und Versorgung des Kindes in Notsituationen SGB VIII § 22 Grundsätze der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen (1) Fällt der Elternteil, der die überwiegende Betreuung des Kindes übernommen hat, für die Wahrnehmung dieser Aufgabe aus gesundheitlichen oder anderen zwingenden Gründen aus, so (1) In Kindergärten, Horten und anderen Einrichtungen, in denen sich Kinder für einen Teil des Tages oder ganztags aufhalten (Tageseinrichtungen), soll die Entwicklung des Kindes zu einer SGB VIII § 19 Gemeinsame Wohnformen für Mütter/Väter und Kinder (1) Mütter oder Väter, die allein für ein Kind unter sechs Jahren zu sorgen haben, sollen gemeinsam mit dem Kind in einer geeigneten Wohnform betreut werden, wenn und solange sie aufgrund ihrer Persönlichkeitsentwicklung dieser Form der Unterstützung bei der Pflege und Erziehung des Kindes bedürfen. Die Betreuung schließt auch ältere Geschwister ein, sofern die Mutter oder der Vater für sie allein zu sorgen hat. Eine schwangere Frau kann auch vor der Geburt des Kindes in der Wohnform betreut werden. 62 eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit gefördert werden. (2) Die Aufgabe umfasst die Betreuung, Bildung und Erziehung des Kindes. Das Leistungsangebot soll sich pädagogisch und organisatorisch an den Bedürfnissen der Kinder und ihrer Familien orientieren. (3) Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben sollen die in den Einrichtungen tätigen Fachkräfte und anderen Mitarbeiter mit den Erziehungsberechtigten zum Wohl der Kinder zusammenarbeiten. Die Erziehungsberechtigten sind an den Entscheidungen in wesentlichen Angelegenheiten der Tageseinrichtung zu beteiligen. SGB VIII § 23 Tagespflege (1) Zur Förderung der Entwicklung des Kindes, insbesondere in den ersten Lebensjahren, kann auch eine Person vermittelt werden, die das Kind für einen Teil des Tages oder ganztags entweder im eigenen oder im Haushalt des Personensorgeberechtigten betreut (Tagespflegeperson). (2) Die Tagespflegeperson und der Personensorgeberechtigte sollen zum Wohl des Kindes zusammenarbeiten. Sie haben Anspruch auf Beratung in allen Fragen der Tagespflege. (3) Wird eine geeignete Tagespflegeperson vermittelt und ist die Förderung des Kindes in Tagespflege für sein Wohl geeignet und erforderlich, so sollen dieser Person die entstehenden Aufwendungen einschließlich der Kosten der Erziehung ersetzt werden. Die entstehenden Aufwendungen einschließlich der Kosten der Erziehung sollen auch ersetzt werden, wenn das Jugendamt die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Tagespflege für das Wohl des Kindes und die Eignung einer von den Personensorgeberechtigten nachgewiesenen Pflegeperson feststellt. (4) Zusammenschlüsse von Tagespflegepersonen sollen beraten und unterstützt werden. SGB VIII § 24 Ausgestaltung des Förderungsangebots in Tageseinrichtungen Ein Kind hat vom vollendeten dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt Anspruch auf den Besuch eines Kindergartens. Für Kinder im Alter unter drei Jahren und für Kinder im schulpflichtigen Alter sind nach Bedarf Plätze in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. SGB VIII § 24 a Übergangsregelung zum Anspruch auf den Besuch eines Kindergartens (1) Kann zum 1. Januar 1996 in einem Land das zur Erfüllung des Rechtsanspruchs nach § 24 Satz 1 erforderliche Angebot nicht gewährleistet werden, so gelten die nachfolgenden Regelungen. (2) Landesrecht kann einen allgemeinen Zeitpunkt, spätestens den 1. August 1996, festlegen und bestimmen, dass erst ab diesem festgelegten Zeitpunkt der Anspruch eines Kindes, das bis zu diesem Tag das dritte Lebensjahr vollendet hat, besteht. (3) Landesrecht kann für die Zeit ab dem 1. August 1996 bis zum 31. Dezember 1998 eine Regelung treffen, die die örtlichen Träger, die den Rechtsanspruch nach § 24 Satz 1 noch nicht erfüllen können, auf Antrag befugt, für ihren Bereich allgemeine Zeitpunkte festzulegen, ab denen der Rechtsanspruch auf den Besuch des Kindergartens besteht. Diese Zeitpunkte dürfen höchstens sechs Monate und für das Jahr 1998 höchstens vier Monate auseinander liegen. Voraussetzung für die Befugnis ist, dass der örtliche Träger vorab im Rahmen der Jugendhilfeplanung das noch bestehende Versorgungsdefizit festgestellt und verbindliche Ausbaustufen zur Verwirklichung des Angebots, das eine Erfüllung des Rechtsanspruchs nach § 24 Satz 1 zum frühestmöglichen Zeitpunkt, spätestens zum 31. Dezember 1998, gewährleistet, beschlossen hat. (4) Landesrecht kann auch regeln, dass der Anspruch im Rahmen der Absätze 2 und 3 bis zum 31. Dezember 1998 auch durch ein anderes geeignetes Förderungsangebot erfüllt werden kann. (5) Besteht eine landesrechtliche Regelung nach den Absätzen 2 bis 4, so hat der örtliche Träger der Jugendhilfe im Rahmen seiner Gewährleistungspflicht nach § 79 sicherzustellen, dass ein Kind vom vollendeten dritten Lebensjahr an auch vor den jeweiligen allgemeinen Zeitpunkten einen Kindergartenplatz oder ein anderes geeignetes Förderungsangebot erhält, wenn die Ablehnung für das Kind oder seine Eltern eine besondere Härte bedeuten würde. 63 SGB VIII § 25 Unterstützung selbstorganisierter Förderung von Kindern Mütter, Väter und andere Erziehungsberechtigte, die die Förderung von Kindern selbst organisieren wollen, sollen beraten und unterstützt werden. der Klärung und Bewältigung individueller und familienbezogener Probleme und der zugrunde liegenden Faktoren, bei der Lösung von Erziehungsfragen sowie bei Trennung und Scheidung unterstützen. Dabei sollen Fachkräfte verschiedener Fachrichtungen zusammenwirken, die mit unterschiedlichen methodischen Ansätzen vertraut sind. SGB VIII § 26 Landesrechtsvorbehalt SGB VIII § 29 Soziale Gruppenarbeit Das Nähere über Inhalt und Umfang der in diesem Abschnitt geregelten Aufgaben und Leistungen regelt das Landesrecht. Am 31. Dezember 1990 geltende landesrechtliche Regelungen, die das Kindergartenwesen dem Bildungsbereich zuweisen, bleiben unberührt. Vierter Abschnitt: Hilfe zur Erziehung, Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche, Hilfe für junge Volljährige Erster Unterabschnitt Hilfe zur Erziehung SGB VIII § 27 Hilfe zur Erziehung (1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist. (2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. (3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Sie soll bei Bedarf Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen. SGB VIII § 28 Erziehungsberatung Erziehungsberatungsstellen und andere Beratungsdienste und -einrichtungen sollen Kinder, Jugendliche, Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei 64 Die Teilnahme an sozialer Gruppenarbeit soll älteren Kindern und Jugendlichen bei der Überwindung von Entwicklungsschwierigkeiten und Verhaltensproblemen helfen. Soziale Gruppenarbeit soll auf der Grundlage eines gruppenpädagogischen Konzepts die Entwicklung älterer Kinder und Jugendlicher durch soziales Lernen in der Gruppe fördern. SGB VIII § 30 Erziehungsbeistand, Betreuungshelfer Der Erziehungsbeistand und der Betreuungshelfer sollen das Kind oder den Jugendlichen bei der Bewältigung von Entwicklungsproblemen möglichst unter Einbeziehung des sozialen Umfelds unterstützen und unter Erhaltung des Lebensbezugs zur Familie seine Verselbständigung fördern. SGB VIII § 31 Sozialpädagogische Familienhilfe Sozialpädagogische Familienhilfe soll durch intensive Betreuung und Begleitung Familien in ihren Erziehungsaufgaben, bei der Bewältigung von Alltagsproblemen, der Lösung von Konflikten und Krisen sowie im Kontakt mit Ämtern und Institutionen unterstützen und Hilfe zur Selbsthilfe geben. Sie ist in der Regel auf längere Dauer angelegt und erfordert die Mitarbeit der Familie. SGB VIII § 32 Erziehung in einer Tagesgruppe Hilfe zur Erziehung in einer Tagesgruppe soll die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen durch soziales Lernen in der Gruppe, Begleitung der schulischen Förderung und Elternarbeit unterstützen und dadurch den Verbleib des Kindes oder des Jugendlichen in seiner Familie sichern. Die Hilfe kann auch in geeigneten Formen der Familienpflege geleistet werden. SGB VIII § 33 Vollzeitpflege Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kindern und Jugendlichen in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche sind geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen und auszubauen. SGB VIII § 34 Heimerziehung, sonstige betreute Wohnform Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie 1. eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder 2. die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder 3. eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten. Jugendliche sollen in Fragen der Ausbildung und Beschäftigung sowie der allgemeinen Lebensführung beraten und unterstützt werden. SGB VIII § 35 Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung soll Jugendlichen gewährt werden, die einer intensiven Unterstützung zur sozialen Integration und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung bedürfen. Die Hilfe ist in der Regel auf längere Zeit angelegt und soll den individuellen Bedürfnissen des Jugendlichen Rechnung tragen. Zweiter Unterabschnitt: Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche SGB VIII § 35 a Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche (1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn 1. ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und 2. daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist. (2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall 1. in ambulanter Form, 2. in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen, 3. durch geeignete Pflegepersonen und 4. in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet. (3) Aufgabe und Ziel der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie die Art der Leistungen richten sich nach § 39 Absatz 3 und 4 Satz 1, den §§ 40 und 41 des Bundessozialhilfegesetzes, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden. (4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nichtbehinderte Kinder gemeinsam betreut werden. 65 Leistungsbeschreibungen der Berliner Kostensatzrahmenvereinbarung für den Jugendhilfebereich (Auszüge) Ambulante Angebote Leistungsangebot Ambulante psychologische Psychotherapie und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie §§ 27 Abs 3 u. 35 a SGB VIII § 27 AG KJHG Zielgruppe i. d. R. 3 bis18 Jahre Familientherapie § 27 Absatz 3 SGB VIII Kinder, Jugendliche, Stabilisierung des familiären und sozialen junge Volljährige und Beziehungsgefüges, Minderung und deren Familien Behebung von Beziehungsstörungen, Befähigung der Erziehungsberechtigten ihren Erziehungsauftrag zu erfüllen Integrative Lerntherapie bei umschriebenen Entwicklungsstörungen schulischen Lernens § 27 Absatz 3 und § 35 a SGB VIII Erziehungs- und Familienberatung § 28 SGB VIII Kinder und Jugendliche i. d. R. im Grundschulalter Begleiteter Umgang § 18 Abs. 3 SGB VIII Eltern und andere Familienangehörige, andere Umgangsberechtigte, Kinder und Jugendliche Soziale Gruppenarbeit § 29 SGB VIII i. d. R. Schulalter Erziehungsbeistand/ Betreuungshelfer § 30 SGB VIII 6 bis 21 Jahre Sozialpädagogische Familienhilfe § 31 SGB VIII Erziehungsberechtigte mit Kindern und Jugendlichen Unterstützung der Familie, sozialpädagogische Beratung, Begleitung und Unterstützung Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung § 35 SGB VIII i. d. R. 14 bis 21 Jahre Krisenintervention, Förderung der emotionalen Fähigkeiten und sozialen Kompetenzen, Entwicklungen realistischer Lebensplanungen 66 Sorgeberechtigte, Bezugspersonen mit Umgangsrecht, Kinder, Jugendliche und junge Volljährige Ziele und Aufgaben Stabilisierung des Familiengefüges Minderung und Behebung seelischer Leidenszustände und damit verbundener körperlicher Beeinträchtigungen Gewinn neuer Handlungsmöglichkeiten und Perspektiven Verbindung und Integration pädagogischer und psychologischer Trainings- und Behandlungsmethoden, dadurch Entfaltung ihrer therapeutischen Wirkung, Entwicklungsförderung unter Einbeziehung des sozialen Umfelds Klärung und Bewältigung individueller und familienbezogener Probleme, Hilfe in belastenden Lebenssituationen Förderung der elterlichen Erziehungskompetenz, Entwicklung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit Sicherstellung der Beziehungskontinuität der Minderjährigen zu seinen Eltern und anderen für seine Entwicklung wichtigen Bezugspersonen, Verselbständigung des Umgangs Hilfe bei der Überwindung von Entwicklungsschwierigkeiten und Verhaltensproblemen, soziales Lernen in der Gruppe Anleitung und Unterstützung zur altersentsprechenden Verselbständigung unter Erhaltung des Familienbezuges Teilstationäre Angebote nach SGB VIII Leistungsangebot Tagesgruppe § 2 Absatz 1 SGB VIII Zielgruppe i. d. R. 6 bis 16 Jahre Ziele und Aufgaben Förderung der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, familienunterstützendes Angebot zwischen ambulanten und vollstationären Hilfen und in Abgrenzung zu anderen Tageseinrichtungen Stationäre Angebote nach SGB VIII Leistungsangebot Heimerziehung, sonstige betreute Wohnform § 27 i. V. m. §§ 34, 41 SGB VIII Leistungsbereich: Vollstationäre Erziehungshilfen a) „Rund-um-die-Uhr“Schichtdienstgruppen (SDG) Zielgruppe Ziele und Aufgaben Entwicklungsförderung von Kindern und Jugendlichen durch Verbindung von pädagogischen und therapeutischen Angeboten b) Wohngruppen mit alternierend innewohnender Betreuung (WAB) Aufnahmealter: von 6 bis 15 Jahre biographische Aufarbeitung der Herkunftsfamiliensituation, Erhalt und Entwicklung förderlicher Bezüge zur Herkunftsfamilie c) Erziehungswohngruppen (EWG) s. o. Aufnahmealter: bis 15 Jahre s. o. Haushalts- und Lebensgemeinschaft von Kindern und innewohnenden Fachkräften, familienähnliche Betreuung, gezielte individuelle Förderung der psychosozialen, emotionalen u. kognitiven Entwicklung d) Erziehungsstellen (EST) Aufnahmealter: 0 bis 15 Jahre Haushalts- und Lebensgemeinschaft von Kindern und innewohnenden Fachkräften, familienähnliche Betreuung, durch Beziehungskontinuität gezielte Förderung der psychosozialen, emotionalen und kognitiven Entwicklung in individueller Form e) Betreutes Jugendwohnen in einer sozialpädagogischen Wohngemeinschaft (WG) Aufnahmealter: i. d. R. ab 15 Jahre ----------------------------------------Betreutes Einzelwohnen (BEW) -------------------------i. d. R. ab 15 Jahre persönliche Stabilisierung, Hilfe bei Erreichen eines Schul- oder Berufsabschlusses, Klärung der familiären Beziehungen, Entwicklung von Kommunikations- und sozialer Kontaktfähigkeit, Verselbständigung zum Leben, unabhängig von staatlicher Hilfe --------------------------------------------------w. o. -----------------------------------------Betreutes Wohnen für junge Volljährige (BWV) -------------------------ab 17,5 Jahre --------------------------------------------------w. o. Aufnahmealter: ab 6 Jahre Hilfe bei Trennungsverarbeitung von der Herkunftsfamilie, Begleitung der Kontakte zur Familie und Hilfe bei der möglichen Rückkehr und ---------------------------------------- ----------------------------- -------------------------------------------------------w. o. und Unterstützung bei der i. d. R. ab 15 Jahre Entwicklung einer realistischen Gruppen mit Lebensplanung betreuungsfreien Zeiten 67 Angebote im Bereich der Anderen Aufgaben nach SGB VIII Leistungsangebot Erstberatung im Rahmen der Inobhutnahme/Sozialpädagogische Krisenintervention nach § 42 SGB VIII Unterbringung in Folge der Inobhutnahme/Sozialpädagogische Krisenintervention Zielgruppe Kinder und Jugendliche, bei befürchteter akuter Kindeswohlgefährdung auch Eltern, Familienangehörige, prof. Helfer, Dritte 0 bis unter 18 Jahre Musterkooperationsvereinbarung für Projekte mit schuldistanzierten jungen Menschen Musterkooperationsvereinbarung Kooperationspartner sind: Jugendamt (konkrete Benennung) SenBJS, Außenstelle (...) Schule (...) Maßnahmeträger (...) zur Zusammenarbeit bei der Durchführung eine Maßnahme (konkrete Benennung) zur Förderung und Begleitung der schulischen Reintegration von schuldistanzierten Schülern und Schülerinnen. § 1 Grundlagen 1. Die Vereinbarung regelt die Zusammenarbeit oben genannter Vereinbarungspartner. 2. Grundlagen der Maßnahme sind das Berliner Schulgesetz, das Schulverfassungsgesetz, das SGB VIII in Verbindung mit etwaigen Ausführungsvorschriften und Leistungsbeschreibungen, das Konzept des Trägers und erforderlichenfalls die Betriebserlaubnis. 3. Dabei bleiben die durch Gesetz, Rechts- und Verwaltungsvorschriften vorgegebenen Zuständigkeiten unberührt. 68 Ziele und Aufgaben Schutz und Gefahrenabwehr sowie Krisenintervention Schutz und Gefahrenabwehr, Krisenintervention bis zur Perspektivklärung, Bereitstellung von Unterkunft § 2 Zielstellung 1. Die Maßnahme will die Reintegration von schuldistanzierten Schülerinnen und Schülern erreichen. 2. Die Maßnahme unterstützt die Bewältigung altersbezogener Entwicklungsaufgaben durch Schaffung eines sozialen Lernfeldes, das motivierende und stabilisierende Situationen und Beziehungen bietet. Sie leistet zudem über individuelle Förderung einen Beitrag zum Abbau der durch Verhaltensauffälligkeiten mitbedingten Entwicklungs- und Lernprobleme. 3. In diesem Sinne ist die Maßnahme auch eine schulische und familiale Prozesse unterstützende und ergänzende Erziehungs- und Bildungsinstanz auf Zeit. In ihr realisieren Schüler und Schülerinnen ihre Schulpflicht. 4. Bei Wiedereintritt in die Regelschule unterstützt die Maßnahme die Bewältigung des Schulalltags für einen längeren Zeitraum entsprechend der individuellen Bedürfnisse. 5. Die Maßnahme fördert in enger Zusammenarbeit mit der Schulleitung und den Lehrkräften die Bereitschaft und die Fähigkeit der Kinder und Jugendlichen zur Reintegration in die Regelschule - ggf. in eine berufsvorbereitende Maßnahme - und unterstützt die Entwicklung dafür notwendiger Bedingungen bei Kindern und Jugendlichen, in der Familie und in der aufnehmenden Schule. § 3 Inhalt der Leistung Das Angebot umfasst: Unterstützung der Diagnostik zum komplexen Erfassen von Ursachen der Schulverweigerung in Zusammenarbeit mit den entsprechenden Fachdienst Elternarbeit Intensive sozialpädagogische Einzelarbeit Gruppenarbeit Individuelle Beschulung Gegebenenfalls therapeutische Leistungen Gegebenenfalls Maßnahmen im Übergang Schule - Beruf Sonstiges § 4 Zielgruppe und Zugangsvoraussetzungen 1. Zielgruppe (Maßnahmebezogen beschreiben) 2. Das Jugendamt entscheidet über die Bewilligung der Leistung und ist zuständig für das Hilfeplanverfahren gemäß § 36 SGB VIII im gesamten Zeitraum der Hilfe. Daran wird die zuständige Schule beteiligt. 3. Das Jugendamt übernimmt die Kosten auf der Grundlage des Trägervertrages zwischen dem Maßnahmeträger und dem Land Berlin, vertreten durch das Landesjugendamt. 4. Das Jugendamt hat im Rahmen der Gewährleistungspflicht die Verantwortung für die Kontrolle der Jugendhilfeleistung. 5. Einzelheiten der Zusammenarbeit mit dem freien Träger der Jugendhilfe regeln Vereinbarungen, die Anlage des Vertrages sind. § 7 Aufgaben der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport und des Schulträgers 2. Ort (Maßnahmebezogen beschreiben) 3. Zugangsvoraussetzungen sind: - die Bereitschaft der Eltern zur Zusammenarbeit bei der Überwindung der Schulverweigerung und die Bereitschaft des Kindes/Jugendlichen, sich auf diese Hilfeform einzulassen - der Nachweis, dass schulische Förder- und Erziehungsmaßnahmen im Rahmen des Schulgesetzes ausgeschöpft sind - elementare Gruppenfähigkeit § 5 Status der Teilnehmer 1. Bezogen auf die Jugendhilfemaßnahme (beschreiben) 2. Bezogen auf die Schule (beschreiben) § 6 Aufgaben des Jugendamtes 1. Das Jugendamt prüft den Bedarf und die Eignung der Jugendhilfemaßnahme gemäß SGB VIII und arbeitet dabei mit den Fachdiensten und Fachkräften zusammen. 1. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport sichert die Bereitstellung von Lehrerstunden gemäß den jeweils geltenden Organisationsrichtlinien. Die Fach- und Dienstaufsicht durch die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport bleiben unberührt. 2. Die Personensorgeberechtigten werden durch die jeweilige Außenstelle der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport über den Umfang der Beschulung in der Maßnahme angemessen informiert. 3. Der Schulträger stellt die für die Maßnahme erforderlichen Räume im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten entgeltfrei zur Verfügung. Er berücksichtigt außerdem die den Schülern der Maßnahme zustehenden Sachkosten für Lehr- und Lernmittel bei der Mittelvergabe. § 8 Aufgaben der kooperierenden Schulen Kinder und Jugendliche, die an der Maßnahme teilnehmen, sind Schülerinnen und Schüler der kooperierenden Schulen. 69 Die in der Maßnahme tätigen Lehrkräfte sind Mitglieder der Kollegien der Kooperationsschulen. Damit gelten grundsätzlich für die Lehrerinnen und Lehrer sowie für die Schülerinnen und Schüler das Berliner Schulgesetz und das Schulverfassungsgesetz. 1. Die Klassenkonferenz stellt das Vorliegen von schuldistanziertem Verhalten der Schülerin oder des Schülers fest. Sie berücksichtigt die Fehltage und bezieht Stellungnahmen entsprechender Fachdienste ein. Sie dokumentiert die bisher erfolgten Maßnahmen. Die Schulleitung informiert die Schulaufsicht und den Schulträger über den Beschluss. 2. Die Lehrkräfte beteiligen sich an der Hilfeplanung des Jugendamtes. Sie erarbeiten in Abstimmung mit den in der Maßnahme tätigen Mitarbeitern der Jugendhilfe ein pädagogisches Konzept. 3. Die Schule ist verantwortlich für die Bereitstellung der für den Unterricht erforderlichen Lehrund Lernmittel. 4. Im Zusammenhang mit der Vorbereitung der Ablösephase erstellen die Mitarbeiter/innen der Maßnahme einen Entwicklungsbericht und erarbeiten Empfehlungen für die weitere Schulund Hilfeplanung. 5. Die Schule unterstützt im Rahmen ihrer Verantwortung für die Qualitätssicherung des Unterrichts die erforderliche Fortbildung für die in der Maßnahme tätigen Lehrkräfte. 6. Die Schule sichert im Rahmen ihrer Möglichkeiten eine geeignete Vertretung bei Ausfall einer Lehrkraft. Sollte in Ausnahmefällen keine Vertretungsmöglichkeit vorhanden sein, erfolgen Aufsicht und Betreuung durch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Maßnahme. 7. Entscheidungen über Beurlaubungen einzelner Schüler und Schülerinnen vom Unterricht trifft die Schulleitung bzw. die Schulaufsicht in Abstimmung mit der Leitung der Maßnahme und dem Jugendamt. 8. Dem Unterrichtskonzept entsprechende und notwendige spezifische und individuelle Regelungen, zum Beispiel für die Bewertung, liegen in der Verantwortung der Schulleitung und der Schulaufsicht. 70 9. Die außerschulischen Mitarbeiter der Maßnahme werden zu den erforderlichen Sitzungen der schulischen Gremien eingeladen. Es gilt § 5 (2) Schulverfassungsgesetz (Gästeregelung). § 9 Aufgaben des Maßnahmeträgers 1. Die Aufgaben und Leistungen des Maßnahmeträgers ergeben sich aus den als Anlage beigefügten Dokumenten (Konzept der Maßnahme). 2. Der Maßnahmeträger stellt die zur Realisierung der Maßnahme geeigneten und erforderlichen Fachkräfte zur Verfügung. Er ist zuständig für deren Qualifizierung, Fortbildung und Supervision. Die Fachkräfte sind Angestellte des Maßnahmeträgers und unterstehen dessen Fach- und Dienstaufsicht. 3. Die Sicherstellung des gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes seiner Beschäftigten ist Aufgabe des Maßnahmeträgers, ebenso wird die Haftpflichtversicherung der Angestellten durch ihn geregelt. 4. Der Maßnahmeträger ist für die Qualitätssicherung des Angebotes zuständig und die dafür notwendige Kooperation mit der kooperieren Schule (Schulen) und anderen Partnern. 5. Der Maßnahmeträger hat im Rahmen seiner Weisungsbefugnis gegenüber seinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen zu gewährleisten, dass nicht gegen geltende Vorschriften, Anordnungen der Schulaufsichtsbehörde oder Beschlüsse der schulischen Gremien verstoßen oder der Schulbetrieb nicht beeinträchtigt wird. 6. Die Leitung der Maßnahme übt bei Abwesenheit der Schulleitung das Hausrecht über die durch den Maßnahmeträger genutzten Räume für die Maßnahme aus. § 10 Zusammenarbeit 1. Alle vereinbarungsschließenden Seiten verpflichten sich zu einer ZusammenarbeitZusammenarbeit, die sich in erster Linie am Hilfebedarf und der schulischen Förderung der Schüler und Schülerinnen orientiert. 2. Maßnahmeträger und Schule erarbeiten gemeinsam ein pädagogisches Konzept. Das Konzept ist Bestandteil der Vereinbarung. 3. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Schule und des Maßnahmeträgers arbeiten im gesamten Hilfeverlauf im Rahmen regelmäßiger Treffen zur Einzelfallprüfung (1 x wöchentlich), zusammen. 4. Alle vereinbarungsschließenden Seiten beraten viermal jährlich auf Einladung des Maßnahmeträgers über Erfahrungen bei der Realisierung dieser Kooperationsvereinbarungen. Sie werden bei Bedarf entsprechend modifiziert. 5. Bei zu erwartendem Abbruch der Maßnahme durch Klienten, Maßnahmeträger oder Lehrkräfte beraten Jugendamt, kooperierende Schule, Schulpsychologischer Dienst und Maßnahmeträger gemeinsam über die Perspektive der Kinder und unterbreiten den Personensorgeberechtigten entsprechende Vorschläge. Alle an der Realisierung der Maßnahme beteiligten Fachkräfte unterliegen den Bestimmung des Berliner Datenschutzgesetzes. 2. Die Vereinbarung tritt am ________________ in Kraft. 3. Sie verlängert sich automatisch um ein weiteres Jahr, wenn sie nicht gekündigt wurde. § 12 Kündigung 1. Die Vereinbarung kann von den Vereinbarungsschließenden unter Wahrung einer Frist von drei Monaten von Ablauf des Schuljahres gekündigt werden, wenn eine der Vereinbarungsparteien die mit dieser Vereinbarung verfolgte Zielsetzung nicht mehr erreicht oder von einem der Vereinbarungspartner die vereinbarten Leistungen nicht mehr gewährleistet werden können. 2. Werden fachliche Unstimmigkeiten zwischen den Vereinbarungspartnern als maßgebliche Gründe benannt, entscheidet ein Vermittlungsausschuss, bestehend aus nichtbeteiligten Vertretern und Vertreterinnen der jeweils zuständigen Behörden, nach einer Anhörung aller Vereinbarungspartner über eine Kündigung der Kooperationsvereinbarung. § 11 Vereinbarungsbeginn 1. Beginn der Maßnahme: __________________. Berlin, den 71 Angebote für schuldistanzierte junge Menschen Einrichtungen der Jugendhilfe für schuldistanzierte junge Menschen Nicht immer wird es gelingen, schuldistanzierte Schüler/innen in die Schule zurückzuführen. Sollten alle pädagogischen Bemühungen nicht zum Erfolg führen, kann es sinnvoll sein, die zeitweise Unterbringung der betreffenden Schülerin/der betreffenden Schülers in einem Projekt für Schuldistanzierte zu erörtern. Verantwortlich für die Hilfeplanung und die Finanzierung der Maßnahme ist das Jugendamt. Vor dem Hintergrund, dass die Schule im Zusammenhang mit der Entwicklung einer gemeinsamen Strategie (s. Intervention, S. 25 ff.) für eine schuldistanzierte Jugendliche/einen schuldistanzierten Jugendlichen bereits kontinuierlich mit dem Jugendamt im Name des Trägers Jugendaufbauwerk Ost e. V. 50 Adresse Torgauer Str. 27 - 29, 12627 Berlin Kontakt steht, werden die Gespräche darüber, wie bezogen auf die außerschulische Unterbringung am besten vorzugehen ist, sicherlich gemeinsam mit den zuständigen Lehrkräften (ggf. auch Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen) stattfinden. Besonders geeignet sind Projekte, die mit einer Schule kooperieren und die Reintegration der betroffenen Schüler/innen in die Regelschule anstreben. Bei Schüler/innen, die sich in einem höheren Schulbesuchsjahr befinden, können die Voraussetzungen für einen Weg zurück in die Schule oft nicht mehr geschaffen werden. Diese Schüler/innen können ihren (Aus-)Bildungsweg nach Beendigung der Projektzeit mit berufsbefähigenden Maßnahmen fortsetzen oder beginnen ggf. eine Berufsausbildung. Die nachfolgende Liste gibt einen Überblick über Einrichtungen freier Träger der Jugendhilfe, in denen auch Schuldistanzierte sinnvoll beschult werden können50. Ansprechperson Claude Vantard Tel./Fax Einrichtungen 992886 0/12 Tagesgruppe mit der Bruno BettelheimGrundschule Tagesgruppe mit der Jean-Piaget-Oberschule Hellersdorf Tandem BQG Hohensaatener Str. 8 -10, Gemeinnützige 12679 Berlin Beschäftigungsund Qualifizierungsgesellschaft mbH Frau Schiganow 93663323/25 Tandem Tagesgruppe an der Oberschule am Landsberger Tor Marzahn Schultz-HenckeHeime Lerntherapeutische Projekte Tannenhof BerlinBrandenburg e. V. Schlangenbader Str. 21, 14197 Berlin Herr Patze 723209211 drei teilstationäre Einrichtungen in Berlin Alt-Lichtenrade 113 115, 12309 Berlin Frau Cirmis 27018789 27018780 drei laufende Tagesgruppen für Grundschulen Im Domstift 20, 12309 Berlin Frau Schönnebeck 7462041 74683282 Die Reduzierung von Schuldistanz ist jedoch in erster Linie Aufgabe der Schule. Projekte von Freien Trägern der Jugendhilfe für Schuldistanzierte müssen und werden die Ausnahme bleiben. 72 Name des Trägers SchultzHencke-Haus Berlin Jugendaufbauwerk Berlin (JAW) Adresse Ansprechperson Tel./Fax Neupetersdorf 11 a, 23744 Schöneweide Frau Dürrkopp Königsallee 47, 14193 Berlin Frau Wauschkuhn eine vollstationäre und vier teilstationäre Einrichtungen in Berlin 89669355/377 Lernprojekt Courage Lernprojekt Horizont für die Oberschule PestalozziFröbel-Haus Karl-Schrader-Str. 7/8, 10781 Berlin, Mariannenplatz 3, 10997 Berlin Mittenwalder Str. 6, 10961 Berlin Frau Stadie 21730185 Karl Antony 6153561 Herr Schmitt 69032655/90 Allgemeine Jugendberatung e. V. (ajb) ALEP e. V. Gesellschaft zur Förderung angewandter Jugendforschung Pfefferwerk Stadtkulturgesellschaft 8024361 zwei Tagesgruppen 4428032 442709 Fehrbelliner Str. 92 10119 Berlin 44383415 74778109 zwei Tagesgruppen für 4. - 6. Klasse (Rabennest), eine Tagesgruppe für 1. - 3. Kl. (Igel) Schulmotivationsprojekt nach § 13 SGB VIII, zwei Kurse für je sieben Jugendliche mit der Möglichkeit eines externen Hauptschulabschlusses Frau Birk Frau Beyer In den Projekten können jeweils sieben bis neun Schüler/innen betreut werden. Die Schulen stellen die dafür notwendige Lehrkraft sowie die Räumlichkeiten zur Verfügung. Die Bürgerstiftung Berlin51 finanziert eine halbe Stelle für einen Sozialpädagogen/eine Sozialpädagogin. Projektziel ist die Reintegration der Schüler/innen in die Regelklassen der jeweiligen Schulen. Jean-Piaget-Oberschule, Hellersdorf52 Mittenwalder Str. 5, 12629 Berlin Telefon 9980793 Schulleiterin: Frau Lange 52 Mensaprojekt Arbeiten und Lernen Grundschulprojekt/ Oberschulprojekt Primus Havel 32 + JeanPiaget-OS) Fischerhüttenstr. 44, Frau Kunde 14163 Berlin Immanuelkirchstr. 8 - 9, Frau Liljeberg 10405 Berlin Schulen mit Projekten für schuldistanzierte junge Menschen 51 Einrichtungen Rütli-Oberschule, Neukölln Rütlistr. 41 - 45, 12045 Berlin Telefon 68092425/2774, Fax 6134001 Schulleiterin: Frau Pick Pommern-Oberschule, Charlottenburg Sybelstr. 20 - 21, 10629 Berlin Telefon 90292700, Fax 902927216 Schulleiter: Herr Hohn Rudolf-Diesel-Oberschule, Wilmersdorf Prinzregentenstr. 33, 10715 Berlin Telefon 902922826, Fax 8535366 Schulleiterin: Frau Straub Wilhelm-Busch-Schule, Wedding Wiesenstr. 24, 13347 Berlin Telefon 46905943, Fax 46905941 Schulleiter: Winfried Lukas Vgl. Seite 74 Vgl. Seite 54 ff. Kooperation zwischen Schule und Jugendhilfe in Hellersdorf 73 Weitere nützliche Adressen Stadt-als-Schule Kontakt: Reinhild Winkler, Tucholskystr. 11, 10117 Berlin Telefon 030 83228113, Fax 030 83228114 Aufgenommen werden Schüler/innen, die sich bereits von der Schule entfernt haben und nun doch versuchen wollen, an der Stadt-als-Schule einen Schulabschluss zu erreichen. Für die Aufnahme an der Schule, die nur die Klassen 9 und 10 anbietet, müssen sich die Schüler/innen in ihrem persönlichen 9., 10. und 11. Schulbesuchsjahr befinden. Ausführlich wird über die Stadt-als-Schule unter „Schulen stellen sich vor“ (vgl. Seite 44) berichtet. Institut für Produktives Lernen in Europa Literaturliste (Auswahl) Bürgerstiftung Berlin Die Bürgerstiftung Berlin unterstützt u. a. die o. g. Projekte für schuldistanzierte junge Menschen an Berliner Oberschulen53. An sieben Berliner Hauptschulen und fünf Sonderschulen findet derzeit der Schulversuch „Produktives Lernen“ statt, das das Institut für Produktives Lernen in Europa durchführt. Grundlage dafür ist die Praxisprojektmethode, die bereits bei „Stadt-als-Schule“ beschrieben wurde. Kontakt: Ingrid Böhm, Dr. Jens Schneider, Karl-Schrader-Str. 6, 10781 Berlin Telefon 030 21792-0, Fax 030 21792179 1. Artikel in Zeitschriften Braun, Frank: Schulverweigerung - Jugendarbeitslosigkeit - Jugendobdachlosigkeit, in: Jugendsozialarbeit 1/2001, Seite 426 - 431. Habermalz, Wilhelm: Geldbuße und Schulzwang - die andere Seite der Schulpflicht, in: RdJB 2/2001, Seite 218 - 224. Rademacker, Hermann: Schulsozialarbeit gegen soziale Ausgrenzung, 2002, unveröffentlichtes Skript. Praxisforschungsprojekt „Coole Schule: Lust statt Frust am Lernen“ Das Praxisforschungsprojekt „Coole Schule“ ist eine Initiative des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge und der Deutschen Bank Stiftung Alfred Herrhausen Hilfe zur Selbsthilfe. Diese beiden Einrichtungen finanzieren derzeit fünf verschiedene Projekte für Schuldistanzierte an unterschiedlichen Standorten in Deutschland. Das Projekt mit dem Standort Berlin wird von TANDEM, einem freier Träger der Jugendhilfe, in Kooperation mit einer Oberschule durchgeführt. Kontakt: Deutsche Bank Stiftung Alfred Herrhausen Hilfe zur Selbsthilfe Christian J. Stronk, 60262 Frankfurt Main Telefon 069 720911, Fax 069 91038836 53 Vgl. Seite 73 74 Schreiber-Kittl, Maria: Konzepte und Maßnahmen gegen Schulverweigerung, in: Recht der Jugend und des Bildungswesens, 2/2001, Seite 225 - 238. Thimm, Karlheinz: Schulverweigerung - Herausforderung für Schule und Soziale Arbeit, in: Soziale Arbeit 1, 2002, Seite 9 - 16. Warzecha, Birgit: Der schwierige Umgang mit den „Schwierigen“ in: Zeitschrift für Heilpädagogik 1, 2002, Seite 14 - 17. Wagner, Michael: Schulverweigerung am Beispiel von Köln, Kurzfassung eines Vortrages von November 2001, unveröffentlichtes Skript. Wilmers, Nicola: Schwänzen als Problem, in: Report Psychologie (27), 7, 2002. 2. Broschüren/Fachbücher v. Bothmer u. a. (Hg.): Im Fokus: Schulverweigerung - Zur Qualität von Schule und Schulsozialarbeit, Bonn 2001. Landesjugendamt/Rheinland (Hg.): Schulverweigerung - Dokumentation des Kongresses „Schule: statt Pflicht - Flucht“, Bonn 1995. Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit: Im Fokus: Schulverweigerung, Bonn 2001. Reißig, Birgit: Schulverweigerung - ein Phänomen macht Karriere - Ergebnisse einer bundesweiten Erhebung bei Schulverweigerern, München 2001. Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (Hg.): Schulverweigerung - Was tun?, Info Nr. 34, Düsseldorf 2000. Schreiber-Kittl, Maria: Lernangebote für Schulabbrecher und Schulverweigerer, Praxismodelle, München 2000. Katholische Jugendsozialarbeit: Schulverweigerung - Was tun? (Einsichten - Erkenntnisse - Tendenzen), Düsseldorf 2000. Schreiber-Kittl, Maria: Alles Versager? München 2000. Ehmann, Christoph/Rademacker, Hermann: Schulversäumnisse und soziale Ausgrenzung, Abschlussbericht, Bonn 2002. Katholische Jugendsozialarbeit: Villa Lampe - Soziales Netzwerk für junge Menschen, Heiligenstadt 2001. Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen (Hg.): Gewalterfahrungen, Schulschwänzen und delinquentes Verhalten Jugendlicher in Rostock, Hannover 2000. Schreiber-Kittl, Maria/Schröpfer, Haike: Bibliographie Schulverweigerung, München 2000 Thimm, Karlheinz: Schulverdrossenheit und Schulverweigerung, Berlin, 1998. Thimm, Karlheinz: Schulverweigerung - Zur Begründung eines neuen Verhältnisses von Sozialpädagogik und Schule, Münster, 2000. Thimm, Karlheinz: Schulverdrossenheit und Schulverweigerung, Hintergründe und Lösungsansätze, Göttingen 2000. 75