Die neue Gold Wing – Modell 2006

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Die neue Gold Wing – Modell 2006
1/2006
• 64762 • ISSN 1613-4834 •
6,90
Kompetent und unabhängig
Die neue Gold Wing – Modell 2006
Technik: Reifenwechsel
Reise: Irland
Kultur: James Dean Museum
Alle Neuheiten
& alle Fakten
in diesem Heft
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2006 – das neue Modell
Neuheiten und Änderungen
der Baureihe 2006 auf einen Blick
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Die grüne Insel
Herrlich kurvige Straßen über grüne Hügel,
atemberaubende Ausblicke von schroffen
Klippen, Guinness und Irish Folk im Pub. Eine
Irlandreise der Gold Wing Freunde Bremerhaven.
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Titelstory:
GL 1800 Jahrgang 2006
Ist Gelb geil?
Gespann-Umbau
Winterferien
Boxenstopp
Reise: Irland
Bremsbeläge
Berni On The Road
James Dean Museum
Reise: Löwensteiner Berge
Wir stellen das neue GoldWing-Modell vor ..............................................6
Reportage über die Hochzeit einer Wing mit einem Beiwagen...........14
14
Reifenwechsel an der Wing für Selberwechsler ...................................20
Elefantenhochzeit
Für technisch Versierte: Tipps zum Wechseln der Bremsbeläge ........24
Der Gespannspezialist Mobec
zeigt uns, wie er die GoldWing mit dem
Beiwagen vermählt.
Titelfoto: Honda
Eine Reise zum Kultstar der 50er Jahre ....................................................26
Unsere Erlebnisse mit einer gelben TestWing ........................................42
Wingen im Winter – mit der richtigen Ausrüstung kein Problem ........44
Gold Wing Freunde Bremerhaven auf der grünen Insel ........................50
Westalpentour Teil 2, meine TOP Five......................................................56
Durch die fruchtbaren Täler des Hohenloher Landes ............................64
GoldWing Kalender
Eine tolle Idee der Braunschweiger Gold Wing Freunde ......................29
Vergoldet
Das unglaubliche Schmuckstück von Roger Wöhner ............................30
Vater und Sohn
Was zwei Erfurter an langen Winterabenden aushecken ....................34
Equipment
44
Winterfreuden
Leitartikel ..........................................................................................................3
Nachrichten ....................................................................................................38
Leserbriefe ......................................................................................................60
Die Honda-Kombi. Ein Dauertest ................................................................36
Impressum ......................................................................................................61
Tachowelle
Kleinanzeigen ................................................................................................61
Was tun, wenn der Tacho den Dienst versagt? .......................................37
Termine ............................................................................................................62
Es gibt sie – die verrückten Winterfahrer.
Was benötigt wird, um diesem ungewöhnlichen Hobby unbeschadet frönen zu können,
erfahren sie in diesem Bericht.
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Gold Wing Aktuell
GL 1800, Baujahr 2006
Mit Liebe
zum Detail
Mehr als 30 Jahre gibt es die Gold Wing, länger als fünf Jahre die GL 1800.
Zeit für ein Facelift, Zeit für neuen Schub durch gezielte Verbesserungen.
D
as Bessere ist der Feind des Guten. Mit dieser Weisheit
lässt sich der Drang nach Fortschritt, nach technischer Perfektion auf den Punkt bringen.
Dieses Streben spürt auch Honda, zumal mit der im Jahr
2000 auf den Markt gebrachten GL 1800 nicht alles so glatt lief, wie
es sich Honda wohl gedacht hatte – und auch nicht Teile
der Gold Wing-Gemeinde. Da kursierten auf einmal Gerüchte, es gebe an dem Flaggschiff unter den Tourenmotorrädern Mängel, sogar von
Schäden war die Rede.
Tatsächlich musste Honda in
den ersten fünf Jahren der GL
1800 einige Rückrufe starten,
dem Kunden gegenüber gern
auch als „Produktoptimierung“
verpackt. Konkret ging es um
• Überhitzung der GL 1800 bei
länger anhaltender Fahrt mit
geringem Tempo in einem niedrigen Gang bei hoher Außentemperatur,
• Luftverlust im Hinterreifen,
• Austausch der Federn am
Not-Ausschalter,
• Austausch des Zündimpulsgeberrotors,
• Austausch der LambdaSonde samt Kabelsatz.
Vor allem aber war es die mittlerweile abgeschlossene Rahmen-
Schweißaktion, welche die größte aller Gold Wing regelrecht in
Misskredit brachte.
Mit all dem soll nun Schluss sein. Honda besinnt sich für den
Modelljahrgang 2006 der GL 1800 auf seine Tugenden und gibt dem
Motorrad ein paar bahnbrechende Neuheiten mit auf den Weg,
allen voran den Airbag (Gold Wing Magazin 4/2005,
siehe aber auch Kasten).
Der Hersteller ist von dem Fortschritt der aktuellen Gold Wing so überzeugt,
dass er geradezu ins Schwärmen
gerät: „In über drei Jahrzehnten
auf den Straßen der Welt ist
die majestätische Gold Wing
längst zu einer Institution unter
den Luxus-Tourern geworden. Mit
ihrem eindrucksvollen Sechszylindermotor, ihrem erstaunlich gut
ansprechenden und dennoch neutralen Handling und ihrer unschlagbaren Transportkapazität zählt sie
zu den beeindruckendsten und
komfortabelsten Maschinen
für entspannte Touren durch
Europa und die ganze Welt.
Die Gold Wing ist mehr als
nur ein Motorrad – sie bietet
das Langstrecken-Tourenerlebnis par excellence.“
Was aber bewegt Honda zu
solch vollmundigem Lob? Ein Blick auf
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Gold Wing Aktuell
Verschlossen: Die früheren Lüftungseinlässe machen
nun Chromabdeckungen dicht.
Schick: Die Rückleuchten erstrahlen in Klarglas-Optik.
Bewährt: An dem kraftvollen Sechszylinder-Boxer
hält Honda weiterhin fest.
Schlicht: Der Schriftzug wirkt an dem auffälligen Motorrad
eher ein wenig zu schnörkellos.
und unter das blitzblanke Kleid der Gold Wing – in Europa in den
Farbtönen Black-Z, Billet Silver Metallic und Cabernet Red Metallic
gehalten, in den USA kommen noch White und Gold dazu – offenbart eine Reihe interessanter Neuerungen. Details sind hier pfiffig gelöst, Details, die Honda's Image in der Gold Wing-Gemeinde durchaus wieder aufpolieren und den Verkauf der hochwertigen
Maschinen ankurbeln könnten.
Auf den ersten Blick hat sich nicht viel verändert an der GL 1800
Modelljahrgang 2006 gegenüber der des Jahres 2005. Die Verkleidung der Gold Wing ist und bleibt aerodynamisch , funktional wie
auffällig. Auf den zweiten Blick indes zeigt sich, dass die Lüftungseinlässe auf beiden Seiten des Scheinwerfers mit Chromdeckeln
verschlossen sind. Entsprechend fehlen unter den Staufächern links
und rechts in der Verkleidung die Luftkanäle.
Hintergrund: Honda setzt auf ein komplett überarbeitetes Lüftungssystem, das die Probleme des Überhitzens vergessen machen
soll. Das geht einher mit einem im Windkanal getesteten Belüftungssystem, das die Motorwärme vom Fahrer wegleiten und so
den Fahrkomfort erhöhen soll.
Eine weitere Veränderung zeigt sich im Cockpit. Dank seiner
chromgeränderten, ansonsten aber schlicht gehaltenen Instrumente erinnert es an das Armaturenbrett eines Rallye-Pkw der Extraklasse. Das Display vor Tacho und Drehzahlmesser wirkt größer und
übersichtlicher. Schließlich soll es die Wege zeigen, die das inte-
grierte Navigationssystem von Garmin dem Gold Wing-Fahrer künftig weist. Zu bedienen ist es über einen Schalter, der rechts vorm
Knie des Fahrers sitzt.
Zunächst ist dieses Navi noch für den amerikanischen Kontinent
ausgelegt. Mit ein wenig Kenntnis jedoch lässt es sich so umstricken, dass die Antenne auch Satelliten über Europa anpeilt und erkennt. Mit der dazugehörigen Software funktioniert es dann auch
hierzulande. Kleiner Tipp: Händler, die Navis für die Gold Wing anbieten, können sicherlich weiterhelfen.
Doch damit nicht genug der Neuerungen, die das Cockpit bereichern, sofern es sich um eine Gold Wing mit Komfort-Paket handelt: Links und rechts des Zündschlosses positioniert Honda im so
genannten Dash je einen Drehregler. Sie regeln unabhängig voneinander in sechs Stufen die Temperatur der heizbaren Griffe und der
bis 40 Grad zu erwärmenden heizbaren Sitzbank. Auch die Sozia hat
übrigens Sitzheizung, sie regelt die Wärme über einen Drehregler
links vor dem Beifahrerstaufächlein.
A propos Heizung: Damit der Fahrer keine kalten Füße bekommt,
findet er einen Schieberegler links in seinem Bedienfeld. Der öffnet
je eine Klappe unten an der Motorverkleidung, damit die Wärme
nicht einfach verpufft, sondern eben die Füße angenehm hält. Auch
diese Fußheizung zählt zum Komfort-Paket.
Fahrer der GL 1500/6 kennen dieses sinnvolle Zubehör schon
lange: Die SE-Modelle hatten es ebenfalls, allerdings waren diese
Klappen über einen Drehregler rechts zu bedienen.
Ein weiterer Teil des Cockpits, den Honda
höherwertiger gemacht hat, ist das neue
Soundsystem. Die neuen Lautsprecher
sind nun größer und mit insgesamt 80 Watt
leistungsstärker. Derer sitzen vorn
vier und hinten zwei.
Dazu kommt,
dass die Ab-
Beheizt: Ein Kabel ist das äußere Merkmal der Sitzheizung,
die in Sitzfläche und Lehne verläuft.
Erreichbar: Die Sozia regelt ihre Sitzheizung über einen
extra Drehknopf.
Reparaturfreundlich: Der Blinker lässt sich im Fall der
Fälle leicht tauschen.
Aufgeräumt: Unter der Sitzbank findet zwischen den Streben
des Aluminiumrahmens alles seinen klar definierten Platz.
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Boxenstopp
Wenn ein Rennbolide in der Formel 1
zum Reifenwechsel in die Box kommt,
dauert das nur unglaubliche acht Sekunden.
Technik: Radausbau & Reifenwechsel
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ie folgende Bilddokumentation beschreibt den fachgerechten Ein- und Ausbau der beiden Gold WingRäder und die Reifenmontage. Unsere Fachwerkstatt
berechnet für Aus- und Einbau der Räder immerhin
acht Arbeitseinheiten zu je 6,50 Euro. Bei einer 1800er Gold Wing
ist die Anzahl der zu demontierenden Teile ja nicht gerade gering
– was den oben genannten Preis durchaus rechtfertigt.
Zumal in diesen 52 Euros auch das Ab- und Aufziehen der alten
sowie der neuen Reifen, das Auswuchten mit bleifreien Auswuchtgewichten und die Altreifenentsorgung enthalten ist.
Wer beim Reifenwechsel Kosten sparen will, kann – bei entsprechend technischem Geschick – diese Arbeiten selbst erledigen und
die ausgebauten Räder in der Reifenwerkstatt zur Montage bringen. Trotzdem gilt: Räder, Reifen und Bremsen sind sicherheitsrelevante Motorradteile und erfordern eine absolut penible und exakte Arbeitsweise.
1 > Die Maschine wird auf festem,
ebenen Untergrund auf den Hauptständer aufgebockt.
2 > Hochwertiges Werkzeug ist
Grundvoraussetzung. Auch ein
Drehmomentschlüssel ist unbedingt erforderlich.
3 > Die Plastikheckverkleidung
wird abgenommen und an einem
sicheren Platz verstaut um sie vor
Beschädigung zu schützen.
4 > Für den leichten Ausbau des
Hinterrades wird die Querverstrebung zwischen den beiden Gepäckkoffern entfernt.
5 > Bei eingelegtem Gang oder
blockierter Fußbremse werden
die vier Radmuttern des Hinterrades gelöst.
6 > Die Einarmschwinge der 1800er
erleichtert den Ausbau des Rades
wesentlich.
7 > Durch die Demontage der Querstrebe (siehe Bild 4) kann das Rad
bequem aus dem Heck gerollt werden.
7 > In der Reifenwerkstatt gehts
dem alten Reifen an den Kragen.
9 > Ein umsichtiger Monteur achtet hier natürlich besonders darauf,
dass die empfindlichen Aluräder
nicht zerkratzt werden.
10 > Der neue Pneu wird für eine
leichtere Montage „eingeseift".
11 > Ganz besonders wichtig für
erstklassiges Fahrverhalten ist
der exakte Luftdruck im Reifen.
Vorn 250 kPa / hinten 280 kPa.
12 > Auch das exakte Auswuchten eines Rades ist wichtig für gute
Laufeigenschaften der Maschine.
13 > Vor dem Wiedereinbau des
Rades Bremsbeläge kontrollieren. Wenn ein Bremsklotz bis zu
den Kontrollnuten abgenutzt ist,
kompletten Satz erneuern.
14 > Die vier Radmuttern des Hinterrades werden mit einem Drehmoment von 108 Nm angezogen.
15 > Nach dem Einbau des Rades
und Festziehen der Radmuttern unbedingt die Bremse auf Funktionstüchtigkeit überprüfen.
16 > Die Querstrebe und die Kunststoffverkleidung werden wieder
angebaut.
Für Radausbau und Reifenwechsel an einer Gold Wing
fallen da schon wesentlich mehr Zeiteinheiten an.
Wir haben an unserer Test-Wing die
neuen AVON Venom R 41 und 42
aufgezogen und die einzelnen
Arbeitsschritte für die interessierten Selbstschrauber
unter unseren Lesern
in einer Fachwerkstatt
dokumentiert.
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