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Economics Aktuelle Themen 1. Juni 1999 Nr. 121 Deutschland • Europa • International Goldpreis: Nach Ankündigung von Zentralbankverkäufen unter Druck • Nach der Ankündigung des britischen Schatzamtes, seine Goldreserven in den nächsten Jahren um 415t zu reduzieren, kamen die Goldnotierungen merklich unter Druck. Der Goldpreis gab innerhalb weniger Tage um rund 20 USD/Unze nach und fiel auf den tiefsten Stand seit gut zwanzig Jahren. • Umfangreiche Goldverkäufe von Zentralbanken hatten auch schon in der Vergangenheit stattgefunden. Beispielsweise verkaufte die niederländische Zentralbank in den letzten fünf Jahren etwa 525t und die belgische Notenbank seit 1992 sogar gut 700t ihrer Goldreserven. Insgesamt gingen die Goldreserven der Zentralbanken weltweit seit Anfang der 90er Jahre um 1 900t zurück. Dies entsprach rund 7% des jährlichen physischen Goldangebots. • Überrascht haben dürfte, daß mit Großbritannien erstmals ein G7-Land einen solchen Schritt unternehmen will und im Gegensatz zur bisherigen Praxis die bevorstehenden Goldverkäufe öffentlich ankündigte. Zudem war der Markt durch die vorherigen Diskussionen um Goldverkäufe des IWF und der Schweiz ohnehin stark verunsichert. Insgesamt stünden damit mehr als 2 000 t Gold zum Verkauf an. • Mit den geplanten Verkäufen und damit einem moderneren Reservenmanagement nimmt die Bedeutung von Gold als Weltreserveanlage weiter ab. Mit der Aufhebung der Goldbindung des USD Anfang der 70er Jahre und vor allem infolge der effizienter und liquider gewordenen Wertpapiermärkte hatte das Edelmetall ohnehin schon einen Großteil seines Vorzugs, international jederzeit liquidierbar zu sein, verloren. • Obwohl das Risiko besteht, daß noch andere Zentralbanken dem Beispiel Großbritanniens folgen könnten, rechnen wir angesichts der kräftigen physischen Nachfrage und einer im Zeichen der niedrigen Goldpreise gedämpften Produktion nicht mit einem weiteren nachhaltigen Kursverfall. Zum Jahresende hin könnte der Goldpreis von Ängsten bezüglich des Jahr-2000-Problems profitieren. Eine nachhaltige Erholung auf deutlich über 300 USD/Unze erscheint allerdings mit Blick auf den Verkaufsdruck wenig wahrscheinlich. Bernhard Gräf, +49 69 910-31738 ([email protected]) Jens-Uwe Wächter, +49 69 910-31726 ([email protected]) Deutsche Bank Research Frankfurt am Main Deutschland E-mail: [email protected] Fax: +49 69 910-31877 Editoren: Bernhard Gräf +49 69 910-31738 [email protected] Hans-Jürgen Meltzer +49 69 910-31727 [email protected] Publikationsassistenz: Tamara Kurz +49 69 910-31702 [email protected] Aktuelle Themen 2 Economics Aktuelle Themen Goldpreis: Nach Ankündigung von Zentralbankverkäufen unter Druck Nach der Ankündigung des britischen Schatzamtes, seine Goldreserven in den nächsten Jahren von 715t auf 300t zu reduzieren, kamen die Goldnotierungen merklich unter Druck. Der Goldpreis gab innerhalb weniger Tage um rund 20 USD/Unze (1 Feinunze = 31,1035 g) nach und fiel unter 270 USD/Unze. Dies war der tiefste Stand seit gut zwanzig Jahren. Obwohl das Risiko besteht, daß noch andere Zentralbanken dem Beispiel Großbritanniens folgen könnten, rechnen wir angesichts der kräftigen physischen Nachfrage nicht mit einem weiteren nachhaltigen Kursverfall. Zudem dürfte der Goldpreis zum Jahresende hin von Ängsten bezüglich des Jahr-2000-Problems profitieren. Goldpreis 295 USD/Unze 290 285 280 275 Britisches Schatzamt kündigt Goldverkäufe an 270 Umfangreiche Verkäufe in der Vergangenheit 265 Der Preisrückgang fiel überraschend stark aus, obwohl die angekündigte Verkaufsmenge nicht übermäßig groß ist. Im laufenden britischen Haushaltsjahr, das im April 2000 endet, sollen zweimonatlich in fünf Auktionen zu je 25t insgesamt 125t der britischen Goldreserven angeboten werden. Dies entspräche etwa 3½% des physischen Angebots auf dem Goldmarkt, das 1998 rund 3 650t betrug. In der Vergangenheit hatten schon umfangreichere Goldverkäufe anderer Zentralbanken stattgefunden. Beispielsweise hat die niederländische Zentralbank in den letzten fünf Jahren etwa 525t verkauft. Die belgische Notenbank verringerte ihre Goldbestände seit 1992 sogar um gut 700t. Im gleichen Zeitraum gaben die österreichische Zentralbank 380t und die australische Notenbank gut 165t ihrer Goldreserven ab. Weitere Goldverkäufe von Zentralbanken waren in Argentinien (1997: 125t), der Tschechischen Republik (1998: 56t) und in kleinerem Umfang auch in Kanada zu beobachten. Insgesamt gingen die Goldreserven der Zentralbanken in den Industrieländern seit Anfang der 90er Jahre um 2 300t oder knapp 10% zurück. Weltweit reduzierten sie sich wegen Nettokäufen einiger Schwellen- und Entwicklungsländer, wie z.B. die Philippinen, Polen und Rußland, um 1 900t oder 6½%. Im Durchschnitt belaufen sich die Nettoverkäufe in den 90er Jahren damit auf jährlich 7% des physischen Angebots. Jan Feb Mar Mai Goldpreis & Zentralbankgoldreserven 450 30 USD/Unze Goldpreis (links) 425 ’000t 400 29 375 350 325 28 Goldreserven der Zentralbanken (rechts) 300 275 250 Markt derzeit verunsichert Apr 89 91 93 95 97 27 99 Wegen der in den letzten Jahren getätigten Goldverkäufe zahlreicher Notenbanken dürfte die Tatsache wenig überrascht haben, daß nun eine weitere Zentralbank einen Abbau ihrer Goldreserven plant. Neu ist allerdings, daß mit Großbritannien erstmals ein G7-Land diesen Schritt unternehmen will. Im Gegensatz zum bisherigen Vorgehen der Zentralbanken hat das britische Schatzamt die bevorstehenden Goldverkäufe öffentlich angekündigt. Zudem traf die Ankündigung auf einen bereits labilen und sensiblen Markt, der durch die vorherigen Diskussionen um Goldverkäufe ohnehin stark verunsichert war. So hatte zuvor die Schweiz die Goldbindung des CHF aufgehoben und damit den Weg für umfangreiche Verkäufe geebnet. In den nächsten zehn Jahren sollen rund 1 300t und damit etwa die Hälfte der schweizerischen Goldbestände verkauft werden. Die Verkäufe dürften aber erst zur Jahresmitte 2000 beginnen. Ebenso belastete die Diskussion über potentielle Verkäufe der Goldreserven des IWF, der mit gut 3 200t über den drittgrößten Goldbestand verfügt, den Markt. Der Verkauf von bis zu 311t soll zur Finanzierung des Schuldenerlasses der hochverschuldeten ärmsten Entwicklungsländer verwendet werden. Allerdings könnte sich der Goldverkauf des IWF als Bumerang für diese Länder erweisen. In der Gruppe dieser 41 Länder gibt es eini- Economics 3 Aktuelle Themen ge, die einen nicht unerheblichen Anteil ihrer Exporterlöse mit dem Verkauf von Gold erzielen. Die jüngste Entwicklung hat gezeigt, daß bereits die Erwartung zukünftiger Verkäufe eine dämpfende Wirkung auf den Goldpreis hat. Sollte nun der IWF, zusätzlich zu Großbritannien und der Schweiz, tatsächlich in größerem Umfang Gold verkaufen, dürfte dies den ohnehin historisch niedrigen Goldpreis zusätzlich belasten. Dies hätte schwerwiegende Folgen gerade für die Länder, denen die Erlöse aus den Goldverkäufen eigentlich zugute kommen sollen. Mehr als 2 000t stehen möglicherweise zum Verkauf an Insgesamt stehen in den kommenden zehn Jahren möglicherweise mehr als 2 000t offizieller Goldreserven (Großbritannien, IWF, Schweiz) zum Verkauf an, was etwa 55% des physischen Angebots im vergangenen Jahr und, aufgeteilt auf zehn Jahre, jährlich immerhin gut 5% der Jahresproduktion entsprechen würde. Dies ist sicherlich ein belastender Faktor für die Preisentwicklung. Die Größenordnung ist im Umfang in etwa mit den Verkäufen aller Zentralbanken seit Anfang der 90er Jahre vergleichbar. Im gleichen Zeitraum ging der Goldpreis von gut 380 USD/ Unze im Jahresdurchschnitt 1990 um mehr als 100 USD/Unze zurück. Wie labil und unsicher die Marktverfassung angesichts der auf dem Markt lastenden Verkaufsmengen derzeit ist, zeigt auch die jüngste Entwicklung. So gaben die Notierungen Anfang letzter Woche weiter nach, als die Bank von England ihre Entscheidung noch einmal öffentlich verteidigte. Großbritannien: Restrukturierung der Reserven Die britischen Goldverkäufe sind nach Aussagen der Bank von England eine politische Entscheidung des Schatzamtes. Der britische Notenbankgouverneur betonte jedoch, daß es sich dabei um eine vernünftige Portfolioentscheidung handelt, wodurch der Anteil der Währungsreserven erhöht werden soll. Die Erlöse aus den Verkäufen sollen zu je 40% in USD und EUR und zu 20% in JPY angelegt werden. Währungsreserven sind seiner Meinung nach ebenso gut wie Goldvorräte. Es wird auch vermutet, daß die Bank von England sich damit bereits auf den Beitritt Großbritanniens in die EWU vorbereitet, weil nach diesem Schritt Goldverkäufe der nationalen Zentralbanken der Kontrolle der EZB unterliegen. Nach Aussagen der britischen Regierung reicht die verbleibende Menge des Edelmetalls aber aus, um die Voraussetzungen für eine mögliche Teilnahme an der EWU zu erfüllen. In diesem Fall müßte Großbritannien 140t bei der EZB hinterlegen. Beutungsverlust von Gold Mit den angekündigten Verkäufen stellt sich die Frage, warum Notenbanken auch in Zukunft noch Gold in ihrem Portfolio halten sollen. Schließlich gibt es den Goldstandard seit Anfang der 70er Jahre mit dem Zusammenbruch des Systems von Bretton Woods und der Aufhebung der Goldbindung des USD nicht mehr. Ebenso müssen die Verkaufsentscheidungen auch vor dem Hintergrund der effizienter und liquider gewordenen Wertpapiermärkte gesehen werden, die einen großvolumigen Einund Ausstieg ermöglichen und damit den bislang entscheidenden Vorzug des Goldes, international jederzeit liquidierbar zu sein, verdrängen. Die Bedeutung von Gold als eine Weltreserveanlage hat damit merklich abgenommen. Zudem, so wird argumentiert, habe Gold den Nachteil, daß es – im Gegensatz zu Staatsanleihen – keine Zinsen generiert. Spricht dies für weitere Verkäufe von Zentralbanken? Obwohl es gute Gründe für ein moderneres Reservenmanagement gibt, sprechen dennoch eine Reihe von Argumenten für eine Beibehaltung von Goldreserven: 4 Economics Goldexporte ausgewählter hochverschuldeter armer Länder (1996) Export, insges. Mio USD Bolivien 1132.0 Burkina Faso 215.6 Ghana 1570.1 Guinea 695.8 Guyana 575.0 Sudan 579.8 Goldexport Mio USD 119.7 20.3 612.4 92.4 104.0 45.6 Anteil am Export in % 10.6 9.4 39.0 13.3 18.1 7.9 Aktuelle Themen • Notenbanken versuchen durch das Halten von Gold ihre Reserven zu diversifizieren und damit Risiken zu verringern. In diesem Zusammenhang hat sich gezeigt, daß die Rendite von Gold negativ mit der Rendite anderer Kapitalanlagen korreliert ist. • Gold unterliegt nicht direkt den monetären und fiskalpolitischen Entscheidungen einer Regierung. Während z.B. Währungsreserven eingefroren werden können, ist dies bei Gold nicht möglich. Zudem ist im Gegensatz zu Währungsreserven ein Wertverlust durch Inflation nicht zu erwarten. • Goldreserven schaffen in der Öffentlichkeit Vertrauen in den Wert einer Währung. Auch wenn seit Anfang der 70er Jahre Währungen im allgemeinen nicht mehr an Goldreserven gebunden sind, sollte die psychologische Wirkung nicht unterschätzt werden. • Auch Goldreserven bringen Zinsen. Es gibt einen Goldleihemarkt, auf dem Zentralbanken einen Teil ihres Goldes, u.a. zur Deckung von Derivatgeschäften, zur Verfügung stellen. Etwa 70 Zentralbanken beteiligen sich an diesem Markt und erwirtschaften damit durchschnittlich eine Rendite von knapp 2%. Gegen Gold spricht indessen, daß die Verzinsung am Goldleihemarkt deutlich unter der Rendite anderer Anlageformen liegt, und daß Gold zur Verteidigung einer Währung weniger geeignet ist als Devisenreserven. Wende am Goldmarkt noch nicht in Sicht Zwar versuchten mehrere Zentralbanken mit verschiedenen offiziellen Verlautbarungen den Schaden am Goldmarkt zu begrenzen. So bekräftige Bundesbankpräsident Hans Tietmeyer nach einem Treffen der Notenbankgouverneure der G10-Länder, daß keine weiteren Verkäufe geplant sind und Gold auch künftig eine wichtige Rolle in den Reserven der Zentralbanken spielen werde. Eine nachhaltige Wende auf dem Goldmarkt konnte damit aber – wie die jüngste Entwicklung zeigt – noch nicht eingeleitet werden. Der Markt mißtraut solchen Aussagen angesichts des wohl zunehmend moderneren Managements der Zentralbankreserven, bei dem Gold eine merklich geringere Rolle spielt. Daher dürfte die Verunsicherung hinsichtlich eines weiteren Verkaufsdrucks zunächst noch anhalten. Goldreserven (Stand: Januar - März 1999) Goldreserven (in t) Anteil an gesamten Reserven* in % 8138 3469 3217 3025 2590 2452 1012 754 747 715 53.6 33.6 n.v. 50.8 39.0 48.5 47.0 3.0 15.0 17.6 USA Deutschland IWF Frankreich Schweiz Italien Niederlande Japan EZB Großbritannien *Bewertung auf Basis eines Goldpreises von USD 280/Unze Anteil an der Weltgolderzeugung (1995) in % der Südafrika USA Australien China Kanada Rußland Usbekistan Brasilien Peru Papua-Neuguinea Chile Ghana Simbabwe Kolumbien Mexiko Summe der Länder Weltschürfung 24.1 14.4 11.6 7.4 7.0 6.1 3.2 2.9 2.6 2.4 2.1 2.0 1.1 1.0 1.0 88.9 Goldproduktion: Im Zeichen der niedrigen Goldpreise Das Angebot am Goldweltmarkt setzt sich aus dem physischen Angebot (Neuproduktion und Altgold) sowie den Verkäufen von Zentralbanken (einschließlich Goldverleih und Forward Sales) zusammen. Im vergangenen Jahr ist das physische Goldangebot um 17 ½% auf etwa 3 650t gestiegen. Davon entfielen 2 555t oder 70% auf die Schürfungen der Goldminen. Altgold und Wiederverwertung erreichten knapp 1 100t oder 30%, im Vergleich zu durchschnittlich etwa 20% in der letzten Dekade. Der überaus kräftige Anstieg des physischen Goldangebots ist vor allem auf den hohen Lagerabbau in Asien im Zuge der Finanzund Wirtschaftskrise und damit auf die Komponenten Altgold und Wiederverwertung zurückzuführen. Die Schürfungen der Goldminen nahmen im vergangenen Jahr lediglich um 3% zu. Durch den hohen Altgoldanteil im Markt wird die überaus starke Ausweitung des Angebots überzeichnet. Zwar ist die Nachfrage nach Gold weiterhin kräftig, die derzeit niedrigen Goldpreise dürften aber die Attraktivität zusätzlicher Förderungen bzw. des Ausbaus der Produktionskapazitäten nicht erhöhen. Ein Blick in die Vergangenheit macht dies deutlich. Zwischen 1985 und 1990 er- Economics Goldangebot 4500 t Physisches Angebot, insgesamt Altgold Minenproduktion 4000 3500 3000 2500 2000 1500 Nettoverkäufe der Zentralbanken 1000 500 0 83 85 87 89 91 93 95 97 5 Aktuelle Themen höhten die Minen ihre Förderung jährlich um gut 12%, während die physische Nachfrage nach Gold um rund 10% p.a. zunahm. Die kräftige Ausweitung der Schürfungen dürfte wohl großteils auf die Goldpreisentwicklung zurückzuführen sein. So erhöhte sich der Goldpreis von etwas mehr als 300 USD/Unze zu Jahresbeginn 1985 auf zeitweise 480 USD/ Unze und lag zum Jahresende 1989 immer noch bei gut 400 USD/Unze und damit 100 USD/Unze über dem Niveau von Anfang 1985, was – mit zeitlicher Verzögerung – die Minenproduktion stimulierte. In der darauffolgenden Fünfjahresperiode pendelte der Goldpreis zwischen 350 und 400 USD/Unze. Die Nachfrage nach Gold erhöhte sich zwar um gut 4% p.a., die Minenproduktion expandierte in diesem Zeitraum jedoch nur noch um gut 1% p.a. Vor diesem Hintergrund rechnen wir im laufenden und kommenden Jahr nicht damit, daß die Schürfungen ihre in den letzten Jahren erreichte Dynamik halten werden, obwohl die Förderkosten im vergangenen Jahr weiter gefallen sind. Nach Angaben der Gold Fields Mineral Services (GFMS) sind die durchschnittlichen laufenden Kosten 1998 um 44 auf 206 USD/Unze gesunken. Neben Rationalisierungen hat dazu auch die Währungsschwäche des südafrikanischen Rands und des australischen Dollars beigetragen. Die drei größten Goldproduzenten sind Südafrika (24% der Weltproduktion), die USA (gut 14%) und Australien (knapp 12%). Insgesamt haben sich die Gesamtkosten der Minen um etwa 18 auf 261 USD/Unze verringert. Da sich der Goldpreis in jüngster Zeit diesem Niveau allerdings merklich angenähert hat, wird die Ertragssituation schwieriger und Minenschließungen sind bei einem längerfristig auf diesem Niveau verharrenden Goldpreis nicht auszuschließen. Ein kräftigerer Anstieg der Produktion ist daher erst bei einer Erholung des Goldpreises zu erwarten. Minenproduktion & Goldpreis 25 20 500 450 Goldpreis (rechts) 15 400 10 350 5 300 Minenproduktion gl.2J Durchschn. (links) 0 250 -5 84 86 88 90 92 94 96 98 Anteil an der Weltgoldnachfrage (1993/97) in % Indien 18.3 USA 11.5 China 7.9 Japan 6.9 Saudi Arabien 6.8 Taiwan 5.4 Türkei 5.3 Italien 4.1 Korea 4.0 Indonesien 3.7 Thailand 3.3 Deutschland 2.9 Ägypten 2.6 Brasilien 2.0 Pakistan 1.8 Summe der Länder 86.5 Goldnachfrage: Schmuck dominiert Im Gegensatz zur Angebotsseite zeichnet sich auf der Nachfrageseite ein anderes Bild für die zukünftige Richtung des Goldpreises ab. Die Nachfrage nach Gold läßt sich grob in drei Bereiche gliedern: in die Nachfrage der Schmuckbranche, die Nachfrage der Industrie und die Nachfrage zu Investitionszwecken (vor allem Barren und Münzen). Dabei werden die ersten beiden Nachfragekategorien (Schmuck und Industrie), also die Nachfrage nach zu verarbeitendem Gold, als physische Nachfrage bezeichnet. Bei der physischen Nachfrage nach Gold, die sich aufgrund des Nachfrageausfalls aus Asien im vergangenen Jahr um 5¼% auf 3 700t verringerte, ist vor allem die Schmucknachfrage bestimmend. Rund 85% oder knapp 3 150t entfielen im vergangenen Jahr auf die Schmuckbranche, etwa 550t oder 15% auf die Industrie. Die größte Nachfrage kam im vergangenen Jahr nach Angaben des World Gold Council mit etwa 30% der Weltnachfrage aus Indien, gefolgt von den USA (16%), Saudi Arabien (7½%), China (7%) und der Türkei (6¼%). Japans Anteil hat sich seit Ausbruch der Krise von 5½% auf 4% im vergangenen Jahr verringert. USD/Unze % gg.Vj. Goldnachfrage 4500 4000 Physische Nachfrage, insgesamt Seine industrielle Anwendung findet Gold vor allem im Bereich der Elektronik. Hier wird es u.a. für die Herstellung von Platinen sowie für Halbleiterprodukte verwendet. Insgesamt werden jährlich rund 150t Gold in der Elektronikbranche verarbeitet, wovon Japan mit über 45% des gesamten Verbrauchs noch vor den USA (knapp 30%) liegt. Im Bereich des Zahnersatzes werden pro Jahr ca. 60t Gold verbraucht. Wieder ist Japan mit 28% der größte Konsument. 3500 3000 2500 Schmucknachfrage 2000 1500 1000 t 500 0 83 6 Economics 85 87 89 91 93 95 97 Aktuelle Themen Die physische Nachfrage nach Gold, insbesondere in Form von Schmuck, ist stark von der wirtschaftlichen Entwicklung in den Industrieländern abhängig. Mitte der 80er Jahre stieg die Goldnachfrage im Zeichen eines stärkeren Wachstums des nominalen BIP in den OECD-Ländern kräftig an. Im Zeitraum von 1985 bis 1990 expandierte z.B. die Schmucknachfrage um gut 13% p.a., während das nominale Inlandsprodukt der OECD um gut 10½% p.a. wuchs. Die Verlangsamung der wirtschaftlichen Aktivität in den folgenden fünf Jahren führte zu einer deutlich gedämpfteren Goldnachfrage. Bei einem Wachstum des nominalen Inlandsprodukts der OECD von 6¾% p.a. nahm die Goldnachfrage jährlich um nur noch 5% zu. Vor dem Hintergrund der derzeitigen weltwirtschaftlichen Lage sind zweistellige Zuwachsraten bei der Schmuck- und damit physischen Goldnachfrage wohl kaum zu erwarten. Schmucknachfrage & Goldpreis 35 30 25 20 15 10 5 0 -5 -10 Schmucknachfrage %gg.Vj. (links) 84 86 Hohe Nachfrage stützt Goldpreis -20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20 25 Goldpreis %gg.Vj. (rechts) 88 90 92 94 96 98 Goldnachfrage & BIP Trotz dieser Umstände lassen der niedrige Goldpreis und die im 1. Quartal verzeichnete kräftige Zunahme der Schmucknachfrage allerdings auf eine im laufenden Jahr recht rege Nachfrage schließen. Dies gründet sich u.a. auf die Tatsache, daß in Japan die Zahl der Konkurse von Juwelieren bzw. Unternehmen der Goldbranche in jüngster Zeit rückläufig ist. 35 Stützend auf den Goldpreis wirkt zudem auch die Nachfrage nach Gold zu Investitionszwecken (vor allem Barren und Münzen). Sie erreichte im vergangenen Jahr gut 260t. Die bislang vorliegenden Zahlen lassen auf eine weiter kräftige Nachfrage in diesem Goldmarktsegment schließen. So stieg beispielsweise die Nachfrage nach Goldbarren in Japan im ersten Quartal um fast 75% gegenüber 1998 (wobei allerdings die Zunahme durch das schwache Ergebnis des 1. Quartals des letzten Jahres überzeichnet ist), und in den USA hat sich in den ersten vier Monaten dieses Jahres der Verkauf von Goldmünzen verdoppelt. 5 Schmucknachfrage nach Gold %gg.Vj. (links) 30 25 20 15 10 Nominales BIP der OECD % gg.Vj. (rechts) 0 -5 -10 84 86 88 90 92 94 96 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 98 Fazit Alles in allem dürfte der Goldpreis mit Blick auf die anstehenden Zentralbankverkäufe und dem daraus folgenden weiteren Bedeutungsverlust als Reserveanlage auf längere Sicht unter Druck bleiben. Angesichts der kräftigen Nachfrage scheint der Goldpreis nach unten jedoch einigermaßen abgesichert. Eine nachhaltige Erholung auf deutlich über 300 USD/ Unze erscheint aus heutiger Sicht allerdings wenig wahrscheinlich. Zum Jahresende könnte er temporär von Ängsten hinsichtlich der Auswirkungen der Jahrtausendumstellung profitieren. Bernhard Gräf +49 69 910-31738 ([email protected]) Jens-Uwe Wächter +49 69 910-31726 ([email protected]) Economics 7 Aktuelle Themen Weltgoldmarkt 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 Angebot (in t) Minenproduktion 1,387 1,552 2,063 2,133 2,159 2,234 2,287 2,279 2,274 2,357 2,480 2,555 Altgold 434 353 400 531 482 488 576 617 625 641 629 1,098 = Physisches Angebot 1,821 1,905 2,463 2,664 2,641 2,722 2,863 2,896 2,899 2,998 3,109 3,653 Netto-Zentralbankverkäufe 0 0 434 198 111 622 464 81 173 275 376 412 Goldverleih / Forward Sales 22 63 178 234 66 174 116 163 535 125 472 58 = Gesamtes Angebot 1,843 1,968 3,075 3,096 2,818 3,518 3,443 3,140 3,607 3,398 3,957 4,123 Nachfrage (in t) Schmuckbranche Industrie = Physische Nachfrage Investitionsnachfrage = Gesamte Nachfrage Goldpreis (USD/Unze) 1,223 1,542 2,048 2,188 2,358 2,760 2,553 2,618 2,791 2,850 3,342 3,145 325 261 499 495 518 446 488 457 503 486 563 564 1,548 1,803 2,547 2,683 2,876 3,206 3,041 3,075 3,294 3,336 3,905 3,709 268 0 0 189 0 30 239 0 6 0 0 260 1,816 1,803 2,547 2,872 2,876 3,236 3,280 3,075 3,300 3,336 3,905 3,969 441.8 436.8 381.3 383.7 362.3 343.9 360.1 384.1 384.0 387.8 330.9 294.1 Internet: http://www.dbresearch.com © 1999. 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