Wo sollen wir uns denn treffen?
Transcription
Wo sollen wir uns denn treffen?
Seite 26 SERIE NDP Freitag, 19. November 2010 Wo sollen wir uns denn treffen? In Bad Vilbel schwört eine Gruppe junger Leute auf die Mulde, während die andere ihre Freizeit lieber im Jugendzentrum verbringt Baras (12) mag den Billardtisch im Jugendzentrum. Oft sind in der Mulde Jugendgruppen beim Fußball oder Skaten anzutreffen. Jede Altersgruppe verbindet etwas anderes mit dem jeweiligen Treffpunkt an der Mulde und im Jugendzentrum. Und manchmal werden diese Orte durch Vorurteile so verzerrt, dass niemand mehr hingeht. klas (12). „Und hier liegen überall einen Fernseher und einen BillardScherben herum. Wahrscheinlich tisch. Sportgeräte können ausgelievon den Betrunkenen, die auch die hen werden, ebenso wie BMX- und Bänke kaputt gemacht haben“, Fahrräder. Reparaturen werden brummt André (13). Von Christian auch vorgenommen. (14) kommt der Einwurf, dass es Es ist schwer zu sagen, welche Alweder Tore noch Körbe gebe. Den- tersgruppe welchen der beiden noch finden sich hier viele wieder. Treffpunkte bevorzugt; die befragDie zentrale Lage, die Lust am Ska- ten Skater sind im Alter von zwölf ten und am Fußball und das unge- bis 16, andere Skater sind älter und zwungene Treffen führt die Zwölf- wieder ein paar Jüngere sind zum bis 16-Jährigen an die Mulde. Fußballspielen an der Mulde. Die Die Saalbehaupten alburgstraße le, dass entist um diese weder jüngeZeit wie ausre oder ältere gestorben. Jugendliche Allein das das Jugenddürfte viele zentrum beabschrecken. suchen würDas Jugendden. Umgezentrum Efkehrt glauzet wirkt heben die GäsHeute: Jugend runtergete im Efzet, kommen dass nur Jünund durch gere an der die neue Turnhalle verloren. Am Mulde sind. So gehen sie sich geEingang stehen zwei Kicker. Im genseitig aus dem Weg. Bistro herrscht ruhiges Ambiente. Thomas Kahler (47) arbeitet seit „Wir proben hier mit unserer 16 Jahren im Jugendzentrum. Er ist Band – da gibt es ein kleines Stu- Leiter für Jugendhäuser und Stelldio“, erzählt Leon (19). „Bei der vertretender Abteilungsleiter für Mulde schaut die Polizei häufig Kinder- und Jugendarbeit. Die Arvorbei, das schreckt ab. Dann gibt beit mit Jugendlichen mag er auf es dort noch etwas, das sich ’Sauf- Grund der Witzigkeit, der Spontapicknick’ nennt. Und natürlich die neität und des Ideenreichtums. „Sie ganzen Scherben“, sagt Leo (18). sind flexibel, unverdorben und unEnes (12) und Baras (11) spielen verbindlich“, zählt Kahler auf. Billard. Enes meint: „Es ist zu kalt „Randale und Alkohol ist ein für die Mulde, und außerdem sind 30-jähriges Stigma“, erzählt er. Im wir keine Skater. Meistens hängen Jugendzentrum sei seit Jahren wir in der Stadtmitte herum.“ Von nichts derartiges vorgefallen. Dort den Jugendlichen im Jugendzen- sind Alkohol und Rauchen verbotrum heißt es auch, dass man viel ten. Auf Parties sei der Alkoholkonunternehmen könne. Man kann sum altersspezifisch durch den Gesich etwas zu essen kaufen, es gibt Von Hager Ali Noch kein Jugendlicher, trotzdem hat Samy (8) ähnliche Probleme wie die Älteren. Er fragt sich, wo in Bad Vilbel er am besten seine Freizeit verbringen kann. Fotos: Hager Ali INFO Bad Vilbel investiert konstant viel in den Nachwuchs Bad Vilbel investiert verhältnismäßig viel in seine Jugend und ihre Treffs: 693 000 Euro waren es2010. Die Summe setzt sich zusammen aus Betriebs- und Reinigungskosten, Lebensmitteln, Instandhaltung, Wartung, Gagen für Bands und Künstler, Workshops, Produktionskosten, Mitarbeitergehältern, Programmen, Lizenzen und mehr. Die Kosten steigen jährlich an. So stieg der Preis für den Druck des Programmheftes in fünf Jahren von 3200 auf 4700 Euro. Für das Efzet allein werden rund 60 000 Euro investiert. Durch die Finanzkrise ging es einigen Kommunen schlechter – in Bad Vilbel war davon nichts zu bemerken. Trotz Sparauflagen kam es nicht zu Streichungen. hal Bad Vilbel. Weite Wiesen und Stille. Willkommen im Kurpark von Bad Vilbel. Na gut, der Park besteht nicht gänzlich aus Gras. Einen Katzensprung vom Festplatz entfernt gibt es einen Spiel- und Basketballplatz, eine Skatebahn. Die nennt man oft auch nur „Mulde“. Scherben, Graffiti und alte Rampen prägen das Bild, wenn man zum Skateplatz kommt. Trotzdem sitzen hier ein paar Freunde auf der Wiese und plaudern. Ein paar Skater probieren Tricks aus, ein Grüppchen sitzt neben einem BMX-Rad auf der Rampe und genießt das Mittagessen. Weiter noch ein paar Jungs, die Fußball spielen. Der Kinderspielplatz ist leer, was niemanden wirklich wundert; die Schaukel fehlt, Sitzgelegenheiten sind kaputt, die kleinen Hütten sind besprüht und es liegen Flaschen und Scherben herum. Hoffen auf den Umbau „Es stand vor den Sommerferien in der Zeitung, dass man den Skateplatz hier umbauen wollte. Aber man hat nur die Rampen verschoben“, beschwert sich Charly (16) und schaut sich unbeholfen um. „Ja, der Platz hier sollte größer werden“, stimmt Christian (16) zu. „Die Rampen sind zu klein – und es sind viel zu wenige“, ergänzt Ni- Meine Stadt im Test Die Jugend beteiligt sich im neuen Haus Nutzer planen das Konzept in Friedberg und Bad Nauheim – die einen können dabei von den anderen lernen Einen Platz zum Reden, Workshopangebote und einfach mal abhängen – das geht in einer Jugendfreizeiteinrichtung. Friedberg hat seine Jugendarbeit in den vergangenen Jahren dezentral betrieben. Vor kurzem öffnete aber am Burgfeld die Jugendfreizeiteinrichtung. Von Franziskus Bayer Friedberg. Die Bagger haben ihre Arbeit getan, die Maler schwingen die Pinsel und am 2. November startete dann das Angebot der Stadtjugendpflege in den neuen Räumen am Burgfeld. „Der Jugendbus fällt dann weg“, erklärt Friedbergs Erster Stadtrat und Jugenddezernent Peter Ziebarth (CDU). Das gelbe Gefährt hatte in den vergangenen Jahren sowohl die Kernstadt als auch die Stadtteile angefahren und war so zu einem mobilen Treffpunkt geworden. Dass der Jugendbus wegfällt, haben die Stadtverordneten der Kreisstadt im Konsens beschlossen. „Die Jugendclubs in den Stadtteilen werden aber weiter bedient“, so Ziebarth. Die Stadt möchte nach einem Jahr Betrieb der Jugendfreizeiteinrichtung evaluieren, wie hoch die Jugendclubs dann frequentiert sind. Auch das steht im Stadtverordnetenbeschluss. Arbeitsgruppen gebildet „Ich finde es super, dass die Jugendclubs erst mal bestehen bleiben“, erzählt der 16-jährige Markus. Er möchte sowohl in der Kernstadt als auch weiterhin in die Stadtteile gehen, weil er viele Freunde dort hat. Die Impulse zu den Angeboten in der neuen Einrichtung kommen von den Jugendlichen selbst. In Arbeitsgemeinschaften wurde und wird ein Teil des künftigen Programms gemeinsam mit den Jugendlichen der Stadt geplant. Der Name geht auf einen Ideenwettbewerb zurück: „Junity“ steht für Jugend und Unity (deutsch: Einheit/ Einigkeit). Ein typischer Tag im neuen Haus am Burgfeld könnte so aussehen: Um 15 Uhr wird das Café geöffnet, ein Betreuer ist immer anwesend. Hier gibt es neben der Möglichkeit zu reden auch Spezialitäten aus der Kaffeemaschine: „Abgesehen davon, dass man mit Gleichaltrigen zusammen ist, reißt ein Kaffee kein so großes Loch in das Taschengeld“, freut sich der 15-jährige Karl über die jugendgerechten Preise. Ab 15.30 Uhr könnte es mit einem Werkstattangebot weitergehen. Dabei kann zu Beginn etwa an einer Kletterwand gebaut werden. Werkstattangebote gibt es auch in Bad Nauheim: Hip-Hop-Workshops mit CD-Produktion über Bewerbungstrainings oder die Jugendtheaterreihe in der Alten Feuerwache stehen regelmäßig auf dem Programm. Die kulturellen Angebote interessieren Matthias aus Bad Nauheim besonders: „Außerhalb der Schule hat so ein Angebot früher gefehlt. Immer nach Gießen oder Frankfurt zu fahren war zu weit“, erklärt der 17-Jährige. Auch im Kinder- und Jugendhaus Bad Nauheim ist das Jugendcafé unter der Woche täglich ab 15 Uhr geöffnet. Die Preise auch hier jugendgerecht „Das Kinder und Jugendhaus wird gut angenommen“, erklärt Peter Krank, Fachbereichsleiter für Soziales, Sport und Öffentliche Ordnung im Rathaus. Der Jugendbeirat der Kurstadt mischt sich ein und gibt Impulse für die Einrichtung. Aber auch alle jugendlichen Besucher dürfen Wünsche äußern und verwirklichen. „So bringen sich die Jugendlichen ein – bei den Sitzungen des Jugendbeirats sind regelmäßig auch Politiker da“, erklärt Krank. Sport und Musik Die Möglichkeit, sich in einer Halle zu bewegen, gibt es sowohl in der Bad Nauheimer als auch in der Friedberger Einrichtung. Die jeweiligen Mehrzweckhallen lassen sich für Sport, Theater und Konzerte nutzen. „Endlich eine Möglichkeit, Hallensport außerhalb von Unterricht und Verein zu machen“, freut sich Micha (16). Und sein Kumpel Matthias, der sich eher für Theater und Musik als für Fußball begeistert, fügt hinzu: „Mir ist die Bühne in der Halle noch viel wichtiger.“ Schalldicht im Gebäude befinden sich auch zwei Proberäume für Bands, die von jungen Musikern benutzt werden dürfen. Auch Instrumente stehen bereit. Die Möglichkeit im Kinder- und Jugendhaus, etwas lauter auf die Pauke zu Am 2. November startete der Regelbetrieb im langersehnten Junity am Burgfeld in Friedberg. Fotos: Franziskus Bayer hauen, ist allerdings begrenzt. Durch die Lage neben einem Wohngebiet gibt es nur Konzerte ohne Bässe und Schlagzeug. Das Junity wird das, was die Jugendlichen daraus machen. In Bad Nauheim ist das schon der Fall. In beiden Häusern sollen sie sich einbringen, ältere Teilnehmer können Workshops oder Arbeitsgruppen anbieten. Die Betreuer sorgen für ein Grundangebot und stehen mit Rat und Tat zur Seite. Das Kinder- und Jugendhaus Bad Nauheim besteht seit zweieinhalb Jahren in der Alten Feuerwache am Burgplatz. Die Jugendbeteiligung in der Kurstadt wird durch einen von allen Jugendlichen der Stadt gewählten Jugendbeirat sichergestellt. Zusätzlich können die Besucher des Hauses an den Angeboten mitwirken. In der Kreisstadt gibt es keinen Jugendbeirat, die Beteiligung der Jugendlichen läuft über das Engagement in der Einrichtung und deren Angebotsplanung. Vorher wurde dezentral geplant. „Jetzt müssen wir nicht mehr in kleinen Räumen Musik machen, es gibt einen Proberaum mit Tonstudio.“ Miriam Van Meter (13), Friedberg „Ich freue mich auf das neue Jugendhaus mit vielseitigem Angebot – etwa Cafeteria und ein Kicker.“ Manuel Baena Loth (15), Friedberg „Ich freue mich, weil dort auch eine Kletterwand ist. Außerdem kann man sich vielleicht auch Konzerte anhören.“ Lea Karl (13), Friedberg I Kurstadt-Domizil: die Alte Feuerwache in Bad Nauheim. Infos gibt es im Internet unter www.jugend-friedberg.de und www.altefeuerwache-bn.de. setzgeber geregelt. Wie kommt es, dass dem Jugendzentrum trotzdem ein negativer Ruf anhaftet? Die meisten Aussagen seien „auf Basis totaler Unkenntnis“ gemacht worden. „Das trifft in keiner Art und Weise zu, die meisten waren wahrscheinlich noch nie dort. Darüber hinaus bietet das Jugendzentrum Kurse für alle Altersgruppen an, es kooperiert mit allen Schulen im Umkreis und befasst sich mit Gewaltprävention. Und da wären noch die Konzerte und das Studio“, zählt Kader auf. Neue Attraktionen Jemand der sich auskenne, werde sehen, dass sich Vandalismus in Bad Vilbel in Grenzen halte. Zudem gebe es viele für Graffiti freigegebene Flächen. Für die Skater, die an der Mulde herumnörgeln, setze sich die Stadt für einen Skatepark und eine Dirtbike-Bahn ein. Es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis die umgesetzt würden. Charly (16) ist Mulde-Fan. Das finden Heranwachsende in ihren Kommunen vor n Bad Vilbel leben 2027 Jugendliche zwischen zwölf und 18 Jahren. Für sie gibt es ein Spielhaus, einen Verkehrsspielplatz, Jugendtreffs in den Stadtteilen Gronau und Dortelweil sowie der Kernstadt. Das Jugendangebot veranstaltet Parties, Medienpädagogik, Theater und Ferienspiele. Hinzu kommen acht Bolz-, neun Basketball- und sechs Skateplätze. 1391 Jugendliche leben in Karben. Für sie gibt es Jugendtreffs in den Ortsteilen und das Jugendkulturzentrum. Die Musikschule, der Verein KSK (Rockmusik), eine Skateanlage und acht Basketball- und Fußballplätze stehen zur Verfügung. 1675 Jugendliche hat Bad Nauheim. Neben dem Kinder- und Jugendhaus besteht eine Skateranlage, hinzu kommen Sportplätze. 681 Jugendliche leben in Schöneck. Für sie vorhanden sind zwei Jugendtreffs. Jährlich steigt ein Bandevent. Vorhanden sind ein Skatepark, zwei Basketballkörbe, drei Fußballplätze und ein Bolzplatz. E Das erwarten die Friedberger Teenager vom Junity „Ich freue mich, dass die Einrichtung eröffnet wird, weil wir singen und Theater spielen können.“ Melissa Mujagic, (13), Friedberg Im Efzet geht es gemütlicher zu: Leo (18, von links), Leon (19), Nora (19)und Daniel (22) im Efzet. Niederdorfelden hat 229 Jugendliche. Für sie gibt es einen Treff, eine Skateranlage, zwei Basketballkörbe und einen Fußballplatz. 696 Jugendliche leben in Niddatal. Zwei Musikschulen, eine Halfpipe und Basketballanlage, sieben Sport- und drei Bolzplätze stehen bereit. In Assenheim steht eine Skaterhalle. 481 Jugendliche leben in Wöllstadt. Es gibt zwei Jugendzentren und Vereinsangebote. In Friedberg wohnen 2805 Jugendliche. Für sie gibt es dezentrale Treffs und das Junity. Das Spielmobil, Ferienspiele, Freizeitprogramme, Open-Air-Kino und das Soundgarden-Festival werden angeboten. Elf Sport-, fünf Bolz-, acht Basketballplätze, ein Skaterplatz, ein DirtJump-Parcour, 36 Spielplätze sowie Plätze an Schulen kommen in der Kreisstadt hinzu. 949 Jugendliche leben in Rosbach, davon die meisten in Rodheim. Für sie gibt es zwei Jugendzentren, drei Sportplätze sowie einen Skater- und Streetballplatz. kop Hier gibt es ein Mitspracherecht in Jugendforum in Bad Vilbel, das einmal pro Jahr von der Kinderbürgermeisterin für siebte Klassen einberufen wird, beschäftigt sich mit Jugendthemen. Die Jugendlichen wirken bei der Gestaltung von Spielplätzen und anderen Flächen mit. In Karben besteht ein Jugendparlament, das in beratender Funktion tätig ist. Der Jugendbeirat Bad Nauheim wurde 2007 gegründet. Zu den Sitzungen erscheinen regelmäßig Vertreter des Magistrats und des Stadtparlaments. Ideen und Beschlüsse werden angehört und finden nach Möglichkeit Berücksichtigung. In Niederdorfelden, Schöneck, und Wöllstadt gibt es keine Möglichkeiten der politischen Partizipation für Jugendliche. Niddatal hat ebenfalls keinen Jugendbeirat. Die evangelische Kirche betreibt Jugendarbeit. Es bestehen vier Jugendclubs mit Sprechern, die im Beirat der Offenen Jugendarbeit vertreten sind. Reaktiviert werden soll ein Jugendgremium in Rosbach. Ein Jugendparlament gibt es in Nidderau nicht. Vollversammlungen des Fachdienstes Kinderund Jugendförderung bieten die Möglichkeit zur Teilnahme. In den Jugendeinrichtungen können sich Besucher in Beiräten organisieren. Friedberg hat keinen Beirat. Dafür wird projektbezogene Beteiligung praktiziert. Kinder und Jugendliche werden bei der Planung von Spiel- und Freiflächen, dem Betrieb von Jugendeinrichtungen und Aktionen eingebunden. kop Morgen lesen Sie: Wo Verkehr fließt und stockt