Planung und Installation einer Emulsionsansatzanlage
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Planung und Installation einer Emulsionsansatzanlage
Fokus: Maschinen- und Anlagenbau Planung und Installation einer Emulsionsansatzanlage Herstellung in Superskid-Bauweise Martin Pichler . Zeta Biopharma GmbH, Lieboch (Österreich) Zusammenfassung . Der Artikel zeigt, wie die Zeta Biopharma GmbH in vergleichsweise kurzer Zeit eine vollautomatisierte, cGMP- (current GMP) und FDA-konforme (U.S. Food and Drug Administration) Emulsionsansatzanlage mit Wirkstoff am B. Braun-Standort in Berlin errichten konnte. Die Installation der Neuanlage musste während des laufenden Betriebes erfolgen, von den zur Verfügung stehenden 80 m2 Fläche mussten 35 m2 als Reinraum ausgeführt werden. Das Zeitfenster von der Planung, Fertigung, Automatisierung bis zur Qualifizierung betrug 18 Monate. Die Anlage wurde in Superskid-Bauweise ausgeführt. 1 Propofol-Zugabebehälter à 30 l . Filtereinheiten . Transferleitungen zu 2 Abfülllinien auf gleicher Ebene . Medienversorgung Die zentrale Aufgabe der Anlage liegt darin, effizient und kostengünstig Ausgangssituation Aufgrund der großen Produktnachfrage am B. Braun-Standort Berlin (Abb. 1) musste in kurzer Zeit eine vollautomatisierte, cGMP- und FDAkonforme Emulsionsansatzanlage mit Wirkstoff errichtet werden. Der Kunde beauftragte Zeta Biopharma GmbH in diesem Zusammenhang mit einem Turn-Key-Projekt, das alle Tätigkeiten vom Basic Engineering über Detail-Engineering, Fertigung, Montage, Automatisierung, Inbetriebnahme bis hin zur Qualifizierung (IQ und OQ) umfasste. Die Abwicklung erfolgte aufgrund der engen Zeitschiene als so genanntes Fast-Track-Projekt, wobei für die Fertigung eine Superskid-Bauweise (s. u.) zur Anwendung kam. Anlagenkonzept Die Eckdaten der Anlage (Abb. 2): . 4 stationäre Ansatzbehälter à 2 500 l . 1 stationärer Ansatzbehälter à 700 l . 1 mobiler Tank à 250 l . 1 mobiler Tank à 100 l 22 Abb. 1: Von Zeta gelieferte Emulsionsansatzanlage am B. BraunStandort in Berlin (Quelle alle: Zeta Biopharma GmbH). Pichler . Planung und Installation einer Emulsionsansatzanlage TechnoPharm 5, Nr. 1, 22–25 (2015) © ECV . Editio Cantor Verlag, Aulendorf (Germany) Nur fr den privaten oder firmeninternen Gebrauch / For private or internal corporate use only Korrespondenz: Martin Pichler, Zeta Biopharma GmbH, Zetaplatz 1, 8501 Lieboch (Österreich); e-mail: [email protected] Projektablauf und Terminplan Am Beginn der Zusammenarbeit mit dem Projektauftraggeber stand das Basic Engineering mit der Gesamt- Abb. 2: 3D-Modell der Emulsionsansatzanlage. auslegung der Anlage. Es folgte das Detail-Engineering inklusive der Herstellung eines 100 %-3D-Modells basierend auf den Software-Programmen Cadison und NavisWorks. Mithilfe dieser Software war es möglich, Schnittstellen zu anderen Planungsdokumenten zu schaffen – etwa R&Is (Rohrleitungs- und Instrumentendiagramme) und Isometrien – sowie Kollisionsprüfungen durchzuführen und fertige Materialauszüge zu erstellen. Im 3D-Modell wurden alle Details integriert: Rohrleitungen, Armaturen und Messgeräte, pharmagerechte Kabelschutzrohre, Behälter inkl. Reinraumaufteilung (Reinraumwände und Bühne), Hebevorrichtungen, Andockstationen, etc. Die Erstellung der Fertigungsunterlagen (Isometrien, Rahmenzeichnungen, etc.) basierte ebenfalls auf dem 3D-Modell. Außerdem wurden im Zuge des Engineerings auch die Prozess- TechnoPharm 5, Nr. 1, 22–25 (2015) © ECV . Editio Cantor Verlag, Aulendorf (Germany) beschreibung und die Funktionsspezifikationen erstellt, die dann die Basis für die Programmierung der Software bildeten. Es folgten die Fertigung, Automatisierung, Auslieferung und Einbringung, Montage, Inbetriebnahme und Qualifizierung der Anlage. . Engineering: Juni 2011 – Dezember 2011 . Fertigung: Dezember 2011 – März 2012 . FAT (Factory Acceptance Test): April 2012 . Anlieferung und Einbringung: April 2012 . Montage: April 2012 – Juni 2012 . Lieferung der kompletten Medienversorgung: November 2011 – August 2012 . Inbetriebnahme und Qualifizierung (Site Acceptance Test inkl. Leistungsfahrt): Juni 2012 – Oktober 2012 Pichler . Planung und Installation einer Emulsionsansatzanlage 23 Nur fr den privaten oder firmeninternen Gebrauch / For private or internal corporate use only qualitativ hochwertige, sichere und lagerstabile Emulsionen zu erzeugen. Als Emulsion wird ein Gemisch zweier normalerweise nicht mischbarer Flüssigkeiten wie Wasser und Öl bezeichnet. Die errichtete Anlage verbindet durch ein spezielles Verfahren die für die Herstellung notwendigen Substanzen und hält diese über die Lagerzeit bis zum Einsatz stabil – das heißt, die beiden Flüssigkeiten entmischen sich nicht. Dies ist eine heikle Aufgabe, weil die Qualität einer Emulsion unter anderem davon abhängt, in welcher Reihenfolge die Substanzen kombiniert werden und welche Parameter (Temperaturen, Drücke, etc.) bei der Herstellung herrschen. Eine homogene Vermischung mittels der speziell konstruierten Zeta-Magnetrührwerke sorgt für ein optimales Ausmischen der unterschiedlichen Ansatzgrößen. Die komplette Anlage ist CIP/SIP-fähig (Cleaning-In-Place/SterilizationIn-Place) und alle Behälter sind mit jeweils einer Temperierstation ausgeführt. Mit der Anlage können Ansatzgrößen von 625 bis 2 500 l erstellt werden. In der Emulsionsansatzanlage wird auch das Narkosemittel Propofol als Injektionslösung hergestellt, was besondere Maßnahmen in Bezug auf Mitarbeiterschutz und Anlagensicherheit erforderte. Um beides optimal zu gewährleisten, wurde für die Zugabe von Propofol ein eigener, fix verschlossener Propofol-Zugabebehälter (Volumen 30 l) in die Anlage integriert, der an die stationären Ansatzbehälter angedockt werden kann. Die Zuführung des Propofolbehälters an die Ansatzbehälter wurde mittels einer automatisierten Hebevorrichtung umgesetzt. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass die Propofolzugabe vollautomatisiert und ohne jeglichen händischen Eingriff erfolgen kann. Fokus: Maschinen- und Anlagenbau Die gesamte Projektdurchlaufzeit vom Engineering bis zur Inbetriebnahme betrug 18 Monate. Realisierungskonzept und Ausführung Die enge Zeitschiene konnte nur durch den hohen Vorfertigungsgrad in Superskid-Bauweise einAutomatisierungsgehalten werden. Die GeRealisierung samtanlage wurde bereits Die Erstellung der Funkwährend der ersten Plationsspezifikationen erfolgte nungsphase in mehrere anhand der vom DienstleisModule (Skids) aufgeteilt, ter entwickelten R&Is und die dann – in Edelstahlder Prozessbeschreibung. rahmen montiert – zu ei- Abb. 3: Zeichnung der Emulsionsansatzanlage – Reinraumbereich. Diese bildeten die Basis für ner Gesamtanlage zusamdie Programmierung der mengebaut wurden. Die Software auf PCS7, gemäß Schnittstellen zwischen den Skids wurden im Zuge der vo- wurden dicht, gleichzeitig aber flexi- GAMP5- und S88-Standard mit einer rangegangenen 3D-Planung opti- bel ausgeführt, um Schwingungen rezeptbasierten Fahrweise. Des Weimiert. Somit konnte der Dienstleister von Behältern und Bühne auszuglei- teren wurden durch die Software die die komplette Anlage am eigenen chen. Dies erreichten eigens ent- komplette Alarmierung, das Trending Standort vorfertigen und aufbauen. wickelte Anschlüsse mit integrierten und die Reporting-Funktion realisiert. Die Software wurde schon vor dem Der Kunde konnte sie durch die Be- Dichtungen in Sonderbauweise. Die komplette Infrastruktur (Ver- Software-FAT mit dem Kunden intern reitstellung der nötigen Medien wie Reinstdampf, WFI (Water for Injecti- rohrungen, Armaturen, Equipment getestet. Nach erfolgreicher Absolvieon) und Druckluft beim dyna- und Messgeräte) konnte durch diesen rung des Software-FAT und Freigabe mischen FAT (Factory Acceptance Engineering-Ansatz im Technikraum durch den Auftraggeber wurde die Test) testen. Nach Abschluss des verbaut werden. Die Reinraumflächen Software auf die Anlage aufgespielt und im Zuge des dynaFAT wurde die Anlage gemischen FAT weiter getesmäß der Vorplanung detet. montiert, verpackt, zum Kunden transportiert und mithilfe von Kränen innerFactory Acceptance halb von drei Tagen im Test und Site ersten Obergeschoß eingeAcceptance Test (SAT) bracht. Die Ansatzanlage Das Konzept für die Anlawurde in Lieboch parallel genqualifizierung (FAT und zu den notwendigen BauSAT) wurde im Vorfeld in maßnahmen in Berlin erAbstimmung mit dem richtet. Kunden basierend auf den Sowohl die Wände als Standard-SOPs des Unterauch die Arbeitsbühne nehmens entwickelt und wurden als Reinraumtrenauf das Projekt maßnung gestaltet. Nur ein geschneidert. Die Abkleiner Teil der Behälter nahme im Werk erfolgte inkl. der für die Bedienung gemeinsam mit dem Aufnotwendigen Aufbauten traggeber und beinhaltete ragen in den Reinraum. einen mechanischen und Die Anschlüsse an Wand einen dynamischen FAT. und am Bühnenboden Abb. 4: Zeichnung der Emulsionsansatzanlage – Technikbereich. 24 Pichler . Planung und Installation einer Emulsionsansatzanlage TechnoPharm 5, Nr. 1, 22–25 (2015) © ECV . Editio Cantor Verlag, Aulendorf (Germany) Nur fr den privaten oder firmeninternen Gebrauch / For private or internal corporate use only wurden minimiert, was wiederum zu geringerem Reinigungsaufwand und somit nachhaltiger Kostenreduzierung führt. Aufgrund dieser Bauweise kann ein Großteil der Wartungsarbeiten im hygienisch weniger kritischen Technikbereich durchgeführt werden. Der mechanische FAT umfasste die Installationsprüfung sowie die Prüfung der Anlagendokumentation (Schweißdokumentation, Endoskopiebilder, Materialzertifikate, etc.). Im Zuge des dynamischen FAT konnten durch die Bereitstellung aller notwendigen Medien alle Funktionen der Anlage gemeinsam mit dem Abnehmer bereits im Werk getestet werden. Nach erfolgreicher Abnahme wurde die gesamte Anlage in die einzelnen Skids (Module) zerlegt, verpackt und zum Kundenwerk nach Berlin transportiert (Abb. 3). Nach Abschluss der Anlagenmontage erfolgten die Vorort-Inbetriebnahme und die Qualifizierung der Anlage (SAT). Zur Sicherstellung der einwandfreien Funktion der Anlage wurden nochmals alle Phasen und Rezepte mit den beim Kunden vorhandenen Medien und Gegebenheiten getestet. Den Abschluss bildete eine Leistungsfahrt, die bestätigte, dass die unterschiedlichen Ansatzgrößen in der bei der Auftragsvergabe vereinbarten Zeit hergestellt werden können. Mit der im Zuge des SAT erfolgreich durchgeführten Leistungsfahrt wurde die Anlage an den Auftraggeber übergeben (Abb. 4). Erfolgsfaktoren, wesentliche Erkenntnisse Grundlage und Ergebnis eines professionellen Projektmanagements sind – abgesehen von einem erfahrenen und Know-how-trächtigen Team – die optimale Terminplanung und vor allem die konsequente Verfolgung und Einhaltung dieser Planung von Kunden- und Lieferantenseite. Dazu trugen auch interne und externe Zwi- schen-Reviews in der Planungsphase (periodisch alle zwei Wochen) bei. Weitere Erfolgsfaktoren waren die permanente Fortschrittskontrolle, die sofortige Definition von Maßnahmen bei Eintreten von Engpässen und schnelle, kurzfristige Entscheidungen. Als wichtig erwies sich auch die flexible Herangehensweise im Rahmen der Projektabarbeitung: So wurde in der Phase der Inbetriebnahme und Qualifizierung auf Mehrschichtbetrieb umgestellt. Zu einem der wesentlichsten Erfolgsfaktoren zählte vor allem die offene, vertrauensvolle und transparente Zusammenarbeit zwischen dem Projektteam des Auftragnehmers mit jenem des Auftraggebers.